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Allgemeines => Tintenzirkel => Phantastik und Fantasy => Thema gestartet von: Farean am 02. August 2012, 13:10:26

Titel: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 02. August 2012, 13:10:26
Mir ist heute etwas aufgefallen, wovon ich mich frage, ob ich mir das nur einbilde, oder ob sich der Buchmarkt in der Hinsicht tatsächlich so sehr verändert hat.

Zur Zeit kommt es mir vor, als sähe ich in jedem Buchladen in der SF- und Fantasy-Ecke nur "dicke Wälzer". Es scheint, als müsse jede Geschichte mindestens 500 Seiten haben, und allein schon, um das alles zu füllen, müsse jeder Plot episch bis zum Anschlag sein.

Als ich in den 80ern anfing, das Genre zu lesen, gab es jede Menge Anthologien und dünnerer Taschenbuchromane, in denen einfach nur kurzweilige Abenteuer standen. Die "dicken Wälzer" gab es zwar auch damals schon, aber eben auch vieles anderes.

Meine Frage: ist das nur mein Eindruck? Gibt es heute tatsächlich praktisch keine Anthologien oder dünne Abenteuerromane mehr? Oder suche ich nur in den falschen Buchläden oder übersehe sie schlicht und ergreifend?

Und wenn es sie noch gibt: kann mir jemand ein paar aktuelle Titel nennen? :bittebittebitte:
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Nycra am 02. August 2012, 13:16:57
Naja, soweit ich weiß gibt es die meisten Anthologien nur noch von Kleinverlagen. Ich kann mich nicht erinnern, in letzter Zeit von einem größeren Verlag eine Anthologie gesehen zu haben.

Empfehlen kann ich dir dazu die Anthologien des Verlag Mondwolf und vom Machandel Verlag (sofern du die nicht ohnehin schon auf deiner Liste stehen hast, da es von denen immer wieder Ausschreibungen gibt). Für etwas Kurzweil sorgen auch die Kurzgeschichten im Thunderbolt GOLEM. Mehr fällt mir ad hoc nicht ein.

Insgesamt wirst du Anthologien aber vermutlich eher über Internet als im Buchladen finde, schätze ich.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Ludovica am 02. August 2012, 13:21:55
Ich habe etwa Anfang der 2000er mit Fantasy angefangen, und die einzige Kurzgeschichtensammlung, die mir je untergekommen ist, war eine von Hohlbein... Ich könnte mich nicht erinnern, sonst jemals so etwas in irgendeinem Fantasyregal gesehen zu haben  :-\ Würde also schon sagen, dass das heute von größeren Verlagen komplett ignoriert wird - und inzwischen scheint der Trend sowieso zu ganzen Reihen dicker Wälzer zu gehen.

Wie Nycra gesagt hat, viele Kleinverlage haben noch Kurzgeschichten, aber ansonsten sieht es damit wohl eher mager aus...
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Pestillenzia am 02. August 2012, 13:22:38
Ich habe auch in den 80ern damit begonnen, Fantasy zu lesen (nahtloser Übergang von den Drei ??? und Burg Schreckenstein zu Drachen, Hexen und Co.). Allerdings hatte ich damals schon das Gefühl, dass Fantasybücher - sofern es keine Jugendbücher waren - immer dicker als alle anderen Bücher waren oder zumindest aus mehreren Taschenbüchern in "Normalstärke" bestanden.
Meine ersten Ausflüge ins Fantasy-Genre waren "Erdzauber" von Patricia McKilip (ich glaube, das waren vier Taschenbücher) und ein Wälzer von Barbara Hambly, von dem ich momentan nicht mehr genau weiß, wie er heißt. Ich glaube "Gefährtin des Lichts". Aber er hatte auf jeden Fall 400-500 Seiten.
Dann natürlich die Nebel von Avalon, das war damals ja fast Pflicht.
An Anthologien kann ich mich gar nicht erinnern.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Grey am 02. August 2012, 13:36:15
Doch, es gibt auch von großen Verlagen noch Anthos, aber die sind eher rar gesät und relativ schlecht beworben. Passend zum Hobbit-Filmstart macht Bastei Lübbe demnächst z.B. die Halblings-Anthologie Große Geschichten vom kleinen Volk (http://www.amazon.de/Gro%C3%9Fe-Geschichten-vom-kleinen-Volk/dp/340420705X). Von Rowohlt gab es letztes Jahr zu Weihnachten eine Antho namens Stille Nacht (http://www.amazon.de/Stille-Nacht-Liebesgeschichten-Tanja-Heitmann/dp/3499216264/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1343907286&sr=8-1), davon soll es dieses Jahr noch einen zweiten Band mit anderen Autorinnen geben. Bestimmt findet man mit etwas Mühe noch mehr, aber es stimmt schon, viel los ist da bei den großen Verlagen nicht mehr.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Zit am 02. August 2012, 13:49:35
Stimmt, das Stille Nacht und die Hobbit-Antho sind recht aktuell. Außerdem bin ich letztens im Laden über eine Krimi-Antho gestolpert: P.S. Ich töte dich. (Okey, da steht zwar Thrill drauf, aber es thrillt mich nicht nicht.) Im großen Thalia in DD stehen allg. Anthologien auch nicht unbedingt zwischen den Romanen, die haben da jetzt ein eigenes Regal "Klassiker, Gedichte, Anthologien"; in 80 Tagen um die Welt habe ich da bspw. gefunden. (Andererseits sortieren sie H.G. Wells schon im SF-Regal ein, und die P.S.-Antho stand auch im "Empfehlungsregal", das sie in eine Ladenecke gequetscht hatten [wahrscheinlich, damit halt irgendwas dasteht].) Was das Fantasy-Regal angeht, da gibt es seit einiger Zeit von Heyne so Kurzromane, die auch ein kleineres Format haben. Ist aber alles, was ich so gesehen habe, Paranormal Fantasy mit einem Touch Romantik (das Übliche eben).
Ansonsten veröffentlicht die C'T ja auch immer eine SF-KG (selten auch mal in zwei Teilen in zwei Ausgaben). Ich habe die Zeitung lange gekauft, weil ich vornehmlich die KG lesen (und zu Studienzwecken besitzen) wollte.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Ryadne am 02. August 2012, 13:53:30
Wenn es um Kurzromane geht, stimme ich dir zu. Die tauchen nur noch in Kleinverlagen auf, bis auf ein paar wenige Ausnahmen (da fallen mir nur diese Romantasy-Bände von Heyne ein). Mir sind lange Zeit gar keine begegnet, bis ich angefangen habe, vermehrt gebrauchte Bücher aus den 80ern zu kaufen, die heute nicht mehr aufgelegt werden. Da hatten viele Bücher nur so 80-150 Seiten und kaum einer über 500. Mein absoluter Favorit unter den Kurzromanen aus dieser Zeit ist Der Träumer in der Zitadelle von Esther Rochon, der aber leider nicht mehr lieferbar ist. Später habe ich auch rausgefunden, dass es Fortsetzungen gibt, die aber nie aus dem Französischen ins Deutsche übersetzt wurden. Aber das Ende ist rund, ich denke, dass das ursprünglich nur als ein Band gedacht war.

Falls du nach etwas noch Lieferbarem Ausschau hältst, empfehle ich dir Weißblatt von Peter Hohmann (Arcanum). Ein wundertoller 80-Seiter, der in Richtung Sword&Sorcery geht (nicht vom Cover abschrecken lassen, das passt nicht so wirklich zur Atmosphäre des Buchs).

Was Anthologien angeht, die begegnen mir in Buchläden schon seit Jahren generell nur zur Weihnachtszeit und als Geschenkbücher. Ich hab keine Ahnung, ob das mal anders war. Allerdings gab es früher (Ende der 90er, Anfang der 2000er) ja auch mehr von diesen Endlos-Reihen wie Drachenlanze und Darkover, deren Anthologien sich in den Regalen fanden.
Ein paar Ausnahmen gibt's natürlich, gestern ist mir bei Thalia noch so eine Vampir-Anthologie begegnet oder es gab da mal eine namens Tolkiens Geschöpfe, die auch mehrere Auflagen erlebt hat.

