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Aino Dahl

Begonnen von Alounaria, 22. Mai 2023, 13:17:41

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Alounaria

Guten Morgen! Bis jetzt habe ich noch keinen Beitrag hier verfasst, aber ich dachte, das hier könnte ein guter Start sein. Ich schreibe nun schon seit einer Weile ganz alleine vor mich her und da würden mich die Meinungen und Fragen zu einer meiner beiden Protagonistinnen aus meinem neusten Buch doch sehr interessieren!

Ihr Name ist Aino Dahl und sie lebt in einer Welt, die von Drachen geschaffen wurde, so zumindest die Legenden. Die Drachen kamen auf die Welt, geschickt von ihrer Mutter, der Sonne, weil es ihnen im Himmel zu langweilig geworden war und so gab ihre Mutter ihnen eine Aufgabe. Sie schufen die Lande und nannten ihre neue Welt Dévyty, das Land fort von zuhause. Kurz darauf schickte der Mond die Elfen nach Dévyty, danach kamen die Menschen von den drei großen Sternen und nun leben sie alle gemeinsam in dieser Welt. Das nur kurz vorweg zu Ainos Welt.

Ich rede nicht gerne. Mir ist es lieber, in meinem eigenen Kopf zu bleiben und so wenig mit anderen interagieren zu müssen, wie möglich, vor allem weil Vertrauen etwas ist, was ich kaum jemandem mehr entgegen bringe, aber ich denke hierfür werde ich eine Ausnahme machen.
Mein Name ist Aino Dahl. Mir gefallen Fakten, weil man sich zumeist auf sie verlassen kann, deshalb werde ich mit ihnen anfangen. Ich bin 21 Jahre alt, habe einen großen Bruder – Ake – und eine kleine Schwester. Lillemor. Ich rede nicht gerne über Lillemor, auch wenn ich oft an sie denke, aber ich fürchte, wenn ich von mir erzählen soll, muss ich mit ihr anfangen. Und mit meinen Eltern.
Es gab Zeiten, da waren wir glücklich. Ake, Lillemor, meine Mutter Yala, mein Vater Liron und ich. Wir haben in Konerec gelebt, die nördlichste Lordschaft der Menschen und ich kannte nichts als Schnee, aber auch Wärme. Meine Familie war Wärme gewesen.
Mein Vater war zwar oft unterwegs, weil er einer der Botschafter unseres Stammes gewesen war, aber bis zu meinem zwölften Geburtstag war das Leben trotzdem gut gewesen. Meine Mutter war sanft, mit liebevollen Augen und einer schönen Stimme. Sie hatte Lille und mir oft vorgelesen, was nicht selten zu Streits geführt hatte. Lille war tougher als ich, wilder. Sie wollte lieber Geschichten über Abenteuer hören, aber mir gefielen Geschichten nicht, wenn sie nicht wahr waren. Ich würde alles dafür geben, noch einmal mit Lille über die Auswahl der Geschichten zu streiten. Durch unser Dorf zu toben. Ake auf die Nerven zu gehen. Gemeinsam in meinem Bett einzuschlafen, weil Lille zwar vor nichts Angst hatte, aber nicht gerne alleine schlief. Aber das ist alles Vergangenes und es schmerzt mehr davon zu erzählen, also werde ich es nicht tun.

Früher war ich oft gemeinsam mit meinen Geschwistern und meiner Mutter in Ascatan, der Archivstadt gewesen. Dort besuchten wir das große Archiv und Meister Tveit, wenn mein Vater einmal wieder auf einer seiner langen Reisen war. Meister Tveit war freundlich und er schenkte uns immer etwas, wenn wir da waren. Bonbons vor allem, aber einmal hatte er mir auch ein Buch geschenkt.
Geschichten aus Dévyty der letzten hundert Jahre. Ich hatte den gesamten Abend nicht mehr aufgehört zu lesen, während Lille sich lauthals beschwert hatte, weil sie lieber mit mir verstecken hatte spielen wollen. Was würde ich dafür tun, nun die Zeit zurück zu drehen und ein letztes Mal mit ihr verstecken zu spielen?

