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Allgemeines => Tintenzirkel => Phantastik und Fantasy => Thema gestartet von: Frostschimmer am 18. August 2021, 18:07:25

Titel: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 18. August 2021, 18:07:25
Hi, ich wollte hier mal fragen, was so für euch die typischen Klischees in der Fantasy sind. Damit meine ich sowohl Charakterklischees, typische Settings, Weltenbau, Archetypen, Handlungsverläufe und alles, wozu es sonst noch Klischees gibt.

Was fällt euch dazu so ein?

Ich habe beim Klischee-Fantasy-Setting immer sofort den klassischen Märchenhelden vor Augen, der die Prinzessin (oder sonstige Damsel in Distress) retten muss.

Mich würde wirklich mal interessieren, welche Klischees da sofort präsent sind (die man dann vielleicht besser gleich zu Beginn vermeidet, weil sie langweilig sind). Außerdem möchte ich mal erfragen, ob es eurer Meinung nach auch Klischees gibt, die ihr trotzdem gerne lest.

Ich hoffe auf zahlreiche Meinungen.

LG
Frostschimmer
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Soly am 18. August 2021, 18:36:23
Nur kurz vom Handy aus dem Mecklenburger Funkloch:
Wir hatten hier (https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=25763.msg1254352#msg1254352) schon mal einen ähnlich gelagerten Thread über Tropes, vielleicht findest du da was?
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 18. August 2021, 18:44:54
Bei Klischee-Fantasy fallen mir eigentlich sofort Cover wie von Frank Frazetta ein - Conan und dergleichen, spärlich bekleidete Damen usw. Seltsamerweise üben aber gerade diese Dinger eine unheimliche Anziehungskraft auf mich aus - ich habe eine ganze Kiste solcher Bücher, meist vom Flohmarkt oder so. Lesen kann ich sie aber nicht wirklich, weil sie - nun ja: voller Klischees sind und dazu meist auch noch schlecht geschrieben.

Ich glaube das ist so ziemlich das größte "Klischee" der Fantasy für mich: tolle Verpackung, tolle Bilder, die sofort etwas in mir ansprechen, wo der tatsächliche Inhalt dann aber aus irgendwelchen Gründen hinterherhinkt. Fantasy kann an sich alles sein, deswegen ist es oftmals auch "nichts", weil Autoren sich irgendwo verzetteln, oder es nicht schaffen mehr als Fassade aufzubauen. Was wahrscheinlich das "Klischee" schlechthin für Fantasy-Ausenstehende ist: keine echte Qualität.
Ich sage natürlich nicht, dass Fantasy schlecht ist (imerhin schreibe ich sie selber, eben auch, um gegen solche vorgefertigten Meinungen anzukämpfen), aber es ist das, was mir persönlich bei Fantasy und Klischees immer sofort einfällt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 18. August 2021, 18:50:59
Das hier ist eine sehr, sehr subjektive Liste von Dingen, die mich in Fantasyromanen nerven. Nicht alles davon würde jeder als Klischee bezeichnen, für mich sind sie das aber irgendwie.

Der trinkende Held: Solchen Protagonisten begegne ich sehr, sehr häufig, fast in jedem Fantasyroman. Mich nerven sie nicht jedes mal, denn gut gemacht kann das einen wirklich spannenden Protagonisten ergeben, aber in den allermeisten Fällen ist es eben nicht gut gemacht und nervt mich tierisch. Es geht um den sehr fähigen Krieger, der von seiner Vergangenheit so gezeichnet ist, dass er in den Tag hinein lebt, meistens auch oft viel trinkt, Witze macht und nichts ernst nimmt. Negativ aufgefallen ist mir das in Castlevania, die Hauptfigur konnte ich absolut gar nicht leiden. Hier fehlt oft der emotionale Anker, der mich dazu bringt, mich für die Figur zu interessieren.

Sexismus: Fantasy ohne gut geschriebene Frauenfiguren spricht mich nicht an. Besonders in Romanen mit männlichen Protagonisten verkommen die weiblichen Figuren aber oft entweder zu Lustobjekten oder hilflosen Wesen, die vom Helden gerettet werden müssen. Furchtbar finde ich auch zickige Frauen, deren einzige Aufgabe ist, sich mit dem Helden zu zanken, um sich dann in ihn zu verlieben. Was mich insgesamt daran stört ist, dass die Frauen in all ihrem Dasein nur dazu dienen, die Geschichte eines Mannes voranzutreiben. Seine Geschichte erzählt, ihre Geschichte dient nur dazu, diese weiter auszuschmücken. Wie man gute Frauenfiguren schreibt ist ein Thema, das einen ganz eigenen Thread füllen könnte, aber wenn sie fehlen, dann fehlt mir auch etwas. Ganz zu schweigen von Romanen, die einfach keine Frauenfiguren haben und reine Männergeschichten sind.

Krieg: Krieg ist brutal und furchtbar. Mich stört es, wie sehr er in vielen Fantasyromanen trotzdem romantisiert wird.

Rassismus: Damit könnten wir wahrscheinlich auch einen ganzen Thread füllen und ich habe fest vor, einen zu eröffnen, sobald wir dafür im Forum einen geeigneten Ort haben, aber die klassische Völkerfantasy ist voll mit rassistischen Tropes, die wir wirklich nicht mehr brauchen.

Vorhersehbarkeit: Die klassische Heldenreise wurde schon oft erzählt. Es nervt mich, wenn sich Romane zu sehr daran orientieren und einfach stur nacherzählen, wie ein einfacher Bauersjunge sein magisches Erbe entdeckt und zum Helden wird, der den bösen König besiegt. Nicht, dass so ein Buch nie gut werden könnte, aber das an und für sich ist noch keine spannende Prämisse für einen Fantasyroman.

Das Ausbleiben moralischer Debatten: Häufig habe ich in solchen Geschichten das Gefühl, dass Dinge nur deshalb passieren und Entscheidungen nur deshalb getroffen werden, weil das Klischee vorgibt, dass das jetzt die richtige Entscheidung ist, nicht weil es wirklich die bessere Entscheidung ist. Moralische Fragen werden nicht durchdacht, weil die richtige Antwort ja ohnehin schon festzustehen scheint. Zum Beispiel hat mich die Serie Avatar hier als Teenager tief beeindruckt. Eine ganze Folge lang wird hinterfragt, ob es wirklich richtig ist, jemanden zu töten, nur weil die Person böse ist und viel Leid verursacht. Andere Geschichten hätten sich diese Frage nicht gestellt sondern die Antwort als gegeben vorausgesetzt.

Mittelalter und sonst nichts: High Fantasy war lange sehr, sehr unkreativ was den Weltenbau betrifft. Jedes Buch war in irgendeiner Weise an das mitteleuropäische Mittelalter angelehnt. Ich würde echt gerne Bücher lesen, die darüber hinausgehen.

Das ist alles natürlich sehr subjektiv und wahrscheinlich habe ich einiges vergessen, aber das sind so Dinge, die mich häufig stören.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Maja am 18. August 2021, 19:11:18
Da ich gerade dabei bin, als Nanowrimo-Projekt einen Retro-Fantasyroman zu plotten, beschäftige ich mich gerade mit Klischees aus der Fantasy, die man in den 80ern in echt jedem Buch finden konnte und die heutzugtage weitgehend ausgestorben sind. Dazu gehören insbesondere

Die Sammelquest
Das legendäre Artefakt ist in sieben Teile zerbrochen, die quer über die ganze Welt verteilt sind. Mit dem Fantasyäuqivalent einer Interrailkarte brechen die Gefährten zur großen, weltumspannenden Rundreise auf, um die Teile zusammenzusuchen, denn nun wenn das legendäre Artefakt wieder vereint ist, kann damit das Große BöseTM aufgehalten werden. So suchen wir bei Diana L. Paxon die "Juwelen von Westria", bei Geraldine Harris die Schlüssel der "Sieben Zitadellen", und das lässt sich beliebig fortsetzen. Ein tolles Trope. Ich liebe solche Bücher heiß und innig.

Der Unfähige Zauberer
Der ewige Zauberlehrling ist zu Großem bestimmt, aber völlig außerstande, seine Fähigkeiten zu kontrollieren. Was mit Schmendrick, dem Magier aus dem "Letzten Einhorn" noch brillant umgesetzt war (Thema: Unsterblichkeit), wirkt schnell abgedroschen, weil der Leser weiß: Ehe die Trilogie abgeschlossen ist, haben wir es mit dem mächtigsten Magier seit Gandalf zu tun.

Der nichtsahnende Küchenjunge
Nachdem die königliche Familie bei einem Massaker getötet wurde, wächst irgendwo in Hintertupfingen ein Knabe als Küchenjunge heran, ohne zu ahnen, dass er in Wirklichkeit der letzte überlebende Prinz ist. Nun muss er seinen von einem dunklen Gott besessenen bösen Onkel vom Thron stoßen und selbst die Erbfolge antreten. Manchmal ist der Küchenjunge zusätzlich "der aus der Prophezeiung". Zu seinen Talenten gehören interessanterweise keine Kochkünste, aber sobald man ihm ein Schwert in die Hand gibt, führt er es meisterlich. Bekanntestes Beispiel: Garion in David Eddings "Belgariath Saga". Abklatsch: zahllose.

Der aus der Prophezeiung
Eine jahrtausendealte Prophezeiung berichtet von der Ankunft des Einen, der es dann schon richten wird. Der Eine will aber nicht und hadert mit seinem Schicksal, droht auf die dunkle Seite zu geraten, und erfüllt am Ende natürlich, was ihm geweissagt wurde. Der Eine ist üblicherweise ein Teenager, wenn er aufbricht - weil, nachdem wir dreißigtausend Jahre auf ihn gewartet haben, können wir ihm echt nicht noch drei Jahre geben, bis er erwachsen ist.

Die Prinzessin als schmückendes Beiwerk
Die Hauptfiguren dieser 80er-Fantasyromane sind, mit ganz wenigen Ausnahmen, Männer oder Jungen. Aus Gründen der Gleichberechtigung stellt man ihm eine Prinzessin (seltener: junge Königin ) an die Seite. Wichtig ist, dass sie noch jünger ist als der Held, toll aussieht, das aber selbst nicht weiß, herumzickt, bis sie ihre Bestimmung findet, und am Ende den Helden heiraten wird.


Das sind nur ein paar typische Beispiele. Klischees sind in Fluktuation. Was uns zu dem Zeitpunkt, als wir den Tizi gegründet haben, abgenudelt und abgedroschen erschien, findet man heute praktisch nicht mehr. Und umgekehrt werden die Klischees von Heute auch irgendwann untrennbar mit unserem Jahrzehnt verbunden sein. Für mich sind Klischees ein tolles Spielzeug - sie erlauben mir, mit der Erwartung der Leser zu spielen, indem ich sie nehme und dann etwas anderes draus mache. Ob ich das mit meinem Retroroman heute noch kann, wird sich zeigen, weil ich nicht weiß, wie viele der Leser von Damals der Fantasy treu geworden sind, und wie viele der Leser von heute die Tropes von damals noch erkennen. Aber ich traue mir zu, auch völlig unabhängig vom Wiedererkennungswert ein tolles, für sich stehendes Werk daraus zu machen.

Wichtig ist, dass man die Klischees sich weiterentwickeln lässt. Ein Fantasyroman aus den 80ern, so kultig seine Elemente auch sein mögen, ist heute nur schwer erträglich, wo es um Rollenbilder, mangelnde Diversität und Schwarzweißmalerei geht. Aber man kann den Staub abpusten, das Ganze in die 2020er bringen, und das Beste draus machen.


@Mondfräulein
Meine Helden trinken alle. Also, nicht alle, aber mit einer hohen Quote. Ich gehe da aber sehr anders ran als die von dir geschilderten Situationen, so dass ich deine Kritik nicht auf mich bezogen habe. :) Bei mir liegt es daran, dass meine Figuren wie ich zu psychischen Problemen leiden, aber in einem Setting leben, in dem sie bis außer Selbstmedikation mit Alkohol praktisch keine Behandlungsmöglichkeiten haben.

Aber ich bin auch sehr pedantisch, wo es um die Darstellung von Alkoholismus geht. Eine Klischee, das ich da besonders hasse: Der Held trinkt am Anfang der Geschichte, ihn ereilt der Ruf, er schüttelt die Sucht ab, und sie wird nie wieder thematisiert. Das kann ich nicht ab. Süchtig ist man sein Leben lang - im Zweifelsfall trocken, aber die Sucht im Kopf bleibt. Und mir ist wichtig, dass, wenn eine Figur Alkoholiker ist, dieses Suchtdenken dann auch eine entsprechende Rolle spielt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 18. August 2021, 21:23:30
@Mondfäulein die trinkenden Helden kenne ich, gerade in Castlevania stört mich Trevor allerdings nicht, was aber gut daran liegen kann, dass ich Castlevania CoD gespielt habe und eh sehr viel Vorfreude auf die Serie hatte.

Okay, was macht für dich eine gut geschriebene Frauenrolle aus?

Was genau verstehst du unter Völkerfantasy und was genau sind die rassistischen Tropes, die du angesprochen hast?

Das Wort ,,Debatte" stößt mich sehr ab, aber den Kern der Aussage kann ich verstehen. Gerade bei Avatar hat das aber gut gepasst, weil das ja total gegen Aangs Prinzipien ging.

Was möchtest du denn gerne an Weltenbau sehen, das europäische Mittelalter passt als ungefähre Grundlage für High Fantasy eigentlich ganz gut, oder?

@Maja diese Klischees kennt inzwischen jeder und vor allem bei ,,ganz normalen" Protagonisten, deren Normalität immer großartig betont werden muss, kann ich inzwischen nur noch die Augen verdrehen. Das hat aber auch etwas damit zu tun, dass die in Fanfiktion eine echte Pest sind. Der Protagonist kann ja gerne im Ursprung normal sein und dann plötzlich durch irgendwelche Ereignisse in die Handlung verstrickt werden, aber dieses ganze ,,er ist so normal, doch eigentlich hat er das größte Potential" nervt.

LG
Frostschimmer
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 18. August 2021, 21:42:21
Zitat von: Frostschimmer am 18. August 2021, 21:23:30
@Mondfäulein die trinkenden Helden kenne ich, gerade in Castlevania stört mich Trevor allerdings nicht, was aber gut daran liegen kann, dass ich Castlevania CoD gespielt habe und eh sehr viel Vorfreude auf die Serie hatte.

Das ist glaube ich auch Geschmackssache. Viele mögen die Serie sehr gerne (ich kenne die Spiele aber auch gar nicht, vielleicht hängt das zusammen). Manchmal funktioniert das Trope auch gut, es gab schon Figuren, die ich sehr geliebt habe, die ihm entsprochen haben. Aber es ist ein sehr beliebtes Trope und wenn es schief geht, finde ich es ziemlich nervig.

Zitat von: Frostschimmer am 18. August 2021, 21:23:30
Okay, was macht für dich eine gut geschriebene Frauenrolle aus?

Das führt hier glaube ich wirklich zu weit. Es ist schwer pauschal zu sagen und für mich eher an Beispielen festzumachen. Außerdem empfindet das jeder anders.

Gut geschriebene Frauenrollen fühlen sich nicht nur wie Beiwerk an. Ein Beispiel ist für mich die Rivers of London Reihe von Ben Aaronovitch. Die Reihe hat einen männlichen Protagonisten, aber dennoch stören mich die Frauenfiguren nicht. Sie dürfen dem Protagonisten gegenüber auch mal recht haben. Sie haben eigene Ziele, die mit denen des Protagonisten manchmal nicht so viel zu tun haben. Sie sind eigenständige, dreidimensionale Personen, die nicht nur existieren, um den Protagonisten gut aussehen zu lassen.

Aber ach, zu dem Thema gibt es so viel zu sagen. Dafür brauchen wir glaube ich einen eigenen Thread.

Zitat von: Frostschimmer am 18. August 2021, 21:23:30Was genau verstehst du unter Völkerfantasy und was genau sind die rassistischen Tropes, die du angesprochen hast?

Darüber haben wir hier schonmal geredet: https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=26052.msg1273893#msg1273893

Zitat von: Frostschimmer am 18. August 2021, 21:23:30Was möchtest du denn gerne an Weltenbau sehen, das europäische Mittelalter passt als ungefähre Grundlage für High Fantasy eigentlich ganz gut, oder?

Es passt nur gut, weil wir so sehr daran gewöhnt sind. Eigentlich ist es für Fantasy nicht besser oder schlechter geeignet als andere Epochen. Ich habe auch nicht grundsätzlich etwas gegen alle Geschichten, die in einer ans europäische Mittelalter angelehnte Welt spielen, auch wenn mich das Mittelalter wirklich nicht so sehr reizt. Mich stört eher die starke Einseitigkeit des Genres. Mich stört außerdem, dass man sich einerseits auch nicht wirklich am Mittelalter (das ja auch sehr lang war) orientiert sondern eher an der Idee, die man ohne grobe Recherche vom Mittelalter hat, dann aber allen möglichen Mist damit rechtfertigt, dass das ja im Mittelalter (vermeintlich) so war. Die Figuren essen ständig Unmengen an Kartoffeln, aber man kann keine Welt ohne Sexismus schreiben, denn der war im Mittelalter halt da und ohne geht es nicht, das wäre ja nicht authentisch (obwohl es Fantasy ist, mit Elfen und Drachen, die es damals ebenso wenig gab).

Spannend finde ich zum Beispiel die Welt aus Leigh Bardugos Grisha-Büchern. In meinen eigenen Romanen lehne ich mich eher an die europäische Neuzeit an, das finde ich einfach spannender. Ein Projekt geht zum Beispiel stark in die Richtung D&D trifft Steampunk.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 18. August 2021, 22:24:59
Was ist überhaupt nicht leiden kann, sind Gefühlshülsen. Wenn man merkt, meist sofort, dass der Autor die Gedanken, Gefühle und Probleme seiner Figuren nicht wirklich durchdacht hat, nicht weiß, was es bedeutet, so und so drauf zu sein, nicht wirklich, nicht tief drinnen. Und dann logisch die Folgen falsch beschrieben sind, wenn sie überhaupt vorkommen. Häufig hat das was mit Rationalität zu tun, Gefühle, vor allem beschädigte, sind nun mal nicht logisch. Und sie lassen sich auch selten als Grund für eine bestimmte Handlung anführen, weil sie Entscheidungen eigentlich eher behindern.

Oft ist es aber auch, dass der Autor einfach keine Ahnung hat, er schreibt über Schwangerschaftsabbrüche, die schon genannten Süchte, psychische Probleme und Krankheiten, ohne wirklich zum Kern des Problems vorgedrungen zu sein. Und wenn er das dann nutzt, um seine Helden interessanter zu machen, finde ich das praktisch immer langweilig und meist auch noch abartig.

Ist aus meiner Sicht ein Problem der Fantasy, gelegentlich auch Science Fiction, die meisten Krimis und Romance, die ich bisher gelesen habe, machen das nicht, zumindest wenn sie gut geschrieben sind. Aber in der Fantasy ist das irgendwie "erlaubt".
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 18. August 2021, 23:16:48
ZitatDer trinkende Held: Solchen Protagonisten begegne ich sehr, sehr häufig, fast in jedem Fantasyroman. Mich nerven sie nicht jedes mal, denn gut gemacht kann das einen wirklich spannenden Protagonisten ergeben, aber in den allermeisten Fällen ist es eben nicht gut gemacht und nervt mich tierisch. Es geht um den sehr fähigen Krieger, der von seiner Vergangenheit so gezeichnet ist, dass er in den Tag hinein lebt, meistens auch oft viel trinkt, Witze macht und nichts ernst nimmt.

Ooooh. Ich fühle mich ein bisschen ertappt.  ;D Naja, dass ich mit meinem Protagonisten in eine Klischeefalle getappt bin, habe ich schon längst gemerkt, jetzt kommt's eben drauf an, was ich damit mache.


ZitatSpannend finde ich zum Beispiel die Welt aus Leigh Bardugos Grisha-Büchern.
Ich auch. Mittelaltersettings sind schon sehr präsent in Fantasy. Mich persönlich stört es nicht, aber Settings, die an die Neuzeit angelehnt sind, haben schon etwas. Das habe ich bei meinem auch versucht.
Und ja, das Mittelalter wird entweder sehr romantisiert oder dunkler dargestellt, als es eigentlich war.

Zitataber man kann keine Welt ohne Sexismus schreiben, denn der war im Mittelalter halt da
Der war - glaube ich - nach dem Mittelalter schlimmer... Was ich so gelesen habe, hatten die Frauen da schon gewisse Rechte, die sie in einer späteren Epoche nicht mehr hatten. Von dem her finde ich das Argument für Sexismus in einer mittelalterlichen Fantasy-Geschichte aus dieser Sicht auch grenzwertig. Da würde ich es eher mit Kriegen und Bedarf nach Konflikt rechtfertigen, aber nicht mit dem Mittelalter an sich.

Ohne Konflikte geht's halt auch nicht, muss ja nicht unbedingt Sexismus sein. Mich persönlich stört es nicht. Hauptsache, Konflikt. Und die Menge macht natürlich wieder das Gift.
Was mich aber besonders stört - in dem Kontext - wenn die weiblichen Figuren allesamt naiv, schwach oder nur Objekte sind. Da bricht dann schon die Feministin in mir durch. Ich mag Geschichten mit starken Protagonistinnen sehr und in der Hinsicht können sie auf alle erdenklichen Weisen stark sein.
Umso interessanter finde ich es, wenn in einer sexistisch geprägten Welt (gegen Frauen, angemerkt) eine starke Protagonistin auftritt, die eben das ändern möchte.

Prophezeihungen ... hm. Ja, auch nicht so meins.

Oder der ganz normale Teenager: Wächst wohlbehütet in einem Mittelschicht-Häusl auf und entdeckt, dass er außergewöhnliche Fähigkeiten hat und die Welt retten muss. Eigentlich bin ich ein ganz normaler Teenager - bis zu dem Tag, an dem ich es nicht mehr war.
Ach. Und dennoch: Ein weiterer Klischeepunkt für mich.  :engel: Würde ich heute nicht mehr lesen, auch nicht mehr schreiben.

ZitatIch habe beim Klischee-Fantasy-Setting immer sofort den klassischen Märchenhelden vor Augen, der die Prinzessin (oder sonstige Damsel in Distress) retten muss.
Hmm. Ist bei mir mal so, mal so. Manchmal ist mir nach Märchenhelden, aber eine Heldin, die einen Prinzen innerhalb eines Märchensettings oder sich selbst rettet, klingt schon interessant.  :hmmm:

ZitatDer Unfähige Zauberer
Der ewige Zauberlehrling ist zu Großem bestimmt, aber völlig außerstande, seine Fähigkeiten zu kontrollieren. Was mit Schmendrick, dem Magier aus dem "Letzten Einhorn" noch brillant umgesetzt war (Thema: Unsterblichkeit), wirkt schnell abgedroschen, weil der Leser weiß: Ehe die Trilogie abgeschlossen ist, haben wir es mit dem mächtigsten Magier seit Gandalf zu tun.
Oh verdammt. Noch ein Klischeepunkt.

Aber ich mag beide Klischees ... dieses hier und der trinkende Held.

Was ich gar nicht mag - nicht unbedingt ein Fantasy-Klischee, aber ich finde es manchmal in Romantasy - sind die Konkurrentinnen der Protagonistin. Meistens sind es Zicken, die die Protagonistin mobben, weil sie eifersüchtig auf deren Love-Interest sind. Und natürlich sind diese Zicken viel schöner als die Protagonistin, Kurven, tiefer Ausschnitt und so.

Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 18. August 2021, 23:58:24
Zitat von: Herbstblatt am 18. August 2021, 23:16:48
Ooooh. Ich fühle mich ein bisschen ertappt.  ;D Naja, dass ich mit meinem Protagonisten in eine Klischeefalle getappt bin, habe ich schon längst gemerkt, jetzt kommt's eben drauf an, was ich damit mache.

Am meisten stört mich hier glaube ich die Umsetzung. Es gab schon Figuren, die diesem Klischee entsprechen, die ich wirklich geliebt habe. Wenn es nicht gelingt, fehlt mir meistens der emotionale Anker. Ich muss nicht sofort alle emotionalen Abgründe kennen, die die Figur mit ihrem Gehabe zu übertönen versucht, aber es solle angedeutet werden, dass mehr dahinter steckt. Ich glaube aber, viel kommt auch einfach daher, dass die Leute Jack Sparrow so unglaublich cool fanden und meinen, ihre Figuren werden jetzt sehr schnell genauso cool.

