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Geschlecht des Protas - Entscheidend für die Zielgruppe?

Begonnen von Debbie, 05. Februar 2013, 17:38:55

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Mondfräulein

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?

Nein, zumindest nicht bewusst. Aber wenn ich daran denke, ist das vielleicht schon etwas dran. Man kann sich doch meistens mit dem eigenen Geschlecht besser identifizieren, oder? Es sind doch die allermeisten All Age post-Twilight Urban Fantasy Romane aus der Sicht einer weiblichen Person geschrieben, wenn ich das richtig in Erinnerung habe. Kann auch daran liegen, dass es da meistens um Liebesgeschichten geht und eben darum, dass sich Mädchen selbst in die Rolle der Bella reinträumen können, der ein Edward erscheint.
Das Problem ist aber auch, dass ich mich in männliche Figuren viel leichter verliebe als in Weibliche. Das merke ich auch bei meinen Charakteren, Frauen so hinzubekommen, dass ich sie wirklich mag, ist schwerer. Liegt das daran, dass ich persönlich auch auf Männer stehe und nicht auf Frauen? Das finde ich interessant. Generell ist es ja auch schon toll, sowas aus der Sicht eines Jungen zu lesen, aber das kommt sehr aufs Genre an, und somit auch auf die Zielgruppe. Ich glaube, wer Bücher liest, weil es ihm um Literatur geht, Sprache und das alles, also nicht unbedingt Twilight-Kundschaft, dem wird das irgendwie egal sein. Wer allerdings liest, um von Edward zu träumen, der wird da eher Vorlieben haben.

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?

Oh je... meine eigenen? ;D Ich war sehr, sehr, sehr verliebt in Nathanael aus der Bartimäus-Trilogie von Jonathan Stroud. Irgendwie war er... scheußlich. Wirklich ein Ekel, egoistisch, aber darin dann wiederum so gut gezeichnet, dass ich ihn innig geliebt habe. Das macht einen guten Charakter aus, glaube ich. Er hatte trotz allem immer noch genug Menschliches und war immer nachvollziehbar, ich war ihm nicht böse, wenn er absolut doof war, auch wenn ich niemals gehandelt hätte wie er, er war in sich einfach so toll gemacht, dass ich ihn gerade deswegen geliebt habe. Ich habe aber auch eine absolute Schwäche für böse Jungs...

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?

Edward aus Twilight. Der war einfach... :brüll: Permanent jammert er nur rum und blaaah, Belle, ich muss gehen, ich bin ja so böse und schlecht für dich und Glitzerglitzer und jammerjammer und Jacob, mach Bella ein Kind, damit ich weiter in der Ecke rumsitzen kann und ich gehe dann mal wieder heulen und jammern... dem Kerl hätte ich gerne mit der Bratpfanne eins übergezogen. Jammerlappen.

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Ist der männliche LI in eher "typischen" Frauenromanen auch als Identifikationsfigur oder lediglich als Projektionsfläche angelegt?

Ich denke, das kommt ganz auf den Roman an. Aber ich lese sowas eigentlich nicht, insofern... gibt aber bestimmt beides.

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?

Potenziell ja. Sagt mein Bauchgefühl. Aber genau kann ich das nicht sagen, weil ich kein Mann bin.

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?

Der sicherste Weg wird wohl immer sein, seinen Charakter realistisch zu gestalten, mit vielen Facetten, sodass er unabhängig vom Geschlecht der Leser interessant ist. Jeder Charakter braucht Schwächen und Stärken und seine ganz eigene Stimme, damit er gut im Gedächtnis bleibt. Wenn ein Charakter so gestaltet ist, dann mag ich ihn auch egal ob er Männchen oder Weibchen ist. Man kann natürlich sagen, dass Männer keine absoluten Zicken mögen, aber so allgemein sollte man einfach immer sein Bestes geben.

Junipera

Zitat- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Ich bevorzuge männliche Protagonisten, was eventuell daran liegt das viele Frauenfiguren so übertrieben "FRAU" sind. (zu weinerlich, zu zickig, zu etc.)

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
Kvothe ("Der Name des Windes") oder John Schnee ("GoT"). Warum? Kvothe fand ich vielseitig und trotzdem bleibt immer ein wenig Geheimnisvolles an ihm. John ist einfacher gestrickt und dennoch mag ich seine gute Art.

ZitatWelcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?

ZitatEdward aus Twilight. Der war einfach...  Permanent jammert er nur rum und blaaah, Belle, ich muss gehen, ich bin ja so böse und schlecht für dich und Glitzerglitzer und jammerjammer und Jacob, mach Bella ein Kind, damit ich weiter in der Ecke rumsitzen kann und ich gehe dann mal wieder heulen und jammern... dem Kerl hätte ich gerne mit der Bratpfanne eins übergezogen. Jammerlappen.

Das Unterschreib ich gern! *Grusel*


Zitat- Ist der männliche LI in eher "typischen" Frauenromanen auch als Identifikationsfigur oder lediglich als Projektionsfläche angelegt?
Ich behaupte schlicht dass es gewollt ist den Mann als Projektionsfläche anzulegen, damit möglichst viele Frauen darauf eingehen und mitschwärmen können. Die eigene Fantasie baut die meist einfachen Charaktere mit aus und macht Sie Individuell zum Mann Ihrer Träume... :-)


Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?
Nein, ich glaube jede Frau tickt da anders. Bei Männern denke ich wird definitiv die männliche Rolle bevorzugt.


Zitat- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Ich denke so eine Figur darf nicht zu Überzeichnet sein, nicht Typisch Mann oder Frau eben.
Eine Frauenfigur mit Schuh und Kleidertick wird auch mehr eine Frau ansprechen.
Eine Männerfigur mit Fußballfangehabe und Whiskey vorliebe eher ein Mann ansprechen.
Die Figur sollte trotz Geschlecht eher etwas neutral wirken. Als bestes Beispiel fällt mir hierzu Harry Potter ein. Mir fällt bei Ihm keine typische Jungeneigenschaft ein außer Quidditch.


Luna

#17
Interessanter Thread :). Gerade letztens habe ich darüber nachgedacht, ob es nur meine selektive Wahrnehmung ist, oder ob in "Abenteuer" Büchern wirklich die Mehrzahl der Protas männlich ist.
Mir fielen da gleich solche Hohlbein-Baukasten-Bücher ein: Junge gerät in andere Welt und erlebt Abenteuer, aber auch Stephen Kings Talisman, in dem der 12-jährige Jack Bekanntschaft mit einer Parallelwelt macht. Da habe ich mir gedacht, warum muss es denn immer ein Junge sein? Warum kann der Autor nicht mal ein Mädchen nehmen und Abenteuer erleben lassen, wie es bei His Dark Materials der Fall war? Ich fand das so klasse, dass es eben mal kein Junge war. Natürlich ist das nicht der einzige Grund, warum ich die Bücher so liebe.

Zitat
- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Bei mir ist eher das Thema des Buches entscheidend. Ansonsten lese ich gerne Bücher mit starken Protagonistinnen. Vi aus Brent Weeks Schattentriologie hat mir da gut gefallen und die Arya Kapitel aus ASOIAF habe ich verschlungen, überhaupt hat George R. R. Martin viele starke Frauenfiguren :jau:.

Zitat
- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
Hach ich mag Tyrion :wolke: und habe generell eine Schwäche für verkorkste, zynische Typen.

Zitat
- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?
Richard Rahl aus den Schwert der Wahrheit Büchern. Ich liebe diese Serie und ich mag eigentlich auch ihn recht gerne, nur manchmal nervt er mich tierisch mit seiner Gutmenschenart.
Wer hat noch mal Moorcocks Elric von Melnibone erwähnt? Lang wars her, als ich den (nicht zuende) gelesen habe. Den mochte ich auch nicht. Konnte mich über den nur aufregen. Irgendwo in den weiten des Netzes habe ich mal irgendwas in der Art gelesen, dass das so ein Typ ist, den niemand in einer Rollenspielgruppe haben will: Er hat ein magisches Schwert, das er nicht kontrollieren kann, tötet aus Versehen oft die ihm Nahestehenden, zieht allen Ärger an und reitet andere mit ins Schlamassel ;D. Das fand ich sehr passend

Zitat
- Ist der männliche LI in eher "typischen" Frauenromanen auch als Identifikationsfigur oder lediglich als Projektionsfläche angelegt? (Antworten darauf würden mich v. a. aus Sicht der Männer interssieren  :hmhm?:)
Puh, um solche Bücher mache ich immer einen weiten Bogen. Ich würde aber auch sagen, dass er eine Projektionsfläche abgeben, der möglichst viele Frauen zum Schwärmen bringen soll.

