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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Sascha am 17. Juni 2014, 10:05:10

Titel: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 17. Juni 2014, 10:05:10
Hi!

Ich hoffe, das gab's nicht schon, ist schwer danach zu suchen. Zumindest ab Anfang 2012 hab ich hier (im Workshop) nix gefunden.
Also, folgendes Problem:
Wortwiederholungen sind ja zu meiden, alte Regel. Manchmal kommt man nicht drumrum, manchmal ist es ein Stilmittel, aber ansonsten immer weg damit.
Aber wie ist es mit der Bezeichnung der wichtigen Personen? Sei es Haupt-Prota oder auch weitere, oft oder dauerhaft auftauchende Personen.
Ich versuche, da auch abzuwechseln. Nicht immer nur "Kurt" dies und "Kurt" das, sondern auch mal "Odensen", "der Ermittler", ähm ... und was vielleicht mal grade passen könnte. Nur wirkt das irgendwie manchmal dann auch eher deplaziert und gezwungen. Klar, oft kann man einfach "Er" schreiben, aber eben auch nicht dauernd; besonders, wenn noch andere beteiligt sind und klar sein muß, wer grad gemeint ist.

Wie seht Ihr das? Darf sich der Name ruhig oft wiederholen? Hat er eine Art Sonderstellung? Mache ich mir da umsonst die Umstände? Oder habt Ihr dieselben Probeme?

Merci schon mal,

   Sascha
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Christian Svensson am 17. Juni 2014, 10:17:14
Moin Sascha.
Dein Problem habe ich auch des Öfteren. Viel davon versuche ich bereits im Vorfeld zu vermeiden, indem ich für die Hauptfiguren Eigenschaften festlege, über die sie eindeutig identifizierbar sind. Zum Beispiel über den Beruf - hast du ja bereits angesprochen. Dann wäre noch die Möglichkeit der Perspektive. In der Totale kann dann ruhig "Rudi Ratlos" stehen, während in der Nahaufnahme natürlich nur "Rudi" geht.
Ansonsten sehe ich das aber nicht so kriminell. Für die meisten Menschen (es sei denn, die Eltern hätten dem Kind einen Namen gegeben, den es nicht mag) ist der eigene Vorname das liebste Wort auf der Welt. Wenn deine Leser sich mit deinen Figuren identifizieren, stört es sie nicht, wenn der Vorname sehr häufig genannt wird.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Coppelia am 17. Juni 2014, 10:31:38
Abhängig von der Perspektive kann ich eindeutig sagen: Ja, der Name hat eine Sonderstellung. Wie eine Figur bezeichnet wird, hängt von der Instanz ab, die die Figur wahrnimmt.
Sich selbst wird der Perspektiventräger mit seinem Eigennamen wahrnehmen (meist der Vorname; manche Autoren verwenden auch den Nachnamen, es wäre aber meiner Meinung nach eher ungewöhnlich, beides abwechselnd zu verwenden). Es wäre eher selten, dass sich jemand mit seiner Berufsbezeichnung wahrnimmt. Eine seltene Ausnahme wären vielleicht Szenen, in denen der Beruf im Vordergrund steht.
Andere Figuren würde die Figur vielleicht mit unterschiedlichen Bezeichnungen wahrnehmen, eine Schwester möglicherweise als "Inga" oder "seine Schwester" oder vielleicht "seine kleine Schwester", aber wohl eher nicht als "Frau Kruse" oder "die Informatikerin" oder "die kleine, schlanke, blonde Frau", weil das Arten der Wahrnehmung sind, in denen sich mehr Distanz zeigt.

Dagegen wäre es möglich, dass eine Figur eine Person, zu der sie ein mehr distanziertes Verhältnis hat, auch distanzierter wahrnimmt, "Herr Bernhard", "der Anwalt", "der glatzköpfige Mann".

Sogenannte "auktoriale" Perspektive bzw. reine Erzähler-Perspektive ohne Figurenperspektive könnte in den Bezeichnungen springen, um Wiederholungen zu vermeiden.

Weicht bei Figurenperspektive die Art, wie die Figur bezeichnet wird, von der Art ab, wie sie von der Figur wahrgenommen wird, ist das ein Hinweis auf einen Wechsel der Perspektive (den manche auch Perspektivenfehler nennen).

Perspektivenbrüche sind zulässig, auch Wortwiederholungen sind zulässig. Man kann nicht sagen, dass irgendetwas ein "Fehler" ist, aber man sollte aufmerksam sein beim Schreiben.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: HauntingWitch am 17. Juni 2014, 10:33:47
Ja, ich finde man darf den Namen durchaus immer wieder wiederholen oder einfach nur "er/sie" schreiben. Eine Zeit lang dachte ich auch, das ist eigentlich langweilig, aber dann habe ich Ulldart I von Markus Heitz gelesen. Nichts gegen das Buch oder den Autor, im Gegenteil.  ;D Aber da gibt es den Rodrik (heisst er, glaube ich), der teilweise mehrmals pro Seite anders bezeichnet wird: "Der blonde Jüngling", "der künftige Herrscher", "der junge Statthalter", "der Prinz", was weiss ich, ist schon eine Weile her. Das hat mich mit der Zeit so genervt, dass ich nur noch dachte: Mensch, schreib doch einfach Rodrik. Also, ja, ich bin dafür, dass man Abwechslung nicht krampfhaft zu erzeugen versucht und einfach den Namen verwendet.

