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Ab wann ist jemand eine historische Persönlichkeit?

Begonnen von Fafharad, 16. Januar 2016, 20:06:38

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Fafharad

Hallo Zirkler!

Ähnliche Themen gab es hier zwar schon öfter, aber eine Lösung für mein Problem konnte ich nicht finden. Es geht um die Verwendung realer, aber schon vor längerer Zeit gestorbener Persönlichkeiten im eigenen Roman.

Konkret will ich dem 1992 verstorbenen und in seiner Heimat legendären mexikanischen Künstler Pedro Linares (Erfinder der Pappmaché-Figuren Alebrijes) ein Denkmal in meinem Roman setzen. Meine Fragen dazu sind allerdings etwas knifflig, und ich würde euch bitten, keine "meiner-Meinung-nach"- oder "ich-glaube"-Antworten zu geben  ;). Dankeschön.


  • Gilt Linares 24 Jahre nach seinem Tod bereits als "historische Persönlichkeit"?
  • Gilt bei nationalen Unterschieden im Persönlichkeitsrecht die Rechtslage im Herkunftsland der Person?
  • Wird das Persönlichkeitsrecht auch durch eine positive Darstellung der Person verletzt?

Etwas Vergleichbares hat Andreas Eschbach übrigens mit Nelson Mandela gemacht, noch zu dessen Lebzeiten.

Romy

#1
Was Deine erste Frage angeht: Ich habe zwar keinen Paragrafen dazu (und glaube auch nicht, dass es da einen gibt), bin bisher aber immer davon ausgegangen, dass jede Person, die ganz real einmal gelebt hat und über die geschrieben oder ein Film gedreht wird/wurde, als historische Persönlichkeit gilt. Anders gesagt: Wenn über Dich in x Jahren einmal jemand ein Buch schreibt, ob nun zu Deinen Lebzeiten oder danach, bist auch Du eine historische Persönlichkeit. ;) Das hat mit der Bekanntheit einer Person nichts zu tun, ebenso wenig wie das Todesdatum.
EDIT: Ich habe gerade noch mal nachgedacht: Noch lebende Personen sind logischerweise Zeitgenossen und keine historischen Persönlichkeiten. Bücher über sie schreiben könnte/dürfte man aber dennoch. Es gibt ja hin und wieder sogar Biografien, die von dem jeweiligen (noch lebendigen) Promi nicht autorisiert sind.



Zur zweiten Frage: Mir fällt da der Film "The Interview" ein, in dem es um die Ermordung des nordkoreanischen Diktators Kim Jong-un geht. Als der Film gedreht wurde und ins Kino kam (und auch jetzt noch) lebt Kim Jong-un und logischerweise war man in Nordkorea nicht gerade über den Film erbaut und hat verlangt, dass er nicht ins Kino kommt. Allerdings wurde er in den USA gedreht und trotz eines großen Medienspektakels, das es um den Film gab, und auch einer politischen Diskussion und Drohungen etc., kam er schließlich doch ins Kino und letztes Jahr lief er auch hier in Deutschland. Von daher gehe ich davon aus, dass die Rechtslage nach der Nationalität des Autors/Produzenten geht.

Was die dritte Frage angeht bin ich mir sicher mal gelesen zu haben, dass prominente Menschen damit leben müssen in der Öffentlichkeit zu stehen und dass die Medien über sie berichten, da die allermeisten sich aus freien Stücken dazu entschlossen haben eine Laufbahn als z.B. Schauspieler, Sänger, Politiker oder sonstwas einzuschlagen. Nur wenn es wirklich um üble Nachrede, Verleumdung u.ä. geht, können sie juristisch dagegen vorgehen. Wenn z.B. eine bunte Zeitung behauptet, Promi-Ehepaar Sowieso ließe sich scheiden und in Wahrheit ist bei denen alles supi, dann kann die Zeitung gezwungen werden eine Gegendarstellung zu bringen, die auch ähnlich groß sein muss, wie die ursprüngliche Nachricht. Also wenn die ursprüngliche Meldung auf dem Cover der Zeitung stand, muss auch die Gegendarstellung aufs Cover. - Also ich bin mir ziemlich sicher, dass eine positive Darstellung einer seit 24 Jahren verstorbenen Persönlichkeit kein Problem darstellen sollte.
Einen Paragrafen habe ich aber auch da nicht zur Hand.


Ansonsten habe ich gerade mal kurz in den entsprechenden Wikipedia-Artikel zum Persönlichkeitsrecht reingeschaut und finde den sehr ausführlich. Die weiterführenden Weblinks sehen auch gut aus, besonders der erste ist sehr ausführlich (habe ihn aber gerade nur überflogen). Das kannst Du Dir ja alles selbst mal anschauen, wenn Du es ganz genau wissen willst. ;)

Tanrien

#2
Ich glaube, letztendlich wirst du nur "Ich glaube"-Antworten kriegen können, da es immer ein Balanceakt ist und du bei sowas nie 100%ige Rechtssicherheit haben kannst, wenn ich mir gerade so die Fälle durchlese, die gerichtlich verhandelt wurden zu dem Thema und was für feinstufige Trennungen da gemacht wurden.