@Pestillenzia
Erdzauber hatte meine ich nie mehr als drei Teile, ich hab jedenfalls nur drei ;) Inzwischen erscheinen die alle zusammen als ein Buch.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Zit am 02. August 2012, 14:31:43
Sind die Diogenes-Bücher nicht auch im Gros eher kurz? (Aber sind auch selten Fantasy, das stimmt.)

Auf der anderen Seite habe ich Erfahrungen gemacht, dass Bücher, die mir wirklich gut gefallen, gar nicht zu lang sein können bzw. bemerke ich die Länge gar nicht, weil mir das Lesen so viel Vergnügen bereitet. Im Moment habe ich Nacht der Hexen bei der Hand und das liest sich geschmeidig weg, genauso süchtig bin ich nach der Thursday Next-Reihe (wo ich doch nie wieder Reihen kaufen wollte). Hingegen musste ich mich durch Das Geflecht kämpfen, dabei hat das mal nur was an die 350 Seiten (das kam im Mai raus). Die Insel des Dr. Moreau hat auch nochmal 100 Seiten weniger und war trotzdem etwas zäh gewesen. Ach ja, und dann die eine KG aus dem P.S.; hat nicht mal 30 Seiten und ich habe irgendwann abgebrochen und bin weitergesprungen, weil der Stil nur grausam war.

ZitatAllerdings gab es früher (Ende der 90er, Anfang der 2000er) ja auch mehr von diesen Endlos-Reihen [...]

Wenn ich im Laden vorm Bücherregal stehe, kommt es mir auch so vor, ob es überproportional Reihen gäbe (nicht unbedingt endlos). Ich freu mich immer, wenn ich Einzelbände sehe oder Bücher, die auch ohne Vor- oder Nachgänger allein gelesen werden können. Manchmal frge ich mich aber auch, warum die Einzelbände mit 600 Seiten verkaufen, sind im Grunde ja auch wieder zwei Bücher (naja, etwas weniger; ich rechne mit 320 -- 350 Seiten als Referenz). Oder warum Autoren ihre Geschichten so lang anlegen. Weltenbau, Weltensysteme, die erklärt werden möchten und das auch oft und ausführlich? Ich kann es mir anders nicht erklären; ist aber wohl ganz allgemein den Genren geschuldet. (Mache es am Ende auch nicht anders, wenngleich ich manchmal wünschte, ich könnte alles auf 350 Seiten unterbringen.)
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: HauntingWitch am 02. August 2012, 14:40:15
Ich habe auch in den 2000ern angefangen mit Fantasy. So etwas wie du es beschreibst, Farean, ist mir tatsächlich auch noch nicht in die Hände gefallen. Ich habe auch den Eindruck, Romane heutzutage haben immer mindestens 300 Seiten. Es gibt doch Bücher von früher, ich denke zum Beispiel an H.P. Lovecraft und Gustav Meyrink, die gerade mal knapp 200 Seiten haben und sich immer noch gut verkaufen. Warum können nicht auch neue Bücher mal weniger Seiten haben, warum muss immer alles gleich so riesig sein? Dicke Bücher sind ja in Ordnung, aber mir scheint, es gibt keinen Ausgleich mehr.

Was ich aber tatsächlich hin und wieder finde, sind Kurzgeschichtenbände von einem bestimmten Autor. Die sind dann halt alle vom Gleichen, aber es sind auch keine 500-Seiten Romane.  :)
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Pestillenzia am 02. August 2012, 15:41:27
Zitat von: Ryadne am 02. August 2012, 13:53:30
@Pestillenzia
Erdzauber hatte meine ich nie mehr als drei Teile, ich hab jedenfalls nur drei ;) Inzwischen erscheinen die alle zusammen als ein Buch.
Dann wird meine Erdzauberrreihe auch nicht mehr Teile haben.  ;)  Ist nur so lang her, dass ich sie gelesen habe - wie gesagt, irgendwann Mitte der 80er, also vor etwa 25 Jahren. Ich glaube, da darf mir so ein Fauxpas schon passieren.  :d'oh:
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 02. August 2012, 17:04:36
Erst mal vielen Dank euch allen für eure Empfehlungen! :) Da werde ich mal zusehen, was ich mir in den nächsten Tagen zusammenbestellen kann. Irgendwo beruhigt es mich zudem (und betrübt mich gleichzeitig), daß mich mein Eindruck nicht trog: nicht ich bin es, der die Lust am Genre verliert, sondern das Genre ist es, das sich so stark verändert hat. :-\

Zitat von: Pestillenzia am 02. August 2012, 13:22:38
Ich habe auch in den 80ern damit begonnen, Fantasy zu lesen (nahtloser Übergang von den Drei ??? und Burg Schreckenstein zu Drachen, Hexen und Co.). Allerdings hatte ich damals schon das Gefühl, dass Fantasybücher - sofern es keine Jugendbücher waren - immer dicker als alle anderen Bücher waren oder zumindest aus mehreren Taschenbüchern in "Normalstärke" bestanden.
Stimmt schon, in der Fantasy gab es auch in den 80ern schon eine gewisse epische Tendenz. Trotzdem gab es damals so herrliche Sachen wie die "Diebeswelt"-Anthologien (eine meiner Einsteigerdrogen in die Fantasy :wolke:), die ihrerseits wiederum inspiriert waren von Klassikern wie "Conan" und "Fafhrd und der Graue Mausling", also von Kurzgeschichtensammlungen und dünnen Abenteuerromanen.

Besonders offensichtlich aber finde ich den Wandel in der Science Fiction. Von den 70ern und 80ern her zieren meinen Bücherschrank da Sammlungen von Asimov-Kurzgeschichten, Ein "Best of"-Band vom Astounding Magazine und ein paar Anthologien, die sich wie das "Who is who" der damaligen SF-Szene lesen. Auch viele der Romane von damals gehen nicht über 200 Seiten hinaus. Und in der Rückschau stelle ich fest, daß es solche "schnellen Lesevergnügen" waren, die mich überhaupt erst angelockt und für das Genre begeistert haben.

Zitat von: HauntingWitch am 02. August 2012, 14:40:15
Warum können nicht auch neue Bücher mal weniger Seiten haben, warum muss immer alles gleich so riesig sein? Dicke Bücher sind ja in Ordnung, aber mir scheint, es gibt keinen Ausgleich mehr.
Genau so kommt mir das auch vor. Heute habe ich den Blick über meine Neuerwerbungen der letzten paar Wochen schweifen lassen und mir überlegt, welche davon ich als nächste in Angriff nehme. Bei jedem einzelnen sagte mein Unterbewußtsein: "Och nee, nicht gleich so'n dicker Wälzer!" ... so lange, bis es auch meinem Bewußtsein allmählich dämmerte, wonach ich eigentlich suche.

Ich meine, je nach Stimmung geht es mir da wie Zit: manche Bücher können mir gar nicht dick genug sein. Ein dicker, epischer Wälzer ist wie ein Fünf-Gänge-Menü. (Was für sich genommen noch nichts über die Qualität aussagt, aber manche Menüs sind es einfach wert, und dann stimmt es mich traurig, wenn der letzte Happen Dessert verputzt ist.)

Aber ich will nicht jeden Tag ein Fünf-Gänge-Menü. Ich will auch mal einen Appetithappen (Kurzgeschichte) oder eine ganz einfache Alltagsmahlzeit (dünner Abenteuerroman). Und davon finde ich in den Regalen der Buchläden seit rund zehn Jahren nichts mehr.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Alana am 02. August 2012, 17:13:17
Ich denke, dass sich gerade der Markt für Kurzromane jetzt auch viel in den eBook-Bereich verlagern wird. Da wird man wahrscheinlich eher fündig.
Ich selbst bin nicht so sehr ein Antho-Fan, deshalb kann ich dir da leider nicht viel empfehlen. Mir kann ein Buch eigentlich gar nicht zu dick sein, egal welches Gerne, aber ich kann dich schon verstehen. Wenn ich mal Lust auf was Kurzes habe, lese ich tatsächlich immer noch die neuen Drei Fragezeichen-Bücher, die sind schön kurz, aber dennoch recht spannend und angenehm zu lesen. Ansonsten fallen mir noch die Heftromane ein, das sind ja immer so um die 80 Seiten, da könntest du dich auch mal umsehen. Ich glaube, da gibt es auch im SF Bereich ein paar Serien.
Und beim  Blitz Verlag habe ich auch ein bisschen was an relativ kurzer SF gesehen, ich weiß aber nicht, ob das Neuauflagen sind oder wirklich neue Sachen.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Linda am 02. August 2012, 18:37:14
Nicht vergessen sollte man, dass Übersetzer in den 70/80ger Jahren teilweise angehalten waren, Romane bei der Bearbeitung zu kürzen (was übrigens je nach Verlag auch heute gilt). Das betraf Liebes- und Genre-Romane wie SF/Phantastik/Fantasy. Eben um den Preis zu drücken und den Einstieg zu erleichtern. Genre war damals halt der Billigsektor.