Zitat von: Herbstblatt am 18. August 2021, 23:16:48Was ich gar nicht mag - nicht unbedingt ein Fantasy-Klischee, aber ich finde es manchmal in Romantasy - sind die Konkurrentinnen der Protagonistin. Meistens sind es Zicken, die die Protagonistin mobben, weil sie eifersüchtig auf deren Love-Interest sind. Und natürlich sind diese Zicken viel schöner als die Protagonistin, Kurven, tiefer Ausschnitt und so.

Das stört mich auch. Da spielt auch eine Menge Sexismus mit rein. Zum einen, indem eine Form der Weiblichkeit als überlegen dargestellt wird. Die Protagonist ist nicht wie andere Mädchen, was ja auch wieder bedeutet, dass Weiblichkeit und Frausein grundsätzlich etwas Schlechtes ist und man sich durch die Abgrenzung davon hervortun muss. Es gibt eine konkrete Art von Weiblichkeit, die als Akzeptabel gilt, alle anderen Arte von Weiblichkeit werden herabgewürdigt. Die Protagonistin muss zeigen, dass sie besser als andere Frauen sind, um ihren Wert zu beweisen, denn einfach nur eine normale Frau zu sein ist zu schäbig. Die Protagonistin soll toll aussehen, aber ohne jeden Aufwand, für Mode und Schminke darf sie sich nicht interessieren. Die Männer rennen ihr hinterher, aber ohne dass sie sich um sie bemüht.

Das ist auch etwas, das ich mir in Fantasyromanen (und Romanen generell) wünsche. Dass verschiedene Arten von Weiblichkeit als gleichwertig dargestellt werden. Eine Frau, die sich gerne hübsch anzieht und mit Männern flirtet, eine die darauf keinen Wert legt und gut mit dem Bogen schießen kann, eine die beides vereint, und nichts davon ist besser als das andere. Sie sind nur eben anders und das ist okay. Davon gibt es leider wirklich viel zu wenig. Frauen dürfen auch viel zu selten einfach nur Freundinnen sein und sich unterstützen, ohne dass sie sich um einen Mann zanken oder sich gegenseitig herabwürdigen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Coppelia am 19. August 2021, 06:04:36
Ich finde Klischees ja total super, um damit zu arbeiten und sie bewusst zu brechen. So schreibe ich eigentlich schon immer. :D

Das hier war lange mein "Lieblingsklischee" dafür:
ZitatDas Ausbleiben moralischer Debatten: Häufig habe ich in solchen Geschichten das Gefühl, dass Dinge nur deshalb passieren und Entscheidungen nur deshalb getroffen werden, weil das Klischee vorgibt, dass das jetzt die richtige Entscheidung ist, nicht weil es wirklich die bessere Entscheidung ist. Moralische Fragen werden nicht durchdacht, weil die richtige Antwort ja ohnehin schon festzustehen scheint.

Aktuell beschäftige ich mich viel mit den Klischees rund um toxische Männlichkeit (die können theoretisch auch mal Frauen betreffen, sehe ich aber selten – das wäre auch mal einen Klischeebruch wert. Ich habe sogar schon eine Story im Kopf). Wenn (männliche) Figuren mit schweren, belastenden Problemen konfrontiert werden, sollen sie trotzdem weiter funktionieren. Nicht nur sie selbst verlangen das von sich, sondern auch ihr Umfeld. Hatte gerade wieder ein Spiel am Wickel, bei dem die männliche Hauptfigur erst seinen Vater, dann die Frau, die er liebt, verliert, und sein bester Freund wird auch noch schwer verletzt. Immerhin geht es ihm passenderweise schlecht, aber die Reaktion seiner vermeintlichen Freunde darauf (er ist ein Prinz): "Reiß dich zusammen, versink nicht in Selbstmitleid, du Lusche! Du musst jetzt Verantwortung übernehmen" "Gelöst" wird die Situation dann, indem der verletzte Freund die Stärke zeigt, die der Hauptfigur "fehlt". So kann das natürlich nicht funktionieren. Selbst wenn die Hauptfigur tatsächlich Verantwortung übernehmen muss, wären Reaktionen wie "Das ist schlimm", "Es ist okay, sich schlecht zu fühlen", "wir sind für dich da" bestimmt hilfreicher.  ::)
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Nina Louise am 19. August 2021, 08:54:04
Klischees sind eine 1 A Steilvorlage für interessante Wendungen, Konflikte und Brüche in der Erwartungshaltung.
Ebenso interessant sind Kombinationen von Klischees mit neuen Bildern oder Abwandlungen von jenen.
Ein 100% Klischee wird wohl jeden langweilen oder sogar aggressiv machen, aber manchmal finde ich sie extrem nützlich, um der Vorstellungskraft einen Anker in einer neu erschaffenen Fantasiewelt zu geben.
Die Kombination macht es aus. Und allzu platt darf es auch nicht sein.

Es gibt sogar ein Buch, in dem mich Klischees überhaupt nicht genervt haben:
,,Die Brautprinzessin".
Das sind Helden wahre Helden, Bösewichte finster bis ins Mark und die umwerfend schöne Prinzessin muss sich retten lassen.
Trotzdem - oder vielleicht gerade in der maßlosen Übertreibung der Klischees - liebe ich diese Geschichte.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 19. August 2021, 12:29:17
Diese Protagonistinnen, denen die Männer in Scharen nachlaufen, kenne ich alleine aus der Fanfiktion zur Genüge, Mary Sue fällt mir da spontan ein.
@Mondfräulein ich denke aber doch, dass der Protagonist geschlechtsunabhängig seinen ,,Wert" unter Beweis stellt. Als Protagonist hat er ja ohnehin eine Sonderstellung in der Geschichte.
Wenn ich Frauen darstelle, mache ich mir eigentlich keine Gedanken über die ,,Art der Weiblichkeit", ich schreibe die Figuren einfach so, wie es meinem Empfinden nach passt. Meine Protagonistin beispielsweise ist 25 Jahre alt und hat keinerlei Interesse daran, irgendwem zu gefallen. Sie redet aber auch nicht darüber, sie ist einfach, wer sie ist.
Ich finde, der Autor sollte die Rollen einfach so besetzen, wie es sich für ihn richtig anfühlt, denn immerhin soll einem die eigene Geschichte doch gefallen, oder? Wenn ich jetzt für eine Rolle einen Mann im Sinn habe, mache ich mir keine Gedanken darüber, ob ich jetzt schon genug Frauen besetzt habe.

Ein Klischee, das mir wirklich auf die Nerven geht und oft genug der Grund dafür ist, dass ich ein Buch zurücklege, weil es schon im Klappentext ausgezeichnet ist, ist die häufige Fixierung auf irgendeinen Liebesinhalt. Viele Fantasyautoren (oder die Verlage) scheinen der Meinung zu sein, dass überall eine Liebesgeschichte rein muss. Ich finde das dann oft nur störend oder sogar unglaubwürdig, wenn gerade das Schicksal der Welt auf der Kippe steht, aber noch Zeit für Liebesgeflüster bleibt. Oft nimmt diese zusätzliche Lovestory dann auch viel zu viel Raum der Gesamtgeschichte in Anspruch. Manchmal kann man sich richtig vorstellen, wie da jemand sitzt und völlig uninspiriert rein ruft: ,,Halt! Da muss noch eine Liebesgeschichte rein!" :d'oh: Und bei der Verfilmung machen dann ausufernde Kussszenen das epochale Setting kaputt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 19. August 2021, 15:06:14
ZitatDas stört mich auch. Da spielt auch eine Menge Sexismus mit rein. Zum einen, indem eine Form der Weiblichkeit als überlegen dargestellt wird.
Ah ja, dann hast du eine breitgefächerte Auffassung von Sexismus in Büchern. Meine macht sich starrsinnig dran fest, wie Frauen in einer Fantasywelt behandelt werden. Okay, das hilft mir schon mal sehr, deine Aussagen zu verstehen.  ;D

Zitat
Das ist auch etwas, das ich mir in Fantasyromanen (und Romanen generell) wünsche. Dass verschiedene Arten von Weiblichkeit als gleichwertig dargestellt werden. Eine Frau, die sich gerne hübsch anzieht und mit Männern flirtet, eine die darauf keinen Wert legt und gut mit dem Bogen schießen kann, eine die beides vereint, und nichts davon ist besser als das andere. Sie sind nur eben anders und das ist okay. Davon gibt es leider wirklich viel zu wenig. Frauen dürfen auch viel zu selten einfach nur Freundinnen sein und sich unterstützen, ohne dass sie sich um einen Mann zanken oder sich gegenseitig herabwürdigen.
Oh ja, solche Geschichten fände ich auch schön. In der Hinsicht finde ich, man kann aus einem weiblichen Protagonisten viel herausholen und am Ende eine echt interessante Figur erschaffen.

Ich weiß nicht, ob ich das bei meiner Protagonistin geschafft habe oder ich in die Klischee-Falle trat ...
Es gibt dann noch dieses Klischee der taffen Frau. In der Geschichte ist die Rede von einem Admiral. Als der zum ersten Mal dem Protagonisten und somit auch dem Leser in Erscheinung tritt, stellt sich heraus, oh, das ist eine Frau. Und die ist natürlich kurvig, mit knappen Kleidern, wahrscheinlich hat sie noch eine raue Stimme. Bei diesem Klischee stört mich wohl das Optische ...

Ich würde meine Protagonistin als eine stark einschätzen - nicht, weil sie beim Militär ist - sondern an ihrer Persönlichkeit. Aus der Erwartungshaltung einer wichtigen Person heraus wurde sie eine Soldatin, sie selbst möchte das also nicht. In meiner Geschichte ist es ein zentraler Aspekt, dass sie sich bewusst wird, was sie eigentlich möchte und über ihren Schatten springt, um auf die ganzen Normen zu äh .. scheißen, und sich am Ende selbst verwirklicht und findet. Vom Verhalten her wird sie nicht sonderlich weiblich dargestellt, aber wenn man sie näher kennt, merkt man, sie mag rosa Einhorndecken.  ;D
Was ich sagen möchte: Besonders gern mag ich weibliche Figuren, die irgendwo stark sind. Diese Stärke kann auch in irgendeiner Hinsicht äh .."männlich" angehaucht sein, oder zumindest untypisch für Frauen, aber irgendwo darf sie dann doch girly sein. Vielleicht kitschige Romantasy lesen?  ;D
Sowas bricht für mich das Klischee der taffen Admiralsfrau.


ZitatAktuell beschäftige ich mich viel mit den Klischees rund um toxische Männlichkeit. Wenn (männliche) Figuren mit schweren, belastenden Problemen konfrontiert werden, sollen sie trotzdem weiter funktionieren. Nicht nur sie selbst verlangen das von sich, sondern auch ihr Umfeld.
Und damit wären wir bei meinem trinkenden Helden, haha. Er erwartet auch von seinem Umfeld, dass es weiter funktioniert. Als er dann selbst in ein Loch fällt, na, eigentlich mehrmals, schafft er es selbst nicht und versinkt im Selbstmitleid. Die Reaktionen seines Umfelds reichen von "wir schaffen das" bis hin zu "sei nicht so erbärmlich". <:
Aber ja, starke, immer funktionierende, (überhebliche) Charaktere mal zu Fall bringen und zu zeigen, dass es in Ordnung ist, sich mal scheiße zu fühlen, fände ich einen schönen Klischeebruch.

ZitatUnd bei der Verfilmung machen dann ausufernde Kussszenen das epochale Setting kaputt.
Nicht unbedingt Kussszene, aber: Bei der Szene in Herr der Ringe mit Aragon und seiner Elbin ... äh. Ich bin eingepennt.  :(

ZitatIch finde das dann oft nur störend oder sogar unglaubwürdig, wenn gerade das Schicksal der Welt auf der Kippe steht, aber noch Zeit für Liebesgeflüster bleibt.
Haha. Stimmt. Das erinnert mich an einen Sterbenden, der gerade genug Atem hat zu sagen: "Geh nicht, hör mir zu. Du musst das wissen. In Wahrheit ist es so - "
Und dann stirbt er. Als Gimmick noch ein bisschen Husten.  :rofl:


ZitatWenn ich jetzt für eine Rolle einen Mann im Sinn habe, mache ich mir keine Gedanken darüber, ob ich jetzt schon genug Frauen besetzt habe.
Ich mache mir Gedanken darüber, weil ich weiß, ich tendiere dazu, schnell einen rein männlichen Cast zu haben. Also brauche ich da praktisch eine Frauenquote. Ich kann auch nicht sagen, warum das so ist. Wahrscheinlich, weil ich durch die Darstellung von weiblichen Charakteren in Büchern, Spielen und Filmen schon so geschädigt bin, dass ich abgeneigt bin, meine Figuren weiblich zu machen. :[

Ach... dieses Frauenthema gibt so viel her.

Und der Thread lässt mich meine Figuren infrage stellen. :[
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 19. August 2021, 15:13:33
Zitat von: Frostschimmer am 19. August 2021, 12:29:17
Wenn ich Frauen darstelle, mache ich mir eigentlich keine Gedanken über die ,,Art der Weiblichkeit", ich schreibe die Figuren einfach so, wie es meinem Empfinden nach passt. Meine Protagonistin beispielsweise ist 25 Jahre alt und hat keinerlei Interesse daran, irgendwem zu gefallen. Sie redet aber auch nicht darüber, sie ist einfach, wer sie ist.
Ich finde, der Autor sollte die Rollen einfach so besetzen, wie es sich für ihn richtig anfühlt, denn immerhin soll einem die eigene Geschichte doch gefallen, oder? Wenn ich jetzt für eine Rolle einen Mann im Sinn habe, mache ich mir keine Gedanken darüber, ob ich jetzt schon genug Frauen besetzt habe.

Ich sollte mir als Autor schon Gedanken darüber machen, wie ich meine Figuren schreibe und besetze. Wir machen uns zum Beispiel in diesem Thread auch Gedanken darüber, wie wir mit Klischees umgehen wollen. Natürlich muss mir die Geschichte am Ende auch gefallen und ich sage nicht, dass du es anders machen musst, aber sich Gedanken darüber zu machen, welche Botschaften vielleicht in meinen Büchern mitschwingen könnten, ist für uns Autor*innen unglaublich wichtig. Wir denken ja auch über alle anderen Aspekte aktiv nach und überlegen, ob das Pacing, das sich für uns erstmal richtig anfühlt, wirklich so funktioniert wie wir uns das denken. Schreiben ist nicht nur Instinkt, sonder auch ein Handwerk, das gelernt werden will, in diesem Aspekt wie in jedem anderen.

Für Frauen in der Fantasy brauchen wir vielleicht wirklich einen eigenen Thread.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Alana am 19. August 2021, 15:30:19
@Maja Zu fast verschwundenen Fantasy-Klischees der 80er gehört definitiv auch das Mädchen, das sich als Junge verkleidet, um eine Ausbildung zu machen, die nur Männern offensteht. Ich habe dieses Trope geliebt, aber habe das Gefühl, heute sind wir viel weiter und brauchen das nicht mehr, da es heute andere Strukturen sind, die aufgebrochen werden müssen und zum Glück "Frauen müssen beweisen, dass sie etwas auch können" heute kaum noch Thema ist. Letztens habe ich einen aktuellen YA Bestseller gefunden, indem das der Aufhänger ist und war nostalgisch berührt.  ;D (Ich glaube es war von Elizabeth Lim, Ein Kleid aus Seide und Sternen.)
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 19. August 2021, 15:33:59
@Mondfräulein ich meinte damit, dass ich mir beim Kreieren eines Charakters nicht schon vorher überlege, wie exakt Weiblichkeit (oder eben Männlichkeit) in Szene gesetzt werden soll. Außerdem reden meine Charaktere auch nicht ständig über ihre Sexualität, den Umgang mit ihrem Geschlecht oder das allgemeine Rollenbild. Meine POV-Charaktere denken auch nicht dauernd darüber nach. Sowas bringe ich nur ein, wenn es nötig wird, und dann tendiere ich eher dazu, es aktiv darzustellen, statt meine Figuren lange Reden darüber schwingen zu lassen.
Im Moment schreibe ich an einer Geschichte, die ein episches Setting hat, würde ich ein Selbstfindungsdrama schreiben, würde ich sowas eher mit reinbringen, aber in meinem Setting wäre ständiges Reflektieren über solche Dinge total unpassend und aufgesetzt.
Ich entwickle meine Charaktere zunächst als Grundkonzept und lasse sie sich dann entwickeln, das genau herzuleiten führt hier jetzt zu weit, auf jeden Fall habe ich da nicht ständig moralische Botschaften im Sinn, in erster Linie mag ich interessante Charaktere, die gut in das Setting und die Handlung passen. Ich denke eher darüber nach, was meine Charaktere zu Sympathieträgern oder zu unsympathischen Figuren machen kann.
Generell spielt Sexualität in meinen Geschichten eine eher untergeordnete Rolle, Geschlechterrollen sind ggf. spezifisch an das aktuelle Setting angepasst, in meiner momentanen Fantasy-Welt ist das jeweilige Geschlecht aber eher unwichtig, da gibt es keine vorgefertigten Rollentypen.
Das Thema gehört wirklich besser in einen eigenen Thread, finde ich.

Mich nervt es aber bei dem Thema auch, wenn Frauen immer nur ,,das Zimmermädchen", ,,die Tänzerin", ,,die Amme" oder irgendein anderer langweiliger und stereotyper Archetyp sind.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: NatNat am 20. August 2021, 11:59:53
Zitat von: Frostschimmer am 18. August 2021, 18:07:25
Was fällt euch dazu so ein?

Das Typische: Schüchterne oder zickige (geht beides) Frau lernt einen unheimlich mysteriösen Mann kennen, in den sie sich verliebt, ohne es zu wollen. Schnell wird aus diesem "eigentlich will ich ja nicht" ein "Och, er is' ja doch ganz toll" und der erste Sex. Oft ist die Frau da noch Jungfrau, kommt aber sofort 300x zum Orgasmus und allgemein ist der Typ immer der Brenner im Bett. Alternativ, wenn 'se keine Jungfrau ist, ist er einfach der beste und sie kommt so oft und tierisch, wie nie zuvor.
Danach besteht jede freie Minute aus Sex.
Ein Kampf steht bevor? Warte, wir haben noch zwei Minuten, erst einmal eine Nummer schieben (und 12x kommen nicht vergessen!) :rofl:
Die Familie stirbt (auch ein typisches Klischee!): Hm. Ist ja alles traurig - aber wart' mal, ich hab ja diesen Kerl, erstmal eine Beruhigungsnummer schieben (die dann ganz besonders toll ist, die Trauer regelrecht fortbläst (höhö, wortwitz :rofl:) und ... erwähnte ich die tierischen, brüllenden, 300-maligen Orgasmen schon?).
Der Endkampf kündigt sich an?`Erstmal Sex, könnt' ja das letzte Mal sein.
Man streitet sich? ... Sex? ;D
Man stellt fest, dass der Mann doch auch düstere und böse Seiten hat (Nachdem man ihn nie wirklich kennenlernen wollte und eigentlich immer nur auf ein Körperteil fixiert war, ist man darüber natürlich extrem erstaunt!): Hm. Aber im Bett war er doch gut. Naja. Sex regelt.

So laufen tatsächlich viele Romantasys ab, die ich kenne, meist sogar von großen Autoren, die mehrere Bestseller geschrieben haben. Ich finde das teils eher erschreckend, weil es, finde ich, nichts mehr mit einer Romantasy zutun hat, aber darunter klassifiziert wird. Mir fehlen da einfach die Gefühle.

Noch ein Klischee ist das "Weil Plot"-Klischee.
Helden oder Geschehnisse, die immer gerade auftauchen - weil Plot. Es gibt keinen richtigen Grund für sie, an diesem Ort zu sein, aber der Plot will das so.

Oder die Heldin, die erst schüchtern (oder zickig, geht nach wie vor beides) ist, aber auf einmal eine barmherzige, starke, unabhängige Frau ist - innerhalb von wenigen Tagen natürlich. Und das ohne Grund. Diese Frau rettet dann plötzlich im Alleingang die Welt, muss dabei keine Verluste hinnehmen .. und joa.

Ooooder.... übertrieben Gewalt. In vielen Fantasys, ja normalen Romantasys und auch Dark Fantasys findet diese großen Anklang. Dark Fantasy, okay - aber doch bitte in einem nachvollziehbaren Rahmen. Wenn eine junge Frau vergewaltigt, verstümmelt, wieder geheilt, wieder verstümmelt, verbrannt - und irgendwann gerettet und körperlich geheilt wird, ist es - egal, welches Genre - vollkommen unlogisch, dass diese nach zwei Minuten aufspringt, sich x-Messer schnappt und "Auf in den Krieg!" brüllt. Irgendwie... fehlt mir da die Logik. Ich meine ... ist die darüber nicht verstört oder so? :/
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 12:21:52
Ich schätze mal, dass das genau die Bücher sind, die ich immer sofort weglege, wenn im Klappentext von "dunkler Liebe", "verbotener Liebe", "geheimer Liebe" oder generell sofort von Liebe geschrieben wird. Ich kenne dieses Klischee eher aus der Fanfiktion, echt nervtötend. :no:
Ich finde, dass dieses ganze Liebesthema eher in die Coming of Age Thematik passt, wenn das alles noch große, neue Themen sind. In einer Geschichte, in der es plötzlich darum geht, die Welt zu retten, ist das irgendwie fehl am Platz, finde ich.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mindi am 20. August 2021, 12:40:06
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 12:21:52
Ich finde, dass dieses ganze Liebesthema eher in die Coming of Age Thematik passt, wenn das alles noch große, neue Themen sind. In einer Geschichte, in der es plötzlich darum geht, die Welt zu retten, ist das irgendwie fehl am Platz, finde ich.

Neee, da würde ich mal vehement widersprechen. Also, dass das Liebesthema nur in Coming of Age passt. Dort empfinde ich es übrigens am langweiligsten, einfach weil die erste Liebe sich vielleicht für die Protagonisten welterschütternd anfühlt, aber ich als erwachsene Frau einfach weiß, dass sie das nur selten ist.

Liebesgeschichten im Roman, oder auch Liebesgeschichten in Fantasyromane sind meiner Meinung nach wirklich Geschmackssache und ich würde das auch nicht als Klischee sehen, wenn es eine Liebesgeschichte gibt. Außer vielleicht die zu rettende Prinzessin, deren einzige Funktion das gerettet werden und Kinder empfangen ist. Dafür gibt es ja so unglaublich viele Bücher auf dem Markt, dass am Ende (so hoffe ich) für jeden was dabei ist. 
Ich behaupte nicht, dass jeder Roman eine Liebesgeschichte braucht und alles verkuppelt werden muss, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, aber mir persönlich fehlt etwas, wenn es keine Liebesgeschichte gibt. Die muss nicht bis zum äußersten gehen und kann auch damit enden, dass sie sich nach 3 Büchern am Ende die Hand reichen und sich tief in die Augen schauen. Aber dieses Annähern und Kennenlernen ist auch bei älteren Protagonisten, die vermutlich schon deutlich mehr Lebenserfahrung haben als der nächste dahergelaufene Teenie-Auserwählte, sehr spannend und ich fiebere da gerne mit.

In Filmen gibt es wiederum oft die aufgestülpte Liebesgeschichte, die mich dann nur nervt. Wie z.B. die zwischen dem Zwerg und der Elbin im Hobbit, oder in in den meisten Actionfilmen Marke Transformers, wo die Frau sowieso nur eine zweifelhafte Rolle hat UND dann auch noch als LI für den "Helden" herhalten muss.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 20. August 2021, 13:39:50
Was anderes vorn weg: Würde dieser Thread nicht besser in die Rubrik Handwerk passen?

Da ich seit Jahren vorwiegend chinesische Wuxia und Xanxia Serien und zeitweise auch koreanische, historische Fantasy sehe, würde ich sagen, bei Klischees und Tropes ist es wichtig, dass man unterscheidet in welchem Kulturraum die Geschichten entstehen. Tatsächlich lese und sehe ich nicht so viel westliche Fantasy. Und ich denke, dass ein Klischee/ Trope einem erst dann wirklich auffällt, wenn man sehr viel von einem Genre konsumiert. Ich denke auch, dass es außerdem sinnvoll wäre den Unterschied zwischen Klischee und Trope zu definieren und nicht nur die westliche Welt als Maßstab zu nehmen.

Mittelalter sehe ich z.B. weniger als Klischee und mehr als Trope. High Fantasy ist für mich dadurch definiert, dass es ein Mittelalter Setting hat. Hätte es das nicht, wäre es eine andere Form von Fantasy, z.B. Urban Fantasy, Science Fantasy usw.

Was mir bei chinesischen Serien oft auffällt, sind die Intrigen. Es kommt keine Serie ohne Intrigen aus. Was auch oft vorkommt sind die tragischen Helden, die dann am Ende heroisch ihr Leben opfern. Aber es gibt auch einige Serien in denen die Protagonisten nicht am Ende sterben. Ist aber auffällig, dass die Protagonisten und Protagonistinnen häufiger sterben, als das in westlichen Serien der Fall ist.

In Contemporary Serien kommt auch das Trope, Mädchen verkleidet sich als Junge vor. Arsenal Military Academy und You're beautiful sind da sehr gute Beispiele. Beide Serien haben mir sehr gefallen, weil die Art wie eingeführt wurde, wie es zu der Verkleidung kam, eine schöne Lösung war. Im ersten Fall starb der Bruder einer jungen Frau, bevor er die Militärakademie besuchen konnte, um dem Land zu dienen und es von der Fremdbesatzung zu befreien. Da die junge Frau aus einer patriotischen Familie stammte und den Traum ihres Bruders verwirklichen wollte, gab sie sich als ihr Bruder aus. Im zweiten Fall trat der Manager eines jungen Sängers auf eine angehende Nonne zu, die dessen Zwillingsschwester war und bat sie, wegen eines Unfalls ihres Bruders vorübergehend als ihr Bruder aufzutreten. Während die erste Serie eher ein Drama mit Action und Tragik war (aber gutem Ende), war die zweite Serie deutlich auf Liebeskomödie ausgelegt. Es ging aber in beiden Serien nicht darum, Frau muss etwas beweisen, sondern um Loyalität und Geschwisterliebe, die dazu führte, dass die Frau sich dafür entschied temporär als Mann aufzutreten.

Hinsichtlich der Darstellung von Frauen generell in westlichen Romanen oder Serien, muss ich gestehen, dass ich mich bisher noch in keine hineinversetzen konnte. Ich schreibe selbst auch eher Männerlastig, weil ich mich einfach leichter in Männer hineinversetzen kann und daher auch über Männer lesen möchte. Mir ist eine Geschichte mit lauter Männern lieber, als eine Geschichte mit Frauen, die so schlecht dargestellt sind, dass ich nur meine Augen rollen kann. Seit ich aber chinesische, koreanische und japanische Serien schaue, finde ich tatsächlich weibliche Figuren, die mir gefallen. Das finde ich sehr interessant. Wobei ich aber auch einfach ein Fan von Bromance und angedeuteter Gay Romance (also ohne Sex, aber subtil angedeutet) bin. Daher wohl auch mein Fokus auf Männer.  :D



Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 13:46:42
Zitataber mir persönlich fehlt etwas, wenn es keine Liebesgeschichte gibt

Darf ich fragen, warum das so ist? Ich finde zum Beispiel diese Aragorn-Arven-Geschichte einfach nur ärgerlich. Wenn das passt, ist das ja okay, aber wenn man irgendwie den Eindruck bekommt, dass das nur drin ist, weil sonst jemand sagt, dass das fehlt, finde ich das nicht gut.
Tony Stark und Pepper Potts, das passt, aber ich finde es gut, dass nicht in jedem Marvel-Film eine Liebesgeschichte verbaut ist.
Relevant finde ich da die Fragestellung, ob sich die Liebesgeschichte in die Geschichte einfügt und diese bereichert, oder ob die einfach aufgesetzt daherkommt, damit sie da ist.
Ich finde jedenfalls, dass in einem High Fantasy Epos keine Liebesgeschichte benötigt wird.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 20. August 2021, 14:11:53
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 13:46:42
Ich finde zum Beispiel diese Aragorn-Arven-Geschichte einfach nur ärgerlich. Wenn das passt, ist das ja okay, aber wenn man irgendwie den Eindruck bekommt, dass das nur drin ist, weil sonst jemand sagt, dass das fehlt, finde ich das nicht gut.

Gerade die fand ich soweit ok, weil sie ja an sich in den Büchern vorkommt und auch eine gewisse zusätzliche Motivation für Aragorn darstellt UND man obendrein auch noch ein kleines bisschen mehr an weiblichen Figuren bekommen hat dadurch. Hingegen dieses Elf-Zweg-Dings beim Hobbit ...  :wums:
Beim Hobbit frage ich mich immer noch, warum da keiner auf die Idee gekommen ist einfach mal gut die Hälfte der Zwerge zu Frauen zu machen (oder Bard, das wäre auch noch was gewesen) - da hätte es einiges gegeben, was man damit hätte anfangen können, aber NEIN! man brauchte ja eine hübsche Elbenfrau, die mit den unzwergischten Zwerg was anfängt ... was wiederum ein anderes Klischee ist: nur die Hübschen bekommen ne Lovestory.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mindi am 20. August 2021, 14:25:26
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 13:46:42
Zitataber mir persönlich fehlt etwas, wenn es keine Liebesgeschichte gibt

Darf ich fragen, warum das so ist? Ich finde zum Beispiel diese Aragorn-Arven-Geschichte einfach nur ärgerlich. Wenn das passt, ist das ja okay, aber wenn man irgendwie den Eindruck bekommt, dass das nur drin ist, weil sonst jemand sagt, dass das fehlt, finde ich das nicht gut.

Wie gesagt - in Büchern mag ich Liebesgeschichten. In Filmen erscheinen sie mir oft nicht so wichtig und eher aufgesetzt.
Ich interessiere mich auch eher für die Figuren und dass ihre Realität, inklusive ihrer Gefühle, für mich authentisch ist. Schlachten interessieren mich eher weniger. Das sind Geschmäcker und Vorlieben. High-Fantasy zählt auch nicht unbedingt zu meinen Genres, allein schon, weil ich auch weibliche Heldinnen mag und die gibt (oder gab) es da eher selten. Und wenn eine weibliche Protagonistin in einer High-Fantasy Welt loszieht, wird das ja eh ins Jugendbuchregal geschoben. Ich kenne von HdR nur die Filme (die Bücher waren mir damals zu langatmig und heute habe ich kein allzu großes Interesse, sie zu lesen) und die Aragon-Arwen Romance war bei mir schon allein durch Liv Tyler eine Katastrophe. Aber - deswegen fand ich die Liebesgeschichte nicht überflüssig, weil sie ja dennoch ihren Wert für Aragons Entwicklung hatte.

Dass sich HF und Liebesgeschichte ausschließt möchte ich nach wie vor nicht unterschreiben. Nur, weil man ein größeres Ziel verfolgt, schaltet man ja nicht seine Menschlichkeit aus und dazu zählt auch, Bindungen aufzubauen zu eventuell neuen und alten Weggefährten. Das muss nicht unbedingt Liebe sein, das kann Freundschaft sein, das kann etwas körperliches sein - was auch immer. Wenn Reisegefährten Monate zusammen im Dreck verbringen und Abenteuer erleben, ist es da soweit hergeholt, dass sich da etwas entwickelt?
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 14:28:10
Na ja, die Zwerge teilweise zu Frauen zu machen, wäre vielleicht nicht so gut gewesen, denn die sind im Buch ja eindeutig benannt. Wenn da plötzlich die Hälfte einfach ersetzt worden wäre, hätte das viele (verständlicherweise) verärgert. Tolkiens Werke sind eben recht alt und vor allem mit Männern besetzt. Wenn man das ändern will, müsste man das neu interpretieren, bei einer klassischen Verfilmung fände ich das unpassend.
Was mir aber gerade bezüglich Tolkien einfällt: Elfen sind immer perfekt. Im Film finde ich da die Szene, in der Legolas voller Eleganz über die zerfallende Brücke rennt, absolut übertrieben. Im Kino habe ich gelacht und an Devil may Cry gedacht, als ich das gesehen habe.

@Mindi ich finde auch nicht, dass HF eine Lovestory ausschließt, für mich fehlt aber auch nichts, wenn es keine gibt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 14:58:21
Zitat von: Yamuri am 20. August 2021, 13:39:50
Ich denke auch, dass es außerdem sinnvoll wäre den Unterschied zwischen Klischee und Trope zu definieren und nicht nur die westliche Welt als Maßstab zu nehmen.


Da fällt mir gleich ein Klischee ein, das mich unglaublich nervt und oft in japanischen Spielen finde: Die tausend Jahre alte Frau, sieht aber aus wie ein Kind.
Gaaah. Das finde ich so grässlich. Meistens haben sie auch noch eine nervige Kleinkinderstimme und verhalten sich wie ein Kleinkind. Dann sind sie sauer, wenn andere Figuren sie wie ein kleines Kind behandeln. "Ich bin tausend Jahre alt!!!!"  ::) ::)

ZitatWie gesagt - in Büchern mag ich Liebesgeschichten. In Filmen erscheinen sie mir oft nicht so wichtig und eher aufgesetzt.
Der Satz könnte von mir kommen, haha. Aber ganz so einfach ist es dann für mich doch wieder nicht... mit eingeschobenen Liebesgeschichten werde ich auch nicht warm. Gilt für alles, was zu konstruiert erscheint. Und zu der Liebesgeschichte in Herr der Ringe: Die fand ich überflüssig. Die war zum Beispiel nicht meins. Vielleicht wäre es anders, wenn ich die Bücher gelesen hätte, so habe ich eben nur den Film gesehen. Und da wären wir bei: "In FIlmen erscheinen sie mir oft nicht so wichtig und eher aufgesetzt."

ZitatWas mir aber gerade bezüglich Tolkien einfällt: Elfen sind immer perfekt. Im Film finde ich da die Szene, in der Legolas voller Eleganz über die zerfallende Brücke rennt, absolut übertrieben. Im Kino habe ich gelacht und an Devil may Cry gedacht, als ich das gesehen habe.
Ich mag's auch nicht, wenn Elfen als so perfekt dargestellt werden. Normalerweise. Die übertriebenen Szenen von Legolas mochte ich hingegen schon ... eben weil sie mich auch an Devil May Cry erinnerten. In dem Spiel ist es ja absichtlich übertrieben, die Charaktere sind absichtlich übertrieben cool, alles ist so übertrieben cool, dass sich die Entwickler wohl darüber lustig gemacht haben. Deswegen mag ich es.  ;D Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es im Herr der Ringe-Film auch so gedacht war.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 15:01:58
@Herbstblatt ja, ich liebe Devil may Cry, aber Herr der Ringe ist ja eigentlich nicht so dargestellt. Ich meinte aber auch eher, dass Elfen immer anmutig, gewandt, einfach super perfekt sind... das nervt...
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 20. August 2021, 15:09:18
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 14:28:10
Na ja, die Zwerge teilweise zu Frauen zu machen, wäre vielleicht nicht so gut gewesen, denn die sind im Buch ja eindeutig benannt. Wenn da plötzlich die Hälfte einfach ersetzt worden wäre, hätte das viele (verständlicherweise) verärgert. Tolkiens Werke sind eben recht alt und vor allem mit Männern besetzt. Wenn man das ändern will, müsste man das neu interpretieren, bei einer klassischen Verfilmung fände ich das unpassend.

Gerade weil die Werke alt und aus einem ganz anderen Kontext heraus entstanden sind, wäre es wichtig, Neuinterpretationen an die aktuelle Realität anzupassen - sprich: Frauen können und wollen alle diese Dinge auch tun und sich repräsentiert sehen. Die Verfilmung über die wir reden ist absolut nicht klassisch sondern auf ein möglichst breites Publikum ausgelegt, deswegen hat man ja diese unsägliche Lovestory eingefügt.
Es gab mal Diskussionen drum Gandalf weiblich zu machen - DAS wäre schwer und womöglich ein Fehler gewesen, dafür hat er zuviel Charakter hat und ist gleichzeitig ein absoluter Stereotyp. Aber die Zwerge ... bei einem Making-Of haben die Macher sogar davon gesprochen dass sie einen Weg suchen mussten alle Zwerge optisch so unterschiedlich zu machen, dass das Publikum sie auch wirklich unterscheiden kann. Denn mal ganz ehrlich: welche Charktereigenschaften haben die schon im Buch? Thorin ist der Chef und grummelig, Kili und Fili sind die jüngsten, Bombur ist dick - und weiter? (An sich mussten es nur 13 sein damit Bilbo als Nummer 14 die Unglückszahl aufhebt.)
Und das mit den Namen, da muss ich laut und deutlich wiedersprechen: A - wer kann sie aus dem Stehgreif alle aufzählen? B - Kili, Fili, Ori, Dori und Nori klingen schon durch das -i am Ende (für deutsche Rezipienten) weiblich. Dori IST ein weiblich-besetzter Name, nicht erst seit Findet Nemo.



Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 14:28:10
Was mir aber gerade bezüglich Tolkien einfällt: Elfen sind immer perfekt. Im Film finde ich da die Szene, in der Legolas voller Eleganz über die zerfallende Brücke rennt, absolut übertrieben. Im Kino habe ich gelacht und an Devil may Cry gedacht, als ich das gesehen habe.

Wobei das nicht an Tolkien liegt. Im Buch waren die Elfen ja neben arrogant und schnell eingeschnappt auch teilweise betrunken und haben Bilbo nie bemerkt. (Was im Silmarillion alles abgeht müssen wir hier ja nicht erwähnen.) Das ist so ein Klischee, dass sich erst später entwickelt hat, aber womöglich mitunter durch Tolkiens Werk und der Fixierung darauf, die die Fantasy an sich ja bis heute prägt. (Und ich fürchte die Jackson-Verfilmungen, wo Gimli als witziger Sidekick abgestempelt wurde und LEgolas andauernd den tag gerettet hat, hat das nochmal verstärkt.)


Weiterer Gedanke dazu: es ist schwierig Klischees als solche zu erkennen/benennen und aufzubrechen, wenn man sich, um Qualität oder zumindest Reichweite zu erreichen immer wieder an Klassikern orientiert. Es folgen nach wie vor so viele Erzählungen der Heldenreise, weil die Autoren das Muster nicht als solches erkennen und einfach reproduzieren (sage ich). Andere nutzen es, weil es funktioniert - es hat so oft funktioniert, es gibt wissenschaftliche Werke warum es funktioniert, warum also nicht ? Wenn es gut gemacht ist, ist es nur ein weiteres Werkzeug.

Zum Thema "Zuviele männliche Protagonisten" - das ist auch so eine Gewöhnungssache: wir sehen und hören diese Figuren immer und überall und wenn es soweit ist, dass wir uns selbst ans Schreiben machen, versuchen wir es naturgemäß zuerst mit dem, was uns vertraut ist. Dazu kommen noch solche Details wie dass die deutsche Sprache jeder Sache einen Genus zuordnet und die meisten spezifischeren Personenbezeichnungen grundlegend männlich sind. Somit ist "männlich" irgendwo zum Standart geworden. Was problematisch ist, was geändert werden muss. Aber diese Denkmuster zu ändern ist ein Prozess, den man erstmal in Gang setzen muss und an den man sich immer wieder selber erinnern muss. Geht mir auch so: default-Protas sind bei mir erstmal männlich weil ... weiß nicht ... Weiblichkeit mit so vielen Nachteilen und Klischees belegt ist? Ich muss mich dann am Riemen reißen, um das zu ändern. Geht oftmals einfacher als man denkt.

Die nächste Klischeefall, die dann droht ist die Tomboy-Prinzessin - weibliche Charaktere, denen man, um sie "anders" und "feministisch" zu machen Charakterzüge und Klischees anhängt die positiv-männlich sind - gut mit Technik oder im Kämpfen, willensstark, immer praktische Kleidung und keine Angst davor sich schmutzig zu machen und Korsetts sind ja sooo böse und überhaupt sind sie "nicht wie andere Mädchen".
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 15:59:25
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 15:01:58
@Herbstblatt ja, ich liebe Devil may Cry, aber Herr der Ringe ist ja eigentlich nicht so dargestellt. Ich meinte aber auch eher, dass Elfen immer anmutig, gewandt, einfach super perfekt sind... das nervt...

Jo. Mag ich auch nicht. Deswegen versuche ich, meine Elfen nicht so klischeehaft zu interpretieren. Die in Divinity 2 fand ich nett. Sie sind hager, hochgewachsen, ich persönlich fnde sie nicht schön, weil sie schon zu mager sind. Richtig abgemagert. Elegant wirken sie auf mich nicht. Und sie haben dieses kannibalistische Bestattungsritual ...

ZitatGerade weil die Werke alt und aus einem ganz anderen Kontext heraus entstanden sind, wäre es wichtig, Neuinterpretationen an die aktuelle Realität anzupassen - sprich: Frauen können und wollen alle diese Dinge auch tun und sich repräsentiert sehen.
Warum ist das gerade deswegen so wichtig? Eine Neuinterpreation angepasst an die aktuelle Realität ... äh. Das kann unter Umständen ideologisch sein und nicht nur auf Populärliteratur bezogen auch die Geschichte verfälschen. Alte Werken sind in gewisser Weise Zeitzeugen: Da fließt immer irgendwo etwas vom Autor mit ein - und von seinen Lebensumständen. Du sagst ja selbst, sie entstanden aus anderen Kontexten heraus.
Abgesehen davon ist zum Beispiel die Verteilung von Geschlechterrollen ein Element des Worldbuidling. Würde man den Cast zum Beispiel mit weiblichen Figuren auflockern, würden wir da ordentlich in das Worldbuildings des Autors eingreifen und so sein Werk gehörig verfälschen.
Nun, das alte Werk sollte auf keinen Fall vernichtet werden.
Ich fände es schöner, die alten Werke alt sein zu lassen und stattdessen die neuen mitzugestalten: In dem wir unsere eigenen Frauenbilder in unseren eigenen Geschichten schreiben und veröffentlichen. Heute haben wir eine andere Auffassung von Frauen als vor Jahrzehnten.

Und: Du sagst, die Werke sind alt und es wäre wichtig. In meinen Augen stellst du anhand dieser Formulierung deine Meinung als ein Fakt hin, den du nicht wissenschaftlich untermauerst. Vorsicht. 

ZitatDazu kommen noch solche Details wie dass die deutsche Sprache jeder Sache einen Genus zuordnet und die meisten spezifischeren Personenbezeichnungen grundlegend männlich sind. Somit ist "männlich" irgendwo zum Standart geworden. Was problematisch ist, was geändert werden muss. Aber diese Denkmuster zu ändern ist ein Prozess, den man erstmal in Gang setzen muss und an den man sich immer wieder selber erinnern muss. Geht mir auch so: default-Protas sind bei mir erstmal männlich weil ... weiß nicht ... Weiblichkeit mit so vielen Nachteilen und Klischees belegt ist? Ich muss mich dann am Riemen reißen, um das zu ändern.
Meine Protagonisten werden meistens auch männlich. Wahrscheinlich auch, weil ich fürchte, dass ich mit weiblichen Figuren schnell in ein Klischee ratterte. Deswegen sprach ich da von einer selbsterlegten Frauenquote.
Aber dass mein Denken von der Sprache herrührt, wage ich zu bezweifeln. Es liegt mehr an der Darstellung der weiblichen Figuren in Filmen, Büchern und Spielen. In letzter Zeit kamen mir starke, sympatische Protagonistinnen unter. Jetzt habe ich selbst eine Protagonistin geschaffen, die ich richtig ins Herz geschlossen habe - das ist mir bei den anderen nicht passiert. Ich denke, es hat mir mehr eingebracht, mich von solchen Protagonistinnen inspirieren zu lassen, als an unserer Sprache herumzuwerkeln.
Zudem ich beim generischen Maskulinum alle möglichen Menschen vor Augen habe... und so wäre es ja eigentlich gedacht.

Wenn diese überwiegend männliche Darstellung von Protagonisten auf den männlichen Genus einer Sprache zurückzuführen ist: Warum ist das in der englischen Literatur dann das gleiche Problem? Englisch hat bekanntlich keinen Genus.

Und du sagst: Was problematisch ist, was geändert werden muss. Ich finde deine Wortwahl hier zu definitiv. Das klingt wieder nach einem Fakt, den du nicht unterlegt hast. Und wenn ich das richtig interpretiere, forderst du damit, ohne irgendwelche belegten Fakten, den männlichen Genus zu bekämpfen, unsere Sprache zu verändern, um gewisse Denkmuster in den Köpfen von Menschen zu produzieren. Vorsicht. Ein zweischneidiges Schwert.



Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 20. August 2021, 17:11:12
@Herbstblatt: Oh ja, das kommt echt oft vor, aber nicht nur bei alten Frauen, auch bei alten Männern, jedenfalls in Anime. Und generell gibt es bei japanischen Spielen/Serien oft so ein Maskottchen, das besonders kitschig und albern ist und man sich fragt, was der Zweck dieses Tieres ist, außer die Szenen ins Lächerliche zu ziehen.

@Dämmerungshexe: Bei mir liegt es nicht an der Gewöhnung, sondern daran, dass die Darstellung weiblicher Figuren mir immer das Gefühl gibt nicht normal zu sein. Und ich möchte mich aber dazugehörig fühlen.
Es wird aber leider so getan als sei es die Norm, wenn Frauen Mode mögen, Kleider tragen, Schminke nutzen, Jungs toll finden, Klatsch und Tratsch mögen, bei Babys einen 'ach wie süß' Schreikrampf bekommen usw. Diese Darstellung entspricht mir aber nicht. Ich bin nicht so. Ich war immer schon anders. Ich mochte Fußball und Ballspiele, ich liebte die Weltraumfahrt und wollte Astronaut werden (wegen meinem Geburtsfehler musste ich diesen Traum nur leider aufgeben), ich mag Computerspiele und Zocke gern. Ich liebe Kampfkunst und Mode ist mir gleichgültig. Kleidung muss bequem sein und warm halten, was Hosen tun. Röcken und Kleidern kann ich nichts abgewinnen.
Es stört mich, wie Frauen in den Medien immer als Püppchen dargestellt werden und wenn sie mal Tomboys sind, dann mutieren sie am Ende immer zu einem Püppchen, wirklich immer. Ich kenne kein einziges Buch und keinen Film, in dem ein Tomboy wirklich ein Tomboy bleiben durfte und bis zum Schluss nur Hosen tragen. Das wäre mal etwas, das ich wirklich gut fände. Wenn sie so sein und bleiben darf, um zu zeigen, Frauen sind nicht anders als Männer. Sie können dieselben Interessen haben und in den selben Fachbereichen gut sein. Sie sind deshalb nicht weniger Frau, nur weil sie willensstark sind, kämpfen können und Technik mögen.

Wobei mir grade zwei Frauenfiguren eingefallen sind, die tatsächlich Ausnahmen sind, also die soweit ich mich erinnere Tough bleiben bzw. Tough werden. Sarah Conner aus Terminator und Ellen Ripley aus der Alien Reihe. Beide Frauen sind Frauenfiguren, die ich persönlich gelungen finde.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Amaryn am 20. August 2021, 17:29:07
Zum Thema "zu viele männliche Protagonisten": Manchmal darf ein männlicher Charakter schlichtweg nicht in einen weiblichen Charakter "umgewandelt" werden, weil der Autor/die Autorin das nicht will oder wollte. Samuel Beckett hat zum Beispiel untersagt, dass sein Stück "Warten auf Godot" (ein Theaterstück für vier Darsteller) von Frauen gespielt wird.
Wie das nun mit Tolkien und seinen Zwergen ist, weiß ich nicht. Aber diesen Aspekt, dass der Autor/die Autorin das nicht wollte, kann's halt auch geben.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Dämmerungshexe am 20. August 2021, 18:58:23
@Herbstblatt - tut mir Leid wenn ich nicht tatsächlich jeden Satz mit "Es ist meine Meinung" oder "Ich denke" beginne, sondern auch einfach mal frei von der Leber weg schreibe was ich so an Erfahrungen und Eindrücken gesammelt habe und was ich daraus mache. Wenn wir hier jetzt alles wirklich mit wissenschaftlichen Quellen untermauern müssen, dann kann ich meine Forumsaktivität gleich ganz beenden und statt dessen wieder studieren gehen.

Wenn ein älteres Werk, in dem unter anderem problematische Stereotypen und Rollenbilder und Moralvorstellungen auftauchen, immer noch (aus welchen Gründen auch immer) eine so große popkulturelle Relevanz hat, dass es immer wieder reproduziert wird, dann sollten die Punkte, die problematisch sind, durchaus auch angesprochen werden. Das kann auf verschiedene Weise geschehen: entweder in dem man sie direkt analysiert und in historischen Kontext setzt wie zB in einer Buchbespechung in der Schule oder in einer kommentierten Auflage. Das wird halt schwierig, wenn man aus einem Buch einen Film machen möchte - dann hat man nicht mehr das Originalwerk, sondern eine Adaption. Und da ist es möglich und üblich das Werk im Rahmen dessen was möglich ist so umzusetzen, dass es durchaus dem neuen sozialen Ansprüchen genügt. Wie zB auch Theaterstücke immer neu interpretiert und inszeniert werden. (Bücher umzuschreiben wie zB bei Lindgren und Preußler finde ich selber auch eher fragwürdig.)
Natürlich kann man nicht alles anpassen, nur das, was die Geschichte hergibt, weil sie es ganz einfach nicht thematisiert. Wenn in Game of Thrones nur Männer in der Armee sind passt das so, da die ganze Erzählung tatsächlich auch das Thema Sexismus behandelt. Wenn in der Armee der Elben in den Verfilmungen von Jackson plötzlich Frauen dabei sind, stört das kaum weil das einfach nie ein Thema der Erzählung war und zum Zeit des Erscheinen des Buches auch nicht als wichtige gesellsschaftpolitische Problematik thematisiert wurde (zumindest nicht meinem begrenzten Wissen nach). Mit anderen Worten: Tolkien hat womöglich nie drüber nachgedacht, ob da Frauen mitkämpfen oder warum es nicht so ist - er hat eine Realität seiner Zeit widergegeben - Frauen waren selten bis nie in der Armee bzw. an der Front. Ist das eine aktuelle Realität? Nein. Ist es wichtig für das Werk? Nein. Also kann man es anpassen. Waren die Zwerge im Hobbit für irgendwen eine Identifikationsfigur? Nein. Also kann man ihnen in einer Adaption neues Leben einhauchen und verschiedenen Zielgruppen Raum für Identifikation bieten.

Das mit der Sprache und dem Genus ist ein Henne-Ei-Problem: Sprache bildet Realität ab, Sprache formt Realität. (Im Deutschen in der Hinsicht auch noch deutlicher als im Englischen, dort finde ich viel mehr klare und gut gebräuchliche Lösungen für gendergerechte Sprache als im Deutschen.) Wie wir von etwas und im Besonderen von Personen reden, zeigt unser Verständnis von und unser Verhältnis zu eben dieser Sache/Person. Es macht ja schon alleine einen Unterschied, ob ich von "jungen Frauen" spreche oder "Mädels" - das kommt jeweils unterschiedlich an. @Yamuri stellt dem Tomboy (mit der sie sich offensichtlich identifiziert) das "Püppchen" gegenüber - Mädchen/Frauen die Mode und Kleidung mögen und Babys süß finden - das klingt für mich nach einer Wertung (die ich so stehen lassen kann, da es klar eine sehr persönlich und nachvollziehbar geschilderte Wertung ist) da eine Puppe ein lebloser, meist hohler Gegenstand ohne eigene Agenda ist. Ganz gleich in welche Richtung - eine Seite wird immer als benachteiligt/unterlegen dargestellt, je nach persönlicher Sichtweise. Echte Repräsentation wäre beide Seiten und alles dazwischen als gleichberechtigt zu betrachten und dementsprechend zu beschreiben.
Ich habe das als Mutter auch schon in beide Richtungen erlebt - wenn man unter anderen Müttern ist, ist es schwer darüber zu klagen, dass man sich in seiner Rolle manchmal nicht wohl und überfordert fühlt, weil "Mama"-Sein einfach alles ist, weil Kinder das wertvollste sind und das größte Geschenk das man sich und der Welt machen kann. Sitzt man am Tisch mit lauter Menschen die keine haben wollen, kommt man sich irgendwann wie der letzte Depp vor, dass man als Mutter ja immer alle anderen einschränkt weil man zB als Kollege dauernd flexibel sein muss, weil die "Mama" sich ja lieber um den selbstsüchtig gezüchteten Nachwuchs kümmert als um die Arbeit. Das sind zwei unterschiedliche Wertvorstellungen, die an sich gleichberechtig sind, aber die Art und Weise wie in den jeweiligen Gruppen darüber gesprochen wird, macht es schwierig, sie tatsächlich auch gleichwertig zu betrachten.


Achja - Mütter als Klischee - da gibt es ja ein ziemliches Spektrum, aber gerade in Fantasy tendiert es doch eher zu "tot" oder "böse Stiefmutter/Intrigantin".
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 20:46:38
Zitat von: Dämmerungshexe am 20. August 2021, 18:58:23

Wenn ein älteres Werk, in dem unter anderem problematische Stereotypen und Rollenbilder und Moralvorstellungen auftauchen, immer noch (aus welchen Gründen auch immer) eine so große popkulturelle Relevanz hat, dass es immer wieder reproduziert wird, dann sollten die Punkte, die problematisch sind, durchaus auch angesprochen werden. Das kann auf verschiedene Weise geschehen: entweder in dem man sie direkt analysiert und in historischen Kontext setzt wie zB in einer Buchbespechung in der Schule oder in einer kommentierten Auflage. Das wird halt schwierig, wenn man aus einem Buch einen Film machen möchte - dann hat man nicht mehr das Originalwerk, sondern eine Adaption. Und da ist es möglich und üblich das Werk im Rahmen dessen was möglich ist so umzusetzen, dass es durchaus dem neuen sozialen Ansprüchen genügt. Wie zB auch Theaterstücke immer neu interpretiert und inszeniert werden. (Bücher umzuschreiben wie zB bei Lindgren und Preußler finde ich selber auch eher fragwürdig.)

Ach, so meinst du das. Alles klar.

Aber bei deinem nächsten Absatz mit der Sprache steige ich leider aus, entschuldige.  :( Wenn ich ein Blick in gewisse Länder werfe, die eine gendergerechte Sprache haben und ich mir deren Gleichberechtigung ansehe, fällt's mir wirklich schwer, es irgendwie nachzuvollziehen, dass Sprache die Realität formt.

ZitatAchja - Mütter als Klischee - da gibt es ja ein ziemliches Spektrum, aber gerade in Fantasy tendiert es doch eher zu "tot" oder "böse Stiefmutter/Intrigantin".

Hier bin ich jedoch wieder drin. Die böse Stiefmutter und Intrigantin finde ich auch zum Augenverdrehen. Oder die bösen Stiefschwestern.
Generell, was nett wäre: Schwestern, die einen freundschaftlichen Umgang miteinander pflegen, mit gewissen Geschwisterzankereien.

Mir fällt noch das Klischee mit den Waisenkindern ein ... Der Protagonist hat seine Eltern verloren und entdeckt, dass er besonders ist. Hat mich auch schon in Harry Potter gestört, aber insgesamt mochte ich die Reihe schon. Ob ich heute ein Buch lesen würde, das so beginnt? Wahrscheinlich nicht.

Nochmal einen Bogen zu Herr der Ringe: Mich hat es so dermaßen gestört, dass fast alle weiblichen Figuren als schön, perfekt, ruhig, besonnen dargestellt wurden, die Hände in den Schoß gelegt. Umso mehr mochte ich den weiblichen Charakter, der sich in die Armee geschlichen hat (mir ist der Name entfallen). Andererseits hat es mich wiederrum gestört, dass die Figur sonst keine besonderen Auftritte hatte. Irgendwie schien sie nur da gewesen zu sein, um das Frauenbild aufzulockern. Wirkte für mich eingeschoben und zu konstruiert. Äh, ja, so meine Erinnerung, korrigiert mich, wenn ich falsch liege und sie doch ein wichtiger Charakter war ... ist schon ein Weilchen her.

Ob ich bei einer Adaption das Heer mehr weiblich besetzen würde? Ne, ich glaube, das würde mir nicht gefallen.Aber zwei weibliche Rollen unter den Hauptcharakteren? Ja, schon eher. Das habe ich sehr bemängelt. Vielleicht bin ich auch nicht die Zielgruppe für sowas...

Hm, mir fällt auf, dass die meisten Klischees, die ich grässlich finde, sich auf weibliche Figuren bezieht.  :hmmm:
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Amanita am 20. August 2021, 21:25:50
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht (nicht nur auf dieses Forum bezogen, das hat man ja ganz oft), warum so häufig so getan wird, als ob das Schreiben von vernünftigen weiblichen Figuren Raketenwissenschaft wäre. In den meisten modernen Büchern und Filmen bzw. Serien, die ich so lese und schaue, klappt das eigentlich recht gut.
Wenn man die weiblichen Figuren mit der gleichen Sorgfalt behandelt wie die männlichen und nicht nur als Werkzeuge im männlichen Plot einplant und dann noch ein bisschen Vielfalt hat, ohne alles zu werten, kann da meiner Meinung nach nicht so viel schiefgehen. Ich finde es eher problematisch, dass immer noch so getan wird, als ob das Schreiben von weiblichen Figuren eine wahnsinnig komplizierte Angelegenheit wäre, auf die man sicherheitshalber lieber verzichtet.
Aus irgendwelchen Gründen ist das auch eine Diskussion, die sich in den ungefähr zehn Jahren, in denen ich mich jetzt für das Thema Fantasyschreiben interessiere, kaum weiterentwickelt hat. Es geht immer noch um "Tomboy vs. traditionelle Frau" und darum, ob die Frau Röcke oder Hosen anziehen will, was mit Bedeutung überfrachtet wird. Sollten wir da nicht langsam weiter sein?
In den Büchern und Filmen selbst, zumindest in dem, womit ich mich beschäftige, sehe ich diese Klischees eigentlich gar nicht mehr.

Aber mal zurück zum eigentlichen Thread-Thema.
Ich finde, dass man die meisten Klischees nicht grundsätzlich verdammen sollte, denn sie sind ja gerade deswegen Klischees, weil sie irgendwann mal gut funktioniert haben. Wenn sie auf kreative Weise neu verwendet  werden, kann das sehr gut sein, wenn ich aber als Leserin aus der Geschichte gerissen werden, weil ich sehe, dass es da jemandem darum ging, das Klischee irgendwie neu und originell zu verwursten, finde ich das nicht gelungen.
Manche Klischees funktionieren meiner Meinung nach immer wieder, weil sie von jedem Autor und in jedem Setting mit neuem Leben gefüllt werden können. Dazu zähle ich zum Beispeil den eltern-oder vaterlosen Protagonisten mit mysteriöser Herkunft, die Suche nach irgendwelchen verstreuten Objekten, der junge Mensch, der erfährt, dass er Magie hat und lernt damit umzugehen, oder die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich nicht lieben dürften. Da kommt es für mich einfach auf die Umsetzung an.
Natürlich gibt es aber auch ein paar Klischees, die ich tatsächlich nervig und verzichtbar finde. Das betrifft vor allem Figuren, die nur als Werkzeug für den Plot existieren und wo oft schon von vorneherein klar ist, was aus ihnen werden wird. Der weise Mentor, der irgendwann sterben muss, ist ein Beispiel dafür.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 20. August 2021, 21:50:27
Stichwort weibliche Figuren/Hinzufügen von Diversität: Ich habe nie ein Buch von Tolkien gelesen, also mögen mir da manche Botschaften vielleicht entgangen sein, aber irgendwie wundert es mich, dass die zentrale Botschaft der Hobbit-Bücher für viele darin zu bestehen scheint, dass keine Frauen darin vorkommen. Für eine Adaption vom Buch zum Film müssen immer viele Dinge verändert werden. Der Hobbit ist im Original gar nicht so lang und daraus wurden drei ziemlich lange Filme. Ich vermute, dass nicht jede Szene original so aus dem Buch übernommen wurde und zumindest das Pacing so angepasst wurde, dass man drei recht unterhaltsame Filme daraus machen kann. Solche Änderungen werden meistens akzeptiert. Aber aus den dreizehn ziemlich austauschbaren Zwergen eine gemischte Gruppe aus Männern und Frauen zu machen ist auf einmal nicht mehr mit dem Werk vereinbar? Warum denn? Wenn Tolkien so ein Frauenhasser war, wie dadurch impliziert wird, warum adaptieren wir seine Bücher dann überhaupt?

Diese Debatte haben wir immer wieder. Zum Beispiel, als Rue in der Tribute von Panem Verfilmung mit einer schwarzen Schauspielerin besetzt wurde. Oder bei der Besetzung von The Witcher. Jedes Mal, wenn eine Rolle, die in der Vorlage nicht übermäßig explizit kein weißer heterosexueller cis Mann ist, nicht mit einem weißen heterosexuellen cis Mann besetzt wird. Auf der einen Seite soll es keine Rolle spielen, wie jemand aussieht, welches Geschlecht jemand hat, wen man liebt, aber plötzlich spielt es doch eine ganz große Rolle und die Botschaft des Werkes wird durch die Besetzung einer Figur mit der falschen Haut- und Haarfarbe so verfremdet, dass viele schnell "Blasphemie!" schreien. Geht es da wirklich noch darum, möglichst nah an der Vorlage zu bleiben? Oder empfindet man den Ruf nach mehr Diversität dann doch irgendwie als Bedrohung?

Und wenn wir dann ein Werk neu adaptieren, das problematische Dinge enthält (bei Tolkien muss man da ja auch über Rassismus sprechen), dann hat man immer die Entscheidung, das entweder unkritisch zu übernehmen und somit Rassismus/Sexismis/Homophobie zu reproduzieren und damit unweigerlich mehr Rassismus/Sexismus/Homophobie zu schaffen, oder das Werk zu ändern, um diese Muster aufzubrechen. Tolkien hat sich gegen Rassismus ausgesprochen und eine aufgearbeitete Adaption seiner Werke wäre somit meinem Empfinden nach viel eher in seinem Sinne als die unkritische Reproduktion seiner Fehler.

Stichwort Romance: Hier würde ich auch nochmal stark unterscheiden, ob ich nicht vielleicht einfach im falschen Genre unterwegs bin. Viele Tropes, die in bestimmten Genres üblich sind, sind überhaupt absolut gar nicht mein Ding, bedeuten aber eher, dass Bücher aus diesem Gerne dann einfach nicht das Richtige für mich sind und nicht, dass man sie grundsätzlich vermeiden sollte. Ich liebe gut geschriebene Liebesgeschichten, aber Romantasy ist nicht mein Fall. Ob Liebesgeschichten Bücher besser oder schlechter machen, werden wir hier nicht klären können, weil es darauf keine universelle Antwort gibt. Das würde ich aber eher unter Geschmackssache verbuchen.

Stichwort Weiblichkeit/Tomboy: Wir müssen in Büchern davon weg, dass eine Art der Weiblichkeit als die ideale Art der Weiblichkeit dargestellt wird, nach der wir streben sollten. Dafür brauchen wir nicht nur die eine Frauenfigur, die Tomboy sein und bleiben darf, sondern Diversität. Unterschiedliche Frauen, von denen sich keine verändern muss, die unterschiedlich bleiben dürfen. Eine Tomboy-Heldin, deren beste Freundin total auf Mode steht, ohne dass die eine versucht, die andere zu ändern oder ihr ihre Interessen aufzuzwingen.

Das Problem mit der Tomboy-Prinzessin ist nicht, dass sie selbst keine Mode mag, sich gerne dreckig macht und einfach ist wie sie ist. Das Problem ist, dass sie oft nur dazu dient, andere Formen der Weiblichkeit abzuwerten. Alle verurteilen sie, weil sie nicht auf Kleider steht, aber Hosen sind doch eh viel besser! Und das ist halt auch kein Stück besser als anders herum. Ich versuche, meine Bücher so zu schreiben, wie ich auch mein Umfeld wahrnehme. Frauen wie ich, die sich gerne schminken und für Mode interessieren. Frauen wie eine Freundin von mir, die sich da absolut gar nichts draus macht, für die Kleidung praktisch sein muss, am besten alles in Schwarz, dann passt immer alles zu allem. Frauen wie eine andere Freundin, die sich auch sehr für Mode interessiert, deren Stil aber ganz anders ist als meiner. Männer die Röcke tragen, einfach weil sie sie viel bequemer finden. Männer die enge Hosen tragen. Denn auch wenn sich niemand mit seinem Modegeschmack ganz genau in diesen Figuren wiederfindet, so vermittelt diese Vielfalt eben immer noch, dass es okay ist, so zu sein, wie man ist, und dass man nichts daran ändern muss, nur weil andere das eben anders machen. Aber das funktioniert nur, wenn wir aufhören, andere Frauen abzuwerten, nur weil sie eine andere Art der Weiblichkeit leben. Ich will sehr ungern als Püppchen bezeichnet werden, nur weil ich meinen Eyeliner liebe.

Und allgemein müssen wir weg davon, "tough sein" damit gleichzusetzen, ein Tomboy zu sein oder klassische Weiblichkeit abzulehnen. Tough sein kann man auch mit Schminke.

Zitat von: Yamuri am 20. August 2021, 13:39:50
Mittelalter sehe ich z.B. weniger als Klischee und mehr als Trope. High Fantasy ist für mich dadurch definiert, dass es ein Mittelalter Setting hat. Hätte es das nicht, wäre es eine andere Form von Fantasy, z.B. Urban Fantasy, Science Fantasy usw.

Das impliziert doch aber, dass es zwischen dem Mittelalter und der Gegenwart nichts gab. Ein Buch, das sich zum Beispiel eher am Europa des 18. Jahrhunderts orientiert ist genauso High Fantasy, hat aber mit dem Mittelalter nichts zu tun. Und allgemein ist der Begriff der High Fantasy auch breiter gefasst und beinhaltet durchaus Welten, die nichts mit dem Mittelalter zu tun haben. Das Mittelalter kommt nur so oft vor und mich stört, dass die Welten immer so generisch und austauschbar sind. Man kann sich zum Beispiel auch an anderen Kulturen orientieren, selbst wenn man in Europa bleibt. Man kann sich an anderen Epochen als dem Mittelalter orientieren, zum Beispiel einem beliebigen Abschnitt der Neuzeit, oder man baut eine Welt, die sich an antiken Hochkulturen orientiert. Das alles wäre immer noch High Fantasy.

Zitat von: Amanita am 20. August 2021, 21:25:50
Ehrlich gesagt verstehe ich nicht (nicht nur auf dieses Forum bezogen, das hat man ja ganz oft), warum so häufig so getan wird, als ob das Schreiben von vernünftigen weiblichen Figuren Raketenwissenschaft wäre. In den meisten modernen Büchern und Filmen bzw. Serien, die ich so lese und schaue, klappt das eigentlich recht gut.

Auf der einen Seite stimme ich dir zu. In vielen Geschichten funktioniert das echt gut und eigentlich finde ich es nicht so schwer, das bei mir selbst umzusetzen. Auf der anderen Seite geht es leider einfach oft richtig schief, obwohl man es ja eigentlich inzwischen besser wissen müsste.

Ansonsten kann ich in vielen Punkten nur bei Dämmerungshexe unterschreiben.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 22:42:35
Ich finde nicht, dass man alte Werke einfach nach eigenem Gutdünken oder moderner Erwartungshaltungen umschreiben sollte, wenn es sich nicht um eine eindeutige Neuinterpretation oder Pastiche handelt. Die Originalwerke spiegeln auch immer ein Stück weit den Zeitgeist wider, das muss man auch berücksichtigen.

@Mondfräulein ich finde, dass du hier wieder sehr emotional reagierst. Man könnte hier echt den Eindruck gewinnen, dass jeder, der einen weißen, männlichen, heterosexuellen Charakter schreibt, für dich automatisch homophob und rassistisch ist.
Woran sich die Leute eher stören, ist das künstliche Aufsetzen von Charaktereigenschaften, die bestimmte Aspekte der gesellschaftlichen Ansprüche bedienen sollen ohne dabei auch kontextadäquat oder authentisch zu sein.
Ich wollte hier aber auch nicht schon wieder diese Diskussion führen. :bittebittebitte:

@Amanita das fällt dann wohl oft in diese ,,Vom Underdog zum Held"-Schiene, oder? Der total normale, vielleicht eher unterdurchschnittliche Charakter, der plötzlich entdeckt, dass er eigentlich auserwählt, besonders oder sonst was ist. Die Eltern sind dann meistens tot, Geschwister gibt es nur auf dem Papier und keiner kann ihn leiden, aber dann ändert sich alles und so weiter und so fort, alles bekannt.
Der todgeweihte Mentor ist auch so ein Klassiker, stimmt.
Was die toten Väter betrifft, da muss ich mich schuldig bekennen, das kommt bei mir wirklich ganz gerne mal vor, wahlweise auch ein ganz verwaister Protagonist. Da meine Protagonisten aber im Normalfall erwachsen sind, fällt das wenigstens nicht in diese Teen-Drama-Schiene.

Was mir auch noch einfällt, sind bestimmte Charaktereigenschaften, die mit bestimmten Professionen einherzugehen scheinen. ,,Der Magier" ist dann zugleich auch ,,der Weise" (Archetyp: Gandalf), der auf alles eine Antwort hat, immer bedacht und beherrscht ist, und für nahezu jede Situation irgendeine Anekdote parat hat, ,,der Krieger" hat meist raue Sitten, es sei denn, er ist zugleich auch ,,der Fassadenkletterer", aber dann wird das Zweihandschwert gegen ein Rapier getauscht und eine gewisse Attitüde kommt hinzu, und ,,der Waldläufer/Jäger" ist irgendwie nebulös und gibt sich verschlossen und schweigsam. Schon klar, dass diese Aspekte gut zusammenpassen, aber auf die Dauer wird das doch ziemlich eintönig.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 22:58:06
ZitatUnd wenn wir dann ein Werk neu adaptieren, das problematische Dinge enthält

Das fängt mal bei der Defintion an: Was ist problematisch? Die Antwort mag hier für jeden anders ausfallen.
Das nächste: Wer entscheidet am Ende, was problematisch ist, was aus der Adaption wegfällt, was drin bleibt? Mit welcher Legitimation?

Kunst muss frei sein. Das ist ganz wichtig.


ZitatAuf der einen Seite stimme ich dir zu. In vielen Geschichten funktioniert das echt gut und eigentlich finde ich es nicht so schwer, das bei mir selbst umzusetzen. Auf der anderen Seite geht es leider einfach oft richtig schief, obwohl man es ja eigentlich inzwischen besser wissen müsste.
Ob etwas in der Hinsicht richtig schief geht, könnte auch von den individuellen Vorstellungen und Anforderungen abhängen.

Dass man das Genre miteinbeziehen sollte, ist ein guter Punkt, finde ich, @Mondfräulein. In Romantasy wird man da auf viele Klischees stoßen...  :D
Vor allem die rivalisierenden weiblichen Figuren...

@Frostschimmer: Ah ja, der Waldläufer-Archetype. Der hängt mir auch schon raus. Idealerweise ist er dann noch ein Elf.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Curlincess am 20. August 2021, 23:05:01
Ich finde Klischees sind nicht unbedingt schlimm, je nachdem wie sie verkauft werden. Manchmal sind sie, meiner Meinung nach, auch notwendig, denn viele Leser suchen gezielt nach genau solchen Klischees in Büchern, wenn auch unbewusst. Früher habe ich mich auch immer gefragt, warum selbst Bestsellerbücher manchmal so klischeehaft geschrieben sind... mit den üblichen Dreiecksbeziehungen, den perfekten Helden, und dem prophezeiten Teenie, der eben noch keine Ahnung hatte, dass es Elfen, Zwerge und Drachen gibt. Aber ich denke, das ist Absicht, weil es einem vertraut ist, und je nachdem wie die Klischees im Roman schlussendlich umgesetzt werden, kann es auch gut funktionieren.

Ich will allerdings noch einige Beispiele nennen, die mir jetzt spontan einfallen, die ich persönlich nicht wirklich leiden kann:


Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 20. August 2021, 23:09:46
Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 22:42:35
@Mondfräulein ich finde, dass du hier wieder sehr emotional reagierst.

Ich bin überhaupt nicht emotional. Aber selbst wenn, was tut es zur Sache? Was bringt es, mir Emotionalität vorzuwerfen, nur weil dir meine Argumente nicht gefallen?

Zitat von: Frostschimmer am 20. August 2021, 22:42:35Man könnte hier echt den Eindruck gewinnen, dass jeder, der einen weißen, cis-männlichen, heterosexuellen Charakter schreibt, für dich automatisch homophob und rassistisch ist.

Das hat nie jemand irgendwo gesagt. Das ist ein überspitztes Argument, das nur dazu dient, Argumente lächerlich zu machen, ohne darauf einzugehen. Oder sich selbst als Opfer aufzuspielen, weil man ja nichts mehr darf. Was halt ehrlich gesagt wirklich albern ist. Weil das überhaupt nie jemand jemals so gesagt hat. Und damit rutscht die Debatte in eine Polemik, die echt peinlich ist.

Zitat von: Herbstblatt am 20. August 2021, 22:58:06
Das fängt mal bei der Defintion an: Was ist problematisch? Die Antwort mag hier für jeden anders ausfallen.
Das nächste: Wer entscheidet am Ende, was problematisch ist, was aus der Adaption wegfällt, was drin bleibt? Mit welcher Legitimation?

Es entscheidet niemand. Wir betrachten Werke, diskutieren sie und manchmal sind wir uns am Ende einig, manchmal nicht. Aber dafür muss man diese Debatte eben erstmal führen.

Zitat von: Herbstblatt am 20. August 2021, 22:58:06Kunst muss frei sein. Das ist ganz wichtig.

Kunst ist frei. Die Kunstfreiheit war hier nie bedroht. Aber ebenso frei sind wir darin zu sagen, dass wir etwas nicht gut finden.

Und irgendwie ist es ironisch, dass die Kunst frei sein soll, aber wenn eine Adaption dann so frei ist, Dinge zu ändern, ist das auch wieder nicht okay? Fällt das nicht auch unter Kunstfreiheit?


Zitat von: Herbstblatt am 20. August 2021, 22:58:06Dass man das Genre miteinbeziehen sollte, ist ein guter Punkt, finde ich, @Mondfräulein. In Romantasy wird man da auf viele Klischees stoßen...  :D
Vor allem die rivalisierenden weiblichen Figuren...

Das stimmt. Das ist vielleicht auch eine Debatte. die wir dann führen müssen. Manche Tropes können sowohl Teil eines Genres aber auch gleichzeitig problematisch sein. Da müssen wir dann wohl auch wieder differenzieren und uns fragen, ob ein Aspekt wirklich schlecht oder sogar problematisch ist, oder ob wir das einfach als Geschmackssache abtun können, dann ist das Genre halt nichts für uns.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 20. August 2021, 23:11:30
@Curlincess das sind echt tödliche Klischees, die einfach nur nerven, vor allem die Dreiecksgeschichte, nein danke... und auf diesen ganzen übertriebenen Teenie-Kram habe ich gar keine Lust mehr, seit mich eine Freundin mal gezwungen hat, "Twilight" zu lesen. :kotz:
Ich werde nie verstehen, wie daraus ein Hit werden konnte.

@Mondfräulein ich habe überhaupt kein Interesse an einer Debatte. Bitte nicht. Wir haben unterschiedliche Meinungen, belassen wir es dabei.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 23:24:20
ZitatAber dafür muss man diese Debatte eben erstmal führen.
Ja, das ist wahr. Die Debatten werden erst gar nicht geführt, dafür sorgt leider die Cancel Culture.  :(

ZitatKunst ist frei. Die Kunstfreiheit war hier nie bedroht. Aber ebenso frei sind wir darin zu sagen, dass wir etwas nicht gut finden.
Ist sie frei? War sie nie (hier) bedroht? Ich glaube, sobald man mit einem Werk in einen Schneesturm gerät und unter anderem auf Twitter zerbissen wird, muss man die Freiheit auf verneinen. Gesetzlich: ja. Gesellschaftlich: nein.

ZitatWeil das überhaupt nie jemand jemals so gesagt hat. Und damit rutscht die Debatte in eine Polemik, die echt peinlich ist.
Na... es hat aber auch hier niemand gesagt, dass Tolkien ein Frauenhasser war. Oder hast du das absichtlich überspitzt formuliert?  :)

@Curlincess : Dreiecksbeziehungen sind aber auch echt schwer zu schreiben.  :(

Ich habe den ersten Band von Twilight gelesen. Hm. Es ist mir auch ein Rätsel, wie das so groß werden konnte. Sind wohl die Klischees?  ;D
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Amanita am 20. August 2021, 23:35:56
Was die Adaptionen angeht, verstehe ich grundsätzlich nicht, warum alte Geschichten immer wieder neu aufgewärmt werden müssen, statt das man etwas Neues schafft, oder gute, neuere Werke fürs Fernsehen adaptiert. (Wobei, ich versteh es schon: Man hofft auf leicht verdientes Geld, wenn man Stoffe verwendet, von denen man weiß, dass sie in der Vergangenheit schon gut gelaufen sind und vielleicht auch viele Fans haben.)
Bücher wie der Herr der Ringe oder Narnia sind in einer anderen Zeit entstanden, was man ihnen auch anmerkt. Solche Bücher kann man trotzdem lesen und diese Aspekte dann kritisch diskutieren, oder man kann es bleiben lassen, wenn man sich nicht damit beschäftigen möchte. Dasselbe Material dann herzunehmen und etwas ganz anderes daraus zu machen, widerstrebt mir aber, wenn auch nicht ganz so sehr, wie wenn die Bücher selbst nur noch in modifizierter Form verkauft werden.
Dazu kommt, dass dabei negative Reaktionen vorprogrammiert, was dann zu unnötigen Kontroversen führt. Viele Fans haben ja sehr festgelegte Bilder zu ihren Lieblingswerken im Kopf und lehnen dann alles ab, was nicht dazu passt, wozu dann auch gehört, wenn die Figuren auf einmal Geschlecht oder Hautfarbe ändern oder irgendwo Frauen mitkämpfen, wo im Original explizit nur Männer beteiligt waren. Das bedeutet dann aber oft nicht, dass dieselben Leute jedes Werk ablehnen, in dem Frauen mitkämpfen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 20. August 2021, 23:39:13
@Amanita: Hah. Ja, genau, deswegen meinte ich vorhin mal, wir sollten lieber das mitgestalten, was heute so herauskommt und da unseren Zeitgeist einfließen lassen.
Das mit den Fans ist eine sehr gute Erklärung, warum das Geschreie dann am Ende auf der einen Seite losgeht.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mindi am 21. August 2021, 00:28:38
Zumal man es bei Adaptionen von Büchern oder auch Videospielen nie allen recht machen kann. Es wird immer irgendwelche Fans geben, die jammern und hetzen. Egal, ob man nun 1:1 das Original übernimmt, ob etwas hinzu- oder umgeschrieben wird und wie Rollen besetzt werden. Die einen feiern die Besetzung der Hauptfigur, die anderen machen laut ihren Unmut deutlich. Bauen sie Diversität nachträglich ein, jammern die einen, bleibt man beim Original, mahnen andere.
Am Ende entscheidet bei solchen Produktionen eh das Geld. Ich hätte weibliche Zwerge beim Hobbit auch toll gefunden. Das wäre für mich auch nur logisch gewesen, dass da welche dabei sind. Ich weiß gar nicht, ob bei den Filmen jemals weibliche Zwerge gezeigt wurden?

Das manche Klischees nur in bestimmten Genres zu finden sind, finde ich logisch. Immerhin sind das im Normalfall die Dinge, die das Genre irgendwann mal (mit)definiert haben.
Nicht umsonst gibt es ganze Schreibratgeberseiten, die sich mit Genrekonventionen befassen. Da wird z.B. eine Dreiecksbeziehung als Genrebaustein für Romance aufgeführt - aber das heißt nicht, dass das immer zwei potenzielle Lover sein müssen. Das sitzen zwischen zwei Stühlen kann auch Job/Liebe, Familie/Liebe usw. sein.
Das ist dann das, was die Romane besonders macht. Wenn das, was das Genre ausmacht, nicht nur ohne große Gedanken übernommen wird, sondern auf die Geschichte zugeschnitten und zum festen Bestandteil der Geschichte oder Entwicklung der Figuren wird. Ansonsten übernimmt man doch nur Klischees und reproduziert sie.
Letztendlich entscheiden wir, wie wir mit Klischees, Tropes und Cinemasins umgehen und es zum Bestandteil der Geschichte machen.
Manche kleinere Klischees können auch einfach nur sehr gut ein Bild transportieren, was man beim Leser oder Zuschauer hervorbringen will.
Z.b. Antagonist isst einen Apfel. Haben wir schon etliche mal gesehen, vermutlich oft auch unbewusst. Aber so etwas schafft mit einfachen Mitteln einen Effekt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 21. August 2021, 11:34:13
Zitat von: DämmerungshexeEchte Repräsentation wäre beide Seiten und alles dazwischen als gleichberechtigt zu betrachten und dementsprechend zu beschreiben.

Dem kann ich voll zustimmen. Nur leider ist es wohl sehr schwierig alle Seiten gleich stark repräsentiert in einem Werk unterzubringen. In einer Serie ist das leichter, oder in einer Buchreihe. Aber in einem Einzelwerk würde es darauf hinauslaufen ein Buch mit einem sehr großen Cast zu haben. Aber grundsätzlich wäre ein Monummentalwerk, das jede Gruppe abbilden kann etwas Feines.

@Dämmerungshexe: Und du hast Recht, es ist eine sehr persönliche Wertung, also die Wertung Tomboy vs. Püppchen, wobei ich persönlich ein Brechen der Klischees, die ich mit Püppchen verbinde auch durchaus spannend finde. :) Ist aber erst so, seit ich chinesische Serien schaue. Denn in diesen Serien sehe ich sehr häufig Frauen, die einerseits die Weiblichkeit im Sinne Mode und hübsch aussehen repräsentieren, gleichzeitig aber toughe Kriegerinnen sind. Das hat schon auch was.

Ich denke auch, was du ja auch angesprochen hast, dass die Frage nach der Zielgruppe immer sehr wichtig ist. Sich vorher überlegen: wer ist meine Zielgruppe, was möchte diese Zielgruppe lesen, was erwartet sie und womit würde ich sie vergraulen? Das ist eine sehr wichtige Frage. Und ich denke auch, dass es für nahezu alles eine Zielgruppe gibt. Wichtig ist nur, dass man sich als Autor:in der Zielgruppen bewusst wird und wenn man selbst das auch herausarbeitet. :)

Oh und dieses böse Stiefmutterklischee oder böse Schwiegermutter Klischee, die die Partnerin ihres Sohnes oder den Partner ihrer Tochter nicht akzeptieren will, das gibt es auch in den chinesischen Serien sehr oft. Meist aber in der Ausprägung "Königin Mutter passt es nicht wenn der Herr Thronfolger eine Frau möchte, die sie nicht kontrollieren kann oder nicht ihren Vorstellungen entspricht".

Zitat von: MondfräuleinStichwort Weiblichkeit/Tomboy: Wir müssen in Büchern davon weg, dass eine Art der Weiblichkeit als die ideale Art der Weiblichkeit dargestellt wird, nach der wir streben sollten. [...] Unterschiedliche Frauen, von denen sich keine verändern muss, die unterschiedlich bleiben dürfen. Eine Tomboy-Heldin, deren beste Freundin total auf Mode steht, ohne dass die eine versucht, die andere zu ändern oder ihr ihre Interessen aufzuzwingen.

Das finde ich einen sehr guten Ansatz :) Das habe ich auch tatsächlich in einem meiner Projekte.

@Mondfräulein: Zum Thema High Fantasy und Mittelalter: Das war sehr lange meine Definition von High Fantasy gewesen und ich assoziiere es leider damit. Ich dachte, dass High Fantasy einfach bedeutet Mittelaltersetting. Ich persönlich mag das Mittelalter nicht und lasse mich generell eher von anderen Kulturen und Zeitaltern inspirieren. Aber aufgrund meiner Wahrnehmung, dass High Fantasy Mittelaltersetting bedeutet, würde ich meine Texte eben nie als High Fantasy sehen, weil ich mich gerade nicht am europäischen Mittelalter orientiere. Vermutlich ist meine Wahrnehmung davon wie High Fantasy definiert wird ja falsch, kann schon sein. Das ist eine Konditionierung, die leider tief steckt bei mir.
Fühlt sich für mich aber deshalb auch falsch an mich in der Fantasy einzuordnen. Ich nutze Fantasy Elemente, aber darüber hinaus sehe ich mich in der Science-Fiction oder einfach spekulativen Fiktion, weil die Frage was wäre wenn mich zu meinen Plots zum Teil motiviert und ich allem eine wissenschaftliche Grundlage unterschiebe, z.B. Mutationen/ Genmanipulation usw. (mal abgesehen von meiner Märchenadaption, die einfach ein Märchen ist). Inzwischen nutze ich die Bezeichnung Science-Fantasy, nachdem ich mich eingehender mit der Definition auseinandergesetzt habe.
Grundsätzlich fände ich es aber schön, wenn meine Wahrnehmung von Fantasy falsch war (weil es meinen Horizont erweitert) und befürworte generell die Inspiration durch andere Kulturen/Zeitalter. Wenn diese dann auch Fantasy genannt werden dürfen, ist das ja grundsätzlich etwas Gutes. :) Ich tu mir halt trotz der vielen Definitionen die es gibt, immer noch recht schwer mit Genredefeinitionen  :rofl:
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Manouche am 22. August 2021, 12:48:57
Ein wirklich sehr interessantes Thema. Da bin ich ein paar Wochen kaum im Tizi und verpasse alle :wums:
Mir fällt auf, dass zumindest hier geschrieben hauptsächlich Klischees die mit dem Frauenbild zusammenhängen Thema sind. Ja vielleicht braucht es wirklich ein eigenes Thema. Andererseits scheint es eben ein sehr tief verankertes Thema zu sein...

Die Frauenrolle und Sexismus finde ich allgemein, nicht nur in Fantasie häufig problematisch.  Gerade kürzlich habe ich mit meinem Sohn einen Film geschaut, der vor 20 Jahren gedreht wurde. Es kamen ausschliesslich Männer vor, eine Sekretärin, allerdings war meistens nur die Stimme zu hören und dann noch die Exfrau, gerade 2-3 mal, superkurz.
Ich bin der Meinung, wäre dieser Film heute gedreht worden, es kämen vermutlich mehr Frauen vor. Da sind wir ein kleines bisschen weiter. Aber: Auch heute sind Frauenrollen häufig schmückender Bestandteil. Oder als Protagonistin, dreht sich ihr denken um einen Mann -> Sie rückt also den Mann in den Mittelpunkt. Finde ich Problematisch :hmmm:

Selber lese ich am liebsten Bücher mit weiblichen, starken Protagonistinnen, aber auch da befindet sich diese meist in einer sehr männerlastigen Umgebung. Dieses Klischee ist meiner Ansicht nach schwer zu brechen, da ,,wir"  unglaublich viele Beispiele und Vorbilder haben, die uns meist unbewusst prägen. Daher achte ich bei meiner Wahl der Charaktere sehr genau darauf, wie ich die Geschlechter verteile. Mir ist zB. aufgefallen, dass ich plötzlich alle Bösewichte männlich geplant hatte. Auch nicht das was mir vorschwebt... Frauen* und Männer* können toll, engstirnig, stark, verschieden farbig, schön, schwach, gemein, böse und vieles mehr sein. Am liebsten würde ich das alles darstellen in meinem Roman, doch manchmal muss ich abstriche machen, da das Buch nicht unendlich viele Charaktere haben soll ;)
Ich bin übrigens nicht der Meinung, dass nur weil eine Fantasie-Geschichte im Mittelalter spielt, deshalb auch dessen Frauenbild widerspiegeln soll. Denn als Autor*in sollte ich meiner Meinung nach im Idealfall auch den aktuellen Zeitgeist gerecht werden.

Zitat von: Alana am 19. August 2021, 15:30:19
@Maja Zu fast verschwundenen Fantasy-Klischees der 80er gehört definitiv auch das Mädchen, das sich als Junge verkleidet, um eine Ausbildung zu machen, die nur Männern offensteht. Ich habe dieses Trope geliebt, aber habe das Gefühl, heute sind wir viel weiter und brauchen das nicht mehr, da es heute andere Strukturen sind, die aufgebrochen werden müssen und zum Glück "Frauen müssen beweisen, dass sie etwas auch können" heute kaum noch Thema ist. Letztens habe ich einen aktuellen YA Bestseller gefunden, indem das der Aufhänger ist und war nostalgisch berührt.  ;D (Ich glaube es war von Elizabeth Lim, Ein Kleid aus Seide und Sternen.)

Oh ja, das habe ich auch geliebt. Wenn ich deinen Namen lese, denke ich da an mein Lieblings-Jugendbuch :vibes:! Und gerade kürzlich habe ich wieder mal in diesem Buch gelesen und wurde hellhörig, als ein Freund zur Protagonistin sagte (so ungefähr): ,,du kannst nicht leugnen, dass du ein Mädchen bist, so wurdest du geboren!" - Phu, da sind wir heute wirklich an einem anderen Ort! Oder? Aber trotzdem mir hat dieses Buch sehr viel Kraft gegeben :wolke:

@Frostschimmer
ZitatIch entwickle meine Charaktere zunächst als Grundkonzept und lasse sie sich dann entwickeln, das genau herzuleiten führt hier jetzt zu weit, auf jeden Fall habe ich da nicht ständig moralische Botschaften im Sinn, in erster Linie mag ich interessante Charaktere, die gut in das Setting und die Handlung passen. Ich denke eher darüber nach, was meine Charaktere zu Sympathieträgern oder zu unsympathischen Figuren machen kann.
Generell spielt Sexualität in meinen Geschichten eine eher untergeordnete Rolle, Geschlechterrollen sind ggf. spezifisch an das aktuelle Setting angepasst, in meiner momentanen Fantasy-Welt ist das jeweilige Geschlecht aber eher unwichtig, da gibt es keine vorgefertigten Rollentypen.
Das Thema gehört wirklich besser in einen eigenen Thread, finde ich.

Aber es ist ein interessantes Experiment, die Geschichte versuchsweise mal mit ausgetauschten Geschlechtern durchzudenken. Da fallen einem die unbeabsichtigten Klischees schnell auf. Die können dann bewusst so belassen oder gebrochen werden. Aber wichtig, ist das es einem bewusst ist.


Das immer wieder genannte Klischee der Protagonist*in die zuerst nichts ist und dann (fast) im Alleingang die Welt rettet, ist meiner Meinung nach das beliebteste Klischee. Und ich schreibe wirklich meiner Meinung nach, weil ich eben gerade solche Romane gelesen und geliebt habe, das heisst ich kenne dieses Klischee am besten. Und ich muss gestehen, ich liebe sie immer noch (wenn sie gut geschrieben sind). Ich glaube, da  wird ein tiefer Wunsch der (meisten) Menschen angesprochen: Egal in welcher Hinsicht, irgendwo haben wir alle unsere Baustellen und dann die Vorstellung ,,allen zu zeigen, wozu wir fähig sind". Deshalb glaube ich, dass dieses Klischee unbedingt auch weiterhin bestehen darf. Aber gut geschrieben! Denn solche Bücher können gerade auch in der Jugendliteratur so viel Mut geben.

@Mindi
ZitatWie gesagt - in Büchern mag ich Liebesgeschichten. In Filmen erscheinen sie mir oft nicht so wichtig und eher aufgesetzt.
Ich interessiere mich auch eher für die Figuren und dass ihre Realität, inklusive ihrer Gefühle, für mich authentisch ist. Schlachten interessieren mich eher weniger. Das sind Geschmäcker und Vorlieben. High-Fantasy zählt auch nicht unbedingt zu meinen Genres, allein schon, weil ich auch weibliche Heldinnen mag und die gibt (oder gab) es da eher selten. Und wenn eine weibliche Protagonistin in einer High-Fantasy Welt loszieht, wird das ja eh ins Jugendbuchregal geschoben.

Das sehe ich auch so. Liebe ist einfach ein Thema, dass uns alle irgendwie berührt und es ist auch etwas schönes. Ich meine damit nicht reine Liebesgeschichten, die mag eher selten. Aber ich finde auch, dass eine Geschichte viel gewinnt, wenn Liebe, wenn auch nur am Rande, eine Rolle spielt. Schlussendlich interessieren mich  im Leben, Geschichten und Filmen am meisten BEweggründe, die Gefühle, Beziehungen, das Zwischenmenschliche...




ZitatWeiterer Gedanke dazu: es ist schwierig Klischees als solche zu erkennen/benennen und aufzubrechen, wenn man sich, um Qualität oder zumindest Reichweite zu erreichen immer wieder an Klassikern orientiert. Es folgen nach wie vor so viele Erzählungen der Heldenreise, weil die Autoren das Muster nicht als solches erkennen und einfach reproduzieren (sage ich). Andere nutzen es, weil es funktioniert - es hat so oft funktioniert, es gibt wissenschaftliche Werke warum es funktioniert, warum also nicht ? Wenn es gut gemacht ist, ist es nur ein weiteres Werkzeug.

Ich würde sogar sagen, dass teilweise die Heldenreise in unserem Verständnis für Geschichten so stark verankert ist und gewisse Aspekte davon unbewusst einfliessen können. Was ich nicht grundsätzlich schlecht finde.

@Yamuri
Zitat@Dämmerungshexe: Bei mir liegt es nicht an der Gewöhnung, sondern daran, dass die Darstellung weiblicher Figuren mir immer das Gefühl gibt nicht normal zu sein. Und ich möchte mich aber dazugehörig fühlen.
Es wird aber leider so getan als sei es die Norm, wenn Frauen Mode mögen, Kleider tragen, Schminke nutzen, Jungs toll finden, Klatsch und Tratsch mögen, bei Babys einen 'ach wie süß' Schreikrampf bekommen usw. Diese Darstellung entspricht mir aber nicht. Ich bin nicht so. Ich war immer schon anders. Ich mochte Fußball und Ballspiele, ich liebte die Weltraumfahrt und wollte Astronaut werden (wegen meinem Geburtsfehler musste ich diesen Traum nur leider aufgeben), ich mag Computerspiele und Zocke gern. Ich liebe Kampfkunst und Mode ist mir gleichgültig. Kleidung muss bequem sein und warm halten, was Hosen tun. Röcken und Kleidern kann ich nichts abgewinnen.
Es stört mich, wie Frauen in den Medien immer als Püppchen dargestellt werden und wenn sie mal Tomboys sind, dann mutieren sie am Ende immer zu einem Püppchen, wirklich immer. Ich kenne kein einziges Buch und keinen Film, in dem ein Tomboy wirklich ein Tomboy bleiben durfte und bis zum Schluss nur Hosen tragen. Das wäre mal etwas, das ich wirklich gut fände. Wenn sie so sein und bleiben darf, um zu zeigen, Frauen sind nicht anders als Männer. Sie können dieselben Interessen haben und in den selben Fachbereichen gut sein. Sie sind deshalb nicht weniger Frau, nur weil sie willensstark sind, kämpfen können und Technik mögen.

Ich weiss nicht. Ich finde schon, dass es auch Frauenfiguren gibt in Büchern, die nicht nur diesem Frauenbild, dass du beschreibst entsprechen. Und vielleicht gefällt uns an diesen Protagonistinnen nicht alles. Aber mal ehrlich, sind wir bei Männerbildern auch so streng, dann könnten wir nur sehr wenige Bücher lesen...
Es ist ja, dass Männer selten Bücher mit weiblichen Protagonistinnen lesen, aber Frauen sehr wohl Bücher mit männlichen Protagonisten mögen. No comment...

@Herbstblatt
ZitatMir fällt noch das Klischee mit den Waisenkindern ein ... Der Protagonist hat seine Eltern verloren und entdeckt, dass er besonders ist. Hat mich auch schon in Harry Potter gestört, aber insgesamt mochte ich die Reihe schon. Ob ich heute ein Buch lesen würde, das so beginnt? Wahrscheinlich nicht.

Waisenkinder ist tatsächlich auch eine Art Klischee. (Ich fühle mich ertappt bei meiner Protagonistin). Aber auch hier bin ich der Meinung, dass es darum geht, eine Art Sinnbild für das Alleinsein zu machen. Natürlich geht das auch anders und es kommt auf das Worldbuilding an, ob es nötig ist oder nicht.

@Herbstblatt
ZitatHm, mir fällt auf, dass die meisten Klischees, die ich grässlich finde, sich auf weibliche Figuren bezieht.  :hmmm:

Nein, das sehe ich nicht so. Die Rachegefühle der Helden. Genugtuung. Brutalität. Machos. Keine Gefühle zulassen. Alles alleine schaffen. Etc. Finde ich auch grässlich.

@Mondfräulein
ZitatDiese Debatte haben wir immer wieder. Zum Beispiel, als Rue in der Tribute von Panem Verfilmung mit einer schwarzen Schauspielerin besetzt wurde. Oder bei der Besetzung von The Witcher. Jedes Mal, wenn eine Rolle, die in der Vorlage nicht übermäßig explizit kein weißer heterosexueller cis Mann ist, nicht mit einem weißen heterosexuellen cis Mann besetzt wird. Auf der einen Seite soll es keine Rolle spielen, wie jemand aussieht, welches Geschlecht jemand hat, wen man liebt, aber plötzlich spielt es doch eine ganz große Rolle und die Botschaft des Werkes wird durch die Besetzung einer Figur mit der falschen Haut- und Haarfarbe so verfremdet, dass viele schnell "Blasphemie!" schreien. Geht es da wirklich noch darum, möglichst nah an der Vorlage zu bleiben? Oder empfindet man den Ruf nach mehr Diversität dann doch irgendwie als Bedrohung?

Das sehe ich auch so. Aber leider ja, der Ruf nach mehr Diversität, ist ganz bestimmt für sehr viele eine Bedrohung. Warum? Ich weiss es nicht. Veränderung ist immer eine Bedrohung. Aber jetzt würde ich vielleicht zu sehr abschweifen.