Zitat
- Was (wenn ihr oben mit einem "Ja" antwortet) hat der/die AutorIn dabei falsch gemacht?
Oft sind diese Teenie- oder Frauenschwärme doch ziemlich blass und überperfekt.

Zitat
- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?
Irgendwo habe ich mal aufgeschnappt, dass es bei Verlagen/Agenturen ein ungeschriebenes Gesetz geben soll: Keine Frauen als Protas in Thrillern. Die sollen wohl mehr von Männern gelesen werden und die würden nichts über eine Frau als Hauptfigur lesen wollen. Wenn das stimmt, kann ich mich da nur drüber aufregen. Thriller ist nicht so mein Genre, von daher kann ich jetzt nicht sagen, ob es da viele mit weiblichen Protas gibt oder ob die alle nur das Opfer mimen dürfen.

Zitat
- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Zitat von: Leann am 05. Februar 2013, 19:09:12
Er muss echt und stimmig sein, Ecken und Kanten haben, eben "menschlich" sein und sich nicht nur auf das Geschlecht reduzieren.
Das unterschreibe ich mal so.


Lovagh

#18
Zitat- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Das kommt bei mir darauf an, ob der Protagonist des anderen Geschlechts dieses auch verkörpert. Wenn das Geschlecht ohne größere Änderungen an den Beschreibungen und Handlungen austauschbar ist, wäre er mir in meinem Geschlecht lieber.
Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
In der Trilogie "Die Drachenkämperin" von Licia Troisi hat die Protagonistin authentisch gewirkt, war nicht mit einem Mann zu verwechseln und trotzdem konnte ich mich in ihre Welt hineinversetzen.
Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?
In ersten Buch der Trilogie "Die Schattenkämpferin" ebenfalls von gleicher Autorin ist es dieser nicht gelungen, die Protagonistin echt wirken zu lassen. Man hätte sie leicht gegen einen Mann austauschen können oder vielleicht einen Ork; es hätte keinen Unterschied gemacht. Das hat mir nicht gefallen und ich habe den zweiten Band, den ich besitze, nicht angerührt und den dritten schon gar nicht gekauft.
Zitat- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Der Charakter sollte als Vertreter seines Geschlechts auftreten können, ohne dass der Autor dabei zu stark auf Klischees zurückgreift. Zudem müsste der Charakter für das andere Geschlecht etwas attraktiv wirken, aber nur in dem Maß, dass ein gleichgeschlechtiger den Charakter nicht als Konkurrenten ansehen kann.

Naudiz

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?

Früher habe ich fast ausschließlich Bücher mit weiblichem Protagonisten gelesen. Mittlerweile hat sich das ins Gegenteil verkehrt - was nicht heißt, dass ich einen gut gemachten weiblichen Perspektivträger nicht zu schätzen weiß. Nur leider findet man sie so selten... gerade in der Post-Twilight-Welle der YA und Romantasy sind die Protagonistinnen oft furchtbar eindimensional. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die Allie aus der Night School-Reihe von C.J. Daugherty hat mir beispielsweise wahnsinnig gut gefallen, da sie sehr authentisch ist.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?

Hm... Spontan fällt mir da Kellhus aus der The Prince of Nothing-Reihe von R. Scott Bakker ein. Allerdings weniger, weil er so sympathisch wirkt, sondern eher, weil er so vielschichtig ist. Mir ist selten eine Figur begegnet, die trotz offensichtlichem Gary Stu-Dasein und Ihbärghs-Arroganz so wahnsinnig faszinierend ist.

Ansonsten mochte ich auch Glokta aus der Klingen-Reihe (Joe Abercrombie) und Tyrion aus ASoIaF, beide vor allem aufgrund ihrer zynischen Art.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?

Edward aus der Twilight-Saga. Definitiv. Ich glaube, ich habe noch nie eine Figur mit solcher Inbrunst gehasst. Was für ein widerlicher Kontrollfreak. Von der Jammerigkeit ganz zu schweigen.

Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?

Ich lese aus der Sicht von zynischen Mistkerlen und mag Frauen in vielen Fällen nicht gern als Perspektivträger. Eine Freundin hingegen lehnt es strikt ab, aus der Sicht von Männern zu lesen,  wobei das auch mit ihrer Einstellung zu tun hat (sie ist Hardcore-Feministin). Von daher: Das kann man nicht pauschalisieren. Jeder Mensch hat seine eigenen Vorlieben.