Überdies bin ich ein riesiger Fan von "stay in character". Was mein Chara nicht auch selbst denkt oder zumindest denken könnte, schreibe ich nicht. Man denkt ja von sich selbst nicht als "die Hexe", "der Bäcker" oder "der Auserwählte". Sondern ich denke von mir als "ich". Das übertrage ich auch auf meine Charaktere. ;) Zur Unterscheidung von anderen Personen verwende ich immer ausschliesslich den Namen, es sei denn eine Person hat im Denken des Perspektivträgers einen Übernamen. Z.B. habe ich eine Anta, die zwischendurch schon einmal zu "die Hexe der Nacht" (unter anderem) wird, einfach weil meine Perspektivträgerin auch in diesen Termini über sie denkt. Ich achte auch darauf, dass z.B. die Mutter einer Person in der Perspektive dieser Person immer "Mutter" oder "Mama" ist (es sei denn, das Verhältnis wäre so schlecht, dass sich was anderes anbietet). Für den zweiten Perspektivträger ist es aber vielleicht nicht die Mutter, sondern einfach XY, dann nenne ich sie während dieser Perspektive auch beim Namen.

Vielleicht sieht es anders aus, wenn man einen rein auktorialen Erzähler hat, der nicht einem bestimmten Perspektivträger zugeordnet ist. Da ich aber nie in dieser Form schreibe, kann ich dazu nichts sagen.

Edit: Coppelia hat das gerade etwas besser ausgedrückt. ;)
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Churke am 17. Juni 2014, 11:14:59
Ich halte mich an folgende Faustregel: Der Protagonist ist grundsätzlich immer "er". Auf den Namen weiche ich nur beim ersten Auftritt aus (Exposition) und dann, wenn die Person des Handelnden sonst unklar wäre.

Funktionsbezeichnungen ("der Schmied", "der Bulle") verwende ich beim Perspektivträger normalerweise nicht, nur als dessen Reflexionen über einen Dritten. Solche Bezeichnungen können Weltbilder ausdrücken: "die Hexe", "die Probandin" - da schäme ich mich auch nicht, so etwas penetrant immer und immer wieder zu wiederholen.

Man muss sich in den Perspektivträger hinein versetzen. Der Perspektivträger denkt keine Sekunde an den Leser, wenn er die Bezeichnung wechselt, dann tut er es für sich selbst.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Miezekatzemaus am 17. Juni 2014, 14:34:12
Ich handhabe es zwar so, dass ich den Namen, das gängige er/sie/es und Bezeichnungen wie "das Mädchen" verwende, aber ich nutze höchstens zwei dieser Beschreibungen, es sei denn, die Bezeichnung bezieht sich auf die Situation, in der der Chara ist - die Erschrockene blickte auf, zum Beispiel.

Im Allgemeinen sage ich: Ja, der Name muss auf jeden Fall bevorzugt behandelt werden. Ich habe teilweise schon Bücher gelesen, in denen ein "Die Eltern" zuhauf zu finden war, aber einen Namen hatten die Charaktere nicht. Wenn das nicht in einem Buch für Kinder unter acht vorkommt, finde ich, dass es ein Tabu ist, ich habe es noch nicht so verwendet und werde es auch nicht tun. Wenn doch dürft ihr mich gerne treten. ;D

Also, bleib locker.

Viele Grüße
Mieze
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 17. Juni 2014, 18:17:20
Hi all!

Okay, danke für Eure Antworten!
Dann hab ich noch einen Punkt für die Überarbeitung. Soll ja ned langweilig werden...

Servus!
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Feuertraum am 18. Juni 2014, 08:32:17
Moinsen!

Zitat von: Sascha am 17. Juni 2014, 10:05:10

Wortwiederholungen sind ja zu meiden, alte Regel. Manchmal kommt man nicht drumrum, manchmal ist es ein Stilmittel, aber ansonsten immer weg damit.

Richtig, diese Regel ist alt - und meiner bescheidenen Meinung nach so falsch wie sonst was.
Wortwiederholungen sollten nicht bloß als Stilmittel eingesetzt werden oder, wenn es einfach nicht vermeidbar ist, man sollte immer so schreiben, dass die Sprachmelodie stimmt. Wie viele Bücher habe ich schon gelesen, in dem der Autor krampfhaft versuchte, jegliche Wortwiederholung zu vermeiden- und damit die Melodie zu einem disharmonsichen Satzgefüge zusammenkloppte (anders will ich es einfach nicht benennen).
Erschwerend kommt hinzu, dass man - dieser Regel sklavisch gehorchend - auch einen Aphorismus von Mark Twain ignoriert, obwohl dieser trotz seiner vielen vielen Jahrzehnte, die er auf dem Buckel hat, immer noch aktuell ist: Der Unterschied zwischen dem richtigen und dem beinahe richtigen Wort ist wie der Unterschied zwischen einem Blitz und einem Glühwürmchen.
Warum also ein Wort nicht wiederholen, wenn es sowohl vom Sinn als auch vom Klang her in den Satz passt?
Von dieser Seite sehe ich (auch wenn ich wahrscheinlich der einzige bin) diese "Wortwiederholungvermeidenssregel" kritisch. 

ZitatAber wie ist es mit der Bezeichnung der wichtigen Personen? Sei es Haupt-Prota oder auch weitere, oft oder dauerhaft auftauchende Personen.
Ich versuche, da auch abzuwechseln. Nicht immer nur "Kurt" dies und "Kurt" das, sondern auch mal "Odensen", "der Ermittler", ähm ... und was vielleicht mal grade passen könnte. Nur wirkt das irgendwie manchmal dann auch eher deplaziert und gezwungen. Klar, oft kann man einfach "Er" schreiben, aber eben auch nicht dauernd; besonders, wenn noch andere beteiligt sind und klar sein muß, wer grad gemeint ist.

Auch hier versuche ich, der Sprachmelodie gerecht zu werden. Natürlich kann man nur "Kurt" oder "er/sie" schreiben, aber, wenn es Kontext und Sprachmelodie zulassen, kann auch "der Ermittler" genutzt werden. Das ist ein Punkt, da sollte man weniger Handwerk denn mehr das Gefühl beachten und auch darauf hören.

Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Pandorah am 18. Juni 2014, 11:04:30
Ich gehöre auch zu denen, die die Bezeichnung an der Perspektive festmachen. Ich erzähle aus der Sicht einer Person, auch wenn ich in dritter Person schreibe. Mein Dimitirij würde  nie von sich denken "der Prinz" oder, weil er gerade einen Bogen in der Hand hat, "der Bogenschütze" oder "der Jäger", wenn er ich auf der Pirsch befindet. Wenn ich aber aus seiner Sicht sein Gegenüber beschreibe, dann kann ich ausweichen. Die Frau, der er gegenübersitzt, und die er noch nicht gut kennt, das ist "die Königin" (des Nachbarreiches). Aber je besser er sie kennenlernt, um so weniger wird sie "die Königin" ein, sondern zu "Aleesha" werden. Von der Schwester seines Liebsten denkt er oft als "Ivans Schwester", bis er sie kennenlernt. Dann wird sie zu einer Person, die er nicht mehr mit einer dritten Person verbinden muss, sie wird zu "Chandani" oder später auch zu einer Freundin.

Was ich gar nicht mag, ist das Vermeiden einer Wortwiederholung um des Vermeidens Willen, da geht es mir wie Ihnen, Feuertraum. Allerdings mit der oben genannten Einschränkung. Wenn Kurt sich nicht als "der (unpersönliche) Ermittler" sieht, passt es nicht in den Text. Es sei denn, der Erzählstil ist unpersönlich. Gleiches gilt für Attribute wie der Blonde, die Blauäugige, der Jüngere, die Ältere, ...

Was ich auch überhaupt nicht mag - meine ganz persönliche Meinung - sind Bezeichnungen wie "die Erschrockene". So denke ich nicht von anderen Menschen, egal wie wenig ich sie kenne. So denke ich auch nicht von mir. Wenn ich von mir denke, bin ich "ich", wenn ich mit mir selbst rede, nutze ich meinen Namen - manchmal sogar Pandorah, weil ich mit dem so lange lebe und von vielen Freundinnen so genannt werde, aber das war es.

Ich denke, das hängt auch damit zusammen, dass jemand nur kurz erschrocken ist. Wenn sich das Mädchen *dauernd* erschreckt, kann ich mir das als eine Art Charakterisierung von Freunden von ihr vorstellen. Ansonsten klappt das nicht.
"Wer ist noch mal Clarissa?"
"Die Erschrockene da hinten." (Und wenn Clarissa nicht in dem Moment erschrocken zusammenzuckt, weiß die Fragende genauso wenig wie vorher.)
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Valkyrie Tina am 18. Juni 2014, 11:43:37
Also, als jemand der das Manuskript gelesen hat, fand ich das eigentlich sehr gut von dir gelöst: meistens hast du "Kurt" geschrieben, und wenn eine andere Bezeichnung kam, hatte ich das Gefühl, es hatte einen Grund.
Zum Beispiel hast du oft "Odensen" geschrieben, wenn Kurt mitten beim Ermitteln war, und bei Detektivgeschichten ist es ja ganz üblich, den Detektiv mit Nachnamen zu betiteln. Oder "der Ermittler", da hatte ich das Gefühl, dass Kurt selbst berichtet, und von sich halbironisch als "der Ermittler" spricht.

Nein, die Bezeichnungen von Kurt haben eigentlich immer gepasst. Da gab es eine Handvoll anderer Figuren, wo ich gestolpert bin, wie der erste Auftritt von Thorben
"Ein Kleiderschrank schob sich in mein Büro" (Schlafzimmerwochen bei Ikea?)
oder die Namensähnlichkeit von Annegret und Angie.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 18. Juni 2014, 13:15:26
Hallo!

Hm, da war Tina jetzt etwas zu spät dran. Jetzt bin ich schon fertig mit dem Ersetzen.
Bin grad voll in Action, da ich nur wenige Tage habe, um mal wieder ordentlich dran zu arbeiten.
Na ja, ich denke mal, auch wenn es bisher nicht störend war, habe ich jetzt nichts verschlechtert.

Ja, Feuertraum, die Meinung kann ich durchaus nachvollziehen. Allerdings befürchte ich, daß gerade Lektoren sich recht streng an diese alte Regel halten und mir Verstöße dagegen um die Ohren hauen werden. Ohne jetzt selbst schon Erfahrung mit den Herrschaften gesammelt zu haben...

Oh, Tina:
Zitat"Ein Kleiderschrank schob sich in mein Büro" (Schlafzimmerwochen bei Ikea?)
:D Hab Dine Fragezeichen an der Stelle schon gesehen. Wörtlich steht da:
ZitatDa ging die Türe seines Büros auf, und ein Schrank schob sich hindurch.
Gleich im nächsten Satz wird ja aufgelöst, daß es Thorben ist, der vorher bereits als auffällig breit, "ein Schrank von einem Sicherheitsman" und "beinahe so breit wie hoch", beschrieben wird.
Dazu gab es unterschiedliche Reaktionen, der eine fand's witzig, der andere nicht, also Geschmackssache.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: HauntingWitch am 18. Juni 2014, 13:26:11
Zitat von: Sascha am 18. Juni 2014, 13:15:26
Gleich im nächsten Satz wird ja aufgelöst, daß es Thorben ist, der vorher bereits als auffällig breit, "ein Schrank von einem Sicherheitsman" und "beinahe so breit wie hoch", beschrieben wird.
Dazu gab es unterschiedliche Reaktionen, der eine fand's witzig, der andere nicht, also Geschmackssache.

