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Spieglein, Spieglein an der Wand ...

Begonnen von Silvia, 12. September 2008, 22:31:53

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Linda

Zitat von: Tenryu am 13. September 2008, 19:50:58
Alternativ könnte die Figur ja auch ein Foto (Ausweis/Führerschein) von sich selbst betrachten - und darüber sinnieren, wie alt sie inzwischen geworden ist, usw.

nun ja. Könnte man, würde man nicht Fantasy schreiben  :rofl:

Und im übrigen finde ich, sollen sich die Leute nicht so anstellen. Spiegel haben nämlich auch eine metaphorische Bedeutung und in historischem oder Fantasy-Umfeld sind spiegelnde Flächen (oder Abbilder) nun mal eingeschränkt.
Wobei ich in Literatur "Steckbriefe" von Figuren grundsätzlich überspringe. Haare, Augen, Statur, Alter, menno, das reicht doch wohl! Wer macht sich denn bei ersten Begegnungen weiterreichende Gedanken über sein Gegenüber? Da sind Klang der Stimme und sympathisches Auftreten doch vieel wichtiger  ;)

Gruß,

Linda

Julia

#31
@ Stefan: Ich finde die Spiegelszene an dieser Stelle legitim - wenn man nicht mehr weiß, wer man ist, würde vermutlich fast jeder erst einmal in ein(e(n)) Spiegel /Waschbecken mit Wasser / Teich /Pfütze sehen. Von daher finde ich es als Leser nachvollziehbar.
Was mich allerdings mehr irritiert, ist die Verwendung des Präsens. Irgendwie bin ich da altmodisch, Geschichten müssen für mich im Präteritum stehen ...


Zitat von: Taske am 13. September 2008, 19:33:50
Zwischen "müsste ich mich" und "beschreiben" würde "mit einem Wort" nicht schlecht aussehen.

*Klugscheißermodus an* "ich wäre dunkel" sind aber drei Worte  ;D *Modus wieder aus und flücht"  ;D  ;)

Artemis

Ich kann mir nicht helfen, aber sich selbst beschreibende Figuren empfinde ich als eitel  ;) Da muss sich jemand sehr lange im Spiegel anstarren, um sich derart blumig zu umschreiben, wie man es manchmal liest. Dass nicht jede einzelne Wimper beschrieben wird, ist aber auch grade alles ...   ::) 

Nein, ich bleib dabei - Beschreibungen gibts nur von außenstehenden Figuren, fertig. Wenn ich durch die Augen des Protas einen anderen Charakter anschaue, kann ich durchaus länger verweilen und beschreiben - und auch ins Blumige abrutschen, wenn der Prota die andere Person besonders hübsch oder hässlich findet. Und da kann man auch auf die "Vorlieben" der einzelnen Figuren eingehen. Die eine achtet auf die Hände, die andere auf die Augen, die nächste auf die Stimme ...

Allzu detaillierte Beschreibungen kann ich genauso wenig haben. Beim Lesen habe ich dann immer das Gefühl, der Autor wäre komplett in die Figur vernarrt, was besonders dann unangenehm wird, wenn die Person als extrem gutaussehend beschreiben wird. Ich mag keine perfekten Menschen  :gähn:


Manchmal frage ich mich sowieso, ob sich meine Charaktere überhaupt so viele Gedanken um ihr eigenes Aussehen und das der anderen machen  :hmmm: Wen kratzt die zerzauste Matte auf dem Kopf, während man sich durch eine Wüste kämpft? Und wie soll man wie aus dem Ei gepellt aussehen, wenn man sich gerade mit dem Erzfeind die Glocke einhaut?
Schönheit und Attraktivität ist eigentlich erst in den letzten Generationen auf das jetzige Maß aufgebläht worden. Ich bezweifle, dass man früher so viel getan hätte, um als schön durchzugehen. Früher trug man Falten, Körperfett und graue Haare mit Würde (oder Ignoranz), während sie heute mit allem, was Chemie und Chirurgie hergeben, bekämpft werden. Hatte man früher überhaupt die Muße und den kritischen Blick, sich und andere nach dem Aussehen zu werten?

Shay

#33
Zitat von: Tenryu am 13. September 2008, 19:50:58
Alternativ könnte die Figur ja auch ein Foto (Ausweis/Führerschein) von sich selbst betrachten - und darüber sinnieren, wie alt sie inzwischen geworden ist, usw.
Du nimmst mir die Worte quasi aus dem Mund. Ich hab vor kurzem einen marinehistorischen Roman gelesen, in der der Held ein Portrait von sich betrachtet, das knapp 10 Jahre alt ist. Er vergleicht sich da recht ausführlich: was ist gleich, was hat sich geändert, warum hat es sich geändert... Zwar erfährt man da auch einiges über das Aussehen der Figur, vor allem aber geht es darum, daß er für seinen Geschmack viel zu lange außer Dienst war und daß das Familienleben ja seine netten Seiten hat, er aber so langsam den Budenkoller kriegt.
Das fand ich eine sehr geschickte Szene, weil sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlägt. Ich liebe ja sowieso die Szenen, wo man als Leser zuerst denkt, daß da die eine Sache im Vordergrund stand, nur um am Schluß zu merken, daß einem ganz geschickt eine völlig andere Info untergemogelt wurde.

