Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 11:54:59

Titel: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 11:54:59
Hallo liebe TiZi's!

Ich habe mich gleich im ersten Kapitel meines Romans festgefahren. Geplant ist, schon nach zwei Absätzen eine Rückblende einzufügen. Der Gedanke dabei ist, dass ich in der Rückblende die Ereignisse des aktuellen Tages besser zusammenfassen kann, als wenn ich sie chronologisch erzähle.

Gedacht ist es in etwa so:
Erik fluchte gottestlästerlich und riss am Lenkrad, aber es war zu spät ... Krach, Bumm, Peng - ein Unfall auf einem Feldweg mitten in der Pampa. Wenige Sätze zur aktuellen Situation die in etwa so enden: Soweit also zu der genialen Idee, den Stau zu umfahren. Dabei hatte der Tag so gut begonnen ... Rückblende.

Mir gefällt das so eigentlich ganz gut. Nur geistert in meinem Kopf der Satz von James N. Frey aus "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" herum
Zitat... die Rückblende ist ein Mittel, das törichte Autoren verwenden, um den Konflikt zu umgehen.

Wie seht ihr das? Kann, darf, sollte ich eine Rückblende benutzen und dann schon so früh, oder besser nicht? Bei mir dreht sich gerade alles um dieses Problem und ich komme einfach nicht weiter.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: caity am 05. Dezember 2019, 12:00:04
Hallo Rewa,

ich würde sagen, es kommt auf verschiedene Faktoren an:
1. Wie lang ist die Rückblende? Ist in ihr die eigentliche Geschichte verborgen? Dann würde ich den einleitenden Part eher als "Foreshadowing" bezeichnen und eventuell ein neues Kapitel beginnen. Beliebte Methode, wurde z. B. von Sebastian Fitzen in "Das Paket" genutzt.
2. Wie genau willst du die Rückblende darstellen? Im Plusquamperfekt oder im Präteritum?
3. Soll das eine Rückblende am Stück sein, oder kannst du halt immer mal wieder Sachen einfließen lassen, während die eigentliche Handlung weitergeht?

Ich würde nicht sagen, die Rückblende umgeht immer den Konflikt. Wie bei allen Mitteln der Schreiberei ist es eine Frage, wie man sie verwendet.

Grüße
caity
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Wordzombie am 05. Dezember 2019, 12:06:55
Ich persönlich liebe Rückblenden ja besonders, wenn sie quasi nahtlos mit dem aktuellen Geschehen verknüpft sind bzw. das Eine in das Andere über- und wieder zurückgeht. Wirklich gut ist das Stephen King in "ES" gelungen. Dort laufen Vergangenheit- und Zukunftsblock ja quasi parallel ab, wofür ich ihm noch heute höchsten Respekt zolle.
Womöglich könnte man ja auch hier eine Art Symbiose finden?
Beim Stichwort "Unfall" musste ich zb. sofort an Ohnmachtsfantasien bzw. tiefe Bewusstlosigkeit und damit verbundene Träume denken. Vielleicht "flippt" der Protagonist je nach Situation/Schlüsselreiz/etc ja von der Gegenwart Richtung Rückblende und umgekehrt?
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Nuya am 05. Dezember 2019, 12:22:07
In Flammengarde hab ich nicht mit einer klassischen Rückblende gearbeitet, sondern nach (ich müsste jetzt lügen) zwei, drei, vier Kapiteln einen Zeitsprung nach zehn Jahren später.
Ansonsten kann es funktionieren, ich kenne aber viele, die das nicht mögen (aus Gesprächen über den Aufbau bei mir).
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 12:29:36
Hallo @caity !
Ich mache es mir mal leicht und beantworte die Fragen so:
1. Ich möchte die Rückblende sehr kurz halten. In ihr wird beschrieben, wie mein Prota an einen Gegenstand kommt, den er für den weiteren Verlauf der Geschichte dabei haben muss. Foreshadowing passt also eher nicht.
2. Präteritum
3. Sie soll in einem Stück dargestellt werden. Die Rückblende führt dann zu dem Unfall zurück und es geht in der Gegenwart weiter.

Hallo @Wordzombie !
Mein Prota bleibt weitestgehend unverletzt. Auf die Geschehnisse in der Rückblende wird nur sehr viel später noch einmal Bezug genommen. Da erkennt er dann die Frau wieder, die ihm den o.g. Gegenstand verkauft hat.
Ich schicke den armen Kerl ohne Vorwarnung in eine andere Welt, ihn auch noch in der Zeit herumspringen zu lassen wäre unnötig grausam, oder?  ;)
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 12:33:23
Hallo @Nuya !