ZitatStichwort Weiblichkeit/Tomboy: Wir müssen in Büchern davon weg, dass eine Art der Weiblichkeit als die ideale Art der Weiblichkeit dargestellt wird, nach der wir streben sollten. Dafür brauchen wir nicht nur die eine Frauenfigur, die Tomboy sein und bleiben darf, sondern Diversität. Unterschiedliche Frauen, von denen sich keine verändern muss, die unterschiedlich bleiben dürfen. Eine Tomboy-Heldin, deren beste Freundin total auf Mode steht, ohne dass die eine versucht, die andere zu ändern oder ihr ihre Interessen aufzuzwingen.

Das Problem mit der Tomboy-Prinzessin ist nicht, dass sie selbst keine Mode mag, sich gerne dreckig macht und einfach ist wie sie ist. Das Problem ist, dass sie oft nur dazu dient, andere Formen der Weiblichkeit abzuwerten. Alle verurteilen sie, weil sie nicht auf Kleider steht, aber Hosen sind doch eh viel besser! Und das ist halt auch kein Stück besser als anders herum. Ich versuche, meine Bücher so zu schreiben, wie ich auch mein Umfeld wahrnehme. Frauen wie ich, die sich gerne schminken und für Mode interessieren. Frauen wie eine Freundin von mir, die sich da absolut gar nichts draus macht, für die Kleidung praktisch sein muss, am besten alles in Schwarz, dann passt immer alles zu allem. Frauen wie eine andere Freundin, die sich auch sehr für Mode interessiert, deren Stil aber ganz anders ist als meiner. Männer die Röcke tragen, einfach weil sie sie viel bequemer finden. Männer die enge Hosen tragen. Denn auch wenn sich niemand mit seinem Modegeschmack ganz genau in diesen Figuren wiederfindet, so vermittelt diese Vielfalt eben immer noch, dass es okay ist, so zu sein, wie man ist, und dass man nichts daran ändern muss, nur weil andere das eben anders machen. Aber das funktioniert nur, wenn wir aufhören, andere Frauen abzuwerten, nur weil sie eine andere Art der Weiblichkeit leben. Ich will sehr ungern als Püppchen bezeichnet werden, nur weil ich meinen Eyeliner liebe.

Und allgemein müssen wir weg davon, "tough sein" damit gleichzusetzen, ein Tomboy zu sein oder klassische Weiblichkeit abzulehnen. Tough sein kann man auch mit Schminke.

Genau. Und vor allem denke ich müssten div. Männerklischees auch dringend angeschaut werden. Denn ich denke nicht, dass sich da jeder Mann* sehr gut repräsentiert fühlt. Als Frau fällt mir aber grundsätzlich schneller auf, wenn die Frauen in den Geschichten zu platt und klischiert sind. Das Bild des Mannes, dass sehr viel gezeigt wird, gefällt vielleicht einer Vielzahl von Frauen, oder wird ,,einfach akzeptier", aber als Mann mit diesen Bildern umzugehen, stelle ich mir auch nicht ganz einfach vor.

@Mondfräulein und @Herbstblatt
Ja gewisse Genres rufen direkt nach Klischees und ich muss sie ja nicht lesen, wenn ich nicht will.

Ganz allgemein:
Viele Klischees haben je nach Kontext auch seine Berechtigung. Wichtig ist, sie nicht einfach platt zu übernehmen, sondern sich deren bewusst zu sein. Deshalb finde ich dieses Thema wirklich sehr hilfreich!
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Exlibris am 22. August 2021, 12:52:36

[/quote]
Zitat von: Yamuri am 21. August 2021, 11:34:13


@Dämmerungshexe: Und du hast Recht, es ist eine sehr persönliche Wertung, also die Wertung Tomboy vs. Püppchen, wobei ich persönlich ein Brechen der Klischees, die ich mit Püppchen verbinde auch durchaus spannend finde. :) Ist aber erst so, seit ich chinesische Serien schaue. Denn in diesen Serien sehe ich sehr häufig Frauen, die einerseits die Weiblichkeit im Sinne Mode und hübsch aussehen repräsentieren, gleichzeitig aber toughe Kriegerinnen sind. Das hat schon auch was.



@Yamuri Ich finde es spannend, dass du in diesem Kontext chinesische Serien erwähnst. Vielleicht deshalb, weil ich dir völlig zustimme. :vibes:

Generell habe ich das Gefühl, dass das Wort "Krieger" im abendländischen/westlichen Kontext sehr viel "schmutzigere" Assoziationen hervorruft als in asiatischen Gefilden. Wenn wir an die großen "Helden" aus Antike und Mittelalter denken, handelt es sich in den meisten Fällen um schwertfuchtelnde, grimmige maskuline Elemente, die irgendwann im Sinne der aristotelischen Tragödie an ihrer eigenen Unzulänglichkeit ersticken. Autsch. Dahingegen kommt es mir so vor, dass chinesische Helden nicht zuletzt auch durch die Kampfkunst einen weniger "barbarischen" Beigeschmack aufweisen. Der Held Guan Yu aus "Die Drei Reiche" liest zum Beispiel eifrig Bücher und verwandelt sich am Ende des Romans in eine daoistische, friedliebende Gottheit. Bin ich der einzige, der sich einen Siegfried niemals mit einem Buch vorstellen könnte?

Was ich damit sagen will: Wenn wir heutzutage kriegerische Charaktere schreiben (ganz egal, ob männlich oder weiblich) können wir uns mittlerweile auch eines asiatischen Modells bedienen, das auch künstlerische Eleganz und eine Art fragiler Schönheit zulässt (trotz offenkundigen Kampfgeschicks).

Dieser Unterschied zwischen westlicher und östlicher Darstellungsform tritt in meinen Augen vor allem im Vergleich zwischen dem Sagenkreis um den trojanischen Krieg und "Die Reise in den Westen" zu Tage. Die Amazonenkönigin Penthesilea formt für mich immer das Bild eines äußerst brutalen, um nicht zu sagen: grobschlächtigen Charakters (ein Volk, dass den eigenen Körper verstümmelt, um besser mit dem Bogen umgehen zu können?), während die weiblichen Dämonen in letztgenanntem Werk mit Raffinesse und akrobatischer Magie ans Werk gehen. :vibes:

Allerdings bildet natürlich auch jedes Modell für sich ein Klischee, mit dem man behutsam umgehen muss ...
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 22. August 2021, 14:13:32
Was mir spontan noch einfällt, sind künstlich wirkende Happy Ends, wobei das allmählich aus der Mode zu kommen scheint.
Außerdem sind Helden in Fantasywerken (vor allem Heldinnen) oft total jung, eher Teenies. Das mag ja auch mal reizvoll sein, aber irgendwie möchte man auch mal Helden sehen, die schon ein bisschen mehr Lebenserfahrung mitbringen und nicht von ihren Unterstützern durch die Handlung geschleppt werden und sich dabei mit den allgemeinen Problemen der Adoleszenz herumärgern.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Archibald am 22. August 2021, 15:49:54
Zitat von: Herbstblatt am 20. August 2021, 20:46:38


Mir fällt noch das Klischee mit den Waisenkindern ein ... Der Protagonist hat seine Eltern verloren und entdeckt, dass er besonders ist. Hat mich auch schon in Harry Potter gestört, aber insgesamt mochte ich die Reihe schon. Ob ich heute ein Buch lesen würde, das so beginnt? Wahrscheinlich nicht.
Ich kann dir versichern, dass der frühe (meinst unerwartet tragische) Tod der Eltern AutorInnen ein paar ganz handfeste Vorteile bietet.
– wenn die Eltern eh schon tot sind, kann man es sich sparen, ihre Geschichte oder ihre Reaktionen zu beschreiben. Noch vorteilhafter, wenn die Eltern schon so lange verblichen sind, dass der junge Held/die junge Heldin nur noch selten an sie denkt, denn anders, als bei einem Ableben vor den Augen der Kinder, kann man sich dann auch noch diese Reaktionen sparen:

Beispiel:
"Justin schnüffte leise vor sich hin. Die Glut des Lagerfeuers erinnerte ihn unwillkürlich an das tragische Erlebnis jener Nacht, als  die bösen Dämonen seine Eltern auf dem heimischen Hof abgefackelt hatten. Noch immer meinte er, ihre Schreie hören zu können. Wütend und voller Protest, aber gleichzeitig auch zornig, als hätten sie es nicht glauben wollen, dass sie sich allmählich in Asche verwandelten.
Justin biss grimmig die Zähne zusammen. Nein: In Erinnerungen zu schwelgen, würde ihn jetzt nicht weiterhelfen. Damals war er erst vier gewesen, und er hatte gedacht, das alles ein nur ein Spiel. Jetzt galt es, nach vorne zu blicken. Vor ihn lag die Feste Azerock und er hatte das Schwert Orkibald, dass erwartungsvoll in seiner Hand vibrierte, als könne es kaum erwarten, endlich ein paar Orksenschädel zu spalten ...     

Bei vielen (Jugend)büchern ist das eigentlich Standard, dass Eltern keine Rolle spielen. Entweder tot oder abwesend, (z.B Fünf Freunde von Enid Blyton, wo die Abenteuer immer in irgendwelchen Ferien stattfinden.)

Die Gründe dafür sind eigentlich einleuchtend: Sie sind aus dem Weg und man muss keine Zeilen auf sie verschwenden und im Jugenbuchbereich geht es ja darum, dass die Kinder die Hauptprotagonisten sind. Eltern stören, die könnten sich einmischen. Wenn noch irgendwelche Eltern im Hintergrund rumschwirren, müsste man aus Gründen der Glaubwürdigkeit  bisweilen doch ein paar Zeilen schreiben – besser ist es, man räumt sie gleich aus dem Weg.
Die Vollwaisen sind sicher ein Klischee, aber in erster Linie ist das der Erzählökonomie geschuldet.
   

Zitat von: Herbstblatt

Nochmal einen Bogen zu Herr der Ringe: Mich hat es so dermaßen gestört, dass fast alle weiblichen Figuren als schön, perfekt, ruhig, besonnen dargestellt wurden, die Hände in den Schoß gelegt. Umso mehr mochte ich den weiblichen Charakter, der sich in die Armee geschlichen hat (mir ist der Name entfallen). Andererseits hat es mich wiederrum gestört, dass die Figur sonst keine besonderen Auftritte hatte. Irgendwie schien sie nur da gewesen zu sein, um das Frauenbild aufzulockern. Wirkte für mich eingeschoben und zu konstruiert. Äh, ja, so meine Erinnerung, korrigiert mich, wenn ich falsch liege und sie doch ein wichtiger Charakter war ... ist schon ein Weilchen her.

Du meinst Eowyn. Mit ihr das Frauenbild aufzulockern, war sicher nicht sein Absicht. Sein "Kunstgriff" war, dass nur ihr als Frau es möglich war, den Herrn der Nazgul zu töten ( er hatte gesagt, dass ihn kein Mann töten könne, oder so ähnlich).

Als bestes Beispiel für einen Roman, der völlig ohne Frauen auskommt "empfehle" ich Märchenmond von Hohlbein.   



   
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 22. August 2021, 16:05:10
Thema Frauen bei Tolkien

Die Liebesgeschichte in HdR, die hier einigen aufstößt, ist ja ein perfektes Beispiel für ne Gefühlshülse. Arwen ist halt keine echte Frau, sie ist eine wunderschöne, loyale und sanfte Frau, die brav zu Hause wartet, bis der Held seine Quest erledigt hat, und ihn dann heiratet, weil das ihre Bestimmung ist (kommt in den Filmen glaub ich nur am Rande, aber Arwen vollendet einen alten Bund zwischen Menschen und Elfen, der im Simarillion angelegt ist. Da gibt es die erste Mensch-Elfen-Partnerschaft, aus der dann Halbelfen hervorgehen, deren Nachkomme Elrond ist, und Menschen mit besonderem Blut(!), deren Nachkomme Aragorn ist. Die beiden heiraten, die Abkömmlinge zweier Mischlinien werden wiedervereinigt, alles gut. Tolkien war ein Kind des 19. Jahrhunderts.). Arwen ist genau das, was für Tolkien die ideale Frau war, was eine Frau halt damals schon nicht war und heute erst recht nicht mehr. Deswegen ist die Liebesgeschichte scheiße, weil sie nur wish fulfilment für einen der Partner ist und in der Story im Grunde keine Rolle spielt.

Ich hab neulich einen lange Artikel über toxische Beziehungen und problematische Frauenbilder bei Harry Potter gelesen, aber HdR als Urbild der High Fantasy ist da noch viel schlimmer. Und der Transport ins Kino hat dem nicht gutgetan, im Gegenteil, viele der im Buch eher sanft angelegten Konflikte zwischen den Figuren wurden da so dramatisiert, dass sie noch deutlich toxischer und klischeehafter rüberkommen. Und die ganze Blutgeschichte bei HdR ist nun ehrlich ein Problem. Aber das sind alle Dinge, die einem in klassischer Hight Fantasy immer wieder begegnen, Frauen als wish fulfilment, Bestimmung, die was mit der Erblinie zu tun hat, Freundschaften, die auf Ausbeutung beruhen.

Zitat von: Dämmerungshexe(Und ich fürchte die Jackson-Verfilmungen, wo Gimli als witziger Sidekick abgestempelt wurde und LEgolas andauernd den tag gerettet hat, hat das nochmal verstärkt.)
--> eben! Von daher wäre ich voll dafür, Herr der Ringe zu verfälschen, damit mal deutlich wird, wie rassistisch und misogyn der alte Herr war (vermutlich, ohne es zu wollen).


Zitat von: DämmerungshexeWenn in der Armee der Elben in den Verfilmungen von Jackson plötzlich Frauen dabei sind, stört das kaum weil das einfach nie ein Thema der Erzählung war und zum Zeit des Erscheinen des Buches auch nicht als wichtige gesellsschaftpolitische Problematik thematisiert wurde (zumindest nicht meinem begrenzten Wissen nach). Mit anderen Worten: Tolkien hat womöglich nie drüber nachgedacht, ob da Frauen mitkämpfen oder warum es nicht so ist - er hat eine Realität seiner Zeit widergegeben - Frauen waren selten bis nie in der Armee bzw. an der Front.

Bei Tolkien gibt es nur zwei Sorten Frauen: brave, gutaussehende Hausfrauen und Jeanne d'Arcs (Galadriel ist tatsächlich eine Mischung aus beiden, das muss man erst mal hinkriegen; auf der anderen Seite wird Eowyn am Ende auch zur braven Hausfrau, Jeanne D'Arcs sterben oder kriegen Kinder, so ist das). Beides sind Idealvorstellungen, die Männer von Frauen haben und die keine realen, vollwertigen Frauenfiguren darstellen. Das ist internalisierte Misogynie, die ich Tolkien nicht übelnehme, weil halt ne, im 19. Jahrhundert geboren, Oxforder Professor und so, aber man sollte es schon mal ansprechen, weil es sonst irgendwie nicht wahrgenommen wird.
Zitat von: ArchibaldDu meinst Eowyn. Mit ihr das Frauenbild aufzulockern, war sicher nicht sein Absicht. Sein "Kunstgriff" war, dass nur ihr als Frau es möglich war, den Herrn der Nazgul zu töten ( er hatte gesagt, dass ihn kein Mann töten könne, oder so ähnlich).
Denn Eowyn ist eben kein Kunstgriff, Eowyn ist eine Jeanne d'Arc, die jungfräuliche Kämpferin, die am Ende zu Heim und Herd bekehrt wird. Vorher begeht sie noch eine Heldentat, die sie als Mutter oder Frau, die schon mit Männer zusammen war, nicht hätte begehen können. Ich ...  :kotz: halte nicht allzu viel von diesem Klischee. Und es ist eins, kein Kunstgriff, also kein Plotelement.

Thema kreative Klischeeverwendung
Es gibt ja offenbar zwei verschiedene Sorten Klischees: Sachen, die immer wiederkommen, aber eigentlich unproblematisch sind, und Sachen, die Fehlwahrnehmungen widerspiegeln, die sich durch ständige Wiederholung verfestigen.

Die toughe junge Protagonistin, die in den letzten Jahren in Mode gekommen ist, ist ein Klischee, das Fehlwahrnehmungen verfestigt. Es wurde schon angesprochen, von @Mondfräulein  glaube ich, dass man hier nicht eine Form von Weiblichkeit gegen die andere stellen darf. Genau das macht Tolkien und genau das machen viele moderne Romane mit weiblichen Protagonisten. So cool sich das manchmal liest, es ist halt keine wirkliche Weiterentwicklung zur braven viktorianischen Hausfrau, im Grunde ist es eine Variation der Jeanne d'Arc.

Auf der anderen Seite sind Männerfiguren ja auch mit Klischees behaftet. Manche davon sind problematisch (magical negro fällt mir da spontan ein oder Christian Grey :kotz: Ist keine Fantasy, aber ein gutes Beispiel), andere nicht (viele Figurenklischees sind plotrelevant, wie der weise Mentor zum Beispiel).

Das Problem ist einerseits den Unterschied wahrzunehmen: welches Klischee spiegelt ein gesellschaftliches Problem wieder und sollte daher von mir angepasst werden (dazu gehören neben den Frauen und rassistischen Figuren definitiv auch die mental illness-Figuren)? Und wenn das nicht so ist, weil es nur bestimmte menschliche Eigenschaften besonders herausstellt oder ein Plotelement ist, wie bringe ich das so rüber, dass der Leser es erkennt, es aber trotzdem frisch bleibt?

Die Antwort ist meiner Meinung nach: Wahrhaftigkeit bei den Gefühlen. Sich Wissen darüber anzueignen, wie eine Person in einer bestimmten Situation tatsächlich fühlt, was sie wirklich empfindet. Da uns die Ereignisse in unseren Romanen oft nicht selbst passiert sind, haben wir nur sehr abstrakte (eben klischeehafte) Vorstellungen von Reaktionen auf bestimmte Ereignisse. Aber wahrhaftiges Schreiben kommt aus Einfühlung und Empathie. Bis in die finsterste Ecke hinein. Und manch emotionale Reaktion ist ganz anders, als man sich das mitunter vorstellt.

Zitat von: ManoucheIch glaube, da  wird ein tiefer Wunsch der (meisten) Menschen angesprochen: Egal in welcher Hinsicht, irgendwo haben wir alle unsere Baustellen und dann die Vorstellung ,,allen zu zeigen,

Und dann kann man sich nämlich fragen: was empfindet meine Figur, wenn sie plötzlich für das Leben von tausenden Menschen verantwortlich ist? Wenn sie Entscheidungen treffen muss, die ihre Familie ins Unglück oder den Tod schicken könnten? Wenn ihr eigenes Leben bedroht ist? Was empfindet sie wirklich?


P.S. eines meiner absoluten Hassklischees wurde von @Curlincess schon benannt: der fremde Dritte in Liebesgeschichten. Das ist ein Plotklischee, ich hasse es aber trotzdem, weil es einfach nur dazu dient, künstlich die Spannung aufrechtzuerhalten und den Punkt hinauszuzögern, wo man das funkengeladene Kennenlernen (das halt einfacher zu schreiben ist und von vielen Lesern lieber gemocht wird als "echte" Beziehungen) verlassen und sich der Beziehung zuwenden muss, dem menschlichen Miteinander. Das dann halt mehr erfordert als klischeehaftes Verlieben. Glücklicherweise ist das ein Romanceding und in Fantasy/SF eher selten. Aber wenn ich mal Romance lese, gibt es das eigentlich immer und dann hab ich wieder für zwei Jahre genug.


Und P.P.S.
Zitat von: HerbstblattWenn ich ein Blick in gewisse Länder werfe, die eine gendergerechte Sprache haben und ich mir deren Gleichberechtigung ansehe, fällt's mir wirklich schwer, es irgendwie nachzuvollziehen, dass Sprache die Realität formt.

Welche Länder meinst du denn damit? Schweden tut sehr viel für eine gendergerechte Sprache und hier ist die Gleichberechtigung weiter als in Deutschland. Etwa 20 Jahre voraus, würde ich sagen. Und das geht logischerweise miteinander einher.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 22. August 2021, 16:44:04
ZitatDu meinst Eowyn. Mit ihr das Frauenbild aufzulockern, war sicher nicht sein Absicht. Sein "Kunstgriff" war, dass nur ihr als Frau es möglich war, den Herrn der Nazgul zu töten ( er hatte gesagt, dass ihn kein Mann töten könne, oder so ähnlich).
Jaaa, genau, ich erinnere mich. Danke für die Erklärung. Diesen "Kunstgriff" finde ich sehr interssant und inspirierend.  :hmmm:

ZitatDie Vollwaisen sind sicher ein Klischee, aber in erster Linie ist das der Erzählökonomie geschuldet.
Dem stimme ich dir zu. Das habe ich auch an mir selbst gemerkt. Ich möchte in meiner Geschichte keine Vollwaisen, jetzt musste ich den Eltern Berufe geben, wo sie wohnten, wie sie mit ihren Kindern sprechen, etc. Macht schon viel Arbeit.  :D

Zitat"Justin schnüffte leise vor sich hin. Die Glut des Lagerfeuers erinnerte ihn unwillkürlich an das tragische Erlebnis jener Nacht, als  die bösen Dämonen seine Eltern auf dem heimischen Hof abgefackelt hatten.
Dämonen, gutes Stichwort. Der edgy Dämonenjäger, dessen Eltern oder jemand Wichtiges von Dämonen getötet wurde und nun einen Hass auf sie pflegt, sodass er sich der Jagd auf sie verschrieben hat. Grundsätzlich habe ich nichts, wenn ich sowas lese, wenn Dämonen im Spiel sind, verzeihe ich schnell.  :engel: Allerdings wollte ich das Klischee selbst nicht in meiner Geschichte einbauen. Ich habe es abgeändert. Oder zumindest versucht. Wird sich zeigen, ob's mir gelungen ist.  :engel:

ZitatWelche Länder meinst du denn damit? Schweden tut sehr viel für eine gendergerechte Sprache und hier ist die Gleichberechtigung weiter als in Deutschland. Etwa 20 Jahre voraus, würde ich sagen. Und das geht logischerweise miteinander einher.

Wenn das logischerweise miteinander einher geht, dann wäre Korrelation = Kausalität.
Welche Länder ich meine?
Schauen wir mal ein paar Sprachen an, die keinen Genus haben.
Ungarisch: Ja, ich glaube, die Lage der Gleichberechitung in Ungarn ist mit dem netten LGB+-Gesetz, das queere Menschen auf die Stufe von Pädophilen stellt (wenn ich es richtig verstanden habe) selbsterklärdend.
Türkisch: Da war doch auch letzten etwas in der Türkei, weswegen Frauen demonstriert haben, wenn ich mich richtig erinnere. Ginge es da nicht um die Beschneidung des Frauenwahlrechts?
Japanisch: Da ich Japanologie studiert habe, habe ich mich unter anderem mit der Stellung der Frau in Japan auseinander gesetzt, und ich kann sagen: Rückschrittlich. Da sind klassische Geschlechter Rollen (Frauen am Herd, vereinfacht gesagt) die Norm. Aber auch Minderheiten werden dort auf das Übelste diskriminiert. Das Land ist wirklich sehr konservativ, was das anbelangt.
Die Turksprachen: Eine Sprachfamilie, die man zum Beispiel in Turkmenistan spricht. Ich glaube, wenn ein Land wie Turkmenistan Corona einfach abschafft, keine Pressefreiheit hat, etc, muss man sich nicht weiter fragen, wie es mit Gleichberechtigung aussieht.

Bleiben wir vielleicht vor der Haustür, konkret für mich in Österreich: Vor Jahren wurden in unserer Bundeshymne die "Söhne" gegen "Töchtersöhne" ausgetauscht. Die Politiker feierten uns das als einen großen Erfolg der Gleichberechtigung. Letzten Endes singt jeder immer noch "Söhne". Hat es seither etwas für das unterbezahlte Pflegepersonal, in dem ja überwiegend Frauen sind, etwas geändert? Hat sich die Väterkarrenz in Österreich durchgesetzt?

So. Deswegen denke ich, das Herumbasteln der Sprache formt nicht die Realität. So einfach scheint es doch nicht zu sein.

Und Schweden hat bewegendere Gründe, warum sie mit der Gleichberechtigung vorne sind: Dort hat man schon Anfang des 20. Jahrhunderts angepackt. In dem Punkt Kinder (Kindersache bleibt ja bei uns mehr an den Frauen hängen, Karrenz, etc.) sind die Eltern gesetzlich verpflichtet 50/50 für ihre Kinder zu sorgen. Das bedeutet, dass die Arbeitgeber den Zwang haben, beide Geschlechter gleich zu bezahlen. Quelle: Einer meiner Rechtsprofessoren.
So. Dieses Gesetz gab's schon vor der gendergerechten Sprache.

Wenn du denkst, Sprache forme Realität, glaubst du, die Errungenschaft der Fristenlösung und Frauenwahlrecht hier bei uns ist auf die gendergerechte Sprache zurückzuführen? Überspitzt formuliert, aber wenn ich deiner Logik folge, bekomme ich das heraus.