Zitat- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?

Er muss authentisch sein. Niemand mag Pappaufsteller (außer vielleicht die Generation Twilight... ohne jetzt jemanden diskriminieren zu wollen- ich mochte die Bücher auch, aber die Figuren waren für mich absolut irghs). Klischees sind, sofern sie nicht nachvollziehbar zum Charakter der Figur gehören, ein No-Go. Die Attraktivität sollte nicht im Vordergrund stehen (darüber lässt sich natürlich streiten, aber ich selbst kann mich mit supermodelschönen Figuren nicht identifizieren - ich meine, wie oft sieht man so etwas im echten Leben außerhalb der Hochglanzmagazine?)

Maran

Zitat von: Debbie am 05. Februar 2013, 17:38:55
- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?

- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?

Ich beantworte diese beiden Fragen, da sie in Zusammenhang stehen.

Bücher mit weiblichen Hauptfiguren habe ich noch nie bevorzugt, was im Umkehrschluß nicht heißt, daß ich Bücher mit männlichen Hauptfiguren bevorzuge. Ich lese Geschichten, keine Charaktere.  :P Und genau ist wohl auch der springende Punkt bei der Beantwortung der zweiten Frage: Glaubhafte Charaktere in einer gut geschriebenen Geschichte.

Allerdings finde ich es fürchterlich, wenn eine gute Grundidee durch klischeehaft handelnde und denkende Charaktere ge-/zerstört wird, wobei das Geschlecht der Charaktere unerheblich ist. Natürlich hängt es auch vom Genre ab. Liebesgeschichten z.B. dürfen gerne etwas überzeichnete Figuren beinhalten, wenn dazu allerdings sonst nur hohle Köpfe kommen, dann stößt mich das ab.

Verwirrter Geist

Sehr interessante Thesen bzw. Fragen.

Da du ja insbesondere nach männlichen Meinungen gefragt hast, hier kommt noch eine.  :)

Zitat- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?

Jain. Ja, weil ich tatsächlich deutlich mehr (Fantasy)Bücher mit männlichen Protas gelesen habe, nein, weil das eigentlich nie eine bewusste Entscheidung war. Viele meiner männlichen Freunde lesen allerdings ausschließlich Bücher mit männlichen Protas. Die Frauen meines Freundeskreises scheinen aufgeschlossener.

Zitat
- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?

Ich persönlich mochte Nynaeve aus dem "Rad der Zeit" immer sehr. Sie war so kantig und besonders, dass ich immer zwischen Zuneigung und dem Wunsch sie zu verprügeln hin und her schwankte. Das ist ohnehin eines meiner wichtigsten Kriterien für gute Charaktere: Sie müssen mich emotional bewegen(nicht berühren!) können.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?

Ich glaube sie hiess "Dubhe" aus "Die Schattenkämpferin - Das Erbe der Drachen". Warum? Unglaublich flach, unglaublich limitiert in ihrer Motivation und unglaublich wankelmütig in allem Anderen - schrecklich!

Zitat- Ist der männliche LI in eher "typischen" Frauenromanen auch als Identifikationsfigur oder lediglich als Projektionsfläche angelegt? (Antworten darauf würden mich v. a. aus Sicht der Männer interssieren  :hmhm?:)

Ich frage mich gerade, was ein typischer Frauenroman ist? Ich lese Romantasy z.B einfach überhaupt nicht, kann dazu also wenig sagen. Was ich aber schon lese sind romantische Krimis, gerade solche, die in der viktorianischen Zeit. Da empfinde ich die LI's als reine Projektionsflächen.

Zitat- Was (wenn ihr oben mit einem "Ja" antwortet) hat der/die AutorIn dabei falsch gemacht?

Ich frage mal zurück: Warum sollte das falsch sein? War Twilight nicht insbesondere deswegen so erfolgreich, weil alle Charaktere nur Projektionsflächen waren? Ich finde LI's dürfen ruhig flach sein.

Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?

Meine Erfahrung sagt ja, wobei ich eigentlich keinen logischen Grund sehe. Ich finde weibliche Protas grundsätzlich sehr ansprechend, nur kommen sie in der Sparte von Lowfantasy die ich mag, einfach fast nie vor.

