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Die Kussszene

Begonnen von Sorella, 25. März 2012, 16:29:24

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Rosentinte

Ich denke, gerade beim ersten Kuss (aber das gilt auch für andere) ist der Moment kurz vor dem Kuss am wichtigsten. Warum küssen die beiden sich ausgerechnet in diesem Moment? Warum gehen die beiden ausgerechnet jetzt diesen Schritt, warum überschreiten sie jetzt die Grenze der platonischen Freundschaft zur Liebelei? Oder haben sie diese Grenze schon übertreten?
Nicht zu vergessen ist auch, dass so ein Kuss ja nicht rückgängig zu machen ist. Vor dem Kuss kann man genau davor Angst haben. Und danach kann sich das unbefriedigende Gefühl einstellen, dass man wohl doch nicht den Richtigen gefunden hat. Und dann kann man nicht mehr normal bzw. so wie vorher miteinander umgehen. Oder genau das Gegenteil ist der Fall.
Für mich ist es wichtig, dass solche Fragen beantwortet werden und das Drumerum stimmt. Dann noch ein bisschen Atmosphäre aufbauen und man hat mich.
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

Melenis

Zitat von: Calysta am 25. März 2012, 20:05:38
und um Einlass bitten  ;)

Ich weiß, bisschen viel herumgeschnippelt an deinem Eintrag, aber genau diese Floskel möchte ich nie wieder lesen! Ich lese ja ab und zu zur Entspannung FanFictions und in jeder dieser Geschichten kommt diese Redewendung mindestens einmal vor  :wums: Ich finde das auch überhaupt nicht plastisch und irgendwie törnt mich der Gedanke an klopfende Zungen echt ab  :rofl: Nee, also wenn ich bei Kussszenen etwas nicht sehen möchte, dann dieses "Einlass bitten". Äh, das war jetzt nichts gegen dich, Calysta, das ist mir nur gerade eingefallen, als ich das gelesen habe  ;D

Grüßle

Sorella

Äh, ich fand "um Einlass bitten" sehr prickelnd, muss ich zugeben ... ich gehöre also zu der Fraktion mit den roten Ohren  ;D 

Was mir bei meiner Szene aufgefallen ist: Der Zeitpunkt im Plot ist sehr schwierig zu wählen und in keiner Szene zuvor hatten die Protagonisten mehr Eigenwilligkeit entwickelt, als bei diesem Thema. Die ultimative Kussszene musste ich schon seit unzähligen Kapiteln schieben, weil sie einfach nicht wollten.
Es ist also ein neuralgisch wichtiger Punkt in der Geschichte, vor allem beim ersten Kuss. Nachher ist nichts mehr wie vorher. Und die Protas haben ein gewaltiges Wörtchen mitzureden.

Alana

ZitatIch denke, gerade beim ersten Kuss (aber das gilt auch für andere) ist der Moment kurz vor dem Kuss am wichtigsten. Warum küssen die beiden sich ausgerechnet in diesem Moment? Warum gehen die beiden ausgerechnet jetzt diesen Schritt, warum überschreiten sie jetzt die Grenze der platonischen Freundschaft zur Liebelei? Oder haben sie diese Grenze schon übertreten?

Das finde ich auch wichtig. Ich habe es diesmal so gelöst, dass diese Grenze eigentlich schon vorher überschritten wird. Es muss ja nicht immer der erste Kuss sein, der diese Stelle markiert. Ich finde es ganz reizvoll, davon mal abzuweichen.

Außerdem ist es sicher ziemlich schwierig, hier den Geschmack eines jeden Lesers zu treffen. Gerade bei diesem Thema hat jeder eine sehr persönliche Sichtweise. Ich finde das "um Einlass bitten" auch nicht so prickelnd, aber das liegt vielleicht an der Tatsache, dass ich gerne historische Liebesromane lese, wo diese Formulierung eine Zeit lang inflationär verwendet wurde. Andere Leser sehen das ganz anders, das zeigt sich ja schon an den Posts hier.
Deshalb schreibe ich solche Szenen einfach so, wie sie mir gefallen, denn allen kann man es sowieso nicht recht machen. Wenn jetzt alle meine Betas es grauenhaft finden, würde ich natürlich trotzdem versuchen, etwas zu ändern.