Vielleicht schaffst du es, mich vom Gegenteil zu überzeugen, dann wärst du die Erste.  :)


Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Amanita am 22. August 2021, 17:23:26
Zitat von: Princess EstelleIch hab neulich einen lange Artikel über toxische Beziehungen und problematische Frauenbilder bei Harry Potter gelesen
Hast du da vielleicht einen Link. Ich habe ja damals zu den Leuten gehört, die vom Frauenbild bei Harry Potter nicht so begeistert waren und durfte mich dafür von den "wahren Fans" angreifen lassen. Da würde es mich mal interessieren, wie das heute so interpretiert und ob sich das mit meinen Kritikpunkten deckt.

Was die Klischees angeht: Natürlich ist soetwas wie der sterbende weise Mentor aus politischer Sicht nicht problematisch, aber er gehört für mich zu den Klischees, die so oft verwendet wurden, dass sie die Geschichte, oder zumindest den zugehörigen Handlungsstrang vorhersehbar machen. Ich bin aber auch grundsätzlich kein Fan von Figuren, die kein Leben außerhalb ihrer zugedachten Plotrolle haben, das ist sicherlich auch eine Geschmacksfrage.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 22. August 2021, 17:40:26
Zitat von: ManoucheIch weiss nicht. Ich finde schon, dass es auch Frauenfiguren gibt in Büchern, die nicht nur diesem Frauenbild, dass du beschreibst entsprechen. Und vielleicht gefällt uns an diesen Protagonistinnen nicht alles. Aber mal ehrlich, sind wir bei Männerbildern auch so streng, dann könnten wir nur sehr wenige Bücher lesen...Es ist ja, dass Männer selten Bücher mit weiblichen Protagonistinnen lesen, aber Frauen sehr wohl Bücher mit männlichen Protagonisten mögen. No comment

Dann darfst du mir gern Titel empfehlen. :) Meine Wertung basiert auf meiner ganz persönlichen Erfahrung. Und ich würde mich freuen, Bücher kennen zu lernen mit weiblichen Charakteren die nicht so sind, wie jene, die ich als nicht so gute Darstellung empfinde. Bisher habe ich solche in westlich-europäischer Literatur noch nicht wirklich gefunden. Ich unterscheide hier auch stark zwischen westlicher Literatur bzw. solcher, die von Weißen geschrieben wurde und eben Literatur, die von Menschen aus anderen Kulturkreisen stammen. Denn in anderen Kulturkreisen bewerte ich die Darstellung von Frauen anders. Und mir fällt bei Literatur und Filmen, die speziell von Weißen sind eine vorwiegend sexualisierte Darstellung von Frauen auf, die hübsch aussehen sollen, das Anhängsel von Männern sein, nur so lange stark und unabhängig sein dürfen, bis sie dann einen Mann haben usw. (ist aber wie gesagt meine individuelle Bewertung meiner persönlichen Erfahrung und erhebt nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit). Es gibt Ausnahmen, siehe Terminator (hier wird eine Frau durch die Beziehung zu einem Mann stark und unabhängig) oder auch die Alien Reihe (hier bleibt eine Frau tough und stark). Aber das sind beides Science-Fiction und keine Fantasy. Ein Fantasyroman den ich in puncto gelungener Darstellung einer Protagonistin gut fand ist der Roman Jägerin des Sturms von Rebecca Roanhorse. Ihre Protagonistin hat mir gefallen, aber Rebecca Roanhorse ist afroamerikanischer und indigener Abstammung, verheiratet mit einem Navajo und eben keine weiß-westliche Autorin. Was ich kritisiere ist die Darstellung von Frauen in der westlichen Literatur, wie ich sie basierend auf meiner Erfahrung wahrnehme. Wenn du eine andere Erfahrung gemacht hast, freue ich mich darüber, wenn du mir Titel nennen kannst. Ich begrüße jede Literatur, die mich mit meiner eigenen Weiblichkeit mehr versöhnen kann, unabhängig davon aus welchem Kulturraum sie stammt. Nur vermisse ich in westlicher Literatur einfach eine Darstellung, mit der ich mich identifizieren könnte.

Zitat von: ExlibrisGenerell habe ich das Gefühl, dass das Wort "Krieger" im abendländischen/westlichen Kontext sehr viel "schmutzigere" Assoziationen hervorruft als in asiatischen Gefilden. Wenn wir an die großen "Helden" aus Antike und Mittelalter denken, handelt es sich in den meisten Fällen um schwertfuchtelnde, grimmige maskuline Elemente, die irgendwann im Sinne der aristotelischen Tragödie an ihrer eigenen Unzulänglichkeit ersticken. Autsch. Dahingegen kommt es mir so vor, dass chinesische Helden nicht zuletzt auch durch die Kampfkunst einen weniger "barbarischen" Beigeschmack aufweisen. Der Held Guan Yu aus "Die Drei Reiche" liest zum Beispiel eifrig Bücher und verwandelt sich am Ende des Romans in eine daoistische, friedliebende Gottheit. Bin ich der einzige, der sich einen Siegfried niemals mit einem Buch vorstellen könnte?

Was ich damit sagen will: Wenn wir heutzutage kriegerische Charaktere schreiben (ganz egal, ob männlich oder weiblich) können wir uns mittlerweile auch eines asiatischen Modells bedienen, das auch künstlerische Eleganz und eine Art fragiler Schönheit zulässt (trotz offenkundigen Kampfgeschicks).

Ohja, das Wort Krieger hat im ostasiatischen Raum eine andere Bedeutung. Das sehe ich genaus. Und mir persönlich gefallen die Darstellungen von Männern in den ostasiatischen Filmen, Serien und der Literatur genauso besser, wie die Darstellung der Frauen. Generell empfinde ich die ostasiatische Literatur, Kultur und Medienlandschaft als ansprechender als die westlich-europäische, umso tiefer ich dort eintauche. Chinesische Helden sind wesentlich tiefer und interessanterweise auch oft emotionaler dargestellt, sie vereinen eine Art der Anmut und Eleganz, mit Stärke und Intelligenz, die mich völlig in ihren Bann zieht. Ich bin sehr froh die östliche Darstellungsform für mich entdeckt zu haben und habe ein Projekt, das einen überwiegend chinesisch inspirierten Cast mit authentisch chinesischen Namen hat und generell von der chinesischen Kultur und Philosophie beeinflusst ist. Das Projekt ist gleichzeitig aber auch inspiriert durch die Final Fantasy 7 Spiele und durch vorderasiatische Mythologie (die habe ich studiert) und meinen ganz eigenen Theorien zur Seele, Parallelwelten, Traumwelten und dem Jenseits. Sicher sind meine eigenen Theorien auch beeinflusst durch die vorderasiatische und die fernöstliche Mythologie, Metaphysik und Kultur. Ich fühle mich diesen verbundener, als der Kultur in der ich aufgewachsen bin.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 22. August 2021, 18:31:38
@Amanita
http://alpakawolken.de/harry-potter-und-viele-problematische-dinge/
Ich habe mir auch neulich Rowlings Antitransessay reingezogen, das ergänzt sich so schön.  ::)

Der Link kam in der Rassismusdiskussion. Ein paar der Dinge waren mir vorher auch schon aufgefallen, andere finde ich übertrieben, andere waren mir neu. War auch jeden Fall eine interessante Lektüre, zumal ich meiner Tochter die Bücher gerade vorlese, was dem Schreiber des Artikels wohl die Haare zu Berge stehen lassen würde. Dabei ist mir unter anderem aufgefallen, dass Dumbledore das Paradebeispiel für eine toxische (Ersatz)Vaterbeziehung ist, was ich und mein Kind dann ausführlich besprochen haben.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 22. August 2021, 18:52:01
@Herbstblatt
Das meiste, was du zum Genderthema schreibst, stimmt so nicht, vor allem nicht in der Zuspitzung, in der du das hier darstellst. Man sollte bei Genderfragen auch niemals etwas zuspitzen, wozu auch bei einem derart sensiblen Thema?
Da mehr hier aber vom Thema wegführen, gebe ich gerne eine ausführliche Antwort in einem Extrathread.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Herbstblatt am 22. August 2021, 19:27:00
Man sollte aber auch nichts beschönigen, auch nicht bei einem sensiblen Thema. Ein gesundes Mittelmaß zu finden, ist immer schwierig.  :(
Ja, schade, dass es hier am eigentlichen Thema vorbeiführt und der Austausch diesbezüglich da erst einmal zu Ende ist. Ich möchte gerne in deine Sicht der Dinge eingeweiht werden, ich fürchte nur, dass man hier - offen gesagt - einen solchen Thread nicht gern sieht. Wie sich gestern ja in einem anderen Thread gezeigt hat, lehnt man zum überwiegenden Teil einen kritischen Austausch in diesem Diskussionsforum leider ab. Und gerade auf sensible Themen bezogen hält das Diskussionsklima hier gar nichts aus.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Amanita am 22. August 2021, 19:58:06
@PrincessEstelle, danke für den Link. Deiner Einschätzung zum Inhalt kann ich mich soweit anschließen. Ich hatte ja ein bisschen auf eine detailliertere Auseinandersetzung mit den Frauenrollen gehofft, das war ja eher eine Auflistung von vielen, vielen potenziell problematischen Punkten.
Wobei Rowling wahrscheinlich recht hatte, sich auf weiße, britische Hauptfiguren zu konzentrieren, denn mit allem anderen tut sie sich ja extrem schwer. Dafür muss es nichtmal über die Kontinentgrenzen hinausgehen, Beauxbatons und Durmstrang sind ja auch schon eine reine Ansammlung von Klischees. Ich muss aber sagen, dass die ethnische Zusammensetzung bei mir an der Schule damals auch nicht diverser war als in Hogwarts, das ist jetzt an der Uni ganz anders und heutzutage in den Schulen vermutlich auch.
Das Urteil über die problematischen Freundschaften finde ich aber etwas harsch. Dass in Teenagerfreundschaften nicht immer alles perfekt funktioniert, ist ja wirklich nichts Überraschendes.
Ob ich die Bücher heute meinen nicht vorhandenen Kindern vorlesen würde, weiß ich nicht. Kategorisch ausschließen würde ich es nicht, aber im Ganzen betrachtet finde ich sie auch plotmäßig längst nicht mehr so toll, wie das, was sich die Fans damals gemeinsam ausgemalt, geworden wäre.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Manouche am 23. August 2021, 09:17:31
Zitat von: Yamuri am 22. August 2021, 17:40:26

Dann darfst du mir gern Titel empfehlen. :) Meine Wertung basiert auf meiner ganz persönlichen Erfahrung. Und ich würde mich freuen, Bücher kennen zu lernen mit weiblichen Charakteren die nicht so sind, wie jene, die ich als nicht so gute Darstellung empfinde. Bisher habe ich solche in westlich-europäischer Literatur noch nicht wirklich gefunden. Ich unterscheide hier auch stark zwischen westlicher Literatur bzw. solcher, die von Weißen geschrieben wurde und eben Literatur, die von Menschen aus anderen Kulturkreisen stammen. Denn in anderen Kulturkreisen bewerte ich die Darstellung von Frauen anders. Und mir fällt bei Literatur und Filmen, die speziell von Weißen sind eine vorwiegend sexualisierte Darstellung von Frauen auf, die hübsch aussehen sollen, das Anhängsel von Männern sein, nur so lange stark und unabhängig sein dürfen, bis sie dann einen Mann haben usw. (ist aber wie gesagt meine individuelle Bewertung meiner persönlichen Erfahrung und erhebt nicht den Anspruch auf Allgemeingültigkeit). Es gibt Ausnahmen, siehe Terminator (hier wird eine Frau durch die Beziehung zu einem Mann stark und unabhängig) oder auch die Alien Reihe (hier bleibt eine Frau tough und stark). Aber das sind beides Science-Fiction und keine Fantasy. Ein Fantasyroman den ich in puncto gelungener Darstellung einer Protagonistin gut fand ist der Roman Jägerin des Sturms von Rebecca Roanhorse. Ihre Protagonistin hat mir gefallen, aber Rebecca Roanhorse ist afroamerikanischer und indigener Abstammung, verheiratet mit einem Navajo und eben keine weiß-westliche Autorin. Was ich kritisiere ist die Darstellung von Frauen in der westlichen Literatur, wie ich sie basierend auf meiner Erfahrung wahrnehme. Wenn du eine andere Erfahrung gemacht hast, freue ich mich darüber, wenn du mir Titel nennen kannst. Ich begrüße jede Literatur, die mich mit meiner eigenen Weiblichkeit mehr versöhnen kann, unabhängig davon aus welchem Kulturraum sie stammt. Nur vermisse ich in westlicher Literatur einfach eine Darstellung, mit der ich mich identifizieren könnte.

Ich glaube, da hast du mich falsch verstanden. Ich bin, wie du vielleicht meinem Schreiben entnommen hast sehr wohl der Meinung, dass das Frauenbild in Büchern problematisch ist, aber das dies nun von vielen SEiten schon beschrieben wurde war es mir wichtig auch auf das Männerbild zu lenken. Wir können nicht erwarten, dass die FRauen anders dargestellt werden und am Rest nichts ändern. Ich kenne viele Männer (eigentlich fast nur), die sihc mit dem gängigen Männerbild ebenso nicht identifizieren können. Natürlich liegt der Unterschied darin, dass sie trotz allem positiv und stark dargestellt werden.
Meine Meinung ist es auch, das Gefühle und sich schön Anziehen nicht immer als schwach bezeichnet werden muss, sowohl bei Frauen wie auch bei Männern. Die richtige Mischung macht es aus, finde ich.

Empfehlungen die dir passen würden kann im Moment nicht machen, aber folgende Beschreibung, die du geschrieben hattest finde ich einfach übertrieben:

Zitatwenn Frauen Mode mögen, Kleider tragen, Schminke nutzen, Jungs toll finden, Klatsch und Tratsch mögen, bei Babys einen 'ach wie süß' Schreikrampf bekommen usw.

Ich lese durchwegs keine Bücher die so etwas versprechen. Daher meine Aussage, das Frauen nicht nur diesem Bild entsprechen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 23. August 2021, 09:41:22
@Manouche: Ja, da hatte ich dich wohl missverstanden. Und ja ich habe es überspitzt ausgedrückt (komme aber nicht umhin einzugestehen, dass ich es eben so empfinde - ich habe ein toxisches Verhältnis zu meiner Weiblichkeit, das ist einfach so und es führt zu manchmal heftigen Emotionen, es zu beschönigen wäre mir selbst gegenüber ungerecht; was aber nicht heißt, dass ich nicht erkenne, dass das eine meine subjektive überspitzte Wahrnehmung ist). Natürlich können Frauen so etwas auch mögen und trotzdem stark sein. Und es stimmt auch, dass wir mit Frauenfiguren oft härter ins Gericht gehen. Denn wenn sie dann alles haben, was wir uns wünschen, bekommen sie häufiger das Label Mary Sue ab, als Männer das Label Gary Stu. Es scheint sehr schwer zu sein eine weibliche Figur zu erschaffen, die allgemein Anklang findet. Vielleicht müssen wir uns auch einfach davon verabschieden, dass es eine Darstellung gibt, die jeder mag. Vielleicht ist es wichtiger sich auf die Zielgruppe zu besinnen und auch darauf, was man selbst gern lesen möchte. Möglicherweise genügt das schon. Was ich mit meiner überspitzten Ausdrucksweise zum Ausdruck bringen wollte, war, dass mich dieses Klischee vom Modepüppchen und Hausfrau/Mutter als Idealbild in westlicher Literatur stört und ich bei Tomboy Geschichten bisher einfach das Pech hatte solche Texte zu lesen oder Filme zu schaun, in denen sich der Tomboy dann am Ende verändern musste. Wie bereits angesprochen wurde, fände ich Geschichten einfach schöner, in denen Tomboys auch so bleiben dürfen, wie sie sind. Und die Vorstellung vom Modepüppchen und Tomboy als beste Freunde gefällt mir durchaus und manche Klischees von modewussten Frauen in Filmen empfinde ich auch gar nicht als so störend. Es kommt letztlich dann auch immer auf die Umsetzung an.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Manouche am 23. August 2021, 10:17:44
@Yamuri
Ja du hast recht, wir können es nicht allen recht machen. Das gilt meiner Meinung nach auch allgemein für Klischees. Umso wichtiger ist es, dass wir selber uns klar werden, was für uns (oder auch die Zielgruppe) stimmt und passt. Und genau da ist es spannend im Austausch mit euch und anderen zu sein, da werden mir neue Sichtweisen und Meinungen bewusst.

Edit: Danke dass du dich erklärt hast. War grad etwas verunsichert :)
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 23. August 2021, 10:21:06
@Amanita Ja, Harry Potter kommt in dem Artikel schlechter weg, als es müsste, aber es geht ja um die Auseinandersetzung. Rowling hat das in den 90ern begonnen, also fließen ihre Erfahrungen aus den 80ern und frühen 90ern ein und da war die Welt so, wie sie sie beschreibt. Auch dieser Dauerkampf zwischen Schülern, dass die Lehrer das Mobbing im Grunde gefördert haben, war damals normal. Der Schreiber des Artikels ist auch offensichtlich nie auf einem (englischen) Internat gewesen, sonst könnte er einige Kritikpunkte besser einordnen. Ich war in einem (deutschen) und bei uns war es üblich, die Neuen "einzugewöhnen", das war eine ritualisierte Form von Mobbing, das völlig normal war, bis es dann mal etwas aus dem Ruder gelaufen ist und der Rektor eingeschritten ist und dafür von der Schülerschaft ausgebuht wurde. Er hat aber durchgehalten und es verboten und ich hab zum ersten Mal begriffen, dass es nicht normal ist, wenn man Leute zwingt, ekelhafte Sachen zu trinken und sie mit kaltem Wasser übergießt (und das waren noch die harmlosen Sachen).

Ich lese gerade die Galbraith-Romane und da habe ich diesselben Probleme wie mit den HP-Büchern, nur auf einer anderen Ebene. Manche Leute werden extrem verzerrt und klischeehaft dargestellt, meist um die Hauptfiguren besser zu machen. Interessanterweise sind die Romane auktorial, aber das verstärkt das Problem nur noch. Da erzählt Rowling, nicht der Privatdetektiv oder seine Sektretärin. Und Rowling richtet über die Gefühle und Lebenswelten der Leute, ihrer Figuren und der Milieus, in denen die Morde passieren. Im ersten Roman war das die High Society, im zweiten ist es der Literaturbetrieb, beides Milieus, über die sie sich schon abfällig geäußert hat. Und obwohl die Romane echt gut geschrieben sind und spannend sind, kann ich das langsam nicht mehr ausblenden.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Yamuri am 23. August 2021, 10:42:31
@Manouche: Gerne.  :) Freut mich, wenn es nun klarer wurde. Danke auch für deine Rückfragen und Kommentare. Das hilft mir dann auch rauszufinden, wo ich mich vielleicht unklar oder missverständlich ausdrücke. Manchmal kann es auch sein, dass ich verallgemeinernd wirke, obwohl ich es nicht so meine. Oder manchmal vergesse ich auch Aspekte zu erwähnen, die zum Verständnis notwendig wären und überspringe Denkschritte. Da ist es dann immer hilfreich, wenn ich drauf aufmerksam gemacht werde.  :vibes:
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: AlpakaAlex am 23. August 2021, 15:43:35
Der HP Artikel ist von mir und ich würde mich freuen nicht misgendert zu werden. Meine Pronomen sind "sier/siem", wie es auch im Weblog steht.

Und man muss halt über HP nun mal auch sagen: Abgesehen davon, dass es eben Problematisch ohne Ende ist: Die Bücher sind nicht gut. Sie sind nicht gut geschrieben. Der Aufbau der einzelnen Bände ist furchtbar und meist zu 60% Filler (wobei es einiges über den Hauptplot sagt, dass die meisten Leute die Bücher mehr für den Filler, als für den Plot lesen). Die Charaktere haben praktisch keine Entwicklung. Der Weltenbau ergibt von hinten bis vorne einfach keinen Sinn und ist zudem einfach furchtbar inkonsistent. Und Oh Mein Gott ist es unlogisch, dass die etwaigen Probleme von Kindern gelöst werden. (Sei es, dass 11jährige die ganzen Sachen zum Stein der Weisen schaffen können oder dass in 1000 Jahren (!!!!) kein Mensch darauf kommt, dass das Monster, das Menschen versteinert, in der Kammer des Schreckens, die von dem Schlangentypen gebaut wurde, die Riesenschlange sein könnte, die Menschen versteinert. :wums: Ich meine, ja, sicher, die ersten Bücher sind Kinderbücher, aber auch in Kinderbüchern kann man Probleme so stellen, dass es Sinn ergibt, dass ausgerechnet Kinder und sonst niemand sie löst) Und weil's so gut zum Thema passt: Die Bücher nehmen nebenbei jeden ausgelutschten Stereotypen, sowohl aus der Phantastik, als auch aus Internatsgeschichten, mit.  ::) Und das schlimmste daran ist ja irgendwie, wie viele Autor*innen sich diese Bücher zum Vorbild nehmen, weil sie die bis zum Ende idealisieren, was dazu führt, dass viele dieser Aufbauprobleme sich dann durch die Bücher dieser anderen Autor*innen ziehen.

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Was Klischees in der Fantasy im allgemeinen angeht, fällt mir direkt sehr viel ein, worüber ich in meiner Reihe Dekolonialisierung der Phantastik (http://alpakawolken.de/dekolonialisierung-einleitung/) geschrieben habe.


Mir fallen natürlich auch noch neben den Kolonialisierungs-Themen diverse Klischees und Tropes ein, die häufig verwendet werden. Aber der Post ist für meine Verhältnisse ohnehin schon lang, weshalb ich es erst mal dabei stehen lasse.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 23. August 2021, 15:58:53
Wie wäre es denn mit einem eigenen Thread nur zur kritischen Auseinandersetzung mit Harry Potter? Die Bücher sind denke ich wichtig und einflussreich genug, um das zu rechtfertigen.

Ansonsten hast du einige echt wichtige Punkte aufgeführt, dem kann ich nur zustimmen. In letzter Zeit denke ich sehr viel darüber nach, wie man Völkerfantasy schreiben kann, ohne diese rassistischen Klischees zu reproduzieren. Dazu wollte ich auch irgendwann nochmal einen eigenen Thread machen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 23. August 2021, 16:01:51
@NelaNequin Harry Potter fing mal als Kinderbuch an und entwickelte sich dann zum Jugendbuch weiter, das muss man auch berücksichtigen, wenn man den Aufbau und den Schreibstil bewertet.

Es stimmt absolut, wenn man bei Harry Potter mal die Logik abklopft, findet man mehr Löcher als Fundament, das geht schon an der Basis des Weltenbaus los und zieht sich bis in winzige Details rein, die extra erwähnt werden, um Tiefe zu erzeugen und dabei die Logik nur noch weiter auffressen.
Der Schreibstil ist plump und einfallslos, außerdem werde teils völlig unwichtige Szenen total in die Länge gezogen, mit Vorliebe Festbankette, aber auch die Quidditch-Weltmeisterschaft oder die Hochzeit.
Es ist halt ein Kinderbuch.
Wenn man das weiterspinnt, kommt man schnell darauf, dass Harry auch einige Mary Sue Elemente aufweist, das Verhalten der Dursleys ist absolut unglaubwürdig, der Aufbau der Schule fragwürdig, Slytherins oft per se böse. Die Magiebegabten haben gerade mal eine Grundschulbildung genossen, erhalten keine weitere sprachliche oder mathematische Weiterbildung in Hogwarts, fallen aber trotzdem nicht auf, obwohl sie komplett weltfremd sind, immer, wenn man sich in Unlogik verstrickt, kommt das Totschlagargument ,,Es ist ein Zauber, der sorgt dafür."
Wie gesagt, man sollte nicht zu genau hinsehen, sonst verdirbt man sich den Spaß. Ist beim Herrn der Ringe auch nicht anders, ich sage nur Adler.

Da fällt mir auch ein, dass Deus Ex Machina so ein Klischee ist, das immer wieder auftaucht.

Kannst du mal kurz erklären, was eine ,,eurozentrische Magiedarstellung" ist? Und was genau sind die Kolonialisierungs-Tropes, von denen du geschrieben hast?
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Ary am 23. August 2021, 16:10:00
Ich bin nicht @NelaNequin , aber ich antworte trotzdem mal: :) für mich gehört zur Kolonialismusproblematik auf jeden Fall der "white savoir" - da kommt der Weiße MannTM und bringt den "wilden Eingeborenen" die Zivilisation. Siehe Entdeckung Amerikas, Umgang der weißen Eroberer mit den indigenen Völkern, dazu gehört durchaus auch die christliche Missionierungsarbeit, die ich extrem kritisch sehe. Im Grunde fällt alles darunter, bei dem einer bestehenden Kultur mit Gewalt die Werte und Normen einer anderen, meist kriegerisch erobernden Kultur aufgedrückt werden und die Werte und Normen, die Religion und die Kultur des unterworfenen/unterdrückten Volkes langsam verschwindet, oft auch durch Verbote.

