• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Eine Logikfrage...

Begonnen von Feuertraum, 31. Juli 2008, 17:48:48

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Skandra

Hallo!

Er hätte den Platz, vor dem der Teller steht, gern als leer bezeichnen können. Er hätte den Teller als unbenutzt beschreiben können. Aber eben nicht den Teller, auf dem etwas liegt, als leer, denn es gibt in der deutschen Sprache eine Definition für leer. Nutze ich es in anderem Zusammenhang, ist es besagter Regelverstoß.

Ich habe doch schon auf Oxymoren hingewiesen. Es gibt für solcherlei Widersprüchlichkeiten in unserer Sprache also sogar einen Namen. Und die werden oft gekonnt eingesetzt, wie in dem mehrfach von mir bemühten Spottgedicht. Allerdings befürchte ich hier, es passierte versehentlich.

Lieber Lomax, ich freue mich sehr über diesen interessanten Austausch, obwohl ich eigentlich nicht sehr streitbar bin.

Liebe, abgekühlte Grüße
Skandra







Churke

Also in bzw. vor meinen Augen erzeugt der "leere Teller" ein Bild. Ein leerer Platz aber nicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich, wenn ich am Tisch sitze, den Teller sehe und nicht den unbenutzten Stuhl. Meiner Meinung nach kann ein Stilmittel, das funktioniert, das ein griffiges Bild transportiert, nicht falsch sein.

Skandra

#32
Zitat von: Churke am 01. August 2008, 18:18:28
Also in bzw. vor meinen Augen erzeugt der "leere Teller" ein Bild. Ein leerer Platz aber nicht.

???

Ein leere Platz wirft die Frage auf, wer sonst auf diesem Platz sitzt, für wen er freigehalten wird. Ein leerer Teller jedoch noch lange nicht die Frage, was sonst auf diesem Teller liegt. Für mich funktioniert dieses Bild nicht.

Jedoch war nicht das die Frage. Hier ging es darum, ob ich einen Teller leer nennen darf, obwohl etwas darauf liegt.  Es ist eine Defitionsfrage. Leere hat eine bestimmte Bedeutung.

Liebe Grüße
Skandra

Lomax

Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 17:38:01... Allerdings befürchte ich hier, es passierte versehentlich.
Nrrrg :wums: Irgendwas läuft hier in Deutschland profund falsch mit dem Deutschunterricht, wenn man am Ende doch immer wieder auf die Vorstellung zurückkommt, dass man für eine Textanalyse mehr wissen müsste als das, was im Text steht - nämlich, was die Absicht des Autors war.
  Aber egal, ich will jetzt nicht auch um Worte und Formulierungen streiten. Ich verstehe dein Fazit also einfach mal nicht wörtlich, sondern so, wie's gemeint ist: Dass sich dir hier keine Aussageabsicht und damit auch keine sinnvolle Verwendung eines Stilmittels erschließt - ob der Autor ein solches nun bezweckte oder nicht. Denn wenn es Absicht des Autors gewesen wäre und nicht funktioniert hätte, würde es ja auch nicht besser ;)
  Ansonsten ist alles, was dazu gesagt werden musste, in diesem Thread wohl irgendwo gesagt worden. Ein wenig schade finde ich, dass letztendlich doch kein überzeugender Verbesserungsvorschlag gefallen ist - denn diese Frage von mir war durchaus ernst gemeint. Denn dass die Formulierung ihre Probleme hat, steht wohl außer Frage. Dass aber alle genannten Alternativen seltsam blut"leer" und distanziert-beschreibend wirken und auf keinen Fall in jeder Hinsicht als zumindest gleichwertig angesehen werden können, gibt einem doch zu denken. Denn einen eindeutigen Fehler müsste man auch eindeutig verbessern können.

@Churke:
Zitat von: Churke am 01. August 2008, 18:18:28Meiner Meinung nach kann ein Stilmittel, das funktioniert, ..., nicht falsch sein.
Diese Aussage entspricht exakt der Definition für ein korrektes Stilmittel. :) Damit ist auch genau das die Frage, zu der man sich aus dem bisher gesagten seine Meinung bilden muss. Denn wenn das Bild zumindest beim maßgeblichen Teil der Leser funktioniert, liegt ein Stilmittel vor und damit auch eine zulässige Abweichung vom wörtlichen Textverständnis.
  Wie schon gesagt - mein Fazit hinge maßgeblich davon ab, ob es womöglich doch noch eine Formulierung gibt, die für noch mehr Leser "funktionieren" würde, und die gleichzeitig das vermittelte Bild nicht abschwächt oder verzerrt.

Skandra

#34
Zitat von: Lomax am 01. August 2008, 18:41:59
Nrrrg :wums: Irgendwas läuft hier in Deutschland profund falsch mit dem Deutschunterricht, wenn man am Ende doch immer wieder auf die Vorstellung zurückkommt, dass man für eine Textanalyse mehr wissen müsste als das, was im Text steht - nämlich, was die Absicht des Autors war.

Wie kommst Du denn bitte darauf, ich hätte meine Bildung einzig und allein im Deutschunterricht erworben? Ich finde das jetzt sehr unhöflich.

Bitte, lies doch aufmerksam. Ich habe von Oxymoren geschrieben und davon, dass der Autor hier wohl unabsichtlich eines gebildet hat.
Interessant, dass Du meine Worte in falschen Zusammenhang setzt.

Eine überraschte Skandra, die sich wohl lieber zurückzieht.


Lomax

Zitat von: Skandra am 01. August 2008, 18:54:36Wie kommst Du denn bitte darauf, ich hätte meine Bildung einzig und allein im Deutschunterricht erworben? Ich finde das jetzt sehr unhöflich.
Das war eher eine allgemeine Bemerkung und eine Anspielung auf die klischeehafte Lehrerfrage, "was will der Autor uns damit sagen"? Der Ansatz ist schlechte Germanistik, und es spricht einiges dafür, dass er über die Schulen so weit verbreitet wird, dass er inzwischen zur volkstümlichen Vorstellung von Textinterpretation geworden ist. Und irgendwie stelle ich halt fest, dass du doch immer wieder auf diese Argumentationslinie zurückkommst. Also gehe ich mal davon aus, dass dieses "Bild" von der Textarbeit noch aus der Schulzeit bei dir präsent ist - unabhängig davon, was du später noch zu dem Thema gemacht hast.
  Dass ich dir damit nicht unterstellen kann, du hättest sonst keine Bildung erworben, wird schon dadurch deutlich, dass dieser Interpretationsansatz ja auch irgendwie in die Schulen hineingetragen werden muss - und zwar von Lehrern, die ja auch sicher mehr als nur den Deutschunterricht besucht haben ;) Das dauernde Flüchten vom Text fort in Mutmaßungen über den Autor empfinde ich als sehr störend; aber ich habe ja selbst in meinem letzten Posting eingeräumt, dass ich davon ausgehe, dass es nur eine begriffliche Gewohnheit von dir ist und du, wenn du vom Autor sprichst, trotzdem den Eindruck meinst, den du vom Text hattest.
  Ich bin also höflich davon ausgegangen, dass du nicht wirklich auf irgendwelchen falschen Vorstellungen aus dem Deutschunterricht stehen geblieben bist, sondern eben nur ein wenig von der Wortwahl hängengeblieben ist, die man dort leicht aufschnappt.

Denn der entscheidende Punkt ist ja, dass es eigentlich völlig irrelevant für die Bewertung eines Textes ist, ob der Autor etwas schreiben wollte. Untersuchen kann man nur, was er geschrieben hat. Wenn er mit dieser Formulierung tatsächlich absichtlich ein Paradoxon (ein Oxymoron ist es deshalb nicht, weil der Widerspruch sich erst durch den ganzen Satz erschließt und nicht durch ein einfaches Wortpaar) einsetzen wollte, und die meisten Leser verstehen es falsch, dann ist das Stilmittel trotzdem missglückt und taugt nichts. Wenn er aber unbewusst genau die richtigen Worte gefunden hat, die jeden Leser anrühren, dann ist der Text dennoch genial, und der Autor umso mehr. Deswegen will ich gerne von den Spekulationen über "Absicht" oder "Versehen" des Autors weg: Es macht die Textstelle um keinen Deut besser oder schlechter, egal ob der Autor absichtlich oder unabsichtlich so formuliert hat.
  Es gibt viele Autoren, die können zu jeder noch so schlechten Textstelle haarklein erklären, was sie sich Tolles dabei gedacht haben und warum die Formulierung toll ist und alle anderen Menschen auf der Welt blöd, weil sie sie nicht verstehen. Werden die Textstellen dadurch besser, dass ein Autor so was sagt?
  In den meisten Fällen kann man bei Gesprächen über Bücher ohnehin nur nicht-nachprüfbare Behauptungen über den Autor aufstellen. In spätestens hundert Jahren kann gar niemand mehr nachprüfen, was ein Autor sich bei einer gewissen Formulierung gedacht hat, oder auch nicht. Aber beurteilen wird man seine Texte trotzdem noch. Und das ist auch nicht weiter schlimm, denn alles, was man dazu braucht, steht auch im Text. Oder sollte im Text stehen, wenn er was taugen soll.

Also, mir ging es nur darum, die Aufmerksamkeit auf den Text zu lenken. Und darauf hinzuweisen, dass ich die Wortwahl mit dem "Autor" für eine schlechte Angewohnheit halte, die eine methodisch korrekte Textanalyse sehr erschwert.

Skandra

#36
Auweia: Selbstverständlich ist Oxymoron hier absoluter Blödsinn, es ist, wie Lomax ganz richtig bemerkte, ein Paradoxon.


Obwohl ich mich aus dieser Diskussion zurückgezogen habe, musste ich das natürlich noch unterstreichen.

Liebe Grüße
Skandra