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Die "Marke Autor"

Begonnen von zDatze, 31. Mai 2011, 11:14:21

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Klecks

Ich glaube, dass genau das bei mir ein Problem sein wird: Mein Stil verändert sich für jede Figur, aus deren Perspektive ich schreibe. Der Stil meines ersten Romans - jugendlich, verträumt, romantisch, ein bisschen naiv - ist mit dem Stil meines zweiten Romans - nüchtern, realistisch eingestellt, trocken, rational - nicht zu vergleichen. Mir hat anfangs kaum jemand geglaubt, dass tatsächlich ich beide Bücher geschrieben habe, obwohl mein echter Name auf dem Cover steht. Mein erster Prota war jugendlich, verträumt, romantisch, ein bisschen naiv. Mein zweiter Prota war nüchtern, realistisch eingestellt, trocken, rational. Wenn man dann noch den Stil meines dritten Romans - düster, pessimistisch, sarkastisch - und meines vierten Romans - tiefsinnig, nachdenklich, emotional - hinzuzieht, kann man die verschiedenen Schreibstile nicht genau mir oder ein und derselben Autorin zuordnen.

Einerseits mag ich das an meiner Art, zu schreiben: Dass mein "Stil" im ständigen Wandel ist, dass ich nicht meinen "Stil" mit den Worten verflechte, sondern mich ganz der Figur hingebe und ihre Persönlichkeit die Geschichte durchdringen lasse, und dass keine zwei Bücher, die ich geschrieben habe, auch nur entfernteste Ähnlichkeit miteinander haben. Andererseits lese ich dann von der "Marke Autor" und denke: "Uups, Klecks, das könnte ein großes Problem werden."

Ich bin davon überzeugt, dass ich dieses Problem schon einmal erlebt habe, nämlich bei dem Unterschied zwischen meinen beiden veröffentlichten Romanen. Mein Erstling wurde so gut aufgenommen, dass ich gedacht habe, ich träume, so viel Glück kann man gar nicht haben. Mein Zweitling hingegen war das komplette Gegenteil davon; einerseits vom Schreibstil, andererseits von der Reaktion darauf her. Ich hatte mich um Welten verändert, der Verlag war begeistert und davon überzeugt, dass er gut ankommen würde, und genau das Gegenteil ist eingetreten, obwohl ich von (recht strenger) Verlagsseite nur Positives gehört hatte. Ich bin im Schreiben auch besser geworden, deshalb waren wir umso überraschter, wie vernichtend die Reaktionen waren. Aus ihnen geht auch indirekt hervor, dass es mit meinem "anderen Stil" zu tun hat und dass die Leser im Vergleich zu meinem Erstling enttäuscht waren.

Jedenfalls bin ich sehr gespannt, wie sich mein Schreibleben dahingehend entwickeln wird. Ich habe nicht vor, meine Schreibweise zu verändern, aber ich glaube durchaus, dass man mich damit in eventueller zukünftiger Zusammenarbeit mit Agenturen und Publikumsverlagen konfrontieren wird.  :hmmm:

Coppelia

Ich kenne deine Romane nicht (und in deinem Profil stehen sie auch nicht :winke:), aber dass sich der "Stil" je nach Perspektive verändert, finde ich völlig normal. Meine Sprache ist je nachdem auch anspruchsloser und anspruchsvoller. Da jede Figur anders ist, nimmt auch jede unterschiedlich wahr, und danach verändert sich alles: Satzbau, Wortgebrauch, das Flair der Erzählung insgesamt ...
Ich könnte mir gut vorstellen, dass deine Romane trotzdem Ähnlichkeiten miteinander haben. Mir kommen meine auch oft sehr unterschiedlich vor, aber letzten Endes ähneln sie sich vielleicht doch alle wie Geschwister, wenn auch nicht wie eineiige Zwillinge, da sie dieselbe Mutter haben.

cryphos

Hallo Klecks,

du bist über die Marke Autor gestolpert. Die Leser haben deine ersten Roman gelesen, sahen den zweiten im Regal und haben was ähnliches erwartet. Der zweite war aber - zumindest nach deiner Beschreibung - ganz anders. Die Leser waren enttäuscht.
Es kann sein, dass beide Romane genial sind, aber wenn man A erwartet und D bekommt ist das unangenehm. Dennoch, auch damit kann man eine Marke aufbauen. Sprich mit deinem Verlag, mit dem richtigen Marketing kann man der Erwartungshaltung der Leser entgegenwirken. Dann können diese eher die unterschiedlichen Stile verarbeiten. Prominentes Beispiel dafür ist Dan Simmons, der sehr unterschiedliche Büchergeschrieben hat.

Hallo Coppelia,
der Trick, dieses Buch ist wie..., oder diese Autorin schreibt wie ... ist ein altbekannte und sehr gerne genutzter. Ich weiß nicht mehr auf wie vielen Buchcovern ich gelesen habe dieser Roman sei episch wie HdR, oder die Autorin sei eine jüngere Ausgabe von Tolkien.
Inzwischen ist es für mich ein Grund ein Buch nicht zu kaufen.

Coppelia

@ cryphos
Natürlich ist es dir überlassen, welche Bücher du kaufst. Aber da du den Hintergrund kennst und weißt, dass diese Technik zum Marketing gehört, könntest du auf diese Weise interessante, eigenständige Bücher bisher noch unbekannter Jungautoren verpassen.
Natürlich würde ich als Autorin, wenn ich die Wahl hätte, Werbung bevorzugen a la "Diese Autorin ist einzigartig, noch nie dagewesen, anders als alles, was Sie bisher gelesen haben". Aber obwohl das natürlich die Wahrheit wäre (;D), ist diese Werbemethode offenbar nicht besonders einträglich für die Verlage.

