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Begründung überzeugend genug formuliert oder nicht

Begonnen von Ognon, 26. Dezember 2008, 20:46:41

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Ognon

Hallo Autorenfreunde,

Mein Charakter macht etwas ansich Dummes, und ich wollte fragen, ob die Begründung dafür glaubwürdig formuliert ist.
ZitatDas triefende, halb zerrissene Hemd hatte er schon vor einer Weile zurückgelassen, weil es ihn, völlig durchnässt, nur noch mehr frieren ließ und er, seine Arme um sich geschlungen und die Müdigkeit im Voranschreiten, das vollgesaugte Objekt als unheimlich schwer und hinderlich empfunden hatte, zu schwer, um es in einer Hand weiter mit sich herumzuschleppen. Das war ein Fehler gewesen, denn sobald der Regen aussetzte und er somit eine Möglichkeit bekommen hätte, es zu trocknen, würde es ihm schmerzlich fehlen und schon nach einigen Minuten des Laufens war es ihm ohne das durchnässte Kleidungsstück kälter erschienen, als da er es noch getragen hatte.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob sich ein nasses Kleidungsstück auch wirklich kühler anfühlen kann als direkt nasse Haut, obwohl ich mir das bei ordentlich Wind und Regen schon vorstellen könnte (zumindest dass man diesem Fehlglauben lange genug aufsitzt, um das Hemd wegzuwerfen).

Was meint ihr? Ist dieses Handeln überzeugend genug formuliert?

(Ich hoffe, ihr findet die Frage im Sprachbastelboard nicht komplett deplatziert, da ich nicht sicher war ob hierher oder Autoren helfen Autoren, da es ja nicht nur, aber irgendwie doch ziemlich, eine Frage des glaubwürdig in Worte Fassens (schreibt man das eigentlich groß in dem Zusammenhang?) ist)

Schreiberling

Hallo Ognon!
Ich habe die Erklärung verstanden, aber ich fand die Sätze zu verschachtelt, denn das hat das Lesen nur unnötig erschwert. Versuch doch mal ein oder zwei Nebensätze in einen neuen Hauptsatz zu packen.
Ich fand die Erklärung auch überzeugend genug, nur ich frage mich, wie sich die Person da wieder heraus manövrieren will.  ;)

Liebe Grüße,
Schreiberling

Tarah

#2
Hallo!
Ich finde es interessant, wie du mit diesen verschachtelten Sätzen arbeitest. Anders als Schreiberling gefällt mir diese Ausdrucksweise. Auf jeden Fall verstehen die Leser, was du ihnen in diesem Absatz mitteilen willst und ich halte das Beschriebene durchaus für realistisch. Vielleicht solltest du noch mehr betonen, dass es deinem Prota so vorkam, als friere er durch die nasse Kleidung mehr. Dann wirkt das Geschriebene vielleicht noch besser, weil man sich so (als Mensch eben) nicht direkt in die Lage deines Charas hineinversetzen muss. So ließen sich die von dir geäußerte Sorge, ob es sich wirklich kühler anfühlt, umgehen... ;)

Ich hoffe, das hilft dir zumindest ein bisschen :innocent:)

Lg
Tarah

Ich würde sagen "des glaubwürdigen in Worte Fassens" schreibt man in dem Zusammenhang groß...

Thosuko

Hi Ognon!

Ich glaube, es kommt darauf an ob ein Wind weht oder nicht. Mit Wind wird er ohne Hemd frieren, ohne Wind mit Hemd. Denn die Verdunstung durch die Körperwärme müsste wirken wie ein Kühlschrank. Ist das Geiche, als wenn du mit Klamotten in den Schlafsack steigst und am nächsen Morgen zitternd ans Lagerfeuer rennst.

Ognon

#4
ZitatIch glaube, es kommt darauf an ob ein Wind weht oder nicht. Mit Wind wird er ohne Hemd frieren, ohne Wind mit Hemd. Denn die Verdunstung durch die Körperwärme müsste wirken wie ein Kühlschrank. Ist das Geiche, als wenn du mit Klamotten in den Schlafsack steigst und am nächsen Morgen zitternd ans Lagerfeuer rennst.

Das ist nicht so gut, denn es windet ziemlich bei dieser Szene. :-\
Also in dem Moment, wo er das halbkaputte Hemd weggeworfen haben soll, hat es geschüttet und eisig gewindet, ein Unwetter reinsten Wassers sozusagen. Nicht unbedingt logisch, oder :-X
Zum Glück hab ich nachgefragt! Nun muss ich mir nun erstmal überlegen, ob ich es trotzdem drinlasse. Ob der Kerl wohl wirklich so dumm war, in dem Moment zu glauben, dass er ohne die Hemdfetzen im klatschenden Regen mit beißendem Wind weniger friert? Wenn ich es nun selbst so schreibe, kommt es mir ziemlich unrealistisch vor... :wums:

ZitatIst das Geiche, als wenn du mit Klamotten in den Schlafsack steigst und am nächsen Morgen zitternd ans Lagerfeuer rennst.
Also ich hab das noch nie gemacht ::)

Kleiner Nachtrag:
Ich habe es nun gerade dazu umgebaut:
ZitatDas triefende, halb zerrissene Hemd hatte er schon vor einer Weile zurückgelassen, weil er sich törichter Weise einen Moment lang dem fatalen Irrtum hingegeben hatte, es würde ihn, völlig durchnässt, nur noch mehr frieren lassen als wärmen und weil er, seine Arme um sich geschlungen und die Müdigkeit im Voranschreiten, das vollgesaugte Objekt als unheimlich schwer und hinderlich empfunden hatte, zu schwer, um es in einer Hand weiter mit sich herumzuschleppen. Das war ein Fehler gewesen, denn sobald der Regen aussetzte und er somit eine Möglichkeit bekommen hätte, es zu trocknen, würde es ihm schmerzlich fehlen und schon nach einigen Minuten des Laufens war es ihm ohne das durchnässte Kleidungsstück deutlich kälter erschienen, als da er es noch getragen hatte.
Mehr mach ich nun nicht mehr, ich bin dem Stück Text und der Situation gegenüber nun ein wenig zu betriebsblind glaube ich :d'oh:

Tenryu

#5
Rein physikalisch betrachtet, friert man mit einem nassen Hemd am Leib mehr. Erst recht wenn es von Baumwolle oder Leinen ist, weil diese Stoffe größere Mengen Wassers zu absorbieren in der Lage sind. Das Verdunsten ebendieses Wassers sorgt für den Kühleffekt. (Aus diesem Grunde werden Badeanzüge heutzutage aus syntetischen Stoffen hergestellt, welche kaum Wasser binden, und daher rascher trocknen.)

Infogedessen würde die Person mit dem nassen Hemd stärker frieren als ohne. Hinzu kommt, daß ein nasses Kleidungsstück nicht in wenigen Minuten trocknet - schon gar nicht bei feuchtem Wetter. (Mit ein Grund, weshalb sich elektische Wäschetrockner solch großer Beliebtheit erfreuen.)
Die Haut hingegen läßt Wasser leicht abperlen und trocknet geschwind. Somit steht der Verdunstung, welche dem Körper Wärme entzieht, weniger Feuchtigkeit zur Verfügung.

Noch eine Bemerkung zu deinem Stil:
Ich habe nichts gegen lange Sätze, sintemal ich (im Gegensatz zu dem durchschnittlichen Leser unserer Zeit) durchaus im Stande bin, auch eines ebensolchen, so er aus mehr denn zehn Wörtern besteht, Sinn zu erfassen. Gleichwohl sollte ein Text auch einer gewissen Eleganz des Ausdruckes nicht entbehren. Und ebendiese kann leicht zwischen all den Praphrasen und Einschüben verloren gehen.

Tarah

@Tenryu: Physikalisch betrachtet schon, aber ich denke, es hat auch eine Menge mit der Empfindung des Protas zu
                tun. Also ich jedenfalls friere schneller als Freunde.(gut, das hat jetzt weniger etwas mit dem zu
                besprechenden Thema zu tun...) Deshalb halte ich es für unklug, jeden Charakter stur in ein "rein
                logisch gedacht" Schema einzuordnen. Wobei ich es natürlich nicht schlecht finde, erst einmal den
                physikalischen Grund genauer zu beleuchten, um dann auf die jeweilige Person abzustimmen.

@Ognon: Zwar hat mir die erste Version dieses Abschnitts schon gefallen, aber die zweite übertrifft das Vorange-
                gangene! ;D

Lg
Tarah

Leon

#7
Hallo Ognon

Ich hätte den Protagonisten das Hemd nicht wegwerfen lassen. Man kann ja nie wissen, wofür es noch gut sein kann. (Auch wenn es halb zerrissen ist.)

Lass ihn doch einfach, sich das Hemd um die Hüften knoten. Dadurch wären seine Hände frei, und das bisschen Gewicht des nassen Hemdes ist dann nicht mehr weiter der Rede wert. Immerhin reden wir hier "nur" von einem nassen Hemd, und nicht von einer Jacke oder einem Mantel. Die beide in der Tat, wenn mit Wasser vollgesogen, ein beträchtliches Gewicht entwickeln können.

Das mit dem Hemd, das habe ich selbst schon mal so gemacht, nachdem ein heftiger und wolkenbruchartiger Regenschauer mich auf einer Wanderung überrascht hatte. Innerhalb von Minuten war ich klitschnass bis auf die Haut. Von daher weiß ich aus eigener Erfahrung, dass man das Hemd, wenn um die Hüfte geknotet, schon nach sehr kurzer Zeit gar nicht mehr spürt.

Gruß
Leon

Ognon

Danke für eure Antworten, vor allem Dir Leon: Das Umknoten des Hemdes ist das logischste, auf das ich selbst bisher nicht gekommen bin :innocent:
Aber da es viel spannender ist, wenn das Kleidungsstück verloren geht, hier nun eine Variante, die diese Idee mit der bisherigen Version kombiniert:
ZitatDas Hemd, bereits halb zerrissen seit dem Moment seines Erwachens, hatte ihn, völlig durchnässt, mehr frieren lassen als gewärmt und als er es abgenommen hatte, um es sich um die Hüfte zu knoten, war ihm das vollgesaugte Kleidungsstück aus den Händen entglitten und auf den vom Regen überströmten Boden gefallen, wo es sofort vollends in Wasser und Dreck gebadet war und vor seinen Augen davongespült wurde. Er war so überrascht und enttäuscht gewesen, dass er dem Hemd nicht einmal nachgesetzt hatte.

Was meint ihr?

Alternativ könnte man es natürlich auch so machen:
ZitatDas triefende, halb zerrissene Hemd hatte er schon vor einer Weile abgenommen und sich um die Hüfte gebunden, da es, völlig durchnässt, mit einer schweren Kälte auf ihm gelastet hatte und ihn nur noch mehr hatte frieren lassen. Solange der Regen noch immer anhielt und er keine Möglichkeit hatte, es auch nur einigermaßen trocken zu bekommen, würde es ihm wenig Nutzen, doch wenn dieser Moment gekommen war, konnte es ihm in der Nacht das bisschen Wärme geben, das ihn rettete.

Das klingt vielleicht ein bisschen realistischer, aber das erste ist gemeiner :vibes: deswegen bevorzuge ich das fast.

e-mike

Hallo,

Also ohne nun auf das Hemd zu achten, ist es wohl vollkommen klar das dein Protagonist friert, er ist nass  und würde wahrscheinlich gerne ins warme.  :buch:

Mich wundert es nur warum er sich kein trockenes Plätzchen sucht, ein Feuerchen macht, sein Hemd trocknet, sich aufwärmt und wartet bist das Mistwetter vorbei ist. ???

Wäre eigentlich Logisch. :hmmm:

Lg e-mike

Ognon

#10
ZitatAlso ohne nun auf das Hemd zu achten, ist es wohl vollkommen klar das dein Protagonist friert, er ist nass  und würde wahrscheinlich gerne ins warme.
Ich möchte gerne so gut es geht die Verzweiflung des Protagonisten und die Angst des Lesers schüren :hmmm:

ZitatMich wundert es nur warum er sich kein trockenes Plätzchen sucht, ein Feuerchen macht, sein Hemd trocknet, sich aufwärmt und wartet bist das Mistwetter vorbei ist.
Der offene Wald bietet kaum Schutz, und überdies befindet sich der Protagonist in einem fernen Teil des Waldes, in dem er noch nie gewesen ist und sich nicht auskennt.
Wenn du die ganze Geschichte soweit lesen willst (10-15 Seiten, je nach Schriftgröße (mit Normseiten hab ich leider noch nicht viel am Hut)), kannst du dich gerne per privater Nachricht melden.

Leon

#11
Hallo Ognon

Zitat von: Ognon am 27. Dezember 2008, 14:29:08
Das triefende, halb zerrissene Hemd hatte er schon vor einer Weile abgenommen und sich um die Hüfte gebunden, da es, völlig durchnässt, mit einer schweren Kälte auf ihm gelastet hatte und ihn nur noch mehr hatte frieren lassen. Solange der Regen noch immer anhielt und er keine Möglichkeit hatte, es auch nur einigermaßen trocken zu bekommen, würde es ihm wenig Nutzen, doch wenn dieser Moment gekommen war, konnte es ihm in der Nacht das bisschen Wärme geben, das ihn rettete.

Die zweite Variante gefällt mir schon besser. Die erste Variante enthält mir zu viele "Zufälle", um glaubwürdig rüber zu kommen.

Gruß
Leon

Tarah

Ich tendiere auch eher zu Variante zwei, obwohl diese wohl deutlich unspektakulärer ist.

Die Zufälle häufen sich bei Variante eins meiner Meinung nach (wie Leon bereits erwähnte).

Lg
Tarah

Ognon

Ok, irgendwo habt ihr recht. Man muss es ja mit der Dramatik nicht übertreiben.

Nochmal danke fürs mithelfen, ihr seid klasse! :prost:

Lomax

Für Dramatik ist eher der Text zu erzählend, zu konjunktiv, zu rückblickend. Lass ihn also einfach das Hemd fortwerfen, wenn ihm danach ist (sollte kein Problem sein, wenn's zum Charakter passt. Ich kenne genug Leute, denen ich jederzeit abnehmen würde, dass sie für so was dumm genug sind ;)). Lass ihn das bereuen, wenn er tatsächlich drunter leidet - nicht leiden würde oder gelitten hat. Lass ihn nach dem Hemd suchen, oder zu stolz zum Umkehren sein, dann doch danach suchen und nicht finden. Und lass ihn dann in der Nacht noch mehr leiden, wenn er die Möglichkeit zum trocknen gehabt hätte.
  Ich würd also empfehlen, anstatt überzeugend zu begründen, lieber mehr nachvollziehbar erleben zu lassen. Nach meiner Empfindung liegt die Verbesserung bei der zweiten Variante weniger darin, dass der Protagonist sich nun anders verhält, als vielmehr darin, dass du weniger verschachtelte Erklärungen reingepackt hast.