Ansonsten gilt für mich immer, wenn eine Szene den Leser aus der Geschichte reißt und er das Gefühl hat, dem Autor in die Karten gucken zu können, dann ist sie schlecht. Wenn nicht, ist sie gut, egal ob in dem Raum ein Spiegel ist oder nicht. ;)

Hr. Kürbis

Zitat von: Julia am 13. September 2008, 21:41:07
@ Stefan:
Was mich allerdings mehr irritiert, ist die Verwendung des Präsens. Irgendwie bin ich da altmodisch, Geschichten müssen für mich im Präteritum stehen ...


*Klugscheißermodus an* "ich wäre dunkel" sind aber drei Worte  ;D *Modus wieder aus und flücht"  ;D  ;)

Ich finde Präsenz hier viel passender, der Kerl hat keine ihm bewusste Vergangenheit, also schreibe ich ihn aus dem Moment heraus. Im Präteritum wäre er schon wieder ein anderer Mensch, denn natürlich erfährt er Dinge, die alles wieder in einem anderen Licht zeigen ...
Und wegen dem mit einem Wort ... ich hab es schon bewusst so geschrieben, denn er ist recht sprachlos und kann einfach nicht mehr sagen.

Zurück zum Thema:
Man kann seine Figuren ja auch mit anderen vergleichen, je nach Charakter. Hat jemand Komplexe, kann der immer Attribute an einer anderen Figur erwähnen, die er selbst gern hätte und mit seinen eigenen vergleicht. Das nützt dann auch der Charakterisierung der Figur.
Also wie gesagt, eine solche Szene sollte immer aus der Notwendigkeit der Handlung heraus entstehen, ich denke nicht, dass sie pauschal den Leser nerven. Nur wenn dafür der Text "unterbrochen" wird, erstmal die ganze Figur heruntergebetet wird und dann die Handlung weiter läuft, finde ich es ungeschickt.
Das funktioniert im Film, eine neue Figur taucht auf, will gerade den Mund aufmachen und etwas sagen, aber das Bild friert eine, eine Off-Stimme fängt an: "Jimmy Calzone, der Sohn des Paten, tat stets als wäre er der härteste Mann der Stadt. Dabei half er am Sonntag vor der Kirche seiner Oma, die Lockenwickler aus den Haaren zu drehen."
Wobei es hier natürlich nicht um Äußerlichkeiten geht, sondern um die Charakterisierung, das Bild hat man ja beim Film vor Augen.
Komisch, vielleicht sind mir Beschreibungen als Filmjunkie deswegen relativ egal? Mich interessiert mehr der Charakter, ob die psychotische Heldin nun lange blonde Haare hat und grüne Augen oder kurze schwarze Haare mit braunen Augen, wird deswegen die Geschichte eine andere?
In Japan sind solche Dinge ja immens wichtig, Haarfarben und solche Dinge bestimmen da ja schon den Grundtypus einer Figur, genau wie die Art der Blumen neben einem Char, wenn dieser in einem Shojo-manga auftaucht und vergöttert werden will ...  ::)

Julia

#35
Zitat von: Stefan am 14. September 2008, 10:53:38
Ich finde Präsenz hier viel passender, der Kerl hat keine ihm bewusste Vergangenheit, also schreibe ich ihn aus dem Moment heraus. Im Präteritum wäre er schon wieder ein anderer Mensch, denn natürlich erfährt er Dinge, die alles wieder in einem anderen Licht zeigen ...

So betrachtet hast Du natürlich Recht (klingt auch logisch).

:psssst: Aber ich bin doch trotzdem so eine elendig altmodische Leserin ...  :innocent:


Zitat von: Stefan am 14. September 2008, 10:53:38
Und wegen dem mit einem Wort ... ich hab es schon bewusst so geschrieben, denn er ist recht sprachlos und kann einfach nicht mehr sagen.

*räusper* Das war eigentlich auf Taskes Kommentar gemünzt ... (und auch nicht böse, sondern mit einem Augenzwinkern gemeint  ;) )

Hr. Kürbis

Zitat von: Julia am 14. September 2008, 11:25:38
*räusper* Das war eigentlich auf Taskes Kommentar gemünzt ... (und auch nicht böse, sondern mit einem Augenzwinkern gemeint  ;) )

Hab ich auch so verstanden! ;)

Julia

#37
 :D

... und ich bin jetzt auch wieder ganz friedlich, bevor die Mods zu mir mit der :pfanne: kommen

Silvia

Wow, 3 Seiten  ;D Das Ding mit dem Spiegel hat anscheinend wirklich Diskussiosbedarf. Also für mich kristallisiert sich langsam heraus: Spiegel oder Selbstbetrachtung ist ok, wenn dadurch gezeigt wird, dass sich etwas an oder in der Figur verändert hat bzw. ein neuer unbekannter Aspekt in der Beschreibung verdeutlicht wird. Ansonsten sollte man es wohl eher in den Text einfließen lassen, ob der Chara jetzt blaue oder grüne Augen oder goldene Löckchen hat.
Wie gut, dass ich den alten Text mit meiner Spiegelszene sowieso überarbeiten wollte. Da kann ich mir die auch gleich mit vornehmen.