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Wie detailliert recherchiert ihr?

Begonnen von HauntingWitch, 08. Dezember 2011, 15:08:36

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Alana

@Lavendel: Vielen Dank für diese unheimlich interessante Zusammenfassung!

Zum Thema fremde Städte wollte ich noch anfügen, dass man ja mittlerweile mit Google Streetview ein recht gutes Instrument hat, um mal eine Straße entlang zu gehen, die man noch nie in echt gesehen hat.

Alhambrana

Angela

Ich habe ja das Glück, eine kanadische Bücherei in der Nähe zu haben, da grabe ich mich durch und finde bisher eigentlich zu jedem Thema jede Menge Infos.
Doch trotz aller Erkundigungen, ich bin der Ansicht, wenn man Fantasy schreibt, sollte man sich auch ganz bewusst gegen die Realität oder die üblichen Vorgaben entscheiden dürfen und können, diese abändern oder gänzlich neu erfinden.
Die besten Bücher sind für mich die, die mich überraschen.

Churke

Zitat von: Angela am 02. April 2012, 22:00:37
Ich habe ja das Glück, eine kanadische Bücherei in der Nähe zu haben, da grabe ich mich durch und finde bisher eigentlich zu jedem Thema jede Menge Infos.
Doch trotz aller Erkundigungen, ich bin der Ansicht, wenn man Fantasy schreibt, sollte man sich auch ganz bewusst gegen die Realität oder die üblichen Vorgaben entscheiden dürfen und können, diese abändern oder gänzlich neu erfinden.

Natürlich, natürlich. Aber wie du richtig bemerkst, ist es ein Unterschied, ob man sich bewussst für oder gegen etwas entscheidet oder ob man aus Unwissenheit im Nebel stochert.

HauntingWitch

Zitat von: Angela am 02. April 2012, 22:00:37
Doch trotz aller Erkundigungen, ich bin der Ansicht, wenn man Fantasy schreibt, sollte man sich auch ganz bewusst gegen die Realität oder die üblichen Vorgaben entscheiden dürfen und können, diese abändern oder gänzlich neu erfinden.

Das durchaus. Nur eine wirklich gezielte Abänderung der realen Vorgaben kann man ja erst dann vornehmen, wenn man über diese Bescheid weiss. Tut man das nicht, kann das ganz schnell peinlich werden und man kommt in Erklärungsnot.

Ich glaube, man muss da auch unterscheiden, ob man eine komplett fiktive oder eine reale Welt hat, ob der Protagonist einer erfundenen Spezies angehört oder ein gewöhnlicher Mensch ist. In einer fiktiven Welt wird kein Leser einer erfundenen Spezies übel nehmen, dass sie nichts essen muss, sofern das die Gesetze dieser Welt bzw. die Eigenheiten dieser Spezies sind. Habe ich aber ein Mensch in einer realen Stadt, der länger als zwei Tage ganz ohne Essen funktioniert, fragen sich bestimmt einige. Das ist jetzt ein ganz plumpes, übertriebenes Beispiel, aber so ist es doch bei allen Dingen. Man muss immer damit rechnen, dass es einen Leser gibt, der das Detailwissen zu einer Sache hat und der einen dafür an den Pranger stellt, wenn es falsch ist.

Bianca Jones

@Debbie: Wow, ein eigenes Lexikon? Mensch, dass ist ja wirklich beeindruckend! Wie viel Arbeit da drin stecken muss... Aber ist sicher auch eine große Arbeitserleichterung.

@Lavendel: Ja, Uni-Bibs sind da wirklich eine gute Empfehlung, sie haben dann doch viel mehr und ofmals "wissenschaftlichere" Literatur; ich merk das grad nämlich auch, meine Stadtbibi stößt da schnell an ihre Grenzen.

Also, ich muss sagen, ich recherchiere immer sehr viel, manchmal schon zu viel- darüber vergesse bzw. verschiebe ich das eigentliche Schreiben. Diese Angewohnheit hab ich irgendwie aus der Uni-Zeit noch mitgenommen. Besonders bei psychologischen Sachen suche ich immer lange: Wie würde man sich fühlen, wenn das passiert oder wenn einem diese angetan wird. Oder wenn man mit anderen Mentalitäten arbeiten... Denn ein Mensch, der in einer Diktatur aufwächst, verhält sich ja ganz anders, als einer, der Demokratie denkt. Ich weiß nicht, wie viel ich gerade zu dem Punkt schon gelesen habe...

