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Gibt es diese Wörter eigentlich überall?

Begonnen von Grey, 24. November 2007, 17:21:32

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Archibald

Fräulein kenne ich, allerdings nur aus Büchern.
Weitaus häufiger begegnet mir allerdings (gesprochen) das missbilligende, zurechtweisende, ironische  "Frollein", die Verballhornung von Fräulein, meist von den Eltern.
Negativ besetzt: Na ja: Antiquiert, würde ich sagen. Kommt darauf an, wer es benutzt und in welchem Kontext.
   

Waldhex

Wenn der Roman in einer zurückliegenden Zeit spielt (also so um 1970 rum oder früher), würde der ältere Herr die junge Frau tatsächlich mir Fräulein ansprechen, einfach weil das damals so üblich war. Früher haben unverheiratete Frauen ja teilweise sogar auf das "Fräulein" bestanden und waren beleidigt, wenn man sie mit Frau ansprach (sicher nicht alle, und das ist jetzt wirklich auf früher, also vor ca. 1970 bezogen).

Bei der zweiten Szene, der Zurechtweisung, ergibt die Verwendung von "Fräulein" für mich durchaus Sinn. Gerade hier soll ja das "Kleine, Unreife" betont werden.

Wegen der Schule: Bei uns war es ab der 9. oder 10. Klasse üblich, von neuen Lehrern gesiezt zu werden. ist jetzt aber schon ein paar Jahrzehnte her.

Nikki

Vielen Dank für eure Antworten  :vibes:

Der Roman ist YA Urban Fantasy und spielt zu einer nicht näher bestimmten Jetzt-Zeit. Es gibt Smartphones, das ist einer der wenigen Indikatoren auf das Jetzt, ansonsten ist der Roman zeitlich "entrückt". Es wäre durchaus plausibel, dass besagte Figuren die 1970er erlebt haben und durch diese geprägt sind.

Anj

#1893
Im generellen Kontext: Meinem Empfinden nach repräsentiert und reproduziert der Begriff nach wie vor eine sexistische und patriarchalische Gesellschaftsstruktur und meinem persönlichen Empfinden nach ist er schnell wie ein Schlag ins Gesicht der Frauen, die dafür gekämpft haben, die dahinterliegenden Glaubenssysteme, Ideologien und Strukturen abzuschaffen.
Die Begründung hat Maja bereits geliefert.
Ich kenne auch keine Frau, die den Begriff für sich "zurückerobert" hätte oder ernsthaft gern so bezeichnet würde. Amüsiert oder schlichtes "ist mir wurscht" schon eher. Interessant, dass ihr das anders kennt.
Im realen Leben und in Bezug auf mich selbst bin ich aber eher amüsiert, wenn mich jemand so bezeichnet, weil ich 1. selbst nicht mehr dafür kämpfen musste und 2. die Zuordnung zu der Altersklasse "junge Frau" inzwischen als Kompliment empfinde.
Im Sprachgebrauch ist bei mir nur im erzieherischen Kontext gebräuchlich. Ein "Fräulein" hat gerade ihr Grenzen überschritten und wird von mir mit diesem Begriff zurechtgewiesen. Also verwende ich es nur für Mädchen und weibliche Tiere.
Als Selbstbezeichnung darf das natürlich jede handhaben, wie sie will. Ich halte nichts davon Menschen vorzuschreiben,  wie sie sich betiteln. Als Fremdbezeichnung kann es halt unterschiedlich wirken. Wie jede Bezeichnung, die von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich empfunden wird. Sicherlich auch je nach kulturellem Kontext, sofern man bereit ist, diesen als relevante Größe zu berücksichtigen und Begriffe grundsätzlich in einem Kontext und nicht für sich stehend betrachtet.
"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Frostschimmer

Fräulein ist ein Begriff, den man heute nicht mehr verwenden sollte. Er bezeichnet eine ledige Frau, ungeachtet des Alters (vgl. Fräulein Rottenmeier aus Heidi). Der Begriff stammt aus einer Zeit, in der eine Frau (demnach Fräulein) erst durch Heirat vollständig und somit zur Frau wurde. Entsprechend wurde eine Frau ohne einen Mann nicht als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft angesehen, war also keine Frau, sondern bloß ein Fräulein, die geringere Version des weiblichen Geschlechts. In dem Begriff schwingt also die Haltung mit, eine Frau sei erst durch einen Mann komplett und das ist ziemlich daneben.
Die Abschaffung dieses Begriffs war ein Meilenstein innerhalb der Frauenbewegung. Irgendwo vertretbar ist der Begriff vielleicht, wenn er eine Jugendliche bezeichnet, generell wird er aber abwertend verstanden.