Durch die Übersetzung ins Deutsche wird ein englischer Roman ca. 40 - 50 % länger - wenn man davon wieder 20 % einspart, sind die Übersetzungen aber immer noch dicker als die Originalwerke.
Außerdem hatten die Leute früher bessere Augen (oder wir heute schlechtere?) - Wenn man sich mal ein Heyne, Goldmann oder Bastei-Lübbe Taschenbuch anschaut, weiß man was ich meine. Winzige Schrift, dünnes Papier, kaum Rand.
Heute bei den ganzen Trade Paperbacks mit griffigem Papier und großzügigem Druck, klar, die erscheinen dann noch mal größer.

Und was Anthologien angeht, es gibt unzählige - nicht nur kleiner, auch mittelgroßer Verlage (ich habe allein ein Regal Belegexemplare). Nur findet man die halt nicht in den Buchsupermärkten. Dahin schaffen es tatsächlich nur die 'Anlassbücher' - Halloween, Weihnachten und Tolkienverfilmungen. Ich hoffe, dass die Großen Geschichten vom Kleinen Volk es mit dem Hobbit gemeinsam dann zur Stapelware bringen.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 02. August 2012, 20:40:07
Zitat von: Linda am 02. August 2012, 18:37:14
Und was Anthologien angeht, es gibt unzählige - nicht nur kleiner, auch mittelgroßer Verlage (ich habe allein ein Regal Belegexemplare). Nur findet man die halt nicht in den Buchsupermärkten. Dahin schaffen es tatsächlich nur die 'Anlassbücher' - Halloween, Weihnachten und Tolkienverfilmungen.
??? Wie soll Otto Normalleser dann jemals darauf stoßen? Und wer kauft sie dann?

Und warum such(te)st du nach dem Löschbutton?
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Fianna am 02. August 2012, 21:20:55
Von grossen Verlagen gabe ich auch 1Regalfach voll.
Vor ein paar Jahren gabs doch von Piper Weihnachts-Anthos: "Das Fest der Vampire" und "Das Fest der Zwerge" habe ich. Dann gabs mal von Charlaine Harris und Tonu P. Kelner eine Antho, die die Themen Vampir und Geburtstag verbindet - habe ich mir mal.aus Uebermut gekauft und direkt 2 Serien ohne Glitzer-Vampire gefunden, die mir gefallen.

Und dr grösste Teil dieses Regl wird vom Fischer Verlag besetzt, mit Marion Zmmer Bradleys "-scheester"-Anthologien. (Schwertschwester, Wolfsschwester...) Im Originak hiesen sie "Sword amd Sorceress" was ich viel.passender empfinde.
In den Anthologien habe ich ein paar sooooo gute Geschichten gefunden... Leider gibt es die neuesten Bände nur auf Englisch, da nach MZBs Tod das ganze zu einem kleineren Verlag wechselte, von DAW zu Norilana, und Fischer die Übersetzungslizenzen nicht mehr eingekauft hat...
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Kaeptn am 02. August 2012, 21:28:25
Zu Anthos kann ich nix sagen, die haben mich nie interessiert.

Aber was Romane angeht, gebe ich dir völlig recht. Man hat manchmal den Eindruck unter 500 Seiten geht gar nix mehr, am liebsten mehr. Allerdings hat Linda da schon recht, es wird heutzutage viel großzügiger gedruckt und manches Buch ist was die Dicke angeht ein Blender und hätte bei "normalem" Satz sicher 100 Seiten weniger - was dann wegen der Kosten auch wieder wundert.

Ich tue mich auch immer schwer damit, etwas Neues anzufangen, wenn ich gleich sehe "800+ Seiten" - selbst wenn es mir von allen Seiten empfohlen wird. Um Otherland hab ich bis heute immer einen Bogen gemacht. Soll ja wirklich lohnenswert sein, aber 4 Bände mit insgesamt knapp 4000 Seiten, bitte, wann soll ich das jemals lesen?

Dabei ist es in England vermutlich sogar noch schlimmer, denn in D werden ja gern engl. Romane auf 2 Bände aufgeteilt. Ich denke da an Rad der Zeit oder aktuell "Die Furcht des Weisen".

Aber was die Diebeswelt-Anthologien angeht:
Gesehen? http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,10683.0/topicseen.html
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Ingroscha am 02. August 2012, 22:50:28
@Farean: Bist du auch an englischsprachigen Anthologien interessiert? Da gibt es nämlich eine tolle Reihe: "Legends" herausgegeben von Robert Silverberg. In den "Legend"-Bänden finden sich Storys von erfolgreichen Genre-Autoren, deren Geschichte im Allgemeinen an eine ihrer eigenen Reihen angelehnt ist. So schreibt G. R. R. Martin über die Sieben Königslande, Tad Williams taucht ab in sein Otherland und Anne McCaffrey bereichert ihren Pern-Zyklus. Alle Storys sind exklusiv für die Anthologien geschrieben worden. Die Übersetzungen des zweiten Bandes gibt es noch zu kaufen (Legenden, erschienen bei Piper). Bei den englischen Ausgaben musst du aufpassen, da gibt es ganz unterschiedliche und manchmal ist der Inhalt auf drei Bände verteilt, manchmal auf zwei. Schau am besten immer, welche Geschichten drin sind, dann kaufst du nichts doppelt.

Es gibt auch noch mehr in der Richtung, so z. B. die Sammlung "Warriors", die Kriegergeschichten versammelt oder auch "999", die Horrorstorys enthält.
Ansonsten fallen mir noch die großartigen Kurzgeschichten von Neil Gaiman ein, da gibt es einige Bände.

Achja, ich mag Kurzgeschichten einfach sehr gerne  :)
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Fianna am 02. August 2012, 23:03:11
Oh, diw muss ich mir direkt holen, ich hab nen Krieger-Tick momentan :-)

Hoffentlich versteh ich des... Eigentlich bin ich gut im Englisch lesen, aber da gobts immer wiedr Unterschiede. Jim Butcher hab ich grad so verstanden, die Atmosphaere ging ganz floeten. Bei P. N. Elrod, Jennifer Roberson oder Elizabeth Peters hatte ich keine Probleme.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Lomax am 02. August 2012, 23:06:04
Im Gegensatz zum angelsächsischen Raum hatten Kurzgeschichten hierzulande schon immer einen schlechten Stand. Das war tendenziell in den 80ern nicht anders als heute. Aber weil es im englischsprachigen Raum nun mal mehr Plattformen für KGs gibt, existieren auch viele "Klassiker" von bekannten Autoren - nicht zuletzt auch in der SF. Und da haben sich natürlich auch die deutschen Verlage noch mehr oder minder Mühe gegeben, die für ein deutsches Publikum zugänglich zu machen. Das mag ein Grund sein, warum heute Anthologien möglicherweise seltener sind als vor 30 Jahren - damals wurde noch häufiger "quersubventioniert", sprich, "Liebhaberprojekte" gerade in den SF-Lektoraten mit den besseren Einnahmen von populäreren Romanen finanziert. Gerade die Heyne SF war bekannt dafür, und davon haben neben den als "wertig", aber vielleicht nicht so verkaufsträchtig empfundenen SF-Titeln gerade auch die SF-Kurzgeschichtensammlungen profitiert.