ZitatNachher ist nichts mehr wie vorher.

Das stimmt auf jeden Fall. Ich lasse meine Protas danach zwar nicht sofort ständig rumknutschen, aber der Weg ist dann geebnet für weiterführende Maßnahmen.  ;D
Alhambrana

Kamen

Ich habe für den ersten - vollkommen überraschend auftauchenden - Kuss von King Orlando und seiner Liebsten (die er leider nicht "behalten" darf) eine Menge recherchiert. Und wo? In Liebesromanen, die es überall nachgeworfen gibt. Ehrlich, es ist unglaublich spaßig gewesen, sich diese Groschenromane zu Gemüte zu führen. Da gibt es mehr als nur die Redewendung "um Einlass bitten". Natürlich ist so ein Liebesroman unter aller Kanone (für Viele), aber für solch ein Thema wie ein Kuss, war ich wirklich dankbar, dass es so einen Schund gibt.

Auch ich beschreibe gern die Gefühle und Gedanken, vor, während und nach dem Kuss. Körpersprache ist für mich wichtiger als jeder Zungenschlag der Welt. Prickelnde Erotik kann ein Blick sein, ein vorsichtiges Antasten oder eine flüchtige Berührung der Lippen. Jede/r sieht es anders. Jede/r ist anders romantisch.
Manchmal denke ich mir: "Boah, nicht schon wieder so ein Schmalz", aber dann, wenn es wirklich nicht nur darum geht, ein Austauschen von Sabber zu beschreiben, denke ich mir: "Hey, nicht übel".

Ich denke, jeder und jede Autor/in schreibt eine Kussszene so, wie er oder sie selbst gern geküsst werden möchte. Außer natürlich, der Kuss ist nicht so wichtig.  ;)
Das Eiserne Buch erinnert an damals, als die Welt brannte, selbst hier tief im Meer...

Calysta

Zitat von: Melenis am 25. März 2012, 21:14:21
Ich weiß, bisschen viel herumgeschnippelt an deinem Eintrag, aber genau diese Floskel möchte ich nie wieder lesen! Ich lese ja ab und zu zur Entspannung FanFictions und in jeder dieser Geschichten kommt diese Redewendung mindestens einmal vor  :wums: Ich finde das auch überhaupt nicht plastisch und irgendwie törnt mich der Gedanke an klopfende Zungen echt ab  :rofl: Nee, also wenn ich bei Kussszenen etwas nicht sehen möchte, dann dieses "Einlass bitten". Äh, das war jetzt nichts gegen dich, Calysta, das ist mir nur gerade eingefallen, als ich das gelesen habe.
Ich werte das auch gar nicht gegen mich, aber du wirst dich wundern wie oft so eine Wendung in Romantasy oder Paranormalem mit erotischem Einschlag vorkommt. Aber so Phrasen sind sowieso immer sehr subjektiv zu beurteilen - wie jeder Stil eines Autors. Der eine findet es toll, der andere ... weniger toll.
Also, immer alles ganz ruhig sehen und sich nicht gleich aufgeregt mit Smilies um sich werfen, wenn eine Redenwendung kommt, die man selbst nicht leide kann.
Wir sprechen hier auch nicht über ungeliebte Phrasen, sondern um die Darstellung von Kussszenen.

Zitat von: Sorella am 25. März 2012, 22:20:53
Es ist also ein neuralgisch wichtiger Punkt in der Geschichte, vor allem beim ersten Kuss. Nachher ist nichts mehr wie vorher. Und die Protas haben ein gewaltiges Wörtchen mitzureden.
Das ist auch sehr, sehr wichtig. Immerhin wird das kein freundschaftlicher Schmatzer, sondern ein prickelnder Kuss.
Das wird schon, Sorella! Ich denke, du hast den richtigen Zeitpunkt gewählt, wenn es sich SO auf die Geschichte auswirkt.

Sorella

Muss noch kurz was los werden: "Um Einlass bitten" ist natürlich nichts für ein Jugendbuch ... Aber bei YA+ finde ich es durchaus vertretbar.

Insgesamt spielt also auch die Zielgruppe eine große Rolle.

