• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Das Happy End

Begonnen von Nightingale, 23. Dezember 2009, 21:15:31

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

RockSheep

Ich schliesse mich einigen meiner Vorrednern an: Was definiert ein Happy End? Bei mir ist es häufig (oder zumindest bei meinem aktuellen Projekt) so, dass im Grossen und Ganzen alles gut ausgeht, die Charakteren am Schluss jedoch ziemlich drunter gekommen sind. Ist das nun ein Happy End? Für die Welt durchaus, für den einzelnen nicht wirklich. Und für den Leser? 

Für mich ist in beiden Fällen (Happy End oder nicht) wichtig, dass auf das Ende hingearbeitet wird und es nicht zu abrupt eintritt. Nicht dass auf den letzten paar Seiten alle sterben oder sich jedes Problem auf einmal löst. Einig sind wir uns offensichtlich fast alle darin, dass zu aufgesetzte und übertriebene Happy Ends öde sind. 

Ich persönlich mag es, wenn es kein wirkliches Happy End gibt. Wenn man als Leser halt zum Schluss auch etwas leidet. Am liebsten sitz ich am Schluss eines Buches tränenüberströmt da. Dann hatte das Ende alles was es braucht. ;)
Natürlich kann auch in diese Richtung schnell übertrieben werden. Wenn am Schluss das Gefühl entsteht, dass alles, was die Protas im Buch gemacht haben umsonst gewesen ist, ist das auch nicht wirklich das Wahre.

Ich bin echt gespannt, wie das Ende meines aktuellen Projektes so generell ankommt. Da kommen nämlich alle Protas irgendwie etwas drunter zum Schluss und ich weiss wirklich nicht, ob das jedermanns Sache ist.


Minhael

Happy Ends sind was schönes. Aber nicht wenn sie zu geschliffen sind, während eines Buches möchte ich mich mit dem Protagonisten freuen können, aber ich möchte auch mit ihm leiden. Und so ähnlich ist das auch beim Ende, ein Happy End kann meiner Meinung nach ziemlich unterschiedliche Ausprägungen haben. Ich halte zwar nichts von sinnlosem Schmerz und Übel, aber manchmal macht's einen Roman vielleicht erst richtig gut.

Grundsätzlich beschäftige ich mich mit Romanen, deren Ende nicht ganz reibungslos und sonnig ist, einfach länger als mit solchen, bei denen das der Fall ist. Woran auch immer das liegen mag.

Also HappyEnds ja - aber in gesunden Dosen und auch gerne mit Abstrichen. (Was für den einen ein Happy End, muss für den anderen nicht unbedingt eins sein.)

Lucien

Zitat von: Minhael am 16. April 2013, 15:37:28
Grundsätzlich beschäftige ich mich mit Romanen, deren Ende nicht ganz reibungslos und sonnig ist, einfach länger als mit solchen, bei denen das der Fall ist. Woran auch immer das liegen mag.
Gestern erst habe ich ein Buch fertig gelesen, das mir anschließend fast den Schlaf geraubt hätte, und ich brüte jetzt immer noch über der Frage, ob es nun ein Happy End ist oder nicht.  ???
Es passt auf jeden Fall zum Rest des Buches ... war insgesamt sehr verwirrend.  ;D Ich mag ja den Mittelweg, aber das ist mir dann doch zu sehr Mittelweg. Ich habe es schon lieber, wenn ich mich hinterher eindeutig freuen oder traurig sein kann. So kann ich einfach nur mit den Schultern zucken.  :seufz:

Minhael

Magst du mir den Titel sagen? Klingt so, als hätte das Buch es verdient, auf meiner Liste zu stehen.  ;D

Lucien

Natürlich: "Die Gefährtin des Lichts" von N.K. Jemisin.
Nach reichlichem Überlegen würde ich behaupten, dass es ein Happy End ist. Was das Ganze am Schluss noch so verwirrend macht, ist der Epilog, der m.E. überflüssig ist.  :hmmm:

