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Triggerwarnungen - wichtig oder überflüssig?

Begonnen von FeeamPC, 15. September 2019, 21:40:08

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KaPunkt

Zitat von: Mondfräulein am 14. März 2021, 15:24:28
Die Lösung die ich am besten finde sind CNs am Ende des Buches mit einem Hinweis direkt am Anfang. Auf der Verlagsseite könnte man sie ausklappbar unterm Klappentext bereitstellen. So kann jeder entscheiden, ob er sie lesen will. Was mich ärgert sind Bücher, die die CNs ans Ende stellen, ohne vorne darauf. Das macht finde  ich gar keinen Sinn.
Die Lösung ist mir auch am liebsten.

Meine Bücher haben sie nicht, weil ich zu dem Zeitpunkt noch nie von ihnen gehört habe. Inzwischen habe ich sie zumindest auf meiner HP ergänzt.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Coppelia

#76
Für meine Content Notes habe ich mich u. a. am Fanfiction-Bereich orientiert und sie relativ allgemein gehalten. Ich finde nicht, dass sie dann spoilern. Für mich ist das eine sinnvolle Lösung.

Momentan sind sie auf meiner Homepage zu finden – da war ich spät dran –, bei den nächsten Büchern werden sie zusätzlich auch im Buch stehen (hinten mit einem Hinweis vorn, dass es sie gibt und dass man sie auch auf meiner Homepage findet). So wie @Mondfräulein und @KaPunkt es z. B. auch machen.

Zwar bin ich grundsätzlich der Meinung, dass es eine gute Idee sein kann, sich auch mit unangenehmen Themen auseinanderzusetzen und beim Lesen die eigene Komfortzone zu verlassen. Aber ob sie das tun wollen, müssen Menschen selbst entscheiden, und das können sie besser, wenn sie Bescheid wissen, worum es eigentlich geht. Ich finde es fair, wenn sich Menschen darauf einstellen können, was sie inhaltlich ungefähr erwartet. Bei besonders sensiblen Inhalten meinetwegen auch, was sie spezieller erwartet.

Ich nenne die Content Notes deswegen auch genau so. Für mich geht es weniger um Trigger (ich hoffe diesen Bereich auch weitgehend abzudecken), sondern darum, dass Leser*innen selbst entscheiden können, ob diese Geschichte für sie ok ist.

Grummel

#77
Ich lese immer wieder, CN spoilern! Ganz klares nein. Denn niemand ist gezwungen sie zu lesen. Wie kann etwas spoilern, was ich bewusst wahrnehmen muss oder mich dagegen verschliessen kann. In meinem Buch steht im Inhaltsverzeichnis steht dick und fett CN auf Seite 3. Wer es nicht wissen will, liest die Seite 3 nicht.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Amanita

Ich finde auch nach wie vor, dass die Warnungen (deutsche Begriffe für solche Dinge in deutschsprachigen Büchern wären auch schön) nicht zwangsweise spoilern.

Kürzlich habe ich beispielsweise einen Krimi gelesen, der eine explizite Szene mit sexualisierter Folter aus der Sicht des Täters enthalten hat und das ist einfach ein Inhalt, den ich eigentlich nicht lesen möchte. (Mal abgesehen davon, dass der Eindruck entstanden ist, dass die Empathie des Autors stark auf Seiten des Täters war, was ich da absolut unangemessen fand.)
Da fände ich es durchaus nützlich, wenn wie in Fanfictions vor so etwas gewarnt werden würde, wobei mir durchaus auch eine Unterscheidung zwischen explizit und nicht explizit wichtig wäre. Ein Buchstabensystem wie bei den Allergenen wäre da wirklich ganz praktisch.

Vieles hängt aber auch tatsächlich vom Genre ab. Bei einem Krimi  oder einer Kriegsgeschichte rechnet man damit, dass jemand stirbt, wenn aber in einer romantischen Liebesgeschichte der unschöne Krankheitstod eines nahen Angehörigen beschrieben wird, möchte man da vielleicht doch eine Vorwarnung.
Da eine solche Warnung nicht zwangsläufig bedeutet, dass es der Prota ist, sehe ich da aber auch keinen Spoiler. ;) Bei anderen Themen wie sexualisierter Gewalt, psychischen Erkrankungen, häuslicher Gewalt, Mobbing etc. sowieso nicht.

Mindi

#79
Was ich mich in dem Zusammenhang frage: Bietet es sich ggf. auch an, wenn sich diese Warnung nur auf einen bestimmten Abschnitt des Buches bezieht, oder auf ein Kapitel, diese Warnung vor dem Kapitel nochmal zu wiederholen?

