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Den Anfang finden

Begonnen von Martino Mauricio, 16. Januar 2007, 23:27:57

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Martino Mauricio

Hallo Zirkler,

ich habe ein kleines Problem. Ich habe schon mehrmals teile von verschiedenen Geschichten geschrieben doch es ist mir noch nicht gelungen etwas ganzes zustande zu bringen. Jetzt hab ich mich wieder mal ans Schreiben gesetzt und stehe vor dem gleichen Problem. Ich finde einfach keinen guten Anfang. Die ganzen Versuche der Vergangenheit sind mittlerweile zwar zu einer Story verschmolzen aber ich holper einfach an der Einleitung.

Kennt jemand von euch so ein Problem ? Soll ich einfach erstmal in der Mitte oder an irgend einem Punkt der Story anfangen  und mich nicht um das erste Kapitel kümmern oder funktioniert dann die ganze Geschichte nicht ? Vielleicht könnt ihr mir ja auch einfach mal sagen wie ihr eine Geschichte einleitet.

Danke schon mal Mar Mau

Feuertraum

Hallo Mar Mau!

Gute Frage, die ich - sorry - mit einer Wischiwaschi-Antwort...äh...beantworten muß. Es ist ehrlich gesagt eine Frage des Stils.
Normalerweise sagt eine Handwerksregel: ein Anfang muß so geschrieben sein, das der Leser nach dem dritten, allerallerallerspätestens nach dem 5. Satz unbedingt wissen will, wie es weitergeht.
Einige steigen gleich in die Action ein (zum Beispiel: Ich wurde wach, weil ich etwas Kaltes auf meiner Stirn spürte. Und erstarrte, als ich sah, das es sich um den Lauf einer Pistole handelte)
Andere arbeiten mit Kontrast: (Die Sonne schien, die Vögel sangen, Blumen wiegten sich sanft im warmen Wind. Collin McFall atmete tief durch. Der Arzt mußte Kraft sammeln um dem Patienten hinter der Tür zu sagen, das dieser bald sterben würde. Und das mit 13 Jahren)
Wiederum andere (und zu denen zähle ich mich) arbeiten da lieber mit dem Neugierigmachenden, Verblüffenden (Es war einmal - vor gar nicht allzulanger Zeit - ein Plastikbecher).
Und mir fällt noch ein die Art von Beschreibung, die den Leser erstmal ein (Natur)Bild im Kopf entstehen läßt, der weiter eintauchen möchte in die Beschreibung.

Das sind so die Anfänge, wie mir sie einfallen.
Ob Sie damit etwas anfangen können, weiß ich natürlich nicht, da es - wie gesagt - irgendwo auch eine Stilfrage ist...

LG

Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Termoniaelfe

Der gute Feuertraum hatte mal vor laaanger Zeit einen tollen Link gesetzt. Und ich habe ihn tatsächlich unter meinen Favoriten wiedergefunden. Guckst Du hier:

http://www.crazy-crazy.de/spiel-schreibblockadenhilfemaschine.html

Diese super geniale Schreibblockadenhilfe, finde ich
a: witzig und
b: hat sie mir echt schon mal aus der Klemme geholfen.

Hin und wieder lass ich die Tasten dieser Schreibmaschine mal magisch klappern und siehe da, eine Inspiration springt meist immer dabei heraus.

Aber nicht abkupfern, nur als Ideenspritze benutzen. ;)

LG
Termi

Hr. Kürbis

Oh ja, der Link ist Klasse! Übrigens ist die Antwort von Herrn Feuertraum alles andere als "wischwaschi", denn Recht hat er!
Es gilt, einen Anfang zu finden, der neugierig macht, der zündet, der den Leser zum weiterlesen zwingt!
Bei uns im Schreibkurs haben wir das so gemacht: einen kurzen Text geschrieben (in deinem Fall wohl das erste Kapitel) und dann die Aussage, die am meisten verblüfft, an den Anfang gestellt und drum herum den Text aufgebaut...

Aneirin

Hallo Martino,

keinen guten Anfang zu finden, macht gar nichts. Das ist eines der schwierigsten Dinge beim Schreiben.

Lass deinen Anfang einfach so wie er ist und schreibe weiter. Die Geschichte entwickelt sich mit der Zeit und irgendwann ist auch der richtige Anfang und du kennst genau den Punkt, an dem die Geschichte beginnt. Beim Überarbeiten schreibst du dann den richtigen Anfang hin.

