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Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00

Titel: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Vor einiger Zeit hatten wir in den Kampfszenen und auch nebenher immer mal kurze Diskussionen über Realismus in der Fantasy. Wie realistisch sollten Szenen beschrieben sein, egal ob es nun um leben, lieben oder sterben geht?
Ist die Entwicklung einer Fantasywelt dem Realismus unterzuordnen? Müssen Naturgesetze strikt beachtet werden (Mondphasen, Auswirkung von mehr als einem Mond auf die Gezeiten...) oder darf man quasi machen was man will?

Ich mache mal gleich den Anfang: ich bin für Realismus, aber nur, wenn er der Geschichte dient, nicht umgekehrt. Naturgesetze gelten auch in einer Fantasywelt, denn sogar wenn es eine Scheibe auf dem Rücken von vier Elefanten, die auf einer Schildkröte stehen ist, wird diese Welt bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen.
Jeder, der den Herrn der Ringe mit einiger Aufmerksamkeit gelesen hat, weiß, wieviel Wert Tolkien darauf gelegt hat, die korrekte Mondphase anzugeben oder Wetter- und Klimabedingungen den einzelnen Regionen Mittelerdes angepaßt hat. Das ganze dient der Glaubwürdigkeit der Geschichte. Denn je abstrakter eine Welt wird, je mehr phantastische Wesen sich in ihr tummeln, desto glaubwürdiger muß sie meiner Meinung nach in Einzelheiten sein, die der Leser als Bindeglied zu unserer tatsächlichen Welt sieht.
Ich achte darauf, meinen Welten nicht mehr als einen Mond zu geben, denn ich habe nicht die leiseste Ahnugn, auf welche Weise das Einfluß auf Klima und Gezeiten eines Planeten hat.
Die Naturgesetze unserer Welt gelten auch für die Bewohner meiner Welten, aber es gibt die Möglichkeit, sich durch Magie oder Ähnliches zumindest teilweise darüber zu erheben.
Wenn jeder eine Wand hochlaufen kann, im Dunkel sehen, ein Feuer durch Gedanken verlöschen oder entfachen kann, wird die Geschichte langweilig. Wenn nur einzelne durch ihre spezielle Begabung dazu in der Lage sind, paßt es wieder.

Realismus ist ein zweischneidiges Schwert, denke ich. Wird zu viel Wert darauf gelegt, verliert die Welt vielleicht einen Teil ihrer Fantasie, zu wenig und man hat ein Kaleidoskop von aneinandergereihten Unmöglichkeiten.

Moni

Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Dazu kann ich das beitragen. Für nachfolgenden Artikel bin ich früher in mehreren Foren und Fanzines fast geschlachtet worden. O-Ton: "Wir schreiben kein Mittelalter sondern Fantasy", während es in gesellschaftlichen Dingen, speziell der Stellung der Frau immer hieß, "Das war in der mittelalterlichen Gesellschaft eben so" Paradox, nicht?


Die kleinen Fehler der Fantasy


Einige kleine Anmerkungen

Die Vergangenheit war weniger grandios und prachtvoll wie uns Filme und Bücher weismachen wollen, auch wenn sich in den letzten Jahren viel verändert hat. Neuere Historien-, aber auch Fantasy-Filme zeigen eine weitaus schmutzigere und derbere Vergangenheit, als die bunten Werke der 50ger bis 70ger. Auch in den Geschichten geht es realistischer zu.
Als ich diesen Artikel vor ein paar Jahren schon einmal veröffentlichte, gab es manchmal Proteste - ich würde die Fantasy madig machen. Sie sei schließlich kein Mittelalter, und die Menschen einer erfundenen Welt, könnten natürlich schon Erfindungen und Entwicklungen benutzen, die für uns heute selbstverständlich sind. Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings die Tatsache, daß wenn es um gesellschaftliche Dinge ging (v. a. um die Stellung der Frau), genau die andere Rede geführt wurde: Im Mittelalter sei es schließlich so gewesen.
Warum dann aber ein solcher Artikel?
Ich finde es inspirierend, anhand solcher Kriterien neue Ideen zu entwickeln. Natürlich möchte ich auch mir nicht den Spaß verderben, eine viel buntere und sauberere Fantasy-Welt zu erschaffen, aber ich habe schon manch eine Idee für eine Geschichte daraus gewonnen, indem ich mir die Anregungen ansah und dadurch Kriterien für die Suche nach einem Mörder gewann, der sich leider durch einen unangenehmen Geruch (oder die Übertünchung desselben gewann). Darum geht es mir in dieser Betrachtung.
Und noch eines: Der Artikel lehnt sich zwar sehr stark an Poul Andersons Artikel "Pfusch und Schlamperei in der Fantasy" an, ist aber mitnichten abgeschrieben. Ich habe mich mit seinen Äußerungen auseinander gesetzt, versucht die Essenz aus den Anmerkungen zu erfassen und diese mit eigenen Entdeckungen und Erfahrungen ergänzt.


Der grau-bunte Alltag

Man stelle sich eine mittelalterliche Siedlung vor, egal ob Stadt oder Dorf. Auch wenn es Bestimmungen gab, Abmessungen mit denen versucht wurde, zu verhindern, daß Häuser nahe aneinander standen, weit voneinander waren die Bauwerke oft nicht, wenn nur kleine Gassen an ihnen entlang führte. Das Leben fand - anders als heute - zumeist auf der Straße statt: Handel, alltägliche Verrichtungen, ja sogar das Kochen, denn nicht jedes Haus hatte schon eine Küche. Ein Passant mußte aufpassen, nicht über Unrat, herumrennende (halb-)nackte Kinder oder Tiere zu stolpern, oder von oben beworfen zu werden.
Und dann gab es in vielen Städten noch die Abwassergräben und Abfallgruben, aus denen es 'verführerisch' duftete. Kurzum - neben der Tortur für Augen und Ohren, die der Wagen- und Karrenverkehr, die herumstreunenden Tiere, die vielen Menschen mit sich brachten, wurde auch noch der Geruchssinn abgestumpft.
Für einen Menschen dieser Zeit ist der Gestank, der mit sich allerlei anderen Düften aus Kochstuben und Ställen vermischt, natürlich ganz normal. Nicht zu vergessen ist, daß er oder sie selber ordentlich stinkt: Nicht unbedingt nach Parfüm oder Seife, denn beides war recht teuer...
Die damaligen Menschen waren - trotz der Badehäuser in den Städten nicht unbedingt immer ein Ausbund an Sauberkeit. All die kleinen Dinge, die wir heute so selbstverständlich benutzen, und ohne die niemand mehr auskommt - seien es parfümierte Seifen, Shampoo oder Duftwässer waren Luxusartikel, die sich gerade einmal die Reichen gönnten.
Wusch man den Körper in einem der Badehäuser, so hieß daß noch lange nicht, daß das mit den Kleider genauso war.
Die unteren Schichten besaßen oft nicht einmal mehr als zwei, drei Garnituren, die auf keinen Fall täglich gewechselt wurden. Warum sollte ein hart arbeitender Mensch jeden Morgen mit sauberen Gewändern beginnen, nur um am Abend wieder verschwitzt und dreckig zu sein? Kleider mußten über Jahre halten und wurden bei Kindern an die jüngeren Geschwister vererbt und immer wieder geflickt.
Schließlich dauerte es recht lange, um einen Tuchstreifen herzustellen, und damit waren Stoffe für die unteren Schichten ein Artikel, den man nur dann erwarb, wenn es unbedingt notwendig war. Auch im Adel wurden Gewänder über Jahre bewahrt, wenngleich es für die oberen Schichten schon eher eine Selbstverständlichkeit war, eine größere Garderobe zu besitzen. Jedes neue Kleidungsstück war und blieb - je nach Güte, eine teure Anschaffung, die man sich genau überlegte.
Deshalb wurden Gewänder so selten wie möglich gewaschen - denn jede Reinigung nutzte das Gewebe ein bißchen stärker ab. Im Winter trug man lieber seine Tagesgewänder, um sich warmzuhalten, als unnötig zu heizen. Die Armen hatten ohnehin keine Wechselwäsche für die Nacht. Außerdem war es nicht unbedingt spaßig, sich in den kalten Fluß zu stellen und die Wäsche zu reinigen. In manchen Gegenden wurden daher die Gewänder erst nach dem Winter gewaschen, wenn die Temperaturen wieder höher waren.
Und wie sah es für die Reisenden aus? Auch nicht unbedingt besser! In der Nacht - wenn man nicht gerade in einer Herberge einkehrte (und selbst da) war es ratsam, angezogen zu schlafen, um jederzeit auf den Beinen zu sein, und seinen Besitz nicht zu verlieren. Diebe und Räuber waren überall - und selbst Stiefel oder Umhänge waren eine brauchbare Beute. Denn schon damals florierte der Handel mit bereits getragenen Gewändern (die ja immerhin erschwinglicher waren als neue).
Die Reisenden hatten wichtigere Dinge zu tun, als sich reinlich zu halten, vor allem wenn sie unter freiem Himmel übernachteten.

Auch die Nahrung war nicht so fein und ansehnlich wie heute. Fleisch war sehnig und fettig und konnte oft nur durch starke Salzung (was den Wasser- oder Weinverbrauch beim Essen in die Höhe schnellen ließ) oder Trocknung (eine Tortur für die Zähne, die ohnehin schon schwer zu beißen hatten) haltbar gemacht werden. Daß es manchmal schon leicht in Verwesung überging, nahm man gelassen hin - das machte es schön mürbe oder zart oder abgehangen ... Ich möchte bloß nicht wissen, wie es im (halb-)rohen Zustand ausgesehen hat.
Die kleine Fleischbeigabe im Grünzeug - Gemüsen und Früchten, die kleiner und unansehnlicher waren als unsere heutigen Sorten - wurden ebenfalls begrüßt, weil Fleischmahlzeiten auch für die Adligen (und vor allem gegen Ende des Winters) keine Alltäglichkeit waren. Die unteren Klassen konnten allenfalls an hohen Feier- oder besonderen Festtagen davon träumen, etwas anderes als Eintöpfe und Getreidebreie zu verspeisen. Der feine Steinstaub der Mühlräder, der in das Mehl geriet, schliff die Zähne auch noch gründlich ab und erschwerte das Kauen.
Zwar vermochte man durch Kräuter etwas Abwechslung im Geschmack zu erzielen, aber eine breite Auswahl von Speisen kannten nur die Reichen.

So ist klar, warum die Mägen unserer Vorfahren nicht so leicht zu schrecken waren und einiges mehr als unsere heutigen aushalten konnten. Auch waren im Mittelalter keine wirklich schnellwirkenden Gifte bekannt.
"Ich kenne Giftrezepte aus der Renaissance, bei dennen sich die Frage stellt, wie man jemand dazu bringen soll, soviel von diesem ekligen Zeug herunterzuschlingen, daß er ernsthaft Schaden nimmt. Arsen war so ziemlich das tödlichste, was man bekommen konnte, außerdem gab es Schierling, Giftpilze und gemahlenes Glas. Das Problem bestand normalerweise darin, den Geschmack zu verbergen. Nur wenn man es wirklich schaffte, jemand eine tödliche Dosis zu verabreichen, so dürfte er in den seltensten Fällen auf der Stelle tot umgefallen sein.
Er würde bis zu seinem Hinscheiden noch einen unangenehm lange Zeit auf den Beinen sein. Ich könnte mir eher vorstellen, daß eine Menge der Todesfälle, die als Giftmorde überliefert sind, in Wirklichkeit auf Lebensmittelvergiftungen oder ähnlichem beruhten." (*)

Schließlich war die mittelalterliche Medizin (auch wenn die auf die Kenntnisse des Altertums und der Sarazenen zurückgriff) im Erkennen von Giften und Drogen nicht so ausgereift, daß "Doping"-Kontrollen, das Ermitteln des Giftes und eine schnelle Herstellung des Gegengiftes nur in den seltensten Fällen Erfolg brachten.
Und so konnte von Absicht oder Zufall gelenktes Sterben nicht genau voneinander unterschieden werden. Bei vielen bedeutenden Personen wurde daher lieber gleich an ein Verbrechen gedacht. Und so manch ein Unschuldiger mußte daran glauben: mißliebige Günstlinge, Kritiker und lästige Verwandte, aber auch Arme, Andersgläubige und Fremde, die keine Unterstützung finden konnten...


Auf Reisen

Im Mittelalter sahen nur wenige Menschen mehr als den Landstrich oder die Stadt in der er oder sie geboren worden waren und wieder sterben würden. Die Bauern waren zum überwiegenden Teil Leibeigene, die an den Grundbesitz ihres Herren gebunden waren und dies nicht ohne Erlaubnis verlassen durften - die Städter hatten zum überwiegenden Teil Auskommen in ihrem Heimatort.
So waren nur Fernhändler unterwegs, Handwerksgesellen, Söldner, Gaukler, und die Vertriebenen, die keine andere Wahl hatten. Das fahrende Volk brachte auf der einen Seiten Nachrichten von Ort zu Ort, auf der anderen Seite kannten die Sesshaften sie nicht. Das waren Fremde, die mißtrauisch beäugt wurden. Wer keinen Leumund besaß, der mußte beweisen, daß er nichts Übles im Sinn hatte: Plünderung, Raub, Mord, Schändung und Diebstahl. Man konnte die Unbekannten nicht einschätzen, vielleicht hatten sie sogar den Auftrag, das Dorf oder die Stadt dem Feind auszuliefern oder sie zu vernichten. So ist z. B. überliefert, daß um 1500 dänische Stadtväter Fremde nur mit überzeugenden Empfehlungen einließen, weil sie fürchteten, daß unter den Reisenden Brandstifter sein konnten, die die ohnehin hohe Brandgefahr in den Städten noch erhöhen mochten.
Gilden und Zünfte beäugten Neuankömmlinge argwöhnisch, da sie meist in sich geschlossen waren, und nicht immer wollten sie Wandergesellen in ihre Reihen aufnehmen. So waren die Bestimmungen, die diese auf sich nehmen mußten recht streng.
Nicht vergessen werden durfte, daß Fremde auch Seuchen, wie die um 1350 von Venedig ausgehende Pest, in eine Siedlung einschleppen konnte.
So war es klar, daß nur der reiste, der unbedingt mußte, keine Wahl hatte, oder - ausnahmsweise - Spaß daran fand.
Auch die Reise selber war gefährlich. Die meiste Zeit war man auf schlammigen, unebenen Wegen unterwegs. Militärstraßen waren selten genug und dienten anderen Zwecken. Nicht wenige wurde aufgegeben oder zerstört, wie es das Schicksal alter römischer Heerstraßen war, mit denen die einfachen Landbewohner nichts anfangen konnten (und gleich das vorbereitete Baumaterial für ihre Hütten nutzten).
Flüsse oder Bäche, die natürlich nur in den seltensten Fällen begradigt oder gestaut waren, durchquerte man an Furten (wobei man viel Zeit verlieren konnte und große Umwege in Kauf nehmen mußte) oder man konnte eine der wenigen Brücken benutzen, die fast immer mit einem nicht unerheblichen Wegezoll belegt waren.
Karren, Wagen und Kutschen konnten in nicht allzu wilden Gegenden benutzt werden, doch wenn man an den Zustand der Straßen denkt, und die natürlich nicht vorhandene Federung der Wagen, dürfte das auch nicht so angenehm gewesen sein: Die Reisenden wurden mit ziemlicher Sicherheit kräftig durchgeschüttelt und waren am Ende der Reise froh, wenn sie mit ein paar blauen Flecken davonkamen.
Aber auch die Kutschpferde litten unter den Strapazen. Noch im 16. Jh. betrug die Lebensdauer einer solch armen Kreatur selten länger als vier Jahre.
Auch als Reiter hatte man so seine Probleme:
"Man kann nicht stundenlang galloppieren. Das Pferd bricht irgendwann zusammen. Das beste ist, öfter den Schritt zu wechseln oder eines oder zwei frische Pferde mitzuführen. Außerdem brauchen die Tiere angemessene Pausen. Man darf sie nicht hemmungslos fressen oder saufen lassen, weil sie sich sonst so vollstopfen, daß sie sich kaum noch bewegen können. Im Grunde ist so ein Pferd ein recht empfindliches Wesen, das viel Aufmerksamkeit erfordert - man muß es zum Beispiel nach einem anstrengenden Ritt gut abreiben - wenn es nicht krank werden und womöglich sterben soll. Außerdem sind Pferde faul, dumm und manchmal hinterhältig. All das muß ein Reiter im Griff haben." (*)
Vor allem braucht man auch Erfahrung und Übung als Reiter, um mit einem fremden, womöglich noch halbwilden Tier fertig zu werden? So mögen eine Unterstadt-Diebin, oder ein junger Gelehrter, der die meiste Zeit seines Lebens im Studierzimmer verbracht hat keine passablen Reiter sein, vor allem nicht zu Beginn einer Reise, und selbst bei einem alten sanften Tier Vorsicht zeigen.
Auch sind Hengste keine guten Schlachtrösser oder Kampfpferde, weil sie völlig ausrasten, wenn sie eine rossige Stute sehen (oder in die Nähe einer menstruierenden Frau geraten. Aber wer weiß - vielleicht ist manch eine wilde Attacke auf einem Hengst geritten, der einfach nur zur Stute wollte. Erfahrene Reiter vertrauen also eher auf Wallache oder weibliche Tiere.