Zitat von: Nuya am 05. Dezember 2019, 12:22:07
Ansonsten kann es funktionieren, ich kenne aber viele, die das nicht mögen (aus Gesprächen über den Aufbau bei mir).
Ich habe mich durch ältere Threads zu diesem Thema gequält und nicht wirklich Hilfe gefunden. Anscheinend gibt es ebenso viele Argumente dafür wie dagegen.

Schick mir doch mal wer die ultimative Erleuchtung büdde  :bittebittebitte:
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Nuya am 05. Dezember 2019, 12:39:13
Wichtig ist, dass es dir für den Roman als passend erscheint.
Zur Not merkst du später, dass es nicht funktioniert und änderst es. :) Ich befürchte, es gibt keine Erleuchtung die bei allen Romanen greift. ;)
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Angela am 05. Dezember 2019, 12:51:23
Wieso sollte eine gut geschriebene Rückblende nicht gehen? Ich lese gerade mal wieder etwas von einer sehr gut verkauften amerikanischen Autorin, die hat ständig Rückblenden drin und die sind oft spannender als das, was gerade passiert.  Da sehe ich eher die Gefahr, weil in der Rückblende vermutlich ein sehr wichtiger Moment geschildert wird.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: caity am 05. Dezember 2019, 12:57:28
Danke für die Erläuterung und die Beantwortung der Frage. In dem Fall würde sich für mich tatsächlich die folgende Frage anschließen: wo beginnt deine Geschichte denn? Ist wirklich der Unfall das Entscheidende? Oder wie der Protagonist den Gegenstand erhält? Falls das eine "unspektakuläre Übergabe" ist, finde ich die Idee, mit einer kurzen (meiner Meinung nach max. 1 Normseite) Rückblende zu arbeiten, gut. Ansonsten würde ich an deiner Stelle einfach mal etwas weiter vorne in der Geschichte einsteigen. Vielleicht klemmt es ja auch, weil du eben noch nicht den richtigen Moment für den Einstieg erwischt hast?
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 13:13:55
Zitat von: Nuya am 05. Dezember 2019, 12:39:13
Ich befürchte, es gibt keine Erleuchtung die bei allen Romanen greift. ;)
Man kann ja mal hoffen ...  ;D

Hallo @Angela !
Ja, für die weitere Geschichte direkt nach dem Unfall braucht mein Prota eben diesen Gegenstand. Aber dafür den ganzen Tag chronologisch erzählen möchte ich nicht.

@caity
Wie mein Prota den Gegenstand bekommen hat, ist interessant (weil er ihn von seiner Mutter, die er aber nicht kennt, bekommt), aber nicht wichtig. Dass er ihn dabei hat ist entscheidend.
Der Unfall selbst ist auch nicht von Bedeutung. Der Ort des Unfalls aber schon.

Die Rückblende soll so kurz wie nur möglich sein. So in der Art: Schöner Tag, er fährt zu einem Mittelaltermarkt. Kauft dort besagten Gegenstand. Interessiert sich kurz für die Verkäuferin. ... Auf dem Rückweg dann Staumeldung auf der Autobahn. Er versucht den Stau zu umfahren. Hirsch von rechts, PENG - Unfall. Weiter im Text.

Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Trippelschritt am 05. Dezember 2019, 13:40:26
Wie fast immer geht grundsätzlich alles, wenn man es gekonnt oder sogar richtig macht. Aber mit so einer antwort ist niemandem geholfen. Vielleicht vergesse ich einfach mal einfach, dass ich selber hin und wieder schreibe, und komme Dir als Leser.
Nichts ist für mich unangenehmer, als wenn ich einen kurzen Textabschnitt bekomme, dann eine Rückblende, und es dann im Text weitergeht. Bis auf wenige Ausnahmen klappe ich das Buch bereits bei B eginn der Rückblende zu.
Warum?
Von dem Anfang eines Romans erwarte ich, dass die Geschichte mich einfängt. Dafür muss sie mich von dort abholen, wo ich mich befinde, mit eine mishcung von Vertrautem und irritierend Neuem vorsetzen, mich anbeißen lassen und dann langsam ranziehen. Und wenn ich mich dann für die Geschichte entschieden habe, dann will ich sie auch hören, diese Geschichte.
Und damit ist fast alles gesagt. Manchmal geht es schnell, manchmal braucht man länger, bis man an der Angel hängt. Wenn ich noch nicht gefangen wurde und noch zögerre und es kommt dann etwas völlig anderes (aus der Rückblende), dann bin ich weg.
Bin ich gefangen und warte jetzt auf die Geschichte, und es kommt etwas anderes, dann stehe ich das durch, aber gefallen tut es mir nicht.

Also lass es besser, obwohl es möglich ist.

Solche Überlegungen gehören zu jenem Teil des Handwerkszeugs, bei dem man sich klar sein muss, dass man auch mal aus der Sicht der Leser schreiben muss, damit das Konzept aufgeht. Das gilt besonders für den Anfang. Später sind Rückblenden einfacher zu handhaben, aber am Anfang sind sie toxisch.

Eine Alternative (die aber auch nicht immer aufgeht) ist am Anfang mit schnellen Schnitten zu arbeiten, aus denen sich der Leser ein Bild zusammensetzen kann. Und da kann auch eine Episode aus der  Vergangenheit stammen. Ist aber etwas tricky.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Alana am 05. Dezember 2019, 13:51:34
Also sorry, aber dieser Satz von James N. Frey ist absoluter Quatsch. Oder extrem aus dem Kontext gerissen. Ich mag Dogmas generell nicht. Man kann alles machen, wenn man sich der Wirkung bewusst ist. Ich liebe es, mit Rückblenden zu arbeiten. Sie können Spannung und Konflikt enorm erhöhen und schützen einen vor langweiligen inneren Monologen. Man muss nur aufpassen, dass die Rückblenden und die aktuelle Handlung sich gut verschränken.

Was deinen speziellen Fall angeht: Wozu der Unfall? Meine persönliche Erfahrung ist, dass ich Action am Anfang eines Romans überhaupt nicht mag, weil ich die Figur nicht kenne und mir ehrlich total egal ist, ob ihr gerade ein Unfall passiert. Am Anfang eines Romans müssen Dinge passieren oder Gedanken stehen, die mich wirklich reizen, die Geschichte zu lesen. Rätsel, besondere Charaktereigenschaften, ein Konflikt (ein bloßer Unfall ist für mich kein Konflikt), der mich neugierig macht. Ich würde mich hier nicht fragen, ob die Rückblende okay ist, sondern überlegen, ob die Rückblende wirklich an dieser Stelle der beste Weg für deine Geschichte ist. Überleg, ob du den Unfall brauchst und ob du die Rückblende an dieser Stelle brauchst.

Steig doch mit dem Gegenstand ein. Er ist froh, dass er ihn hat (falls das zutrifft), weil er extrem wichtig ist. So kannst du Neugier wecken, weil der Leser jetzt etwas über den Gegenstand wissen möchte und warum die Figur daran hängt. Vielleicht schaut er auf den Gegenstand und hat deswegen den Unfall (falls du den an der Stelle wirklich zeigen musst). Wie er den Gegenstand bekommen hat, kann doch ein Detail sein, das du später vielleicht viel interessanter einbinden kannst, wenn der Leser das wirklich, wirklich wissen will.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 13:55:05
Hallo @Trippelschritt ,

genau das ist ja eben meine Befürchtung.

Ich weiß jetzt nicht, was ich machen soll. Natürlich kann ich den Einstieg früher machen, den Tagesablauf beschreiben und damit viele Wörter benutzen, ohne mehr zu sagen als ich in der viel kürzeren Rückblende beschreiben kann. Oder ich mache es doch mit Rückblende und zerreisse damit den Handlungsablauf.

Ich muss mir wohl Gedanken darüber machen, einen ganz anderen Einstieg zu finden.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 14:13:08
Hallo @Alana

Zitat von: Alana am 05. Dezember 2019, 13:51:34
Was deinen speziellen Fall angeht: Wozu der Unfall?
Der Unfall passiert nicht zufällig. Er ist genau geplant. Mein Prota wird an eben diesen Ort gelenkt und der Hirsch ist nur dazu da, den Unfall ihm gegenüber als zufällig erscheinen zu lassen. Er merkt erst sehr viel später, dass er manipuliert und ausgenutzt - und streng genommen entführt - wird. Der Gegenstand, den mein Prota dabei hat ist erforderlich, um an der Unfallstelle ein Portal öffnen zu können und ihn in eine andere Welt zu befördern. Das ist das Ziel derjenigen, die diese ganze Aktion geplant haben.
Lasse ich jetzt den Unfall weg, muss ich einen neuen Plot schreiben.