Was ich aber eigentlich fragen wollte, ist, was du mit "ein Denkmal setzen" hier meinst. Da ich den Eschbach-Roman mit Mandela nicht kenne und in der Zusammenfassung auch keinen größeren Hinweis auf ihn finden kann, kann das für mich gerade alles heißen, zwischen wortwörtlich eine Statue des Künstlers im Roman im Hintergrund stehen lassen bis zu, dass du deinen ganzen Roman über ihn schreibst.

Falls es "nur" das physische Denkmal ist, wird hier ein Urteil (das zu Esra) zitiert, dass für deine dritte Frage interessant ist. Demnach kannst du Personen, die zur Immersion in der Romanwelt verwendet werden, positiv dargestellt als "Hintergrund" für deine Welt verwenden: http://www.literaturjournal.de/2012/01/11/kunstfreiheit/

Wenn es um irgendeine Art von negativer Darstellung geht, würde ich mich aber auch immer professionell beraten lassen.

HauntingWitch

Zitat von: Romy am 17. Januar 2016, 02:59:25
Was die dritte Frage angeht bin ich mir sicher mal gelesen zu haben, dass prominente Menschen damit leben müssen in der Öffentlichkeit zu stehen und dass die Medien über sie berichten, da die allermeisten sich aus freien Stücken dazu entschlossen haben eine Laufbahn als z.B. Schauspieler, Sänger, Politiker oder sonstwas einzuschlagen. Nur wenn es wirklich um üble Nachrede, Verleumdung u.ä. geht, können sie juristisch dagegen vorgehen.

Zu den ersten beiden Fragen kann ich nichts sagen, aber darüber habe ich mich auch mal schlau gemacht. Es ist so, dass du reale, lebende Personen zwar darstellen, aber nicht handeln lassen darfst. Man darf nur bewiesene Tatsachen beschreiben und dabei nicht verunglimpfen oder beleidigen. Man kann also nicht jeden beliebigen Promi in seinem Roman einfach irgendetwas tun lassen, weil das als Eingriff in die Privatsphäre gilt. Du darfst z.B. einen Charakter eine Meinung über einen Promi äussern lassen, wenn sie negativ ist, solange eindeutig erkennbar ist, dass das nicht deine Meinung als Autor ist. Ich weiss aber nicht, inwieweit das bei Verstorbenen gilt.

Zitat von: Romy am 17. Januar 2016, 02:59:25Also ich bin mir ziemlich sicher, dass eine positive Darstellung einer seit 24 Jahren verstorbenen Persönlichkeit kein Problem darstellen sollte.
Einen Paragrafen habe ich aber auch da nicht zur Hand.

Die Frage, die sich mir stellt ist eher, wen könnte es denn stören? Wenn du es als Tribut verpackst bzw. ihn positiv darstellst, wird das allfällige Freunde oder Familie vermutlich eher freuen. Es müsste dich ja erst einmal jemand verklagen und ich denke, bei positiven Darstellungen ist diese Gefahr relativ gering.

Romy

Zitat von: Tanrien am 17. Januar 2016, 04:46:42
Wenn es um irgendeine Art von negativer Darstellung geht, würde ich mich aber auch immer professionell beraten lassen.
Stimmt. Und solange Du das Buch nicht im Selbstverlag rausbringst, wird der Verlag sich da sicherlich auch noch mal Gedanken drum machen, ob die Darstellung problematisch sein könnte.

Fafharad

Danke für eure Antworten!

Das Thema ist wirklich sehr sensibel und facettenreich, und Rechtssicherheit bekommt man hier wahrscheinlich wirklich nur durch anwältliche Prüfung.
Ich fühle mich jetzt allerdings ermutigt, das Wagnis einzugehen, auch weil ich mir nicht vorstellen kann, dass die Nachkommen Pedro Linares' oder überhaupt irgendjemand in Mexiko von diesem Roman erfährt (sofern er denn erscheint  ;)). Und selbst wenn - wer sollte sich darüber aufregen?

Zitat von: WitchEs ist so, dass du reale, lebende Personen zwar darstellen, aber nicht handeln lassen darfst. Man darf nur bewiesene Tatsachen beschreiben und dabei nicht verunglimpfen oder beleidigen.
Linares soll in einer Nebenrolle als handelnde Figur auftreten, aber keinesfalls verunglimpft werden. Was ich vorhabe, ist eine Vision, die er 1936 hatte, für bare Münze zu nehmen.

Zitat von: TanrienDa ich den Eschbach-Roman mit Mandela nicht kenne und in der Zusammenfassung auch keinen größeren Hinweis auf ihn finden kann, kann das für mich gerade alles heißen, zwischen wortwörtlich eine Statue des Künstlers im Roman im Hintergrund stehen lassen bis zu, dass du deinen ganzen Roman über ihn schreibst.
Eschbach macht Mandela zum Präsidenten einer (symbolischen) Weltregierung (Eine Billion Dollar, Bastei Lübbe 2003).
Das mit dem Denkmal meine ich tatsächlich nur im übertragenen Sinne.