Ich finde, bei solchen Vergleichen muss man vor allem in der Fantasy aufpassen, denn es gibt ja auch Bücher, in denen Schränke (also diese grossen, eckigen Dinger aus Holz) tatsächlich herumlaufen. ;) Als Fantasy-Leser bin ich deshalb darauf schon eingestellt und denke mir das erstmal als gegebene Tatsache. Da muss schon sehr schnell klar werden, dass es eben kein Schrank, sondern ein Schrank von Mann ist, finde ich. Aber wenn du das schon berücksichtigt hast, ist es ja kein Problem, nur so als Gedanke dazu.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sternsaphir am 18. Juni 2014, 13:32:16
Das Problem habe ich auch ab und zu.
Neben den Namen versuche ich alle möglichen Bezeichnungen für den Prota zu nehmen z.B. den Beruf (z.B. Ordenskrieger, Schuster, Zeitungsjunge etc.), seine wichtigste oder beste Eigenschaft (der Träumer, der Forscher, der Aufräumer  etc.) oder was er gerade macht (der Badende, der Nachdenkende, der Reiter usw.)
Letztere "Namen" gelten aber nur für den Textabschnitt, wo er diese Tätigkeit gerade ausübt, sonst wirkt es nur verwirrend.

Jemand als "die Erschrockene" zu bezeichnen finde ich persönlich eigentlich nicht so schlimm, wenn dieser Zustand gerade sehr intensiv ist.

@ Tina: Also ich finde den Schrank-Vergleich sehr lustig und auch passend. Ich hatte genau das richtige Bild dazu im Kopf, wie also dieser große kräftige Mensch in der Tür steht.
Bei einem Edel-Juwelier bei uns stand immer ein Wachmann vor dem Eingang, den wir auch nur "den Schrank" nannten und genauso wirkte er auch und jeder wusste auch, wer mit diesem Begriff gemeint war.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 18. Juni 2014, 13:33:01
Zitat von: HauntingWitch am 18. Juni 2014, 13:26:11
Ich finde, bei solchen Vergleichen muss man vor allem in der Fantasy aufpassen, denn es gibt ja auch Bücher, in denen Schränke (also diese grossen, eckigen Dinger aus Holz) tatsächlich herumlaufen. ;)
;D
Da besteht in meinem Fall keine Gefahr, es ist absolut Low Fantasy ohne Zauberkunststücke usw.
In dem Setting erwartet keiner solche Sachen.
Und die nächste Zeile (jetzt noch um die Form ergänzt) macht es wirklich klar:
Zitat»Morgen!« Der quadratische Security-Mann von gestern Abend grinste ihn fröhlich an.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Mondfräulein am 18. Juni 2014, 13:47:42
Ersatzwörter für einen Namen zu suchen kann leider auch ziemlich schief gehen. In "Obsidianherz" von Ju Honisch gibt es, der Zeit entsprechend eben, einige Männer mit sehr langen Titel. Graf Heinz von und zu Kurt oder so, der dann am besten noch General ist. Die Soldaten wurden das ganze Buch über abwechselnd als der Graf, der General, Heinz oder von und zu Kurz bezeichnet. Das hatte leider den Effekt, dass ich die Hälfte des Buches (stolze 400 Seiten) gebraucht habe, um überhaupt dahinter zu kommen, wie viele Soldaten da überhaupt herumlaufen und wer davon jetzt wer ist. Die Charaktere kennen zu lernen war da einfach gar nicht mehr möglich.

Insofern... andere Bezeichnungen zu verwenden ist zwar möglich, aber man sollte aufpassen, dass es nicht zu verwirrend wird. Gerade bei vielen Charakteren sollte man es lieber bei einer Bezeichnung belassen, wenn man keinen guten Grund hat, das nicht zu tun. Besser ein paar Wortwiederholungen als dass der Leser ewig rätseln muss, wer jetzt wer ist...
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Klecks am 18. Juni 2014, 15:15:00
Zitat von: Valkyrie Tina am 18. Juni 2014, 11:43:37"Ein Kleiderschrank schob sich in mein Büro"

Das ist stilistisch einfach nur genial!  :rofl: :rofl: :rofl:  Ich finde diesen Satz perfekt und einfach nur wunderbar! Obwohl ich den Rest nicht kenne, klingt das so trocken, so beiläufig, so selbstironisch - ich kann nicht mehr! Kompliment!
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Guddy am 18. Juni 2014, 15:24:34
Ich hatte das auch letztens beim "betaen" angemerkt. Ich finde, dass es etwas sehr Distanziertes hat, wenn bspw. Berufsbezeichnungen häufiger genannt werden als der Name der Person. Gerade beim Protagonisten und ihm liebe Personen. Würde ich ein Buch aus meiner Sicht schreiben, würde ich nie und nimmer schreiben "Die Studentin legte ihre Hand auf die Schulter des Marketingexperten. "Das wird schon wieder. Die Tierarzthelferin wird sich schon wieder einkriegen!"
Er/sie/es oder den Namen, das reicht und sollte mEn. nur in Ausnahmefällen, definitiv jedoch nicht häufig, durch etwas anderes ersetzt werden. Das kann man machen, wenn es sich um eine dem Prota weniger nahe Person handelt. :)

Gerade, weil man als Leser Namen auch gerne mal "überliest", es fällt nicht als Wiederholung auf - wenn e ssich nicht wirklich um eine auffallende Häufung handelt natürlich.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 18. Juni 2014, 16:07:50
@Klecks: Schön, dass Du Dich über Tinas Version so beömmelst. Hoffentlich findest Du das Original auch noch gut. ;)

@Guddy und Mondfräulein: Na, Ihr habt jetzt auch Extrembeispiele. Klar, daß das dann nur noch krampfhaft wirkt oder den Leser verwirrt.
Ich hatte es m.M.n. relativ dezent eingesetzt, war mir aber dann doch unsicher geworden, ob es nicht doch stört und ob's das überhaupt braucht.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Tinnue am 18. Juni 2014, 16:26:33
ZitatÜberdies bin ich ein riesiger Fan von "stay in character". Was mein Chara nicht auch selbst denkt oder zumindest denken könnte, schreibe ich nicht. Man denkt ja von sich selbst nicht als "die Hexe", "der Bäcker" oder "der Auserwählte". Sondern ich denke von mir als "ich".