Zitat von: Alana am 05. Dezember 2019, 13:51:34
Überleg, ob du den Unfall brauchst und ob du die Rückblende an dieser Stelle brauchst.
Den Unfall brauche ich nicht wirklich. Was ich brauche, ist mein Prota an genau dieser Stelle und mit dem Gegenstand in der Hand. Den Unfall nutze ich also nur, um ihn dorthin zu bringen.
Mit der Rückblende erkläre ich, warum er diesen Gegenstand dabei hat.

Zitat von: Alana am 05. Dezember 2019, 13:51:34
Steig doch mit dem Gegenstand ein. Er ist froh, dass er ihn hat (falls das zutrifft), weil er extrem wichtig ist.
Mein Prota hat keine Ahnung, wie wichtig der Gegenstand ist und was er bewirken kann. Er kauft ihn nur weil er billig ist und er schon mal etwas darüber gelesen hat.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Mindi am 05. Dezember 2019, 14:33:17
Zitat von: Rewa am 05. Dezember 2019, 11:54:59
Ich habe mich gleich im ersten Kapitel meines Romans festgefahren.
[...] 
Bei mir dreht sich gerade alles um dieses Problem und ich komme einfach nicht weiter.
Ich beziehe mich hauptsächlich auf den Aspekt, dass dich dieses Thema im Moment blockiert, denn das finde ich schade, gerade wenn du am Anfang des Schaffensprozesses für deinen Roman bist.
Falls du schon eine erste(zweite ...) Fassung geschrieben hast und gerade überarbeitest, dann trifft das Folgende natürlich nicht unbedingt zu ;)

Unabhängig von Rückblende ja oder nein, den Anfang der Geschichte wirst du vermutlich noch etliche Male ändern, denn wie Trippelschritt und Alana auch schon gesagt haben, muss gerade der faszinieren und den Leser davon überzeugen, dass diese Geschichte lesenswert ist. (bzw. dass er sie lesen muss, weil er unbedingt wissen will, wie es weitergeht. ;D)
Wenn dich diese Frage gerade blockiert, entscheid dich intuitiv für eine Variante und schau dir die Stelle in ein paar Wochen bzw. Monaten nochmal an. Dann hast du einen viel besseren Überblick über deine Geschichte, die Abläufe und wo du noch etwas anpassen musst, damit es für den Leser spannender wird.
Wenn du gerade am Schreiben der ersten Fassung deiner Geschichte bist, ist es noch egal, ob eine Rückblende ein gutes Mittel ist oder nicht, da diese ganze Szene bei der Überarbeitung vielleicht sowieso rausfliegt, da sie so nicht funktioniert, dass du früher, später einsteigen musst oder er sogar auf ganz andere Art und weise mit Gegenstand X an Ort Y gekommen ist. Also erstmal schreiben, perfekt wird es dann später :) Wenn du bei der Überarbeitung wieder an der Stelle ankommst, kannst du sie viel gezielter hinterfragen als gerade jetzt.

Ich denke nicht, dass es auf diese Frage eine universelle Antwort gibt. Ich persönlich wäre bei so einem Anfang vermutlich auch raus, vor allem wenn es nur darum geht, dass er einen Gegenstand erhalten hat. Um diese Information zu übermitteln, würden vermutlich auch ein, zwei Sätze reichen, die direkt mit in die Handlung einbezogen werden. Außerdem klingt es gerade so, als wolltest du einen Batzen "Informationen" in die Rückblende packen - aber muss man das unbedingt wissen? In diesem Moment?
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 15:01:20
Hallo @Mindi ,
du hast ja so recht  :knuddel:

Es ist die erste Version und ich sollte mich jetzt wirklich nicht davon blockieren lassen. Du hast mich aber auf eine Idee gebracht: Ich schreibe es jetzt mit Rückblende und dazu eine alternative Version, in der " ein, zwei Sätze reichen, die direkt mit in die Handlung einbezogen werden" um die notwendige Info unterzubringen. Die Entscheidung verschiebe ich auf später.
Danke für die  :pfanne:, die war gerade nötig!