Ein weiterer Punkt sind die Druckkosten. Verglichen mit den 70ern ist bei entsprechender Auflage der Anteil der Druckkosten an den Gesamtkosten deutlich geringer geworden. Deswegen hat man damals sogar Romane bei Übersetzung gerne noch gekürzt, weil dicke Bücher einfach teurer waren, während heute die großen Verlage ganz bewusst dicke Bücher zur Marktabgrenzung mögen. Denn nur die auflagenstärksten Verlage können dicke Wälzer fast ohne Mehrkosten rausbringen, und damit kann man preislich deutlich "mehr" bieten als die kleineren Verlage - und die Kunden springen darauf auch an und kaufen lieber 800 Seiten für 15 Euro als 200 Seiten für 12 Euro.
  Während also in den 70er und 80er Jahren ein dickes Buch noch vor allem ein Kostenfaktor war, über den auch ein großer Verlag erst mal zweimal nachgedacht hat, bevor er ihn rausgebracht hat, hat sich diese Situation heutzutage zumindest teilweise gedreht, und auch das ist ein Grund, dass man damals tendenziell sicher mehr dünne Bücher fand als heute.
  Soviel zu den ganz öden "geschäftlichen" Ursachen - ob es daneben und davon unabhängig auch eine literarische Tendenz zu anders erzählten Geschichten gibt, darüber mag ich jetzt erst mal nicht spekulieren  ;)
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Linda am 02. August 2012, 23:27:00
Zitat von: Farean am 02. August 2012, 20:40:07
??? Wie soll Otto Normalleser dann jemals darauf stoßen? Und wer kauft sie dann?

Und warum such(te)st du nach dem Löschbutton?

Hallo erst mal ;-),

also, ich bin vielleicht in einer etwas privilegierten Sitation, aber ich bewege mich als Autorin (und Rollenspielerin) nun schon seit 20 Jahren in der entsprechenden Szene. Da hineinzukommen war keine Geheimwissenschaft.
Ich habe an Ausschreibungen teilgenommen, für Fanzines gearbeitet und schreibe seither auch für kleine Verlage. So etwa einmal im Jahr bin ich auf Veranstaltungen wie dem Bu(chmesse)Con oder dem FeenCon. Ich bilde mir ein, einen ganz guten Überblick über die Szene zu besitzen, und das nur von, in den letzten Jahren, leider sehr sporadischer Mitarbeit.
Ich denke, in Foren wie diesem, wo jede Ausschreibung einen gewaltigen Thread hervorbringt, kann man sich die Infos über kleine Verlage und ihre Erzeugnisse auch prima und ohne Mühe besorgen.*
Der Normalleser kann (bzw tut) das nicht. Der ist allerdings auch idR. kein Autor, der sich mit so etwas auskennen sollte.
Dass die kleinen Publikationen vom Publikum nicht wahrgenommen werden, ist allerdings ein Trauerspiel. Aber so ist Marktwirtschaft außerhalb geschützter Refugien wie dem Fandom.

Sag mir, was du speziell suchst, und ich schau gerne mal, ob ich was für deinen Geschmack finde.
Wenn du Fantasy-Themenanthologien suchst, so sind bspw dieses Jahr zwei ganz klassische Sammlungen mit meiner Beteiligung herausgekommen:

die Einhörner (Torsten Low-Verlag)
und Drachen, Drachen (Blitz Verlag)

Steampunk ist momentan auch ein großes Thema ...


Gruß,
Linda

PS: den Löschbutton gab es letzte Woche noch, ich wollte mein Doppelpost entsorgen.

*Es wäre sicherlich hilfreich, wenn sich Rezensenten fänden, die hier im Zirkel die verlegerischen Früchte der vielen Einsendungen auch kritisch unter die Lupe nähmen.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 03. August 2012, 14:57:23
@Ingroscha: Englischsprachig würde mir auch gut passen, danke für die Tips! :)

@Lomax: Danke für die Einblicke in die wirtschaftliche Seite. Aber sag mal, kommt diese Logik ("Kurzgeschichten verkaufen sich in Deutschland nicht gut") nur mir merkwürdig vor? :hmmm: Ich meine, mich haben die großen Verlage damals ja gerade über Kurzgeschichten und kleinere Romane als "Appetithäppchen" für das Genre gewonnen, bevor ich mich auf die ganz dicken Wälzer eingelassen habe. Bin ich da der einzige (potentielle) Leser, der so denkt, oder lassen sich die Verlage da möglicherweise eine ganz große Chance auf Zugewinn an neuen Lesern entgehen?

@Kaeptn: Danke für den Link zu der Ausschreibung! :) Ich hab da zwar grad selbst keine passende Inspiration in der Pipe, werde aber verfolgen, was hinterher an Lesestoff dabei rausspringt.

@Linda: Interessant, daß du mit der "Szene" offenbar ca. 500% mehr Glück hattest als ich. :-\ Zu meinen aktivsten Zeiten als Zweimal-die-Woche-Rollenspieler habe ich ebenfalls selbst in der Redaktion eines Fanzine mitgearbeitet, Artikel zum Phantastik-Kalender vom Pegasus-Verlag beigesteuert, mehrere Fanzines regelmäßig gekauft usw. usf. ... und immer, wenn ich mich an eines davon gewöhnt hatte und mich schon auf die nächste Ausgabe freute, machte es dicht. Irgendwie hielt ich das nach ein paar Jahren für ein Naturgesetz: Fanzines sterben immer, bevor es am schönsten wird. (Nachdem ich dann für meinen ersten Brotjob aus meiner Heimatstadt wegzog und ohnehin kaum noch Zeit hatte, brach der Kontakt zur "Szene" dann mehr oder weniger ganz weg.)

Aber wenn du da ein besseres Händchen hast und mir Lesestoff besorgen kannst, wäre das natürlich prima. :) Was ich im Moment suche, ist: in der Fantasy Geschichten aus dem Bereich Sword & Sorcery (Abenteuer, Schatzsuche, "Conan-style", so diese Richtung), bei der Science Fiction was aus dem Gebiet Space Opera (im weitesten Sinne; es muß nicht unbedingt alles draußen im All spielen, aber es sollte diese Aufbruchsstimmung "zu den Sternen" darin mitschwingen).
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Jammy am 04. August 2012, 14:35:04

Hi Farean,

da ich mir diese Frage in letzter Zeit auch öfters gestellt habe, gehe ich ebenfalls kurz daruf ein.
Es ist m.E. tatsächlich auffällig, wie viele Schmöker mit mindestens 500 Seiten derzeit zu finden sind. Gerade bei Heyne fällt mir das auf. Außerdem unterschreibe ich bei Linda und Kaept'n, was die teilweile sehr großzügige Schrift und das Layout betrifft. So manches Buch wird dadurch gefühlt um 100 Seiten länger als nötig. Vielleicht soll man ja als Leser den Eindruck gewinnen, "mehr" für sein Geld zu bekommen.

Vor ca. 10-15 Jahren habe ich durchaus Anthologien gelesen. Zum Welttag des Buches lagen mal in den Buchhandlungen welche aus: Zunächst wurden sie verschenkt und ein Jahr später günstig verkauft (den genauen Preis habe ich allerdings vergessen). Nicht alle Geschichten trafen meinen Geschmack, aber die eine oder andere fand ich durchaus sehr lesenswert.


Auch sonst habe ich auch diesem Zeitraum noch immer Anthologien, z.B.:
-  "Geschichten des Grauens" mit u.a. E.T.A. Hoffmann, Edgar Allan Poe, Arthur Conan Dolyle und Gustav Meyrink
- "Lesensgefährlich", 1999 im Ravensburger Buchverlag erschienen
- Agatha Christie: Rolltreppe ins Grab und andere Geschichten
- Hexengeschichten (Heyne): mit Beiträgen u.a. von Praetorius, Lovecraft, King,...  Laut Klappentext handelt es sich hierbei um eine Reihe von Anthologien.
Es waren noch mehr (Geistergeschichten, Rittergeschichten, etc), aber viele Bücher verstauben derzeit in Umzugskartons, so dass ich die Titel nicht mehr weiß. Die meisten Anthologien habe ich gern gelesen, aber leider waren auch einige Enttäuschungen dabei. So beispielsweise eine, in der meine damalige Lieblingschriftstellerin vertreten war. Ich freute mich riesig, doch es stellte sich heraus, dass es sich bei besagtem Beitrag nicht um eine Kurzgeschichte handelte, sondern um den Auszug aus einem Roman, den ich schon fast auswendig kannte, weil so oft gelesen. Eine Sammlung an Leseproben zu kaufen, fand ich nicht sonderlich prickelnd.