Ich kenne den Begriff aus eigener Erfahrung auch nur von Mutter und Oma, die den zum Schimpfen benutzt haben.
Wenn die Geschichte nicht in einem historischen Kontext spielt, der diesen Begriff erfordert, würde ich den nicht verwenden. Im entsprechenden Kontext gehört aber zur Authentizität dazu.

Ahneun

#1895
Uuuuuups  :hmmm:

siehe Wikipedia;
Zitat von: WikipediaFräulein (kurz Frl.) war bis in die 1970er-Jahre hinein die förmliche Anrede für unverheiratete Frauen, unabhängig von ihrem Alter. Die Frauenbewegung kritisierte die Verkleinerungsform ,,Fräulein" (von Frau). Im Jahr 1972 verfügte das deutsche Bundesinnenministerium in einem Erlass, dass der Gebrauch des Wortes Fräulein in Bundesbehörden zu unterlassen und als Anrede erwachsener weiblicher Personen ,,Frau" zu verwenden sei.

Wirklich, -> ich habe bis gerade eben, als ich das hier bei Euch las gedacht, dass "Fräulein" als Form der Ansprache eine gültige Bezeichnung für junge, unverheiratete Frau gültig ist. :innocent: Als Kavalier wäre mir das noch nicht einmal peinlich gewesen. *jetzt aber schon, wie peinlich für mich*

Das diese Bezeichnung allerdings bereits 1972 abgeschafft wurde, kannte ich nicht.
Zu meiner Entschuldigung, - bis 1989/90 (Wendezeit) wurde nix was aus dem "Bundesinnenministerium" (BRD) erlassen wurde, in der DDR bekannt gegeben.

Heute hätte ich als Kavalier einem Fräulein schon die Tür geöffnet oder in irgendeiner angemessenen Art meine Dienste bzw. Hilfe angeboten. Bei einer verheirateten Frau sieht - jawohl - die Hilfeleistung schon anders aus. Weil ja auch der Ehemann in der Nähe sein könnte und meine Hilfe somit nicht von Nöten zu sein scheint. (*alte Schule*)

Was sagt denn "Herr Knigge" dazu?

Also, bitte meinen Beitrag hier jetzt nicht missdeuten. Ich hab gerade meine Unkenntnis über den Begriff, bzw. die Bezeichnung "Fräulein" bekannt gegeben.  :omn: Man kann immernoch etwas dazu lernen.  :engel:
- Ein Diamant
ist

Wildfee

Für mein ganz persönliches Empfinden ist "Fräulein" mittlerweile in erster Linie veraltet und herablassend.
In meiner Kindheit und Jugend (80er und 90er) war das noch ein wenig anders, da wurde ich auch ab und an als "Fräulein" bezeichnet, aber ich empfand es damals weniger herablassend oder beleidigend, weil es immer von der älteren Generation ausging (die heute weit über 100 wären) und meiner Erinnerung nach auch nie aktiv beleidigend verwendet wurde.

In Romanen würde ich es nur verwenden, wenn diese ca. vor 1980 spielen.


Nikki

Da das Wort vorbelasteter ist, als es mir bewusst war, werde ich es ersetzen. In der aktuellen Version der Szene mit dem Nachbarn wird es zu einem "Frau Nachname" und in der Schulszene wird es zu einem "junge Dame". In der zweiten Szene geht somit nicht ganz die Machtstruktur zwischen ältlichem Lehrer und aufmüpfiger Schülerin verloren. Wer weitere Anregungen oder Kommentare diesbezüglich für mich hat, kann sie entweder hier schreiben oder sie mir persönlich zukommen lassen. :)

Zit

#1898
Junge Dame machts aber auch nicht besser. Das ist ebenso sexistisch. Warum? Weil ich das (genauso wie das Fräulein) gern von älteren Herren gesagt bekomme, die locker mein Vater oder sogar Großvater sein könnten, und dann auch gern in einem wohlwollenden Ton von oben herab. Wobei sie auch oft in die Schiene fallen, wenn sie angepisst sind und ihren Ärger auf mich abwälzen wollen. Klar, altersmäßig bin ich gerade zwischen jung und gereift (uärgh), aber jung = dumm wie (Junges) Fräulein oder Junge Dame suggerieren bin ich nicht. Was vielleicht noch durch geht ist Junge Frau als Synonym zu Junger Herr, aber selbst die würde ich mit Vorsicht genießen. Mag manche geben, die das als Kompliment auffassen. Für mich hat das trotzdem immer so ein Geschmäckle von Altersdiskriminierung bzw. Anspielung auf das Alter, dass man als älterer Mensch jüngeren gegenüber eine natürliche Deutungshoheit/ Macht hat. (Was halt in Dienstleisterberufen total verquer ist, weil der Dienstleister eigentlich der mit Hausrecht und Macht ist, und mich innerlich mit den Augen rollen lässt.)
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Wildfee

"Junge Dame" finde ich persönlich noch herablassender als "Fräulein".

Wenn ein junges Mädchen von einem älteren Lehrer getadelt wird, ist es meiner Ansicht nach unnötig, das Geschlecht extra zu erwähnen. Ebensowenig im umgekehrten Fall von jüngerem Schüler und älterer Lehrerin.

Nikki

@Wildfee
Zitat"Junge Dame" finde ich persönlich noch herablassender als "Fräulein".
Wenn ein junges Mädchen von einem älteren Lehrer getadelt wird, ist es meiner Ansicht nach unnötig, das Geschlecht extra zu erwähnen.

Ich sehe das als dasselbe. Die beiden Begriffe operieren in dem Kontext nach demselben Schema.

@Zit
ZitatJunge Dame machts aber auch nicht besser. Das ist ebenso sexistisch.

Jap, ist es. Genauso wie die Ansprache von Schüler*innen mit Herr/Frau, so wie es in der momentanen Fassung noch der Fall ist. Junge Dame/Fräulein wäre die überspitzte Form im entsprechenden Kontext gewesen. Meine Quelle an der AHS hat mir bestätigt, dass die Jugendlichen von den Lehrer*innen geduzt werden, damit kann ich auf diese Anrede verzichten und komme auch nicht in Verlegenheit mit meinen nonbinären Figuren. Kommt die Lehrer-Figur halt weniger unsympathisch rüber, als es davor geplant war. Na, vielleicht kann ich noch ein paar Wörter des Ärgernisses einstreuen, um sie ein bisschen nachzuschärfen. ;D

Ahneun

Soweit leuchtet mir das ein.

Frage; Wie soll ich denn nun im allgemeinen (zivilen) Sprachgebrauch die/den "Heranwachsenden"* ansprechen bzw. benennen?

*) im Rechtsgebrauch sind so die 18-21 jährigen Jugendlichen bezeichnet
- Ein Diamant
ist

Frostschimmer

Heranwachsende werden im Allgemeinen auch mit Mann/Frau angesprochen, theoretisch kann das auch schon ab 16 passieren, eben ab dem Zeitpunkt, ab dem man nicht nahestehende Menschen aus Gründen des Respekts mit "Sie" anspricht.
Wenn eine Geschichte aber in einem entsprechenden historischen Kontext steht, in dem "Fräulein" gebräuchlich war, sollte man es auch verwenden, sonst ist das nicht authentisch.

Nikki

@Ahneun abhängig davon, wer di*er Sprecher*in ist, in Rücksicht auf den Kontext und die emotionale Lage der Figuren. Siezen wird allgemein als respektvoll angesehen, Duzen, wenn nicht im gegenseitigen Einverständnis, als herablassend.

Zit

#1904
Im Alltag ist es praktikabel Jugendliche so bis 13/ 14 zu duzen und ab 15/ 16 zu siezen. Jüngerer Teenager scheinen mit dem Du jedenfalls kein Problem zu haben. Wobei es auch Anfang-20er (und Ältere) gibt, die mich wiederum einfach duzen. Hängt dann auch vom sozialen Milieu ab, in dem man sich bewegt. Bei deiner Arbeit, A9, wirst du dich da aber wohl nicht so flexibel drauf einstellen können wie ich und sicherheitshalber doch beim Sie bleiben, wenn dein Gegenüber 13+ ist, schätze ich.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt