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Wie eklig darf's sein?

Begonnen von Shedzyala, 23. März 2015, 14:04:53

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Shedzyala

Bitte verzeiht, falls dieses Thema bereits diskutiert wurde, ich habe keinen Thread dazu gefunden.

In meinem aktuellen Romanprojekt geht es um Untote und ich beschreibe die Zombies am Anfang sehr detailliert, samt faulenden Hautfetzen und Maden. Ich schreibe komplett aus der Sicht meines Protas, der die Biester eben auch erst kennenlernt und sich anfangs bei jedem einzelnen überlegt, was dieser Mensch wohl früher tat und wie er gestorben ist. Mit der Zeit sollen Details immer weniger werden, bis die Untoten irgendwann nur eine gesichtslose Masse für ihn sind.

Nun habe ich die Rückantworten von zwei Testlesern zurück. Während Testleser 1 meine Beschreibungen stark fand, merkte Testleserin 2 an, dass ihr das ganze viel zu eklig ist. Und jetzt bin ich zwiegespalten, was ich tun soll. Einerseits sind die Beschreibungen jetzt nicht plotrelevant, andererseits würde ich gern das langsame Abstumpfen meines Protas dem Leser auch bildlich darstellen. Vom Genre her würde ich mein Projekt zwischen Low Fantasy und Gay Romance verorten, ich habe Testleser beiderlei Geschlechts und würde mich auch ungern auf ein Geschlecht als Zielgruppe festlegen.  Aber nun habe ich Angst, dass es einfach zu viel Gore ist. Was sind eure Erfahrungen: Die wievielte Made ist zu viel? ;)
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Sipres

Als jemand, der selbst gerne ein wenig abartig beschreibt (zum Beispiel, wie schön es sich für eine Zehnjährige anfühlt, ihr eigenes Auge mit einem Löffel herauszureißen und zu essen) finde ich, dass es da keine Obergrenze gibt. Man sollte schreiben, wie es einem selbst richtig vorkommt. Es wird immer jemanden geben, dem das eine oder andere nicht gefällt.

Wenn du dich selbst zensierst, könnte es vielleicht Leser geben, die es für zu lasch halten, weil Zombies ja nun mal verwesende Kadaver sind und keine Menschen mit einer Hautkrankheit. Schauen wir uns mal "The walking Dead" an (die Serie. Die Bücher habe ich leider nie gelesen). Da sieht man auch Zombies, denen der Unterkörper fehlt, weshalb ihre Eingeweide heraushängen und schön hinter dem kriechenden Beißer hergezogen werden.

Valkyrie Tina

Wie so oft bei solchen Fragen: es kommt drauf an...
Ist dein idealer Testleser jemand, der beim essen liest? Dann wäre weniger Gore besser.
Ist es in deinem Genre normal, dass es mal eher härter zur Sache geht? Dann kein Problem.
Hast du Vorbilder aus deinem Genre? Wie viel Gore haben die verwendet. Finde ich immer eine gute Leitschnur.

Was ich in solche Fragen wichtig finde: es gibt kein "richtig" oder "falsch", es gibt nur Meinungen, Meinungen von Kollegen und Meinungen von Lesern, die sagen würden "mag ich nicht, würde ich nicht lesen". Ich z.B. mag kein Horror. Punkt! Deswegen würde ich nichts von Sipres lesen, weil ich weiß, dass er sowas gerne verwendet. Das heißt aber nicht, dass Sipres ein schlechter Autor wäre, oder ich ein schlechter Leser, nur, dass wir nicht zusammenkommen, was Bücher betrifft.

(Warum ich was schreibe, obwohl ich kein Horror mag und deswegen keine Zielperson bin: weil die Frage immer die gleiche bleibt, wie viel Gay, wie viel Rassismus, wie viel Erotik? und auch die Antworten in etwa ähnlich ausfallen).

Lothen

Ich stimme Tina soweit zu, würde aber noch hinzufügen, dass auf jeden Fall die Altersgruppe berücksichtigt werden sollte.

Wenn du für Erwachsene schreibst, ist eine gewisse Horror-Dosis mit Sicherheit in Ordnung (als Erwachsener weiß ich ja in der Regel, wie viel Gore ich ertrage - Tina hat das schon gut auf den Punkt gebracht).

Wenn du eher für Jugendliche / junge Erwachsene schreibst, würde ich runtergehen vom Gas.

Sipres

Kurzes OT @Valkyrie Tina: Mein normales Fantasy-Projekt würdest du vielleicht auch lesen. Das ist nicht so krank wie der Rest, den ich schreibe.

Ansonsten pflichte ich dir und Lothen natürlich bei allem bei.

HauntingWitch

Ich habe ihm "Wie krass darf es sein"-Thread nichts gesagt, aber meine Gedanken dazu sind dieselben. Es wird so viel darüber diskutiert, was man "darf" oder "nicht darf", letztendlich hat jeder seine individuelle Meinung dazu und man kommt nie auf einen gemeinsamen grünen Zweig. Deshalb bin ich der Meinung, dass grundsätzlich alles "erlaubt" ist.

Es gibt Dinge, die finde ich grenzwertig und das birgt die Gefahr, dass mir ein Buch deswegen weniger gut gefällt. Ein anderer findet dieselben Dinge machen das Buch aus. Und wieder ein anderer findet Dinge grenzwertig, die für mich kein Problem sind. Ein Beispiel. Ich habe eine Horror-Anthologie Zuhause, da gibt es eine Geschichte, in der der Protagonist erst einmal morgens aufwacht und sein übliches Ritual vollzieht (Kaffee, Bad und so). Bis dahin findet noch kein Horror nach Definition statt, also nichts Krasses oder Ekliges, wenn man so will. Aber bei der genauen Beschreibung, was der Herr im Bad so macht, habe ich abgebrochen. Vertrage ich nicht. War mir zu nahe, zu viel, will ich nicht so genau wissen. Auch nicht von Buch-Protas. Ich habe keine Ahnung, ob die Geschichte ansonsten gut ist und ob der Horror darin zu extrem für mich wäre.  ;)

Es ist sehr individuell. Jeder empfindet anders. Wonach soll man sich ausrichten? Allen kann man es nicht recht machen, so viel ist sicher. Deshalb richte ich mich nur noch nach mir selbst. Wenn mir etwas gefällt oder ich es angebracht finde, kommt es rein, egal, ob jemand anders das zu extrem oder zu soft findet. Es gibt kein richtig oder falsch und es gibt immer mindestens ein Leser, dem es gefällt und mindestens einen, dem es nicht gefällt. Hemmungen sind da fehlplatziert, die blockieren einen nur.  ;D

Ich weiss, man denkt immer (also, zumindest ich), nein, das kannst du doch nicht machen, das geht doch nicht, das kannst du nicht bringen, das ist zu krass/ausgefallen/detailliert, was auch immer. Aber wer sagt das denn? Wer gibt uns das denn vor? Niemand, ausser uns selbst.

Pygmalion

#6
Für mich stellt sich die Frage, wieviel Romance denn noch enthalten ist, wenn du am laufenden Band Maden, die sich aus hohlen Zombieaugenhöhlen schlängeln, beschreibst... Du musst eben auch etwas in deinem Genre bleiben. Wenn da Romance drauf steht aber die ersten 30 Seiten nur so vor solchen Beschreibungen strotzen, könnte das vielleicht schon zuviel sein. Du musst eben überlegen, was eher das Genre ist? Low Fantasy (wobei sich für mich solche Beschreibungen von Zombies auch eher ins Horrorgenre bewegen) oder soll der Romanceteil überwiegen? Im Zweifelsfall dann auch nicht das Buch ändern, sondern vielleicht über deine Genrezuweisung nachdenken ;)

Vielleicht reicht ja auch an einigen Stellen statt bildhafter Beschreibungen eiternder Wunden auch mal die Festellung, dass es sich um einen verwesenden Kadaver handelt, ohne weitere Hinzufügungen eventuell bereits wieder zum Leben erwachter Mitreisender auf entsprechender Leiche.
Ich kenn den Rest des Buches natürlich nicht, aber das nur so als Anregung. Wenn du für dich feststellst, dass das gut so zusammenpasst, dann lass es so. Wenn du denkst, dass es mehreren Lesern wie Testleserin 2 gehen könnte und man nach den ersten 10 Seiten eher ein Horrorbuch denn eines mit Romanceanteilen erwartet, solltest du vielleicht etwas entschärfen.

Btw, kennst du den Fim "Warm Bodies"? :D Zombie verliebt sich in lebende Frau? Fand ich durchaus sehenswert, auch wenn ich mir die Kombi aus Zombieapokalypse und Liebesfilm vorher nicht recht vorstellen konnte ;)


Valkyrie Tina

Zitat von: Sipres am 23. März 2015, 14:39:36
Kurzes OT @Valkyrie Tina: Mein normales Fantasy-Projekt würdest du vielleicht auch lesen. Das ist nicht so krank wie der Rest, den ich schreibe.