Anthologien findet man nach wie vor, aber wie bereits gesagt wurde, sind sind sie eher thematisch gebunden (Weihnachten, Halloween, ...) oder bei kleineren Verlagen erschienen. Im Bereich sword & sorcery und auch Space opera kenne ich mich leider nicht gut aus, deswegen ein paar allgemeinere Hinweise in der Hoffnung, dass du darunter vielleicht doch was Interessantes findest:

- Das bereits erwähnte "P.S. Ich töte dich", herausgegeben von Sebastian Fitzek
- "Erinnerung an meine Großeltern" (mit Isabel Allende, Renate Welsh, Hans Fallada, Natalia Ginzburg, ...)
- "Tödliche Gaben" (Weihnachtskrimi)
- "Und nachts der Werwolf", herausgegeben von Frank Festa
- "Drachengift"

Ansonsten haben wie gesagt auch kleine(re) Verlage Anthologien im Programm. Beispiele hierfür sind:

Ulrich Burger: Stop!, Uhrwerk Venedig, Ley Lines, ...
Torsten Low: Geisterhafte Grotesken,  Die Klabauterkatze, ...
Nerdpol Verlag: Die Untoten (Ebook)

In den Geschäften habe ich diese Bücher allerdings (noch) nicht gesehen.

LG Jammy
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Linda am 04. August 2012, 14:48:12
Das ist nicht gerade ein In-Thema, soviel kann ich jetzt schon sagen. Abenteuergeschichten klassischer Prägung sind momentan wohl eher out, ich finde das auch schade. Nachtgeschöpfe, Düstervölkerschlachten und anderes, wie Steampunk, kommt in den letzten Jahren halt verstärkt heraus.

Es gab ein sehr engagiertes Storyfanzine, die Legendensänger-Edition (über 150 Ausgaben) das diese Sparte abgedeckt hat, von unserer Mitzirklerin Arielen. Sie hat das aber vor einigen Jahren eingestellt, aber möglicherweise sind noch Restbestände vorhanden. Einfach mal anfragen ;-)

Daneben fällt mir das Shared World-Projekt zu Saramee ein. Eigentlich eine Kurzromanreihe, gibt es davon auch (allgemeinverständliche) Anthologien vom Atlantis-Verlag mit entsprechenden Texten und auch hochkarätigen Namen.

Eine große Empfehlung geht auch zu den bereits genannten Sword and Sorceress-Anthologien von Marion Zimmer Bradley, in deutsch die "...-schwester". Das ist dann halt nicht Conan, sondern eher Red Sonja ;-)) Schwert und Magie in Reinkultur, oft auch mal witzig.

Soviel erst mal auf die Schnelle. Ich höre mich gern mal weiter um.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Lomax am 05. August 2012, 13:12:13
Zitat von: Farean am 03. August 2012, 14:57:23@Lomax: Danke für die Einblicke in die wirtschaftliche Seite. Aber sag mal, kommt diese Logik ("Kurzgeschichten verkaufen sich in Deutschland nicht gut") nur mir merkwürdig vor? :hmmm: Ich meine, mich haben die großen Verlage damals ja gerade über Kurzgeschichten und kleinere Romane als "Appetithäppchen" für das Genre gewonnen, bevor ich mich auf die ganz dicken Wälzer eingelassen habe. Bin ich da der einzige (potentielle) Leser, der so denkt, oder lassen sich die Verlage da möglicherweise eine ganz große Chance auf Zugewinn an neuen Lesern entgehen?
Ich mag Anthologien auch sehr gern. Genau wie die meisten Lektoren, die ich bisher kennen gelernt habe. Die würden durchaus gern mehr Anthologien herausgeben, wenn es möglich wäre. Leider ist die Marktlage anders.
  Was die Logik angeht, sage ich selbst ja immer, Empirie schlägt Logik - ich habe keine Ahnung, warum Kurzgeschichten hierzulande schlechter laufen. Vielleicht liegt es daran, dass in jeder Anthologie immer auch etwas dabei ist, was einem nicht gefällt, und dass Leser sich leichter abschrecken lassen, wenn sie von einem Text oder Autor darin hören, den sie nicht mögen, als dass sie so ein Buch kaufen, weil ja auch jeder was findet, was ihm Gefällt? Aber das ist Spekulation. Feststellen lässt sich nur, dass eine Anthologie sich immer gleich deutlich schlechter verkauft als ein Roman mit ähnlichem Thema und ähnlichen Rahmenbedingungen; genau wie eine Sammlung von Kurzgeschichten eines Autors weniger gekauft wird als ein Roman desselben Autors. Da entgeht den Verlagen also wenig, sondern sie machen im Gegenteil bessere Geschäfte, wenn sie auf Anthologien verzichten - die Zahlen sind da leider sehr eindeutig, wie ich durch meine Arbeit bei Lübbe feststellen konnte.
  Ausnahmen sind da nur Sammlungen zu ganz speziellen nachgefragten Themen, die gerade in der Luft liegen und bei denen sich dann die Antho (hoffentlich) allein über das Thema verkauft. Und über die (bekannten) Autoren darin. Wenn sich da eine Gelegenheit bietet, nutzen die Verlage das auch - denn wie gesagt, Lektoren mögen in der Regel Anthologien und experimentieren immer gerne, wenn sich ein Hebel anbietet, um Kurzgeschichten an den Markt zu bringen. Aber selbst dann ist es meist (wenn auch, zum Glück, nicht immer - es gibt nun mal Themen, die sich, wenn auch auf nicht so hohem Niveau, eben doch gut für Anthologien eignen) so, dass ein Roman zu selben Thema besser läuft, und der Spielraum für Liebhaberprojekte ist in den Verlagen nun mal dünner geworden.
Zitat von: Farean am 03. August 2012, 14:57:23Fanzines sterben immer, bevor es am schönsten wird.
Tja, die Regel findet mal auch bei den Kleinverlagen oft bestätigt - da sind wir auch misstrauisch geworden und glauben auch oft erst wirklich an die Existenz des Verlags, wenn er ein paar Jahre am Markt war und sein Durchhaltevermögen bewiesen hat ;). Und selbst dann kommt es vor, dass scheinbar etablierte Kleinstverlage nach vielen Jahren durchaus engagierter Tätigkeit plötzlich dicht machen oder langsam dahinsterben - was einfach daran liegt, dass so eine Verlegertätigkeit eben doch harte Arbeit ist und kleine Verlage häufig am Engagement einzelner oder weniger Personen hängen, deren Leben sich nun mal auch ändern kann.
  Trotzdem gibt es da eine recht lebendige Szene - obwohl man gerade bei den ganz neuen Verlagen oft gar nicht einschätzen kann, wie gut sie ihre Produkte überhaupt hinkriegen, und die Verlage, die sich im Laufe der Jahre einen Ruf erwerben konnten und die sich länger am Markt halten, oft ein sicherer Anlaufpunkt sind. Wo man da allerdings konkrete Sword-&-Sorcery- bzw. Space-Opera-Anthos findet, kann ich dir allerdings auch nicht sagen - in den letzten Jahren habe ich so wenig Zeit zum Lesen abseits der beruflich diktierten Titellisten gefunden, dass ich da auch den Überblick über die "sonstigen Neuerscheinungen" verloren habe  :-X
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 06. August 2012, 10:43:28
Zitat von: Lomax am 05. August 2012, 13:12:13
Was die Logik angeht, sage ich selbst ja immer, Empirie schlägt Logik - ich habe keine Ahnung, warum Kurzgeschichten hierzulande schlechter laufen.[...] Da entgeht den Verlagen also wenig, sondern sie machen im Gegenteil bessere Geschäfte, wenn sie auf Anthologien verzichten - die Zahlen sind da leider sehr eindeutig, wie ich durch meine Arbeit bei Lübbe feststellen konnte.
Merkwürdig. Es bleibt die Frage, ob das tatsächlich am Lesergeschmack liegt oder daran, was die Großhändler (als eigentliche Abnehmer der Verlage) ein bestimmtes Bild davon haben, was die Buchhändler glauben, was der Endkunde kaufen würde. Aber vielleicht bin ich als Leser tatsächlich einfach nicht repräsentativ. :-\

@Jammy, @Linda: auch euch noch mal vielen Dank für die Tips! :) Ich geh dann mal auf die Jagd...
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Linda am 06. August 2012, 12:31:43
Zitat von: Farean am 06. August 2012, 10:43:28
Merkwürdig. Es bleibt die Frage, ob das tatsächlich am Lesergeschmack liegt oder daran, was die Großhändler (als eigentliche Abnehmer der Verlage) ein bestimmtes Bild davon haben, was die Buchhändler glauben, was der Endkunde kaufen würde. Aber vielleicht bin ich als Leser tatsächlich einfach nicht repräsentativ. :-\

ich fürchte, letzteres ...

Man merkt es halt auch so immer. Es schreiben zwar eine Menge Leute Kurzgeschichten (aus verschiedensten Gründen, sicherlich, weil sie schnell fertig sind, während man bei einem Roman wenigstens einige Monate warten muss. Vor allem aber, weil es eben noch eine lebendige Szene gibt, in die leichter einzusteigen ist, als in Großverlage).  Lesen tun sie Anthologien aber eher in den seltenen Fällen, sonst würden die kleinen Verlage ganz andere Verkaufszahlen haben. 500 Einsendungen für eine Anthologie, aber am Schluss nur 140 verkaufte Exemplare, das ist bestimmt nicht selten.

Selbst in Autorenforen hört man oft das Argument, dass gerade Fantasy unter 500 Seiten, 6 Hauptfiguren in drei Erzählsträngen, zwanzig Fremdvölkern und 28.000 Jahren fortlaufender Geschichtsschreibung ja wohl undenkbar wäre.
Tja, so ist das dann wohl für diese Leute auch, und genau das sind diejenigen, die zu den epischen Werken in den Buchregalen greifen.

Und auch als Autor bekommt man mit, dass sich Freunde und Bekannte in der Regel eher für einen Roman begeistern lassen, als für einen Band mit Geschichten, in dem man nur einmal vertreten ist. 

Gruß,
Linda
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Fianna am 06. August 2012, 12:47:45
Ich denke, es ist auch wieder so eine Henne-und-Ei-Sache.

Die meisten Leser kaufen ja in Buchhandlungen (oder bei amazon -bekannte Sachen, die auch im Buchhandel ausliegen).
Dort werden keine Anthos mittlerer und kleinerer Verlage ausgelegt, da man keine Nachfrage erwartet und sie sich statistisch gesehen eh schlecht verkaufen.
Wenn man das der grössten Lesergruppe aber nicht anbietet, können sie es auch nicht kaufen.

Wie bei den deutschen Fernsehsendern: es laeuft immer mehr Müll, und da die Leute ihne zahlpflichtige Zusatzkanäle keine grosse Auswahl haben, wird eben sowas beim Bügeln nachmittags eingeschaltet. Daraufhin gibts mehr u nd schlechtere Sendungen dieser Art.
Dabei spiegeln die Einschaltquoten nicht die Beliebtheit, es ist einfach die Alternativlosigkeit, die die Leute haben.

Vielleicht ein blödes Beispiel. Aber ich bilde mir ein, dieses Prinzip 'Der Umsatz ist kein Hinweis auf Nachfrage, sondern kommt durcj das Angebot umstande" auch im Buchhandel zu sehen.
Ausserdem glauve uch, dass gerade im
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Fianna am 06. August 2012, 12:59:06
Bereich Geschenke gerne Anthologien genommen würden, wenn man fuer jemanden ein Buch braucht und nur das bevorzugte Genre kennt...
Mir fallen direkt 6 oder mehr Kleinverlags-Anthos ein, die dann gerne mitgenommen wuerden.

(Sorry Mods, das Handy wollte nicht mehr scrollen, konnte es nicht in einen Beitrag machen).
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 06. August 2012, 16:37:31
Zitat von: Linda am 06. August 2012, 12:31:43
Selbst in Autorenforen hört man oft das Argument, dass gerade Fantasy unter 500 Seiten, 6 Hauptfiguren in drei Erzählsträngen, zwanzig Fremdvölkern und 28.000 Jahren fortlaufender Geschichtsschreibung ja wohl undenkbar wäre.
Kommt mir trotzdem immer noch etwas merkwürdig vor. Ich hatte schon häufiger sponate Unterhaltungen in Buchläden, die darauf hinausliefen, daß der/die andere ebenfalls verzweifelt nach etwas nicht-epischer Sword & Sorcery suchte und die Tolkien-Plagiate satt hatte.

Könnte da der Teufelskreis greifen, wie ihn Scott McCloud in "Reinventing Comics" beschreibt? Daß durch die Verengung des Angebots praktisch nur noch diejenigen in Buchläden gehen, die nach genau diesem engen Angebot suchen und daß alle, die nach "was anderem" Ausschau halten, schon resigniert haben? Ich meine, es gibt sie ja anscheinend, die Leute mit dem "schwer verkäuflichen" Geschmack. Oder entspringen die nur meiner allzu lebhaften Phantasie? ???
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Lomax am 06. August 2012, 18:17:16
Zitat von: Farean am 06. August 2012, 16:37:31Kommt mir trotzdem immer noch etwas merkwürdig vor. Ich hatte schon häufiger sponate Unterhaltungen in Buchläden, die darauf hinausliefen, daß der/die andere ebenfalls verzweifelt nach etwas nicht-epischer Sword & Sorcery suchte und die Tolkien-Plagiate satt hatte.

Könnte da der Teufelskreis greifen, wie ihn Scott McCloud in "Reinventing Comics" beschreibt? Daß durch die Verengung des Angebots praktisch nur noch diejenigen in Buchläden gehen, die nach genau diesem engen Angebot suchen und daß alle, die nach "was anderem" Ausschau halten, schon resigniert haben?
Meine Theorie dazu ist eine andere - ich meine, die habe ich irgendwo auch schon mal geäußert: Man kann keine Bücher an Leute verkaufen, deren einzige Gemeinsamkeit es ist, dass sie "etwas anderes wollen". Denn dass man jede Menge Leute findet, die mit dem "Mainstream" nicht zufrieden sind, kann man in der Tat oft beobachten; viele sind sich einig, wenn es gegen "Tolkien-Plagiate" geht, gegen "klassische epische Fantasy" oder was auch immer gerade zuhauf am Markt zu finden ist.
  Aber bei jeder Diskussionen kann man beobachten, dass die Einigkeit schnell zerbricht, sobald die Diskussion weitergeht und Bücher genannt werden, die die Leute lieber wollen. Und selbst die Leute, die prinzipiell "was anderes" wollen, kaufen ein Buch nicht, nur weil es "anders" ist - sie wollen dann auch genau ihre persönlichen positiven Merkmale erfüllt sehen, und da ist es halt viel schwieriger, genug Leser in ein Boot zu bekommen, weil gerade die unzufriedenen Leser meist sehr individualistische Vorstellungen haben und halt auch bei Alternativen schnell wieder abspringen.

Ich habe also eher das Gefühl, bei Anthologien ist es letztlich ähnlich. Würde jeder, der "prinzipiell gerne" eine Anthologie kaufen möchte, das dann auch tun, dann würden Kurzgeschichten vielleicht auch besser laufen. Aber in der Praxis finden die meisten Interessenten bei jeder konkreten Anthologien vermutlich doch besonders schnell irgendein Haar in der Suppe, das sie vom Kauf abhält, und am Ende bleibt das Buch dann doch liegen.  :(
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Farean am 06. August 2012, 18:42:16
Zitat von: Lomax am 06. August 2012, 18:17:16
Aber bei jeder Diskussionen kann man beobachten, dass die Einigkeit schnell zerbricht, sobald die Diskussion weitergeht und Bücher genannt werden, die die Leute lieber wollen.
Das ist natürlich leider nicht von der Hand zu weisen. :( Daß aber gerade bei Anthologien die ein bis zwei Haare in der Suppe für so viele Käufer anscheinend den Ausschlag geben, den übrigen fünf bis sechs Geschichten gar nicht erst eine Chance zu geben, ist extrem schade.

Wenn dies das Problem ist: was kann man tun, um es zu lösen? :hmmm:
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: FeeamPC am 03. Dezember 2012, 00:06:54
Anthologien laufen nur, wenn sie Werbung bekommen.
In den Buchhandel gelangen sie gar nicht erst. Die Märchen-Anthos, die ich gerade verlegt habe, wurden genau von zwei Buchhandlungen in Kommission genommen (heißt, sie werden nur bei Verkauf bezahlt, also für die Buchhandlung risikofrei). Eine davon ist bei mir zuhause, die andere, da hatte eine Autorin der Anthologie einen besonders guten Draht.
Alle anderen Bücher verkaufen sich ausschließlich über Lesungen der Autoren und deren persönliche Kontakte, sowie die Direkt-Werbung durch mich.
Grob kalkuliert ( und schöngerechnet) bedeutet das, pro teilnehmendem Autor verkaufe ich ca. 10 Bücher, durch eigene Initiative noch mal ca. 100. Im ersten Jahr. Danach sinken die Zahlen. Mehr Potential sitzt bei dem mageren Werbeetat eines Kleinverlages kaum drin.

Was können Leser und Autoren tun, um die Anthos wieder besser ins Rennen zu bringen? Aus Verlagssicht: taggen bei Amazon, Rezensionen schreiben bei Amazon, Rezensionen schreiben für Buchblogs, bei Autoren auch: eigenen Blog interessant gestalten, oder zumindest eine Webseite führen, die fur zufällige Besucher etwas zu lesen bietet. Facebook geht einigermaßen für Werbung, Twitter bringt praktisch nichts. (Wird von verschiedenen Seiten so bestätigt).
Diese Aktivitäten würde helfen. Dann würden die vorhandenen Anthos wenigstens von suchenden Lesern gefunden.
Hits werden es trotzdem keine. Allerhöchstens könnte man damit die Antho-Szene wenigstens einigermaßen am Leben halten.

Ich bin selbst durch Anthos erst zur Science Fiction and später zur Fantasy gekommen. Nach wie vor lese ich gerne Anthos. Ich würde es sehr bedauern, wenn es sie nicht mehr gäbe.

P.S: Die Einhörner- Antho im Torsten-Low-Verlag kann ich auch empfehlen.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Alana am 03. Dezember 2012, 19:50:25
Ich persönlich habe als Leser bei Anthos einfach oft Pech gehabt. Ich hatte eben nicht zwei Geschichten, die mir nicht gefallen haben, sondern 2, die mir gefallen haben und der Rest war nicht mein Ding. (Das ist kein Qualitätsurteil sondern einfach eine Geschmackssache). Trotzdem mag ich Anthos prinzipiell und schaue immer wieder danach. Besonders im Erotik-Bereich finde ich Anthos super, man möchte halt oft einfach nur ein oder zwei Geschichten lesen und keinen ganzen Roman, nur dass die leider bisher alle grottenschlecht waren. Für mich müssten Anthos homogener sein, also eben gerade nicht gemischt zum reinschnuppern, sondern alles auf der gleichen Schiene, so dass ich, wenn mir die Leseprobe gefallen hat, davon ausgehen kann, dass auch der Rest meinen Geschmack trifft.
Abgesehen davon finde ich die Idee super, kleinere Anthos zu einem günstigen Preis anzubieten, also immer nur 3 Geschichten, die aber dafür wirklich richtig gut zusammen passen.

Theoretisch bin ich also der perfekte Abnehmer für einzelne Kurzgeschichten im eBook-Format. Nur habe ich keinen Kindle und abgesehen davon erschlägt einen die Auswahl.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Judith am 04. Dezember 2012, 09:57:21
Ich bin kein Fan von Kurzgeschichten, das muss ich ganz ehrlich sagen. Ich schreibe sie nicht gern und ich lese sie nicht gern.
Das heißt nicht, dass ein Roman bei mir immer episch lang und mit zig Handlungssträngen sein muss, aber auch zwischen einem 200-Seiten-Roman und einer Kurzgeschichte gibt es für mich noch einen riesengroßen Unterschied. Eine Kurzgeschichte ist fast immer eine Momentaufnahme und ich möchte Figuren meistens länger auf ihrem Weg begleiten.
Deshalb funktionieren für mich z.B. Kurzgeschichten besser, die Spin-offs zu Romanen sind. Etwa George R. R. Martins Dunk&Egg-Geschichten, die aber ohnehin von der Länge und der Struktur her eher ein Kurzroman sind.

Tja, und dann kommt noch dazu, was Alana schreibt: Wenn ich Anthologien lese, dann gefällt mir meistens gerade mal die Hälfte der Geschichten, wenn überhaupt.
Daher mag ich auch eher Kurzgeschichtensammlungen von einem Autor/einer Autorin als solche mit verschiedenen. Wenn ich bei jemandem schon weiß, dass mir der Schreibstil gefällt, dann probier ichs auch eher mal mit kurzen Geschichten. Jorge Luis Borges etwa finde ich toll und auch die Kurzgeschichten von Michael Ende mag ich sehr.
Aber bei Anthologien bin ich eben vorsichtig. Und da wiederum ist es meiner Meinung nach ein großes Problem, dass sie so wenig in Büchereien präsent sind. Wenn ich eine Anthologie ausleihe und dann gefallen mir darin nur 3 Geschichten - was solls? Es war ein Versuch und ich hab kein Geld "verloren". Aber in Büchereien findet man Anthologien fast nie und kaufen mag ich sie dann nicht.

Vielleicht könnten mich einzelne Kurzgeschichten, die es als ebook gibt, mit dieser Erzählform "aussöhnen". Aber wie Alana schon schreibt: Da erschlägt einen die Auswahl komplett, ich wüsste nicht mal, wo ich da mit der Suche ansetzen sollte.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Yukan am 04. Dezember 2012, 23:38:43
Kurzgeschichten mochte ich auch nie wirklich. Es war immer so, dass mir die Gefühle und die Tiefe der Charaktere gefehlt haben. Das positivste, was eine Kurzgeschichte bei mir erreichen kann, ist, dass ich mir wünschen würde, dass es weiter geht. Es ist schade, wenn eine gute Idee aufgegriffen wird, aber dann leider keine Tiefe aufbaut, die die Charaktere authentisch wirken lassen. Vor allem, das "Mitleiden" mit Charakteren wird schwer, da sie so schnell auftauchen und wieder verschwinden, dass man sich denkt, na gut, ist er/sie eben wieder weg, kam auch erst vor 2 Seiten.

Andererseits hat mich auch die Anthologie vom Thorsten Low Verlag "Geschichten unterm Weltenbaum" und "geheimnisvolle Bibliotheken" vom Gegenteil überzeugt. Die sind sorgfältig ausgewählt und haben mir überaus gut gefallen.

Aber allgemein bin ich auch kein Fan davon.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: canis lupus niger am 07. Januar 2013, 14:38:13
Die Anthologien von Torsten Low sind wirklich supergut, und das hat sich auch herumgesprochen. Deshalb verkaufen sie sich auch inzwischen gut. Auch ich denke, dass es eine Frage der ... nein, nicht Werbung, sondern eher Bekanntheit ist, die das Leserinteresse an einer Anthologie oder sogar Anthologie-Reihe weckt. Aus dem Low-Verlag sind ja inzwischen etliche Anthos gekommen, immer zu einem bestimmten Thema (z.B. Lovecraft, Bibliotheken, Einhörner, demnächst Krieger ...), so dass der Leser ungefähr weiß, was er bekommt. Ähnlich ist das auch mit (Christopher) Tolkiens "Nachrichten aus Mittelerde".