Ganz lieben Dank euch allen für die Hilfe! Auch, wenn ihr mir die ultimative Weisheit verweigert habt  ;) so habt ihr mich doch auf den richtigen Weg gebracht. Schreiben statt rumgrübeln! DANKE!!!
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Trippelschritt am 05. Dezember 2019, 15:44:28
Jetzt antworte ich noch mal als Schreiber und nicht als Leser.
Auch wenn es kein Trost ist, aber ich schreibe Anfänge zwischen fünf und zehn Mal, bis ich einigermaßen zufrieden bin. Für mich persönlich gehört der Anfang mit zu den schwierigsten Stellen einer Geschichte. Ist erst einmal alles im Fluss, läuft es fast von allein. Das liegt daran, dass es für Anfänge so viele Möglichkeiten gibt. Mittlerweile beginne ich gern mit einem Ereignis. Ich lasse etwas passieren.

Wenn der Leser nur erklärt bekommen soll, woher der Mann seinen gegenstand hat, frage ich mich, warum er das denn gleich am anfang wissen muss. Es reicht doch, wenn er ihn genau beschreibt. Nach einer genauen Beschreibung weiß der Leser, dass dieser Gegenstand wichtig ist. Dann kannst du noch einen Gedanken des Protas anfügen. Verstärkt das Mysterium. Man kann eine rückblende auch über tausend Sätze verteilen. Hier ein Häppchehn, da ein Häppchen.

Wie gesagt: So viele Möglichkeiten
Seufz

Aller anfang ist schwer. Am schwersten die von Geschichten.
Nur Mut
Trippelschritt
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 16:13:36
Danke @Trippelschritt !

Ich glaube, ich hatte mich einfach zu sehr auf diesen Anfang festgelegt und das hat mich dann so kirre gemacht. Aber Aufgeben kommt ohnehin nicht in die Tüte. So!
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Trippelschritt am 05. Dezember 2019, 16:52:55
Dafür sind wir Älteren doch da, den Jüngeren zu helfen  :darth:

Trippelschritt
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Mondfräulein am 05. Dezember 2019, 17:42:11
Als Leser würde ich an dieser Stelle das Buch weglegen. Was da bei mir passiert ist Folgendes: Ich werde sofort in die Handlung geworfen und der Protagonist hat einen Unfall. Falls mich das Schicksal des Protagonisten hier interessiert (Alana hat da schon Recht) hast du hier Spannung aufgebaut, die du durch eine Rückblende sofort im Keim erstickst. Das nervt mich als Leser, denn anstatt zu erfahren, wie es weitergeht, soll ich jetzt eine Rückblende lesen, die mich überhaupt nicht interessiert, denn ich kenne das Ergebnis ja schon. Du spoilerst also quasi den Ausgang der Rückblende und unterbrichst die Spannung beim Leser. Das würde ich also eher sein lassen.

Ich würde dort einsteigen, wo der Protagonist an den Gegenstand gelangt. Es gibt für mich keinen Grund, den Unfall nicht später erst geschehen zu lassen und direkt damit einzusteigen. Dann kannst du deinen Protagonisten charakterisieren und der Unfall hat eine größere Wirkung auf den Leser, gleichzeitig unterbrichst du den Spannungsbogen nicht so rabiat.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 18:19:40
Danke @Mondfräulein !

Ich werde mehrere Versionen schreiben und dann selbst schauen und mir auch weitere Meinungen einholen. Das Argument mit dem rabiaten Spannungsabriss finde ich schon sehr stichhaltig.
Was ich hier aber erst einmal mitnehme ist die Einsicht, dass Schreiben im Moment wichtiger ist. Überarbeiten kommt später (und öfter).
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Maja am 05. Dezember 2019, 19:42:09
Von Haus aus würde ich sagen, wenn die Rückblende so früh im Buch kommt - warum machst du nicht einfach einen Prolog daraus, der ein Stück vor der eigentlichen Handlung spielt? Ab da heißt die Rückblende nicht mehr "Rückblende", sondern "Prolog", falls es die Nomenklatur ist, die dich blockiert.

Und sonst: Schreib die Rückblende, und wenn sie im dritten Satz kommt. Alles ist erlaubt, man muss es nur gut machen (das ist das einzige Dogma, dass ich zulasse). Wenn sie dich später stört, kannst du sie immer noch beim Überarbeiten rausschmeißen. Hauptsache, du schreibst erstmal über diese Stelle hinweg - es ist ja nicht so, dass du keine Idee hättest, was du schreiben kannst, du denkst nur, das, was du schreiben willst, könnte das Falsche sein. Aber das kannst du hinterher immer noch ändern. Mach erstmal.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 05. Dezember 2019, 21:50:23
Hallo @Maja !

