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Zu nett für diese Welt

Begonnen von Coppelia, 15. Mai 2008, 06:37:52

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Coppelia

 Wenn ihr mir beim Brainstormen helfen könntet, wäre ich euch sehr dankbar. Es dauert ja noch sooo lange bis Sonntag, und meine Romanidee hat mich schon um 20 nach 5 aus dem Bett geworfen.  :-\ Ich hab von diesem Roman eine Fantasy- und eine historische Fassung.

Ich hab da eine Figur, aus deren Perspektive ich erzählen will. Der Mann ist schon älter, 65 Jahre, und der Freund meiner eigentlichen Hauptfigur. Er hat wirklich gelebt, und ich lese gerade eifrig die Quellen über ihn. Da beginnt mein Problem. Ich weiß zwar genau, wie es mit der Vertrauenswürdigkeit solcher Quellen aussieht, aber hier scheinen sich bisher alle einig zu sein: Dieser Mann war einfach nur nett. Ich möchte ihn jetzt gern ordentlich charakterisieren, aber es fällt mir schwer, weil die Quellen einfach keinen Charakter ausspucken, keine Ecken und Kanten, wo sich meine Fantasie ankoppeln könnte. Ich werde überhaupt nicht schlau aus dem Mann.
Er war offenbar so drauf, dass er sich mit einfach allen Leuten gut verstanden hat. Und damit meine ich wirklich alle: Nicht nur sympathische Zeitgenossen, sondern auch ziemlich grässliche Typen. Er scheint irgendwie mit der ganzen Welt befreundet gewesen zu sein, auch mit den schwierigsten Charakteren. Alle konnten ihn gut leiden. Dann war er immer gut drauf, hat sich nie mit anderen gestritten, führte ein vorbildliches Leben, und nicht einmal in seiner eigenen Familie gab es jemals Zoff. Er hatte keinen Ehrgeiz, was wahrscheinlich einer der Hauptgründe war, warum er so selten in Probleme geraten ist. Aber selbst wenn er in Probleme geraten ist, hatte er sie nie lang, weil offenbar niemand einem so netten Menschen etwas antun konnte. Er soll immer großzügig und hilfsbereit gewesen sein, dazu war er vermutlich (sage ich anhand seiner Biografie) weltoffen, tolerant und neugierig. Er hat Literatur geliebt. Ach ja: reich war er auch noch, sodass er sich seine Freundlichkeit leisten konnte. Ist das nicht furchtbar? :)

Tja, ehe ich weitere Lobeshymnen über ihn schreibe, möchte ich seine Funktion in dem Buch erläutern: Als einer meiner Haupt-Perspektiventräger soll er seinen Freund "betreuen", um den sich die Geschichte dreht.

Na, nun zu meinen Fragen - behandelt die Figur einfach wie eine normale Romanfigur:

Was meint ihr, kann jemand, der sich irgendwie mit der ganzen Welt super versteht, mit wenigen Personen ganz besonders gut befreundet sein? Und bedeuten ihm diese Freunde eigentlich wirklich etwas? Das mag sich dumm anhören, aber ich frage es mich tatsächlich. Oder ist diese ganze Freundschaftskiste nur Show? Glauben die Leute in Wahrheit nur, mit Mr. Sonnenschein befreundet zu sein, und in Wahrheit sind sie ihm alle mehr oder weniger egal, weil es ihm vor allem darauf ankommt, selbst nicht in Schwierigkeiten zu geraten und er sich deswegen mit jedermann gutstellt? Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand sonst anteilnehmend und herzlich zu jedermann sein kann! Dabei brauche ich gerade für diese Geschichte jemanden, der wirklich mitfühlend und halt ein echter Freund ist.

Und vor allem: Wie kann es überhaupt sein, dass jemand immer freundlich und gut gelaunt ist? Mir ist schon klar, dass die Angaben vermutlich ein wenig übertrieben sind, aber die Grundtendenz sollte stimmen. Wie stellt ihr euch den Charakter von jemandem vor, der immer freundlich zu allen und überall beliebt ist? Wie tickt so jemand? Mir fehlen bei dieser Figur die Schattenseiten, daher bleibt sie nicht greifbar für mich. Mir erscheint dieser Mann irgendwie profillos und feige, aber das sollte er ja in meinem Roman lieber nicht sein - sondern da kann er ruhig nett rüberkommen. Aber auf eine sympathische Art. Vielleicht etwas spleenig, aber das geben meine Quellen auch nicht so recht her.