Auch sollte die Kleidung eines Reiters angemessen sein. Pferdehaar hat die Wirkung von Sandpapier und ist bei längeren Ritten sicherlich "sehr angenehm", liegt bei nackten Beinen und vor allem Oberschenkeln keine weiche Pferdedecke unter. Viele Sword & Sorcery-Helden folgen ja der beinfreien Fellröckchen- & -höschen-Mode.
Und dazu noch Sättel aus Holz oder Leder - zwei Welten treffen aufeinander. Jeder passionierte heutige Reiter kann bestätigen, wie schnell man sich die Haut wundreibt und einklemmt, wenn man in Shorts auf Sätteln reitet. Viel Reiterhosen sind ja auf den Schenkelinnenseiten verstärkt.
Steigbügel wurden übrigens erst durch die Reitervölker der Völkerwanderung in das klassische Europa gebracht, die römischen "equites" mußten noch ohne diese Hilfe ihr Geschick beweisen.

Eine Schiffsreise wird ebenfalls kein Zuckerschlecken gewesen sein. Man mußte mit Flauten oder ungünstigem Wind rechnen, und oft lagen Schiffe monatelang in Häfen, weil sie diese nicht verlassen konnten. Manche Orte konnten nur in bestimmten Monaten angefahren werden oder mit dem Einsatz von Ruderkraft (und nach der Antike gab es kaum noch Galeeren) in Buchten gezogen werden.
Der Steuermann orientierte sich eh weniger an den ziemlich ungenauen Karten (die ja stellenweise abenteuerlich aussahen), und Meßgeräten (Sextanten oder Kompasse waren selten und teuer), als an Sternenhimmel, Tangfeldern, Vogelflug und Windrichtungen. Wie leicht konnte man durch einen unerwarteten Sturm in unbekannte Gewässer abdriften, in denen man sich erst neu orientieren mußte.
Die Hochseeschiffahrt war ein, Jahre dauerndes, Abenteuer, bei dem die Mannschaft nicht selten durch Hunger, Durst und Skorbut dezimiert wurde. Die Küstenschiffahrt war üblich und viel sicherer. Die Galleren konnten sich wegen der Ruderluken nicht der hohen Wellen der Tiefsee aussetzen - wie schnell wären Tri- oder Diremen da von selber gesunken. Auch die Ruderer, waren sie nicht gerade freie Männer, galten als Unsichrheitsfaktor.
Neben den Umweltgefahren behinderten noch andere das Reisen. Die Wildnis beherbergte noch Wolfsrudel und andere Raubtiere, die in sich in Notzeiten auch über die Menschen hermachten, wenn die sonst zu scheu waren.
Nicht zu vergessen sind die Räuber, Piraten und Wegelagerer, die sich ihren Teil an Waren und Gold sicherten. In unwirtlichen Gebieten - dünn besiedelten Bergregionen und Wäldern, aber auch auf offener See konnte man schnell in einen Hinterhalt geraten. Nicht selten steckten Herbergswirte oder ganze Dörfer mit den Banditen unter einer Decke, oder lieferten diesen lieber die Fremden aus, als sich ständig tyrannisieren zu lassen. Man verlor Habe oder Leben, manchmal fand man sich auch auf einem Sklavenmarkt oder in einem Verlies wieder.
Aber auch ehrliche Bürger werden manchmal zu drastischen Mitteln gegriffen haben, um sich Fremde fern zu halten. "Ausländerhaß" gab es schon damals und führte ab und zu zu drastischen Verfolgungen. Viele der späteren Vorurteile gründen in dieser Zeit: die von dem diebischen fahrenden Volk und Bettlern, den unehrlichen Wandergesellen, den gefährlichen Söldnern, den bösen Fremden ...


Waffen und Krieger

Wie leicht und unbeschwert schwingen die Helden der Fantasy-Filme und Romane doch ihre schweren Waffen, durchstechen die Panzerung ihrer Gegner oder spalten Köpfe und andere Körperteile.
Die Filmemacher und Autoren gehen hier von Waffen moderner Fertigungsweise aus. In der Vergangenheit waren Schwerter unhandliche, schwere und leicht zu brechende Stangen aus spröden Metall, die man nur mit großer Übung und nicht auf Dauer einhändig schwingen konnte, ohne sich größere Armgelenkschäden zu holen. Wie früh dürfte die Karriere eines aufstrebenden Kämpfers durch einen Sehnenriß oder eine Schulterzerrung zum falschen Zeitpunkt beendet gewesen sein. Ein gutes Beispiel sind unsere heutigen Tennisspieler - Wie viele von ihnen tragen nach den drei bis sechs Jahren ihres Ruhms nicht dauerhafte Körperschäden davon, die die Medizin nur noch lindern kann?
Für Reiter waren Schwert sinnlose Waffen, da mit den geraden Klingen gerade einmal auf die zu Fuß kämpfenden Gegner eingedroschen werden konnte, was mit Streitkolben oder Axt bei weiten effektiver war.
Auch werden Kämpfer, die mit diesen schweren, unhandlichen Waffen umgehen mußten weniger wie Bodybuilder als Catcher ausgesehen haben, bei den Muskeln kam es nicht auf Schönheit, sondern auf ihre Brauchbarkeit ein. Die Männer und wenigen Frauen werden eher ungelenk und vierschrötig gewirkt haben, schlank und gelenkig werden erst die Degen- und Florettfechter gewesen sein.

Auch das Zerstückeln von Körperteilen war nicht einfach: "Natürlich kann man den Quellen nicht immer trauen. In den im Allgemeinen realistischen isländischen Sagen finden sich einige Hinweise auf Menschen, die ihren Gegner mit einem einzigen Schlag den Kopf abtrennten. Versuchen sie das mal mit einem Schweinebraten und sehen sie, wie weit sie kommen. Man könnte es mit den besten der klassischen, japanischen Schwertern schaffen, die nach allen Regeln der Schmiedekunst hergestellt worden sind. Allerdings muß man eine solche Waffe sehr behutsam behandeln, um sich nicht zu ruinieren. Eine Berührung mit einem Finger könnte schon zur Korrosion finden.
Die gröberen europäischen Klingen sind empfindlicher als man gewöhnlich glaubt, besonders wenn sie aus Bronze oder mittelalterlichem Stahl hergestellt sind. Sie werden schnell stumpf und verwandeln sich in bloße Prügel, und oft verbiegen sie sich und müssen mit dem Fuß und einem Fluch wieder gerichtet werden. Außerdem brechen sie leicht. Und nicht einmal mit einem Samuraischwert kann man einen Panzer durchschlagen. Jeder Panzer hat natürlich seine schwachen Punkte, allerdings nicht, weil er durchschlagen oder gespalten werden könnte...
...Jeder Panzer könnte von einem Pfeil durchbohrt werden, der scharf genug von einem Bogen oder einer Armbrust abgeschossen wird, doch diese Waffen unterliegen gewissen Einschränkungen. Ich erwähnte bereits wieviel Training erforderlich ist, um Bogen und Pfeil effektiv benutzen zu können...."

Auch ist das Herz nicht so leicht zu erreichen, wie immer geglaubt wurde. Die Rippen schützen die Organe des Brustkorbes gut, und eine Klinge, die nicht an ihnen abgleitet sollte mindestens 8-12 cm lang sein, um das Herz zu erreichen und das Leben des Gegners schnell zu beenden, und ihm nicht auch noch Gegenwehr zu erlauben, die in den Augenblicken des Sterbens heftiger sein kann als gedacht...
Am ungeschütztesten ist auch in Rüstungen immer noch der Hals- und Nackenbereich, eventuell auch das Gesicht. Mit einer Hiebwaffe kann man immer noch den Schädel zertrümmern, Knochen brechen oder die Rüstung unangenehm eindellen.
So versteht es sich von selber, warum die Henker ihre Schwerter und Beile mit aller Sorgfalt pflegten, um ja nicht zum Schlächter zu werden.
Übrigens sind die wenigsten Menschen, wenn sie bewußtlos geschlagen wurden, kurz nach ihrem Erwachen schon wieder voll einsatzfähig. Selbst die mit einer leichten oder ansatzweisen Gehirnerschütterung leiden oft Stunden, Tage oder Wochen danach an der Wirkung von denen Schwindel und Übelkeit nur die geringsten sind. Ein schwerer Schlag gegen den Kopf hat schon manchen zum lallenden Idioten gemacht oder gelähmt...
Das "Beschädigen von Menschen" ist also zum einen gar nicht so leicht wie immer wie vermutet, und wenn man Pech hat, mit schweren Nachwirkungen verbunden...

Quellen und Zitate:

"Pfusch und Schlamperei in der Fantasy" - ein Artikel von Poul Anderson in der Collection "Das Tor der fliegenden Messer" (H 4326, 1986).

Christel Scheja
1990/91/96
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Lomax am 01. Januar 1970, 01:00:00
ZitatIch mache mal gleich den Anfang: ich bin für Realismus, aber nur, wenn er der Geschichte dient, nicht umgekehrt.

Nun, ich bin eigentlich immer sehr für Realismus, und das nicht nur, wenn er der Geschichte dient. Im Zweifel muss sich die Geschichte dem Realismus unterordnen, und wenn ich etwas habe, das gut für die Geschichte wäre, aber Unrealistisch, würde ich trotzdem sagen, dass ich es nicht einfach nehmen kann - vielmehr müsste ich dann den Hintergrund anpassen und vieles andere, damit die gewünschte Wendung oder eine Ähnliche realistisch WIRD. Denn ich glaube, dass etwas, was der Geschichte dient, sie letztlich doch kaputt macht, wenn jeder darüber stolpert, dass es an den Haaren herbeigezogen ist. Oder sie entwertet die Geschichte zumindest, wenn ICH weiß, dass ich Blödsinn geschrieben habe.

Zum Realismus zählen bei mir nicht unbedingt nur Naturgesetze, sondern vor allem auch gesellschaftliche Verhältnisse. Als Historiker weiß ich, dass die meisten Gegebenheiten des menschlichen Miteinanders sich nicht zufällig entwickelt haben, sondern auf handfesten ökonomischen Zwängen beruhen. Ich hätte Probleme, eine Welt zu beschreiben, die von allen materiellen Gegebenheiten her mittelalterlich ist, aber trotzdem beispielsweise "moderne" gesellschaftliche Züge aufweist. Ich würde mich immer fragen: Woher kommt das? Und wenn es nicht aus der Welt erklärbar ist, muss ich die Welt entsprechend ändern.

Aber natürlich gibt es nie eine 1:1 Beziehung zwischen materieller und kultureller Umwelt. Ein und dieselben Voraussetzungen können trotzdem unterschiedliche Kulturen tragen, und so hat man viel Raum zum experimentieren, ohne das es gleich unrealistisch wird.

Außerdem konnte ich schon beim Rollenspiel feststellen, wie viele verschiedene Vorstellungen von "Realismus" es gibt. Viele Leser sagen "Unrealistisch" und meinen dabei nur, dass sie es sich anders vorstellen bzw. es so noch nie erlebt haben. Aber natürlich soll gute Literatur dem Leser auch etwas Neues bieten und den Erfahrungshorizont erweitern, und so wäre es falsch, umstrittene Punkte zu vermeiden, nur weil jemand es für Unrealistisch halten könnte.

Praktisches Beispiel: In einer Kurzgeschichte agieren die Protagonisten in einer verschneiten und nebligen Landschaft. Nun haben mir schon einige Leute zu erklären versucht, dass Schnee und Nebel nicht zusammen passen, zum Teil mit sehr ausgefeilten metereologischen Ansätzen. Nur leider basiert die Geschichte auf Erfahrung, und ich habe bei der Bundeswehr selbst während einiger Wachen im Schnee gestanden und konnte die Hand vor Augen nicht sehen wegen des Nebels. Und so kann ich den Kritikern sagen: Lest und lernt, wenn ihr schon nicht oft genug draußen seid, um selbst zu erleben. Die Wirklichkeit lässt sich nicht wegdiskutieren und stimmt nicht unbedingt mit dem überein, was nur logisch KLINGT.

Also, in diesem Spannungsfeld geht die Frage nach dem Realismus in Geschichten mitunter schon über einfach ja/nein-Antworten hinaus. Auch Magie ist nicht unbedingt ein Widerspruch zum Realismus, wenn die Magie selbst wiederum Gesetzen und einer inneren Logik unterliegt.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Shaevairc am 01. Januar 1970, 01:00:00
@Arielen:
Hm, ich hab jetzt leider nicht alles genauestens durchgelesen, vielmehr das meiste überflogen, aber den Begriff "Fantasy" konnte ich nur in der Einleitung entdecken. Wenn ich eine Geschichte schreiben würde, die im Mittelalter spielt, fände ich es natürlich wichtig, all diese Dinge zu beachten. Aber es muss doch nicht alles Fantasy Mittelalter sein, oder? (Wobei das mal eine sehr interessante Frage wäre, über die man bestimmt nett diskutieren könnte...)
Vielleicht war es ja nicht so gemeint von dir, aber es hört sich irgendwie so an, als würdest du Mittelalter mit Fantasy gleichsetzen.

Was allgemein Realismus in Fantasy angeht: Meiner Meinung nach ist alles erlaubt, solange man es plausibel erklären kann. Warum nicht mit einem Hieb den Kopf des Gegners abhauen, wenn das Schwert aus einem speziellen, unzerbrechlichen Stoff ist.
Warum nicht jemanden innerhalb von Sekunden vergiften, wenn es auf dieser Welt eben eine Pflanze gibt, die so giftig ist.
Tut mir leid, Arielen, dass ich jetzt grad deine Beispiele hernehme, aber ich bin leider zu k.o. um mir selber was einfallen zu lassen.
Was ich sehr ansprechend in dieser Hinsicht finde, sind Mercedes Lackeys Bücher, speziell die "Mage Winds" und "Mage Storms" und die Alberich-Duologie. Hier spielen nicht nur die Magier eine tragende Rolle, nein, es werden auch schon erste technische Fortschritte gemacht. So wird zum Beispiel eine Dampfmaschine gebaut (glaub ich) und es wird zum Beispiel auch erklärt, wie man Spiegel herstellt.
Falls der Beitrag etwas konfus war, entschuldige ich mich. Ich habe leider (nein, Gott sei Dank!) ein schönes, langes Wochenende hinter mir.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 01. Januar 1970, 01:00:00
Der Artikel (und auch Poul Andersons Essay) reizen immer wieder zu Streit und Diskussionen. Im Prinzip habe ich mich auch nicht immer an besonders viel aus diesem Artikel gehalten, aber manchmal war er doch rexht Hilfreich, um eine Szene lustiger zu gestalten oder stimmungsvoller. Als das sehe ich ihn mittlerweile auch - einfach als Anregung und Ideenquelle.

KLar, Mercedes Lackey und Co. haben sich mittlerweile auch angewöhnt ein schönes Mittelmaß zwischen Realismus und Fantasy zu finden, aber das gefällt mir auch an ihren büchern - sonst hätte ich davon nicht so viel.