Ich kann mich Witch da nur anschließen. Zumindest wenn aus Sicht des Perspektivträgers erzählt wird, kann ich mir nicht viel andres als "Name" und "er/sie" vorstellen. Das geht beim auktorialen Erzähler sicher besser, andere Bezeichnungen reinzubringen. Als ich mit Pespektive noch etwas meine Probleme hatte, ist auch mal die Lektorin (einer Kurzgeschichte) dazwischengegrätscht und meinte: Dein Prota nimmt sich mit seinen Augen wahr. Würde er da wirklich "Der Junge" über sich selbst denken. Danach musste ich es rausstreichen und habe "er" als Alternative zum Namen benutzt.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sprotte am 18. Juni 2014, 16:34:48
Ich schließe mich Dir an, Tinnue. Malinche hat mir meine zahlreichen "die junge Frau", "die Prinzessin" etc. angestrichen. Jetzt beim finalen Gegenlesen merke ich, wie gut das war.
Die einzige Ausnahme mache ich, wenn meine Protagonistin über ihren Gefährten reflektiert, der "gut auf seine Schutzbefohlene aufpaßt". Mag schon grenzwertig sein, aber mir gefällt es.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Moni am 18. Juni 2014, 17:00:26
Ich weiß noch, dass mir Maja vor x-Jahren einen Text um die Ohren gehauen hat, in der sich eine Person mehrmals als "die Kriegerin" bezeichnet hat.  8) Aber es ist natürlich ermüdend, wenn man zig mal den Namen der Person nennt, immer in Abwechslung mit "sie". Letztlich ist das aber die richtige Wahl. Ich denke von mir selber ja auch nicht als "die Buchhändlerin".  ;D
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Guddy am 18. Juni 2014, 17:17:14
Zitat von: Sascha am 18. Juni 2014, 16:07:50

@Guddy und Mondfräulein: Na, Ihr habt jetzt auch Extrembeispiele. Klar, daß das dann nur noch krampfhaft wirkt oder den Leser verwirrt.
Na, selbst wenn man zwei der drei Bezeichnungen durch Er/sie/Name ersetzt, finde ich es zu viel ;) Wie gesagt: Wenn man es sehr sparsam einsetzt, ist es auch für mich in Ordnung. Aber ich bin wirklich kein Fan davon.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Kadeius am 19. Juni 2014, 10:18:12
Schön, dass das nochmal jemand auf den Tisch bringt.  :jau:

Mir geht's ähnlich, sitze bei der Zweitkorrektur und bin oft am Überlegen, ob ich nicht zu viel er, er, er, Name, er, er ... sie, sie, sie, Name, sie, Synonym, sie, sie, etc ... schreibe.
Meine Technik funktioniert nach Augenmaß, ist also nach Gefühl. Ich überfliege einen Absatz und zähle nach, wie oft diese Wörter auftauchen und versuche nach Möglichkeit, sie zu streichen, wenn es geht. Andererseits muss man sich darum nicht allzu viele Gedanken machen, wie ich finde, denn irgendwie muss man den Charakter handeln lassen und oft lässt sich ein simples "er" / "sie" nicht vermeiden.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Arcor am 19. Juni 2014, 11:04:54
Ich habe mich früher auch immer darum bemüht, krampfhaft alternative Bezeichnungen für meine Figuren zu finden. Da mussten dann Beschreibungen des Körpers (Hüne), Alters (Greis, Kind), Völkernamen, Haarfarben und was weiß ich nicht noch alles herhalten. Inzwischen ist mir aber aufgefallen, dass die allermeisten Autoren (besonders im Englischen) einfach mit "er/sie" oder mit den Namen arbeiten - und ich noch niemals beim Lesen gedacht habe: "Oh Gott, ist das öde, der Autor benutzt immer nur den Namen."
Wenn eine Abwechslung passt (gerade so etwas wie Greis geht in meinen Augen noch), kann man sie finde ich ganz gut verwenden. Aber man sollte sie nicht auf Teufel komm raus einbauen, nur weil man nach einer Abwechslung sucht. Und die Perspektive spielt natürlich auch eine Rolle. Kein Protagonist und Perspektivträger wird von sich selber als Hüne, Greis, Zwerg oder sonstwas denken. Da bleibt nur "er/sie" oder der Name. Aber wie Churke schon schrieb, über Bezeichnungen lässt sich die Perspektive des Protagonisten und seine Sicht auf andere Figuren gut schildern.


Ich habe gerade ein vergleichbares Problem, darum hoffe ich, dass es okay ist, wenn ich diesen Thread dafür verwende. Und zwar ist mir beim Überarbeiten aufgefallen, dass ich in meinem Projekt am Anfang ein paar Szenen mit auktorialer Sichtweise drin habe, dies aber im Roman nicht durchhalte. Darum schreibe ich das gerade um. Jetzt kommen wir auch schon zum aber:
In der Szene agieren drei Figuren miteinander (A, B, C). Ich habe sie anfangs namenlos gelassen, weil ich die Figuren aus der Sicht einer vierten Person (D) mit Namen einführen wollte. Bei zwei Figuren (B, C) habe ich das schon drangegeben, da sie die Perspektivträger der umgeschriebenen Szenen sind und als solche muss ich ihre Namen nennen. Bei der dritten Figur (A) sträube ich mich aber, den Namen zu nennen. Denn Figur A tauchte vorher bereits auf und der Leser wird denken, dass sie tot ist. Ich möchte ihn auch noch weiter in diesem Glauben lassen, bis Figur A sich Figur D explizit mit Namen vorstellt.