Aber ich denke, es kommt wirklich sehr auf die Geschichte an, obwohl es durchaus nicht einfacher ist, eine eigene Welt zu erfinden. Da ist nämlich oft das Problem, dass man eben nicht alles einfach erfinden kann - denn dann wäre es oftmals eine einfache Version von der realen Welt (z.B. bei Regierungsformen)- sondern, wie andere auch schon schrieben, muss man sich wirklich guten Imput suchen, um ihn dann so abzuwandeln und in die eigene, neue Welt einzubauen.

Was mich noch interessieren würde: Wie geht ihr denn mit euren Quellen um? Notiert ihr euch immer, wo ihr welche Infos herhabt? Nennt ihr sie gar in einer Danksagung oder sowas? Als Geisteswissenschaftlerin musste ich da ja immer ganz pingelig Buch führen (Fußnoten) mit direkten und indirekten Zitaten, aber jetzt bearbeitet man das Gelesene ja viel mehr. Da tue ich mich grad noch schwer mit...

Grüssle,
Bianca 

Zit

Ich schreib mir für mich selbst auf, woher ich die Infos habe, zumindest bei Büchern. Internetseiten nur, wenn sie noch mehr bieten und ich weiß, dass ich früher oder später wieder darauf zurück greifen will.
In einer Danksagung habe ich soetwas noch nicht gesehen und würde es selbst nicht tun. Man kann ja auch nur Menschen danken. ;) Wenn ich also eine Koriphäe anschreiben würde und mir die Info wirklich weiter hilft, dann würde ich mich wohl bedanken (auch wenn die Koriphäre das selbst nie lesen wird *g*).
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Bianca Jones

@Zitkalasa: Freilich kann man nur Menschen danken, da hast du Recht  :) Ich meinte dann auch den Verfasser... Mir ist das nur mal bei Naomi Novik (Feuerreiter seiner Majestät) aufgefallen; die Chronik spielt quasi in der realen Welt zur Zeit Napoleons (mit dem Unterschied, dass es Drachen gibt) und sie hat sich da auf zwei Quellen gestützt. Mir ist das irgendwie im Gedächtnis geblieben...deswegen dachte ich, ich frag mal, wenn's schon um Recherche geht...

Rosentinte

Also gerade in geschichtlichen Romanen gibt es oft Quellenangaben. Gerade auch für Interessierte, die sich über die geschichtlichen Gegebenheiten noch mal detaillierter und sachlicher informieren wollen, ist das wohl sehr praktisch.
El alma que anda en amor ni cansa ni se cansa.
Eine Seele, in der die Liebe wohnt, ermüdet nie und nimmer. (Übersetzung aus Taizé)

HauntingWitch

Zitat von: Bianca Jones am 03. April 2012, 19:23:35
Was mich noch interessieren würde: Wie geht ihr denn mit euren Quellen um? Notiert ihr euch immer, wo ihr welche Infos herhabt? Nennt ihr sie gar in einer Danksagung oder sowas? Als Geisteswissenschaftlerin musste ich da ja immer ganz pingelig Buch führen (Fußnoten) mit direkten und indirekten Zitaten, aber jetzt bearbeitet man das Gelesene ja viel mehr. Da tue ich mich grad noch schwer mit...

Aufschreiben und Links notieren, ja, aber in die Danksagung aufnehmen würde ich das nicht. Da gibt es meiner Meinung nach wichtigere Dinge zu erwähnen, als irgendwelche Internetseiten oder Bücher. Ich behalte meine Notizen aber alle, da ich meistens ein eigenes Dokument für Recherche-Quellen habe, in dem ich die Links und Bücher aufliste. Das wird dann mit allem anderen in den "ewigen" Sphären meiner PC-Festplatte gespeichert.  ;D Was ich nicht aufschreibe sind so Kleininformationen, z.B. wie schnell ein Wolf werden kann oder wie lange der Bus von dort nach dort braucht. Das sind meistens Dinge, dich nur einmal erwähne und jederzeit wieder ergoogeln kann.

Churke

Zitat von: Bianca Jones am 03. April 2012, 19:23:35
Notiert ihr euch immer, wo ihr welche Infos herhabt? Nennt ihr sie gar in einer Danksagung oder sowas?

Anhänge mit Bibliographien halte ich für Wichtigtuerei bzw. einen Marketing-Gag, mit dem der Autor den Eindruck erwecken möchte, besonders sorgfältig zu gearbeitet zu haben. Hat er tatsächlich sorgfältig gearbeitet, sollte sich das eigentlich erübrigen. Literaturhinweise würde ich nur unter dem Aspekt "Wenn Sie mal was richtig Interessantes lesen wollen..." geben.

Übrigens: Wenn man während der Recherche schreibt bzw. während des Schreibens recherchiert, braucht man sich vieles gar nicht mehr aufzuschreiben, weil es nämlich schon im Text drin steht.

Debbie

Ich frage mich gerade, ob man eine Recherche-Zwangsstörung haben kann...  :gähn:

Das ich die Kleidermarken und Lieblingsbands meines Protas ordentlich recherchieren muss, hat seine Gründe - obwohl es, mit Abstand betrachtet, irgendwie auch schon ziemlich abgedreht ist - aber warum kann ich bei der "Bepflanzung" meiner fiktiven Welt, nicht einfach nach Klima und Aussehen der Pflanzen gehen? Muss ich denn wirklich jede Pflanze und jeder Baum eine Assoziation mit dem entsprechenden Standort haben  ???

Habt ihr so einen Zwang auch schon mal verspürt? Und habt ihr ihm nachgegeben, oder ihn in die Schranken gewiesen?

HauntingWitch

Bei mir war es zwar nur ein geringer Recherche-Aufwand, aber ich hatte das einmal mit Namen. Ich wollte, dass alle meine Namen von demselben Sprachzweig abgeleitet sind, plus eine entsprechende Bedeutung haben, usw. Das ist dann daran gescheitert, dass ein bereits sehr lange existierender Protagonist einen unpassenden hatte. Der hatte sich aber schon so sehr festgesetzt, dass ich ihn nicht mehr einfach ändern konnte (oder wollte), da habe ich es aufgegeben und bin jetzt bei einer ziemlichen Willkür angelangt.

AlpakaAlex

Also ich halte es mit Locations prinzipiell immer so: Sofern ich nicht aus einem bestimmten Grund jetzt ein bestimmtes Haus oder Gebäude brauche (in welchem Falle es meistens irgendwelche Sehenswürdigkeiten sind) erfinde ich die Gebäude selbst immer. Sie existieren in realen Stadtteilen und dergleichen, aber das Gebäude selbst wird erfunden sein. Einfach weil es so an meine Bedürfnisse angepasst werden kann. Genau so sehe ich das halt auch mit Wäldern oder ähnlichem. In Der Schleier der Welt war zum Beispiel der Trossachs in einer Ecke deutlich dichter, als er es normal eigentlich wäre, aber die Geschichte hat es halt verlangt, dass der Wald da etwas dichter ist.

Und natürlich gibt es das Anderson Hospital aus Mosaik auch nicht in der Realität (noch eins in der Nähe, wo das Krankenhaus in der Geschichte ist).

Generell recherchiere ich allerdings dennoch relativ viel. Aber die häufigsten Themen, über die ich Recherchiere sind:

  • Magie, wie sie historisch angewendet wurde
  • Spezifische Sachen für die etwaige Geschichte (zum Beispiel bei Sturmjägerinnen zum Thema Seefahrt)
  • Viel zu viel über spezifische Waffen und Kampftechniken
  • Alles mögliche zu Mythologischen Wesen, Gottheiten und so weiter (dazu habe ich auch viel zu viele bücher im Regal)
  • Sehr viel über Organisationen - aufgrund der Themen, die ich schreibe, sehr oft kriminelle Organisationen und ihr Aufbau