Grammatikalische Konstruktionen wie "ich bin gesessen" werden ebenfalls nicht nur im Österreichischen, sondern auch im Süddeutschen verwendet. Die Sprache macht vor Landesgrenzen nicht halt
Ich weiß, dass es sehr viele Ähnlichkeiten zwischen dem Süddeutschen und Österreichischem Deutsch gibt.

Wird die Perfektbildung mit "ist" in der Schule in Süddeutschland gelernt oder handelt es sich überwiegend um mündliche Anwendung?
Gibt es (hier) süddeutsche Autor*innen, die der süddeutschen Variante (z.B. bei der Perfektbildung) dem Vorzug gegenüber dem Bundesdeutschen in ihren Texten geben? Da ich das Gefühl habe, dass sich nicht einmal noch österreichische Autor*innen trauen, der Standardvariante, mit der sie von klein auf vertraut sind, treu zu bleiben, kann ich mir gar nicht vorstellen, wie das für Personen aus süddeutschen Regionen ist, die emotional dem Bundesdeutschen verbundener sind als österreichische Sprecher*innen.
Das mit der Grammatik stimmt, allerdings als Stilmittel (er arbeitet viel mit unvollständigen Sätzen) und nur bei seinen Brenner-Krimis. Bei seinen anderen Büchern schreibt Haas teilweise sehr anders.
Gut zu wissen.

Aber ist das (deutschen) Leser*innen auch klar, dass das Haas' Stil ist und der nicht stellvertretend für Österreichisches Deutsch gilt? Ich habe das Gefühl, dass das Österreichische international den Ruf genießt eine Dialektform des Bundesdeutschen zu sein. Ich gebe zu, ich habe Vorbehalte, wenn ich
das Österreichische oder Bundesdeutsche schreibe, weil es, wie gesagt, das eine (Hoch-)Deutsch, weder innerhalb von Landesgrenzen noch überregional, nicht gibt. Ich schreibe hier einfachheitshalber von
der österreichischen Standardvarietät, um diskursmäßig anzureißen, welche Überlegungen sich mir stellen. In Österreich gibt es bspw. ein Ost-West-Gefälle, sodass Personen aus Vorarlberg mit Personen aus der Ostschweiz verständlicher kommunizieren können als bspw. mit Leuten aus Wien. Der Begriff Standardvarietät will die ausgeprägtesten Formen einer Sprache zusammenfassen, tut das aber v.a. unter politischen Vorzeichen, sodass, wie bereits angemerkt, eine Landesgrenze maximal ein Indikator für die Trennung zweier Varietäten darstellen kann.
Na ja, durch diese Aussage bin ich auf die Idee gekommen, Dir die österreichische Zeitung vorzuschlagen. Sicher, Du wirst Dein Projekt/Roman nicht im Zeitungsstil schreiben. Aber wenn es dem "deutschsprachigen Schreibstil" dienlich ist, dann kann man schon mal einen Blick in die Zeitungen werfen.
Ich halte ein überregionales Deutsch für eine Illusion. Die Analyse von Zeitungen wird das bestätigen, anhand von spezifischen Blättern lassen sich mMn sehr gut die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Varietäten verfolgen. Für mich stellt die Bildung der Vorvergangenheit eines der wesentlichsten Merkmale dar. Sucht mal in Zeitungsartikel nach dem Partizip "gesessen" (ausgenommen in Verbindung mit einer Haftstrafe) und schaut, welche Zeitung welches Hilfsverb verwendet. Spaßeshalber habe ich das flüchtig mit den Salzburger Nachrichten gemacht. Der erste Suchtreffer wendet "haben" an, die nachfolgenden Artikel allesamt "sein". Man muss hier natürlich auch den persönlichen Hintergrund des*r Journalist*in berücksichtigen, aber rechnet man die Ergebnisse hoch, erhält man zumindest einen groben Überblick darüber, wo besagte Zeitung im deutschsprachigen Raum anzusiedeln ist.
Zeitungen sind meiner Meinung nach außerdem wesentlich dialektaler geprägt als Werke der Belletristik. Das liegt daran, dass Zeitungen in der Regel einen weniger weitreichenden Wirkungsraum als Bücher haben und sich auf regional überschaubares (Tages-)Geschehen konzentrieren, während Belletristik so viele Leute wie möglich erreichen möchte und dem Schein einer omnipräsenten Hochsprache frönt.
Deutsch ist hierbei ja keine Ausnahme. Wie jemand anderer schon angemerkt hat, besteht eine ähnliche "Problematik" im Englischen, wobei da die vorherrschenden Länder der Anwender*innen der Sprache so weit auseinanderliegen, dass es leichter fällt, zu verstehen, dass es unterschiedliche Ausprägungen einer Sprache gibt und all diese Ausprägungen gleichermaßen ihre Berechtigung haben. Aber auch in anderen Sprachen, ja sogar im Japanischen, das, obwohl es überwiegend in einem Inselstaat gesprochen wird, unterschiedliche Ausprägungen hat. Jede Person, die eine Fremdsprache lernt, lernt eine Idealform, die es in freier Wildbahn so nicht gibt. Es handelt sich hierbei um ein Konstrukt, das die gängigsten, weitverbreitestenden Ausprägungen auf einen gemeinsamen Nenner bringt, andere, die in der Minderheit sind, aber unter den Tisch fallen lässt.
Sorry, dass ich ins Schwafeln komme, aber ich finde, das ist ein höchstinteressantes Thema und wie
@Yamuri angemerkt hat, sollte der Respekt vor Vielfalt und Diversität vor vermeintlichen sprachlichen Unterschieden nicht haltmachen. Es zählt nicht nur,
was wir erzählen, sondern auch
wie wir es erzählen.