Was habt ihr mit euren lieben und netten Figuren gemacht? Welche echten Schwächen könnte man so einer Figur anhängen? Ich hab es schon mit Faulheit versucht, aber das ging nicht auf; alles, was ich ihm bisher wirklich gegeben habe, sind schlechte Augen. :) Dazu kommt noch, dass sein Freund einen extrem ausgeprägten Charakter hat und ständig die gesamte Aufmerksamkeit auf sich zieht (ihr kennt wohl alle solche Charaktere). Nur darf mein armer Perspektiventräger daneben nicht untergehen, sein Charakter sollte zumindest ausgeprägt genug sein, um von seinem Freund nicht völlig "verschüttet" zu werden ...

Falckensteyn

Zitat von: Coppelia am 15. Mai 2008, 06:37:52
Wie stellt ihr euch den Charakter von jemandem vor, der immer freundlich zu allen und überall beliebt ist? Wie tickt so jemand?

Hoi Coppelia

Ein sehr schwieriges Thema hast Du hier aufgegriffen. Jedenfalls für mich. Ich versuche aber gerne, Dir Deine zweite Frage aus meiner Perspektive zu beantworten.

Schwierig ist das Thema für mich, weil ich eigentlich niemanden kenne, der so ständig liebenswürdig ist. Jemand ganz ohne Ecken und Kanten existiert für mich eigentlich gar nicht. Es gehört für mich zum Menschsein dazu, dass auch "Negatives" existiert. Eine menschliche Seele hat immer zwei Seiten.

Aber nach Deiner Beschreibung würde ich solch einem Menschen etwas Unnatürliches, fast Unheimliches, zuschreiben. Immer freundlich zu sein, Strahlemensch und gut gelaunt, das hinterlässt doch ein sonderbares Gefühl. Fast schon geheimnisvoll würde ich sowas charakterisieren, vielleicht sogar berechnend.

Ein Faktor der für mich noch dazukommen würde: Ist diese Person intelligent, oder ist sie eher von naiver, eventuell sogar dümmlicher Natur?

Trifft erstes zu, dann wäre diese Person für mich äusserst berechnend. Sie hätte irgendwas zu verbergen, irgend ein grosses, dunkles Geheimnis, das sich hinter der Fassade des Lächelns verbirgt. Diese Fassade immerzu und überall aufrecht zu erhalten, ist mit grossen Anstrengungen verbunden. Irgendwann würde sowas auffliegen, meines Erachtens nach.

Trifft zweites zu, dann würde ich dieser Person die Nettigkeit aufgrund des "einfachen Gemüts" absolut zuschreiben, ohne wenn und aber.

Das ist grad spontan, was mir dazu einfällt zu diesem Thema.

Coppelia

Ich kann nur sagen, Falckensteyn, ich stimme dir völlig zu.

ZitatSchwierig ist das Thema für mich, weil ich eigentlich niemanden kenne, der so ständig liebenswürdig ist. Jemand ganz ohne Ecken und Kanten existiert für mich eigentlich gar nicht. Es gehört für mich zum Menschsein dazu, dass auch "Negatives" existiert. Eine menschliche Seele hat immer zwei Seiten.
Eben. Wenn ich jetzt wenigstens herausbekommen hätte, dass diese Person faul, feige, eingebildet oder was weiß ich was gewesen wäre - aber nein.

Ich muss daher gestehen, dass ich irgendwie auch ein ganz übles Gefühl bei dem Mann habe. Als würde er sein schönes Leben auf Kosten derer führen, die ihn für ihren Freund halten, und versteckt mit allen so umgehen, dass er aus der Schusslinie ihrer Probleme bleibt. Allerdings gibt es darauf auch keine direkten Hinweise. Zumindest waren die Ratschläge an seine Freunde nicht immer besonders hilfreich. Ich glaube auch, dass er irgend etwas zu verbergen hat.

Aber das kann ich gar nicht brauchen. :) Er soll seinem Freund ja helfen und ihn nicht noch mehr fertigmachen. Außerdem ist es ja doch irgendwie unwahrscheinlich, dass man 50 Jahre und länger gut befreundet ist und die ganze Zeit nur Lügen dahinterstecken.

Ich würde mir auch wünschen, dass der Mann ein einfaches Gemüt hat, aber leider war er auch noch sehr intelligent und gebildet. Er hat viele erfolgreiche Geschäfte abgeschlossen, konnte also auch mit Geld umgehen.