Zitat- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?

Neben den "üblichen" Kriterien für einen guten Charakter kommt es dann wohl besonders darauf an, dass er an beiden Ufern fischt. Das meine ich nicht amourös, sondern von seinem Verhalten her. Solche Charakter müssten sich von den Rollenklischees entfernen, ohne das man das als Leser hinterfragt.


Pauschal habe ich das Gefühl, dass bei Neuerscheinungen abseits des Mainstreams weibliche Protas jedenfalls absolut die Vorherrschaft übernommen haben.

Amberle

Zitat- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Nein, mir ist das egal. Bei anderen achte ich nicht so sehr darauf.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
Jace aus den Chroniken der Unterwelt und Bast aus der Name des Windes. Sie sind zu einen einfach cool und zum andern mag ich, dass man manchmal wirklich überlegen muss, ob sie nun zu den 'Guten' gehören.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?
Kip aus Schwarzes Prisma. Er ist die ganze Zeit nur am jammern und suhlt sich in Selbstmitleid.

Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?
Ja, ich denke schon. (Aber vielleicht hat mich dieser Threat auch schon zu sehr geprägt. ;))

Zitat
- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Erstmal muss es überhaupt eine gute Figur sein und nicht irgendeine Mary Sue oder ein Gary Stue. Umgekehrt sollte es auch keiner sein, der nur jammert und alles den Nebenfiguren überlässt.

Joel

Ok, hier kommt noch eine männliche Meinung  :)

Zitat- Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Spontan würde ich sagen: Nein! Wenn ich aber einen Blick in mein Bücherregal werfe und mir da mal die Verteilung von männlichen und weiblichen Protagonisten/Protagonistinnen anschaue, dann sind die männlichen Protagonisten bei mir mit großem Abstand in der Überzahl.
Das ist spannend, normalerweise rede ich mir ein, dass ich da nicht explizit darauf achte, aber es scheint wohl doch so zu sein, dass sich daraus schließen ließe, dass ich Protagonisten des eigenen Geschlechts bevorzuge.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
Katniss aus "Die Tribute von Panem" hat mir sehr gut gefallen. Sie ist energisch, handelt rasch und die Ereignisse, die sie erlebt, gehen nicht spurlos an ihr vorbei, sondern hinterlassen ihre Spuren.

Zitat- Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?
Ich glaube, wirklich in den Wahnsinn getrieben hat mich noch niemand. Ich muss aber zugeben (ich weiß nicht, wie sich die Geschichte noch weiterentwickeln wird), dass Sansa Stark aus "Das Lied von Eis und Feuer" mir manchmal auf die Nerven geht. Vor allem zu Anfang der Geschichte wirkt sie absolut naiv und verträumt auf mich und bisher habe ich bei ihr auch noch keine Entwicklung feststellen können, die mich in ihren Bann zieht.

Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?
Ich glaube: Ja.

Zitat- Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Der Leser/die Leserin muss schnell einen Zugang zum Charakter finden, der Charakter muss eine interessante Hintergrundgeschichte haben, darf nicht flach gestrickt sein und muss vermutlich auch Ecken und Kanten haben, an denen man sich stoßen kann.
Davon unabhängig bin ich aber der Ansicht, dass ein super Charakter in einer langweiligen Geschichte untergehen kann und darum sollte auch der Rahmen, in dem der Charakter sich bewegt, passen.

Mogylein

#24
Zitat- Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?


Weil hier so oft angemerkt wurde, dass es stimmt, aber keiner dafür einen Grund weiß:
Aus dem selben Grund, warum es gesellschaftlich akzeptiert ist, dass Frauen Hosen tragen, aber Männer keine Röcke. Aus dem gleichen Grund, warum Frauen mittlerweile Anwälte und Chefs sein dürfen, aber Sekretär und Hausmann werden komisch angeschaut. Eben aus dem Grund, dass "Du spielst wie ein Mädchen"  und "Du hast dich von einem Mädchen besiegen lassen" Beleidigungen sind. In all diesen Kleinigkeiten sehen wir, wie weit wir von tatsächlicher Gleichberechtigung noch eine ganze Weile entfernt sind und dass es eben für den Mann als 'Schwäche' zählt, etwas "Weibisches" zu machen (zum Beispiel, sich in den Kopf einer weiblichen Figur einzudenken).

   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

Amberle

Das klingt sinnvoll Mogylein. Aber was bedeutet das nun für uns Schriftsteller? Nur noch Romane mit männlichen Protas schreiben, damit die Zielgruppe möglichst groß ist? Ich meine, es gibt ja auch genügend Bestseller mit weiblichen Protas. :hmmm:

Kati

Ich denke, es bedeutet eher, dass wir aufhören sollten, in unseren Büchern diese Sache auch noch zu unterstützen. "Heul mal nicht rum wie ein kleines Mädchen" oder "Du spielst Fußball wie ein Mädchen" liest man so oft und es geht in genau die Richtung, die Mogy angesprochen hat. Ein Junge sein ist toll, Mädchen dürfen das auch, ein Mädchen sein ist nicht so toll und Jungen dürfen das nicht. Anstatt jetzt weibliche Protagonisten ganz rauszuwerfen, sollte man vielleicht Bücher schreiben, in denen "weiblich" nicht mit "weniger gut" gleichgesetzt wird. In denen ein Junge, der "Mädchensachen" mag, nicht völlig selbstverständlich niedergemacht wird. Die "Gleichberechtigung" geht halt in eine Richtung, in der eine emanzipierte Frau männlich zu sein hat, weil "weiblich" blöd ist. Und das merkt man auch in Romanen. Und deshalb lesen Männer ungern Bücher mit Frauen als Protagonisten. Es sei denn die Protagonistin ist eine mordende, abgebrühte, gefühlskalte Kampfamazone. Dann ist sie ja stark und "männlich" und wieder in Ordnung.

Mogylein

Was ich mir daher hernehme ist: Ich schreibe Charaktere, keine Männer oder Frauen. Mein Charakter kann pink lieben und Lippenstift tragen, ganz egal, ob er Mareike oder Herbert heißt. Und das sogar, ohne die Geschichte zum Issue-Book verkommen zu lassen und das wirklich zu thematisieren. Genauso dürfen Mareike und Herbert auch Fußball spielen. Und das sogar im pinken Trikot. Wenn sie das so möchten.


Eine Frau, die Sachen mag, mit der man typisch weiblich assoziiert, ist nicht weniger emanzipiert als eine, die mit Waffen hantiert, solange sie es sich selbst so ausgesucht hat. In letzter Zeit geht mir der Trend echt zu sehr dazu, dass alle Frauen emotionsarm und *tough* sein müssen, um "eine starke Frauenfigur" zu sein. Das ist Bullshit.
   "Weeks of Writing can save you hours of plotting."
- abgewandeltes Programmiersprichwort

Debbie

Zitat von: Mogylein am 18. März 2013, 17:08:34
Eine Frau, die Sachen mag, mit der man typisch weiblich assoziiert, ist nicht weniger emanzipiert als eine, die mit Waffen hantiert, solange sie es sich selbst so ausgesucht hat. In letzter Zeit geht mir der Trend echt zu sehr dazu, dass alle Frauen emotionsarm und *tough* sein müssen, um "eine starke Frauenfigur" zu sein. Das ist Bullshit.

Amen!  :omn:

So schön hat das hier glaube ich noch keiner gesagt  :)  Ich denke auch, Stärke muss nicht "Stärke" im maskulinen Sinn bedeuten. Es gibt soviele verschiedene Arten von Stärke, Macht, Überlegenheit ...

AlpakaAlex

Nekromantieren wir mal weiter.

Bevorzugt ihr Bücher mit Protagonisten eures eigenen Geschlechts? Beobachtet ihr das vielleicht bei anderen?
Als nicht-binäre Person bin ich es natürlich komplett gewohnt, dass die Hauptfiguren in Geschichten nicht mein Geschlecht haben. Natürlich ist es definitiv ein Kaufargument für mich, wenn ein Buch mit nicht-binären Hauptfiguren daher kommt. Allerdings ist das natürlich absolut die Ausnahme. Davon abgesehen ist es einfach so, dass ich spezifisch ungerne Bücher über weiße cis Männer lese. Das hängt einfach damit zusammen, dass a) ich in meinem Leben einfach zu viele Bücher über weiße cis Männer gelesen habe und dass b) wenn es dann auch noch von einem weißen cis Mann (oder allgemein einer weißen cis Person) geschrieben ist, viele Aspekte des sozialen Miteinanders nicht richtig mitgedacht werden. Davon aber abgesehen bin ich relativ wenig kritisch, was Geschlechter angeht. Also trans männlich/weiblich nehme ich beides, cis Weiblich in der Regel auch.

Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch besonders gut gefallen und warum?
Ähm, ja, "das andere Geschlecht". Hier merkt man, wie alt dieser Thread ist. Es gibt so viele Geschlechter. Für mich sind auch die beiden "binär" gedachten Geschlechter anders.
Also ein Buch mit weiblicher Hauptfigur, das mir besonders gut gefallen hat, war The Arcadia Project von Mishell Backer. Millie ist ein wunderbar komplexer Charakter, der im Verlauf der Reihe einfach unglaublich wächst. Das hat mir sehr gut gefallen.
Ein Buch mit männlicher Hauptfigur, das mir gut gefallen hat ... Hmm, da muss ich mehr überlegen.  :hmmm: Wie gesagt, über cis Männer lese ich selten und Bücher mit trans Männern gibt es sehr wenige. Aber ich habe letztes Jahr die Urban Fantasy Reihe rund um Daniel Faust angefangen und die hat mich tatsächlich positiv überrascht. Der Hauptcharakter ist komplex, fähig ohne zu fähig zu sein und ist respektvoll gegenüber marginalisierten Gruppen. (Hey, seine Zieheltern sind ein schwules Paar. Das ist cool!)


Welcher Protagonist anderen Geschlechts (mit Angabe des Buches) hat euch in den Wahnsinn getrieben und warum?
Auch hier mal wieder beide binären Geschlechter genannt.
Als weibliche Protagonistin ... Nun, da ich hier viel gelesen habe, fallen hier mir natürlich eine Menge Beispiele ein. Aber gut, extremstes Beispiel. Ich meine, ich könnte Jane Yellowstone nennen, aber die regt mich weniger wegen geschlechtlichen Sachen auf, als deswegen, weil die Bücher so unglaublich rassistisch geschrieben sind. Ich glaube, ich gehe tatsächlich an der Stelle mit Katniss Everdeen aus The Hunger Games. Sie ist so ein Charakter, bei dem ich es richtig gehasst habe, in ihrem Kopf festzustecken - und das wird mit jedem Band der Reihe schlimmer. Ugh.
Bei männlichen Protagonisten ist die Frage leicht: Harry Dresden aus den Dresden Files. Ich mache kein Geheimnis daraus, wie sehr ich die Bücher hasse und Harry ist einer der Gründe dafür. Er ist so egozentrisch, so selbstmitleidig und gleichzeitig sind seine Kräfte absolut inkonsistent geschrieben - er hat am Ende jeden Bandes eine absolut nicht aufgebaute Deus Ex Machina Lösung zur Hand. Was seine etwaigen Siege unverdient wirken lässt. Davon abgesehen denkt er mit seinen Genitalien und sexualisiert selbst minderjährige Kinder, sollten sie weiblichen Geschlechts sein.  :kotz:

Denkt ihr, dass Frauen eher bereit sind Bücher mit einem männlichen Protagonisten zu lesen als umgekehrt?
Ja, natürlich sind sie das. Das liegt daran, dass unsere Gesellschaft patriarchal gestaltet ist und der weiße, ablebodied, cis Mann der "Standardmensch" ist, mit dem wir uns zu identifizieren lernen von unserer Kindheit an. Da es eben gesellschaftlich die Norm ist, dass Geschichten mit weißen cis Männern für alle Konsument*innen sind und welche mit anderen Protagonist*innen eben eher für die entsprechende Gruppe, lernen alle, das so anzunehmen. Das ist halt natürlich mit dem Patriarchat eben sehr extrem. Geschichten mit Männern sind für alle, Geschichten mit Frauen nur für Frauen. Da müssen wir halt wirklich lernen von weg zu kommen. (Man denke nur an das ganze Geweine über die Marvel/Star Wars Filme mit weiblichen Hauptfiguren.)

Was glaubt ihr wie ein Charakter gestaltet sein muss, um beide Geschlechter gleichermaßen anzusprechen?
Die Sache ist: Das hat letzten Endes wenig damit zu tun, wie der Charakter gestaltet ist, sondern mit Sozialisierung. Wir müssen uns über die Sozialisierung hinweg setzen - anders können wir dieses Problem nicht auflösen.