Ich habe in einem meiner Romane dieses Trope auch - damals wirklich gedankenlos - reproduziert, indem ich ein indigen anmutendes, in Wäldern lebendes Volk weißen Eroberern gegenübergestellt habe, diese Romane habe ich inzwischen auf meiner Webseite mit entsprechenden Inhaltswarnungen versehen, auch, um zu zeigen, dass ich mir der Tatsache jetzt bewusst bin, dass ich dieses Trope reproduziert habe.

Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Maubel am 23. August 2021, 16:31:50
ZitatIm Grunde fällt alles darunter, bei dem einer bestehenden Kultur mit Gewalt die Werte und Normen einer anderen, meist kriegerisch erobernden Kultur aufgedrückt werden und die Werte und Normen, die Religion und die Kultur des unterworfenen/unterdrückten Volkes langsam verschwindet, oft auch durch Verbote.

Das White Saviour Trope ist oft gar nicht so offensichtlich. Es betrifft zum Beispiel fast jede Portalfantasy, wo ein fremder Charakter den Völkern vor Ort hilft. Also der Auserwählte, der die Einheimischen rettet. Das ganze wird dann schärfer, wenn dieser Fremde aus einer scheinbar weiter entwickelten Welt stammt (z.B. unserer vs. "mittelalterliche" Fantasywelt) und dann auch noch seine Werte mitbringt. Aber eben vor allem, dass die Leute vor Ort sich nicht selbst retten können, sondern erst den Weißen Retter brauchen. Da fängt das Trope schon an. Wenn dann natürlich noch Eroberung etc. dazu kommt, wird es haarig, aber da denke ich mir dann wieder, dass das in den meisten Fällen ja negativ dargestellt wird. Der Leser quasi mitbekommt, wie hier ein Volk erobert wird und dann ist es schon wieder eine kritische Auseinandersetzung, die sogar ganz gut sein kann. Während das White Saviour Trope eben subtil ist. Dem Leser wird dabei nicht vermittelt, dass der White Saviour keine gute Sache ist, sondern im Gegenteil.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Malinche am 23. August 2021, 16:34:52
Zitat von: Ary am 23. August 2021, 16:10:00
Ich bin nicht @NelaNequin , aber ich antworte trotzdem mal: :) für mich gehört zur Kolonialismusproblematik auf jeden Fall der "white savoir" - da kommt der Weiße MannTM und bringt den "wilden Eingeborenen" die Zivilisation. Siehe Entdeckung Amerikas, Umgang der weißen Eroberer mit den indigenen Völkern, dazu gehört durchaus auch die christliche Missionierungsarbeit, die ich extrem kritisch sehe.
Vielleicht noch als Ergänzung dazu: Schon, dass wir (im allgemeinen Sprachgebrauch jedenfalls) von einer "Entdeckung" Amerikas (statt konsequent von "Eroberung") sprechen, ist ja auch ein Teil kolonialer Narrative. Denn das Wort "Entdeckung" bringt ganz andere Assoziationen und Bilder mit sich als "Eroberung" (es klingt schön friedlich, positiv, trotzdem liegt der Handlungsfokus auf den "Entdeckern", während die "Entdeckten" schon gedanklich verunsichtbart werden, weil das sprachliche Framing stärker auf Land, Territorium abzielt und das Entdeckungsnarrativ immer auch ein Stück weit suggeriert, dass da vorher nichts (bzw. niemand) Erwähnenswertes war. Insgesamt ist das auch ein gutes Beispiel für eurozentrische Perspektive.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: AlpakaAlex am 23. August 2021, 16:49:23
Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 16:01:51
Es ist halt ein Kinderbuch.
Das macht es nicht besser. Kinder sind nicht irgendwie dumm, dass man entschuldigen kann, ihnen etwas voller Plotholes vorzusetzen. (Und die problematischen Aspekte macht es eben noch schlimmer, weil Kinder diese Dinge viel schneller verinnerlichen.)

Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 16:01:51
Da fällt mir auch ein, dass Deus Ex Machina so ein Klischee ist, das immer wieder auftaucht.
Deus Ex Machina ist nicht wirklich ein "Klischee". Klischees sind Elemente, die sich wiederholen. Deus Ex Machina ist aber - abseits von dem Ursprung des Namens - einfach eine erzählerische Abkürzung, die häufig von einem schlecht durchdachten Plot zeugt. Das ist so, als würde man Plotholes als Klischee bezeichnen.

Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 16:01:51
Kannst du mal kurz erklären, was eine ,,eurozentrische Magiedarstellung" ist?
Eine Darstellung von Magie, die komplett auf europäischen (um genau zu sein Zentraleuropäischen) Vorstellungen aufbaut. Beispielsweise Magie auf Basis der vier Elemente, Magie mithilfe von lateinischen Zaubersprüchen, Magie mit Zauberstäben, Zukunftsvisionen mithilfe von Kristallkugeln usw. Am kommenden Mittwoch kommt in meinem Weblog auch noch ein ganzer Aufsatz dazu, weil ich dort gerade über Magiebau rede.

Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 16:01:51
Und was genau sind die Kolonialisierungs-Tropes, von denen du geschrieben hast?
Das ist zuviel, um es hier im Forum genau auszuführen. Wie gesagt: Ich habe letztes Jahr eine ganze Reihe von Essays in meinem Weblog geschrieben, wo ich auf verschiedene Aspekte von kolonialistischen Denkweisen in der Phantastik erzählt habe und auch genauer darauf eingehe, wie diese zustande gekommen sind und was die historischen Kontexte sind.
Die Auflistung sämtlicher Beiträge findest du hier: http://alpakawolken.de/dekolonialisierung-einleitung/
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 23. August 2021, 16:54:36
Harry Potter ist auch ein White Saviour. Für die Hauselfen und ein wenig auch für die Kobolde. Ich beteilige mich gern daran, Harry Potter niederzumachen (Ginny als Jeanne d'Arc, die dann nach Hause geschickt wird, uäähh), konsequenterweise müsste man das dann aber auch für Herr der Ringe machen, denn der hat gerade auf High Fantasy und Völkerfantasy genauso viel Einfluss. Wenn ich daran denke, dass Tolkien immer wieder für das Genre literary fantasy herangezogen wird, stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Maja am 23. August 2021, 16:59:30
Im White Saviour-Trope habe ich mich auch einmal verheddert und das dazugehörige Buch, das seit 2004 brachgelegen hat, jetzt von Grund auf neu konzipiert. In der Ursprungsfassung hatte ich, man will ja mal originell sein, ein pseudo-afrikanisch Setting - nur, um die beiden verkrachten Götter dann von zwei weißen Kolonialistensöhnchen wieder miteinander zu versöhnen. Wie problematisch das ist, habe ich wirklich erst in diesem Jahr verstanden. Man muss sich auch mal selbst hinterfragen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 23. August 2021, 17:09:09
Dass Kinder nicht blöd sind, weiß ich (studiere Grundschullehramt im Master), was ich aussagen wollte, ist, dass Kinder eher bereit sind diese Dinge nicht zu beachten, wenn ihnen der generelle Plot gefällt. An manchen Stellen fehlt ihnen aber auch der Weitblick, um die Plotholes zu sehen. Den Aspekt der mangelnden Schulbildung nehmen sie etwa oft nicht wahr, da die Handlung in einer Schule stattfindet. Das Verhalten der Dursleys wird geglaubt, weil man es vielleicht schon von Cinderella kennt. Die Tatsache, dass es Kinder sind, die Dinge schaffen, die Erwachsene nicht schaffen, macht vor allem einen großen Teil des Reizes aus, weil die Kinder Identifikationsfiguren als wirksam erleben.
Und bei einigen der Problemtropes in Harry Potter, von denen ich hier jetzt gelesen habe, glaube ich auch nicht, dass Kinder die wirklich wahrnehmen.
Spoiler, weil ich nicht schon wieder Debatten will:
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.


Was die Tropes betrifft, da finde ich es schade, dass man nicht mal ein paar als Liste aufzählen kann, um da einen Anhaltspunkt zu liefern. Bei jeder Frage kommen Verweise auf ellenlange Threads, seitenlange Artikel, mehrere Essays oder sogar ganze Bücher, die alle mal vorab gelesen werden sollen.
Ich hätte gerne mal einen knappen Erstüberblick, quasi einen Abtract, worum es eigentlich geht.

Aber danke für die Erklärung zum "White Savior", das ist zumindest mal ein Anhaltspunkt.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Maubel am 23. August 2021, 17:16:18
@Frostschimmer Das Problem ist vielleicht, dass es mit einer kurzen Liste oder einem Abstract nicht getan ist. Viele schädliche Tropes sind komplex. Das merkst du doch auch, wenn du nachfragst, was damit gemeint ist. Es ist einfach so, dass sich viele hier sehr lange und intensiv damit auseinandergesetzt haben. Warum nicht einfach mal auf Nelas Blog gehen und die Artikel überfliegen. Es wird sicher Überschriften geben, dann hast du schon mal eine Liste und kannst gleich reinlesen, wenn etwas nicht selbsterklärend sein. Ein bisschen proaktiv zu sein, schadet nicht. Es ist nämlich auch viel Arbeit, all das Wissen möglichst kurzzufassen und aufzulisten. Vor allem, wenn man sich die Arbeit schon mal gemacht hat in einer Blogreihe.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: caity am 23. August 2021, 17:23:56
@Frostschimmer: Das würde tatsächlich voraussetzen, dass es eine Patentlösung gibt, Tropes immer zu erkennen. Das ist aber ähnlich wie bei Klischees und Stereotypen nicht der Fall. Manche Dinge fallen zumindest mir gar nicht als Klischee auf, bis mir mal jemand sagt: "Hey, in dieser oder jener Hinsicht erfüllt Charakter x voll das Klischee von y." [Edit: nach nochmaligen Lesen, da habe ich dich vielleicht missverstanden?  :hmmm: Naja, die Website könnte trotzdem helfen, aber sie ist halt auch sehr umfangreich]

Eine Liste, wenn auch sicher nicht vollständig, gibt es, wenn es auch Englisch sein darf, hier immerhin für Film-Tropes: https://tvtropes.org/ (https://tvtropes.org/)
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Alana am 23. August 2021, 17:26:22
@Frostschimmer Wenn ich mir den Thread so anschaue, dann ärgert mich diese Kritik ziemlich, niemand würde dir eine Liste geben. Zahllose Mitglieder haben dir auf fünf Seiten Beispiele genannt, einige davon in Listenform, und sich sogar noch die Mühe gemacht, diese zu erklären und weiterführenden Lesestoff verlinkt. Und ja, es ist Arbeit, gewisse Dinge zu recherchieren und die kann man nicht von anderen erwarten, so wie Maubel es schon sagte.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 23. August 2021, 17:33:19
@Alana ich meine das nicht böse, aber das ist einfach zu viel auf einmal. Ich meine, da stelle ich eine Frage und bekomme dann mehr oder weniger als Antwort: "Lies dazu diese 100 Seiten, dann noch die drei Bücher, hör dir diese fünf Podcasts an und informiere dich auf diesen 27 Internetseiten." :o
Mir ist klar, dass das in der Tiefe viel Arbeit ist, absolut, aber ich sehe im Moment nicht einmal die gesamte Oberfläche, um überhaupt vertiefen zu können.
Ich weiß im Moment leider gar nicht, um was es überhaupt geht. Jeder Fachbegriff, der kommt, ist für mich neu, den muss ich erst einmal recherchieren, und zu jeder Sache bekomme ich dann nur Verweise auf noch mehr Lesestoff :buch:, da fühle ich mich erschlagen.
Ich bräuchte erst mal einen thematischen Überblick. :lehrer:
LG
Frostschimmer
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Alana am 23. August 2021, 17:50:01
@Frostschimmer  Das verstehe ich sehr gut. Bei mir kam die Formulierung sehr fordernd rüber, nachdem andere sich hier so viel Mühe gegeben haben, sorry, wenn ich das fehlinterpretiert habe.

Wie wäre es, wenn du die im Thread genannten Klischees einfach mal im Startpost zusammen trägst? Dann gäbe es eine erste Übersicht.

Außerdem empfehle ich dir die Seite TV-Tropes (Link kommt noch, aber google findet es auch sofort). Dort findest du eine Wiki mit Tropes und Klischees und es gibt auch Listen. Vielleicht ja auch eine Übersicht für Fantasy.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Ary am 23. August 2021, 17:50:47
Zitat von: Malinche am 23. August 2021, 16:34:52
Zitat von: Ary am 23. August 2021, 16:10:00
Ich bin nicht @NelaNequin , aber ich antworte trotzdem mal: :) für mich gehört zur Kolonialismusproblematik auf jeden Fall der "white savoir" - da kommt der Weiße MannTM und bringt den "wilden Eingeborenen" die Zivilisation. Siehe Entdeckung Amerikas, Umgang der weißen Eroberer mit den indigenen Völkern, dazu gehört durchaus auch die christliche Missionierungsarbeit, die ich extrem kritisch sehe.
Vielleicht noch als Ergänzung dazu: Schon, dass wir (im allgemeinen Sprachgebrauch jedenfalls) von einer "Entdeckung" Amerikas (statt konsequent von "Eroberung") sprechen, ist ja auch ein Teil kolonialer Narrative. Denn das Wort "Entdeckung" bringt ganz andere Assoziationen und Bilder mit sich als "Eroberung" (es klingt schön friedlich, positiv, trotzdem liegt der Handlungsfokus auf den "Entdeckern", während die "Entdeckten" schon gedanklich verunsichtbart werden, weil das sprachliche Framing stärker auf Land, Territorium abzielt und das Entdeckungsnarrativ immer auch ein Stück weit suggeriert, dass da vorher nichts (bzw. niemand) Erwähnenswertes war. Insgesamt ist das auch ein gutes Beispiel für eurozentrische Perspektive.

Oh, verflixt. Natürlich. Danke für en Hinweis, @Malinche . Ich werde das in Zukunft im Kopf behalten und es auch konsequent so nennen.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Magineer am 23. August 2021, 17:53:04
Zitat von: caity am 23. August 2021, 17:23:56
Eine Liste, wenn auch sicher nicht vollständig, gibt es, wenn es auch Englisch sein darf, hier immerhin für Film-Tropes: https://tvtropes.org/ (https://tvtropes.org/)

TVTropes deckt eigentlich inzwischen alle Medien ab, inklusive Büchern.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: AlpakaAlex am 23. August 2021, 17:55:46
Zitat von: PrincessEstelle am 23. August 2021, 16:54:36
Harry Potter ist auch ein White Saviour. Für die Hauselfen und ein wenig auch für die Kobolde. Ich beteilige mich gern daran, Harry Potter niederzumachen (Ginny als Jeanne d'Arc, die dann nach Hause geschickt wird, uäähh),
Schlimmer ist es ja noch mit Rowlings Pottermore. Boah, die ganzen internationalen Schulen sind so voller White Savior Narrativen. (Um genau zu sein "British Savior".) Da wird einem richtig übel.  :kotz:

Zitat von: PrincessEstelle am 23. August 2021, 16:54:36
konsequenterweise müsste man das dann aber auch für Herr der Ringe machen, denn der hat gerade auf High Fantasy und Völkerfantasy genauso viel Einfluss. Wenn ich daran denke, dass Tolkien immer wieder für das Genre literary fantasy herangezogen wird, stellen sich mir die Nackenhaare auf.
Absolut. Tolkien hat auch sehr viele problematische Sachen darin. Er ist der Urvater von der ganzen phantastischen Rassen-Ideologie und aller Probleme, die damit einher gehen. Seine Helden sind durchweg weiß, während nicht-weiße Menschen sehr wohl vorkommen, aber durchweg als Antagonisten - und dabei noch dargestellt als "Wilde". Dann haben wir halt den ganzen "der wahre König" Rotz mit allem, was damit einher geht. Und ja ... uff. Es ist halt sehr problematisch. (Und die Orks sind rassistische Stereotypen - nur während später Orks häufig als Schwarz kodiert wurden, kodiert Tolkien seine Orks als mongolisch/chinesisch. Macht es nur nicht weniger rassistisch. Ist halt nur einfach ein anderer Rassismus, als die modernen Orks.)

Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 17:09:09
Vor allem diesen Verweis auf den Juden-Stereotyp bei den Kobolden halte ich da für etwas, das Kinder bestimmt gar nicht wahrnehmen, zumal Kobolde (Leprechaun) seit jeher mit Gold assoziiert sind. Sie werden mit einem Topf voll Gold am Ende des Regenbogens in Verbindung gebracht, es kann also gut sein, dass diese Assoziation mit den Juden eine entgegengesetzte Kausalität aufweist.
Sorry, wenn ich das jetzt mal ganz klar sage: Aber wenn man keine Ahnung von Mythologie hat, sollte man nicht über Mythologie sprechen. Leprachaun - die Figuren mit dem Gold am Ende des Regenbogens - sind keine Kobolde. Sie sind eine komplett eigene mythologische Entität und kommen aus der irischen Mythologie, während Kobolde ihren Ursprung in der deutschen Mythologie haben - wenngleich sie in einer Form auch im spezifischen nach Amerika mitgekommen sind und sich dort in einer Form verbreitet haben.

Kobolde sind mythologisch in drei Formen vorhanden: Hausgeister, Mienenwesen und Wasserwesen. Kobolde als Hausgeister sind häufig mit Feuer assoziiert und lassen sich, wenn man ein irisches Wesen nehmen möchte, am ehesten mit Brownies vergleichen. Keine Assoziation mit Gold. Als Mienenwesen haben sie ihren Ursprung eigentlich in Kohlemienen, allerdings ist diese Form der Kobolde tatsächlich durch Völkerwanderung in die USA mit exportiert worden, wo sie tatsächlich mit den Goldmienen verbunden wurden - wobei es auf diese Mienengnome auch noch kornische Einflüsse gibt. Und Kobolde als Wasserwesen sind meistens Trickster, die versuchen Seeleute in Fallen zu führen und sind ebenfalls nicht mit Gold assoziiert.

Sorry, aber sowas macht mich wütend, wenn man versucht solche problematischen Inhalte mit Halbwissen zu entschuldigen. Genau deswegen ist es wichtig, sich mit Themen ausführlich auseinander zu setzen, anstatt einfach oberflächliche Erklärungen zu suchen.

Die Sache ist: Kinder müssen nicht den Zusammenhang mit jüdischen Karrikaturen nicht bewusst wahrnehmen. Es fördert dennoch ein gedankliches Bild, das stark mit antisemitischen Vorurteilen übereinstimmt. Das kann diesen antisemitischen Vorurteilen bei Konfrontation mit diesen einen unterbewussten Bias geben, diese Vorurteile zu glauben, weil man sie eben schon kennt.

Zitat von: Frostschimmer am 23. August 2021, 17:09:09
Ich hätte gerne mal einen knappen Erstüberblick, quasi einen Abtract, worum es eigentlich geht.
Was habe ich denn bitte in diesem Beitrag (https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=26417.msg1281841#msg1281841) gegeben, wenn nicht einen knappen Erstüberblick? Aber es ist nun einmal auch ein wichtiger Themenkomplex und das kann man nicht einfach so vereinfachen, da eine Menge geschichtliche Entwicklung damit zusammenhängt. Und es ist gelinde gesagt sehr dreist von mir zu verlangen, dass dir jetzt noch einmal hier zu erklären - was unter uns gesagt, wenn ich dem Thema gerecht werden will, nicht viel kürzer ausfallen würde - während ich schon hunderte von Stunden in ausführliche Essays zu dem Thema geschrieben habe.

Ich habe den Eindruck, du suchst für alles einfache Erklärungen, und machst es dir damit sehr leicht. Aber die Welt ist nicht einfach.

Du schmeißt hier auch ständig Dinge zusammen, die nicht zusammengehören.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Frostschimmer am 23. August 2021, 18:10:14
@Alana danke, ich werde da mal nachsehen, wenn ich Zeit finde. :jau: Ich hab ja auch noch mein Studium zu erledigen.

@alle mir wird der Tonfall hier schon wieder entschieden zu scharf, darum klinke ich mich hier aus. Viel Spaß noch mit dem Thread. :winke:
LG
Frostschimmer
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Valkyrie Tina am 23. August 2021, 18:48:51
Darf ich mal ganz vorsichtig nachfragen, was die Richtung dieses Threads sein sollte? Der Threadtitel "Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?" klingt wie die weitestmögliche Fassung des Themenkomplexes, fast ein Brainstorming, und da wir hier Leute haben, die das Thema auf Universitätsniveau behandelt haben, geht es sehr großzügig in alle Richtungen. Aber wenn ich Frostschimmer richtig verstehe, ging es ihm um das genaue Gegenteil, eine sehr grobe Übersicht, quasi Klischee 101. Ich wollte grade mit dem Angle "FantasyKlischees stammen auch aus der Weltgeschichte, und der Progagangda, mit der Staaten ihre Politik rechtfertigten" reinkommen, und bin jetzt total verwirrt.  :lehrer: :hmmm: :hmmm:
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Mondfräulein am 23. August 2021, 19:07:05
Ich bin ehrlich gesagt auch etwas verwirrt und frustriert. Hier kamen viele sehr spannende Antworten zusammen, von Leuten, die sich ausgiebig mit dem Thema befasst haben und bereit sind, ihr Wissen in dieser Diskussion zu teilen. Und als Antwort kommt Gemaule darüber, dass das alles zu kompliziert ist und kann das bitte jemand NOCH einfacher runterbrechen.

Das Ding ist, ich verstehe vollkommen, dass das Thema wahnsinnig komplex ist und am Anfang sehr erschlagend wirken kann. Ich bin immer gerne bereit, das zu erklären, um die nötige Einstiegshilfe zu leisten. Aber es kommt eben auch drauf an wie man fragt. Es gibt einen Unterschied zwischen "Ich verstehe das hier noch nicht und weiß gar nicht wo ich anfangen soll, welcher Artikel ist denn für den Einstieg geeignet, wenn man sich gar nicht auskennt?" und "Ich verstehe das nicht, das ist doch alles doof, lesen will ich aber auch nichts, sagt mir doch einfach, wie ich meine Bücher schreiben soll". Es macht einen Unterschied, ob man diese Dinge jemandem erklärt oder ob man mit jemandem diskutieren muss, der nicht findet, dass das überhaupt ein Problem  ist und erstmal vom Gegenteil überzeugt werden will. Ich kann NelaNequins Frustration gut nachempfinden.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: PrincessEstelle am 23. August 2021, 21:49:37
Zitat von: Valkyrie Tina am 23. August 2021, 18:48:51
Ich wollte grade mit dem Angle "FantasyKlischees stammen auch aus der Weltgeschichte, und der Progagangda, mit der Staaten ihre Politik rechtfertigten" reinkommen.

Mach doch, das klingt doch spannend (und wäre, wenn ich dich richtig verstanden habe, eine Erweiterung von dem, was bisher kam).

Ich denke aber nicht, dass man das Thema auf eine einfache Liste runterbrechen kann. Wie schon geschrieben, haben manche Klischees ja durchaus ihre Berechtigung. Und andere sind halt so stark mit dem Gewohnten verknüpft, dass man sie erst mal durchdenken muss. Ich persönlich denke auch, dass Klischeevermeidung nicht über Listenabarbeitung geht (also hier steht, das, das und das sollte ich vermeiden, dann streiche ich das mal). Er ist ein Prozess des Eindenkens und der Selbstreflektion, und durch das Drübernachdenken verschwinden auch die Klischees, einfach weil sie die Folge von Vereinfachung sind.
Titel: Re: Klischees in der Fantasy - Erfahrungen und Meinungen dazu?
Beitrag von: Phlox am 13. September 2021, 09:05:57
Ich finde diesen Thread sehr interessant, gerade weil ich das Gefühl habe, nicht so viel Fantasy-Leseerfahrung zu besitzen wie viele andere hier.
Ich selbst steh nicht so auf die "alles entscheidende, bombastische Schlacht am Ende", bei der eigentlich schon vorher klar ist, wer "gewinnt".
Die "Eragon"-Tetralogie strotzt zwar, das glaube sogar ich beurteilen zu können, nur so vor Klischees, und es gibt auch (für meinen Geschmack: zu) viele Schlachten, aber das Ende fand ich dann doch originell, weil der Held sich eben nicht durch einen letzten finalen Schwertstreich seines eigentlich übermächtigen Gegners entledigt, sondern zu einem psychologischen Trick greifen muss - hm, oder sollte das auch schon wieder ein Klischee sein mittlerweile...