Ich stelle mir das ähnlich vor wie in Serien, wenn nur vor einer Folge z.B. vor der Darstellung von Suizid gewarnt wird.
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Natürlich kann man das mit Büchern nur schwer vergleichen, aber wenn z.B. am Anfang des Buches Warnungen vor expliziten Inhalten aufgeführt werden, diese vielleicht auch mit einer Art Index versehen, und dann einfach nur am Anfang des Kapitel diese Indexzahl auftaucht.  Das würde ich aber wirklich nicht pauschal machen. Aber so vor ganz harten Sachen? Wie z.B. in Amanitas Beispiel des Krimis.
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Elona

#80
@Mindi Für Kapitel würde ich das nicht machen. Ich würde mich riesig ärgern, wenn ich ein Buch lesen würde und plötzlich taucht dann eine CN auf. Bedeutet, mir fehlt entweder Infos aus dem Kapitel (vermutlich auch für die restliche Handlung, wenn ich weiter blätter oder ich bin sogar gezwungen abzubrechen. Da wäre ich richtig, richtig stinkig, als Leserin.

Edit: Und ich bin ganz bei Grummel. Wer es nicht lesen möchte, soll es halt nicht.

Und noch mal Edit: Sorry, wer lesen kann und so ...  ::) Du meintest zwei Mal erwähnen, einmal vorne oder hinten (wobei hinten in meinen Augen nichts hilft, weil man es nicht sehen kann auf Amazon z.B.) und dann noch mal vor dem Kapitel? In dem Fall würde ich es aber auch als überflüssig ansehen. Entweder die Leser*innen haben schon entschieden, dass das Buch in dem Fall nichts mehr für sie ist, oder es stört sie nicht.

Volker

Ich finde es am elegantesten, wenn sie sich natürlich aus der Inhaltsangabe / Klappentext ergeben, beispielsweise (pointiert, aus den Fingern gesaugt):  "$GEGEND wird von einer Serie verstörender Foltermorde erschüttert. Nun scheint ein Opfer überlebt zu haben. Doch wie weit lässt Staatsanwalt Hollen es den Horror erneut durchleben, um auf die Spur der Täter zu kommen? "



Sunflower

Zitat von: Elona am 14. März 2021, 18:43:47
@Mindi Für Kapitel würde ich das nicht machen. Ich würde mich riesig ärgern, wenn ich ein Buch lesen würde und plötzlich taucht dann eine CN auf. Bedeutet, mir fehlt entweder Infos aus dem Kapitel (vermutlich auch für die restliche Handlung, wenn ich weiter blätter oder ich bin sogar gezwungen abzubrechen. Da wäre ich richtig, richtig stinkig, als Leserin.

Ich habe noch keine abschließende Meinung zu Kapitel-Triggern, aber zu dem Punkt habe ich einen Einwand. Zumindest ich nutze CN nicht, um ein Buch dann nicht zu lesen. Oder ein Kapitel. Ich habe mal einen Roman von Fynja betagelesen, und sie hat eine kapitelweise Triggerliste mitgeliefert, das fand ich richtig gut. Denn ich kenne meine Trigger und konnte mich auf die Kapitel dann dementsprechend vorbereiten bzw. sie eben nicht lesen, wenn ich eine halbe Stunde später funktionsfähig sein sollte. Das ist ja auch bei jedem anders, aber ich meide meine Trigger nicht unbedingt, ich will nur eben damit konfrontiert werden, wenn ich in einer Situation bin, in der ich dann damit umgehen kann. Und nicht in der Bahn auf dem Weg zur Arbeit zum Beispiel ;)
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Fianna

@Volker
Die Möglichkeiten von Content Notes sind sehr umfangreich,  das kann man nicht alles in den Klappentext bringen. Im fiktiven Beispiel von Dir könnte beispielsweise vorkommen: Tod (oder Verschwinden) eines Haustiers, Scheidung, Erbrechen - das ist nicht relevant für den Klappentext und dort kaum unterzubringen, aber Leser, die Wert auf Content Notes legen, möchten über so etwas vorab informiert werden.

Evanesca Feuerblut

Interessant, den Thread nachzulesen.
Meine Meinung vom Anfang gilt nach wie vor, inzwischen kann ich mich durchaus auch mit kapitelweisen CN anfreunden bzw. habe ich mich damit beschäftigt.
Für meinen Patreon-Roman ist (leider) die einzige Lösung dafür, sie zu Kapitelbeginn zu posten, aber bisher hatte ich kein negatives Feedback deswegen. Nur einmal ein "Okay, es kam Wort x vor, ich lese das lieber später" von einer lieben Person und das war genau das, was ich erreichen wollte. Die CN stehen außerdem im Discord, wo ich ein Inhaltsverzeichnis pflege, unter dem Link zum Kapitel.
Ich halte es nicht für den perfekten Weg, weil ich keine Möglichkeit sehe, die Anzeige optional zu gestalten (Patreon versendet Mails an Patrons, wenn sie also die Mail öffnen und nicht vom Discord aus den Link, sollen die Leute die CN trotzdem haben), aber im Zweifel kriegen es eben alle angezeigt und wen es stört, soll drüberscrollen.
Das war ein Entschluss, den ich gefasst habe, nachdem meine Alphaleserin im ersten Kapitel getriggert wurde - sie wusste nicht, dass sie den Trigger hat und gibt mir keine Schuld, aber ich will solche Effekte für die Zukunft vermeiden.

