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Geschichte spielt in einem Land, das man nicht kennt?

Begonnen von maggi, 24. November 2008, 00:57:54

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Lavendel

Tatsächlich habe ich vor ein paar Monaten mal einen Bericht über eine hinduistische Hochzeit gesehen, die arrangiert war. Braut und Bräutigam hatten sich vorher ein paar mal getroffen, um sich kennenzulernen. Beide waren zufrieden damit und sogar dier Ansicht, dass eine arrangierte Ehe besser funktioniert, als eine Liebesheirat.
Ich kann nicht über dein Buch urteilen, und ich will es auch nicht, denn ich kenne die Geschichte nicht. Jedenfalls ist das Thema sehr viel komplexer, als man erstmal annimmt - übrigens auch die Form der Ehe, die wir hier bei uns praktizieren.

Die Ehe ist eine im Prinzip eine rein juristische Sache, und die Romantik ist einfach nur dazu erfunden. Das soll nicht heißen, dass Ehepartner keine romatischen Gefühle für einander hegen könnten. Es bedeutet einfach nur, dass die Ehe an sich nichts mit Liebe und Romantik zu tun hat. Das ist bloß die hübsche Verpackung einer staatlich begünstigten Lebensweise. Die meisten Leute messen einer Eheschließung großen symbolischen Wert bei - als könnte man sich die Liebe nicht anders beweisen. Ich finde dieses Thema übrigens viel spannender als das klassische Bild der Frau als Opfer der bösen Männer. Aber das nur so am Rande, und weil es eins meiner Lieblingsthemen ist ::).

Sarina

Was du berücksichtigen musst, ist, dass die Frau an sich häufig noch in Indien weniger Rechte hat bzw. weniger zu getraut wird. Da kann ich dir den Film "Chak de! India" empfehlen. Am besten schaust du dir einige Filme an (und damit meine ich nicht die Bollywood-"gute Laune-Liebesgeschichten" , die Populär sind sondern die ernsteren Varianten).
Außerdem sind arrangierte Ehen dort so normal wie hier Liebesheiraten. Es ist halt eine andere Kultur. Die Eltern meiner Freundin haben gleich nach der Einigung geheiratet und sind wenige Tage später nach Deutschland gekommen. Sie sehen sehr glücklich aus und gehen liebevoll miteinander um. Auch ist die Verhütung -sogar in der Ehe- verpöhnt.

Auch ist es so eine Sache, wo in Indien das spielt. Es gibt schließlich nicht nur eine Sprache dort. Die einzelnen Regionen haben starke Unterschiede in der Sprache, im Essen und Traditionen. Also solltest du dich sehr gut damit befassen.
Am besten suchst du dir Inder, die dir da weiterhelfen. Aber vorallem versuche nicht zu urteilen. Gerade aus der Westlichen Richtung wird das nicht gerne gesehen.

caity

Hallo,

ich möchte hier mal grundsätzlich noch etwas anderes zur Sache stellen:
Muss man sich denn mit allem, was einem unter den Fingern juckt, verstecken?
Sicher, es ist nicht immer authentisch, was man über andere Kulturen schreibt - sowieso, eine Weltanschauung kann von einer außenstehenden Person kaum ohne die entsprechende Wertung wiedergegeben werden, aber ich frage mich, ob das wirklich so schlimm ist. Wenn mich eine Idee unter den Fingern juckt, sollte ich sie niederschreiben. Eine andere Frage ist dann eher, ob es veröffentlichungsreif ist, ob man anderen so etwas zumuten kann, oder ob man mit so etwas die Wahrheiten nicht zu sehr verdreht. Aber wenn man eine Idee hat und sie zu Papier bringen möchte, wenn es einen total reizt, das zu schreiben, dann sollte man sich meiner Meinung nach nicht von solchen Dingen abbringen lassen.
Das mal ganz allgemein sowohl als Antwort zu Maggi als auch zu Alana. Traut euch! ;)

Bye
caity
Wenn ein Autor behauptet, sein Leserkreis habe sich verdoppelt, liegt der Verdacht nahe, daß der Mann geheiratet hat. - William Beaverbrook (1879-1964)

Tenryu

Ich finde, man kann durchaus kritsich über fremde Kulturen schreiben. Aber dazu sollte man sich einiger grundlegender Dinge bewußt sein:

1. Es ist in unserer Gesellschaft ein absolutes Tabu, das auszusprechen, was unterschwellig aber jeder denkt: nämlich, daß unsere Kultur den anderen überlegen ist. Daß wir fortschrittlicher sind und daß sich die anderen unseren Vorstellungen anzupassen hätten und nicht umgekehrt. Und das obgleich wir keine Gelegenheit auslassen, die Ausländer in unserem Sinne aufzuklären oder gar zu erziehen.

2. Es ist für einen Außenstehenden extrem schwierig, wenn nicht unmöglich, authentisch und glaubwürdig über die inneren Zustände und Befindlichkeiten eines fremden Volkes zu schreiben. Von daher würde ich die Außenansicht wählen. Das heißt meine Romanfigur wäre kein Inder, sondern ein Deutscher, der in Indien lebt und die Erlebnisse aus seiner Sicht schildert. Karl May hat das übrigens sehr geschickt gelöst, indem seine Helden und Erzähler Old Shatterhand bzw. Kara Ben Nemsi Deutsche sind, die im Auslande leben und die Geschichte aus Ihrer Perspektive erleben.
Gleichzeitig war er ein profunder Kenner der Fachliteratur und hat ausgiebige Recherchen betrieben.