Mein Problem ist nun, dass die Figuren B und C die Figur A gut kennen und mit ihr befreundet sind. Im Dialog habe ich bisher immer nur "ihre Gefährtin" oder "ihre Freudin" stehen und das wirkt furchtbar, weil es einfach nicht passt. So würden B und C die Figur A bei sich nie benennen. Aber wenn ich den Namen nenne (was das logischste wäre), ist die Überraschung dahin.
Ich habe schon daran gedacht, ihr einen Spitznamen zu geben, den B und C für Figur A verwenden, aber zum einen fällt mir nichts ein und zum anderen müsste ich ihn dann durch den ganzen Roman ziehen, was ich nicht will. Auch passt ein Spitzname nicht so wirklich zu Figur A.

Fällt euch noch etwas Gescheites ein, wie ich das Problem lösen kann, ohne den Namen von Figur A zu nennen? Ich stehe da gerade völlig auf dem Schlauch.  ???
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Vic am 19. Juni 2014, 12:32:41
Persönlich muss ich gestehen, dass ich es völlig okay finde immer nur die Namen zu benutzen. Also abwechselnd "Paul" und "er" oder "Sabine" und "sie."
Ich finde diese ganzen beschreibenden Bezeichnungen wie "der Blonde", "der Magier", "der Braunäugige", "der Sänger und der Fußballer" - das erinnert mich leider ganz furchtbar an dilettantische Fanfics. Also ich würde damit ganz GANZ sparsam umgehen, weil es meistens einfach nur seltsam und gestelzt klingt, während es tatsächlich gar nicht negativ auffällt einfach den Namen zu benutzen.
Also wer Harry Potter gelesen hat, weiß dass auf einer Seite manchmal 30x "Harry" und "Ron" stand - aber es hat den Lesefluß ehrlich gesagt nie beeinträchtigt.

Was man ab und an machen kann ist sowas wie "Sein Gegenüber nickte" oder "Sie blickte zu dem Ältesten" oder "Der Dunkelhaarige wandte sich um" - solange der pov-Charakter die Namen eben nicht kennt.
Aber den Erzähler selbst würde ich definitiv nur beim Namen nennen.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: BiancaS am 19. Juni 2014, 14:50:42
Zitat von: Vic am 19. Juni 2014, 12:32:41
Persönlich muss ich gestehen, dass ich es völlig okay finde immer nur die Namen zu benutzen. Also abwechselnd "Paul" und "er" oder "Sabine" und "sie."
Ich finde diese ganzen beschreibenden Bezeichnungen wie "der Blonde", "der Magier", "der Braunäugige", "der Sänger und der Fußballer" - das erinnert mich leider ganz furchtbar an dilettantische Fanfics. Also ich würde damit ganz GANZ sparsam umgehen, weil es meistens einfach nur seltsam und gestelzt klingt, während es tatsächlich gar nicht negativ auffällt einfach den Namen zu benutzen.

Geht mir ebenso. Ich habe letzt ein Projekt von einer Freundin beta gelesen und es ging mir richtig auf die Nerven dauernd was von "dem Schwarzhaarigen" oder "dem Blonden" zu lesen. Man hat bei ihr einfach gemerkt, dass sie es als Vermeidung für den Namen oder "er" nutzt und sowas stört meinen Lesefluss ungemein.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 20. Juni 2014, 19:56:00
Also, irgendwie sind sich ja fast alle einig, dann hab ich mir die Arbeit wenigstens nicht umsonst gemacht.  :)

@Arcor: Ich hab mir Dein Problem jetzt mindestens dreimal durchgelesen, aber irgendwie kann ich mir die Sache nicht gut genug vorstellen, um da irgendeinen sinnigen Senf dazu zu geben.
Was ich mich eher frage ist, warum Du die Szenen auf keinen Fall auktorial haben willst und jetzt umarbeitest.
Ich habe festgestellt, daß ich (ohne mir vorher irgendwelche Gedanken darüber gemacht zu haben) ziemlich zwischen den Perspektiven springe (natürlich normalerweise nicht grad absatzweise), und es hat sich kein einziger Testleser daran gestört. Da sind durchaus auch mal Szenen oder Kapitel dabei, die ich m.M.n. aus auktorialer P. geschrieben hab.
Was ist so schlimm daran?
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Coppelia am 20. Juni 2014, 20:19:26
@ Arcor
Dir geht es darum, die Überraschung aufrecht zu erhalten, wenn die Person ihren Namen nennt, nicht wahr? Dann würde dir die sogenannte auktoriale Perspektive natürlich nichts nützen, da der allwissende Erzähler de Namen der Figur natürlich kennt.
Wenn die Perspektiventräger die Person nicht kennen, würde sie wahrscheinlich anhand ihrer Merkmale wahrgenommen. Du könntest sie dann "der Mann" oder "die Frau" nennen. Oder wenn sie sonst irgendwelche besonderen körperlichen Merkmale hat, "der Blonde" oder dergleichen. Aber auch da brauchst du keine besondere Abwechslung.
Ist ja nicht so, dass das generell verkehrt wäre, es kommt halt auf die wahrnehmende Instanz an.

@ Sascha
Perspektivenwechsel ist gestattet. Sogenannte personale Perspektive ist momentan Standard in Erzähltexten. Viele Erzähltexte springen auch ständig zwischen "auktorialer" und Figuren-Perspektive, ohne dass das vielen Lesern auffällt.
Figurenperspektive ("personale" Perspektive) macht es leichter, mit den Figuren "mitzufiebern", sie macht also Texte im Großen und Ganzen spannender. Das ist bei kommerziellen Texten erwünscht. Daher wird diese Perspektive von vielen Autoren bevorzugt.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Minhael am 20. Juni 2014, 21:07:27
Aber genau darin liegt das Problem, oder? Wenn ich Arcor richtig verstanden habe, dann kennen die Perspektivträger Person A sehr gut bzw. sind befreundet. Insofern fallen distanzierte Bezeichnungen wie "die Frau" raus. Eine wirklich andere Idee, als das ganze mit einem Spitznamen oder einem Zweitnamen zu umgehen fällt mir aber auch nicht so recht ein.  :hmmm:
Wie gut kennt der Leser Person A denn bisher? Bzw. wieviel Raum hat sie in der bisherigen Geschichte bereits eingenommen? Vielleicht könntest du es ja so drehen, dass ihr "wahrer Name" erst nach ihrem vermuteten Tod und dem Wiedersehen mit Person B und C bekannt wird? D.h. du benutzt für den Teil davor eine andere Bezeichnung für sie... Vielleicht gibt es ja sogar einen guten Grund, der sie daran hinderte bisher unter ihrem richtigen Namen zu reisen. Macht aber natürlich auch nur dann Sinn, wenn ihr Auftritt im Vorfeld entsprechend klein war. Was vermutlich nicht der Fall ist, oder?
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Siara am 20. Juni 2014, 21:13:26
@Arcor: Meine einzige Idee dazu wäre, dass A sich B und C unter falschem Namen vorgestellt hat. (Ob das in deinem Zusammenhang Sinn ergibt, weiß ich natürlich nicht). Vielleicht wollte sie ja auch vor denen als tot gelten? Oder kannten sie sich schon vor dem angeblichen Tod? Denn dann wäre die Idee natürlich raus.

Alles Andere stelle ich mir aber wirklich sehr künstlich und "gewollt" vor. Denn wenn man jemanden beim Namen kennt, wie du schon sagst, wird man nicht als "mein Gefährte" oder "der Blonde" von ihm denken.

Mal ganz abgesehen davon, dass der Leser sich vermutlich auch reichlich hintergangen vorkommt, wenn ein Perspektivträger quasi ein Geheimnis für sich behält. Mit etwas Ähnlichem hatte ich letztens auch zu kämpfen und habe mich schließlich für eine andere Perspektive entschieden. Aus dem einfachen Grund, dass man sich als Leser nun mal nur auf den Erzähler verlassen kann und bei personaler Erzählweise die Welt durch seine Augen sieht. Wenn dem Leser dann wichtiges Wissen von diesem POV vorenthalten wird, wirkt das auf mich nicht gerade gekonnt.

Für mich wäre auch eine der beiden Möglichkeiten am elegantesten: Entweder auch die Perspektivträger wissen nicht, wer er ist, oder die Szene wird auktorial (oder aus Sicht eines unwissenden Vierten) erzählt.

Edit: Überschneidet sich mit Minhael.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Coppelia am 20. Juni 2014, 21:16:50
Stimmt, Minhael, beim erneuten Durchlesen wird mir klar, dass ich es komplett falsch verstanden habe. :) Dann vergesst, was ich dazu geschrieben habe! Zu dem Problem weiß ich leider auch keine Lösung.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sprotte am 20. Juni 2014, 21:23:08
Arcor, ich hatte vor Jahren mal ein ähnliches Problem. Vielleicht helfen die Gedanken dazu Dir weiter:
Wie sehr darf ein Perspektivträger lügen? (http://forum.tintenzirkel.de/index.php/topic,7006.0.html)
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Arcor am 21. Juni 2014, 15:43:32
Zitat von: Sascha am 20. Juni 2014, 19:56:00
Was ich mich eher frage ist, warum Du die Szenen auf keinen Fall auktorial haben willst und jetzt umarbeitest.
Ich habe festgestellt, daß ich (ohne mir vorher irgendwelche Gedanken darüber gemacht zu haben) ziemlich zwischen den Perspektiven springe (natürlich normalerweise nicht grad absatzweise), und es hat sich kein einziger Testleser daran gestört. Da sind durchaus auch mal Szenen oder Kapitel dabei, die ich m.M.n. aus auktorialer P. geschrieben hab.
Was ist so schlimm daran?
Ich finde, es ist ein ziemlicher Bruch zur personalen Perspektive. Und da ich die eigentlich alle anderen Szenen und Kapitel des Romans verwende (und vorher auch schon), fällt es einfach so extrem auf und das stört mich. Wenn ich so einen Wechsel öfter hätte, wäre es vielleicht vertretbar (vom Wechsel an sich abgesehen, den ich nicht sehr mag), aber so ist mir der Bruch zu groß.

Zitat von: Minhael am 20. Juni 2014, 21:07:27
Aber genau darin liegt das Problem, oder? Wenn ich Arcor richtig verstanden habe, dann kennen die Perspektivträger Person A sehr gut bzw. sind befreundet. Insofern fallen distanzierte Bezeichnungen wie "die Frau" raus. Eine wirklich andere Idee, als das ganze mit einem Spitznamen oder einem Zweitnamen zu umgehen fällt mir aber auch nicht so recht ein.  :hmmm:
Genau das hatte ich befürchtet, dass Spitzname das einzig sinnvolle ist. Aber ich kenne die Figur nun seit 10 Jahren unter ihrem Namen und da jetzt nur für diese eine Szenenproblematik mir einen Spitznamen auszudenken, den ich durchziehen muss, damit er wirkt, missfällt mir irgendwie.  :no:

Zitat von: Minhael am 20. Juni 2014, 21:07:27Wie gut kennt der Leser Person A denn bisher? Bzw. wieviel Raum hat sie in der bisherigen Geschichte bereits eingenommen? Vielleicht könntest du es ja so drehen, dass ihr "wahrer Name" erst nach ihrem vermuteten Tod und dem Wiedersehen mit Person B und C bekannt wird? D.h. du benutzt für den Teil davor eine andere Bezeichnung für sie... Vielleicht gibt es ja sogar einen guten Grund, der sie daran hinderte bisher unter ihrem richtigen Namen zu reisen. Macht aber natürlich auch nur dann Sinn, wenn ihr Auftritt im Vorfeld entsprechend klein war. Was vermutlich nicht der Fall ist, oder?
Also, Figur A tauchte als Nebenfigur in Kapitel 1 auf. Da muss ich aber ihren wahren Namen verwenden, weil das Kapitel aus der Perspektive ihres Mannes erzählt wird. Dass der Leser glaubt, dass Figur A tot ist, liegt daran, dass Kapitel 2 (und alle weiteren) 450 Jahre später spielen und der Leser das explizit gesagt bekommt. Man sieht also nicht, wie Figur A stirbt, aber man nimmt es aufgrund der vergangenen Zeit einfach automatisch an (sie ist ein Mensch). Der Überraschungseffekt soll dann sein, dass man ihren Namen erfährt und sich wundert "Huch, warum lebt die denn noch? Was steckt dahinter?"

