Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Judith am 30. Januar 2007, 21:25:37

Titel: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Judith am 30. Januar 2007, 21:25:37
So, ich hoffe, das Thema gabs noch nicht (zumindest hab ich nichts gefunden).

Also mich würde mal interessieren, ob eure Geschichten eher durch die Charaktere oder durch die Handlung vorangetrieben werden. Und was treibt euch eher zum Schreiben - Charaktere, die in eurem Kopf rumspuken und euch keine Ruhe mehr lassen, oder ein genialer Plot?

Ich merk bei mir in letzter Zeit mal wieder, dass die Charaktere mich beim Schreiben vorantreiben. Wenn ich irgendwelche Fragmente, die mir durch den Kopf gehen, aufschreibe, dann sind das fast immer Szenen, bei denen die Entwicklung eines Charakters oder die Beziehung zwischen zwei Figuren im Vordergrund steht. Und auch wenn ich brav chronologisch an meiner Geschichte schreibe, dann merke ich, dass ich mich durch handlungsorientierte Szenen (also solche, wo sich einfach äußerlich viel tut) oft durchquäle, während sich Szenen, bei denen im Innenleben der Figuren viel passiert, praktisch von selbst schreiben.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: caity am 30. Januar 2007, 22:02:14
Mmh ... schwer zu sagen.
Einerseits lässt mich die Idee nicht los - andererseits liebe ich den Charakter.
Bei mir ist eigentlich beides so verflochten, dass ich dazwischen nicht entscheiden kann. Es gibt stellen, da ist mir der Charakter wichtiger und allgemein bedeuten sie mir auch viel. Es gibt aber auch Momente, da bin ich total überzeugt vom Plot und das treibt mich dazu, weiter zu machen.
Allgemein würde ich wohl sagen, dass die Protagonisten mir WÄHREND dem Schreiben helfen und ein Plot mich davon überzeugt, überhaupt mit dem Schreiben anzufangen. Das betrifft auch das Anfangen nach Pausen, also nicht nur einen Anfang, sondern allgemein sich hinzusetzen und zu schreiben. Dann, wie gesagt, bestimmen meine Protagonisten das Tempo. Wenn sie mit der Geschichte einverstanden sind, geht es schnell, wenn sie sich reingezwungen fühlen und ich ihnen fremd werde, brauche ich lange ^^"

Bye
caity
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Dorte am 30. Januar 2007, 22:23:53
Definitiv die Charaktere. Ich kann eigentlich stundenlang schreiben, ohne einen Plot auch nur aus der Ferne zu sehen, und habe trotzdem Spaß dabei. Meine Figuren sind für mich halb lebendig. ;D Ich habe noch nie einen Plot gehabt und dann die Figuren zusammengesucht, das kann ich gar nicht.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Kalderon am 30. Januar 2007, 22:30:04
Ich sehe da jetzt keinen Unterschied... oder besser keine Unabhängigkeit. Beides sind Konsequenz und Ursache gleichermaßen. Der Charakter sorgt für die Handlung. Ohne das Handeln des Charakters ergibt sich keine Handlung. Und ohne eine Handlung, bleibt ein Charakter tot. Es passiert nichts.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Judith am 30. Januar 2007, 22:48:12
@ Dorte: Das war jetzt irgendwie klar.  ;D *knuddel* Das interessante ist aber, dass meine Charaktere weitaus nicht so viel Eigenleben haben wie deine, aber trotzdem treiben sie mich beim Schreiben voran.

