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Architektur und Macht - Was interessiert?

Begonnen von KaPunkt, 24. April 2023, 19:34:53

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KaPunkt

Hallo ihr Lieben,

auf der Metropolcon werde ich zusammen mit Kris Brynn eine Podiumsdiskussion zum Thema Städtebau, Architektur und Macht etc. halten.
Wir bereiten uns gerade ein wenig vor und überlegen Themen, die wir gern ansprechen möchten.
Aber vielleicht hat hier ja auch jemand Fragen, die sie*ihn in dem Themengebiet interessieren?
Dann könnt ihr das hier erwähnen und ich werde es in unser sheet mit aufnehmen.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Sparks

Hallo KaPunkt.

Zitat von: KaPunkt am 24. April 2023, 19:34:53auf der Metropolcon werde ich zusammen mit Kris Brynn eine Podiumsdiskussion zum Thema Städtebau, Architektur und Macht etc. halten.
Wir bereiten uns gerade ein wenig vor und überlegen Themen, die wir gern ansprechen möchten.
Aber vielleicht hat hier ja auch jemand Fragen, die sie*ihn in dem Themengebiet interessieren?
Dann könnt ihr das hier erwähnen und ich werde es in unser sheet mit aufnehmen.

Nur so als Einwurf analog zu Brainstorming....aus der Erinnerung einer Diskussion zu einem ähnlichen Thema, die ich vor 30 oder 40 Jahren hatte.

Es gibt unterschiedliche Methoden, wie man mit Architektur Macht demonstriert.

A) Indem man sehr Luxuriös und Pompös baut. Damit zeigt man seine finanzielle, eventuell auch politische/familiäre Macht.

B) Indem man große militärische Bauwerke errichtet. Damit zeigt man seine militärische Macht. Oft spiegelt sich der Baustil dann auch in nichtmilitärischen Bauten wieder.

C) Indem man Bauwerke errichtet, die den Betrachter sich klein fühlen lassen. z.B. durch übergroße Türen und übergroße Fenster. Damit macht man den Betrachter "zum Kind", als Türen und Fenster für ihn eben auch noch "übergroß" waren.

Natürlich können diese Methoden kombiniert werden.

Nebeneffekt der Methode A) "Luxuriös und Pompös", wenn sie nicht zu stark mit B) und C) verbunden ist: Es ist möglich, dass sich die Bewertung dieses Stiles im Auge des Betrachters wandelt. Die wirkung des Pompösen und Luxuriösen verschwindet, weil wir eine andere Vorstellung von Luxus und Pomp bekommen. Wenn die Architektur gut gelungen war, ist sie gleichzeitig auch relativ praktisch und ästhetisch. Das bleibt, und macht, das für uns z.B. Rockoko- oder Barockbauwerke weniger Pompös und Luxuriös als vielmehr verspielt wirken, wohingegen ein aktueller repräsentativer Firmensitz protzig wirkt, obwohl sich die Intention des Architekten bei der Errichtung solcher Bauten von alten Zeiten bis heute nicht verändert hat.


Zu C) Die Architektur des ausgehenden 19. und die der ersten Hälfte des 20. Jhd. ist voll davon. Man denke nur an die Monumentalarchitektur im Deutschland der 1930er Jahre. Aber Ansätze dazu findet man auch in Sakralbauten, z.B. Kathedralen, seit dem Mittelalter. Möglicherweise auch früher, wenn ich an Bauten wie z.B. dem Pantheon in Rom denke. Allerdings ist so alte, gut erhaltene Architektur selten, und die Formensprache hat sich nun in über tausend Jahren vermutlich deutlich geändert.

Grüße: Bernd 
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Depression

KaPunkt

Hallo Sparks, vielen Dank für deine Antwort.
Gibt es Themen, über die du gern mehr hören würdest oder Fragen hast?
Die Punkte, die du ansprichst, sind grundlegende Teilbereiche, die wir sicherlich erwähnen werden.

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Sparks

Hallo KaPunkt.

Zitat von: KaPunkt am 03. Mai 2023, 21:26:04Gibt es Themen, über die du gern mehr hören würdest oder Fragen hast?

Naja, für mich liegen die aktuellen Knackpunkte der Architektur eher im technischen Bereich, und wenn es um kulturelle/soziologische Fragestellungen geht, dann eher darum, wie diese mit technischen, nahhaltigkeitsbezogenen und praktischen Fragestellungen interferieren.

Zitat von: KaPunkt am 03. Mai 2023, 21:26:04Die Punkte, die du ansprichst, sind grundlegende Teilbereiche, die wir sicherlich erwähnen werden.

Es wäre durchaus interessant, darüber etwas zu hören.

Viele Grüße: Bernd
Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Depression

Steffi

Zitat von: Sparks am 03. Mai 2023, 21:40:54Naja, für mich liegen die aktuellen Knackpunkte der Architektur eher im technischen Bereich, und wenn es um kulturelle/soziologische Fragestellungen geht, dann eher darum, wie diese mit technischen, nahhaltigkeitsbezogenen und praktischen Fragestellungen interferieren.



Sicher spannende Themen, ich glaube aber, dass die in einer Phantastik-Con mit Schwerpunkt Literatur etwas fehlplatziert wären.

Ich würde ja auch in einem Panel über Magneto nichts über MRT-Sequenzentwicklung reden, auch wenn beides mit Magnetismus zu tun hat.  :hmmm:
Sic parvis magna

Valkyrie Tina

Ich habe nur ein paar wilde Assoziationen, aber vielleicht hilft es dir ja weiter.
Architektur in der Fantasy, da denke ich zum einen an die klassische Urban Fantasy, wo die Stadt fast den Stellenwert eines eigenen Charakters einnimmt. Da würde ich gern was dazu hören, wie das gemacht wird, durch welche Tricks die Stadt ein "Gesicht" und ein "Temperament" bekommt.

Das andere wäre Bauten und Gebäude in fantastischen Settings. Sowas wie Sarumans Turm oder Helms Klamm. Ähnliche Gedanken wie bei der Urban Fantasy: diese Gebäude sind ja nicht einfach nur "da". Sie symbolisieren ihren Besitzer, oder den Stand der Schlacht oder so. Wie wird das gemacht?

Jo, das wars schon, ich hoffe, es ist verständlich was ich meine.

Nina Louise

Hey KaPunkt, das ist ein sehr interessantes Thema, aber ich verstehe leider nicht ganz, wohin die Podiumsdiskussion führen soll.

Möchtet ihr allgemein das Interesse auf Architektur lenken (die ebenso wie Mode sehr vernachlässigt wird, finde ich)? Oder soll es in Richtung Workshop gehen, nach dem Motto "Wie wohnt ein mächtiger Mensch und wie stelle ich das dar, ohne Bauantrag und statische Berechnung?"  ;D
Fantastische Geschichten aus der Luftschlosserei.

Michael W

Zitat von: Sparks am 03. Mai 2023, 19:20:12Es gibt unterschiedliche Methoden, wie man mit Architektur Macht demonstriert.

A) Indem man sehr Luxuriös und Pompös baut. Damit zeigt man seine finanzielle, eventuell auch politische/familiäre Macht.

B) Indem man große militärische Bauwerke errichtet. Damit zeigt man seine militärische Macht. Oft spiegelt sich der Baustil dann auch in nichtmilitärischen Bauten wieder.

C) Indem man Bauwerke errichtet, die den Betrachter sich klein fühlen lassen. z.B. durch übergroße Türen und übergroße Fenster. Damit macht man den Betrachter "zum Kind", als Türen und Fenster für ihn eben auch noch "übergroß" waren.

Ich finde, das kann man um einen Punkt D) ergänzen: Symmetrie. Ein symmetrisches Bauwerk wirkt automatisch monumental. Wenn es sogar mehrere Symmetrieachsen gibt, ist der Effekt stärker, aber man verirrt sich auch schneller. Wobei das in Gebäuden, die Macht ausstrahlen sollen, vielleicht sogar gewollt ist. Ich denke da an einen einfachen Behördengang, der sich zu einer langwierigen Suche nach dem richtigen Raum entwickelt hat. Hinzu kommen dann auch noch Eingangshallen und Treppenhäuser, die wesentlich größer und weitläufiger sind als notwendig.

KaPunkt

Da würde ich glatt wiedersprechen.
Symmetrie wirkt nicht automatisch monumental, aber es wirkt bewusst gestaltet. Das wiederum weißt daraufhin, dass es in einem Wurf entstanden ist, einem stringenten Plan folgend, was auf Macht hindeuten kann. Weil
- jemand die Ruhe hatte, sich hinzusetzen, das Ding zu planen (was Zeit und damit Geld kostet und oft auch noch Expertise erfordert, die ebenfalls bezahlt sein will)
- es umgesetzt wurde von fähigen Ausführenden, die nur minimale Unsauberkeiten bestehenden ließen (ebenfalls teuer)
- wenn sich Ansprüche an das Gebäude ändern, wird nicht improvisiert - was Asymmetrie reinbringt durch An- oder Umbauten - sondern eher abgerissen und neugebaut.

Deshalb strahlt Symmetrie ein Gefühl von Sicherheit aus (mal abgesehen von den ästhetischen Aspekten), was zu Selbstsicherheit / Macht / Monumentalität führen kann.
ein kleines, Reihenhaus ist ebenfalls symmetrisch (oft), aber auch neugebaut strahlt es nicht zwingend Monumentalität aus.

Das Panel hat übrigens großen Spaß gemacht  :)

Liebe Grüße,
KaPunkt
She is serene
with the grace and gentleness of
the warrior
the spear the harp the book the butterfly
are equal
in her hands.
(Diane di Prima)

Michael W

Hallo @KaPunkt, ich musste jetzt wirklich ein wenig darüber nachdenken, ob Reihenhäuser monumental sind. Viele wirken auf mich so, aber es ist wohl eine Frage der eigenen Wahrnehmung. Symmetrie ist da sicher ein entscheidender Faktor, ich finde deine Punkte dazu sehr nachvollziehbar.

Toll, dass das Panel Spaß gemacht hat! Ich bin zwar nicht auf deine Eingangsfrage eigegangen, hoffe aber, dass ich trotzdem sinnvoll zur Diskussion beitragen konnte.

Viele Grüße
Michael