Jedenfalls, als mein Leben anfing, einen dunklen Hauch zu bekommen, waren wir wieder in Ascatan. Meine Mutter hatte sich mit Meister Tveit in einen der Arbeitsräume zurückgezogen, denn sie forschten. Das muss ich wohl noch erwähnen. Meine Mutter, Lille und ich haben ein Zeichen auf unserem linken Arm. Ake nicht. Es sind dunkle Schlieren, die sich fast bis zu meinem Ellbogen ziehen und meine Mutter hatte versucht herauszufinden, was sie zu bedeuten haben.
Ich glaube, an diesem Tag war sie der Lösung zumindest ein Stück näher gekommen. Sie war vollkommen aufgelöst in unsere Gemächer gestürmt und wirkte vollkommen neben sich. Und dann war der Bote gekommen, der uns die Nachricht überbracht hatte, die unser gesamtes Leben veränderte.

Mein Vater war gestorben. Sein Schiff war auf einem weiteren Botengang an einem Eisbrocken zerschellt und er war im eisigen Meer ertrunken. Ich erinnere mich kaum noch, was ich in dem Moment gefühlt oder getan hatte, als ich es erfahren hatte. Es war zu schmerzhaft gewesen und mein Körper hatte vermutlich versucht, sich vor diesem Schmerz zu schützen. Ich wusste, dass so etwas manchmal passierte.
Jedenfalls waren wir zurück nach Hause gereist und kurz danach war das geschehen, was mir für immer den Stempel einer Verfluchten aufgedrückt hatte.

Die Leute sagten, meine Mutter war verrückt geworden, wegen dem, was sie über das Mal erfahren hatte und wegen dem Tod meines Vaters. Ake war nicht da gewesen. Nur Lille und ich. Auch an diese Geschehnisse erinnerte ich mich kaum. Ein Trauma, das mein Körper mit aller Macht zu unterdrücken versucht.

Ich erinnere mich an meine Mutter mit einem vergifteten Dolch in einer Hand. Lillemors Flehen, als meine Mutter zuerst auf mich losging, mir die Sicht auf meinem rechten Auge nahm und dafür sorgte, dass ich für immer einen Gehstock brauchen würde. Ich erinnere mich, wie Lille sich schützend vor mich warf, obwohl sie drei Jahre jünger als ich gewesen war.
Ich, wie ich weinend und bebend unter meinem Bett hocke, nachdem Lille mich angebrüllt hatte, ich sollte rennen.
Die sanfte Stimme meiner Mutter, die verspricht, dass alles gut werden würde. Lillemors Schreie. Ihr Weinen. Ihr Flehen. Dann das Gurgeln und die Stille und meine Mutter, die nach mir ruft und mir verspricht, das es nicht weh tun würde und dass es nötig war.
Aber sie hat mich nicht gefunden und bevor sie mir das Leben nehmen konnte so wie sie Lille das Leben genommen hatte, brachte sie sich selber um.
Seit dem waren die Leute sich sicher, dass das Mal der Dahl Frauen bedeutete, dass sie von den Göttern verflucht waren.

Ab da gab es nur noch Ake und mich – oder der Schatten, der von mir übrig blieb. Mein Bruder war selber gerade einmal 17, aber er hatte die Verantwortung für uns beide übernehmen müssen, auch wenn er selber gerade seine Eltern und kleine Schwester verloren hatte. In unserem Dorf hatte man uns nicht mehr haben wollen, weil ich verflucht war wie meine Mutter, deshalb flüchteten wir nach Ascatan.