@Kalderon: Hm, ja, das kommt drauf an, ob man nur allgemein von Handlung redet oder von Handlung, die für die Geschichte relevant ist. Denn mir geht es da wie Dorte: Ich schreibe manchmal seitenweise, ohne mich auch nur irgendwie einem Plot zu nähern. Und ich habe extrem viele gestrichene Szenen, die die Geschichte keinen Zentimeter voranbringen, weil sie einfach nur einer näheren Charakterisierung dienen.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Isabel am 30. Januar 2007, 23:38:56
*Kalderon zustimmt*

Was mich persönlich aber zum Schreiben treibt, sind die Charaktere. Sie und ihre Beziehungen untereinander sind für mich das Salz in der Suppe. Wer mit wem, warum und überhaupt? Das macht für mich den Reiz einer Geschichte aus. Charaktere zu entwickeln macht mir dementsprechend am meisten Spaß, dafür habe ich mit der Ausarbeitung eines zusammenhängenden, logischen Plots meine Probleme... :wums:

Beim Lesen geht es mir genauso - bloße Actionstories, so ausgefeilt sie auch sein mögen, lassen mich kalt. Psyche und Emotionen - DAS finde ich spannend.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: thewingedshadow am 31. Januar 2007, 02:42:12
Ich habe den Forum jetzt zwar lange vernachlässigt, weil ich in der letzten Zeit auch nicht wirklich geschrieben habe...

Aber dazu muss ich mich glaube ich äußern.
Bei mir sind es auch definitiv die Figuren. Und ich gehöre zu den Leuten, bei den die Figuren ein Eigenleben haben. Manchmal finde ich es sogar erschreckend.

Es gibt eine Art Plot in meinem Kopf, an den ich mich schon mehrmals rangewagt habe. Allerdings bin ich nie über den Anfang hinausgekommen. Ich weiß nicht warum, vielleicht war die Zeit einfach noch nicht reif.
Es sollte anfangen wie eine typische Heldenreise mit Drachen, schönen Frauen, schönen Männern, grauen Magiern und mächtigen Göttern. Da war ich allerdings noch 11 Jahre alt. Im Laufe der Zeit ist eine Welt daraus entstanden, und die Geschichte hatte sich grundlegend verändert. Sie verändert sich immer noch, und vielleicht ist es einer der Gründe, warum ich sie nie aufschreiben kann. Kaum fange ich an, entgleitet sie mir. Und ich muss wieder anfangen.
Einmal hatte ich einen Text von stolzen 100 Word-Seiten, doch dann stellte ich plötzlich fest, dass die vermeintliche Hauptfigur ihre Bedeutung für mich verloren hatte, dass ich für sie nichts mehr empfand. Und ich konnte nicht mehr weiterschreiben.

Mittlerweile habe ich ein paar Ansatzpunkte. Meine Figuren sollen ihre Heldenreise bekommen. Sie werden diversen Prophezeiungen folgen und diversen Artefakten nachjagen. Am Ende jedoch, wenn das Schwert des Namenlosen Gottes, der Kelch der Großen Mutter und die Sphäre der Naar gefunden und an ihrem angestammten Platz sind, stellt sich heraus, dass sich nichts verändert hat. Zumindest nicht so, wie es die Prophezeiungen besagten. Aber es hat sich eine Menge für die Figuren verändert. Sie selbst haben sich verändert.

Die Figuren sollen der Mittelpunkt meiner Geschichte werden. Das, was sie tun, ist eher nebensächlich. Wichtig ist, warum sie es tun und was sie dabei fühlen.

Meine 0,05 USD :D
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Rei am 31. Januar 2007, 08:13:03
Hmm, das kommt darauf an... Ich mag spannende Szenen, in denen was passiert, aber ich mag es auch, das Seelenleben meiner Figuren auf dem Tisch auszubreiten. Aber da die eh machen, was sie wollen, hält sich das die Waage, so daß ich auf eine gute Mischung zwischen Spannung und Psychologie komme.  ;D

Aber wenn ich so darüber nachdenke, kommt für mich erst der Plot, zu dem ich noch den passenden Charakter finden muß, bevor ich loslegen kann. Meist entwickelt der Charakter sich erst beim Drauflosschreiben...
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Lomax am 31. Januar 2007, 08:47:20
Ich persönlich würde unbedingt die Handlung in den Vordergrund stellen. Aber bei genauerem Nachdenken ist diese Antwort gar nicht mal so eindeutig: Denn Handlung ist ja immer etwas, was Charakteren widerfährt und sie auch verändern sollte; und was von den Charakteren ausgelöst wird. Die Figuren sind also die Ansatzpunkte der Handlung, und ohne die passenden Figuren gibt es auch keine Handlung.
  Letztlich wollen die meisten Leser nicht irgendwelche Standbilder von den Figuren sehen, aber auch keine beliebige und zufällige Auflistung von Ereignissen: Sie wollen Menschen erleben, die etwas tun, und deren Reaktionen, wenn ihnen etwas widerfährt. Charaktere ohne Handlung und Handlung ohne Charaktere ergeben also gleichermaßen keine Geschichte.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Tesla am 31. Januar 2007, 09:01:52
Da mir die meisten Geschichten im schlaf einfallen (Ist es dann noch eigene kreative Arbeit?)
find ich da sehr schwer zu differenzieren. Aber wenn in meiner Geschichte dann doch mal jemand ist der sich in der Fordergrund dränkt (Jacky) dann ist es der Chara. Allerdings haben meine Geschichten so ein seltsames eigenleben, das ich selbst immer Überrascht bin was am ende bei raugekommen ist. Da kann aus nem Drama ganzschnell Action werden. Ich hab einfach meinen Kopf micht mehr unter Kontrolle  :d'oh:.

@Isabel: Mit dem unzusammen hängenden Plot konnen wir uns zuammen tun. Geht mir genauso ... vielleicht kommt dann was ganzes bei raus ;D
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Möchtegernautorin am 31. Januar 2007, 13:49:27

Für mich steht das fest: Es sind die Charaktere, die mich reizen. Ich entwickle einen Charakter zuerst im Kopf. Oft ist es einfach nur ein Bild, dass mir vorschwebt und eine grobe Charakterisierung. Ja, und dann... dann geht es los :)
Mit der Entwicklung des Charakters fügt sich dann die Geschichte langsam zusammen, beim dösen, beim drüber reden oder einfach, weil ich da ein Lied gehört habe, das passt und dass eine Richtung gibt. Ich baue dann um den Charakter herum quasi den Plot auf, lass mich hier und dort inspirieren und.. öhm.. ja, lasse mich selbst überraschen, auf was für Ideen ich oder mein Mann so kommen <lächel>
Das emotionale, ihr denken und ihre Reaktionen lote ich vornehmlich in meinem Rollenspielchat oder eben in Kurzgeschichten aus. Dadurch lerne ich den Charakter kennen und kann ihn – wie ich hoffe <flöt> - gut rüberbringen.

Im Moment sieht es bei mir zum Beispiel so aus, dass ich an einer Trilogie arbeite, deren Plot bereits vor Jahren entstanden ist. Ich habe das ganze nun konzipiert und in eine Reihenfolge gebracht. Das Schreiben fällt mir da nicht mehr schwer, weil ich die Charaktere einfach sehr gut kenne.
Und während ich den einen Plot sozusagen niederschreibe, läuft die Entwicklung der nächsten Charaktere und des Plots drumherum.

Eigentlich habe ich nur das kleine Problem, dass mir Nebencharaktere manches Mal so gut gefallen, dass ich denke, mit denen muss ich irgendwo noch was machen und wenn sie ein eigenes Buch bekommen müssen :D
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Coppelia am 31. Januar 2007, 14:38:46
Bei mir sind es die Charaktere. Mit viel Glück bringt ein Charakter eine Handlung gleich mit oder die Eingliederung in die Handlung ist ihm "wesenseigen". Bei anderen Figuren muss ich suchen, bis ich "ihren" Plot gefunden habe. So sind meine Geschichten in der Regel.

Ich muss aber zugeben, ich kenne auch Geschichten mit Handlung ohne Charaktere und habe auch schon welche geschrieben - etwa Rollenspiel-Abenteuer oder Computerspiel-Handlungen, wo die Hauptfigur austauschbar ist. In diesem Fall wird die Geschichte sozusagen vom Setting zusammengehalten. Es ist in dem Fall auch wesentlich schwiriger, Spannung und Atmosphäre zu erzeugen, mal ganz davon abgesehen, dass es auch viel weniger Spaß macht!
"Rausreißen" kann ich das etwa, indem ich interessante "Nebenfiguren" verwende ... aber dann sind es diese Nebenfiguren, die mich an die Handlung binden.

Insofern sind bei mir auf jeden Fall die Charaktere ausschlaggebend.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Lastalda am 31. Januar 2007, 16:04:10
Hm... ich hatte eigentlich nie Plots, die unabhängig von Charakteren wären. Der Plot ist das, was dem Charakter wiederfährt und was ihn beeinflusst und von ihm beeinflusst wird. Plot zu erzählen, der mit meinen Charas nichts zu tun hat, reizt mich nicht. Äußere Handlung ist völlig überschätzt... ::)
Also, es sind ganz klar die Charaktere und ihre Entwicklung, die mich interessieren, sowohl beim Lesen wie auch beim Schreiben. Dass das natürlich innerhalb einer Handlung passieren muss (statische Entwicklung egibt irgendwie keinen Sinn), ist logisch. Also passe ich die Handlung an die gewünschte Charakterentwicklung an.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Breanna am 31. Januar 2007, 18:16:08
Bei mir ist es auf jeden Fall der Plot. Ich hab immer zuerst die Idee für den Plot und die ist es auch, die mich dann antreibt, es auch zu schreiben. Charaktere sind bei mir eher zweitrangig, was vermutlich auch daran liegt, dass ich Probleme habe, diese dreidimensional hinzubekommen.
Aber natürlich sind die Charaktere mit dem Plot verbunden und ohne diese Charaktere würde es weniger Spass machen. Wobei es meist eher die Nebencharaktere sind, die mich interessieren ... die treiben aber selten den Plot voran.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Immortal am 31. Januar 2007, 19:54:43
Bei mir ist an erster Stelle auch erst einmal der Plot. Da meine Charaktere zuerst erst recht eindimensional geraten, entwickeln sie sich im Laufe der Geschichten meist zu vielschichtigeren Personen, die ich richtig lieb gewinne.
Vielleicht sind sie zuerst zum Beispiel einfach nur nett, werden aber im Laufe der Handlung eifersüchtig, hinterhältig, stur, verträumt, ruhig, schüchtern. Zum Ende hin besitzen sie dann so viele Eigenschaften (gute, wie auch schlechte), dass sie wirklich mer als eindimensional werden und als Ergebnis meiner Mühen kenne ich sie dann gut genug um richtig mit ihnen umzugehen ;)
Also: Für mich ist der Plot am wichtigsten
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Berjosa am 31. Januar 2007, 22:20:11
Ich muss mich mal der "Plot zuerst"-Fraktion anschließen. Meistens ist es sogar so, daß ich mit einem Schauplatz anfange.
Dann kommt erst die Frage, was passiert. Die Antwort darauf ist noch ziemlich unspezifisch, sowas wie "Prinzessin befreien", "magisches Artefakt finden" ...
Dann suche ich mir die Leute, die ich dazu brauche und die am Schauplatz herumlaufen. Auch erstmal Klischee-Typen. Wenn ich die habe, versuche ich, ihnen neue Seiten abzugewinnen.
Von da an treiben sich die drei Elemente der Geschichte gegenseitig voran.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Lomax am 01. Februar 2007, 19:58:46
Zitat von: Lastalda am 31. Januar 2007, 16:04:10Äußere Handlung ist völlig überschätzt...
Aus aktuellem Anlass: Ich habe eher das Gefühl, dass heutzutage die Figuren überschätzt und der Plot zu oft vernachlässigt wird. Figuren sind unsichere Freunde für den Autor, aber mit dem Plot kann man sichere Punkte erzielen. Ich habe es gerade wieder an den Rezensionen zu einem Buch gesehen, das ich aus beruflichen Gründen mal genauer angeschaut habe und das sich hauptsächlich auf die Figuren konzentriert: Und in den zahlreichen Lesermeinungen war in Bezug auf diese Figuren jede Meinung vertreten, und zwar gleichmäßig. Aber beim Plot waren sich alle einig.
  Also: Die Wirkung von Figuren hängt sehr stark von den Erwartungen der einzelnen Leser ab und ist vom Autor kaum zu steuern. Außer vielleicht über den Plot, der die Figuren präsentiert und für den Autor die einzige Chance ist, das, was er mit den Figuren verbindet, auch die Leser fühlen zu lassen, die nicht von vornherein mit ihm auf einer Linie liegen.
  Man sollte diese Chance, sowohl dem Roman an sich wie auch den Figuren schon mal ein sicheres Standbein zu verleihen, nicht zu gering achten.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Dorte am 01. Februar 2007, 21:06:41
Naja, das hängt wohl auch davon ab, wie und warum man Geschichten schreibt. Ich schreibe nicht, um Romane zu verkaufen oder Leser zu beglücken, sondern weil man Kopf vor Figuren und Geschichten überquillt, die erst dann Ruhe geben, wenn ich sie niederschreibe. ;)

