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Sprachliche Präzision - um jeden Preis?

Begonnen von Verwirrter Geist, 05. März 2013, 18:22:11

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Verwirrter Geist

Hey Ihr! Ich bin hier zwar schon ewig angemeldet, bisher wurde ich aber immer wieder davon abgehalten mit Euch zu diskutieren. Das soll sich nun endlich ändern.

Für mein aktuell größtes Problem, habe ich keinen vergleichbaren Thread gefunden. Sollte ich einfach nur zu beschränkt für die Suchfunktion gewesen sein, haut mich und gebt mir Tiernamen.

Die Schwierigkeit, die mich gerade bei der Überarbeitung meines Erstlings begleitet, ist die sprachliche Präzision.
Ich habe mehrmals aufgeschnappt und aus Ratgebern gezogen, dass man grundsätzlich so genau wie möglich schreiben sollte. Das versuche ich auch so umzusetzen.

Beispiel: Prota hängt gefesselt an der Wand und "sabbert" aufgrund eines Sprechversuchs und des schlechten körperlichen Allgemeinzustands.
Satz: Speichel floss ihre aufgeplatzten Lippen entlang.

Verbesserungspotential das ich sah:
a. Speichel fliesst (fast) immer nach unten, daher wäre eigentlich nur eine Lippe beteiligt, also kein Plural. Dann kann man auch gleich ganz genau "Unterlippe" wählen. Wegen der gleichen Gravitationsproblematik wäre auch "hinab" besser als "entlang", würde ich sagen.
b. Fliessen ist mir eigentlich zu fluid für ihren (zähflüssigen) Speichel, daher wäre wohl "triefen" akkurater.

Ergebnis: Speichel triefte ihre aufgeplatzte Unterlippe hinab.

Nun finde ich den neuen Satz aber sehr "technisch". In diesem Falle geht es noch, aber bei vielen anderen, gerade die Körperteile betreffen, die umgangssprachlich gerne mal zusammengefasst werden (Rücken, Eingeweide etc.) lesen sie sich sogar noch seltsamer, fast schon medizinisch.

Kennt Ihr dieses Problem? Wie geht Ihr damit um? Und warum liegt hier überhaupt Stroh?  ;)

Ryadne

Ich kenne dieses Präzisionsfriemeln vorrangig aus der Überarbeitungsphase, wenn ich beim Drüberlesen dein Eindruck gewinne, dass eine Szene nicht dicht genug beschrieben wird. Und ja, mitunter übertreibe ich es dann schon mal... ein Lektor hat mir da kürzlich ein paar Stellen angestrichen, die in ihrer Detailgenauigkeit einfach nicht zum Rest gepasst haben.
Und das ist denke ich schon mal ein wichtiger Knackpunkt: Wenn man allgemein nicht so der detailreiche Beschreiber ist und sich dann aber an Unterlippen aufhält, wirkt es irritierend. Wenn man aber diesen präzisen Stil durchhält, kann es stimmig wirken - oder albern, denn man sollt sicher auch noch andere Fragen bedenken. Wenn man es sonst nicht so mit lautmalerischen Wörtern hat, kann beispielsweise ein Wort wie "triefen" schnell irritieren. Und wenn man seine Figur würdevoll erscheinen lassen will, sollte man vielleicht auch nicht allzu sehr ins Detail gehen...

In einem anderen Thread hat jemand - ich weiß leider nicht mehr genau, wer es war - erzählt, dass ihm geraten wurde, aus "Unterleibsschmerzen" einfach "Bauchschmerzen" zu machen, weil das für Männer sonst zu präzise ist (verbessert mich, wenn die Begründung nicht ganz stimmen sollte). Darauf wäre ich ehrlich gesagt nie gekommen, aber ist also auch etwas, was man in so einem Fall berücksichtigen sollte.  :hmhm?:

Luciel

Für mich fällt diese Frage eindeutig unter: persönlicher Stil.
Es bleibt einem als guter Autor (der man mal werden möchte  ;D ), nichts weiter übrig, als sich zu entscheiden, wie man schreiben will. Ich selbst finde mich eher in der lyrischen Ecke wieder und kann die meisten detailverliebten Beschreibungen von Körperflüssigkeiten, Blicke ins Innere eines Körpers und dergleichen überhaupt nicht leiden. Ich würde wahrscheinlich eher schreiben, wie sich die Prota in der Lage fühlt, dass ihre Lippe schmerzt (von einem Schlag) oder, wenn es jemand anders beobachtet, einfach nur schreiben, dass sie übel aussah (als würde sie gleich ohnmächtig oder so...)
Aber das ist eben nur meine Art zu schreiben und mit Vergnügen zu lesen und ich bin damit wahrscheinlich eher eine Minderheit. Jeder Autor muss für sich selbst entscheiden, wie viele Details ihm wichtig sind und was das mit dem Stil seiner Sätze macht, finde ich.

