• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

KNV insolvent

Begonnen von Janika, 14. Februar 2019, 14:01:10

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 2 Gäste betrachten dieses Thema.

treogen

Zitat von: Ananke am 23. März 2019, 17:02:18
Wie gesagt, kenne ich die ganze Geschichte nur von Agentur- und Verlagsseite. Ich kann nicht beurteilen, wie die Barsortimenter nun wirklich mit den Buchhandlungen umgehen – ich habe nur erlebt, welche Selbstzensur sich die Verlage hinsichtlich der Händler auferlegen. Das Ergebnis ist damit leider das gleiche.

Ok, dann würde mich jetzt wirklich auch mal interessieren, welche Art der Erfahrungen du hast - gern  auch per PN?
Als Verleger, der Barsortimenter in keinster - wirklich in keinster Weise - als Schrankenwärter wahrgenommen hat, sondern die Schranken der Wirtschaftlichkeit immer und ausschließlich als vom LESER vorgegeben erkennen musste, würde mich das wirklich interessieren.
Ich hab mit Buchhändlern zu tun, die mir explizit sagen, dass sie tollfinden, was ich mache - aber das man den Leuten auf dem Dorf nicht mit Phantastik, sondern nur mit Kochbüchern, Esotherik und Biographien kommen kann und alles andere Ladenhüter sind. Ich wüsste auch nicht, wieso ein Barsortiment da eingreifen sollte, weil die verdienen ausschließlich an gekauften Büchern, nicht an Büchern, die sinnlos hin- und hergeschickt werden, weil der Kunde sie nicht will.

Und nein, ich bin kein großer Fan der Barsortimenter. 50% Buchhandelsrabatt minimum kneifen mich verdammt doll. Und die 180 Tage Zahlungsziel, die eines der Barsortimenter am Anfang von mir wollte, weil wenn nicht, dann raus - das ist auch nicht gerade ein toller Beginn für eine gute Wirtschaftverbindung.
Aber - allen Ärger, den ich mit den Grossisten hatte/habe zum Trotz - Barsortimenter sind verdammt wichtig und bei weiten kein unnützer Schrankenwärter.
Es macht einen Unterschied, ob ich einmal 50 Bücher in eine Kiste packe und eine Rechnung schreibe und einmal zur Post laufe und einmal für 2 Minuten am Schalter stehe ... oder ob 50 Tüten packe, 50 Adressaufkleber drucke, 50 Rechnungen schreibe, 50 mal zur Post renne, 50 mal in der Schlange stehe und warte, 50 mal meinen Kontostand prüfe.

Und ja - kann sein, dass Verlage sich einer Selbstzensur unterziehen.
Aber das machen sie doch nicht deswegen, weil ein übermächtiger Barsortimenter dasteht und mit dem großen Finger droht.
Das machen sie doch ausschließlich deswegen, weil sie meinen, mit der Selbstzensur mehr verdienen zu können.

Also mich würde wirklich interessieren, welche Art der Erfahrungen du hast - und woher. Gerne auch per PN.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

FeeamPC

Hat Ananke das nicht gerade erwähnt? Sie kennt es von ihrer Arbeit in einer Agentur - und die mag, zugegeben, etwas anders aussehen als das, was wir als Autoren oder Kleinverleger uns darunter vorstellen.
Aber was ich bestätigen kann:
Wie Treogen sagt, ohne Barsortimenter kommt ein Kleinverlag so gut wie gar nicht in eine Buchhandlung.
Und wie Maja sagt, haben die Barsortimenter tatsächlich durch ihre Bestellmengen Einfluss auf die Auflagenhöhe. Ich verdanke einer solchen Barsortimentsbestellung einen Ladenhüter erster Klasse- die haben so viel und so schnell bestellt, dass ich nachdrucken musste, und kurz nach Auslieferung dieses Nachdrucks kam die Riesen-Retoure. Für das nächste Dutzend Jahre mindestens habe ich jetzt genug Bücher von dem Titel liegen. Ganz zu schweigen davon, dass diese Retoure erst kam, als ich die Autoren für das Jahr davor aufgrund der Großhandelsbestellungen schon bezahlt hatte für die Bücher, die ich dann nach einem halben Jahr zurückbekam. In der Folge gab es dannach für die betroffenen Autoren erst mal fünf Jahre überhaupt kein Geld für dieses Buch, da wurden nur Retouren verrechnet.
Und noch etwas Merkwürdiges ist mir aufgefallen. Wenn das Barsortiment nicht genau die bestellte Menge kriegt, ist das Buch für die nicht lieferbar. Sprich, ich habe 9 Bücher liegen, die bestellen 10, ich frage an, ob sie erst mal die 9 Bücher nehmen und ich liefere das andere nach - nein, geht nicht, wollen die nicht. Lieber wird das Buch als derzeit nicht lieferbar geführt.
Partnerschaftlich ist das nicht unbedingt.
Und für den Buchhandel sieht es dann wieder so aus: Kleinverlage taugen nicht als zuverlässige Partner.