Prolog ist eine prima Idee! Leider nutze ich den schon, um die Entführer ihren Plan aushecken zu lassen.

Ich habe darüber hinweg geschrieben. Mein bedauernswerter Prota befindet sich schon nicht mehr auf der Erde. Dafür hat er eine gewaltige Beule und eine Gehirnerschütterung. Jetzt wird er gequält und da habe ich zu viel Freude dran, als dass mich noch etwas bremsen könnte.  :rofl:

Dank eurer Hilfe habe ich jetzt Notizen zu zwei Alternativen zur Rückblende. Das wird schon. Danke!
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Feuertraum am 08. Dezember 2019, 12:25:55
Ich sehe es ehrlich gesagt einen Tucken anders als Trippelschritt und finde, man kann schon eine Rückblende auch schon nach einigen wenigen Zeilen einbringen kann - wenn es passt.
Und genau da liegt der Kausus Knackus: Die Retrospektive muss wirklich an jene Stelle geschrieben sein, wo sie hineingehört, sozusagen das Puzzleteil, das an die richtigen anderen Teile gesteckt wird.
Bei Ihrem Beispiel passt es für meinen Geschmack überhaupt nicht. Da würde ich eher zwei, drei, vier Sätze im Fließtext einweben.

Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Rewa Kasor am 08. Dezember 2019, 14:52:45
Danke Feuertraum!

Ich habe beide Varianten geschrieben und entscheide einfach später, was letztendlich bleibt.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Teben von Westend am 29. Dezember 2019, 15:29:41
Hallo zusammen,

also bisher habe ich ja strikt nach dem Motto geschrieben: Rückblende ist doof.

Jetzt habe ich gestern, in Ermangelung richtiger Ideen, einfach mal wieder drauf losgeschrieben. Und was soll ich sagen: irgendwie läuft es gerade. Und ganz von selbst hat sich in etwa folgende Situation entwickelt:

Die Charakter sind unterwegs am Lagern, werden kurz eingeführt. Sie lernen jemand neues kennen, die merkt, dass der Protagonist (Okin) nicht darüber reden will, wo genau sie eigentlich hinziehen. Sein Bruder erwähnt dann so ganz nebenbei: "Ja, das ist eigentlich eine ganz lustige Geschichte. Müsste eigentlich mal einer niederschreiben, aber nicht ich, dafür bin ich nicht der richtige. Naja, egal, es fing jedenfalls alles damit an, dass Okins Vater ihn ermorden ließ."

Dann fängt eben die Rückblende an. Angedacht ist, dass sie quasi den ersten Teil ausmacht (bis nach der Einführung des Konflikts) und dann zurückkehrt zu ebenjener Szene in der Wildnis.

Und was soll ich sagen: mir gefällt das so, ich werd es so schreiben. Natürlich könnte man auch ganz klassisch da anfangen, wo eben die Geschichte anfängt. Aber wie schon Trippelschritt schon sagte: so viele Möglichkeiten, seufz.

Das unterschreibe ich einfach mal  ;D
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Churke am 29. Dezember 2019, 22:31:29
Ich habe das jetzt nicht zwingend als Rückblende verstanden. Die Rahmenerzählung ist aus der Mode gekommen, aber die gibt es schon bei Homer.
Titel: Re: Mit Rückblende beginnen?
Beitrag von: Tom Arroway am 03. Februar 2020, 19:01:25
Ich selbst beginne meinen Roman - zumindest in meiner noch unüberarbeiteten Rohfassung - auch mit einem rückblickenden Prolog (wie @Maja vorgeschlagen hatte).

Das kam mir beim ersten Schreiben irgendwie organisch vor. - Das liegt aber hauptsächlich daran, dass ich die Szenen gerne wie Spielfilmszenen vor meinem inneren Auge ablaufen lasse, bevor ich sie schreibe. Und mit meiner Spielfilmkamera kam es mir irgendwie "zu schnell" vor, direkt mit dem bombastischen Einstieg zu beginnen.

Aber ich meine inzwischen fast, dass ich den Prolog ersatzlos streichen könnte.
Ich weiß nicht, ob Frey das sagt, oder einfach jeder erfahrene Autor: Aber streichen, was man streichen kann, ist ja bekanntlich gut. Und einen bombastischen Einstieg zu haben wahrscheinlich auch nicht schlecht.

Aber genau den hast du ja mit deinem Unfall. Ich finde, der verzeiht dir dann auch eine Rückblende. Zumal, wenn knapp gehalten.

Liebe Grüße, Tom.