Meister Tveit nahm uns auf, aber der Schatten unserer Vergangenheit verfolgte uns bis dorthin. Auch im Archiv waren sie der Überzeugung, dass ich eine Verfluchte war und dass ich nicht dort leben sollte, aber Tveits Stellung war hoch genug, dass sie uns nicht rausschmeißen konnten, auch wenn es die Mündel und ihre Meister nicht daran hinderte, auf mich hinabzuspucken – und schlimmeres.

Das Leben im Archiv war Fluch und Segen. Ich war umgeben von Büchern, aber gleichzeitig von tiefem Hass. Und ich lernte Celín kennen. Sie war so alt wie Lille als wir uns kennenlernten, ein Straßenmädchen das von den anderen ausgeschlossen wurde und weil ich an meine Schwester denken musste, wenn ich sie ansah, nahm ich sie wohl irgendwie auf. Ich stehe nicht vielen Menschen nahe, aber wenn es um Celín geht habe ich einen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Ich konnte schon Lille nicht beschützen, das gleiche wird mir bei Celín nicht noch einmal passieren.

Die Jahre im Archiv vergingen und einmal fragte ich Tveit, ob er wüsste, was es mit dem Mal an meinem Arm auf sich hatte. Er sagte, er wusste es nicht aber ich weiß nicht, ob ich ihm das glauben kann. Also forschte ich selber nach, aber irgendwann erwischte Ake mich dabei. Eigentlich ist Ake ein ruhiger, sanfter Mensch, aber da ist er vollkommen ausgerastet. Er ist der Überzeugung, die Besessenheit mit diesem Mal hat unsere Mutter und unsere Schwester umgebracht. Ich weiß, dass er sich nur um mich sorgt, aber er warf mir harte Worte an den Kopf, die sich in mireingebrannt haben. Ich glaube ein Teil von ihm hat Angst, dass das Zeichen tatsächlich bedeutet, ich könnte verflucht sein. Seit dem hatte ich jedenfalls aufgehört nachzuforschen. Ich wollte nie wieder, dass Ake mich mit diesen Augen ansah und vielleicht hatte auch ich Angst, etwas herauszufinden, was mir nicht gefiel.

9 Jahre im Archiv vergingen, ein Käfig den ich hasste und liebte wegen all dem Wissen, was er gespeichert hatte und da eröffnete sich mir die Chance, nach der ich mich seit Jahren gesehnt hatte. Die alte Lichtdrachin starb, was bedeutete, das bald die Prüfungen beginnen würden, um einen neuen Drachenreiter zu küren. Das war meine Chance. Mehr zu werden als das verfluchte Mädchen mit der verrückten Mutter, die tot war, dem Vater, der tot war, der Schwester, die tot war. Meine Chance, Ake all das zurückzugeben, was er für mich getan hatte.

Ich werde Drachenreiterin werden, auch wenn mich alle ansehen als hätte ich keine Chance, in mir vielleicht nicht viel mehr sehen als einen Krüppel. Aber ich weiß so viel über vergangene Prüfungen wie niemand sonst und Wissen ist ein Schlüssel. Ich werde zur Reiterin werden und dann werde ich nach Ascatan zurückkehren und allen beweisen, wie sehr sie falsch lagen, was mich betraf. Ich werde mehr sein als der bloße Schatten, der ich jetzt bin.

Sooo, ich hoffe ich konnte euch Aino ein bisschen näher bringen und bin sehr gespannt, was ihr zu ihr sagt!
🌼🌼🌼

Agrafena

Hallo Aino,
du scheinst ja ein interessanter Mensch zu sein, da hake ich direkt mal nach! Wie siehst du denn aus, wie würdest du dich selbst beschreiben? Warum konnte deine Mutter ihren Plan nicht zu Ende ausführen (sprich, dich auch töten), obwohl du dich doch in demselben Haus befunden hast wie deine kleine Schwester? Woran erkannte man, dass deine Mutter völlig von Sinnen war? Schrie sie etwas Wildes, während sie mit dem Messer fuchtelnd unterwegs war? Woher weißt du, dass ihr Tod mit diesem Mal zu tun hatte und nicht etwa mit dem Tod deines Vaters? Wie erklärst du das Verhaltfn deiner kleinen Schwester, die auf einmal wie eine Erwachsene handelte, extrem klug und geistesgegenwärtig für ein Kind? Und letzte Frage, was ist an so einem Drachenreiter so besonders, dass du alles daran setzt, einer zu werden?
Liebe Grüße
Agrafena

Alounaria

@Agrafena vielen Dank für deine Fragen!