treogen

Zitat von: FeeamPC am 06. April 2019, 20:32:55
Hat Ananke das nicht gerade erwähnt? Sie kennt es von ihrer Arbeit in einer Agentur - und die mag, zugegeben, etwas anders aussehen als das, was wir als Autoren oder Kleinverleger uns darunter vorstellen.

Naja, sie schrieb: "Agentur- und Verlagsseite"
Mich hätte interessiert, ob Kleinverlag oder großer Publikumsverlag. Für einen Kleinverlag kann ich es mir eigentlich nicht vorstellen - man kann uns zwar meist nicht über einen Kamm scheren, aber in einem Punkt sind wir Kleinverleger definitiv ALLE gleich: Wir haben allesamt einen an der Klatsche (denn ein "Normaler" würde sich das nicht antun) und wollen mit dem Kopf durch die Wand   ;D
Bei einem Publikumsverlag könnte ich es mir schon eher vorstellen, weil die natürlich auch die Werbemechanismen von Libri und KNV intensiver nutzen, als wir Kleinen (ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich kann mir die Werbemöglichkeiten bei KNV nicht leisten - das sprengt definitiv mein Budget) und sich deshalb vielleicht auch da auf etwas einlassen müssen.
Eben deswegen würde es mich ja so sehr interessieren, WOHER sie ihre Erfahrungen hat.
Ein Praktikum in der Marketing Abteilung bei Random House ist halt doch was anderes, als ein Praktikum bei Machandel oder Low  ;)

Ähnlich ist es bei "Agenturseite".
Da gibt es Agenturen, die zwar viel versuchen, aber trotzdem nur die zweit- und drittklassigen Verlage an Land ziehen.
Und dann gibt es Agenturen, die für ihre Autoren Auktionen veranstalten und drei Hochkaräter an jeder Hand haben.
Vielleicht ist es so, dass gerade die Spitzenagenturen da andere Erfahrungen haben.
Oder vielleicht ist es ja auch so, dass gerade die Kleinen, die nicht vorwärts kommen, irgendetwas brauchen, um sich ihr Nichtvorwärtskommen irgendwie zu erklären.
Ich weiß es nicht.

Es ist wirklich nicht so, dass ich Anankes Erfahrungen anzweifel.
Es geht mir nur um eine Einordnung dieser Erfahrungen - eben weil ich diese so (noch?) nicht gemacht habe.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Alana

#108
Also ich muss gestehen, dass ich trotz einiger Erfahrung und vieler Gespräche auch mit Vetrieb etc. noch nicht ein einziges Mal gehört habe, dass die Barsortimenter bei den Großverlagen (!) eine Rolle spielen, was die Auswahl und Vermarktung der Manuskripte angeht. Ich habe bisher immer nur vom Buchhandel gehört, der ein Cover, ein Genre etc. nicht verkaufen können wird oder nicht weiß, wie er es machen soll. Einzig bei Kleinverlagen habe ich schon gehört, dass sie teilweise Probleme haben, Bücher in die Barsortminte zu kriegen. Und dass Barsortimenter sich ein wenig nach den Vorbestellungen aus dem Buchhandel richten, wie viele Bücher sie selbst vorhalten und dadurch eben wie oben erwähnt, Einfluss auf die Auflagenhöhe nehmen können. Ich will dir damit aber nichts absprechen, Ananke, ich finde es einfach nur extrem seltsam, dass das bei allen Gesprächen, die ich schon über diese Dinge geführt habe, auch mit anderen Berufsautoren, wirklich noch nie erwähnt wurde und würde gern mehr darüber wissen. Im Mai ist hier in Müchen Woche der Münchner Verlage und es gibt auch eine Veranstaltung zum Thema Vetrieb. Da werde ich mal nachfragen und weitere Erfahrungen dazu einholen. Bin sehr gespannt und berichte dann hier. :)

Übrigens stimme ich dir leider absolut zu, was dir merkwürdige Verschiebung des Marktes an eine ganz falsche Stelle angeht. Ich habe es schon erlebt, dass ein Cover, das perfekt zur Zielgruppe gepasst und das Buch sicher super verkauft hätte (dieser Meinung waren alle Beteiligten) gekippt wurde, weil der Verrieb sich sicher war, dass die Buchhändler, von denen die meisten nicht Leser dieses Genres sind, es nicht bestellen würden. Dann wird ein Cover genommen, dass das Buch schlechter an die Zielgruppe verkauft, aber die Buchhändler überzeugt. Total absurd, aber leider beim derzeitigen System nötig.
Alhambrana

treogen

KNV zahlt anscheinend wieder.
Habe gestern mein erstes Zahlungsavis für Ware bekommen, die vor dem 14.02 bei KNV eingegangen sind. Andere haben bereits ähnliches berichtet. Schaun wir mal, ob das Geld morgen auf dem Konto ist.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Hanna

Das sind spannende Neuigkeiten!  :pompom:
#happyverpeilt oder auch gründlich überfordert ...

Grummel

Oh, das ist erfreulich.
"Kaffee?"
"Ja, gerne."
"Wie möchtest du ihn?"
"Schütte ihn mir einfach ins Gesicht!"

Silvia


Maria

Klingt zuversichtlich.

treogen

Aktuell bekomme ich monatlich eine Abrechnung über alle aus dem Warenbestand entnommenen und noch nicht bezahlten Bücher - die dann innerhalb von 14 Tagen ausgezahlt wird.
Meine Ausfälle habe sich mittlerweise auf unter 30 Euro reduziert. Außerdem habe ich neue Bestellungen bekommen, die allesamt innerhalb von 2 Wochen bezahlt wurden. Gleichzeitig läuft sehr viel über das KNV-Clearing (KNV gibt Bestellungen weiter und verbindet dadurch Buchhandlungen und Verlage).
Läuft.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Maria

Wie schön. Ich hoffe, dass es für alle Verlage so gut läuft.
Danke.

treogen

Naja - für manchen kann es schon das Aus bedeutet haben, dass sich die Zahlungen noch mal 3 Monate hingezogen haben.
www.verlag-torsten-low.de

Phantastik vom Feinsten

Silvia

https://www.boersenblatt.net/2019-06-26-artikel-logistikdienstleister_zeitfracht_uebernimmt_gesamte_knv_gruppe.1682447.html?fbclid=IwAR0rh7w5K399lp773rkx0dcBmRltS7wnEykjCocBNFdlmlN6oBz1kv1qiLw


Logistikdienstleister Zeitfracht übernimmt gesamte KNV Gruppe26. Juni 2019
Buchlogistiker Koch, Neff und Volckmar gerettet
Keine fünf Monate nach dem Insolvenzantrag ist Deutschlands größter Buchlogistiker und Buchgroßhändler Koch, Neff und Volckmar (KNV) gerettet. Mit dem Berliner Familienunternehmen Zeitfracht konnte Insolvenzverwalter Tobias Wahl einen leistungsstarken Erwerber für die gesamte KNV Gruppe finden. Der Erwerb steht allerdings noch unter dem Genehmigungsvorbehalt der Banken und der Kartellbehörden.

FeeamPC

Okay. Dann dürften einige Verlage (und Buchhandlungen) erleichtert aufatmen. Unseer Bücherwelt ist zwar nicht mehr heile, aber wenigstens anständig repariert.

Aphelion

Es gibt anscheinend inzwischen einen Ausgleichsfonds für "konzernunabhängige Verlage", deren Forderungen nicht von KNV beglichen werden konnten und die deshalb in "akute Existenznot" geraten sind.

Quelle: Börsenblatt