Grüße
Aneirin

Feuertraum

@ Herr Kürbis: Mit Wischiwaschi meinte ich, das es keine Patentlösung, kein "Nur so ist es richtig und alles andere ist falsch" gibt.
Trotzdem danke für das Lob... ;)

LG

Feuertraum
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Twilight

Ich bin der Meinung, dass der Anfang immer am schwersten ist...jedenfalls geht mir das immer so.
Probiere einfach den Anfang ganz intuitiv zu schreiben, immerhin kann man ihn ja immer wieder verändern, wenn es einem nicht gefällt. Im Verlauf der Geschichte, kann es auch passieren, das du auf einmal den idealen Anfang vor Augen hast... Zwing dich zu nichts, der richtige Gedanke kommt schon von ganz allein.

lg Twilight

Martino Mauricio

Danke erst mal an alle für die Tips. Ich werd wohl einfach drauf losschreiben und dann mal sehen wie es sich entwickelt.

Hab mir auch die Seite mit dem Link angeschaut, ist echt ne gute Seite  :jau:

LG Martino Mauricio

Silvia

Hallo!
Über den Anfang einer Geschichte gibt es ja die schönsten Theorien. Daß man den Leser mit dem ersten Satz sofort packen muß, ansonsten sei er schon verloren. Daß man sofort mit Action und großartiger Spannung anfangen soll, sonst ... siehe oben.
Oder zumindest mit einer spannungsgeladenen Szene.

Nun hab ich letztens zum einen festgestellt, daß ich diesen actionspannungsmäßigen Beginn derzeit nicht besonders mag, ihn eher für übertrieben wenn nicht gar marketingstrategisch korrekt verfaßt halte. Und was mir konstruiert vorkommt in der Literatur, bewirkt bei mir eher Abwehr. Ich mags allgemein eher etwas ruhiger angegangen, als daß man mir gleich im ersten Absatz oder gar Satz Leichen, Action oder was sonst noch um den Latz haut.  ;)

Und zum anderen versuchte ich eine Zeitlang, meine eigene Story mal mit etwas mehr "Sofortspannung" zu beginnen und stellte dann fest, daß mir diese Art des Anfangs nicht liegt. Ploff - große Szene und viel Tamtam, nee nee *g* Jetzt hab ich wieder eine eher allmähliche Einführung der Personen und Umgebung begonnen und komme damit viel besser klar.

Wie seht oder schreibt ihr denn Anfänge?

Dorte

Richtig ist für mich, dass mich das Buch von Anfang an fesseln muss. Das heißt aber noch lange nicht, dass da irgendwelche Action sein muss, oh nein, im Gegenteil - mich nervt das eher. Dann passieren aufregende Sachen bei Leuten, die ich nichtmal kenne. Das ist mir sowas von egal...
Ich mag es lieber, wenn Geschichten sich aufbauen. Das muss nicht lange dauern, aber ich möchte es verfolgen können und nicht bereits vollendete Tatsachen um die Ohren gehauen bekommen.
Sowas wie "er schrie, als das Messer seine Haut ritzte. Hätte er bloß den Talisman nicht geraubt" oder dergleichen auf der ersten Seite ist für mich ein Grund, das Buch ungelesen wieder wegzulegen. Erstmal möchte ich wissen, wer "er" ist, wer das Messer hält, was für ein Talisman eigentlich gemeint ist und ob "er" ein Dieb, ein Retter des Kleinods oder sonstwas ist.

Elena

Ich greife auch eher zu einem etwas mystischen Anfang als denn zu einer Actionszene. Der Leser soll nicht direkt ins kalte Wasser geworfen werden, aber er soll sich bei ein oder zwei Stellen schon fragen: Aha, was hat das nun zu bedeuten?

Wichtig sind mir beim Anfang:
1. Grundstimmung des Romans rüberbringen. Wenn die erste Szene eine todernste und der Rest eine Komödie ist, fühle ich mich etwas ver***t.

2. Bei Fantasy: Die Welt kurz skizzieren. Damit meine ich nicht, dass ich eine Landschaftsbeschreibung lesen will, wo mir der Autor die Geschichte des Landes abhandelt. Nein, ich will nur kurz wissen: Wie sieht's da so aus, wo ich bin, und was für Typen laufen da rum? Das kann man in zwei Sätzen machen, aber wenn ich das Gefühl habe, bei einem Buch nur im Dunkeln zu irren, packe ich es entnervt zur Seite.

3. Die Hauptfigur einführen (es sei denn, es handelt sich um einen Prolog, das ist etwas anderes). Auch da keine Lebensgeschichte, sie muss nur vorkommen und ich die Ahnung bekommen, dass sie eine Rolle spielt. Nichts finde ich blöder als wenn man vierzig Seiten mit einer Heldengruppe durch die Gegend reist, nur um festzustellen, dass sie für die Handlung irrelevant sind.