Alana

#22
Vertretbar ist es auf jeden Fall, ich finde daran gar nichts anrüchiges. Und natürlich ist so eine Beschreibung immer eine Frage des Genres und der Zielgruppe und des Geschmacks.
Abgesehen davon finde ich andere Dinge oft viel prickelnder, als einen Kuss auf die Lippen und verwende die auch gerne.

Übrigens hat es mich letztens bei House of Night Teil 1 überrascht, wie ausführlich die Beschreibung der körperlichen Reaktion auf den Kuss für ein Jugendbuch ausgefallen ist. Also vielleicht wird man da in Zukunft auch etwas freier sein dürfen.
Oder wenn ich mir Kai Meyers Sturmkönige anschaue, wo es mit einer ziemlich heftigen Szene relativ zu Anfang los geht. Das richtet sich zwar auch an ältere Leser, als viele seiner anderen Bücher, aber mich hat es trotzdem erstmal ganz schön geschockt, weil ich das so gar nicht erwartet hatte.
Alhambrana

chaosqueen

Oh ja, Kussszenen! Ich hab ja lange Zeit immer gesagt, ich kann keine Erotik schreiben und hab es dann irgendwann einfach gemacht.Laut Publikum gar nicht mal so schlecht, und natürlich kommen hin und wieder auch Küsse vor. ;)

Extrem lange, technische Beschreibungen gehen gar nicht, da stimme ich komplett mit der allgemeinen Meinung hier überein. Das Wichtigste ist, dass die Gefühle transportiert werden, dass im besten Fall der Leser die Augen schließt, kurz innehält und sich vorstellt, er wäre an Stelle der/des Prota. Und das schafft man in der Regel nicht, indem man detailliert beschreibt, was passiert, weil jeder Mensch anders küsst und anderes erotisch findet.
Ich hab ja mit einer gewissen Begeisterung die Gestaltwandler-Serie von Nalini Singh gelesen, und eines war im ersten Band befremdlich, in allen weiteren einfach nur noch nervig und störend: Alle, aber auch wirklich alle Paare beißen sich beim Küssen in die Unterlippe! Also, meist beißen die Männer die Frauen, aber es ist wirklich in jedem Band bei jedem Paar vorgekommen.
Ich gehe davon aus, dass es für Frau Singh nichts erotischeres gibt, als in die Unterlippe gebissen zu werden, mich törnt es ab, das zu lesen. Und genau darum geht es ja letztendlich: Die Gefühle so eindrücklich zu beschreiben, dass der Leser mitten in der Szene ist, die Handlung an sich aber so vage zu lassen, dass jeder Leser die Szene mit seinen eigenen Vorstellungen füllen kann. Das ist nicht einfach, aber möglich, und ich habe schon sehr gute Kussszenen gelesen. :)

Meine Kussszene, die ich aktuell geschrieben habe, ist nicht ganz freiwillig von Seiten meiner Prota. Also, an und für sich liebt sie ihn schon, darf ihn aber nicht küssen, weil sie Priesterin ist und enthaltsam leben soll. Das ist auch spannend, weil einerseits Wollen und andererseits Ablehnung in ihr sind und sie halt nicht recht weiß, was nun Überhand nehmen soll.

Franziska

Ich finde dabei aber gerade entscheidend, welche Worte und Ausdrücke man benutzt, um die Stimmung rüber zu bringen.
"Um Einlass bitten", da rolle ich auch mit den Augen, weil ich das eifnach so oft gelesen habe. Aber ich habe auch selbst immer das Gefühl, in die Klischee-Falle zu tappen. Wie viele Ausdrücke gibt es denn für Küssen?
"und sie küssten sich" oder "er küsste sie" klingt manchmal zu platt. "Er legte/presste/drückte ... seine Lippen auf ihre" auch irgendwie nicht so toll.
Die Lippen, die geküsst werden sind auch immer entweder weich oder sanft ...
Was für andere Ausdrücke habt ihr noch auf Lager? Das würde mich mal interessieren.

Ansonsten stimme ich zu, dass die Beschreibung nicht zu technisch sein sollte, sondern es auf die Gefühle dabei ankommt.

Alana

#25
Vielleicht müssen die Ausdrücke gar nicht ausgefallen sein. Vielleicht ist es ja hier genauso, wie mit vielen anderen Dingen. Die Beschreibung muss unauffällig sein, damit der Leser darin versinken und sich selbst alles so vorstellen kann, wie er es möchte. Könnte ich mir zumindest gut vorstellen.
Alhambrana

Guddy

#26
Ich liebe Kussszenen! Sowohl, sie zu schreiben, als auch, sie zu lesen, wenn die denn in meinen Augen gut gemacht sind. Beschriebene Zungenakrobatik finde ich dabei ebenso unnötig wie die meisten hier, denn wenn die Emotionen und sonstigen, schriftstellerischen Ergüsse passen, stellt man sich die Szene doch ohnehin vor.

Warum ich solche Szenen liebe, liegt daran, dass so schön Emotionen, Atmosphäre, Gedanken und Worte miteinander verknüpft werden können. (Gleiches gilt auch für sexszenen oder solchen mit Trauer und Hass). Hach ja. Ich LIEBE es wirklich, diese zu schreiben, mit Aussicht auf diese ertrage ich dann sogar die trockenen Informationsszenen u.ä. *g*.

Leann

Oh ja, Kussszenen! Da geht es mir wie Guddy. Ich liebe Kussszenen. Und auch die Feldforschung dazu.  :)
Eine detaillierte Beschreibung der Technik, also was die Lippen und Zungen anstellen und so weiter, finde ich dabei eher nebensächlich. Wichtiger ist, was für Gefühle der Kuss auslöst, was für Gedanken. Das Wichtigste findet doch im Kopf statt (gilt auch für Sex). Wenn das unverblümt und ehrlich beschrieben wird, dann ist das in meinen Augen eine gute Kussszene. Dazu gehört auch ein prickelndes Davor und Danach. Seltsame Umschreibungen mag ich dagegen nicht besonders, mögen sie auch noch so kreativ sein.

Franziska

Meine Betaleser meinen, ich sollte meine Kussszenen ausweiten. Ich weiß nur nicht so richtig wie. Wenn es ein kurzer Kuss ist, kann ja mit der Zunge und den Lippen nicht so viel passieren. Wenn man beim Küssen noch denken kann, kann der Kuss ja auch nicht so toll sein. Bleibt die Gefühle dabei zu beschreiben. Bei solchen Gefühlen, die schon tausendmal in Büchern vorgekommen sind und die jeder kennt, finde ich es immer extrem schwer, Worte zu finden, die nicht immer gleich klingen.

Snöblumma

Oh, dieser Thread ist mir bisher ja ganz und gar entgangen!

Ich fürchte, meine Kussszenen fallen auch immer zu kurz aus, Franziska. Wenn es sie denn überhaupt gibt - in meinem Erstling habe ich tatsächlich vergessen, eine Kussszene einzubauen, bzw. es hat sich einfach nicht ergeben. Erst als meine Testleserin anmerkte, dass ihr im ganzen Roman kein Kuss aufgefallen ist und ob ich das absichtlich so gemacht habe, habe ich nach der Stelle für den ersten Kuss zwischen dem Paar gesucht. Und auch sonst scheint das Küssen bei mir irgendwie immer unterzugehen. Mal ein kurzer Kuss hier, mal ein Lippenberühren dort - aber an und für sich muss ich mich wirklich aktiv daran erinnern, Küsse einzubauen. Kussszenen sind für mich persönlich immer die größte Herausforderung, weil ich sehr wenig intimer finde als einen Kuss. Ein Kuss kann so viel sagen, und das richtig rüberzubringen ist für mich immer wieder Schwerstarbeit.

Ich versuche dann, möglichst viel in der Innensicht zu bleiben und eher die ausgelösten Gefühle zu beschreiben, die Wahrnehmungen der Figur, das Kribbeln im Körper, solche Dinge, nicht die Mechanik des Kusses. Bei Knabbern an Unterlippen und herumflutschenden Zungen habe ich selber immer das Gefühl, dass das viel zu schnell ins Lächerliche abgleiten kann. Äußerlichkeiten beschreibe ich dann eigentlich nur, wenn es unbedingt notwendig ist, weil auf eine ganz bestimmte Art (stürmisch, liebevoll, gewaltsam etc.) geküsst wird. Im Übrigen bleibe ich lieber bei den Gefühlen der Figur, die gerade die Perspektive hat, da fühle ich mich einfach sicherer.