In den Antologien der 70er/80er Jahre die zum Beispiel von Heyne herausgebracht wurden, als der verlag noch nicht Bertelsmann/Random House gehörte, war das nicht immer der Fall. Das war dann der "Science-Fiktion Story-Reader 12 mit einem Vorwort von Isaac Asimov" (oder ähnlich) und hat dann tatsächlich die Assoziation zu einer Sammlung von Groschenromanen erzeugt. Fantasy war damals irgendwie das Schmuddelkind der Science Fiktion und noch kein eigenes Genre. Jedenfalls war die Verlockung nicht sehr groß, so eine Sammlung zu erwerben. Heutzutage findet man in diesen alten Schätzchen wahre Juwelen, frühe Werke von heute höchst bekannten Autoren.

Auch die Hexer-Reihe von Sapkowski begann ja mit zwei Anthologien, bis die Mundpropaganda und vor allem die Computerspiele die Reihe bekannt machten.

Auf jeden Fall kann man sagen, dass sich Anthologien wenn, dann über Namen verkaufen, den des Autors, des Verlages oder den der Reihe/des Hauptcharakters.

Aus meiner Sicht haben Kurzgeschichten aber über die EBook-Schiene wieder eine Zukunft, denn als Unterhaltung für die Mittagspause oder die Zugfahrt zur Arbeit lesen doch Viele mittlerweile die kostengünstigen und schnell ladbaren Stories. Das Risiko ist nicht so groß, viel Geld für eine Geschichte in den Sand zu setzen, die einem nicht gefällt.   
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Hanna am 07. Januar 2013, 14:59:37
In einem anderen Autorenforum hatten wir letztes Jahr einen Jahreswettbewerb. Jeden Monat sollte eine Kurzgeschichte geschrieben werden. Da ist einiges zusammengekommen. Meine Chefin, die auch schreibt und in dem gleichen Forum ist, hat jetzt alle Geschichten in einer Anthologie herausgebracht und an Weihnachten an unsere Kunden geschickt. Wir haben unglaublich viele Rückmeldungen zu dieser Anthologie bekommen und die Kunden waren begeistert. Ich denke also schon, dass Kurzgeschichten immer noch ihren Markt haben und auch immer haben werden. Es gibt Menschen, die lesen ausschließlich Kurzgeschichten, z. B. in der Bahn oder abends vor dem Schlafengehen. Und für einen Autor macht sich eine Veröffentlichung in der Vita sicher auch nicht schlecht.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Nachtblick am 12. Januar 2013, 20:22:36
In der jungen Literaturszene läuft Kurzprosa nach meinen Erfahrungen tatsächlich sehr gut, wenn nicht hauptsächlich. Das liegt aber daran, dass ein Großteil der wichtigen Wettbewerbe, Stipendien und Auszeichnungen über Kurzprosa vergeben wird. Hier wird man mit Märchen, Fantasy und Sciene Fiction allerdings wenig. Viele Anthologien großer Wettbewerbe wie MDR, FM4 Wortlaut und Open Mike haben ihre regelmäßigen Abnehmer, aber sicherer ist natürlich die Präsentation über den Wettbewerb. Nur auf der Shortlist zu sein bringt weniger.
Tatsächliche klassische Kurzgeschichten zu bestimmten Themen dürften sich, besonders wenn sie in Anthologien laufen, nur verschwindend verkaufen.
Insofern: so wie ich das selbst, bei Freunden und Kommilitonen mitkriege, ist die Veröffentlichung von Kurzprosa essentiell, wenn man sich etablieren will: darüber werden Lektoren, Verlagsleute und Leute, die jemanden kennen, auf dich aufmerksam.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Envo am 16. Januar 2013, 19:44:26
Ich denke, das ist tatsächlich ein "Ding der Zeit". Könnte mit Rentabilität einhergehen. Entweder die Verlage (wie wohl schon erwähnt) bringen aus diesem Grund gar keine Sammlungen mehr raus oder sie werden erst gar nicht mehr eingeschickt, weil Autoren eben genau das denken.
Kommt aber wohl auch wieder auf das Genre an - gerade in der Fantasy könnte man wohl über den Sinn von Kurzgeschichten streiten, sollten diese jeweils in einer völlig neuen Welt spielen. Ist aber immerhin eine gute Möglichkeit Charaktere und Welt ein wenig im Vorfeld vorzustellen, wie bei der Geralt-Saga.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: treogen am 25. Juni 2013, 15:26:43
Da hab ich doch tatsächlich eine relativ aktuelle Anekdote vom NordCon 2013.
Wir hatten tatsächlich einen Kunden, der uns erzählte, dass er Anthologien über alles liebt und er es gut findet, was wir machen. Er schaute sich auch tatsächlich jede Anthologie an.
Am Ende kaufte er Faulfleisch - einen Roman!

Ich habe ihn nicht nach dem Grund gefragt - das hab ich mir dann doch nicht getraut.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: FeeamPC am 25. Juni 2013, 18:29:46
War der Roman so kurz?  :engel:
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: treogen am 25. Juni 2013, 18:50:50
Zitat von: FeeamPC am 25. Juni 2013, 18:29:46
War der Roman so kurz?  :engel:

Ein bissl was über 300 Seiten, also nicht unbedingt kurz.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: AlpakaAlex am 27. März 2022, 12:48:10
Ich hole diesen uralten Thread mal hervor, weil das Thema mich aktuell sehr beschäftigt.

Der Grund ist, dass ich aktuell allgemein lieber Kurzgeschichten schreibe und lese. Der Grund ist beim Lesen einfach, dass ich aktuell häufig beim Lesen von Romanen den Faden verliere und mich dann schwer tue, die Handlung zu erfassen. Bei Kurzgeschichten, die ich innerhalb von 30-90 Minuten durchlesen kann (je nach Länge), habe ich das Problem nicht. Deswegen kaufe ich mir aktuell auch so viele Anthologien - in erster Linie auf Englisch, da ich gerade halt sehr gerne Solarpunk lese und es bisher nur wenige Solarpunkromane gibt.

Auch schreibe ich gerade wirklich viele Kurzgeschichten (unter anderem weil ich dieses Jahr für ein paar Freund*innen Geburtstagsgeschichten schreibe - also Kurzgeschichten, die sie zum Geburtstag bekommen).

Außerdem plane ich eine eigene Kurzgeschichtensammlung nächstes Jahr fürs Self-Publishing.

Leider bringen sehr wenige Verlage noch Anthos raus, kommt es mir vor ... Hmm, ja, sehr schade, finde ich.
Titel: Re: Sind Kurzgeschichten überhaupt noch "in"?
Beitrag von: Exlibris am 12. September 2022, 09:59:57
@AlpakaAlex - das kann ich dir richtig nachfühlen. Mir kommt es so vor, als ob jedes neue Buch als "#allergrößtesmegasuperduper Epos" beworben wird. Es gibt quasi nichts mehr unter 500 Seiten. Und um es vorsichtig auszudrücken: Nicht jede Geschichte braucht soviel Platz ...

Fun Fact: das Problem gab es schon im antiken Griechenland. Aristoteles stellt im ersten Buch seiner "Poetik" die Frage, ob die Tragödie oder das Epos anspruchsvoller sei. Er sagt, die Tragödie, weil man als Autor weit pointierter und auf kurzem Raum arbeiten muss, während man in einem tausendseitigen Epos leicht mal zu schwafeln beginnen kann.

Bis vor wenigen Jahren habe ich sehr gerne lange Bücher gelesen, aber ich wurde immer wieder enttäuscht. Ich habe zum Beispiel die "Drachenelfen"-Quintologie von Bernhard Hennen gelesen und kann mich heute nicht einmal noch an die Charaktere erinnern. Nichts gegen Hennen, aber es ist sowohl für die Schreibenden als auch für die Lesenden schwierig, bei solchen Größendimensionen den Überblick zu behalten.

Ich empfinde diese Entwicklung als kontraproduktiv für den Buchmarkt. Es fühlt sich fast so an, als würde der Wert eines Buches heutzutage in Kilogramm gemessen werden ...