Möchtegernautorin

Greetings auch Coppelia :)

Wenn ich ehrlich bin, finde ich solche Charaktere garnicht so "unglaublich". Jeder hat mal schlechte Phasen. Ich denke nur, es besteht ein Unterschied, wem man zeigt, dass man in Ruhe gelassen werden möchte oder einfach schlechte Laune hat.
Es gibt Menschen, die übertünchen das alles und zeigen es den meisten Menschen einfach nicht. Also, immer ein aufgelegtes aber freundliches Lächeln.
Auf diese Weise bekommen nur wenige mit - nämlich die engen Freunde zum Beispiel, Ehefrau oder sonst jemand, der den Menschen nahe steht - was wirklich los ist. Dieser liebe und nette Mann kann also durchaus nur wenige gute Freunde haben und nur die dürfen wissen, was wirklich los ist.

Dazu passend fände ich im übrigen auch etwas, was ich einer meiner Protagonistinnen angehängt habe: Eine überaus gute Menschenkenntnis. Mit dem Aspekt, dass sie viel Wert auf ,,Harmonie" legt, kann sie sehr gut einschätzen, wie sie mit den Menschen umgehen muss, um eben keinen Ärger zu bekommen oder jemandem nicht auf die Füße zu treten.

Her plants and flowers, they're never the same - Blue and silver, it's all her gain
flying dragons, an enchanted would - She decides, she creates
It's her reality
Within Temptation - "World of Make Believe"

Coppelia

Ja, ich weiß, ich antworte auf jeden Post gerade - aber das Thema lässt mir einfach keine Ruhe! Vielen Dank auf jeden Fall für eure Antworten. :)

@ Drachenelfe
Was du sagst, gefällt mir ganz gut, das klingt schon eher so, als könnte ich den Pseudofreund mit den dunklen Geheimnissen vergessen, den ich ja auch gar nicht brauchen kann.

Menschenkenntnis ist ein wichtiger Punkt. Ich denke auch, dass dem Mann Harmonie sehr wichtig ist. Wenn noch ein aufrichtiges Interesse an anderen Menschen dazu kommt, vor allem an denen, die er gut leiden kann, kann ich mir schon denken, dass er nicht so schnell mit ihnen in Streit gerät. Er weiß dann wahrscheinlich, wie er sich verhalten muss, und es fällt ihm nicht schwer, sich auf andere einzustellen, weil er nicht sehr ichbezogen ist. Und wer anderen Kulturen gegenüber aufgeschlossen ist, ist es sicher auch gegenüber anderen Menschen.
Aber es sollte auch Dinge geben, die ihn ärgern und runterziehen. Vielleicht, wenn es seiner Familie oder seinen engen Freunden nicht gut geht? Ansonsten scheint er ja irgendwie keine Probleme gehabt zu haben.  ::) Vielleicht kann ich ihm wenigstens anhängen, dass ihm Intoleranz und so auf den Geist geht und dass er darunter leidet, sich auch mit Leuten gutstellen zu müssen, die ihm zuwider sind. Aber wenn er es nicht täte, hätte er seiner Meinung nach zu viel Ärger.

Rumpelstilzchen

Mir ist der Mann äußerst suspekt. Ich vermute da sofort irgendwelche Leichen im Keller.
Denn was mich meine Erfahrung gelehrt hat, ist, dass es immer fröhliche und höffliche Menschen einfach nicht gibt. Es ist alles nur Schein oder so versuchen sich den Wunsch nach einer heilen Welt zu erfüllen, die es nicht gibt.
Depressionen könnten ein Schwachpunkt sein, da dich die Realität und der Schein nicht 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche aufrecht erhalten lassen. Und ich denke gerade deshalb kann er mit keinem richtig befreundet sein, weil es dann den Schein nicht mehr wahren kann.
Nur bei realen Personen finde ich es problematisch ihnen so etwas anzuhängen.