Allerdings möchte ich diesen Aha-Effekt erzielen, wenn Figur A sich vorstellt. Sie namentlich zu nennen, wenn entweder Szenen aus ihrer Perspektive beschrieben werden oder aus Sicht von B und C verdirbt diesen Effekt in meinen Augen total. Weil dann wird der Name einfach so hingeklatscht, ohne Betonung. Figur D, der sich Figur A dann später vorstellt, ist aber zum Zeitpunkt der Szenen, um die es mir geht, keine große Hilfe, da er nur bewusstlos in der Gegend rumliegt. Ich kann also diese Vorstellung nicht weiter nach vorne schieben und so das Problem umgehen.

@Siara: Ich gebe dir recht, dass alles andere als Namensnennung, Spitzname oder auktoriale Sichtweise irgendwie gekünstelt wirkt. Deswegen sitze ich hier ja so unglücklich.  :(

@Sprotte: Ich habe mir den Thread durchgelesen, allerdings stellt sich das für mich etwas anders da, da ich die Szene ja nicht aus Sicht von Figur A schildere und Figur B und C sie nur unter ihrem Namen kennen. Sie haben also eigentlich keinen Grund, von ihr als einer anderen Figur zu denken, wie es bei deiner Geschichte zwischen dem Mädchen und dem Paladin ja der Fall gewesen wäre.

Ich sehe schon, ich fürchte, dass ich da doch den Namen werde einsetzen müssen.  :seufz: Ich hatte anfangs sogar alle drei Figuren (A, B, C) nicht namentlich genannt, aber da waren die Szenen auch noch auktorial und das wirkte komplett bescheuert. Es ist halt so, dass der Leser die Figuren primär durch die Augen von Figur D (noch bewusstlos) kennenlernen soll. Darum beschreibe ich sie vorab auch nicht großartig.
Und während ich das hier schreibe, bekomme ich das Gefühl, dass der Aufbau unglücklich bis Murks ist.  :wums:
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Sascha am 21. Juni 2014, 19:18:55
Zitat von: Arcor am 21. Juni 2014, 15:43:32
Also, Figur A tauchte als Nebenfigur in Kapitel 1 auf. Da muss ich aber ihren wahren Namen verwenden, weil das Kapitel aus der Perspektive ihres Mannes erzählt wird.
Hmmm... Grad aus der Perspektive des Ehemannes müßte es aber schon möglich sein, den Namen zu vermeiden.
Okay, hängt von der Situation ab, aber wenn ich mit meiner Frau rede, spreche ich sie nur selten mit Namen an. Meist kommen Kosenamen zum Einsatz, oder auch mal "Chefin" (ironisch, mehr oder minder ;) ) oder ähnliches. Und wenn ich mit anderen über sie rede, dann ist es meistens eben "meine Frau", "meine Holde" oder "meine Regierung". Einfach nur "Pia" nenne ich sie recht selten.
Nun müssen sicher Kosenamen zu Situation und Setting passen, aber es sollte doch machbar sein.

Andere Idee:
Muß sie eigentlich nach 450 Jahren immer noch den selben Namen tragen? Ich weiß ja nicht, ob sie eine Art Zeitreise durchgemacht hat oder tatsächlich so lange lebt. Gerade in letzterem Fall sollte sie doch ab und an ihre Identität wechseln, um keinen Verdacht zu erregen. Dann kann man spät damit rausplatzen, daß sie eigentlich Erna Krawinkel von anno dunnemals ist. Oder ist es allgemein bekannt und sie hat sich einen besonderen Rang zugelegt? Kann sie vielleicht als "die Unsterbliche" oder "die weise Frau" bekannt sein, während ihr Name quasi schon in Vergessenheit geraten ist?

Hängt alles so wahnsinnig vom Kontext ab, finde ich.
Titel: Re: Abwechslung bei der Bezeichnung des Prota (und anderer Figuren)
Beitrag von: Minhael am 25. Juni 2014, 21:01:51
Jetzt wird einiges klarer, danke für die ausführliche Erklärung, Arcor. :)

ZitatSie namentlich zu nennen, wenn entweder Szenen aus ihrer Perspektive beschrieben werden oder aus Sicht von B und C verdirbt diesen Effekt in meinen Augen total.

Das sehe ich genauso. Das Szenario, so wie du es gerne konstruieren würdest, wird den Leser in jedem Fall auf eine gänzlich andere Art und Weise packen.
Gäbe es vielleicht die Möglichkeit, dass Person A erst auf die Gruppe stößt, wenn Person D schon wach ist? (Das wäre vermutlich zu einfach und dir schon längst selbst in den Sinn gekommen... Aber versuchen kann man es ja.  ::)) Oder du hast noch Platz für Person E, die Person A ebenfalls nicht kennt und als Mittel zum Zweck einen kurzen Auftritt bekommt. Aber da besteht vermutlich die Gefahr, dass alles zu konstruiert wirkt...


Zitat von: Sascha am 21. Juni 2014, 19:18:55
Und wenn ich mit anderen über sie rede, dann ist es meistens eben "meine Frau", "meine Holde" oder "meine Regierung".

Die Frage die dann bleibt, woher weiß der Leser, dass die Holde aus Kapitel 1 gleichzeitig Lieschen Müller aus Kapitel 2 ist?