Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Luisa am 22. Juni 2008, 16:54:46

Titel: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Luisa am 22. Juni 2008, 16:54:46
Hallo!

Ich habe ein paar Komplikationen mit der Umgangssprache. Dass man Formulierungen wie "dem Hund sein Halsband" und "meiner Schwester ihr Fahrrad" nicht in seine Texte einbauen sollte, ist mir schon klar.
Aber wie sieht es mit der wörtlichen Rede aus? Im Grunde spricht ja kaum ein Deutscher noch den Genitiv. Kann ich meine Figuren oder zumindest die realen Figuren so sprechen lassen?
Oder wirkt es für den Leser, als habe der Autor einen Fehler gemacht, wenn einer seiner Charaktere nicht einwandfrei spricht?  :hmmm:

Ich hoffe, ihr könnt mir weiterhelfen.
Danke schon mal im Vorraus
LG, Kiira
Titel: Re: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Ary am 22. Juni 2008, 17:02:44
Hallo Kiira,
ich würde sagen, wenn von Vorn herein klar ist, dass ein Protgonist eine besondere Art zu sprechen an den Tag legt - und das wird klar, sobald der Protagonist das erste Mal auftaucht und seine ersten Sätze in wörtlicher Rede herausbringt - dann darf er auch "falsches" Deutsch sprechen. Es wird niemand auf die Idee kommen, dass der Autor die Grammatik nicht korrekt beherrscht, wenn der Rest des Textes (außerhalb der wörtlichen rede) Dativ und Genitiv korrekt "zeigt".
Wenn der Protagonist z.B. ständig von "dem Hund von Tina" redet, das Viech aber außehalb der wörtlichen rede korrekt als "Tinas Hund" bezeichnet wid, dann ist das für mich okay.

Liebe Grüße,
Aryana
Titel: Re: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Churke am 22. Juni 2008, 17:37:24
Wenn ein Charakter so redet wie die Typen ganz hinten im Bus, dann redet der halt so. Ich würde es sogar für falsch halten, ihn in der direkten Rede zum Bildungssprachler aufzuwerten. - Dann ist er nämlich nicht mehr der Typ ganz hinten im Bus. :vibes:

Titel: Re: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Aidan am 22. Juni 2008, 18:01:48
Und hallo!

Ich denke, es ist wichtig, dass die Charaktere nicht (immer) schriftdeutsch verwenden. Wer tut das schon, wenn er spricht? Bis auf wenige Ausnahmen wohl keiner. Wenn du möchtest, dass deine Figuren lebendig wirken, dann reden sie sicher nicht hundertprozentig korrektes Deutsch!

Es gibt einige Bücher, in denen die Typen Dialekt sprechen oder vom Dialekt geprägtes Deutsch. Und das charakterisiert sie. Der Kumpel aus dem Ruhrgebiet spricht anders als der Professor für Germanistik und noch wieder anders als ein Berliner unter Berlinern. Und im Fantasybereich werden auch nicht alle wie Wörterbuch sprechen. Wichtig ist aber, dass die Sprache für eine Person typisch ist, also immer so ist, außer wenn er sich anstrengt, besonders "sauber" zu sprechen.

Die sprachlichen Fähigkeiten einer Figur müssen ja nicht die des Autors sein. Und wenn die Figuren nicht sprechen, sollte die Grammatik schon stimmen.

Liebe Grüße

Winterkind
Titel: Re: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Wilpito am 22. Juni 2008, 23:18:17
Ich finde das als Stielmittel sogar wichtig. Niemand redet Schriftdeutsch, und Bücher, in denen alle Dialekt- und fehlerfrei  sprechen wirken so Steril und unrealistisch.

Fast jeder Mensch hat irgendwelche Sprachangewohnheiten. Tonfall, Sprechweise oder die generelle falsche Verwendung von Begriffen. Auf Anhieb fällt mir jemand ein, der zum Beispiel immer vom Tellers, Messers, Löffels und Gabels Spricht.

Ich persönlich finde es nur sehr schwer, solche sprachlichen Macken für eine Hauptperson einen ganzen Roman lang konsequent durchzuhalten, vor allem wenn man jemandem extrem auffällige Sprachabarten andichtet.
Titel: Re: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod
Beitrag von: Luisa am 24. Juni 2008, 21:23:23
Hu, da bin ich aber erleichtert. Für mich ist eine der auffälligsten deutschen Sprachverirrungen der missachtete Genitiv und das will ich zumindest in meinen Texten auch zeigen.
Ich hoffe mal, ich werde die sprachlichen Makel meiner Personen durchhalten.