Niobe

Dazu fällt mir eine Geschichte aus meinem Umfeld ein:
Ich kannte vor Jahren eine Frau, die so ähnlich war, wie Du es beschreibst. Sie war Inhaberin eines Cafes - stets bestens gelaunt, freundlich und liebenswert. Ihre Familie liebte sie, die Kundschaft und ihre Angestellten lobten ihre nette und gleichbleibend gerechte Art. Sie hatte ziemlich viele Bekannte und Freunde - von denen nie jemand ein schlechtes Wort über sie verlor, weil es einfach nichts Negatives zu sagen gab.
Eines Tages machte sie einen Spaziergang und kam nicht mehr zurück - sie hatte sich im Wald auf eine Bank gesetzt und Schlaftabletten genommen. Kein Abschiedsbrief, nichts.
Niemand kam je darauf, was sie dazu getrieben hat - selbst ihre Familie nicht - weil ihre Welt nach außen hin völlig im Reinen war.

Das ist jetzt nur ein Beispiel. Was ich sagen möchte ist, daß manche Menschen es vielleicht einfach nur gut verstehen, ihr Innerstes auch wirklich tief in sich zu verschließen. Daß deren äußere Gelassenheit und Freundlichkeit dann immer echt sind, wage ich zu bezweifeln.

Immortal

Ich kenne jemanden, der oft, wenn nicht immer total nett und freundlich ist. Eine Freundin von mir. Also es gibt schon solche Leute. Aber auch die haben Schattenseiten, wie jetzt zum Beispiel meine Freundin, an der ich mich bei der Frage jetzt einfach einmal orientiere.

Zu solchen Personen gibt es immer Neider. Denn wenn sich jemand mit allen gut versteht, gibt es immer noch Personen mit einem schlechteren Charakter, die dann neidisch werden. So erzählt zum Beispiel eine ehemalige Freundin von ihr herum sie sei total kalt und berechnend. Wir haben davon noch nie etwas bemerkt, dennoch behält man soetwas natürlich im Hinterkopf, wenn man denjenigen eben noch nicht so lange kennt und ist bei der durchweg freundlichen Art eher vorsichtig.

Genauso sieht es auch in Fragen der Liebe aus. So ist sie auch zu allen Jungs immer... nett. Auch wenn sie von gewissen anderen Freundinnen weiß, dass diese gegenüber eines bestimmten Jungen Gefühle hegen. Da unsere liebe Freundin aber eben zu jedem nett ist, ist sie dies auch zu diesem Jungen und zwischen den beiden lief schon einmal was.

Das sind jetzt nur zwei Beispiele für Schattenseiten bzw. Schattenseiten, bei denen man sich unsicher ist. Aber solche Leute gibt es definitiv.
Zahme Vögel träumen von der Freiheit, wilde fliegen.

Judith

#8
Natürlich gibt es solche Leute. Meine beste Freundin ist so jemand und ich wünschte mir oft, ich wäre mehr wie sie. Ich finde es auch fast ein wenig bedenklich, wenn gleich alle misstrauisch werden, sobald jemand einfach meistens nett, freundlich und gut gelaunt ist. Und ich rede hier von normaler guter Laune, also nicht nervig oder überdrüber fröhlich.
Die einzigen Schattenseiten, die ich bei meiner Freundin kenne, sind eine gewisse Unentschlossenheit und zu wenig Selbstbewusstsein. Aber das sind ja auch keine wirklich schlechten Eigenschaften.
Im wirklichen Leben finde ich solche Menschen super. In Büchern können solche Charaktere natürlich langweilig sein, müssen sie aber nicht. Schließlich können sie auch kleine Macken interessant machen - es müssen nicht immer dunkle Abgründe sein.  ;) Ganz allgemein sehe ich also kein Problem mit einer solchen Figur. Er kann ja auch durchaus ab und zu mit sich selbst hadern, ohne dass man das äußerlich gleich bemerkt. Oder er mag sich selbst nicht, obwohl ihn alle anderen mögen - sowas solls ja auch geben. Der mangelnde Ehrgeiz könnte ja auch daran liegen, dass er sich selbst zu wenig zutraut und sich denkt: Das pack ich vermutlich eh nicht, also bleib ich lieber bei dem, was ich schon gewöhnt bin und wo ich mich "sicher" fühle.

Redest du eigentlich von A.? Irgendwie klingt das nach ihm.  ;)

Coppelia

#9
Ich muss bei dem Mann an eine Mitstudentin von mir denken. Sie war/ist (hoffe ich) auch immer gut gelaunt, sogar auf unserer Exkursion, wo schlechte Laune wirklich keine Schande war. Als ich z. B. gerade einen Wutanfall über mein geklautes Essen im Gemeinschaftskühlschrank bekommen wollte, hat sie ganz nett und freundlich zu mir gesagt: "Kathrin, ärgere dich doch nicht, das ist es doch nicht wert, und ändern tut es auch nichts!" Dabei hatte ich gar nichts gesagt, sie hatte trotzdem aus irgend einem Grund gemerkt, dass ich gerade richtig wütend werden wollte. Und ich hab eingesehen, was sie gesagt hat, und mich nicht aufgeregt.
Vielleicht so in etwa ... auch wenn das Beispiel vielleicht besemmelt ist. Sie war auch nicht immer erfolgreich, aber was auch los war, ich habe sie nie schlecht gelaunt erlebt. Darüber war ich immer ganz erstaunt.

Danke auf jeden Fall für eure Antworten! Ich glaub, allmählich kann ich mir was draus zusammenpuzzeln.

@ Niobe
Die Geschichte ist wirklich traurig. :( Ich kenne auch eine ähnliche. Aber dass es bei "meiner" Figur so weit geht, glaube ich dann doch nicht.

Noch einen depressiven Mann kann ich an der Stelle auch leider nicht brauchen.

@ Judith
Ich bin wohl leicht zu durchschauen. ;D Oder du bist zu gut informiert. Oder eine Mischung aus beidem. Aber pst, das ist doch noch geheim!

Ich hab auch schon eine Malvorlage zu dem Typen gefunden, wie ich ihn mir halt vorstelle. Und deswegen male ich ihn nachher mal. Das hilft mir bestimmt weiter.

Judith

Zitat von: Coppelia am 15. Mai 2008, 13:45:21
Ich bin wohl leicht zu durchschauen. ;D Oder du bist zu gut informiert. Oder eine Mischung aus beidem. Aber pst, das ist doch noch geheim!

Okay, ich hab den Namen in meinem Beitrag zensiert.  ;)

Coppelia

Danke. Ich erzähl dir wohl früh genug davon, wenn ich darf. :)

Lomax

Ich denke, zunaechst mal kannst  du die algorithmische Herangehensweise aufgeben, in der Art von "damit er soundso wahrgenommen wird, muss er soundso sein/auftreten" - "damit er jedermanns Freund sein kann, darf er fuer niemanden richtig Partei ergreifen" ... Es gibt in der Realitaet naemlich etwas, dass sich in einem Roman nur sehr schwer beschreiben laesst - nennen wir es Charisma, oder auftreten ... Es fuehrt dazu, dass bei unterschiedlichen Menschen dieselben Taten, dieselben Worte, sprich: Alles, was man beschreiben kann, voellig unterschiedliche Folgen haben, von der Umwelt voellig unterschiedlich aufgenommen werden. Es ist in der Praxis also durchaus moeglich, dass ein Mensch beispielsweise mit zwei Erzfeinden fett und innig befreundet ist, obwohl diese Erzfeinde sonst von jedem ihrer Freunde eine "der-oder-ich"-Entscheidung verlangen.
Ich habe solche Faelle oft genug erlebt, und die einzige Moeglichkeit, wie du in einem Roman das spezielle Charisma, die Wirkung eines Menschen beschreiben kannst, ist im Spiegel der anderen Figuren.
Dir steht fuer deine Figur also ein breites Spektrum zur Verfuegung, von den Leichen im Keller ueber das stille Leiden bis hin zu blosser Oberflaechlichkeit; und vielmehr, als an der Frage "was muss er tun, um so wahrgenommen zu werden", solltest  du in deinem Roman herausarbeiten, wie sich das Umfeld des Mannes seine Wahrnehmung rationalisiert. Denn, wie gesagt: Die Ausstrahlung deiner Figur ergibt sich nicht durch das, was du ueber sie schreibst, sondern durch das, was sie in ihrem Umfeld ausloest.

Linda

Zitat von: Lomax am 15. Mai 2008, 15:54:07
Denn, wie gesagt: Die Ausstrahlung deiner Figur ergibt sich nicht durch das, was du ueber sie schreibst, sondern durch das, was sie in ihrem Umfeld ausloest.

oder, wie es beim Theater so schön heißt: "Den König spielen die anderen!"

Gruß,

Linda

Coppelia

Der Tipp ist gut. :) Aber dann hilft wohl vor allem, die Perspektive zu verlassen, denn man selbst nimmt sich ja in den seltensten Fällen so wahr, wie man auf andere wirkt.
Aber ich wollte mir sowieso noch andere Perspektiventräger suchen.