Außerdem gibt es auch das andere Problem: total eindimensionale Figuren werden durch einen aufwändigen Plot gejagt. Sowas kann ich überhaupt nicht lesen. Umgekehrt schon eher, also spannende Figuren in einem banalen Plot. Wobei das Nonplusultra natürlich starke, herausragende Figuren in einem interessanten Plot ist.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Moni am 02. Februar 2007, 17:58:24
Bei mir treiben die Charaktere den Plot und der Plot die Charaktere voran. Daher treiben mich, wenn es mich dann packt, beide gleichermaßen an.
Wenn meine Charaktere anfangen, sich "plotirrelevant" zu verhalten, wird das nachher gnadenlos gestrichen. Soll nicht hießen, daß ich ihnen keinen Raum für die Entwicklung lasse, sondern daß ich vermeiden möchte, eine Gruppe Diven durch die Gegend zu manövrieren. Andersrum kann es auch passieren, daß der Plot beginnt, die Charaktere zu erdrücken. Dann wird eben der Plot an die Kandare genommen.

Lg
Moni
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Grey am 07. April 2007, 19:56:28
Hmm... da ich mir Charaktere nicht ausdenke sondern sie halt einfach irgendwann da sind und raus wollen, muss ich sie an erste stelle setzen, denn ohne sie gäbe es meine geschichten überhaupt nicht.
Beispiel: Der Roman, den ich mit meiner Cousine geschrieben habe... naja, der ist ein fragment aus einer langen langen geschichte, die die charaktere durchlaufen haben. insgesamt mehr als sieben jahre haben wir uns mit ihnen beschäftigt, haben sie aufwachsen, freunde finden, verlieren, lieben, sich finden, auseinander gehen, durch schwierigkeiten kämpfen, heiraten und kinder bekommen lassen, haben ihr leben von der geburt bis zum tod genauestens ausgetüftelt. für alle, auch die nebencharaktere. wir haben sie in rollenspielartigen gesprächen miteinander reden und streiten lassen. wir haben die welt in der sie leben, die sprache, die sie sprechen entwickelt, die geschichte, die schon 600 jahre zuvor begonnen hat. haben historie und religion geschrieben und wieder gelöscht, bis alles zusammen passte und vollständig war. und von november letzten bis märz dieses jahres haben wir dann den actionreichsten teil ihres lebens, wo alle fäden zusammenlaufen, endlich aufgeschrieben. die charaktere haben die handlung gemacht und umgekehrt - aber letztendlich sind die charaktere der teil von mir, der rauskommt und mir seine geschichten erzählen will. ja. so ist das.

bei mir zumindest.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Steffi am 07. April 2007, 20:12:50
Bei mir ist zuerst eine Grundidee da, eine Frage oder Überlegung oder auch ein ganzer Schauplatz. Die Figuren kommen dann ganz von alleine in dem sie dann meistens die Extreme des Schauplatzes besetzen, schließlich muss es ja auch Zündstoff geben ;)
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Lisande am 07. April 2007, 23:41:31
Meistens sind bei mir zuerst die Charaktere da, und der Plot stellt sich dann um sie herum ein.
Es ist aber auch schon vorgekommen, dass ich eine 37 Kapitel lange Geschichte (es war eine Fanfic) um einen einzigen Satz herum geschrieben habe, den ich unbedingt anbringen wollte - gut, dadurch, dass es eine Fanfic war, ergaben sich die meisten Charaktere und der Schauplatz von allein, aber danach waren dann noch eigene Charaktere da (eine von denen hat besagten Satz gesagt), und dann kam erst der wirkliche Plot - der sich auch im Endeffekt durch diesen einen Satz ergab.

Ja, ich weiß, ich bin seltsam...
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Pandorah am 08. April 2007, 07:57:28
Ich habe oft eine Plotidee, die aus einem groben Handlungsstück besteht, in dem ein ebenso schemenhafter Charakter dieses Handlungsstück vorantreibt. Dann entwickelen sich - wenn mir beides gefällt - sowohl Charakter wie auch Plot voran, bis ich weiß, ob ich mich damit näher beschäftigen möchte. Dann setze ich mich hin und feile beides aus.

Oder ich habe eine Storyidee und schaue dann, welcher Charakter sie gerne erleben möchte - ich habe aber IMMER schon eine grobe Vorstellung von dem guten Helden. Ganz unbedarft gehe ich an keine Storyidee auf Heldensuche, denn beides bedingt sich gegenseitig. Die meisten Plots funktionieren nur, wenn der Held diese und jene Eigenschaften aufweist und nicht so und so handelt. Dann setze ich mich hin und feile beides aus.

Dass ich erst den Charakter habe und darum eine Geschichte baue, um den guten Jungen oder das gute Mädel unterzubringen, ist mir erst einmal passiert - und das war in Kooperation mit einer Co-Autorin. Das funktioniert sonst bei mir nicht. Im Zweifelsfall kommt der Charakter sonst mit einer ausgefeilten Hintergrundsgeschichte einher, die zu neuen Komplikationen führt - und schon kamen wieder Chara und Geschichte gleichzeitig.

Wenn ich schreibe, sind Charaktere und Plot gleichberechtigt - vielleicht mit einer ganz leichten Tendenz hin zur Übermacht der Charaktere. Natürlich habe ich eine grobe Vorgabe durch den Plot - wo fange ich an, wo will ich hin, was soll auf dem Weg passieren. Ich habe aber Chraktere, die ihn durchleben, keine Pappfiguren. Diese entwickeln sich dementsprechend, da kann es passieren, dass der eine oder andere Punkt des Plots nicht mehr so passt. Gleichzeitig dürfen sie aber nicht so weit aus der Reihe tanzen, dass gar nichts mehr ineinander greift. Zumeist ist es dann aber so, dass die Entwicklung der Charaktere den Plot sehr viel lebendiger macht und neue Facetten bringt, die ich vorher nicht bedacht habe, die sich aber herrlich harmonisch einfügen und die richtig, richtig Spaß machen zu schreiben. Und ich steuere auf Plotelemente zu, weil ich meine Charaktere in dieser Situation schreiben will.

Fazit: Ich habe beides. Es treibt mich beides. Stimmt nur das eine oder das andere, fange ich gar nicht erst mit dem Schreiben an.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: THDuana am 09. April 2007, 14:49:01
Ich habe oft eine kurze Idee, ein ganz grobes Konzept, das im Raum schwebt.
Wenn ich dann näher darüber nachdenke und langsam kleine Teile für den Plot zusammensetze, kommen mir die Figuren in den Kopf (erinnert mich manchmal an eine Zeitungsanzeige: Darsteller für Plot gesucht - wir nehmen jeden, der materiell existiert). Am Anfang passen sie gut ins Geschehen und lassen alles mit sich machen, aber nach und nach bekommen sie ihren eigenen Kopf. Auch Charaktere, die keinen Sturkopf haben, können schwierig sein ;)
Durch ihre komischen Eigenarten, Gewohnheiten, Sichtweisen und Gedanken bekomme ich oft Probleme im Plot, weil manches nicht mehr so funktioniert, wie ich es haben wollte.
Manchmal gebe ich der einen oder anderen Figur eine kuriose Vergangenheit, damit sie ihre Gewohnheiten für eine bestimmte Sache bricht. Dann klappts meist wieder.

Wenn man ganz streng bei mir geht, ist zuerst der Plot und dann die Figuren. Genaugenommen ist es aber so, dass zuerst die Idee ist und dann Plot+Figuren kommen.


Duana
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Rumpelstilzchen am 10. April 2007, 16:02:32
Bei mir entstehen die Charaktere und Handlungen zusammen im Kopf, mal überwiegt der Charakter, mal die Handlung, aber das eine würde ohne das andere überhaupt nicht gehen. In meinen Blitzeinfällen, habe ich meist einen Charakter, wie er in Sekunden durch die gesamte Geschichte ,,fliegt", vorbei an den Nebencharakteren.
Hätte ich nur eine Handlung oder nur ein Charakter, wird da meist auch nicht mehr draus, behalte den Charakter zwar im Hinterkopf, aber mehr als eine Nebenfigur wird es nie.

Zum Schluss arbeite sich Charakter und Handlung noch etwas aus und bekommen ihren letzten Schliff, aber sonst mache ich mir über Charakter oder Handlung keine großartigen Gedanken. Wenn sie nicht von selbst kommen und ich ewig herumüberlegen muss, sind sie meist sowieso nicht gut.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: nordfee am 10. April 2007, 16:36:35
Hallo,

ich habe mir erst sehr grob überlegt über was ich schreiben möchte. Während der Rechersche (wird das so geschreiben? Stehe gerade auf dem Schlauch)zu dem Thema haben sich dann meine Charakthere entwickelt.

Während des Schreibens haben sie dann irgendwie ein Eigenleben entwickelt und ich war froh mir vorher aufgeschrieben zu haben wo ich hin muss. Sonst wäre ich wahrscheinlich sonstwo gelandet.

Meine Charakthere und der Plot haben sich gegenseitig immer getrieben und mal lag der eine vorne und dann mal wieder der andere.

VG
nordfee
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Wild Soul am 10. April 2007, 21:30:24
Bei mir waren erst die Charaktere da. Sie hatten schon einige Sachen erlebt bevor ich auf den Plot kam der schlussendlich zu der Story führte die wir schreiben.
Und der Plot kam weil ich genau DIE Charas haben wollte und keine anderen, so wie sind wie sie handeln. Na ja, der Plot beugt sich eben den Charakteren auch wenn man das nicht immer mitbekommt. *g*
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Geli am 11. April 2007, 07:43:47
ich muss Lomax recht geben.
Personen (Charakter) also solche machen sicherlich Spaß, wenn man sie entwickelt.

Nur müssen sie unbedingt etwas erleben!

Als Romanleser will ich nicht wirklich wissen, man mein Held seine ersten Milchzähne
verloren hat. Es sei denn, ihm wurde - zum Beispiel - dabei geweissagt, dass er
dermaleinst ein großes Königrreich durch das Werfen eben dieser Milchzähne retten
kann.

Ihr versteht, was ich meine?

Lebensgeschichten, Eigenschaften, Ticks, schlechte Angewohnheiten sind pillepalle.
Das haben wir alle. Wer von Euch hat keinen lieben Verwandten/lieben Kollegen,
den er ob seiner Eigenschaften nicht manchmal an die Wand klatschen möchte?

Aaaber: wer ein Buch liest, will genau das erleben.
Dass ein Charakter an die Wand geklatscht wird.

Kannst Du im echten Leben niemals tun. Deshalb lesen wir es so gerne.

Gebt dem Affen Zucker, Leute! Action muss her. Plots mit Hochspannung.
Gibt ein von Euch entwickelter Charakter das nicht her - weg mit dem Papiertiger!
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Grey am 11. April 2007, 08:36:19
naja, du brauchst es ja auch nicht alles aufzuschreiben... aber je mehr details aus dem leben deines charas du im kopf hast (ok, über die ersten zähne denk ich meist auch nicht nach), desto besser kannst du dich doch in ihn reinversetzen und ihn stimmig handeln lassen. oder?  :hmmm:

ansonsten stimmt es natürlich, dass man den romanplot auf die interessanten Wandklatscher u.ä. beschränken sollte ;D

@nordfee
Recherche... ohne s... ;)
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Judith am 11. April 2007, 09:24:01
ZitatGebt dem Affen Zucker, Leute! Action muss her. Plots mit Hochspannung.
Naja, das kommt halt auch auf den persönlichen Geschmack an. Ich mag keine Bücher, bei denen von vorn bis hinten volle Action angesagt ist. Sowas finde ich unglaublich langweilig. Ich brauche Ruhepunkte und möchte auch gern mal "unwichtige" Details über die Charaktere erfahren, weil sie das lebendig und greifbar macht.

Und um bei den Milchzähnen zu bleiben: Da muss ich spontan an "Pünktchen und Anton" denken. Ich finde die Beschreibung, wie Pünktchen ihren lockeren Zahn loswerden will, herrlich, auch wenn es für den Plot nicht unbedingt nötig ist.

Gerade, wenn man eine Geschichte schreibt, in der es in erster Linie um die Entwicklung eines Charakters geht, erlebt der Charakter nicht ständig weltbewegende Dinge. Da müssen auch mal Ticks, schlechte Eigenschaften und Lebensgeschichten her. Sonst könnte man Werther, Stiller, den Zauberberg und noch so einige andere Romane gleich mal um die Hälfte zusammenkürzen. Aber ob ihnen das gut tun würde, bezweifle ich.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Rumpelstilzchen am 11. April 2007, 17:12:14
Zitat von: Judith am 11. April 2007, 09:24:01
Da müssen auch mal Ticks, schlechte Eigenschaften und Lebensgeschichten her.

Ich gebe dir recht, es muss auch mal Ruhepunkte geben, um prägende Ereignisse der Charas zu erfahren, doch oft dient das eher als Lückenfüller, als wichtige Infos dem Leser zu vermitteln.

Ich mag es auch mehr actionreicher. Unwichtige Details sind für mich informationslose Kapitel und die finde ich einfach nur langweilig. Dann lieber um 80 Seiten kürzen, täte einigen Büchern meiner Meinung nach ganz gut.
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Warlock am 18. April 2007, 16:43:00
Bei mir ist immer alles gleichzeitig unlösbar miteinander verstrickt. Die Charaktere führen die Handlung und sind so lebendig wie wir. Nachts träume ich sogar manchmal von Ihnen. Es ist, als wäre die Hauptperson mein 2. Ich und die Nebendarsteller meine "Verbündeten".
Titel: Re: Charakter vs. Handlung
Beitrag von: Anathor am 05. Mai 2007, 19:25:38
bei mir gibts fast gleich viel von beidem, mit leichtem Überwiegen der Charaktere.
Da tu ich mir auch oft leichter.