Klecks

@Coppelia & cryphos: Danke, ihr Lieben, das hat mich etwas beruhigt.  :knuddel:

Churke

Heute in der Buchhandlung begegnete mir ein Werk von "Robert Corvus".
Gut für den Autor: Ich kannte ihn bereits als "Bernard Craw".
Schlecht für den Autor: Ich las ihn bereits als "Bernard Craw".


Alaun

#36
Hallo ihr Lieben,
ich krame diesen Thread mal wieder hervor. In meinem Fall geht es gerade darum, ob man seine "Autorenmarke" (sofern man bei mir davon sprechen kann) mit einer anderen Kunstform vermischen kann - oder ob das eher keine so gute Idee ist.

Ich baue gerade eine Webseite, auf der ich meine Bilder und Zeichnungen offiziell anbiete. Die Frage ist nun, ob ich das auch unter meinem Autoren-Pseudonym mache. Ich hatte letztens eine Vernissage, bei der ich auch aus meinen Romanen gelesen habe - und das erwies sich als schlau sowohl für Buchverkäufe als auch für die Vermarktung der Bilder. Und natürlich könnte es sein, dass Leser über die Bilder stolpern und umgekehrt. Andererseits - kann es vielleicht der Marke auch schaden, wenn ein Autor nicht nur schreibt? Klingt das dann nach "alles mögliche machen, aber nichts davon richtig?"

Ich bin wirklich keine große Nummer auf dem Buchmarkt, insofern sind die Gedanken wahrscheinlich irgendwie albern. Aber ich muss gerade diese Grundsatzentscheidung treffen. Wenn ich die Bilder nicht über den Autorennamen laufen lasse, dann brauche ich dafür ein weiteres Pseudonym. Und ich bin nicht sicher, ob ich das auch noch möchte ... Momentan ist es so, dass die Bilder deutlich erfolgsversprechender sind als meine Bücher, daher kam nun eben der Wunsch auf, in diesem Bereich mehr zu machen - ganz abgesehen davon, dass ich seit langem deutlich mehr Freude am Malen als am Schreiben habe. Die Frage ist eben, ob mehrere Kunstformen die Marke "verwässern".

Über eure Meinungen dazu würde ich mich sehr freuen.

Danke und liebe Grüße
*Aquamarin


Pestillenzia

Ich persönlich finde es sehr interessant, wenn ein Künstler mehrere Facetten von sich zeigt. Ob nun Bryan Adams als Sänger und Fotograf oder du als Autorin und Malerin.
Wenn nicht gerade eine Agentur oder ein Verlag sein Veto (aus welchen Gründen auch immer) einlegt - aus meiner Sicht als Konsument/Kunde spricht überhaupt nichts dagegen, aber sehr viel dafür.


Alaun

Hoppla - auf die Idee, den Verlag zu fragen, bin ich noch gar nicht gekommen :rofl: Ähm ... ich mache das jetzt gleich mal. Danke für den Hinweis!

Chrikue

Meiner Ansicht nach sollte man ruhig den gleichen Namen nutzen. Es schadet nicht, ganz im Gegenteil: Ich glaube, dass das auch in der Darstellung nach außen eine sehr gute gegenseitige Wirkung hat. Vor allem, wenn es zwei kreative Richtungen sind. Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass ein vernünftiger Verlag was dagegen hätte. Auch hier ganz im Gegenteil: Sie dürften aus reiner Marketingsicht die ganzen positiven Möglichkeiten sehen, die sich ergeben.

So oder so: Ganz viel Erfolg mit deinen Tätigkeiten.  :jau:

Zit

Ach, ich weiß nicht, unser Vertreter von Mairdumont schnitzt auch nebenbei und verhökert das unter seinem Klarnamen. Auch Timo Kümmel macht doch nicht nur Cover sondern schreibt auch. :hmmm:
Wenn du nicht gerade schon einen etablierten Künstlernamen für deine Bilder hast, spricht nichts dagegen, imho. Im Gegenteil: Ich finde, das wirkt vielseitig.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Alaun

#41
Danke für eure Rückmeldungen! Das hilft mir sehr, denn ich war wirklich nicht sicher. :knuddel: Ich habe die Website jetzt fertig gemacht - unter Autorenpseudonym. :)

Pestillenzia

Zitat von: Chrikue am 22. März 2015, 14:27:23
Ich kann mir auch kaum vorstellen, dass ein vernünftiger Verlag was dagegen hätte.

Sehe ich auch so - zumindest dann, wenn sich die beiden künstlerischen Richtungen nicht ins Gehege kommen. Wenn ein Kinderbuchautor unter seinem Autorennamen stark sexualisierte Plastiken erschaffen und ausstellen würde, könnte das dem Kinderbuchverlag durchaus sauer aufstoßen. Oder z.B bei Chick Lit auf der einen und gesellschafts-/systemkritischer Kunst wie z.B. von Ai Weiwei auf der anderen Seite. Da wäre eine Trennung auch sinnvoll, weil es bestimmt Kritiker gäbe, die den/die Künstlerin aufgrund der seichten Chick Lit als Systemkritier/in nicht mehr für voll nehmen.

Aber das trifft bei Aqua ja nicht zu. Da gehe ich auch davon aus, dass die eine künstlerische Seite marketingtechnisch von der anderen profitiert.

Alaun

Danke. Ich denke auch, dass die Bilder nicht im Kontrast zu den Büchern stehen. Von meiner Verlegerin habe ich noch keine Reaktion, aber ich denke nicht, dass es ein Problem geben wird.

FeeamPC

Das ist doch beste Reklame! Wenn aus sachlichen Gründen nichts dagegen spricht, würde ich keine Hindernisse sehen, im Gegenteil, kann dem Verlag nur recht sein.