4. Etwas, was den Leser neugierig macht. Egal, was es ist, es muss etwas drin sein, was bei dem Leser ein kleines Fragezeichen erscheinen lässt, aber auch die Wahrscheinlichkeit beinhaltet, bald offenbart zu werden. Damit kann man den Leser etwas bei der Stange halten, bis man ihn in die Geschichte reingezogen hat.

Also, obwohl eine direkte Actionszene durchaus üblich ist, ich bevorzuge das nicht. Es gibt auch feinere Methoden, den Leser ins Buch zu ziehen als einen Haufen Leichen.

Liebe Grüße,

Elena

THDuana

"Action" muss für mich auch nicht unbedingt sein. Aber Handlung.
Ich will auf den ersten 5 Seiten nicht lesen, wie Sven Thorson sich in seiner Küche ein Butterbrot schmiert, darüber sinniert, warum er denn nur Hafenarbeiter ist und nicht auf seine Mutter gehört hat, als sie meinte, er solle etwas besseres werden.
Ich will, dass Sven beim sinnieren auf der ersten halben Seite aus dem Fenster schaut und im Hafen, bei Morgendämmerung, sieht, wie einige seltsame Gestalten etwas in einen Kontainer laden.
Dann kann der Autor von mir aus auch beschreiben, dass Sven sein Butterbrot immer von links nach rechts streicht und niemals die Butter nimmt, bevor sie genau 8 Minuten (er stopt die Zeit) außerhalb des Kühlschranks verbracht hat. Im Winter auch mal 12 Minuten.
Aber wenn jetzt Kapitel lang "nichts" erzählt wird, ist das für mich der Anlass, das Buch wegzulegen. Soetwas will ich nicht lesen.
Das langweilt mich schlicht und ergreifend.

Wie gesagt, ich möchte Handlung, es muss nicht unbedingt "Action" sein, oder ist das das selbe?



caity

Hallo Silvia,

naja, Action heißt im Prinzip nur "Handlung" deshalb: Ja, am Anfang eines Romans muss für mich Action sein.
Ein gemächlicher Einstieg würde für mich bedeuten erst einmal ausführliche Beschreibung der Umgebung und Charakterisierung der Person - das packt mich als Leser nicht. ich brauche einen Konflikt und der sollte wenigstens angedeutet sein. Charakterisierung muss für mich in der Handlung passieren, ebenso Beschreibung. Das alles muss hand in hand gehen, keins darf überbewertet werden.
Aber Spannung brauche ich am Anfang einfach ;)

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Judith

Von der Leserseite sage ich: Egal, wie der Anfang ist, ich würde bei einem Buch nicht aufgeben, ehe ich nicht wenigstens 10 Seiten gelesen habe (eher mehr). Ist für mich kein Problem, da ich extrem schnell lese, und nachdem ich schon so manches Buch gelesen hab, wo der Anfang mäßig war, der Roman an sich aber trotzdem klasse, bin ich da relativ geduldig. Außer, der Stil ist schlecht, aber das ist ja wieder ein anderer Schuh.

Von der Schreiberseite: Tja, schwer zu sagen. Ich selbst hab eigentlich das Gefühl, dass ich es gewöhnlich eher ruhig angehe, aber ich kenn halt auch meine Welt, während die für Leser ja völlig fremd ist - sie werden da also schon erst mal ahnungslos reingeworfen. Erklärungen pack ich nur ungern an den Anfang - also nur so viele, wie nötig sind, damit man die Ausgangssituation kennt und man eine Ahnung hat, mit welchen Charakteren man es zu tun hat.

Kiwi

Ich versuche bei meinen Anfängen immer gleich in eine Szene reinzuhüpfen, oder einen spannenden/witzigen Dialog aufzubauen, was beides fesseln soll. Seitenlang erst etwas beschreiben, sei es die Landschaft oder das Innenleben meines Prots, das würde ich niemals tun...

Aber ich kläre meine Situationen auch ganz schnell auf, d.h. ich lasse den Leser nicht lange im Unklaren, was da nun vor sich geht.
Da hatte ich letztens nämlich ein Negativbeispiel dafür, was mich als Leser sehr geärgert hat. Seitenlang wird ein Schwertkampf am Anfang beschrieben, zwischen zwei Leuten, es geht hin und her und man stellt sich dabei natürlich viele Fragen, die alle nicht beantwortet waren. Erst nach etlichen Seiten klärte sich auf, dass das ein Übungsspiel eines Paares war, aber auch das wurde so schwammig erklärt, dass ich als Leser erst nach etwa 50 Seiten verstand, dass die beiden ein Paar sind... Erstaunlich, dass ich da weitergelesen  hab...
Das war für mich das Beispiel, dass nur "Action" am Anfang auch ermüdend sein kann.