Das kann natürlich gut sein. Ich lese auch Neil Gaiman, und zumindest den Sandman würde ich als Horror einstufen.

Back to topic  :pfanne:

Shedzyala

Danke für eure Meinungen, ihr stärkt mich gerade sehr darin, die Beschreibungen erst einmal drin zu lassen. Vielleicht hat es mich auch deshalb so verunsichert, weil es das erste Mal war, dass diese Testleserin einen Abschnitt komplett abgelehnt hat. Ansonsten schreibe ich ich ziemlich nach ihrem Geschmack.

Zitat von: Pygmalion am 23. März 2015, 14:45:34
Für mich stellt sich die Frage, wieviel Romance denn noch enthalten ist, wenn du am laufenden Band Maden, die sich aus hohlen Zombieaugenhöhlen schlängeln, beschreibst... Du musst eben auch etwas in deinem Genre bleiben. Wenn da Romance drauf steht aber die ersten 30 Seiten nur so vor solchen Beschreibungen strotzen, könnte das vielleicht schon zuviel sein. Du musst eben überlegen, was eher das Genre ist? Low Fantasy (wobei sich für mich solche Beschreibungen von Zombies auch eher ins Horrorgenre bewegen) oder soll der Romanceteil überwiegen? Im Zweifelsfall dann auch nicht das Buch ändern, sondern vielleicht über deine Genrezuweisung nachdenken ;)

Mit dem Genre habe ich auch noch so meine Schwierigkeiten. Ich würde sagen, für Low Fanatsy steht die Liebesbeziehung zu sehr im Vordergrund, für Romance gibt es aber zu viel drumherum. Mein Plotaufbau orientiert sich auch mehr an dem Abenteuer anstelle der Liebesbeziehung. Ich habe eben erst einmal geplottet/geschrieben und mir erst im Nachhinein Gedanken gemacht, für welches Genre ich da eigentlich schreibe. Auf den ersten 100 Seiten gibt es genau 2 Maden-Zombies (und 4 weitere in anderen Verwesungsstadien), allerdings kommt der erste gleich auf Seite 1 vor. Als Horror würde ich das nicht bezeichnen, vielleicht aber auch einfach deshalb, weil ich selbst kein Horror lese. Die Untoten sind zwar die große Bedrohung (wenn auch nicht die einzige) und der Plot läuft letztendlich auf ihre Vernichtung hinaus, aber im Vordergrund steht eher die Beziehung meiner beiden Hauptcharaktere zueinander.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Sascha

Ich schließe mich da der "sehr individuell"-Fraktion an.
Hab genau ein Buch von Dean Koontz gelesen: Todesregen. Kopflose Leichen tappen durch die Gegend, der Kopf brabbelt derweil woanders vor sich hin, sprechende Möderpuppen, eklige Schleimviecher und Monsterkäfer und der ganze Splatter-Mist. Fand ich keinen Horror, nur langweilige, billige Effekte.
Im Vergleich eine Kurzgeschichte von Stephen King: Die Hauptstory mit einem Serienmörder war halt Krimi, aber die Vorgeschichte der Protagonistin, die ihr Baby morgens tot im Bett fand (plötzlicher Kindstod), das war für mich der blanke Horror. Gut, da war grad unsere Kleine im Anmarsch und ich extrem sensibel in der Richtung. Ich bin heute noch (sie hat heute ihren 6. Geburtstag, der "Große" ist 8 ) jeden Morgen froh, wenn die beiden gesund und munter die Treppe runterkommen. Auch wenn sie schon ewig aus dem Alter für plötzlichen Kindstod raus sind.

Nachtblick

#10
Die Idee mit dem Abstumpfen gefällt mir sehr gut. Da musst du glaube ich nur aufpassen, wie das dargestellt wird, und dass du eben nicht nur klassische Ekelelemente wie Maden, Hautfetzen und Eiter beschreibst. Dein Prota müsste sich zum Beispiel an den Geruch gewöhnen oder vielleicht auch noch nach Monaten nicht damit klarkommen, wie Leichen riechen. Wenn er nicht abstumpft, müsste er inzwischen mehr wahrnehmen als nur wabernden Gestank nach Moder und Tod, sondern Nuancen herausriechen können. Haben die Leichen gebrannt? Riecht es nach geschmolzenem Plastik? Hat er vielleicht den Geschmack im Mund? Wie sieht das Blut aus? Gibt es noch Blut? Kriegt er sich überhaupt regelmäßig gewaschen? Riecht er selbst wie ein Zombie? Zermürbt das Stöhnen ihn? Hat er Tinnitus oder Wahnvorstellungen?
Es gibt da hundert Möglichkeiten, die mehr sind als bloß zu beschreiben, wie Blut und Gedärme spritzen. Sehen die Zombies plötzlich anders aus? Verfallen sie? Sieht er etwas, was er noch nicht gesehen hat? Zombie-Tiere? Ein Zombiebaby? Die Überreste einen Zombies, die sich noch regen? Wie verhält er sich zu anderen Überlebenden? Fällt ihm das Töten da von Mal zu Mal leichter? Bemerkt er erst am Abend, dass er überall Blut an sich hat? Klebt es unter seinen Nägeln? Sieht er jemanden gefressen werden und geht einfach weiter?

Man merkt, finde ich, sehr schnell, wo Gedärme und Schleim nur deshalb so genüsslich beschrieben werden, weil sie über die Grundstimmung hinaus ekeln sollen oder weil Autor oder Autorin denkt, man müsse noch einen draufsetzen. Das wirkt im schlimmsten Fall so, dass man das Buch weglegt, im besten Fall, dass man, wie ich gerade mit Kings Duddits, alle zwei Sätze die Augen rolle. Alle drei Absätze von Maden zu erzählen oder gar eine Made selbst für zwei Seiten erzählen zu lassen, halte ich für kontrovers bis überflüssig. Da sind andere Beschreibungen viel eindringlicher. Die Banalität des Bösen, der Schmerz, den wir alle kennen, heben auch gleichzeitig das Grauen gegenüber dem Übernatürlichen an.

Miezekatzemaus

Ich gehöre zu den Leuten, denen beim Lesen nie schlecht wird, die dafür aber tagelang Kopfkino haben, weil sich ein besonders ekeliger Absatz festgesetzt hat, und ich muss schon sagen, das ist nicht schön.  :gähn: Wenn ich beim Lesen allerdings doch denke "okay, würde ich das im Kino sehen, würde ich jetzt die nächste Toilette aufsuchen", lege ich das Buch zur Seite, weil ich so etwas einfach nicht gern lese. Letztlich ist es natürlich Geschmackssache, wie ekelig man's gut findet.

Bücher, bei denen einfühlsam beschrieben ist, aber nicht anekelnd/angeekelt, finde ich gut. Als Beispiel Leichen. Ich finde es schöner, wenn man Leichen so beschreibt, dass man zwar deutlich merkt, dass es ein Toter ist und dass derjenige verwest, aber man trotzdem nicht auf (möglicherweise herumfliegende) Innereien eingeht. Was ich nicht mag ist, wenn Bücher so geschrieben sind, dass man sich als Leser denkt, dass der Autor nur das Ziel hatte, den Leser anzuekeln. Natürlich ist aber auch das wieder Geschmackssache, weshalb ich die Frage sehr schwer finde. Am Ende ist das Ergebnis nämlich relativ, daher würde ich das so machen, wie es mir selbst am besten gefällt. (Nicht auf den oberen Absatz bezogen sondern auf das allgemeine "Wie-ich-mich-verhalten-würde".)

Shedzyala

Zitat von: Nachtblick am 23. März 2015, 17:19:57
Die Idee mit dem Abstumpfen gefällt mir sehr gut. Da musst du glaube ich nur aufpassen, wie das dargestellt wird, und dass du eben nicht nur klassische Ekelelemente wie Maden, Hautfetzen und Eiter beschreibst. Dein Prota müsste sich zum Beispiel an den Geruch gewöhnen oder vielleicht auch noch nach Monaten nicht damit klarkommen, wie Leichen riechen. Wenn er nicht abstumpft, müsste er inzwischen mehr wahrnehmen als nur wabernden Gestank nach Moder und Tod, sondern Nuancen herausriechen können.

Mein Prota ist ein Soldat, an und für sich ist er mit dem Töten vertraut. Für ihn besteht der Horror der Untoten darin, dass sie Zivilisten sind, die er seinem Ehrenkodex entsprechend beschützen müsste. In der ersten Szene des Romans trifft er zum ersten Mal auf einen Zombie und versucht sogleich, sich an den Geruch zu gewöhnen, da er weiß, dass dies in Zukunft öfter vorkommt. Beim zweiten Zusammentreffen habe ich den Geruch auch noch erwähnt, aber eher als Beiwerk, er stand nicht mehr im Fokus. Und ab dem dritten Treffen habe ich es gelassen. In diesem Stile wollte ich die Abstumpfung allgemein Aufbauen: Die Untoten verlieren nach und nach an Details, bis sie für ihn alle gleich sind. Deshalb die vielen Details, bei denen ich mir aber nun nicht mehr sicher bin.

Zitat von: Miezekatzemaus am 23. März 2015, 20:08:17
Was ich nicht mag ist, wenn Bücher so geschrieben sind, dass man sich als Leser denkt, dass der Autor nur das Ziel hatte, den Leser anzuekeln.

Genau davor habe ich Angst, weil ich das selbst bei Büchern nicht mag. Ich finde es nur schwer abzuschätzen, ob ich übertreibe.
Wenn sie dich hängen wollen, bitte um ein Glas Wasser. Man weiß nie, was passiert, ehe sie es bringen ...
– Andrzej Sapkowski, Die Dame vom See

Sanjani

Ich schließe mich Nachtblick an. Bei Zombies ist halt m. E. das Problem, dass es die ja nicht gibt und man deshalb nicht genau weiß, wie viele Details man wahrnehmen und sich einprägen würde. Gerade bei visuellen Sachen kenne ich mich gar nicht aus, aber ist es da nicht auch so, dass man versucht wegzugucken, wenn man was zu ekelhaft findet? Also wenn unten die Gedärme rausquellen, dass man dann eher auf das Gesicht guckt mit den Maden in den Augen, wenn das weniger schlimm zu ertragen wäre oder so. Und wie viele Details von den Maden würde man da überhaupt wahrnehmen? Wären es einzelne Details, die sich einem einbrennen oder eher das Große Ganze ohne die Maden in den verschiedenen Fressstadien zu beschreiben etc. Was siehst du, wenn du irgendwo ein totes Tier liegen siehst? Oder würde man vielleicht gar nicht viele Details wahrnehmen, weil man vor Angst erstarrt oder davonläuft? ;)

Ich kenne mich weder bei Horro noch bei Low Fantasy gut aus, aber grundsätzlich denke ich, man sollte was Ekliges nicht um des Ekels willen beschreiben. Ähnlich wie bei Gewalt, dass man nicht die Gewalt um der Gewalt willen beschreibt, sondern weil sie noch einen weiteren Zweck erfüllt.

Aber du wirst es sicher nie allen Recht machen. Außerdem kann man seine Meinung als Testleser ja auch noch ändern. Ich hab das jedenfalls schon erlebt, dass ich was gelesen habe, wo ich dachte, das ist schlecht gelöst, und am Ende dachte ich, dass es insgesamt doch gut gemacht war. Szenen stehen ja nicht für sich, sondern im größeren Zusammenhang des Plots.
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Lothen

#14
Zitat von: Sanjani am 26. März 2015, 13:13:02
Wären es einzelne Details, die sich einem einbrennen oder eher das Große Ganze ohne die Maden in den verschiedenen Fressstadien zu beschreiben etc. Was siehst du, wenn du irgendwo ein totes Tier liegen siehst? Oder würde man vielleicht gar nicht viele Details wahrnehmen, weil man vor Angst erstarrt oder davonläuft? ;)
Ich denke, da gibt es zwei Wege. Entweder läuft das so, wie du es beschrieben hast, und man guckt lieber angewidert weg. Oder es tritt der Effekt "Autounfall" ein: Es ist schaurig, aber man kann einfach nicht wegsehen, weil der Anblick einen einfach komplett fesselt.

Zitat von: SanjaniIch kenne mich weder bei Horro noch bei Low Fantasy gut aus, aber grundsätzlich denke ich, man sollte was Ekliges nicht um des Ekels willen beschreiben. Ähnlich wie bei Gewalt, dass man nicht die Gewalt um der Gewalt willen beschreibt, sondern weil sie noch einen weiteren Zweck erfüllt.
Da stimme ich dir prinzipiell zu, aber gerade bei Zombies ist der Ekel natürlich vorprogrammiert. Man nutzt Zombies als Gegner, weil sie eklig sind, weil sie schaurig sind, weil sie den/die Prota(s) besonders anwidern, weil sie schwer zu bezwingen sind usw. Insofern: Ja, wenn ich einen Zombie auftreten lasse, will ich den Leser damit ekeln, weil sich mein/e Prota(s) auch ekeln. Ansonsten könnte ich ja auch einen menschlichen Gegner auftreten lassen.

Aber ich schätze trotzdem, dass niemand einfach nur Zombies nimmt, weil man sie so schön eklig beschreiben kann, sondern auch, weil es halt in den Plot passt, weil es fiese Gegner sind usw. Nicht in jedem Roman sind Zombies und die damit verbundene Ekligkeit gut aufgehoben.