Elona

@Sunflower das kann ich total nachvollziehen. Bei mir gibt es durchaus auch Themen, die ich lesen könnte, aber sie einfach nicht "mag" und deshalb auch eher überlesen würde. Aber es gibt eben auch Inhalte, mit denen kann ich gar nicht umgehen. Da hilft es mir nicht, wenn ich dann vor vollendete Tatsachen gestellt werde (entweder lesen oder abbrechen). Weil, im schlimmsten Fall gibt es zu dieser Szene ja trotzdem noch einen Bezug und zieht mich später trotzdem wieder rein.

Ebenso kann ich total nachvollziehen, wenn es sich nicht anders lösen lässt. Wie z.B. bei @Evanesca Feuerblut .

Ich bin bei meiner Aussage wirklich von einem Buch auf beispielsweise Amazon ausgegangen. Uuund ich habe meinen Beitrag auch noch mal editieren müssen, weil ich Nase nicht richtig gelesen hatte.

Zit

In gewisser Form frage ich mich auch, ob es diese Inhalte wirklich braucht. Auch und gerade in den dazugehörigen Genren. Verstümmelte Leichen im Krimi oder Thriller – okay, manche Menschen sind halt schlimmer als Tiere. Aber so eine Folterszene aus Sicht des Täters? Oder Suizid in live? Welchen anderen Zweck als Schocken/ Katastrophentourismus hat das? Es will mir an sich nicht in den Kopf, warum man soetwas explizit darstellen muss. (Bei Snowpiercer habe ich weggeschaut, weil ich für mich entschieden habe, dass ich (erzwungene) Selbstverletzung nicht sehen will.) Wenn man sich also mit Content Notes und Content Warnings (= Trigger-Warnungen) auseinander setzt, wird man vielleicht feststellen, dass viele Szenen auch nicht nötig sind.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Mindi

@Elona
Ja, wenn die Warnung nur vor dem Kapitel vorkommen würde, wäre das wirklich sinnlos und würde mich auch ärgern.

Ich meinte tatsächlich etwas in der Art: Am Anfang des Buches sind CN aufgeführt für diejenigen, die solche Informationen benötigen. Wenn man nun sagt: Okay ich weiß jetzt, dass in diesem Buch 1)Erbrechen 4)Essstörung vorkommt und man bereit ist, sich darauf einzulassen. On es dann hilfreich ist, vor Kapiteln noch einmal zur warnen, dass ein entsprechender Inhalt nun gezeigt oder thematisiert wird. Da würde dann z.b. nur stehen: Kapitel 13. (CN 1, 4) - z.b. als Hochzahl, klein darunter - wie auch immer. Jemand, der CN nicht liest, überliest die Zahl und hat sich auch nicht die Mühe gemacht herauszufinden, was sie bedeutet. Aber jemand, den genau die (1) triggert, hat nun die Möglichkeit, sich auf das Kapitel vorzubereiten.

Wie gesagt, ich weiß nicht, wie praktikabel das ist. Ich könnte mir das zumindest als sinnvoll vorstellen. Besser als nie zu wissen und ständig befürchten zu müssen, dass die CN eintrifft. Also im Grunde so, wie es @Sunflower auch beschrieben hat.

@Zitkala
Das frage ich mich auch. Warum man so etwas darstellen muss. Wobei CN ja auch vor "harmloseren" Dingen warnen können. Wie z.b. Erbrechen. Das finden vielleicht viele eklig, aber deswegen getriggert werden nur wenige.
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Fianna

Zitat von: Mindi am 14. März 2021, 19:59:08
@Zitkala
Das frage ich mich auch. Warum man so etwas darstellen muss. Wobei CN ja auch vor "harmloseren" Dingen warnen können. Wie z.b. Erbrechen. Das finden vielleicht viele eklig, aber deswegen getriggert werden nur wenige.
Das wird in Diskussionen, welche Dinge eine CB benötigen,  aber immer gewünscht.

Content Notes basieren für mein Empfinden auf einem Solidar-Gedanken. Sich zu überlegen, wieviel deutsch lesende Leute das haben und wieviele davon wohl das Buch lesen mögen, ist da nicht zielführend.
Sondern eher sich daran orientieren,  was verbreitete und gewünschte Inhalte für CN sind

Mondfräulein

Eine Lösung, falls man CNs für bestimmte Kapitel haben möchte, könnte sein, sie auf der eigenen Website aufzuführen und im Buch darauf zu verweisen. Also zum Beispiel: "CN: Suizid, Gewalt, sexuelle Gewalt. Ausführliche Content Notes für die einzelnen Kapitel finden Sie auf www.mondfräuleinautorin.de/buch/contentnotes". Jeder, der sie lesen will, kann die CNs dann lesen und Kapitel überspringen. Wer sie nicht lesen will, muss sie nicht lesen.