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Inspiration und Vorbilder für Weltenbau

Begonnen von Franziska, 29. Mai 2021, 21:00:08

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Franziska

Ich beschäftige mich gerade das erste Mal so richtig mit Weltenbau und will mir Kultur, Geschichte, politisches System etc. für mehrere Länder überlegen. Dabei soll das alles gut durchdacht sein und ich weiß nicht recht, wo ich anfangen soll. Gibt es andere Romane, wo ihr den Weltenbau richtig gut findet? Oder inspiriert euch Geschichte?
Ich möchte mich noch mehr mit anderen Kulturen als den europäischen beschäftigen. Es soll kein Mittelalter-Setting sein. Aber ich möchte auch keine andere Kultur direkt kopieren. Ich denke reale Geschichte könnte da Inspiration geben, warum Kriege ausbrechen, wie politische Systeme sich ändern und Kultur etc. Game of Thrones soll ja auch von den Rosenkriegen inspiriert sein.

Gwee

Ich hab es erst kürzlich an anderer Stelle im Forum vorgeschlagen, aber meiner Meinung nach ganz großartig im Weltenbau ist Trudi Canavan mit ihren Reihen "Die Gilde der Schwarzen Magier" und "Das Zeitalter der Fünf". Erstgenannte Reihe hat noch ein Prequel und eine Sequelreihe. Und sie macht es auch großartig, die Geschichte (also Historik) darin zu verbinden, sodass man wirklich das Gefühl hat, über Jahre hinweg dabei zu sein und alles mitzuerleben. Die "Aha!"-Momente sind mitunter das beste beim Lesen. Sie hat auch noch eine neue Reihe geschrieben, "Die Magie der tausend Welten", allerdings habe ich die bisher selbst nicht gelesen, kann mir aber vorstellen, dass auch diese Reihe hilfreich sein könnte. Aber gerade die anderen Werke von ihr, da schwöre ich drauf. Bei ihr fügt sich auch alles sehr gut zusammen, also der Weltenhintergrund und die Geschichte - auch wenn ich zugebe, dass sie manchmal sehr offensichtlich schreibt, aber das ist ja eine andere Baustelle.
Sehr gut fand ich auch "Königin der Orks" von Morgan Howell, in dem Orks Mal ein bisschen anders dargestellt werden. Ansonsten kannst du dich auch ganz generell sehr an Klassikern orientieren, auch wenn diese in unserer Welt angesiedelt sind. Ich meine damit jetzt z.B. "Harry Potter", "Die Tribute von Panem" als typische Vertreter für Romane in unserer Welt und ansonsten auch "Game Of Thrones", "Das Schwert der Wahrheit", "Herr der Ringe", "Eragon" und diese ganzen Bücher. Die sind nicht umsonst so beliebt und da kann man viel lernen - manchmal durchaus auch, was man vielleicht nicht machen sollte. Falls mir noch mehr Konkretes einfällt, melde ich mich nochmal. :)
Es ist so eine Art Obsession, glaube ich. Das Schreiben fasziniert mich so sehr,
daß, wenn es mir verboten würde, ich langsam daran sterben würde.
Johannes Mario Simmel

Gizmo

Einen konkreten Romanvorschlag für ein Fantasy-Setting habe ich nicht, aber ich finde dies hier:
ZitatAber ich möchte auch keine andere Kultur direkt kopieren. Ich denke reale Geschichte könnte da Inspiration geben, warum Kriege ausbrechen, wie politische Systeme sich ändern und Kultur etc.
den richtigen Ansatz.