Mondfräulein

Sprachliche Präzision hat mir mein Biologie-Leistungskurs damals reingeprügelt, Ionen wandern nicht durch Membranen und kein Lemming will wirklich sterben. Da ist das auch unglaublich wichtig, in wissenschaftlichen Arbeiten muss man ganz genau darauf achten, wie man was formuliert, sonst wird den Lemmingen irgendwann ein Tötungswille unterstellt, der sich nicht nachweisen lässt und man endet wie diverse Politiker in der jüngsten Zeit und bekommt seinen Doktortitel aberkannt, wenn es nicht zu schwerwiegenden Fehlern kommt, weil irgendwo etwas falsch steht. Außerdem ist es manchmal wichtig, ob Ionen durch Symport oder Diffusion in eine Zelle gelangen, wenn dann da steht, sie wandern einfach hinein, ist das ungenau.

Ein Roman ist allerdings keine wissenschaftliche Arbeit. Bei deinem Beispiel würde ich das nicht beanstanden. Es ist nicht wichtig, dass es eben nur eine Lippe ist, das ist eine Art Sinnbild und das Fließen hat doch keine Auswirkungen darauf, ob man auch wirklich versteht, was gemeint ist. Beim Schreiben geht es nicht darum, wirklich sachlich korrekt zu formulieren, das würde ja alle Metaphern und Sinnbilder und blumige Umschreibungen töten sowie alle subjektiven Eindrücke, die man aus der Sicht seines Charakter einfließen lässt.

Ich glaube, mit sprachlicher Präzision ist etwas ganz anderes gemeint. Für mich würde das aufs kreative Schreiben übertragen viel mehr bedeuten, dass man mit dem, was man schreibt ganz konkrete Bilder im Kopf des Lesers erzeugen sollte. Dabei geht es nicht um wissenschaftliche Fachausdrücke sondern darum, nicht um den heißen Brei herum zu reden. Damit meine ich nicht detaillreiche Beschreibungen, sondern, dass eben jene Details, die ich auswähle, ein sehr präzises Bild davon geben, wie es im Raum aussieht. Wenn ich sage, dass in einem Raum ein Bett, eine vergilbte Spitzengardine, ein roter Teppich, ein Regal mit Büchern, allesamt deutsche Autoren von vor 1900, ein wuchtiger Kleiderschrank, alte Dielen, ein Schminktisch mit Spiegel, eine Blümchentapete und zwei Stühle neben einem Tisch sind, dann gehen die einzelnen Details in der Flut der Beschreibungen schlicht unter. Präzises Schreiben würde für mich bedeuten, dass ich mir vielleicht zwei Gegenstände heraussuche, die ein ganz gutes Bild davon vermitteln, was für eine Atmosphäre im Raum wirkt. Präzise bedeutet für mich, mit wenig viel zu erreichen.

Sunflower

Mit sprachlicher Präzision halte ich es so ähnlich wie Mondfräulein. In wissenschaftlichen Arbeiten, Klausuren und wenn etwas logisch von vorn bis hinten stimmen muss (mein Ethiklehrer würde ein Lied davon singen), muss man so präzise wie möglich arbeiten. Dann geht man jeden Satz durch, ob er genauso, wie er ist, auch stimmt.

Beim Schreiben achte ich da nicht so sehr drauf. Natürlich sollte wahr und möglich sein, was man schreibt. Das "entlang" aus deinem Beispielsatz würde ich vermutlich ändern, aber im Notfall geht es auch so. Niemand liest einen Roman nur, wenn er sprachlich präzise ist.
Aber wirkliche sprachliche Präzision würde den gesamten künstlerischen Charakter des Schreibens unmöglich machen. Man merkt ja oft gar nicht, wie viele Metaphern und Umschreibungen in Büchern vorkommen. Doch gerade sie machen das Lesen zum Abenteuer, zum "Film im Kopf" (da, das wäre sprachlich auch nicht präzise, wortwörtlich wäre "im Kopf" auch was anderes ;)).

Zitat von: Mondfräulein am 05. März 2013, 18:53:51
Ich glaube, mit sprachlicher Präzision ist etwas ganz anderes gemeint. Für mich würde das aufs kreative Schreiben übertragen viel mehr bedeuten, dass man mit dem, was man schreibt ganz konkrete Bilder im Kopf des Lesers erzeugen sollte.

Die Definition finde ich gut. Man muss beim Schreiben ganz andere Maßstäbe setzen als in wissenschaftlichen Arbeiten. Wenn ich meine Fantasy so schreiben würde wie meine Seminararbeit, dürfte ich niemals auf eine Veröffentlichung hoffen. In verschiedenen Situation gelten verschiedene Regeln des Schreibens und sprachliche Präzision in dem Sinne, den Verwirrter Geist angedacht hat, gehört meiner Meinung nach nicht in Fantasyromane.
"Stories are, in one way or another, mirrors. We use them to explain to ourselves how the world works or how it doesn't work. Like mirrors, stories prepare us for the day to come. They distract us from the things in darkness."
- Neil Gaiman, Smoke and Mirrors

Lovagh

Details an sich finde ich gut, doch eine Geschichte oder Beschreibung sollte auch getreu der Empfindung des Perspektiventrägers sein. Mal als Beispiel:
Würde jemand, der gerade verprügelt wurde und nun gefangen ist, denn darauf achten, in welche Richtung sein Speichel läuft und welche Konsistenz es hat? Würde ein außenstehender Erzähler darauf achten?

Beim Ausdruck von Gefühlen sehe ich das aber ein wenig anders. Beispielsweise kann jedes Fünkchen Freude mehr, die gesamtheitliche Empfindung einer glücklichen Person entscheiden.

Nycra

Ich gehöre zum Beispiel zu den Autoren, die es mit Detailbeschreibungen nicht so genau nehmen. Es gibt zwar immer mal wieder Szenen, in denen ich ein wenig mehr zeige, aber im Großen und Ganzen glänzen meine Romane durch Abweseneheit derselben.  ::) Manchmal stört mich das selbst, aber da ich solche Sachen in Romanen gerne überlese, schreibe ich eben so, wie ich lese.

Aber, und das habe ich von Lars Schultze-Kossack (Agentur Kossack), sollte man nicht allzu ungenau schreiben. So ist schonmal ein absolutes No-Go zu schreiben: Er zuckte mit den Achseln. Weil das anatomisch nicht möglich ist. In solchen Fällen halte ich sprachliche Präzision schon für absolut unumgänglich. Dagegen finde ich "In dem Zimmer befanden sich ein Bett, ein Tisch nebst Stuhl und ein Bild an der Wand" vollkommen ausreichend, die Stimmung eines karg eingerichteten Zimmers zu beschreiben, ohne allzu sehr ins Detail zu gehen. Damit zeigt man sich nicht weniger sprachlich präzise, nur eben minimalistischer.

Letztlich kommt es aber immer auf den Autoren an. Wenn ich unsere Aquamarin mal als Beispiel heranziehen darf. In ihrem Debütroman hat sie sehr detailliert beschrieben, ohne zu überladen. Hier passt es jedoch zu der Handlung und zu ihrem Protagonisten. Weil dieser eben alles besonders intensiv wahrnimmt. Hier zu knausern oder Dinge ungenau zu beschreiben hätte die Handlung sicher nicht gestört, aber dem Roman gefehlt, weil man keine "Beziehung" zu dem Prota aufbauen kann. Mal abgesehen davon stimme ich den anderen Meinungen zu, dass wir Romane schreiben und keine wissenschaftlichen Abhandlungen. Kleine Fehler verzeiht der Leser sicher, solange er von der eigentlichen Handlung gefesselt ist. Trotzdem sollte man als Autor mit seinem Werk zufrieden sein. Wenn es dich also stört, ändere es, aber nicht nur um des Änderns Willen.

Churke

In unserem Sprachgebrauch ist das Wort "Präzision" positiv besetzt. Auf die Schriftstellerei würde ich das aber nur sehr begrenzt übertragen. Ein literarischer Text bewegt sich auf einer gänzlich anderen, bildhaften Ebene. Ich  möchte sogar behaupten, dass wirklich gute Beschreibungen selten präzise sind.

Beispiel: "Fäulnis fraß sich ins Herz des Reiches."
Oder: "Er kam als armer Mann in eine reiche Provinz und verließ als reicher Mann eine arme Provinz."

Als Autor arbeitet man bewusst mit Übertreibungen, Auslassungen, Anspielungen oder gar naturwissenschaftlich Grenzwertigem, um damit eine bestimmt Wirkung zu erzeugen. Und alleine daran würde ich eine Formulierung messen.

Verwirrter Geist

Ihr habt mir schon einmal sehr geholfen.  :)
Ein paar Unklarheiten bzw. Dinge wo ich anderer Meinung bin, sind aber geblieben:

Zitat von: Ryadne am 05. März 2013, 18:47:04
Und das ist denke ich schon mal ein wichtiger Knackpunkt: Wenn man allgemein nicht so der detailreiche Beschreiber ist und sich dann aber an Unterlippen aufhält, wirkt es irritierend.

Verstehe ich, finde es aber auch schwierig. Erfordert nicht jede Szene und jede Emotion der Protas letztlich eine andere Herangehensweise? Ich persönlich finde eine sehr detailarme Schreibe (insbesondere in längeren Textgattungen) einfach als "schlecht", weil es für mich auch damit einhergeht, dass es sich jemand unnötig leicht macht.

Zitat
In einem anderen Thread hat jemand - ich weiß leider nicht mehr genau, wer es war - erzählt, dass ihm geraten wurde, aus "Unterleibsschmerzen" einfach "Bauchschmerzen" zu machen, weil das für Männer sonst zu präzise ist (verbessert mich, wenn die Begründung nicht ganz stimmen sollte). Darauf wäre ich ehrlich gesagt nie gekommen, aber ist also auch etwas, was man in so einem Fall berücksichtigen sollte.  :hmhm?:

Ich (als Mann) würde Bauch- und Unterleibsschmerzen übrigens tatsächlich synonym verwenden.  ;D

Zitat von: Luciel am 05. März 2013, 18:53:09
Ich würde wahrscheinlich eher schreiben, wie sich die Prota in der Lage fühlt, dass ihre Lippe schmerzt (von einem Schlag) oder, wenn es jemand anders beobachtet, einfach nur schreiben, dass sie übel aussah (als würde sie gleich ohnmächtig oder so...)

Da muss ich aber gleich mal nachhaken: Wie erzeugst du in bestimmten Actionszenen, oder solchen, wo du den Antagonisten besonders unangenehm darstellen willst dann die nötige Dichte? Sehr dialoghaft?

Zitat von: Mondfräulein am 05. März 2013, 18:53:51
Ich glaube, mit sprachlicher Präzision ist etwas ganz anderes gemeint. Für mich würde das aufs kreative Schreiben übertragen viel mehr bedeuten, dass man mit dem, was man schreibt ganz konkrete Bilder im Kopf des Lesers erzeugen sollte. Dabei geht es nicht um wissenschaftliche Fachausdrücke sondern darum, nicht um den heißen Brei herum zu reden.[...]Präzises Schreiben würde für mich bedeuten, dass ich mir vielleicht zwei Gegenstände heraussuche, die ein ganz gutes Bild davon vermitteln, was für eine Atmosphäre im Raum wirkt. Präzise bedeutet für mich, mit wenig viel zu erreichen.

Das ist allerdings eine Definition, die mir besser gefällt, als meine (bisherige). Danke dafür!


Zitat von: Sunflower am 05. März 2013, 19:12:32
In verschiedenen Situation gelten verschiedene Regeln des Schreibens und sprachliche Präzision in dem Sinne, den Verwirrter Geist angedacht hat, gehört meiner Meinung nach nicht in Fantasyromane.

Mit den verschiedenen Regeln zu verschiedenen Zeitpunkten hast du natürlich Recht. Das sprachliche Präzision in Fantasy aber nichts zu suchen hat, sehe ich ganz anders. Ich empfinde es sogar so, dass Fantasy heutzutage wesentlich präziser und "echter" geworden ist, als ich sie noch vor 10-15 Jahren kennengelernt habe. Und generell finde ich, dass gerade Low-Fantasy ohne einen hohen, auch körperlich und psychischen Detailgrad, kaum noch funktioniert.
Oder lieg ich da echt vollständig daneben?

Zitat von: Nycra am 06. März 2013, 09:19:39
Aber, und das habe ich von Lars Schultze-Kossack (Agentur Kossack), sollte man nicht allzu ungenau schreiben. So ist schonmal ein absolutes No-Go zu schreiben: Er zuckte mit den Achseln. Weil das anatomisch nicht möglich ist. In solchen Fällen halte ich sprachliche Präzision schon für absolut unumgänglich.

Das verstehe ich nun so gar nicht. Achselzucken ist doch eine ganz normale Redewendung, die einen anatomischen Vorgang verkürzt. Strenggenommen kann man doch auch keine Brauen heben, sondern hebt die unterliegende Haut, wäre das dann noch "erlaubt"?


Nycra

Zitat von: Verwirrter Geist am 11. März 2013, 14:33:22Das verstehe ich nun so gar nicht. Achselzucken ist doch eine ganz normale Redewendung, die einen anatomischen Vorgang verkürzt. Strenggenommen kann man doch auch keine Brauen heben, sondern hebt die unterliegende Haut, wäre das dann noch "erlaubt"?

Naja, ich gebe nur wieder, was uns auf der BLC von Lars Schultze-Kossack gesagt wurde. Ich schätze mal, dass es sich hierbei um eine Redewendung handelt, die sich irgendwann eingebürgert hat, aber eigentlich falsch ist. Gibt es ja öfter mal. Denn ich kann durchaus nachvollziehen, dass man nicht "mit den Achseln zuckt". Das Zucken selbst ist eine Bewegung der Schulter, nicht der Achsel, die ja logischerweise unter dem Arm ist und nicht zucken kann. Bei den Brauen sähe (ich persönlich) das nun wieder nicht so streng, wobei ich meist sogar den Begriff "Brauen wölben" verwende.

Auf der anderen Seite fallen mir genau diese sogenannten "no Gos" immer wieder in Romanen auf, die vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden. Da ist man dann offenbar nicht so streng. Ich für mich jedenfalls hab das Achselzucken gestrichen.

Verwirrter Geist

Zitat von: Nycra am 11. März 2013, 15:11:32
Denn ich kann durchaus nachvollziehen, dass man nicht "mit den Achseln zuckt". Das Zucken selbst ist eine Bewegung der Schulter, nicht der Achsel, die ja logischerweise unter dem Arm ist und nicht zucken kann. Bei den Brauen sähe (ich persönlich) das nun wieder nicht so streng, wobei ich meist sogar den Begriff "Brauen wölben" verwende.

Was ist ein BLC?  ???

Das mit den Achseln leuchtet mir strenggenommen schon ein, nur finde ich es dann eben unverhältnismässig, dass Brauen heben erlaubt sein soll.
"Nase rümpfen" und "Lippen spitzen" wären imho auch noch ein Beispiel aus der gleichen Kategorie, finde ich. Das ist ja alles minimal an der Realität vorbei. 
Aber es ist interessant zu wissen, dass Agenturen darauf offenbar wert legen.

ZitatAuf der anderen Seite fallen mir genau diese sogenannten "no Gos" immer wieder in Romanen auf, die vom Englischen ins Deutsche übersetzt wurden. Da ist man dann offenbar nicht so streng. Ich für mich jedenfalls hab das Achselzucken gestrichen.

Bei Übersetzungen sind doch ohnehin scheinbar so ziemlich alle Regeln außer Kraft.  ;D
Und bei "Trademarks" mancher Autoren auch. Ich weiß gar nicht wie oft bei Richard Schwartz "geschmunzelt" wird, aber gefühlt machen die Charaktere da nie etwas anderes.

Nycra


Churke

Zitat von: Verwirrter Geist am 11. März 2013, 14:33:22
Da muss ich aber gleich mal nachhaken: Wie erzeugst du in bestimmten Actionszenen, oder solchen, wo du den Antagonisten besonders unangenehm darstellen willst dann die nötige Dichte? Sehr dialoghaft?

Ich bin zwar nicht angesprochen, aber zu dem Thema hatte ich in meinem Vorpost auch etwas schreiben wollen, es dann umständehalber aber gelassen.
Ich beschreibe Actionszenen nie deskriptiv, weil man a) sie so nicht erlebt und b) der Leser sie nur mit Mühe nachvollziehen kann. Ein absolutes Lowlight sind die Choreographien von R.A. Salvatore. Die wollte ich schon immer mal "testen" und auf Youtube stellen.

Die Wahrnehmung in Kämpfen ist sowieso eine Sache für sich. Ich nähere mich dem Thema, indem ich Ergebnisse beschreibe und den Weg dorthin bestenfalls anreiße. Das kommt dem individuellen Empfinden recht nahe. Man kann natürlich auch technisch ins Detail gehen - aber wen interessiert das schon?

Sanjani

Hallo,

Für mich gibt es da unterschiedliche Aspekte. Das eine sind die sprachlichen Bilder, die man erzeugt und die für mich nicht unbedingt präzise im Sinne von haargenau korrekt sein müssen.

Die Frage, wie viele Details ich beschreibe, sehe ich auch wie einige meiner Vorredner, ich wähle Details aus, die die Atmosphäre und das Aussehen des Settings treffend beschreiben. Das mache ich i. d. R. nicht bewusst, sondern diese Details ergeben sich mir beim Schreiben, wenn ich mich in die Figuren hinein versetze und damit sind sie, denke ich, in Ordnung. Jede Figur nimmt ja andere Dinge wahr, das ist in der Realität ja auch so. Die Wirklichkeit als solche gibt es m. E. nicht, also kann man nur bedingt präzise sein.

Und dann gibt es die präzise Beschreibung von Dingen oder Handlungen im Kleinen, auf die ich ehrlich gesagt auch nie bewusst achte. Ich finde, das Beispiel mit dem Speichel ist echt gut. Als ich das las, habe ich erst einmal darüber gestaunt, wie man das betrachten kann und was für Möglichkeiten bzw. Notwendigkeiten sich darus ergeben würden. Ich würde vllt schreiben, dass ihr Speichel aus dem Mundwinkel lief, aber vielleicht auch nicht. Ich gehe da auch von mir als Leser aus. Würde ich das so mögen oder würde ich mir darüber Gedanken machen, ob das so stimmen könnte? Darüber, ob der Speichel trieft oder fließt würde ich mir als Leser kaum Gedanken machen. Ich denke aber, dass manchmal Präzision schon wichtig ist, v. a. wenn man Unbekanntes beschreibt. Eine Betaleserin merkte mir mal an, dass sie sich überhaupt nicht vorstellen könne, wo meine Drachenkrieger ihre Flügel dran hätten und wie man dann noch hinten auf dem Rücken sitzen könnte. Ich hatte dazu natürlich eine Idee, hatte das aber nicht präzisiert und das hab ich dann aber doch noch nachgeholt.

Achseln zucken mag ich persönlich auch nicht so gerne, weil das nicht geht, aber andererseits ist es so verbreitet, dass ich nicht gedacht hätte, dass einem das angestrichen werden könnte. Manches ist so verbreitet, dass jeder weiß, was gemeint ist, und ich denke, die wenigsten machen sich beim Lesen darüber Gedanken, ob man nun die Augenbrauen heben oder hochziehen oder zusammenziehen kann oder was auch immer. Anders geht es mir bei ausgefallenen Wendungen wie z. B. er lupfte die Brauen. Darüber stolpere ich dann schon und mache mir Gedanken, ob das geht und ob es passt. Aber meist geht es mir als Leser so, dass das Gesamtbild mich genügend packt um auch mal über sprachliche Ungenauigkeiten hinwegzusehen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Thaliope

Also, dass mit Achseln nur noch die Acchselhöhlen bezeichnet werden ist eine recht neue Entwicklung. Eigentlich und laut Duden bezeichnet die Achsel den gesamten Schulterbereich. Aber - wie Linda in einem anderen Thread schonmal sagte -  vermutlich durch den großen Anteil an Übersetzungen aus dem Englischen/Amerikanischen hat die Schulter die Achsel nach und nach verdrängt, sodass für Letztere nur noch der Körperteil übrig ist, der früher Achselhöhle hieß.
Die Achseln zucken ist also nicht falsch oder umgangssprachlich, wie behauptet wurde, es ist allenfalls in den letzten Jahren aus der Mode gekommen und allmählich veraltet.

LG
Thali