Letztendlich bin ich auch dafür, daß alles möglich sein sollte, solange  es nur stimmig ist, begründbar, sinnvoll und in die Handlung passend...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Realismus muss einfach sein. anders geht es nicht.
Ich musste zum beispiel meine ganzen Völker miteinander kreuzen, um neue Völker entsehen zu lassen... da das aber in grauer Vorzeit war, konnte ich beruhigt eine elfe mit einem Menschen kreuzen , ohne einen Dämon herauszubekommen... die Völker haben sich zu sehr ausenanderentwickelt, als dass das Ergebnis noch zu dem ersten nachfahrenergebnis zählen könnte.
Anders gesagt: Menschen stammen von den Elfen ab, Dämonen sind die Nachfahren früher Mischlinge der beiden.
Da waren Elfen und menschen genetisch noch so eng miteinander verbunden, dass es zu einer erneuten Mutation [....] führte und die Dämonen entstanden. Aber zur Zeit von rinyl haben sich Menschen und elfen so extrem weit voneinander entfernt, dass man Rinyl getrost als Halbelf bezeichnen kann - und nciht als Dämon.
Bei vyren, halb elf, halb Dämon sieht das dann andeers aus. Die Mischung reagiert ein wenig seltsam aufeinander... im späteren Verlauf der Geschichte bekommt Vyren durch seine Abstammung leicht vampirische Züge. Ich erkläre also einige spezielle körperliche eigenschaften mittels Vererbung und Mutation(gut, dass ich bei Genetik aufgepasst hab).
Außerdem ist Vyren Giftmischer, der auch noch Aphrodisiaka und Medikamente herstellt - ich hab ziemlich viele bücher durchgewälzt, um ein paar Rezepte zu finden, die ich andeutungsweise reinschreiben konnte. Kann ja Belladonnaextrakt schlecht in hoher Dosis in ein Aufputschmittel kippen. Am ende glaubt mir ein Leser das, mixt es nach... und ist tot.
Und ich halte es genauso mit den monden wie viele hier: einer. Man weiß ja nicht, was mehrere monde für auswirkungen auf die Naturgesetze hätten... und ich bin in Astronomie zu schlecht/uninteressiert um mir darüber den Kopf zu zerbrechen.
teilweise kann Realismus einem also auch die Arbeit erleichtern... wenn man keine Lust hat, die realen Naturbedingungen derart zu verändern, dass man grübeln muss, welche auswirkungen das auf die naturgesetze hat.

immerhin hat mein Biolehrer beigebracht: Evulotion=Massemmutation, bei der sich die vorteilhaften Mutationen vererben)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: TheaEvanda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Tja, das kommt passend - ich habe gerade einen Artikel zum Thema Pfeil und Bogen im Rollenspiel hinter mir, und der Beitrag passt genauso auf die Fantasy (Schleichwerbung mach...).
http://www.alveran.org/index.php?pageID=458

(Edit: Dieses Teil treibt mich in den Wahnsinn. Statt Harry Potter sollte da ein .php, ein Fragezeichen und danach die PageID=458 stehen. Ich komme dem Rechner da nicht bei.)

Grundsaetzlich bin ich absolut fuer Realismus in einem jeden Werk - die Handlungen der Charaktere und die Gesellschaft in der sie leben brauchen gute Bodenhaftung, sonst ist die Geschichte unlogisch.
Das heisst nicht, dass Magie nicht moeglich sein sollte - nur muss auch sie in irgendwelche Regeln zu fassen sein, die in der Geschichte passende Konsequenzen haben.

Wirklich peinlich ist es aber, wenn man Logik-Fehler mit einem klitzekleinen bisschen Recherche ausmerzen koennte und es nicht tut.
Eines der prominentesten Beispiele ist LotR: In Moria benutzt Legolas seien Bogen als Nahkampfwaffe, spannt ihn dann und erschiesst drei Gegner gleichzeitig mit drei Pfeilen auf kuerzeste Distanz. (entschuldigt, wenn Details falsch sind, ich habe die Filme jeweils nur ein Mal gesehen).
Ganz abgesehen davon, dass man einen Bogen nicht als Kampfstab benutzt, wenn man ihn laenger als zwei Tage behalten will, haben Pfeil und Bogen eine durchaus bekannte Unterreichweite. Ein Pfeil wird durch den Bogen so stark beschleunigt, dass er ein paar Meter in der Luft herumeiert, bevor er sich stabilisiert und zu einer ernstzunehmenden Waffe wird.
Von drei Pfeilen gleichzeitig, die auch noch gezielt geschossen werden, reden wir mal gar nicht. Zwei - in Ordnung, das geht. Das habe ich auch schon mal gemacht. Aber Drei? Das ist herumspritzendes Holz.

Latuernich bin ich als Historiker etwas vorgeschaedigt.

Eines der "neueren" Werke zum Thema ist auch Diane Wynne Jones' "The Tough Guide To Fantasyland" - einfach nur empfehlenswert. Unter anderem mit einem Eintrag, warum die Wirtschaft von Fantasyland alle zwei Jahre zusammenbricht.


Wobei mir gerade (5 Stunden spaeter) einfaellt, dass man auch im Mittelalter gute "Schwerter" bekommen hat: Ferrara Stahl. Aber bezahlbar war der natuerlich nicht, und diese Klingen Einsatzbereit zu machen war auch recht schwierig, da Klingen aus Ferrara als Qualitaetsmerkmal zu  Ringen verbogen ausgeliefert wurden.
Ich frage mich nur, wie man dann die edle Waffe aus ihrem Kreisbogen geholt hat, ohne sich zu verletzen...

Damaszenerklingen als mehrfach gefaltetem Eisen und Stahl waren auch erhaeltlich, vor allem zur Zeit der Kreuzzuege, aber zu horrenden Preisen. Und Kreuzzugs-Mittelalter ist ja meist das Ambiente, in dem die "mittelaterlichen" Fantasyromane spielen.


Schoene Gruesse,

Thea

Yokohama, Japan

Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
Auch auf die Gefahr, jetzt ein scharfes Einatmen und böse Blicke der Mittintenzirkler auf mich zu ziehen, aber ich spreche mich gegen den reinen puren Realismus in der Fantasy aus.
Warum?
In allererster Linie: weil dann viele Szenen dann erst gar nicht hätten geschrieben werden können. Hat sich jemand von Ihnen mal den Gag erlaubt und in einer echten Ritterrüstung  mit einem echten Schwert versucht, einen Schwertkampf auszufechten? Und das über die weltberühmten 20 - 30 Minuten Schlachten?
Ich selber zwar nicht, aber ich hatte das Vergnügen, mit jemanden zu sprechen, der dieses regelrecht als Sport betreibt. Und derjenige war ein Bär von einem Mann. Und selbst er sagt, das diese Aktion so dermaßen kräftezehrend ist, das man meist nach 10 Minuten, manchmal schon früher, eine Pause einlegen muß.
Aber davon abgesehen: würde man nur den reinen Realismus sehen, ich müßte diverse meiner Ideen streichen.
So hatte ich einen Fluß in meiner Welt, der eine genau ausbalanciertes Dichte hatte. Und wenn irgendetwas dazu kamm (z.B. jemand einen Stein hineinwarf), so schwappte das Wasser nicht nach links und rechts und näßte den Boden. Nein, vielmehr sprang das verdrängte Wasser nach oben, schoß wieder nach unten, wodurch durch diese Bewegung erneut ein (größerer) Wasserbogen nach oben schoß, sich zu allem Überfluß auch noch den Fluß langbewegte und es so zu einer Flutwelle größeren Ausmaßes kam.
Unrealistisch vs. fantasievoll?
Verstehen Sie mich nicht falsch: ich will dem Realen nichts absprechen; es hat genauso seine Daseinsberechtigung , und sie sollte selbstverständlich ihren Platz finden (wenn jemand eine Schwertspitze in den Rücken bekommt, dann macht es nun mal Aua, zumindest bei nichtdämonischen Wesen), aber für mich wäre es Schmarrn zu sagen: "Scheißidee, da unrealistisch!"

Oder würden Sie sich hinstellen und sagen: "Wie jetzt, Feuertraum hatte eine Idee, das der Teufel einen Schnupfen bekommt und das Höllenfeuer ausniest? Diese Story würde ich nie lesen wollen, da sowas ja nicht realistisch ist."

Realistische Grüße

Feuertraum
(ebenfalls real!)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
Gute Idee... darf ich das mal verwenden, das mit dem Teufel, der Schnupfen hat? *sich kaputtlach*

Zum Realismus gehört aber wohl auch, dass die Figuren ihrer Persönlichkeit entsprechend handeln... und vielleicht auch geistig reifen. Oder??? Ich meine, das ist mindestens ebenso wichtig wie eine halbwegs realistische Hintergrundwelt.

Warum halbwegs? Fantasy ist nicht ganz realistisch, weil es Magie beinhaltet. Da is ein Teil des Realismus weg, da kann man machen was man will. Etwas ist nicht mehr so rational wie bei unserer "normalen" Welt.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Lastalda am 01. Januar 1970, 01:00:00
Ich denke, es gibt einen signifikanten Unterschied zwischen "realistisch" und "real". Eine Fantasywelt ist nicht real (bzw. muss es nicht sein, es gibt ja auch historische Fantasy). Sie kann völlig anderen Gesetzen folgen als unsere. Aber sie sollte Gesetzmäßigkeiten haben. Sie muss nicht im Vergleich zu unserer Welt logisch sein, nur in sich selbst.
Bäume dürfen laufen und Fische fliegen können. Nur sollten sie einen verdammt guten Grund dafür haben, schließlich ist Evolution nicht willkürlich sondern folgt Gesetzen (die man ändern kann, aber man sollte sich der Konsequenzen bewusst sein).

Das ist für mich realistisch, und das finde ich richtig und wichtig.

Lastalda
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Realismus im Bezug auf die Entwicklung einer Fantasywelt ist etwas gänzlich anderes, als Realität und auch eine Fantasywelt ist ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten unterworfen (so abstrakt diese auch sein können). Auch die Scheibenwelt, so grotesk sie auch ist, hat Regeln, an die sich die Bewohner halten müssen.
Das verstehe ich unter Realismus in der Fantasy.

LG
Moni
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Feuertraum am 01. Januar 1970, 01:00:00
@ Frau Bindig!

Ich weiß, ich mache mich unbeliebt, aber ich bitte Sie, diese Idee nicht zu verwenden, weil sie eigentlich die Grundidee für eine Geschichte ist, die ich noch schreiben will.

Aber wir wollen am morgigen Mittwoch wieder Brainstorming machen; vielleicht finden wir ja Ideen, die Sie verwenden können!?

Gruß

Feuertraum
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Januar 1970, 01:00:00
@Feuertraum: Ich hab nur gefragt und es ist das gute Recht eines jeden Autoren, einen anderen zu bitten, Ideen nicht zu verwenden. Deswegen macht sich niemand unbelibt. Aber die Geschichte will ich lesen. (Und bitte, ich hasse es, von Menschen, mit denen ich viel rede, gesiezt zu werden - ich fühl mich so alt)


Realismus liegt auch in ganz und gar grundsätzlichen Dingen.
Ich kann meine Leute nicht in einen fast vollkommen dunklen Raum schicken, wo jemand anderes ist, den man nur hört, aber nicht sieht und dann schreiben: "Er schüttelte den Kopf."
Ich mein, ich bin allwissender Erzähler, aber trotzdem halt ich mich ein wenig an Rinyls und Vyrens Sicht und in dem Augenblick sehen sie ja nix - schon gar nicht, wie jemand den Kopf schüttelt. So gute augen haben nicht einmal meine Elfen.

Oder jemand hat gerade so eine Folterung(hach! SCHÖN!) überlebt und rennt im nächsten Moment wie ein Hase. Wenn es sich nicht gerade um Vyren(der hat mit solchen Sachen weniger Probleme, weil sein Körper sehr schnell heilt) handelt is das ein bisschen blöde...

Fakt: auch bei körperlichen Fähigkeiten am Realen halten - zumindest, solange man bei der Charaktererschaffung nicht entsprechende Fähigkeiten dazuschreibt(wie schnell heilende Körper oder Scheinwerferaugen)


Oder andere Sache: Maja hat das im Vorwort zu den Traumsequenzen angesprochen, nähmlich den Punkt "Aufwachen". In dem Fall würd ic mich gegen den Realismus entscheiden und meine Figuren so richtig schön aus ihrem Alptraum hochfahren lassen(vielleicht noch jemand anderes wecken...) - das ist irgendwie ein besserer Effekt, als wenn er da nach einem extrem üblen Traum so ruhig daliegt. Ganz davon abgesehen, dass es durchaus Leute gibt die auf diese Weise bei Alpträumen aufwachen - das sind die Menschen, die von Natur aus einen leichten Schlaf haben. So weit hergeholt is das also nicht.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 16. Mai 2006, 06:46:49
Zitat von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Realismus im Bezug auf die Entwicklung einer Fantasywelt ist etwas gänzlich anderes, als Realität und auch eine Fantasywelt ist ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten unterworfen (so abstrakt diese auch sein können). Auch die Scheibenwelt, so grotesk sie auch ist, hat Regeln, an die sich die Bewohner halten müssen.
Das verstehe ich unter Realismus in der Fantasy.

Um den Thread mal hoch zu holen und vor allem um dir zuzustimmen. Ich denke, das ist auch das wichtigste. Wenn man eine Gesetzmäßigkeit in seiner Welt einführt, so muß man sich auch an diese halten - z. B. nur begrentzt befahrbare Meere, weil zwei oder mehr Monde die Gezeiten gehörig durcheinander bringen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Steffi am 16. Mai 2006, 08:27:42
Ich bin ein großer Anhänger des Realismus in der Fantasy. Vor allem bei der Fantasy. Da man den Leser ja in eine ihm völlig unbekannte Welt entführt in der alles möglich sein scheint ist es wichtig, Grenzen einzuführen und Gesetzmäßigkeiten, und dem Leser die Möglichkeit zu geben, sich an ihm Vertrautem entlangzuhangeln. (Rowling macht das in den Harry Potter Büchern ganz großartig.)

Wenn man sich dann entscheidet, mittelalterlich angehauchte Fantasy zu schreiben finde ich es schon wichtig, sich zumindest ein wenig darüber zu informieren was denn damals war. Oder sich zumindest an geographische Sachen zu halten - ein kalter Ort wird kaum Zitronenfrüchte hervorbringen (hoffe ich. ;)  )

Ich lese für meine Geschichte ständig über mittelalterliche Kleidung, Medizin, Dörfer, Flora und Fauna etc. nach. Ich halte mich nicht an alle Fakten, aber ich find es gut sie ihm Kopf zu haben und zu wissen, wann ich wo etwas schreibe, dass es im Mittelalter nicht gab, um dann dazu eventuell eine Erklärung abzuliefern.

(Jetzt muss ich aber dazu sagen, dass mich so was schon immer fasziniert hat, vor allem das Alltagsleben in verschiedenen Epochen/Jahrhunderten ;)  )
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 16. Mai 2006, 10:43:17
Zitat von: Steffi am 16. Mai 2006, 08:27:42
Ich lese für meine Geschichte ständig über mittelalterliche Kleidung, Medizin, Dörfer, Flora und Fauna etc. nach. Ich halte mich nicht an alle Fakten, aber ich find es gut sie ihm Kopf zu haben und zu wissen, wann ich wo etwas schreibe, dass es im Mittelalter nicht gab, um dann dazu eventuell eine Erklärung abzuliefern.

(Jetzt muss ich aber dazu sagen, dass mich so was schon immer fasziniert hat, vor allem das Alltagsleben in verschiedenen Epochen/Jahrhunderten ;)  )


Geht mir genauso! Prima, noch einer der es so hält wie ich :-)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 16. Mai 2006, 13:48:28
Realismus in der Fanatsy.
Ein Paradoxon das bei mir nicht Widerstand, aber ein leichtes Schmunzeln hervor ruft.

Sicher, zuviele Willkürlichkeiten verderben jede gescheite Geschichte. Man kann tatsächlich nicht alles möglich machen. Aber eine gewisse Prise des Unmöglichen würzt die Gescichte ungemein- meine Meinung.

Ich liebe sogar Geschichten, in denen ich mich von der Realität völlig entzogen fühle und mir keine Gedanken machen brauche, ob das so geht.
Nehme ich einen Thriller zur Hand, der dazu noch in unserer Zeit spielt, sieht das für mich anders aus.
Nehmen wir mal Dan Brwons "Da Vinci Code". Während ich das Buch gelesen habe, habe ich selbst die Aussagen über die Zahl Pi nachgeschlagen. Habe stundenlang Leonardi da Vincis letztes Abendmahl betrachtet und versucht, alles so nachzuvollziehen, wie es der Autor wieder gegeben hat.

Nehme ich ein Buch in die Hand, das z.B. die Chronik der Drachenlanze heißt, entzieht sich mir jeglicher Sinn danach, nach realistischen Hintergründen zu suchen. Es ist nun einmal Fantasy, es regt meine Phantasie an, nicht meinen wissenschaftlichen Verstand.
Als CTA habe ich damit täglich genug zu tun.

Aber sicher, als ich meine Welt erschuf, habe ich vor allem bei der Magie versucht, diese auf eine Quelle zurück zu führen. Dadruch, das die Welt von Gottheiten erschaffen, von Engeln gestalltet und von einem Baum beherrscht wird, konnte ich logische Schlüsse darauf zurück führen. Dennoch bleibt durch diesen Hintergrund noch einiges an Handlungsfreiheit.
Jemand der seine Welt auf Evolutionären Hintergründen aufbaut und versucht, sie an unsere Welt anzupassen, was mittelalterliches Flair angeht, ist dann natürlich eingeschränkt- was aber nciht heißt, das diese Einschränkungen negativ sind, auch Geschichten die auf solch realitätsnahen Verhältnissen sind sehr reizend, wenn der Plot dann noch fesselnd ist.

Aber es ist Geschmackssache, ob jemand nun historisch angehauchte Romane lesen möchte, die noch einen Hauch vom Außergewöhnlichen vermitteln, oder sich lieber auf eine Reise fern ab der Logk begibt und somit dem Geist mal ein paar Stunden Auszeit gönnt. Die Erwartung an eine Geschichte ist dann doch meist ausschlaggebend, wie sie auf einen wirkt.

Na ja,aber Selbtverständlichkeiten, die hier angesprochen wurden, wie Dinge die man nicht sehen kann, dann doch zu beschreiben etc. gehört ja nicht eher in die Welt und die Geschichte, sondern sind dann ein stilistisches Manko des Autors. Ich meine, da müsste man doch unterscheiden, ob der Autor es nicht vesteht eine Geschichte zu schreiben, oder ob die Welt an sich unschlüssig ist.

Gruß
Flafi
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Steffi am 16. Mai 2006, 13:48:38
@Arielen: Klasse! Ich dachte auch schon, ich stünde damit alleine da ;D
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 16. Mai 2006, 16:54:30
Mein Realismus geht immerhin weit genug, dass ich mein Wissen über Heil- und Giftpflanzen wieder abgestaubt habe... ich hätte Vyren nciht in sein Berufsbild packen sollen - wäre er kein Giftmischer, müsste ich nciht nachschlagen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 16. Mai 2006, 19:06:58
Zitat von: Manja_Bindig am 16. Mai 2006, 16:54:30
Mein Realismus geht immerhin weit genug, dass ich mein Wissen über Heil- und Giftpflanzen wieder abgestaubt habe... ich hätte Vyren nciht in sein Berufsbild packen sollen - wäre er kein Giftmischer, müsste ich nciht nachschlagen.

Na ja, solche Bücher inspirieren dann aber auch und machen das Thema glaubwürdiger. Und so sehe ich auch den Artikel von damals. Die Realität kann inspirieren, aber sie muß nicht auf die Fantasy 1:1 übertragen werden. In sich gesehen sollte die Welt weitestgehend stimig sein, sonst fällt das irgendwann auf. Finde ich zumindest.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 17. Mai 2006, 15:08:54
Jepp... ich meine, wen kümmerts, ob schwefel und belladonnasaft miteinander nicht doch etwas ungiftiges ergeben(bei mir ist es gift - aber weiß mans?) ich hab eine reale Grundlage, die ich nach Gutdünken ausbauen kann.
Punktum
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Jules am 17. Mai 2006, 16:03:41
Naja, also Schwefel und Belladonna sind ja reale Stoffe aus unserer Welt und solange er nicht irgendwelche Beschwörungsformeln dabei murmelt, sollten ihre Reaktionen schon so sein, wie in Wirklichkeit oder? 
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 17. Mai 2006, 17:54:21
Zitat von: Jules am 17. Mai 2006, 16:03:41
Naja, also Schwefel und Belladonna sind ja reale Stoffe aus unserer Welt und solange er nicht irgendwelche Beschwörungsformeln dabei murmelt, sollten ihre Reaktionen schon so sein, wie in Wirklichkeit oder? 
Sehe ich auch so. Wie gesagt, man kann vieles verbiegen, besonders durch den Einsatz von Magie, aber bestimmte Naturgesetze sollte man dann doch eher belassen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 17. Mai 2006, 18:13:13
Vyren ist Giftmischer, kein Hexer(Hexer sind bei mir die, die magische Tränke brauen... *da fein unterteilt*).

Und ich hab keine ahnung wie Schwefel und Belladonna miteinander reagieren. Also muss ich raten... und kann sein, dass ich da falsch liege, aber weder hab ich eine Quelle, wo ich es nachprüfen kann(und die ich verstehe) noch wird ein Leser das machen.

Mal ganz davon abgesehen - hat das schonmal wer versucht?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Linda am 17. Mai 2006, 20:15:50
Zitat von: Manja_Bindig am 17. Mai 2006, 18:13:13
Mal ganz davon abgesehen - hat das schonmal wer versucht?

  :wache!: von Selbstversuchen mit Belladonna oder Schwefel rate ich abzusehen!  :wache!:

:rofl:

Gruß,

Linda
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 17. Mai 2006, 21:33:17
Schwefel würde die Antagonistische Wirkung des Atropin (Wirkstoff der Tollkirsche aka Belladonna) aufheben.
Nun kommt es aber noch auf die Zusammensetzung an. In welchen Verhältnissen man es mischt, beide Wirkstoffe weisen eine hohe Toxizität auf.

Wenn man Atropin einnimmt, wirkt es als starkes Nervengift, da es sich an die Rezeptoren der Nerven ansetzt, der Schwefel würde die "Andockstellen" des Gifts aufheben.

Also würde im Grunde nicht viel passieren. Das Problem ist halt, dass man Schwefel selten in reiner Form erhällt, und so Nebenprodukte entstehen können. Schwefelwasserstoff geht mit Kohlenwasserstoffverbindungen Verbindungen ein, bei denen z.B. Wasserstoff frei wird und Kohlenmonoxid. Eine Vergiftung durch diese Gase wäre nicht auszuschließen.

Gruß
Flafi
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Steffi am 17. Mai 2006, 22:17:30
Zitat von: Manja_Bindig am 17. Mai 2006, 18:13:13
Vyren ist Giftmischer, kein Hexer(Hexer sind bei mir die, die magische Tränke brauen... *da fein unterteilt*).

Und ich hab keine ahnung wie Schwefel und Belladonna miteinander reagieren. Also muss ich raten... und kann sein, dass ich da falsch liege, aber weder hab ich eine Quelle, wo ich es nachprüfen kann(und die ich verstehe) noch wird ein Leser das machen.



Vertu dich da nicht, Leute die Ahnung von Biologie haben werden darüber stolpern. Vielleicht würde sogar ichdarüber stolpern, einfach weil es diese Pflanzen in der realen Welt auch gibt und ich mich zwangsläufig fragen würde, ob das wohl der Wahrheit entspricht (und eventuell rumforsche. Denn ich bin jemand, der Sachen gerne überprüft und ich stehe damit bestimmt nicht alleine da). Dann doch lieber Pflanzen erfinden oder auf ein ganz anderes Gift umsteigen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 17. Mai 2006, 22:20:52
Da nur zustimmen kann, ich als Chemiker musste des doch gleich mal nachschauen, das Gift würde den Hersteller eher mehr schaden als dem, der es einnimmt ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Geli am 18. Mai 2006, 08:51:11
@Flafi

das merke ich mir mal, dass Du  Chemiker bist.
Darf ich Dir eventuell ein paar Fragen stellen?
Wenns nicht zu sehr aus-ufert?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 18. Mai 2006, 10:25:44
Klar! Frag ruhig, alles was ma dan doch net geläufig ist, weiß ich wo ich nachschlagen kann :)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. Mai 2006, 10:36:14
Schwefel und Antropin heben sich in der Wirkung auf?

Oh... Sch... *schnell ihr Schreibzeug vorkramt und das ändert*
Ihr habt mir eben den Hals gerettet. Danke.
Flafi, ab sofotr bist du meine Quelle Nr. 1 ... wie sieht es zum beispiel mit Tollkirsche in Kombination mit Eibe aus?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 18. Mai 2006, 11:14:38
Halt, also Schwefel würde die Wirkung des Atropin aufheben, nicht umgekehrt ;)

Puh, Atropin aus der Tollkirsche und Taxin aus der Eibe sind beides an den Rezeptoren wirkende Gifte.
Also ich hab ma nu nicht hingesetzt und mal ne Reaktion versucht *g* Aber da in den Pflanzen oft mehrere Wirkstoffe nebeneinander vorliegen, wie zum Beispiel bei der Eibe Taxin und Ephedrin, wirken die beiden Gifte wohl zusammen.
Also ich sags mal so. Bringe keine Organischen Verbindungen (hier Aromate) mit Halogenen zusammen, die entstehenden Nebenprodukte können noch gefährlicher sein, es passiert vieleicht gar nicht, oder alles hebt sich auf.
Verschiedene Alkaloide und Antagonisten könen durchaus ihre Wirkungen nebeneinander entfachen.

Aber Achtung, wenn du schon soweit recherchierst, denke daran, dass diese Wirkstoffe durchaus in der Medizin eingesetzt werden.
Atropin wirkt gegen Nervenkampfstoffe und bei Herzleiden.
Taxin ist ein gutes Abführmittel und hilft bei Hepatitis. Oder war das jetzt umgekehrt? Öhm... ich bin kein Biologe *g*

Aber wir weichen vom Thema ab :)

Gruß
Flafi
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 18. Mai 2006, 15:18:11
Bei den Mengen schau ich schon... es ist nur so: "Oh, das wirkt in dieserMenge als Gift - und das auch. Gut, zusammen sind die auch noch giftiger." Man merkt... ich hab Chemie gehasst bis aufs Letzte... *schief grins*
Aber die Dosis macht das Gift... an diesen Spruch habe ich mich immer gehalten.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Geli am 19. Mai 2006, 08:36:33
ich misch mich mal kurz ein:

Atropin macht das Herz-Kreislaufsystem kaputt und zwar relativ fix.
Krämpfe und so.

Taxin killt den Uro-Genitaltrakt. Also grob gesagt Nierenversagen bis
Abtreibung mit Todesfolge.

Willst Du Dein Opfer schnell unter die Erde bringen, nimmst Du 1.
Dein Vorgehen fällt aber auf.

Hast Du etwas länger Zeit, nimmst Du 2.
Dann kannst Du unter Umständen beruhigt Deiner Wege gehen,
weil die Vergilftung nicht sofortlbemerkt wird.
Hast aber das Risiko, dass das Opfer vielleicht noch Tage Zeit hat,
Dich anzuklagen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 19. Mai 2006, 10:03:15
Das macht doch nichts! Das ist doch ein schönes Beispiel für Realismus in der Fantasy finde ich!
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 19. Mai 2006, 20:28:46
Geli, du bist ein Schatz. ^^ ... habt ihr das aus eurem besten Buch der Welt?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Jules am 20. Mai 2006, 18:28:31
Ich bekomme Angst vor meinem Chemiegrundkurs nächstes Jahr...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 22. Mai 2006, 21:59:34
Ts,ts, wieso denn das?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Geli am 23. Mai 2006, 07:56:24
Zum Thema Gift und Wirkung gibt so noch andere feine Bücher, als das von Manja erwähnte Hexenrezeptbuch.

Ich empfehle hier immer wieder gerne die "Giftliste".
Das ist ein Loseblattwerk, bzw. es existiert mittlerweile auch als CDROM
aus dem ecomed-Verlag. Jede wissenschaftliche Bibliothek hat es.
Es enthält die ganze Bandbreite der Chemie und auch alle Pflanzen mit Bild.
Aber Vorsicht!
Nichts für empfindliche Gemüter.
Man kriegt auch erstklassige Bilder von realen Unfällen zu sehen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 23. Mai 2006, 09:49:28
Das ist sehr schön. Sehr, sehr schön.

Ach ja - noch ein Beispiel für Realismus in der Fantasy, das wir bei Geli besprochen haben - wie bastel ich einem meschenartigen Wesen Flügel an?

1) An den schulterblättern, da ist Platz.
2) Eine spannweite von vielleicht... 6 Metern wäre ganz günstig...
3) Längere Beine, Stärkere Brustmuskulatur, Leichtbauweise bei den Knochen...

da ich aber noch das Problem hab, dass meine Flügelwesen ihre Flügel einziehen können(die quasi verschwinden wie bei "Angel Sanctuary" - obwohl meine Flügel alles andere als reine Astralgestalten sind), bzw, MÜSSEN(sonst würden sie außerhalb des Flieges von ihren Flügeln ziemlich aufgehalten), brauchen sie natürlich auch noch einen größeren Raum im Rücken... und die Muskeln an der ÜBergangsstelle müssen auch mitspielen...

und irgendwann, wenn es wirklich zu viel ist, ist man froh, einen FANTASY-Roman zu schreiben. Bei manchen Dingen geht es halt so, wie man es haben will, eben streckenweise nur mit Fantasy. Ich bemüh mcih hier wirklich, meine Flügelwesen realistisch zu gestalten(Punkte 1 - 3), aber mehr geht halt nicht...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 23. Mai 2006, 10:26:30
Puh, ich weiß nicht. auch wenn die Flügel leicht sind, so nehmen sie doch raum ein, weil sie nicht so extrem eingefaltet werden können. auch wenn ein Hohlraum da ist, so mußte doch irgendwie ein Buckel da sein, oder sie laufen seltsam, weil ihre Wirbelsäume gebogen ist. Selbst wenn sie sich die Flügel um den Körper wickeln dürfte das auffallen.

Ich würde vermutlich auch eine magische Lösung vorziehen, Verwandlung/Miniaturisierung, die nur dadurch auffällt, daß sie vielleicht einen sehr kräftigen und harten Rücken haben und deshalb etwas steif gehen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 23. Mai 2006, 11:02:27
Was die Flügel betrifft, hab ich keinen Vorschlag.
Aber bei Vögeln ist es auch so, dass ja die erwähnten holen und dadruch leichten Knochen zwar ihren Teil zu beitragen, aber auch ein -gemessen gegenüber anderen Tieren, wie Säugern- zum Körperbau überproportionales Lungenvolumen. Was auch sein muss, denn die Lungen sind unbeweglich, dadurch kann mehr luft durch sie hindurchstöremen und in die Luftsäcke gelangen, was für Luftstrom und somit für Auftrieb sorgt, da es ihn leichter macht.

Aber wie es Arielen sagte, es ist fast gar nicht möglich, ohne magie die Flügel verschwinden zu lassen.
Wenn die Flügel so einklappbar wären, dass man sie im Rücken verschwinden lassen könnte -wozu dennoch größere Öffnungen von Nöten wären- würde dies die Muskulatur und den Knochenbau einschränken. Ich glaube es hat schon seinen Grund, warum es in der Natur derartige Phänomene nicht gibt ;)

Achso, Giftmischerei ist ja ganz nett und es gibt Bücher, die verschiedene Gifte aufzeigen. Da findest du aber auch Seiten im Internet. Aber dennoch muss man sich im klaren darüber sein, was passiert, wenn ich Stoff A mit Stoff B mische. Nicht immer kommt ein Gift dabei heraus und viele Gifte -wie oben genannt- sind in der richtigen Konzentration auch durchaus lebensrettende Substanzen ;)

Gruß
Flafi
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 23. Mai 2006, 11:23:49
Wie gesagt... zum Glück gibt es Fantasy, dort gibt es Magie und die kann einem weiterhelfen, wenn gar nix mehr geht.
Der steife Gang ist auf jeden Fall ne Variante... danke für den Tipp. (da die Geschichte sowohl Flügelwesen, als auch Menschen als Protagonisten hat, kann ich diese Unterschiede herrlich ausarbeiten.)

Jetzt wissen wir ja, warum die Christen ihre Engel als körperlos bezeichnen - Körperlose Wesen haben keine Masse und die Flügel sind eher schmückendes Beiwerk. so ein Astralleib wiegt ja nun wirklich nix...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 23. Mai 2006, 12:46:03
Noch zu den Flügeln: bei Visions of Escaflowne gibt es auch geflügelte Wesen, deren Flügel quasi bei Bedarf aus dem Rücken "rauswachsen" ... wird leider nicht genau erklärt, aber sieht optisch recht gelungen aus und hat den Vorteil, daß die Flügel im "eingezogenen" Zustand gar nicht behindern.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Flafi am 23. Mai 2006, 13:15:06
So ne Art Schnellmutation.
Naja, wäre ja das gleiche Phänomen wie bei einem Werwolf.
Na ja, andere Welt, andere Umstände. Andere Enzyme könnten als besondere Katalysatoren wirken, die den Prozess derartig beschleunigen. Was ich mir aber nicht ganz schmerzfrei vorstelle. Außer bestimmte, an den den Rezeptoren wirkende, körpereigene Drogen würden dann ausgeschüttet werden. Wie zum Beispiel Endorphine und Adrenalin.

Den Abbau des Gewebes und das Verschwinden der FLügel stellt aber dennoch ein Problem dar. In der Geschwinidkeit müsste das Material irgendwie verwertet werden, oder einfach abfallen, was aber bedeuten würde, dass diese Wesen unmengen an Nahrung aufnehmen müssten, damit Material zur Gewebeherstellung vorhanden ist.

Gruß
Flafi
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 23. Mai 2006, 17:27:01
@Moni: tja, so in Etwa dachte ich mir das - die Flügel werden eingezogen und dann in den Rücken unter die Muskelschicht gelegt.
Bleibt die Frage, wie ich das mit den Knochen(wir erinnern uns - 6 Meter Spannweite) mache. Schrumpfen lassen? Die Flügel dienen schließlich bei denen, die man als "Magier" bezeichnen kann auch als Ventil. Zaubern könen sie nur mit ausgefahrenen Flügeln.
Hackt man die Flügel ab, staut sich die magische Kraft - recht praktisch, wenn man bei denen Theologie studiert(wird dan in geistige Kraft umgewandelt, wenn es nciht rauskann - gut zum meditieren und dergleichen).
(allerdings wachsen die Flügel langsam nach, wenn man sie am Ansatz abschneidet.)
Und reißt man die Flügel mitsamt Knochen aus, wachsen sie nciht nach - dafür stirbt das Opfer langsam und qualvoll(die wunde verheilt zwar, aber die Schmerzen werden die nächsten zwei Jahre bleiben - solange dauerts)

Ich kann das Problem mit dem Einfahren also damit lösen, dass die Dinger an sich schon irgendwas magisches sind(was halt nur jeder von dem Volk hat).

...

Irgendwie bin ich wirklich froh, dass ich Fantasy schreibe...  :d'oh:
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Kalderon am 23. Mai 2006, 23:34:21
Ich will ganz ehrlich sein: ich finde, das ist alles zu viel des Guten. Fantasie wird heutzutage in den meisten Filmen wissenschaftlich "erklärt" (siehe: X-Men).

Es ist auch gut, wenn man sich darüber Gedanken macht, warum meine Kreatur jetzt fliegen kann oder warum sie es nicht kann, aber ich denke, zuviele Recherchen über Anatomie und so etwas bringen dem Leser auch nicht mehr Spaß beim Lesen.

Bei Filmen sage ich immer: "Es muss nicht realistisch sein, aber es muss realistisch aussehen." Dasselbe gilt meiner Meinung nach auch für ein Buch.

Um das ganze abzurunden noch ein Zitat aus meinem tollen Zitate-Register:
"Phantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt."
-   Albert Einstein
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 25. Mai 2006, 21:26:06
Zitat von: Kalderon am 23. Mai 2006, 23:34:21
Bei Filmen sage ich immer: "Es muss nicht realistisch sein, aber es muss realistisch aussehen." Dasselbe gilt meiner Meinung nach auch für ein Buch.

So ungefähr. Und in der SF ist das ja auch nicht anders. Da wird zwar eine Menge wissenschaftlich erklärt, aber die Wissenschaft selber ist dann doch eher ... Blabla
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Zealot am 30. Juni 2006, 18:22:27
Zitat von: Manja_Bindig am 23. Mai 2006, 17:27:01
@Moni: tja, so in Etwa dachte ich mir das - die Flügel werden eingezogen und dann in den Rücken unter die Muskelschicht gelegt.
Bleibt die Frage, wie ich das mit den Knochen(wir erinnern uns - 6 Meter Spannweite) mache. Schrumpfen lassen? Die Flügel dienen schließlich bei denen, die man als "Magier" bezeichnen kann auch als Ventil. Zaubern könen sie nur mit ausgefahrenen Flügeln.
Hackt man die Flügel ab, staut sich die magische Kraft - recht praktisch, wenn man bei denen Theologie studiert(wird dan in geistige Kraft umgewandelt, wenn es nciht rauskann - gut zum meditieren und dergleichen).
(allerdings wachsen die Flügel langsam nach, wenn man sie am Ansatz abschneidet.)
Und reißt man die Flügel mitsamt Knochen aus, wachsen sie nciht nach - dafür stirbt das Opfer langsam und qualvoll(die wunde verheilt zwar, aber die Schmerzen werden die nächsten zwei Jahre bleiben - solange dauerts)

Ich kann das Problem mit dem Einfahren also damit lösen, dass die Dinger an sich schon irgendwas magisches sind(was halt nur jeder von dem Volk hat).

...

Irgendwie bin ich wirklich froh, dass ich Fantasy schreibe...  :d'oh:

Die Knochen könnten doch so klein sein, das man sie praktisch zusammen falten/klappen kann. Wie bei diesen ein- und ausfahrbaren Dächern ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 30. Juni 2006, 19:40:09
Das klappt nciht. Überleg mal, die fliegen. Denk mal nach, was da für Kräfte wirken. Unter dem Druck zerbrechen kleine Hohlknöchelchen. Oder der Flügel reißt, weil der Druck an einer Verbindungsstelle zwischen den Knochen zu stark wird...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Steffi am 30. Juni 2006, 21:59:02
Zitat von: Arielen am 25. Mai 2006, 21:26:06
Zitat von: Kalderon am 23. Mai 2006, 23:34:21
Bei Filmen sage ich immer: "Es muss nicht realistisch sein, aber es muss realistisch aussehen." Dasselbe gilt meiner Meinung nach auch für ein Buch.

So ungefähr. Und in der SF ist das ja auch nicht anders. Da wird zwar eine Menge wissenschaftlich erklärt, aber die Wissenschaft selber ist dann doch eher ... Blabla

Das unterscheidet aber den guten vom schlechten Sci-Fi Roman.  Nicht umsonst werden die besten Sci-Fi Romane von Wissenschaftlern mit Doktotitel geschrieben - behauptet zumindest mein Dozent, der riesiger Sci-Fi Fan und dazu noch Spezialist auf dem Gebiet der K.I. ist :)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Zealot am 30. Juni 2006, 22:06:02
ich mag Sci-Fi.
Allerdings bin ich der Meinung, dass die Jahreszahlen meistens zu früh verteilt weden.
Wenn ich da an an "die Klapperschlange" oder 1989 denke, wenn es danach ginge müsste wir ja schon längs das Universum besiedeln.
Wenn man sich an die WIsschanschaft (speziell Hawkins und Einstein) hält, dann werden wir wohl nie - und wenn nur durch Zufall - in der Lage sein wirklich das Universum zu Kolonisieren.
Aber meiner Meinung nach, kann man die Wissenschaft zum wohle der Story auch mal aussen vor lassen...
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Steffi am 01. Juli 2006, 09:47:57
Ich habe ja nicht gesagt, dass ich was gegen Sci-Fi habe :) Ganz im Gegenteil!

Ja diese Jahreszahlen sind schon putzig - genau wie Odyssee 2001 oder halt 1989 :)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 01. Juli 2006, 11:50:45
Zitat von: Zealot am 30. Juni 2006, 22:06:02
Wenn ich da an an "die Klapperschlange" oder 1989 denke, wenn es danach ginge müsste wir ja schon längs das Universum besiedeln.

1989?? Du meinst nicht vielleicht 1984?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Zealot am 01. Juli 2006, 11:55:37
verzeihung habe da irgendwie verwirrend formuliert  :wums:

ich meine die Klapperschlange mit Kurt RUssel, die spielte doch 1989 (wenn ich mich recht erinnere)

aber an 1984 musste ich auch denken, deswegen war scheinlich der etwas wirre Post.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 01. Juli 2006, 12:01:29
Ah, ich hatte mich schon gewundert... Die Klapperschlange spielt 1989? Ist mir irgendwie entgangen. Hab ich auch schon länger nicht mehr gesehen, den Film.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Zealot am 01. Juli 2006, 12:05:08
Zitat von: Moni am 01. Juli 2006, 12:01:29
Ah, ich hatte mich schon gewundert... Die Klapperschlange spielt 1989? Ist mir irgendwie entgangen. Hab ich auch schon länger nicht mehr gesehen, den Film.

nein  :schuldig:
gerade habe ich nachgeguckt... sie spielte 1998 (hat sich wohl ein Zahlendreher in meinen Verstand geschlichen)  ???
http://german.imdb.com/title/tt0082340/
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Lastalda am 01. Juli 2006, 12:22:01
Oder Perry Rhodan... Aber da muss man dann halt als Leser so viel Bereitschaft mitbringen, sich auf dne Text einzulassen, dass man den historischen Verlauf ignoriert. Die Anfänge wurden halt um 1960 geschrieben, und so schlecht war die Prognose der ersten Mondlandung für 1971 schließlich gar nicht. :) Und wenn soetwas dann entsprechend glaubhaft gemacht ist, können dann so interessante Reaktionen rauskommen, wie Folgende:
"Wann war doch gleich die erste Mondlandung?"
"1971, Perry Rhodan, warum? Äh... *verwirrt* moment,d as war der falsche..." (Ist meinem Bruder tatsächlich mal passiert)

Der kleine feine Unterschied zwischen "real" und "realistisch". :)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Manja_Bindig am 01. Juli 2006, 14:34:35
Wenn es realistisch genug ist, um mit der realität verwechselt zu werden, ist das gut... (man sollte dann nur als LEser aufpassen, dass man noch unterscheiden kann...)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Arielen am 03. Juli 2006, 21:35:42
Zitat von: Manja_Bindig am 01. Juli 2006, 14:34:35
Wenn es realistisch genug ist, um mit der realität verwechselt zu werden, ist das gut... (man sollte dann nur als LEser aufpassen, dass man noch unterscheiden kann...)

Genau. Kann aber immer mal vorkommen, vor allem wenn die damaligen Utopien der Wirklichkeit mittlerweie erschreckend ähnlich kommen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Fianna am 15. Juli 2013, 12:03:47
Aus aktuellem Anlass schiebe ich das mal hoch: andere Leute sehen es als "Realismus in der Fantasy", ich erahne teilweise Mainstream-Umsetzungen von S&S - jedenfalls ist das wieder Trend.
Schon eine ganze Weile.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Verwirrter Geist am 28. März 2014, 23:06:20
Der Faden ist zwar schon sehr alt, aber meine Fragen lässt sich doch so gut unter diese übergeordnete Frage fassen, dass ich mir erlaube, ihn zu pushen. Im Zweifelt haut mich dafür ruhig mit der Pfanne.

Ich hadere gerade sehr mit der Verquickung von Fantasy und Realismus. Folgender Plot(Anfang): Mädchen mit Handicap (Querschnittslähmung unterhalb der Hüfte) landet in Fantasywelt.
Hier verbringt sie einige Tage im Bett, ihr Verstand versucht verzweifelt sich die etwas seltsame Umgebung so hinzubiegen, dass sie nur entführt wurde und alles "Übersinnliche" des Weltenübertritts eine logische Erklärung haben muss. Schließlich muss sie sich aber mit der (neuen) Realität anfreunden und integriert sich in die dortige Situation.

Problem: Mein Prota weigert sich beharrlich. Sie fragt sich die ganze Zeit nur: Wo ist sie genau? Was soll sie da? Wie kommt das eigentlich alles? Kommt sie jemals wieder zurück?
Anfangs fand ich solche Fragen noch ganz gut, weil der Roman grundsätzlich durchaus ernste Themen ansprechen soll (Handicaps, Mobbing in Fantasywelten), aber irgendwie nervt dieser Realismus und das "nicht-loslassen" können mich gerade sehr.

Wie löst ihr solche Spannungsfelder auf?



Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Siara am 28. März 2014, 23:58:53
Hallo, verwirrter Geist  :D

Ja, kenn ich gut, wenn die Protas sich weigern, sich so zu entwickeln, wie man es gern hätte.

Ich mache normalerweise Folgendes: Ich schreibe so, wie ich es haben will. In deinem Fall also, als ob sie sich mit der neuen Situation plötzlich anfreunden kann. Dabei kommt es natürlich zu einem starken Bruch, weil es ein sehr plötzlicher innerer Umschwung ist. Trotzdem, ich schreibe dann zwanghaft und vielleicht auch etwas überspitzt so weiter, wie ich es geplant hatte. Nach einer Weile fühlt es sich nicht mehr ganz so falsch an, das Verhalten wirkt natürlicher und man muss sich nicht mehr davon abhalten, ständig in die alten Muster zurückzuverfallen.

Wenn ich mich einigermaßen wohl fühle und mich daran gewöhnt habe, gehe ich zurück zu der Bruchstelle. Dann habe ich meist ein Gefühl dafür, wie sich der Prota verändern müsste, und kann die Stelle reparieren. Auch der Anfang des neuen Verhaltens, der meistens doch sehr übertrieben und gezwungen ist, lässt sich dann abflachen. Den Übergang so lange glätten, bis es stimmig ist und dann sehen, ob alles passt.

Eine andere Möglichkeit wäre, erst einmal mit den Zweifeln weiter zu schreiben, die entsprechenden Stellen dann rauszustreichen oder abzumildern und durch entgegengesetzte Denkweisen zu ersetzen.

Am einfachsten ist es, finde ich, wenn man erst mal Text hat, mit dem man arbeiten kann.  ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Churke am 29. März 2014, 09:48:51
Zitat von: Verwirrter Geist am 28. März 2014, 23:06:20
Problem: Mein Prota weigert sich beharrlich. Sie fragt sich die ganze Zeit nur: Wo ist sie genau? Was soll sie da? Wie kommt das eigentlich alles? Kommt sie jemals wieder zurück?
Ganz ehrlich? Solche Fragen stellt man sich, wenn man keine richtigen Probleme hat. Für mich klingt das so, als ob du deinen Plot etwas nachpfeffern müsstet. Dann sollten solche Fragen von selbst an den Rand gedrängt werden.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 29. März 2014, 11:49:12
Also, Siaras Methode ist sicher nicht schlecht, ich hatte das Problem noch nie, weil meine Geschichten immer in einer Welt spielen, in die auch die Leute gehören, die da rumlaufen. Ich finde das inzwischen ein bisschen inflationär, dass immer irgendwelche Jugendlichen in Fantasywelten landen ;)

Churke hat auch Recht, mit passenden Wendungen in der Geschichte erledigen sich solche Fragen von alleine, weil der Prota dann keine Zeit mehr hat, rum zu sitzen und darüber nach zu grübeln, was sie da soll... Wenn irgendeine Aufgabe kriegt, stellen sich vermutlich solche Fragen irgendwann nicht mehr.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: KaPunkt am 29. März 2014, 12:01:02
Außerdem sollte man den Faktor der Gewöhnung nicht unterschätzen.
Klar, solange alles neu ist, dreht sie vielleicht am Rand, aber wenn jeden Morgen ein Apfel an ihrem Kopf vorschwebt (blödes Beispiel, ersetzte durch beliebiges eigenes) ... dann ist das spätestens nach zwei Wochen einfach so. Versteht sie vielleicht immer noch nicht, ist aber kein Grund mehr, zusammenzuzucken.

Liebe Grüße,
KaPunkt
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 29. März 2014, 13:32:00
Zitat von: Verwirrter Geist am 28. März 2014, 23:06:20
Mein Prota weigert sich beharrlich. Sie fragt sich die ganze Zeit nur: Wo ist sie genau? Was soll sie da? Wie kommt das eigentlich alles? Kommt sie jemals wieder zurück?
Anfangs fand ich solche Fragen noch ganz gut, weil der Roman grundsätzlich durchaus ernste Themen ansprechen soll (Handicaps, Mobbing in Fantasywelten), aber irgendwie nervt dieser Realismus und das "nicht-loslassen" können mich gerade sehr.

Ha, genau diese Problematik habe ich in einem begonnenen Projekt auch (der Prota hat einen Flashback in seine eigene Jugend). Bei mir passt es aber sehr gut, dass diese Verstörung, dieses Zurücksehnen sich durch den Rest des Buches zieht. Der Zeitraum der Erzählung ist ein ganzes Jahr, und ich mache es zu einem Teil seiner Persönlichkeitsentwicklung, dass der Prota sich gezwungenermaßen langsam mit der Situation abfindet und seine Verzweiflung zu verdrängen versucht. Am Ende gibt es natürlich eine Aufklärung und es stellt sich heraus, dass es gut ist, dass er keinen von seinen Lösungsversuchen in die Tat umgesetzt hat. Das, was für Dich also ein Plotproblem ist, bildet bei mir einen gewollten und wichtigen Teil der Grundproblematik.

*edit*
Man sollte doch alle vorangegangenen Beiträge lesen, dann hätte ich gemerkt, dass KaPunkt die gleiche Lösung vorschlägt: Gewöhnung über einen längeren Zeitraum.

Und ... Realismus in einer Fantasywelt (Im Sinne von: Würde sich wirklich jemand so verhalten?) kann auch ein gewollter Stil sein. Deins wäre nicht das erste Beispiel. =D
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Guddy am 29. März 2014, 16:07:05
Hallo verwirrter Geist,
hab darüber gerade mal mit meiner Co-Autorin darüber gesprochen.
meine Herangehensweise wäre ein bisschen anders als die von Siaraam. Persönlich ändere ich das Wesen meiner Charaktere eher ungern und lieber die einflußnehmende Umgebung. Also ist mein erster Schritt erst mal der Versuch zu verstehen warum sie so reagieren.

Ich gehe meistens davon aus, dass die Charaktere ihre Gründe haben und in dem Fall fallen mir spontan drei Gründe ein, die Auslöser für ihr widerspenstiges Verhalten sein könnten.
Erstens, es gibt tatsächlich ganz konkret etwas in ihrer Umgebung (oder in ihrer Vergangenheit), das sie daran hindert zu glauben was passiert. Mit Gründen in der Vergangenheit meine ich z.B. hatte sie als Kind schon eine Traumwelt und hat man ihr damals mit allen Mitteln ausgeredet dass es so etwas gibt? Ich vermute jetzt einfach mal, dass deine Welt stimmig ist und es nicht die äußerlichen Faktoren sind, dann bleiben jetzt meiner Meinung und Erfahrung nach hauptsächlich noch zwei innere Motiven: Angst und/oder Trotz.
Hat sie eventuell Angst vor der neuen Situation? Fühlt sie sich überfordert? Ist es zu schön für sie um wahr zu sein, sprich hat sie Angst, die neue Welt wieder zu verlieren, wenn sie echt wäre? Oder hat sie die Schnauze voll, dass die Dinge ihr einfach passieren und sie keinerlei Kontrolle und Einfluss hat? In dem Fall kann die innere Machtlosigkeit dazu beitragen, dass sie sich einfach entschließt in dem kleinen Handlungsspielraum in dem sie agieren kann ihre Wahl zu treffen und sei es nur offen zu sagen: Nein, ich glaube es einfach nicht.
Beides Auslöser lassen sich abschwächen, sobald man erst mal durchgedrungen ist. Gegen Angst hilft meistens Sicherheit und etwas vertrautes, das sie mitnehmen kann. Manchmal auch der Umgang mit einem Tier: Schutz/Sicherheit vermittelt man am Besten, wenn man nicht selber Angst hat. Bei Trotz und Kontrollverlust hilft es gelegentlich ihr tatsächlich eine gewisse Entscheidungsmacht einzuräumen und ihr ein klares Ziel zu geben. Manchmal reicht es auch schon ihr ein Refugium zuzugestehen oder die Abhängigkeit abzumildern. Hat sie eigenen Geld, eigene Sachen oder gehört alles jemand anderem und sie ist auf Gnade und Verderb ausgeliefert? Ich hab hier im Forum irgendwo einen Bereich gesehen, wo man den Charakteren Fragen stellen kann. Hast du das schon bei deinem Charakter, bezüglich der Weigerung sich anzupassen, gemacht?
(So als grobe Idee, was du deinen Charakter fragen könntest:
Was stört dich hier genau? Warum ist genau das so ein großes Problem für dich?
Was ist soviel besser dort wo du herkommst?
Wen oder was vermisst du am Meistens und warum?
Gibt es etwas was du hier gut findest? Ein klares Nein wird nicht akzeptiert, irgendetwas muss erträglich und gut sein.
Wenn du einen einzigen Wunsch hättest um deine Situation hier erträglicher zu machen, was wäre das? / Wenn du eine Wahl hättest, was würde dir helfen die jetzige Situation erträglich zu machen?
So ein Weltenwechsel bedeutet emotionalen Stress. Was entspannt dich ausreichend, damit du dich darauf einlassen kannst? Wie bist du früher mit Stressphasen umgegangen?
Was genau löst deine Unzufriedenheit aus? Ist es ein Dauerzustand oder mit bestimmten Personen oder Orten verknüpft.)

Grundsätzlich hat auch Churke recht, dass viel um die Ohren und Druck die Auseinandersetzung mit solchen Problemen erst mal in den Hintergrund stellen können. Das Problem wäre für mich, dass die meisten meiner Charaktere, wenn sie mit der Gesamtsituation unzufrieden sind und dann auch noch verdammt viel vor den Latz geklatscht bekommen resignieren und zynisch werden oder im schlimmsten Fall einfach aufgeben.

Und natürlich hat auch canis lupus niger ihren Punkt. Wenn man weiß, was den Charakter nervt muss man es noch lange nicht ändern
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 29. März 2014, 17:48:48
Der Weltenwechsel bedeutet nicht nur emotionalen Stress, sondern kann eine komplette Desorientierung nach sich ziehen, je nachdem, wie sehr die Fantasy-Welt sich von "unserer" unterscheidet. Wobei "Unsere" Welt ja auch sehr unterschiedlich erlebt werden kann, abhängig von der Weltgegend und sozialen Umgebung.

Mal unterstellt, ein junges gehandicaptes Mädchen aus Deutschland (oder, wie immer wieder gerne genommen, aus den USA?) gerät in eine Fantasywelt ohne Elektrizität, mit Dampf- oder Tierkraft als Hauptenergiequelle, mit einem Nachrichtennetz, das aus mündlich übermittelten Botschaften besteht (weil niemand schreiben kann), mit entsprechender medizinischer und sanitärer Ausstattung und einem sozialen und Rechtssystem, das von unserem Grundgesetzt seeehr weit entfernt ist. Die hätte bestimmt größere Probleme, als jemand, der in einem indischen oder südamerikanischen Elendsviertel aufgewachsen ist.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 02. April 2014, 07:33:03
Ich weiß nicht, ob das Thema noch aktuell ist, aber für mich ist die Reaktion völlig normal. Ich fände es eher schlecht gemacht, wenn das Mädchen zu schnell akzeptieren würde, dass sie "woanders" ist. Wenn mir das passieren würde, würde ich auch immer nur denken "das ist unmöglich!" und absolut nicht darüber hinwegkommen. Und selbst, wenn es lebensgefährlich zuginge, würde mich dieser Gedanke, vermute ich, nicht verlassen.

Ich glaube, ich würde versuchen, ihr Problem über eine andere Person zu lösen. Wenn sie einem freundlichen Menschen begegnet, mit dem sie auf einer Wellenlänge liegt (es geht nicht um eine Liebesgeschichte) und bei dem sie merkt, dass sie ihm vertrauen und sich auf ihn verlassen kann, hat sie etwas, was sie an die neue Welt bindet. Weil es die Welt ist, in der die andere Person lebt, könnte auch sie dieser Welt über die andere Person näher kommen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: FeeamPC am 02. April 2014, 13:00:55
Insbesondere Kriege und andere Katastrophen haben gezeigt, dass Menschen sich sehr schnell an eine total veränderte Situation anpassen können (ausgebombt = von heute auf morgen heimatlos, eventuell verletzt, usw). Das heißt natürlich nicht, dass sie die Situation gleich verarbeiten können, das passiert oft erst Jahrzehnte später. Aber sie adaptieren sich, um zu überleben. Da das ein grundlegender menschlichr Charakterzug ist, sollte das auch in einer Fantasy-Welt gelten.
Wichtig ist erst mal, funktionieren, um zu überleben und seinen Verstand zu bewahren. Fragen klären kann sehr viel später kommen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Coppelia am 02. April 2014, 13:34:37
Es hängt vielleicht davon ab, wie man drauf ist, aber ich könnte mir vorstellen, dass es da einen Unterschied gibt zwischen Dingen, die möglich sind und welchen, die unmöglich sind. Wenn meine Heimat aus irgendeinem Grund atomar verseucht wird oder wenn ein Flugzeug auf mein Haus abstürzt, ist das tragisch, aber möglich. Ich hätte vielleicht Probleme, es wirklich zu verstehen, aber es würde mein Weltbild nicht durcheinander bringen. Wenn ich in eine andere Welt oder andere Zeit reise, ist es noch mal eine andere Sache. Das würde mich absolut an meinem Verstand zweifeln lassen, weil es mit der Welt, so wie ich sie kenne, nicht vereinbar wäre.
Aber das hängt sicher auch von der Person ab - wenn ich einen Geist sehen würde, würde ich dadurch schrecklich verwirrt werden, weil ich nicht an Geister glaube. Meine Oma aber, die an Geister glaubt, hat schon einen Geist gesehen und es sehr gut weggesteckt.

Aber da kann ich natürlich nur hypothetisch sprechen, weil man den ersten Fall leider erleben kann, den zweiten aber nicht. ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Pygmalion am 02. April 2014, 14:13:06
Ich denke, gerade Kindern fällt es leichter, das, was "unmöglich" ist, einfach hinzunehmen. Sie verstehen sowieso in unserer Welt wenig genug, was für Erwachsene selbstverständlich ist. Mit zunehmendem Wissen und Alter mag sich das etwas verändern. Möglicherweise bricht gerade für jene Menschen ein Weltbild zusammen, die von sich denken, die Welt verstanden zu haben und den Überblick zu haben, wie alles funktioniert.
Aber ich würde mich wohl auch recht schnell mit "Magie" oder Grinsekatzen abfinden können. Es gibt soviel auf dieser Welt, das ich nicht nachvollziehen kann, um es frei mit Terry Pratchett zu sagen: Je komplizierter unsere Technik wird, desto mehr gleicht sie der Magie. Wer weiß denn schon genau, wie die Dinge funktionieren, die wir täglich benutzen? Also ich meine, so genau, dass man es nachbauen könnte.

In Träumen nehmen wir ja auch die seltsamsten Dinge hin, die so in unserer Welt gar nicht möglich sind. Meine Fragen wären also gar nicht, was in dieser neuen Welt normal ist und wie ich es erklären kann, weil ich wüsste, dass ich es nicht kann, sondern vielmehr, wie ich zurück komme :D Und sobald man eine Weile in dieser "unmöglichen" Welt verbracht hat, lernt man ja auch die dortigen Gesetzmäßigkeiten kennen. Irgendwann wundert dich dann nicht mehr, wenn neben dir Riesen und Einhörner durch die Gegend laufen und du mit Mäusen Tee trinkst.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Cailyn am 04. April 2014, 11:21:35
Drachenkrieger,

Als Leserin könnte ich mich mit beiden Varianten problemlos anfreunden. Es kommt halt darauf an, wie sich der Autor das Wechseln er Parallelwelten (oder Dimensionen) so vorstellt. Die Regeln, nach welchen der Übertritt in die andere Welt erfolgt, macht ja der Schreibende. Aber egal wie diese Regeln sind, als Leserin würde ich beides akzeptieren, da ich ja erahnen kann, dass beide Varianten einer gewissen Logik unterstellt sein "könnten". Das einzige, was nicht plausibel wäre: Wenn es zwei Figuren gäbe, die auf andere Weise in die andere Welt reisen. Wenn es also zwei Gehbehinderte gäbe, und nur einer könnte in der anderen Welt laufen, dann wäre das unglaubwürdig. Ausser wiederum, es wird explizit begründet.

Mit der Frage, ob etwas jetzt realistisch ist / sein sollte oder sein muss, beschäftige ich mich auch des öfteren. Grundsätzlich bin ich für ziemlich vieles offen, was unrealistisch daher kommt. Nicht nur in Büchern, auch z.B. in diesen martial-art-Filmen, wo Kämpfer fliegend über Bambusbäume rennen ;). Da habe ich nichts dagegen. Für mich muss aber irgendwo klar sein, was die Intention des Schreibers (oder auch Filmemachers) ist. Es muss spürbar sein, warum die Autorin es so gemacht hat.

Wenn z.B. groteske Dinge vorkommen und das Buch auch was sehr Komödiantisches hat, dann ist mir ja sofort klar, dass dieses Groteske bewusst so gemacht ist. Aber wenn im Gegensatz etwas Groteskes (i.S.v. Unrealistisches) in einem Buch passiert, das kein komödiantisches Element innehat, dann wirkt es auf mich unüberlegt. In Filmen finde ich da grad ein paar bessere Beispiele als von Büchern. Im Beispiel von martial-arts merkt man z.B. schnell, dass diese unrealistischen Körperfähigkeiten vor allem der Ästhetik dienen, welche wiederum den Mythos der Kämpfer bestärkt. In einem Jackie Chan-Film hingegen ist mir rasch bewusst, dass unrealistische Verrenkungen mit Absicht gemacht wurden, um Situationskomik zu erreichen.

Was ich allerdings kritisch betrachte oder nicht gut finde, ist, wenn ein Autor normalerweise sehr genaue Überlegungen preis gibt (z.B. ein ausgeklügeltes Magie-System), dann aber andere "magische" Dinge passieren, die überhaupt nicht erklärbar sind. Das wirkt dann wie ein Fehler.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 04. April 2014, 20:55:08
Zitat von: Drachenkrieger am 04. April 2014, 20:19:28Ein Tizi meinte mal, die Leser wissen, dass Helden auch schlafen und essen und mal müssen, deswegen muss man es nicht erwähnen.
Aber so mancher Leser sieht das eben nicht so! Er will keine Superhelden, sondern Personen, die seine Seele berühren.
;D Sorry, ich kann nicht anders: 'XY verspürt einen Drang zu einer gewissen Bequemlichkeit und sucht ein stilles Örtchen auf...' "Ach, das berührt meine Seele! <3<3<3"  :rofl:

Ich sehe es auch so, dass solche Normalitäten nciht unbedingt erwähnt werden müssen, will aber trotzdem keinesfalls darauf verzichten. Ich meine: Nicht mal in einem Tagebuch dokumentiert man seinen heutigen... Stuhlgang. Ich schreibe solche Szenen schlicht un einfach nicht, wenn dabei nichts passiert, was erwähnenswert wäre. Dabei meine ich nicht, dass jedesmal, wenn ich den Prota auf die Toilette schicke, oder er gerade isst ihm eine Horde von kampfwütigen Zwergen entgegentrommle, sondern nutze solche Situationen, um zu reflektieren. Ich beschreibe dann beispielsweise, wie sich der Prota fühlt, über was er sich Gedanken macht, wie seine geistige Verfassung von Vergangenem gezeichnet wurde etc. Oder ein abschliessender Satz an einem Kapitel/Absatz: "XY legte die betrübenden Gedanken ab und begab sich zur Theke, um sich seinen freien Abend mit einer Tasse Tee zu versüssen."

Wenn es aber um Logikbrüche in der jeweiligen Welt(speziell Übernatürliches, Magisches) geht, bin und bleibe ich hart: Wenn mir die Erklärung des Autoren die Fragen zur Realistik nicht beantworten kann, schaue ich böse auf dessen Initialen hinab. Ich erwarte, dass die Fantasywelten aus der unseren abgewandelt wurde und die Unterschiede möglichst früh erklärt/erwähnt werden, um magisches etc. begründen zu können. Ich erwarte regelrecht vom Autor, dass er sich an nicht explizit abgeänderte Gesetze der Physik zu halten hat: An Thermodynamik, Mechanik, Statik, Mathematik, etc. erwarte ich Genüge getan zu haben, wenn über Übernatürliches geschrieben wird. Eben ausser, es wurde schlüssig auf andere Weise ausgehebelt und umgangen. Zum Beispiel mag ich es nicht so besonders(kann aber damit leben), wenn Magier Lasten Kraft ihrer Gedanken heben, ohne die Last zu spüren, oder sie irgendwo abgeleitet zu haben. Denn ich frage mich immer, wo kommt denn diese Energie her, die den Felsen in der Luft hält. Wenn die Antwort lautet, dass sie per Gedanken gehalten wird...  :omn: Ich sehe da nur zwei Möglichkeiten(die ich auch in meinem Magiesystem integriert habe):

Was mir auch noch auffällt: Die von unserer Welt abgewandelten Fantasywelten übernehmen praktisch immer deren physikalischen Gesetze und erweitern sie dann um die selbst erschaffenen Magiegesetze. Mal ehrlich: Wer hat schon von einem Fantasybuch gehört, wo die Erdanziehungsbeschleunigung NICHT ca. 9.81m/s^2 beträgt? Wo gilt das Periodensystem NICHT? Wo ist der Planet, auf dem alles spielt NICHT so gross wie die Erde und kreist in der habitablen Zone eines Sonnensystems(mehrere Sonnen gibts ja manchmal)?
und wenn schon so Vieles gleich ist, erwarte ich auch die gleichen Gesetze. Wasser als das kurioseste Material auf der Welt(Tripelpunkt, grösste Dichte bei 4°C, etc.) und funktionierende Kräftelehre. Die Wissenschaftler der Fantasywelt müssen doch auch was Funktionierendes haben, das sie erforschen können, oder nicht?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Dahlia am 04. April 2014, 22:35:00
Zitat von: RaphaelE am 04. April 2014, 20:55:08
Was mir auch noch auffällt: Die von unserer Welt abgewandelten Fantasywelten übernehmen praktisch immer deren physikalischen Gesetze und erweitern sie dann um die selbst erschaffenen Magiegesetze. Mal ehrlich: Wer hat schon von einem Fantasybuch gehört, wo die Erdanziehungsbeschleunigung NICHT ca. 9.81m/s^2 beträgt? Wo gilt das Periodensystem NICHT? Wo ist der Planet, auf dem alles spielt NICHT so gross wie die Erde und kreist in der habitablen Zone eines Sonnensystems(mehrere Sonnen gibts ja manchmal)?
Ich schnuppere hier ja nur manchmal rein und meistens lese ich nur interessiert mit, aber hierzu muss ich dann doch mal etwas sagen: Wie oft wird Erdanziehungsbeschleunigung und Periodensystem in einer Fantasywelt denn so präzise beschrieben (also auch mit diesen Begriffen und Zahlen)? Das sind eher Sachen, von denen ich erwarten würde, dass sie in der Science Fiction thematisiert werden (und da erwarte ich, dass es korrekt ist), aber nicht in einem klassischen Fantasy-Roman, der vielleicht in einem mittelalterlich-angehauchten Setting spielt. Bei der Gravitation sehe ich jetzt zwar auch keinen Grund das zu ändern und es würde wahrscheinlich am ehesten auffallen, aber warum nicht das Periodensystem erweitern oder Elemente wegstreichen?

Und bei weitem spielt nicht alles auf einem Planeten, der um die Sonne kreist: Die Scheibenwelt von Pratchett, wie der Name schon sagt, ist eine Scheibe, die sich auf dem Rücken einer gigantischen Schildkröte befindet, die durchs All schwimmt. Die Welt Narnia ist ebenfalls eine Scheibe und am Ende der Welt fließen die Ozeane hoch in den Himmel.
Und bei vielen Sachen erinnere ich mich auch nicht, ob es jemals thematisiert wird, dass es ein Planet ist, der eine bestimmte Größe hat und um eine Sonne kreist. Im Hinblick darauf, dass es bei "Das Lied von Eis und Feuer" unregelmäßige Jahreszeiten gibt, kann man da auch nicht davon ausgehen, dass die Welt in regelmäßigen Bahnen um die Sonne zieht. Und ist Mittelerde eine Kugel? Oder Wunderland?

Es gab immer unterschiedliche Vorstellungen in verschiedenen Kulturen, wie die Welt aussieht und ich fände es verdammt schade, wenn man sich da nichts  aus der Mythologie entlehnen könnte, nur um zwingend "realistisch" zu sein.
Wozu ist es dann Fantasy? Ein bisschen Suspension of disbelief gehört zu dem Genre doch dazu. Wichtig ist denke ich einfach, dass man sich an die Regeln seiner eigenen Welt hält und sie nicht verwirft, wenn es einem gerade so passt. Aber ich stimme auch zu, dass man gravierend Unterschiede direkt zu Anfang thematisieren sollte und nicht erst aus dem Hut zaubern, wenn es einem gerade passt. Wenn man seiner Magie Gesetze gibt, dann darf man die nicht brechen.

(Meine Welt ist übrigens auch flach, von einer Kuppel umschlossen und fließt durch eine magische Ursuppe ;) )
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: RaphaelE am 04. April 2014, 23:24:22
Du hast Recht: Die Erdanziehung wird nicht mit Zahlen beschrieben, oder sonst thematisiert(nicht, dass ich wüsste), aber wenn nicht explizit geschrieben wird, dass die Menschen(oder Kreaturen) wegen der Anziehungskraft kaum höher als ein paar Zentimeter oder soger über ganze Häuser springen können, gehe ich von der Gravitationskraft unserer Erde aus. Und das Periodensystem wird auch niemals in ihrer Vollständigkeit beschrieben. :rolleyes: Aber wie wenige Abweichungen beim Weltenbau doch von unserer Welt gemacht werden, ist doch irgendwie schade. Ich kenne ja nicht alle Bücher(Um Gottes Willen ;) ), aber ich denke, dass die meisten schlicht und einfach die Erde um ca. 1200nChr. nahmen, kopierten und Magier hinzufügten. Natürlich gibt es da immer wieder Kreativere, die dann auch an Fauna und Flora herumtüfteln, die Staatsstrukturen aufbauen, Sprachen erfinden, Kulturen und Geschichten neu aufbauten und auch am Periodensystem rütteln. Für Diejenigen Geburt bin ich wirklich dankbar. ;D

Hmm, ach ja, die Schilldkröte mit den Elephanten! ;D Aber du hast recht: Ich habe da nicht all zu sehr nachgedacht - Es gibt Gott sei Dank so kreative Köpfe, die von so einer Norm-Welt Abstand nehmen.

Dem letzten Abschnitt kann ich nur beipflichten(den Anderen übrigens auch). :)

Ein magische Ursuppe? ;D Wow! Cool! Solange sie nicht kalt wird. ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 05. April 2014, 08:33:55
Bei den Besonderheiten einer Welt kommt es meiner Meinung darauf an, aus wessen Sicht diese Welt erlebt wird.

Wenn ein Mensch unserer Welt zum Himmel hoch sieht, grüne Wolken und zwei Sonnen sieht, dann wir der das für erwähnenswert halten. Jemand, der aber dieser Welt entstammt, wird sich darüber keine Gedanken machen. Wieso auch? Das ist seine Normalität. Der würde höchstens bemerkenswert finden, dass das rätselhafte Mädchen, das nicht laufen kann und trotzdem im heiligen Wald einfach so aus dem Nichts aufgetaucht ist, ständig weint und nicht nach oben sehen mag.

Auch bei Geschichten, die in unserer Welt stattfinden wird nur selten erklärt, wie stark die Erdanziehung ist und was ein Periodensystem ist. Höchstens wenn es für die Geschichte wichtig ist, dass der Leser darüber informiert ist, oder um zu zeigen, dass die Charaktere dieses Wissen haben. Aber normalerweise macht sich niemand Gedanken darüber. Deshalb braucht es in einem Buch auch nicht erklärt zu werden.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Dahlia am 05. April 2014, 13:14:49
canis lupus niger hat das wirklich sehr gut gesagt :jau:

Ich glaub, mein großes Problem war, dass ich bei deinem Post den Eindruck bekam, dass es dir, Raphael, gerade für eine realistische Fantasywelt das wichtigste ist, dass sich an Sachen wie Gravitation, Periodensystem und physikalische Grundtheorien gehalten wird. Und dass man davon eben nicht abweichen sollte, wie Pratchett es getan hat, um eine Fantasywelt zu erschaffen, die nach den Regeln gerade nicht funktionieren würde.
Dabei denke ich eher, dass das Aspekte sind, die für eine Fantasywelt in vielen Fällen irrelevant sind, weil sie keinen Bezug zum Leben der Figuren haben. Viele Grundlagen werden sicher eingehalten, damit es dem Leser nicht zu abwegig erscheint (Gravitation, Zeit, Raum), aber mit Periodensystem, Planeten und Sonnensystemen wird es dann doch zu speziell. Du setzt sie beim Lesen voraus, weil sie für dich zu einer stimmigen Welt gehören, auch wenn es nirgendwo explizit erwähnt wird. Aber ich finde einfach nicht, dass es für eine stimmige Welt notwendig ist - Magie und deren unendlichen Möglichkeiten, die sich gerade nicht an die Grenzen der Wirklichkeit halten müssen, machen doch gerade die Fantasy so spannend. Und solange es innerhalb der Welt logisch ist ;)

Oh, und die Ursuppe ist immer kalt, weil sie die Außenkuppel einfriert.;D Auch wenn davon außer mir niemand weiß. In meinen Geschichten wird die Tatsache, dass die Welt flach ist, eine festes Ende hat zwar hin und wieder angedeutet, aber von der Ursuppe weiß niemand, weil es für die Handlung irrelevant ist. Aber im nichts wollte ich sie nicht treiben lassen. :rofl:
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: FeeamPC am 16. April 2014, 14:52:40
Es ist doch egal, ob die Welt sich an unsere Naturgesetze oder unser Periodensystem hält. Sie muss nur in sich selbst stimmig sein, damit der Leser keine Brüche serviert kriegt. Die Bewohner atmen Methan und laufen auf drei Beinen? Wen interessierts! Das Periodensystem enthält fünf verschiedene Arten Gold? Na und? Solange sich während der Geschichte nichts Gravierendes daran ändert, stört es weder die Bewohner der Fantasy-Welt, noch den Leser. Die Welt ist so, basta.
Wenn das nicht so wäre, hätten schon die Märchen nicht funktioniert, die wir den Kindern so gerne vorlesen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Moni am 16. April 2014, 15:01:33
Ich kann mich da auch nur noch mal selber aus meinem Eingangsposting zitieren:

Zitat von: Moni am 01. Januar 1970, 01:00:00
Naturgesetze gelten auch in einer Fantasywelt, denn sogar wenn es eine Scheibe auf dem Rücken von vier Elefanten, die auf einer Schildkröte stehen ist, wird diese Welt bestimmten Gesetzmäßigkeiten unterworfen.

Wichtig ist die Gaubwürdigkeit der erdachten Gesetzmäßigkeiten. Wenn alles in sich stimmig ist und die Geschichte selber dadurch nicht aus den Fugen gerät, passt es.  ;D
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Kati am 16. April 2014, 15:14:54
Ich finde es auch viel wichtiger, manchmal schwammig zu bleiben, als wirklich alles genau erklären zu wollen. Nicht nur, weil es den Leser erstmal gar nicht interessiert. Die meisten Leute kümmern sich nicht so sehr darum, ob jetzt die Schwerkraft realistisch funktioniert, wenn sich nicht Widersprüche innerhalb der Geschichte auftun, wie Moni sagte. Aber alles genau erklären kann auch richtig schief gehen. Zwei Beispiele: Jedermanns Lieblingsbuch, Twilight, von Stephenie Meyer und Shiver von Maggie Stiefvater. Beide Autorinnen versuchen krampfhaft phantastische Elemente (wie entstehen Vampire, wie entstehen Werwölfe?) halbwegs biologisch zu erklären und besonders bei Stephenie Meyer geht das so den Bach runter. Bei Stiefvater könnte man noch sagen, es wirkt unrealistisch, aber so ist das in ihrer Welt eben. Meyer widerspricht sich aber am laufenden Band selbst und das letzte Buch wäre um einiges besser gewesen, wenn sie einfach gesagt hätte, Vampire sind mystische Wesen, ich erkläre euch jetzt nicht, wieso Edward ein Kind zeugen konnte und wie das alles biologisch funktioniert. Der Witz an der Sache ist ja, es gibt keine Vampire. Klar ist es ganz spannend einen kleinen Einblick zu bekommen, wie die Autorin meint, dass Vampire funktionieren. Aber da sollte es aufhören, wenn man sich nicht in Widersprüchen und fadenscheinigen Erklärungen verlieren will.

Es ist ja so. Wenn ich anfange mich zu fragen, wie genau nun die Gravitation funktioniert, muss ich mich auch fragen, wie die Gezeiten in meiner Welt funktionieren. Und die Meerjungfrauen - wieso verschrumpeln die nicht im Wasser, wieso halten die den Druck in der Tiefsee aus etc. Wenn man damit einmal anfängt, kommt man nicht mehr davon weg und das ist nicht der Sinn der Fantasy. Klar, logisch und in sich selbst schlüssig muss jede Welt sein. Aber nicht realistisch. Wenn man wert auf Realismus legt, kann man ja einen Roman ganz ohne Fantasy schreiben. Aber innerhalb einer Fantasywelt alles so erklären wollen, dass es nach den Maßstäben unserer Welt funktioniert, halte ich nicht für sinnvoll.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: HauntingWitch am 06. August 2015, 09:28:18
*Ausgrabungsarbeiten*

So, ich mal wieder mit der Realität. In letzter Zeit mache ich mir sehr viele Gedanken darüber und mir ist etwas aufgefallen zum Thema Echtheit bzw. lebensnahe Beschreibungen (ich mag den Ausdruck "realistisch" eigentlich nicht so). Es geht mir jetzt weniger um Plotthemen oder Charakterzeichnung als Ganzes, sondern um die kleinen Dinge, die Bücher lebensnah machen. Diese Momente, in denen man beim Lesen denkt: "Ja, so, genau so ist es!" oder "Wäh, wie hässlich" und streckt das Buch weit von sich, aber man weiss genau, dass es sich im realen Leben wirklich so anfühlt. Ein ganz einfaches Beispiel: Eine Gruppe von Leuten kämpft sich aus irgendwelchen Gründen tagelang durch Dschungel oder Wildnis. Irgendwann werden sie dreckig, verschwitzt und die Haare zerzaust, Waschmöglichkeiten gibt es vielleicht im Fluss, aber wirklich sauber ist der nicht und die Haare kämmen können sie sich immer noch nicht. Klar, kann man sich das denken, aber so richtig echt wirkt so eine Sequenz doch dann, wenn das auch wirklich explizit beschrieben wird.

Ich bewundere das immer. Ich frage mich, wie die Autoren das machen, solche Sachen so skrupellos zu beschreiben. Teilweise sind es ja auch üblere Sachen. Mir ist aufgefallen, dass Autoren, die ich als besonders lebensnah empfinde, sich nicht scheuen, eben auch diese unschönen Sachen zu beschreiben. Manche können das so gut, dass es mir sogar zu viel wird mit der Echtheit. Ich selber habe immer den Anspruch, dass in meinen Geschichten alles möglichst schön und ästhetisch daherkommt. Vor so unschönen Beschreibungen graust mir und dann lasse ich es einfach weg. Ich möchte meinen Protas das auch nicht antun. Aber es wäre halt besser für das Skript.

Wie macht ihr das so?
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Christian am 06. August 2015, 10:18:17
Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, worum es dir geht, aber, der Zufall will es, habe ich vorhin eine Szene in einer Bahnhofstoilette geschrieben. Und da riecht es nicht leicht nach Urin, sondern es stinkt erbärmlich nach alter Pisse (sorry, so steht's halt da ...). Geht das in die Richtung, die du meinst?
Was das angeht, habe ich wenig Berührungsängste. Wenn ich darüber nachdenke, kann man es bei mir wohl auf die Faustregel "Je Horror, desto fieser und näher" herunterbrechen. Wobei sich das immer mehr vermischt. Aber gerade diese kleinen fiesen Alltagsdetails mag ich sehr gerne. Ich schreibe sie gern und nutze sie als eine Art "Realitätsanker". Jedenfalls bilde ich mir das ein.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Sprotte am 06. August 2015, 10:31:51
Eine meiner Heldin muß, um zum Helden gelangen, durch eine erkaltete Lache von Urin, Kot und Erbrochenem gehen. Barfuß. Ja, ich habe beschrieben, wie der kalte Glibber schmatzt, an der Fußsohle haftet und zwischen den Zehen hervorquillt. Obwohl es für das Mädel nebensächlich ist, weil sie sich solche Sorgen um den Helden macht.

Ich gehöre aber auch zur Fraktion derer, die ihre Helden schwitzen läßt bei ehrlicher Arbeit, Kampf oder wasauchimmer.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: PinkPuma am 06. August 2015, 10:32:37
Da bin ich voll bei Christian. Ich empfinde solche kleinen, alltäglichen Details als geschickte Helfer, wenn es darum geht, Nähe zur Realität zu schaffen. Klar will ich nicht auf jeder zehnten Seite miterleben wie der Held sein Geschäft macht und explizit beschreibe ich das auch nicht. Aber hier und da eine Andeutung was z.B. Körperhygiene betrifft, finde ich schon gut und auch manchmal wichtig.

