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Genderinklusive Schreibweise von Engeln, Dämonen, Vampiren und Co

Begonnen von Nikki, 13. Oktober 2020, 14:33:42

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Araluen

Zitat von: Zitkalasa am 14. Oktober 2020, 17:16:49
OT: @Nikki Von Carmilla gibt es auch eine schöne Gruselkabinett-Vertonung (ist sogar die erste Folge der Reihe). Und im Grunde kann ich die ganze Reihe empfehlen, wer lieber Hörspiele hört als selbst zu lesen.
Ja die ist wirklich sehr gut. Da bin ich auch zum ersten Mal über Carmilla gestolpert und hab sie später nochmal gelesen.

Trippelschritt

Zitat von: Nikki am 14. Oktober 2020, 17:41:48
Und wie löst du das, @Trippelschritt ?

Ganz einfach, Nikki. Im Plural gibt es keine Probleme, nur im Singular. Ich spreche immer von "die (WAld)elfe", bleibe also bei der weiblichen Form, weil diese eingeführt ist. Ist meine Elfe männlich wechsele ich nach normalen Grammatikregeln der Deutschen Sprache das Geschlecht der Pronomen. Ich muss darauf achten, dass die Sätze in sich stimmig und vor allem verständlich ist.

Ich habe ursprünglich für die männliche Form den Begriff "der Elf" benutzt, bis mir das nicht mehr gefallen hat. "Elf" ist englisch, nicht deutsch. Es würde zwar verstanden werden, aber ich fand es elegenter, in der deutschen Sprache zu bleiben. Ich werde erst im Laufe der Zeit erfahren, was die Leser davon halten. Sprachlich ist es jedenfalls sauber und ich umgehe gern Krücken, wenn ich einen Weg finde, sie zu vermeiden.

Ich sehe übrigens kein Problem darin, weibliche Engel einzuführen. Mein Versuch ließe sich eins zu eins übertragen.
Schwierig wird es eigentlich nur, wenn du dir nicht sicher bist, mit welchem Bild/Konzept der Leser die jeweilige Fantasyfigur aufnimmt. Für mich war Vampir immer männlich, obwohl bei dem film "Tanz der Vampire" die Damen in der Überzahl waren. Werde einzelne Figuren angesprochen, bekommen sie das Geschlecht, das ihnen zusteht.
Dämonen sind für mich geschlechtslos und ihre Vermehrung ist asexuell.

Viel Erfolg wünsche ich Dir
Trippelschritt

Yamuri

Ich verzichte auf Gender inklusive Sprache in einem meiner Projekte, weil die Leser*innen mit chinesischen Namen bereits genug gefordert sind. Ich gehe stärker von der Sicht der Charas aus und erkläre nur nebenbei, daß es sich um Zwitterwesen handelt im Falle von Pazuzu und den Wesen des Jadewaldes. Bei den Lamashtu werden die Menschen diese zunächst als weiblich wahrnehmen, und später eben herauskommen, dass sie geschlechtslos sind. Auf gender inklusiv verzichte ich aber eben weil die chinesischen Charas schon genug Herausforderung sind.
"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

Nikki

Zitat von: TrippelschrittIst meine Elfe männlich wechsele ich nach normalen Grammatikregeln der Deutschen Sprache das Geschlecht der Pronomen. Ich muss darauf achten, dass die Sätze in sich stimmig und vor allem verständlich ist.

Kann man sich das so vorstellen wie "Mädchen" und die Verwendung des Pronomens "sie"?

@Yamuri Also verzichtest du bewusst auf die genderinklusive Ebene, weil du meinst, in jenem Projekt wären bereits (zu) viele/komplexe Ebene vorhanden, sodass diese sich nicht mehr vertragen würden? Wie schaut es in deinen anderen Projekten aus? Gibt es irgendein Projekt, in dem du genderinklusive Schreibweise (für überirdische Wesen) in Betracht ziehst?

Volker

Zwar war der ursprüngliche Protagonist der Vampirromane mäbblich - aber das gilt für fast alle Abenteuer/Gorror-Protagonisten dieser Zeit.

Heutzutage gibt es da nicht mehr wirklich große Unterschiede. Vielleicht bei paranormal Romance, die ja traditionell für Romance eher klassische Rollenklischees pfleht (z.B. in Arztromanen) - nicht aber bei horror/abenteuer-betonten Vampirromanen und insbesondere -filmen. Sonja Blue, Selene (Kate Beckinsale in der "Underworld" Serie), Ultraviolet, Alice (Resident Evil). Alles nicht gerade unbekannte oder schwache Hauptrollen.

Manche Dämonen sind explizit männlich bzw. weiblich - insbesondere die "Aufsitzer": Succubi und Incubi. Da wäre "geschlechterneutral" ihrem "Naturell" entgegenstehend.

FeeamPC

Ich sortiere Mann/Frau, je nachdem, was die beteiligten Menschen glauben, was ihr Gegenüber ist. Meine Drachen-Formwandler haben überhaupt keine verschiedenen Geschlechter, sie vermehren sich durch eine Art Parthogenese, aber da sie für ihre Jungen Wirtskörper brauchen (was dann logischerweise weibliche Wesen sind), treten sie meist als Männer auf.  Also halten die Menschen sie für männlich, und deshalb  sind die Drachenwandler im Buch der Einfachheit halber im kompletten Sprachgebrauch männlich.
Und was den Rest angeht - jeder bekommt das Geschlecht, was er sich selbst zuordnet. Und ja, ich benutzt weiter frisch und fröhlich das generische Maskulinum. Ohne Gewissensbisse. Ich kenne die Sprache seit 64 Jahren so, alles andere fühlt sich für mich schlicht falsch an.

Yamuri

@Nikki:

Ja, es ist ein bewusster Verzicht darauf. 
Bisher habe ich in den andren Projekten keine Zwitter oder geschlechtslose Wesen. Also bei Igána habe ich asexuelle Menschen gewissermaßen und das Thema Trans würde in dem Hauptprojekt wohl dadurch umschifft, dass die Schöpfer, wenn sie jemandem ein neues Leben bieten, diesen Menschen in der Gestalt herüber holen würden, in der er sich wohlfühlt. Wenn also jemand in unserer Welt ein Transmann ist, ist derjenige dort einfach ein Mann. Zu non-binary oder genderfluid habe ich mir diesbezüglich noch keine Gedanken gemacht. Da ich schon sehr viele Charas habe, werde ich solche wohl auch weniger einführen. Ich halte es da aber auch wie Fee, dass ein Chara das Pronomen hat, wie er von anderen wahrgenommen wird. Bei meinem diesjährigen NaNo habe ich nur männlich-weiblich.
Ich habe allerdings ein Projekt, also meine Webserie, die vermutlich auch Mischwesen oder geschlechtslose Wesen enthalten könnte. Da muss ich mir erst überlegen, wie ich das handhabe. Das Wordlbuilding dafür ist noch nicht fortgeschritten genug. Je nachdem wie komplex es wird, werd' ich dann sehen, wie ichs mache. Aber ich tendiere dazu komplexe Geschichten und Welten zu entwerfen und habe oft darunter liegende Themen, die sehr abstrakt und für westliche Verhältnisse vielleicht absonderlich sein könnten, weshalb ich fürchte, dass ich immer darauf verzichten werde, weil unsere Sprache leider zu binär ist und nicht wie das Sumerische nur beseelt und unbeseelt unterscheidet.

"Every great dream begins with a dreamer. Always remember, you have within you the strength, the patience, and the passion to reach for the stars to change the world."
- Harriet Tubman

phoe

ZitatUnd was den Rest angeht - jeder bekommt das Geschlecht, was er sich selbst zuordnet. Und ja, ich benutzt weiter frisch und fröhlich das generische Maskulinum. Ohne Gewissensbisse. Ich kenne die Sprache seit 64 Jahren so, alles andere fühlt sich für mich schlicht falsch an.
Ich halte es wie die @FeeamPC 
Ich bin einfach zu alt und auch zu eigen, um mich überall anpassen zu wollen.
Und wem das nicht gefällt, brauch meine Geschichten ja nicht zu lesen.  ;D

Trippelschritt

Zitat von: Nikki am 15. Oktober 2020, 00:11:40
Zitat von: TrippelschrittIst meine Elfe männlich wechsele ich nach normalen Grammatikregeln der Deutschen Sprache das Geschlecht der Pronomen. Ich muss darauf achten, dass die Sätze in sich stimmig und vor allem verständlich ist.

Kann man sich das so vorstellen wie "Mädchen" und die Verwendung des Pronomens "sie"?


Nein. Bei Mädchen verwende ich "es". Sollte aber in "sie" wechseln, ist es ein Zeichen, dass das Mädchen gar kein Mädchen ist, sondern eine Frau. Mit solchen Dingen lässt sich in der Deutschen Sprache wunderbar spielen, vor allem, wenn es um subtile Beleidigungen geht.

Liebe Grüße
Trippelschritt

Grey

Okay. Ich bin unterwegs und werde vom Handy keine langen Beiträge schreiben, aber zu den letzten Beiträgen muss ich einfach fragen: Ist das euer Ernst? Ist euch die Bequemlichkeit und Gewohnheit im Umgang mit der Sprache wirklich wichtiger als Respekt und Gleichbehandlung für alle? Es geht doch nicht darum, dass ihr euch anpassen sollt, oder ob es irgendwem gefällt oder nicht gefällt, sondern darum, dass toxische Strukturen und Machtgefälle nicht länger von der Sprache unterstützt und zementiert werden. Wenn wir als Sprachschaffende uns für sowas nicht zuständig fühlen, wer denn dann? Sorry, aber das geht mir einfach nicht in den Kopf.

Nikki

Grey, ich bin absolut bei dir. Ich verstehe die meisten Argumente, die das generische Maskulinum verteidigen bzw. den Status quo behalten wollen, der Großteil hat eine Gemeinsamkeit: Bequemlichkeit.

Es ist bequemer, so weiterzumachen wie bisher.
Es ist bequemer, gängige Strukturen nicht zu hinterfragen und neue finden zu müssen, die den sozialkritischen Stimmen entgegenkommen.
Es ist bequemer, sozialkritische Stimmen einfach auszublenden und so zu tun, als ginge das die eigene Person nichts an. Als könnte man es sich aussuchen. Die Wahrheit ist: Die Mehrheit kann es sich sogar aussuchen, ob sie so weitermachen will wie bisher (denn bis jetzt hat es ja sowieso wunderbar geklappt, oder nicht?) oder aber ob sie den vermeintlich wenigen* Stimmen Gehör schenken und ihnen Bedeutung beimessen will.

Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.


Ich glaube, es steht außer Frage, dass der einfachste und - kurzfristig gedacht - rentabelste Weg darin besteht, das generische Maskulinum unangetastet zu lassen und so weiterzumachen wie bisher. Das Problem besteht in meinen Augen allerdings darin, sobald man einmal die Problematik der nicht genderinklusiv gegenderten Sprache begreift, ist es sehr schwer "reinen Gewissens" zum Status quo zurückzukehren.

Ich für meinen Teil empfinde das zumindest so. Bei meinem vorherrschenden Romankomplex, innerhalb dessen so ziemlich jede Ebene durchdrungen wird, kosmische Allgewalt im Mittelpunkt steht, kann ich mich nicht dazu durchringen, genderinklusive Schreibweise zu ignorieren, nur weil es schreibtechnisch einfacher wäre. Ich käme mir heuchlerisch vor, nonbinären Figuren zwar einen Platz zu bieten, aber ihnen bewusste Grenzen anzusetzen, die binäre Figuren nicht haben, nur weil es der einfachere Weg ist. Das hätte für mich den fahlen Beigeschmack, der sagt, "du bist hier willkommen, aber nur bis hier hin und nicht weiter."

Ich vermeide es bspw. die "Lehrer" zu schreiben und damit nicht nur männliche zu meinen. Wenn die Rede von einer Lehrerin ist, dann schreibe ich das so. Ob es wirklich keinen Unterschied macht, zu schreiben, jemand wäre ein/e Vampir/in? Weil für diese überirdischen Entitäten Geschlecht keine Rolle spielt, verwende ich für sie das generische Maskulinum, hört sich in meinen Ohren schief an, denn nichtsdestotrotz bleiben die menschlichen/irdischen Sprach- und Denkstrukturen vorhanden, wenn ich als Autor*in, die in einer sexistisch geprägten Gesellschaft sozialisiert wurde, darüber schreibe.

FeeamPC

#26
Da ich weiß, wie der/die/das im Laufe der Sprachentwicklung in die Welt kam, weiß ich auch, dass das nicht das geringste mit dem Geschlecht zu tun hat. Das hat ganz andere Ursachen. In dem rein sprachlichen Bereich ist schon mal aus meiner Sicht kein Handlungsbedarf.
Wohl Handlungsbedarf haben wir bei dem, was die Gesellschaft tut bzw. nicht tut. Da ist aber die Sprache das kleinste der Probleme. Glaub nicht, nur weil die Sprache sich anpasst, ändern sich die Machtverhältnisse. So einfach ist das leider nicht. Und ich möchte nicht wissen, wie viele Frauen, die so eifrig große Innen-I und Sternchen verfechten, reale Umstände und ein Rollenbild akzeptieren bzw. verinnerlicht haben, das weit weniger emanzipatorisch ist als das, was wir bereits vor 50 Jahren versucht haben.
Dass die Putzfrau nun Raumpflegerin heißt, hat nicht, aber auch überhaupt nichts daran geändert, dass die meisten, die in dem Beruf arbeiten, immer noch schlecht bezahlte und oft im Minijob, also ohne Rentenansprüche arbeitende Frauen sind. Die Sprache schafft leider nicht automatisch andere Bedingungen. Die Änderung muss im Denken stattfinden, und das geht auch im generischen Maskulinum.

Nikki

Ich glaube nicht, dass Sprache das Allheilmittel ist. Aber sie ist ein sehr bedeutendes Instrument unter vielen, das helfen kann, soziale Ungerechtigkeiten aufzudecken und zu thematisieren. Erst wenn ich etwas in Worte fassen kann, kann ich es zur Diskussion stellen, darüber nachdenken und schließlich handeln (abgesehen davon, dass der Sprachakt an sich eine Handlung ist). Die Sichtbarmachung von anderen Geschlechtern neben dem männlichen dient der Darstellung und Wahrnehmung von Diversität.

Es macht einen Unterschied, ob da steht: Die Chefs saßen da und entschieden.
Oder aber: Die Chefinnen saßen da und entschieden.
Oder auch: Die Chefs und Chefinnen saßen da und entschieden.
Oder sogar: Die Chef*innen saßen da und entschieden.

Aber das gehört zur Basis des genderinklusiven Diskurses. Die Ausgangsfrage bezieht sich ja darauf, wie verfahre ich mit überirdischen, vermeintlich geschlechtlosen Wesen in einer Sprache, die nicht ohne Geschlechter auskommt.

phoe

Nochmal kurz weg vom eigentlichen Thema.
Mag sein, das ich bequem bin und den für mich leichteren Weg wähle, wenn es um das Schreiben geht.

Ansonsten würde ich mich nicht als bequem bezeichnen, wenn es darum geht, etwas zu ändern oder zu hinterfragen. Im Gegenteil, ich ecke oft genug an, weil ich vieles nicht so hinnehme, nur weil es schon seit Jahrhunderten so ist. Gerade deswegen, weil es nicht mehr in unsere Zeit passt. Ich laufe nicht mit der Masse mit, weil es bequemer ist. Ich nehme den unbequmen Weg anzuecken. Auch in der Familie oder bei Freunden.

In meinen Geschichten möchte ich gern so schreiben dürfen, wie mir der Schnabel gewachsen ist und nicht nachdenken müssen - Geht das jetzt so oder muss ich das anpassen? Sorry...



Nikki

Ich glaube, niemand will oder kann dir vorschreiben, wie du deine Geschichten zu schreiben hast. Wie du deine Gründe hast, deine Geschichten so und nicht anders zu schreiben, gibt es ebenso die Gründe, wieso Leute rein binäre Texte weniger gern schreiben oder lesen. Zu denen zähle ich mich, darum auch die Ausgangsfrage: Ist es möglich/nötig* ein sprachlich nonbinäres System auf vermeintlich nonbinäre Entitäten auszudehnen?

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