Wenn ich Weltenbau betreibe, fange ich zunächst einmal mit Themen, Kulturen, Technik usw. an, die mich interessieren. Dann recherchiere ich, was dahinter steht. Warum kam es zu einem Konflikt? Warum sahen Kleidungstücke, Gebäude usw. so aus? Auf diese Weise kann man meiner Meinung nach in der Geschichte gut deutlich machen, dass man nicht einfach nur kopiert hat. Um beim Beispiel Game of Thrones zu bleiben: GRR Martin hat sich von den Rosenkriegen inspirieren lassen, aber der Konflikt in seiner Welt hat seine eigenen, in dieser Welt verwurzelten Gründe. Die Logik dahinter ist aber ähnlich.
"Appears we just got here in the nick of time. What does that make us?"
"Big damn heroes, sir!"
- Joss Whedon's "Firefly", Episode 5, "Safe"

Rhagrim

#3
Ich habe mich hauptsächlich von unserer Welt, der Geschichte und all den Kulturen inspirieren lassen. Wenn man sich da ein bisschen reingräbt, ist es unglaublich, was man da alles findet. Ich glaube nicht, dass du irgendetwas kopieren musst. :)  Zumindest bei mir war es immer so, dass ich, umso mehr Wissen ich über unsere Welt angesammelt habe, haufenweise eigene Ideen entwickelt habe, was ich nicht alles damit anfangen und wie ich es verändern könnte. Am Ende war meist von dem Original nicht wirklich etwas übrig.

Ich habe in dem Thread mal einige der Bücher aufgelistet, die ich selber gerne zum Weltenbasteln verwende: https://forum.tintenzirkel.de/index.php?topic=24881.msg1275326#msg1275326

Wenn du mit DK Bild-Enzyklopädien (Die Erde, Mensch, Tiere,...) arbeiten willst, findest du in denen eigentlich alles, was du für eine eigene Welt brauchst.
Wenn du die Welt ganz strukturiert aufziehen willst, kannst du mit dem Sonnensystem und den Naturgesetzen des Planeten beginnen -> aufbauend darauf die Klimazonen und Landschaften -> aufbauend darauf die Pflanzen und die Tierpyramiden, die sich in der jeweiligen Gegend entwickelt haben -> aufbauend darauf die Völker, die von diesen Ressourcen leben und ihre Lebensweise darauf aufbauen -> Aufbauend darauf deren Kulturen, Religion, Mythologie, Sprache, Kunst, Kleidung, Städte, Handel, Regierungssystem... -> Um das herum kannst du, wenn du so weit gehen willst, die ganze Historie deiner Völker weben: Warum und wie sie entstanden sind, wie und warum existiert Magie und wie hat sich all das im Laufe der Zeit verändert.

Für unterschiedliche Kulturen gibt es einige echt spannende Bücher, z.B.:
Jimmy Nelson Homage to Humanity: Before They Pass Away
Unter Papuas und Melanesiern: Von kunstsinnigen Kannibalen, Kopfjägern, Baumhausmenschen, Sumpfnomaden, Turmspringern und anderen Südsee-Eingeborenen
Die Wikinger: Das Zeitalter des Nordens
Angkor
.....uvm

"No tree can grow to Heaven unless it's roots reach down to Hell."
- C.G. Jung

Franziska

@Gwee Danke, die Reihen kenne ich beide noch nicht.

Ich mag das Worlbuilding bei Brandon Sandersons Sturmlicht-Reihe. Da gibt es die Spren, die Gefühle der Menschen anzeigen und eigene soziale Normen wie dass Nobelfrauen immer eine Hand verbergen. Aber auch die Parshendi mit einer komplett eigenen Kultur.

@Rhagrim Ja, dann werde ich mir demnächst mal einen Stapel Bücher aus der Bibliothek ausleihen. Ich muss nochmal recherchieren welche Kulturen mich da interessieren.
Von der Landschaft und dem Planeten auszugehen ist auf jeden Fall auch eine gute Methode. Auf jeden Fall kann man sich so gut die Wirtschaft und Architektur etc. überlegen.

Danke für die Tipps, ich guck mal nach den Büchern.

@Gwee Ja, denke ich auch. Man sollte schon etwas Eigenes haben. Bei mir zum Beispiel spielt die Magie im Konflikt eine große Rolle.

Barra

#5
Morgan Howells "Königin der Orks" kann ich, natürlich, als Empfehlung unterschreiben. :ätsch:
Ich freue mich außerdem Jimmy Nelson hier als Vorschlag zu sehen. Ich liebe seine Bilder.

Was ich selbst grad mache:
Nicht nur die Theorie büffeln.
Weil ich es letztes Jahr gemacht habe und es echt super war, mache ich es dies Jahr (im NaNo) wieder. Kochen. Rezepte aus dem Referenzland suchen, nachkochen, erfahren statt beschreiben. Schreibt man nachher drüber? Ja, vielleicht in einem Nebensatz. Wenn nicht: Bonusmaterial für die zukünftigen "Fan-Service". Dasselbe gilt für alle anderen Dinge, die ich von hier aus erfahren kann, da ich ja nicht mal eben hinfliegen kann. Also: Musik zum Beispiel geht sehr gut.

Auf die Frage nach dem besten Worldbuilding, welches mir bisher untergekommen ist, muss ich allerdings mal nachdenken. Ich hab zu viele, bei denen ich oft nur Teilbereiche hervorragend fand und die es dann an anderer Stelle lieblos hingeklatscht haben.
Ich könnt auch jetzt, wie immer, Anne McCaffrey's Drachenreiter sagen, bei der unglaublich viele Details aus den ersten Büchern gar nicht bedeutsam aussehen. Wenn man aber weiter durch die Serie liest, erhalten Dinge auf einmal ganz neue Bedeutungen (Flammenwerfer, Gilden, usw). Vielleicht würde ich auch noch "El Mercenario" den Comic von Vicente Segrelles anführen. Der mich sehr beeindruckt hat. Gut, klar und "Elfquest", auch immer wieder eine Inspiration, weil sie ihre Elfen einmal quer über die ganze Welt der zwei Monde gehetzt haben und da auch wirklich über die Jahre sich viel Weltenbau angesammelt hat.
Und irgendwie dürfen dann ja wieder so Namen wie Pratchett oder Moers auch nicht fehlen, die unglaublich viel gebastelt und geschraubt haben an ihren Welten. Und wenn ich jetzt nicht aufhöre, sitze ich morgen noch hier und schwallere rum.

Grüne Grüßchen Barra

Mithras

#6
Weltenbau ist ja auch mein Steckenpferd, wobei mir in erster Linie realen Kulturen als Vorbild dienen. Wenn du aber konkret nach Romanen oder Sekundärwerken zu fiktiven Welten, in denen besonders guter Weltenbau präsentiert wird, kann ich dir folgende Werke empfehlen:
- George R. R. Martin - The World of Ice and Fire/Die Welt von Eis und Feuer: Ein illustrierter Führer durch die Geographie, Geschichte und Kultur von Westeros, Essos und darüber hinaus. Der Fokus liegt dabei natürlich vor allem auf Westeros, doch im weiteren Verlauf werden die Kulturen auf dem Nachbarkontinent aus Sicht der Westerosi vorgestellt. Da der Erzähler selbst ein Maester der Zitadelle ist, ist die Sicht auf die Welt natürlich sehr subjektiv, was aber gut funktioniert.
- R. Scott Bakker - Prince of Nothing/Krieg der Propheten & nachfolgende Bände: Herausragender Weltenbau, allerdings mehr als gewöhnungsbedürftige Namen und ein sehr "eigenwilliges" Verhältnis des Autors zum Thema Feminismus, um es freundlich auszudrücken. Sein 150 Seiten umfassendes Glossar in Band 3 ist jedoch bis heute eine meiner wichtigsten Inspirationsquellen, wie Weltenbau funktionieren kann. Ich glaube sogar, dass er es irgendwo veröffentlicht hat, ich werde mal danach suchen...
- Hennen, Finn, Wieser, Witzko - die Gezeitenwelt-Reihe: Eine gemeinsam mit Geophysikern, Biologen, Archäologen und Linguisten erschaffene Fantasywelt, die Bücher sind aber leider nur noch gebraucht erhältlich. Hier haben die Autoren aber vor allem reale Kulturen und Sprachen adaptiert und in ungewöhnliche Kontexte verpflanzt.

Für mich zeigen diese Werke, wie andere Autoren Weltenbau betreiben, und ich lasse mich dann von den Dingen inspirieren, die besonders gut umgesetzt wurden, aber auch umgekehrt - manchmal lernt man ja auch aus den Fehlern anderer und vermeidet sie gezielt.

zDatze

#7
Eine meiner Dauer-Empfehlungen, wenn es um Weltenbau und Konflikte geht, ist "Die Stadt der tausend Treppen" von Robert Jackson Bennett. Ich finde es wirklich wirklich dicht und ich mag den Weltenbau unglaublich gerne, einfach weil er komplex ist und auf so vielen Ebenen mit den kulturellen und persönlichen Konflikten in der Trilogie verknüpft ist. Einmal davon abgesehen, dass ich das Magiesystem und die meisten Figuren auch wirklich gerne mag. Also, sie sind nicht gerade sympatisch, aber gerade das macht es interessant finde ich.

Ansonsten mag ich auch die "Shades of Magic"-Trilogie von Victoria Schwab sehr gerne, da es zwar viele klassische Weltenbau-Elemente aufgreift, aber diese auf erfrischende Weise verknüpft. Dabei finde ich die Unterschiede und Kontraste zwischen den verschiedenen Londons hochinteressant, weil es durchaus klar aufzeigt wie unterschiedlich sich Welten (oder Städte) entwickeln können, wenn Magie zu einer raren Ressource wird.

Zu Weltenbau an sich und wo man starten möchte ... puh, ich glaube, da gibt es schon einige Workshops bzw. Threads hier im Zirkel. Wenn es eine eher strukturierte Herangehensweise sein soll, sind die Writing-Workshops von Brandon Sanderson vielleicht ein guter Startpunkt. Wobei das eher eine strukturierte und fokusierte Herangehensweise ist, um dann in dieser Welt eine Geschichte zu erzählen.

Wenn es wirklich um reines Weltenbauen geht, dann ist meine Empfehlung eher mal zu schauen, welche Tools (lokales Media-Wiki, Pinterest Moodboards, Word-Dokument?) hilfreich wären, um den Weltenbau für dich passend zu dokumentieren. Ich glaube, es ist dann weniger wichtig wo man anfängt, sondern dass man anfängt und auch eine passende Struktur hat um alles auch wieder zu finden. Nichts Ärgerlicheres, als wenn man weiß, dass man da schon einen Artikel/eine Karte/etc herumliegen hat und nicht mehr finden kann.

Sanjani

Hallo zusammen,

ich bin ja eher der intuitive Weltenbauer, was mir anfangs etwas auf die Füße gefallen ist. Dann habe ich begonnen, das ganze doch etwas systematischer anzugehen. Da ich ja hauptsächlich für mich schreibe, habe ich auch keinen Druck. Ich habe also die rudimentäre Welt, die ich hatte, gezielt um Details ergänzt. Als ich mein Wüstenvolk gebaut habe, habe ich mir beispielsweise ganz viele Wikipedia-Artikel zu den Wüsten auf der Erde angesehen und meine dann aus den Elementen zusammengebaut, die mir gefielen. So ähnlich habe ich es dann bei Kleidung und Lebensweise gemacht. Ich habe nachgesehen, welche Wüstenvölker es auf der Erde gibt und was man über deren Lebensweise weiß. So bin ich an ein paar nette Details gekommen.

Die Geschichte meiner Welt habe ich aber nur so weit ausgeführt, wie ich sie gebraucht habe. Tatsächlich finde ich es ziemlich cool, wenn Autoren ihre Welt von vorn bis hinten kennen, finde das selber aber sehr aufwendig. Wenn ich z. B. anfangen müsste, das Klima zu erklären, dann müsste ich mich ja gut mit diesen Themen auskennen, damit ich eine andere Welt mit einem anderen Klima schaffen kann. Manches ist bei mir deshalb einfach so, wie es ist. Ganz zufrieden bin ich damit nicht, aber ich hab schon im Erdkundeunterricht nicht verstanden, wie z. B. ein Monsun entsteht ...
Bei Geschichte finde ich es deshalb so schwierig, weil ich absolut keine Ahnung habe, wo ich da anfangen sollte. Wo ist der Anfang vom Anfang?

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)