Ein anderer Punkt der mir dazu einfällt ist die Frage nach der Verhütung. Ich empfinde es einfach als unrealistisch, wenn in einem Fantasyroman nie darüber gesprochen wird. Und wenn dann noch so wunderliche Aussagen kommen á la ,,Elfen werden nur schwanger, wenn sie sich lieben und es wollen"... ähm ja, kann man machen, aber mein Fall ist es nicht.  :no:

Weiterer wichtiger Punkt: Kampfszenen. Auf einem Schlachtfeld riecht es nun mal nicht nach Veilchen.  ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: HauntingWitch am 06. August 2015, 10:38:19
Zitat von: Christian am 06. August 2015, 10:18:17
Ich bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, worum es dir geht, aber, der Zufall will es, habe ich vorhin eine Szene in einer Bahnhofstoilette geschrieben. Und da riecht es nicht leicht nach Urin, sondern es stinkt erbärmlich nach alter Pisse (sorry, so steht's halt da ...). Geht das in die Richtung, die du meinst?

Das ist ganz genau das, was ich meine. Berührungsängste ist das treffende Wort, das mir vorher nicht in den Sinn gekommen ist! :) Ich übe, ich habe z.B. bei meinem Langzeitprojekt eingebaut, dass sie sich erst einmal waschen, nachdem sie nach langem, mühsamem Fussmarsch im Schloss ankommen. Es fällt mir halt einfach schwer, gerade, was die härteren Sachen betrifft, so etwas wie z.B. Sprotte beschreibt.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Melenis am 06. August 2015, 11:23:12
Gerade bei Filmen oder Serien fällt mir das besonders auf: Frau ist tagelang ohne Dusche/Wasser/Rasierer whatever, hat aber perfekt rasierte Beine, Acheln und Schambereich  :wums: Da könnte ich jedes Mal ausflippen  ;D
Meine Figuren hingegen heulen schon mal Rotz und Wasser, haben eine laufende Nase, fettige Haare oder nässen sich selbst ein. Ich habe mit solchen Dingen kein Problem. Ganz im Gegenteil, ich mag so "saubere" Geschichten nicht so sehr. Für mich fühlt sich das einfach nicht echt an. Meine Figuren nutzen halt mal das Waschbecken, um sich schnell unter den Achseln zu waschen, wenn es nicht anders geht, oder wechseln nicht jeden Tag die Unterwäsche, wenn es die Situation nicht erlaubt. Und wenn die Figur das für wichtig befindet, schreibe ich das auch auf.
Ich verstehe nicht, warum man vor so etwas Berührungsängste haben sollte. Ich denke, Schönheit und Ästethik kommt nicht von dem, was man schreibt, sondern vorallem, wie man schreibt. Man kann auch unschöne Dinge toll verpacken. Ich selber glaube, dass einige meiner... ekligeren Szenen zu meinen besten gehören. Und manchmal ist das Leben halt nicht schön, und dann sehe ich auch kein Sinn darin, das zu verheimlichen.
Aber du solltest dich nicht zwingen, irgendetwas zu schreiben, was dir nicht gefällt. Wenn du deine Figuren nicht dreckig sehen möchtest, lass es einfach bleiben  ;)
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Churke am 06. August 2015, 12:00:19
Zitat von: Witch am 06. August 2015, 09:28:18
Ich bewundere das immer. Ich frage mich, wie die Autoren das machen, solche Sachen so skrupellos zu beschreiben.

Ich halte das für eine Modeerscheinung. "Wenn du gut sein willst, dann hast du Gülle im Tintenfass!"
Äh, nein.
Das ist auch nicht unbedingt realistischer. Unsere Wahrnehmung ist selektiv und subjektiv. Es wäre damit zum Beispiel ein Stilbruch, etwas auf 3 Seiten als eklig auszuwalzen, was der Perspektivträger nicht als eklig empfindet - oder so verdrängt, dass er sich darüber keine Gedanken macht.
Was meine ich damit? Ein Beispiel: Wenn in Indien Monsun ist, dann stehen die Kanalarbeiter in Unterhosen bis zum Hals im Abwasser und reinigen den Kanal. Und die lamentieren nicht: "Das ist so eklig!!!", die sagen: "Wir machen unseren Job, damit das Wasser ablaufen kann."
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Sturmloewin am 06. August 2015, 12:08:20
Ich bin da voll und ganz auf Churkes Seite - man sollte so beschreiben, wie der Charakter es sieht. Findet der Charakter es total widerlich, kann man das ruhig anbringen. Ist es ihm aber relativ gleich, würde ich es nur in einem Nebensatz erwähnen. Ich finde Übertreibungen in beide Richtungen - entweder SEHR eklig oder SEHR sauber, nicht unbedingt vorteilhaft und würde das wählen, was in den Storyverlauf passt.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: HauntingWitch am 06. August 2015, 13:24:45
Zitat von: Melenis am 06. August 2015, 11:23:12
Ich verstehe nicht, warum man vor so etwas Berührungsängste haben sollte.[....]
Aber du solltest dich nicht zwingen, irgendetwas zu schreiben, was dir nicht gefällt. Wenn du deine Figuren nicht dreckig sehen möchtest, lass es einfach bleiben  ;)

Ich weiss auch nicht, wieso das so ist bzw. was mein Problem genau ist. Ich habe da einfach irgendwie eine Abneigung, aber das ist ja der springende Punkt. Es ist nicht so, dass ich mich zwingen würde, etwas zu schreiben, was ich nicht möchte. Aber ich möchte lernen, diese Abwehrhaltung zu überwinden, weil ich davon überzeugt bin, dass meine Texte dann besser werden. Ich denke, ich werde mich ganz langsam mit kleinen Dingen heran wagen und dann allmählich steigern. Irgendwo muss man ja anfangen.

@Churke: Ja, das auf jeden Fall. Aber wenn der Protagonist es eben eklig und schlimm findet, ist es einfach lebensechter, wenn das auch da steht.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Klecks am 06. August 2015, 13:25:40
Ich gehöre auch zu denen, die solche Dinge lieber "realistisch" bzw. lebensnah lesen (und schreiben), bevor es irgendwann dazu kommt, dass ich die Augen verdrehe, weil Prota und Plot angesichts der jeweiligen Umstände zu "sauber" wirken. Allerdings möchte ich auch Regentänzerin insofern zustimmen, dass man darauf achten sollte, wie man das darstellt. Es sollte nicht eklig um des Ekligseins willen sein, finde ich - es sollte meiner Meinung nach einfach so beschrieben sein, wie es ist, und nicht übertrieben werden, beispielsweise aus Effekthascherei. Die Balance ist da, denke ich, sehr wichtig und gar nicht so leicht zu finden.  :hmmm:
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Christian am 06. August 2015, 13:33:22
Zitat von: Witch am 06. August 2015, 13:24:45
@Churke: Ja, das auf jeden Fall. Aber wenn der Protagonist es eben eklig und schlimm findet, ist es einfach lebensechter, wenn das auch da steht.
Soweit es mich betrifft, bin ich davon ausgegangen, dass es zu Figur und Geschichte passt, was man beschreibt und wie. Das ist einfach Grundvoraussetzung. Ob das, so wie ich es mache, eine Modeerscheinung ist oder nicht, ist mir persönlich egal. Es ist einfach ein Teil meines kümmerlichen Stils. ;D

Zitat von: Klecks am 06. August 2015, 13:25:40
Die Balance ist da, denke ich, sehr wichtig und gar nicht so leicht zu finden.  :hmmm:
Stümmt. Wie bei fast allem im Leben und Schreiben. ;)

@Witch
Ich denke, du bist da mit dem Ansatz schon ganz richtig. Es ist dir bewusst, du willst es ändern und dann wird dir das auch gelingen. Irgendwann denkst du dann gar nicht mehr darüber nach.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Klecks am 06. August 2015, 13:41:20
Zitat von: Christian am 06. August 2015, 13:33:22
Stümmt. Wie bei fast allem im Leben und Schreiben. ;)

Wahre, weise Worte!  ;D
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: canis lupus niger am 06. August 2015, 19:44:27
Zitat von: Witch am 06. August 2015, 10:38:19
Das ist ganz genau das, was ich meine. Berührungsängste ist das treffende Wort, das mir vorher nicht in den Sinn gekommen ist! :) Ich übe, ich habe z.B. bei meinem Langzeitprojekt eingebaut, dass sie sich erst einmal waschen, nachdem sie nach langem, mühsamem Fussmarsch im Schloss ankommen. Es fällt mir halt einfach schwer, gerade, was die härteren Sachen betrifft, so etwas wie z.B. Sprotte beschreibt.

Wenn es gegen Deinen Sinn für Ästhetik geht, Schmutz und Ekliges zu thematisieren,  wenn Du Deinen Lesern ersparen möchtest, darüber zu lesen, dann hat das, meine ich, Einfluss auf die von Dir erzählte Geschichte. Wenn Du Deine Charaktere zu Fuß durch den Urwald oder eine Wüste wandern lässt, dann ist das eine "schmutzige" Geschichte. Sind die Wanderer hartgesottene Abenteurer, können sie damit leben und machen sich nicht viele Gedanken über unrasierte Achseln und Schweißgeruch, ganz zu schweigen über den Mangel an Toilettenpapier. Wenn sie reiche Überlebende eines Flugzeugabsturzes sind, die sich nie außerhalb der Glitzerfassaden einer Großstadt bewegt haben, dann wird jedes Detail dieser Problematik sie sich vor sich selber ekeln lassen. Egal, welche Variante zutrifft, die Situation kannst Du ebenso wie den Charakter Deiner Figuren, die darin stecken, sehr schön zweigen (show, don´t tell), Es wäre andererseits extrem weltfremd, über eine derartige Reise zu schreiben, ohne auf den Dreck und die Unannehmlichkeiten überhaupt einzugehen. Das wäre wie das blütenreine und immer seidenweich glattgekämmte Haar von Legolas in den HdR-Verfilmungen. Das geht nicht!

Man kann bestimmt das Ausmaß und die Wortwahl bestimmen, die Art der Wahrnehmung der Perspektivträger in einem passenden Rahmen setzen, wenn man über die "dreckige" Situation schreibt. Aber wenn Du jede Art von Dreck weglassen willst, dann kannst Du so eine Situation nicht glaubhaft schreiben.

Wenn Du über die Welt eines Models schreibst, das in einer Luxusumgebung lebt, nichts Unangenehmes selber tun muss und allem Abstoßenden aus dem Weg gehen kann, dann kannst Du Dich auf das rein Ästhetische beschränken, weil Unästhetisches darin keine Rolle spielt. Dann hat es schon einen hohen Ekelfaktor, dass der Prota nicht dreimal, sondern nur einmal am Tag duschen kann. Und dass er/sie in der neu zu beziehenden Hotelsuite auf dem Fußboden im Bad ein Haar von der Putzfrau liegen sieht. Und auch das wäre ein starkes "showen" des Charakters und seiner Gewohnheiten.   



"Weiterer wichtiger Punkt: Kampfszenen. Auf einem Schlachtfeld riecht es nun mal nicht nach Veilchen."
Genauso isses. Schreibst Du über ein Schlachtfeld, musst Du auch den Gestank in Kauf nehmen.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Sascha am 06. August 2015, 20:06:35
Ich mag es, wenn auch an sich unwichtige Alltags-Kleinigkeiten beschrieben werde. Wenn es für die Stimmung der Szene wichtig ist, dann erst recht.

In meinem Erstling lasse ich den Helden morgens auch mal verkünden, daß er erst mal aufs Klo muß, da kam dan schon die Reaktion der Betas "Was? Das schreibst Du da wirklich hin??"
Ja sicher! Er ist grad aufgestanden, hat für sich und seinen Partner (im Sinne von Kollege) Frühstück gemacht und muß halt erst mal. Warum soll ich eine typische Morgenszene nicht so beschreiben?

Und in dem Buch, das grad bei den Betas ist, hab ich z.B. das drin:
ZitatDas Erwachen gestaltete sich etwas unsanft. Ein Vogel, der wohl in den Zweigen der Akazie genächtigt hatte, warf vor dem Start in den neuen Tag erst einmal Ballast ab. Und der landete mitten auf Baatars Stirn.
Schimpfend lief er zum Fluss und wusch sich die Sauerei vom Gesicht. [...]
Ein paar Schritte im Wasser tat er es dem Vogel nach und kicherte albern bei dem Gedanken daran, ob er nun vielleicht gerade irgendeinem Fisch auf den Kopf gekackt hatte. So erleichtert und frisch gewaschen kehrte er unter den Baum zurück und frühstückte.
Am nächsten Morgen wird das noch etwas drastischer, weil er nämlich zu viel aufgeweichtes Trockenobst gegessen hat.

Warum ich das so beschreibe? Weil das am Anfang die Dinge sind, die ihm im Alltag Probleme machen. Es ist ein Beitrag zu seiner Charakterisierung. Aber er entwickelt sich. Mal sehen, ob es auch so rüberkommt, aber das ist zumindest der Sinn dahinter.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: AlpakaAlex am 30. August 2021, 19:17:59
Ich finde es irgendwie immer ein wenig ironisch, wenn Tolkien für glaubhafte Fantasy herangezogen wird. Denn ich finde es halt relativ unglaubwürdig in seiner Welt, dass diese sich technologisch über Jahrtausende kaum weiterentwickelt und es auch wenig kulturelle Entwicklung gibt. Das macht bei den Elfen, dank ihrer Unsterblichkeit, noch Sinn. Da wird sich nicht viel verändern. Aber bei den Menschen?

Genau das ist so ein Aspekt, den ich häufig in High Fantasy schlecht gemacht finde und was auch ein Grund ist, warum ich High Fantasy so selten lese: Die ganzen kulturellen Aspekte sind oftmals nicht realistisch und zeugen von wenig Informationen zum Thema Kultur, kulturelle Entwicklung und kulturelle Einflüsse. Da dies ein Thema ist, an dem mir sehr gelegen ist, fällt mir das natürlich immer sehr, sehr negativ auf. Allgemein ist es für mich vor allem dieser grundlegende Realismus im Weltenbau, der mir sehr wichtig ist.

In der Urban Fantasy liegt mir natürlich auch diverses in Sachen Realismus am Herzen. Ich meine, wie ich schon im Thema zum Maskeraden-Paradoxon geschrieben habe: Man kann einfach keine 100% realistische Urban Fantasy schreiben. Das geht einfach nicht, weil man eben zwischen dem Maskeraden-Paradoxon und dem "Aber wenn Magier und Elfen die ganze Zeit real waren, warum gibt es dann Los Angeles?" gefangen ist. Aber es gibt andere Dinge, die mir halt am Herzen liegen. Zum einen versuche ich die Städte, in denen meine Urban Fantasy spielt, möglichst glaubhaft darzustellen mit all ihren Seiten. Auch andere Themenblöcke versuche ich entsprechend zu recherchieren. Das können allerhand Sachen sein. Bei Mosaik recherchiere ich recht viel zum organisierten Verbrechen und auch der Söldnerei selbst (Fun Fact: Söldner*innen verdienen wesentlich weniger, als man meint, und die meisten Auftragsmorde werden mit ein paar Hundert bezahlt, nicht mehr). Bei Sturmjägerinnen aktuell recherchiere ich halt unglaublich viel über die Seefahrt und natürlich auch über die Geschichte der Piraterie (wo ich allerdings einen Vorteil habe, da ich mich dank FdK schon viel damit beschäftigt habe). Auch so ein Dauerthema für mich ist der Gebrauch von Waffen und auch der Wunden, die diese hinterlassen und wie tödlich diese sind.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Zit am 30. August 2021, 19:26:54
So ungewöhnlich finde ich das auch wieder nicht, dass Gesellschaften auf einem Entwicklungsstand festhängen. Hängt letztlich alles von den Rahmenbedingungen ab, siehe Japans technologische Geschichte. Oder noch krasser: Naturvölker in Brasilien.
Titel: Re: Realismus in der Fantasy
Beitrag von: Gizmo am 31. August 2021, 16:41:33
Für mein eigenes Worldbuilding habe ich mich auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob und wie weit Gesellschaften statisch sein können. Und ich denke auf jeden Fall, dass es möglich ist, wenn z.B. ein Konsens in den Bereichen der Gesellschaft besteht, die etwas ändern könnten, es eben nicht zu tun. Abhängig von den Gegebenheiten einer Welt kann es durchaus sein, dass es weite der Gesellschaft als vorteilhaft erachten,dass alles (im Wesentlichen) bleibt, wie es ist. Vor allem, wenn z.B. neue Technologien mit einem Kontroll- oder Wohlstandsverlust einhergehen würden.