Lovagh

#50
Es kommt darauf an, wie das Happy End aussieht. Wenn es ein geschlossenes Ende, ein "Und sie lebten glücklich bis zu ihrem Tode" ist, dann finde ich es langweilig.
Nach einem glücklichen Ende möchte ich trotzdem noch Ungewissheit darüber haben, ob es wirklich ein gutes Ende für alle Zeiten ist. Es muss sein  können, dass das Gute nach dem Ende nicht allgegenwärtig und unbesiegbar ist. Oder zumindest das Happy End genug Opfer hervorgebracht hat, dass es danach noch einen Grund gibt, über das Geschehene nachzudenken.
Das heißt nicht, dass ich ein böses Ende bevorzuge. Aber ich möchte, dass man sich die Geschichte nach dem Ende selbst weiterstricken kann.

Szazira

Auch wenn das jetzt eigentlich nur indirekt mit dem 'Happy End' zusammenhängt, aber es ist mir eben wieder einmal aufgefallen:
Schlimm sind zweite Teile von Büchern oder Filmen, bei denen der erste Teil ein abgeschlossen-abgeschlossenes Ende hatte. Ob dass nun ein gutes oder ein böses abgeschlossenes Ende ist, sei jetzt mal dahingestellt. Oft wirkt dann der Beginn des zweiten Teils einfach so an den Haaren herbei gezogen, dass es nicht mehr feierlich ist. Es fehlen bisweilen einfach die losen Enden, die einen Teil zwei nun ja... rechtfertigen. Zum Beispiel waren in dem Computerspiel Gothic 2 (mit Addon) zwei Gegner, die eigentlich in Gothic 1 bereits vom namenlosen Helden getötet worden waren (ALLE Spieler, die ich kenne, die dieses Spiel gespielt haben, haben die beiden in dem ersten Teil umgebügelt!). Ich habe die Augenbrauen hoch gezogen, gelacht und dann dennoch weiter gespielt, dennoch hätte man es vielleicht anders lösen sollen.

Um den Bogen wieder zum Thema zurückzuschlagen: Ich ziehe ein nicht abgeschlossenes Happy End ( bzw. ein nicht abgeschlossenes Nicht-Happy End) einem abgeschlossenen (Happy) End als Autorin vor. So habe ich von eingeplante, sinnvolle Anknüpfungspunkte für eine Fortsetzung. So kollidiert das, was ich mir aus den Fingern gesaugt haben, nicht mit den vorhergehenden Teilen und macht die Fortsetzung dann lächerlich.


Sturmloewin

Ich baue immer verschiedene Enden ein, die aber meistens alle von mir im Vorhinein geplant sind. Mir fällt jedenfalls kein Gegenbeispiel ein, wo sich das Ende spontan entwickelte. Aber ich habe alle möglichen Enden. Kommt ja auch auf die Zielgruppe an. Kinderbücher sollten nach Möglichkeit immer ein Happy End haben, oder ein gut zu rechtfertigendes anderes Ende. Ich liebe auch offene und halbgute Enden. So richtig anti-Happy-Ends bringe ich aber meistens nicht übers Herz. Wenn was schlimmes passiert (zum Beispiel wenn jemand stirbt) wird das meistens mit (zumindest ansatzweise) schönen Worten wieder aufgewiegelt.
So when the world knocks at your front door
Clutch the knob tightly and open on up
And run forward and far into its widespread, greeting arms
With your hands outstretched before you
Fingertips trembling, though they may be
--- Anis Mojgani "Shake the Dust"

Soraya

Ich muss gestehen, dass ich ein Fan des Unhappy Endings bin. Ich weiß zwar auch, dass die meisten Leser es lieber sehen, wenn am Ende für die liebgewonnenen Protas uns so alles gut ausgeht, aber ich mag sowas irgendwie nicht schreiben. Keine Ahnung ob ich da besonders dramatisch veranlagt bin, aber ich lasse meine Protas auch gerne mal kurz vor dem Happy End sterben oder so.
Aber offene Enden mag ich auch, gerade wenn man sich vielleicht nicht sicher ist "Kann ich das so enden lassen?", dann ist es vielleicht ganz gut es dem Leser zu überlassen, wie er letzten Endes den Schluss sieht.

Alessa

Sorry, das ich diesen Thread wieder ausbuddle, aber ich habe gestern eine Trilogie zuende gelesen, deren Ende mich immer noch beschäftigt. Es gab kein Happy End, jedenfalls nicht so ein Happy End, mit dem ich glücklich wäre. Bereits beim Lesen des dritten Teils konnte man absehen, dass der Roman nicht glücklich ausgehen kann. Gut, die Heldin hat ihren Helden bekommen, aber beide waren letztlich ein Wrack.
Und nun bin ich ziemlich hin und her gerissen und auch als Leser enttäuscht. Als Autor mute ich meinen Helden auch oft Leidenswege zu, aber ich entlasse sie zum Schluss in eine Welt, mit und in der sie leben und glücklich sein können. Ihr Weg ist niemals schmerzfrei, doch ich breche sie nicht. Das aber wiederrum ist mit den Helden der Trilogie passiert, die ich gerade gelesen habe. Und was mich noch mehr in Rage versetzt, ist die Botschaft, die dieses Ende in mir hinterlässt. Denn diese sagt aus, wenn ihr euch gegen die diktatorische Obrigkeit wehrt, wird von euch nichts übrig bleiben. Wenn ich ehrlich bin, halte ich das für sehr gefährlich.

Ich halte nichts von einem aufpolierten Herzschmerz-Ende, aber ich denke, dass ein Ende eine positive Nachricht übermitteln sollte ... was natürlich Genreabhänging ist. Doch wenn den Helden nach jahrenlangen Kampf am Ende nichts bleibt, wer soll dann noch kämfpen und wozu?

Pandorah

Ich liebe Happy Ends, ich schreibe zu 99,99% Happy Ends, ich lese Happy Ends, ich will meine Filme mit Happy Ends.

Ich mag es, wenn in der Geschichte die Protas um eine gute Sache kämpfen, gerne auch leiden (ich leide dann sehr mit und brauche Lesepausen), aber am Ende sollen sie für das Leiden auch belohnt werden. Das, was Alessa anspricht - es soll einen Sinn haben. Es soll etwas Gutes dabei herauskommen.

Und keine Happy Ends, weil sie "unrealistisch" sind, halte ich für ein eher unglückliches Argument. Ich schreibe über Magie, Drachen, Elfen, Orks. Wenn ich die plausibel erkläre, kann ich das auch mit einem Happy End.

Außerdem lese und schreibe ich, um ein gutes Gefühl zu vermitteln, um in eine andere Welt einzutauchen, um etwas zu erfahren, was ich sonst nicht erfahren kann - die täglichen Alltagsmühlen, die aus jeder Happily-Ever-After-Beziehung ein normales Paar machen, die aus jedem strahlenden Sieg eine weitere Aufgabe machen, die hat man im normalen Leben ausreichend. Die brauche ich nicht in meinen Romanen. Klar geht es auch bei dem Strahle-Paar nicht zwangsläufig auf der Rosa-Herzchen-Wolke weiter, aber das erwarte ich nicht mal dann und stelle es mir nicht einmal dann vor, wenn da wörtlich steht "Und sie lebten glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende". Auch mit diesem Satz kann es mal Kniest und Meinungsverschiedenheiten geben.

Ich mag Happy Ends.

Coehoorn

#56
Es gibt solche und solche Happy Ends.
Es gibt das "Friede-Freude-Eierkuchen Happy End". Alle sind versammelt, lachen und freuen sich der schönen Welt. Das Böse ist weg also können wir jetzt alle zusammen herzhaft lachen. Das ist einfach nur ekelhaft.
Dann gibt es die "Nicht alles perfekt aber hey, wir haben geschafft was wir wollten und irgendwie passt das jetzt - Happy Ends"
Die finde ich gut, weil sie einfach realistischerer sind.

Bestes Beispiel für die beiden ist Herr der Ringe. In der Filmtriologie hat man die erste Form. In den Büchern die zweite.

Dann gibt es noch die Geschichten wo es weder das eine noch das andere geben kann. Zum Beispiel Gladiator. Es ist kein Happy End aber es ist auch kein schlechtes Ende.

Und dann gibt es noch die, bei denen am Ende alles schlimmer ist als vorher.

Ich denke ich persönlich würde ein Mittelding zwischen den letzten beiden bevorzugen. Ich weiß jetzt schon, dass mindestens einer meiner Hauptprotagonisten am Ende sterben wird und die Welt garantiert nicht besser aussieht. Aber das Ziel ist erreicht und die große Gefahr abgewendet und auch wenn der Hauptprotagonist sich nicht wirklich daran erfreuen kann, hat er etwas geschafft.

ZitatMensch, ich merke, dass ich gerade zwei Stunden getippt habe. Ich krieg keinen vernüftigen Satz mehr zustande  :P

Alessa

Richtig, der Sinn muss gegeben sein und ich bin ein Befürworter von einer 'Belohnung' am Ende, auch wenn das Leben nicht immer am Ende mit rosa Wolken aufwartet. Aber ich zitiere nicht aus dem Leben, ich möchte Leser in andere Welten entführen, ihnen beim Entspannen helfen und beim Verdauen von Alltagssorgen. Da nützt es meiner Meinung nach nichts, wenn ich ihnen zeige, dass ihr Kampf sowieso nichts bringt, dass alles unnütz ist, egal was sie aufgeben, egal was sie tun.
Nein, eine solche Botschaft möchte ich nicht vermitteln, weil sie traurig und mutlos macht.

Ich möchte ein Happy End, eins das mir Hoffnung macht und nicht den Boden unter den Füßen wegreißt. Ein solches Ende erwarte ich von einer Tragöde, oder von einem Weltuntergangsszenario, aber nicht von einer Fantasy-Saga, bei der es um einen durchaus realistischen Kampf geht.

Arcor

Ich glaube, ein negatives Ende oder zumindest kein Happy End kann der Leser nur akzeptieren, wenn es irgendwie schlüssig ist. "Gladitator" ist da ein gutes Beispiel, wie Coehoorn schon sagt. Maximus ist tot, aber das passt, weil das eh in seiner Absicht lag und er im Elysium mit seiner Familie wieder vereint ist. Aber Commodus ist auch tot. Wäre Commodus am Leben, wäre das Ende total unbefriedigend. So passt es hingegen.

Von daher glaube ich, dass sich Erfolge und Rückschläge am Ende ungefähr die Waage halten sollten, um den Leser zu befriedigen. Friede-Freude-Eierkuchen muss wahrlich nicht sein, aber ich bin da ganz bei Coehoorn: Ein Mittelweg sollte schon irgendwie drin sein.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Dahlia

Ich befürworte auch das Mittelding.
Zu viel Friede-Freude-Eierkuchen und ich finde es nicht mehr realistisch. Wenn es zu Unhappy, dann frag ich mich, warum ich überhaupt so lange mit den Charakteren mitgefiebert habe, wenn es ihnen am Ende dreckiger geht als am Anfang ::)

Ich möchte da auch die Botschaft vermitteln, dass man, wenn man es anpackt, Sachen auch verändern kann. Daher achte ich darauf, dass meine Geschichten doch auf einer hoffnungsvollen Note enden.

@Alessa: Ich bin neugierig. Von welcher Trilogie sprichst du?