Ich schaue nicht gerne in den Spiegel, zu häufig muss ich dabei immer noch an meine Mutter denken. Seit ihrem Angriff trage ich eine Klappe über meinem Auge, einfaches braunes Leder und bin gezwungen mit einem Gehstock zu laufen. Mein Aussehen sonst würde ich als typisch Nordisch bezeichnen. Helles Haar, ebenso helle Augen, nicht wirklich etwas besonderes oder erwähnenswertes. Ich komme eher nach meiner Mutter, was die Sache noch schwerer macht. Ake und Lillemor hingegen sind unverkennlich Kinder meines Vaters. Mit ihm habe ich kaum Ähnlichkeit.

Warum meine Mutter ihren Plan nicht zu Ende bringen konnte, weiß ich nicht. Ich habe vieles vergessen und verdrängt, ich denke ein Versuch meines Körpers, sich zu schitzen. Ich weiß nur noch, wie ich unter meinem Bett ausgeharrt habe und irgendwann war dann mein Bruder da, der mich weggeholt hat. Da waren Lillemor und meine Mutter bereits tot.

Woran ich erkannt habe, dass meine Mutter von Sinnen war? Ich denke, der vergiftete Dolch mit dem sie auf ihre Töchter losgegangen ist war da schon ein gutes Indiz... Aber du hast Recht. Sie redete Sachen, die ich nicht verstand. Dass es besser so wäre, für die Zukunft der gesamten Welt. Bis heute weiß ich nicht, was sie damit gemeint hat und selbst Bücher konnten mir darauf keine Antwort liefern...

Ich weiß nicht, ob das Mal mit ihrem Tod zu tun hat. Das ist es, was die Leute sagen. Sie sagen, meine Mutter hätte herausgefunden, dass es bedeutet wir sind verflucht und der Tod meines Vaters soll eine weiterer Auslöser gewesen sein, der sie den Verstand hat verlieren lassen? Ich weiß nicht, was ich glauben soll...

Was meine Schwester angeht, sie war ein besserer, mutiger Mensch als ich. Ihr Instinkt ihre eigene Familie zu beschützen war stärker als meiner, deshalb ist sie gestorben, während ich mich verkrochen habe wie ein Feigling. Das kann ich nie wieder gut machen.

Niemand ist so hoch angesehen wie die Drachenreiter in unserem Land. Wenn ich eine der elf Drachenreiter werde, werden die Leute endlich aufhören, mich als das verfluchte Dahl Mädchen zu sehen und ich kann meinem Leben eine ganz neue Form geben, nicht bloß gefangen in diesen Gerüchten. Dann bin ich Aino die Drachenreiterin und nicht Aino die Verfluchte, etwas, was ich mehr als erstrebenswert finde.
🌼🌼🌼

Agrafena

@Alounaria Und, wie war es für dich, dich mit diesen Fragen auseinander zu setzen? Hast du das Gefühl, es bringt dich weiter? Die Antworten von Aino klingen jedenfalls einleuchtend, bis auf die eine Frage, warum die Mutter sie dann doch nicht getötet hat wie ihre Schwester, sonderlich gut durfte der Versteck unter dem Bett ja nicht gewesen sein. Irgendein exotischer Ort wie ein Hühnerstall oder Brunnen würde auf mich glaubwürdiger wirken. Oder was meint ihr Mädels?  :winke: