Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Workshop => Thema gestartet von: HauntingWitch am 19. April 2018, 12:43:56

Titel: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: HauntingWitch am 19. April 2018, 12:43:56
Mich beschäftigt das Thema seit einer Weile und ich hatte letztens ein interessantes Gespräch darüber. Wie ja noch niemand hier im Forum weiss *räusper*, schreibe ich ja inzwischen Drama/Lovestory. Nun ist das Genre aber immer noch sehr neu für mich und ich habe auch noch nicht so wahnsinnig viel darin gelesen. Nachdem ich lange nicht wusste, wo meine Geschichten einzuordnen sind, bin ich auf "Ein ganzes halbes Jahr" von Jojo Moyes gestossen, zuerst der Film, dann das Buch. Und das hat mich aus dem Hocker gehauen. Da war eine Liebesgeschichte, die eindeutig eine Liebesgeschichte ist, aber halt nicht einfach nur "Dummchen verliebt sich in Übermacho", sondern etwas mehr Substanz hat. Ich kannte vorher nur Ersteres, was in meinen Augen schlechte Romance ist. (Randnotiz: Ich möchte niemanden beleidigen, der das mag, das ist nur nicht mein persönlicher Geschmack).

In dem Gespräch, das ich hatte, ging es also nun darum, dass ich sagte, ich schreibe zwar Romance, aber... (eben halt eher Richtung Jojo Moyes als das andere). Da sagte mein Gegenüber: Warum "aber"? Der eigentliche Kern von Liebesgeschichten wäre es doch, tiefste menschliche Gefühle/Abgründe etc. zu erforschen und habe daher per Default diese Substanz, die ich meine. Darauf sollte man Stolz sein. Ich war erst einmal baff, weil ich das noch nie so gesehen habe. Für mich war Romance immer schlecht, weil ich ja nur den "Dummchen-Macho"-Plot kannte, und das änderte sich erst mit der Geschichte von Moyes. Ich wollte dann natürlich mehr solche Sachen lesen, weil es ja genau das ist, was ich mit meinen eigenen Geschichten auch anstrebe, aber ich stelle fest, dass es sehr schwierig ist, solche Sachen zu finden.

Meine Frage ist jetzt: Was meint ihr dazu? Was ist für euch gute Romance? (Auch Fantasy-Romance ;-)). Was macht es aus? Seht ihr das ähnlich, wie mein Gesprächspartner oder doch ganz anders?

Und an jene, die das auch schreiben: Was sind für euch die grössten Herausforderungen dabei? Achtet ihr auf bestimmte Dinge, worauf?
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Ary am 19. April 2018, 12:58:50
Wenn ich Liebesgeschichten schreibe, achte ich darauf, dass das zukünftige Paar sich auf Augenhöhe begegnen oder beide  da ziemlich schnell hinkommen. Beziehungen, in denen einer auf welche Weise auch immer vom anderen abhängig ist, sind für mich keine gesunden Beziehungen, und für Romance ist für mich eine gesunde Beziehung wichtig. Ich würde zum Beispiel niemals "Fifty shades of grey" als Romance bezeichnen. Geschichten, in denen aus einem Täter-Opfer-Spannungsfeld eine "Romanze" erwächst (Stockholmsyndrom, rape-to-love etc.) sind in meinen Augen keine Geschichten um Liebe, es sind Geschichten um Abhängigkeiten, und Abhängigkeit ist für mich keine Liebe. Liebe bedeutet für mich Gleichberechtigung. Nicht "edler Recke rettet Jungfrau in Nöten", sondern zwei gleichberechtigte Partner geben einander Schutz und Stütze.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Trippelschritt am 19. April 2018, 14:28:05
Romance ist für mich nur ein moderner Begriff für Liebesroman. Der ist allerdings weit gespannt, denn den Menschen interessieren im Grunde genommen vorwiegend zwei Dinge: den Tod und die Liebe. Auf der einen Seite steht der Obein-Heftroman - sie kommen zusammen, trennen sich, lösen ihr Problem und sind wieder zusammen, auf der anderen Seite Romeo und Julia. Ähnlich breit ist gerade noch der Abenteuerroman von Peng, du bist tot, bis zur Begegnung mit sich selbst in einer Krisensituation.

Ich meine, dass sich niemand schämen muss, wenn er Liebesromane schreibt. Egal welchen Typs. Nur sollte der Stil ansprechend sein. Ich habe da wenig Berührungsängste.

Trippelschritt
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Churke am 19. April 2018, 14:41:04
Bei Petronius steht, statt sich Sklavinnen unter Herren und Herrinnen unter Sklaven legen.  ;D Seit 2.000 Jahren bekannt und bewährt.  :engel:

Zitat von: Aryana am 19. April 2018, 12:58:50
Liebe bedeutet für mich Gleichberechtigung. Nicht "edler Recke rettet Jungfrau in Nöten", sondern zwei gleichberechtigte Partner geben einander Schutz und Stütze.

Darin sehe ich ein dramaturgisches Problem. Wenn die große Liebe eine Win-Win-Situation ist - was macht sie dann so groß?  :hmmm:
Man denke an Arwen, die der Liebe ihre Unsterblichkeit opfert. Wie willst du dich jemandem ebenbürtig fühlen, der für dich auf die Unsterblichkeit verzichtet? Ich würde mal sagen, gar nicht...
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Zauberfrau am 19. April 2018, 15:22:51
Zitat von: Aryana am 19. April 2018, 12:58:50
Geschichten, in denen aus einem Täter-Opfer-Spannungsfeld eine "Romanze" erwächst (Stockholmsyndrom, rape-to-love etc.) sind in meinen Augen keine Geschichten um Liebe, es sind Geschichten um Abhängigkeiten, und Abhängigkeit ist für mich keine Liebe. Liebe bedeutet für mich Gleichberechtigung. Nicht "edler Recke rettet Jungfrau in Nöten", sondern zwei gleichberechtigte Partner geben einander Schutz und Stütze.

Das sehe ich ein klein wenig anders. Hierzu zwei Konstrukte:

Krieger A nimmt Kriegerin B gefangen.
Die beiden können sich nicht leiden, merken aber im Lauf der Geschichte, dass sie im Grunde genau Topf mit passendem Deckel sind. Und aus der Gefangenschaft wird mehr und mehr ein Miteinander und irgendwann stehen sie "gleichberechtigt" nebeneinander. Mit deiner Auffassung funktioniert diese Liebe nicht - oder besser - kann nicht funktionieren, weil sie aus einem Täter-Opfer-Spannungsfeld entstanden ist. Die beiden haben also keine Chance auf eine Romanze. Gut. Nehm ich mal so hin.
Was ist jetzt aber, wenn Mr. A das so leid tut, dass er Mrs. B gefangen genommen hat, dass er sie freilässt und sie fliehen kann. Jetzt kommt sie aus freien Stücken zurück, weil sie ihn wirklich liebt. Haben die beiden dann eine Chance? Oder ist ihre Liebe einfach per se kaputt? "Diese Liebe ist böse, weil sich beide in einem Opfer-Täter-Szenario kennengelernt haben." Hm. Schade für die zwei.

Und was passiert, wenn ich die Geschlechter tausche?
Kriegerin B nimmt Krieger A gefangen. Sonst behalte ich den gleichen Ablauf bei. Wird dann nicht gleich der Dame unterstellt, sie würde sich von einem Mann verführen lassen und wäre schwach? Was ist, wenn sie gar noch so weit geht und ihn freilässt? Dann hat sie ja total versagt, oder? So herum funktioniert die Geschichte nicht bzw. nur schwer.

Insofern glaube ich, dass es gar keine Gleichberechtigung geben kann, weil in den Köpfen der Leser schon zu viele Weichen gestellt sind. Ja,  da kommt der gute, alte Petronius ins Spiel. Wenn sich heutzutage eine Frau freiwillig unter den Mann legt, dann ist sie schwach. Immer hart, kämpferisch und bloß nie eine Schwäche zeigen, das ist das Motto der heutigen Welt. Und alle Geschichten, die vielleicht noch eine schwache Frau beschreiben, die sich an ihrem edlen Ritter auf dem weißen Pferd freut, sind auf einmal alle böse und können keine guten Romanzen sein.

Ich schreibe auch gerne von starken Frauen. Aber bei meinen Frauen ist die Stärke nicht daran bemessen, dass sie sich ihrem Liebsten nicht auch mal beugen. Meine Frauen beugen sich genau dann, wenn sie es für richtig halten. Und wenn der "edle Ritter" an ihrer Seite mal den falschen Weg einschlägt, dann gibt sie entweder das Stop-Signal oder sie ignoriert ihn einfach oder sie macht sich ganz aus dem Staub. Genauso erwarten meine Frauen auch mal, dass er sich beugt, wenn sie weiß, wo es lang geht.
Aber so eine Konstellation kann auch mal aus einem ungünstigen Anfangsszenario entwachsen. Dann haben sich beide Figuren entwickelt und der Anfang ist nicht mehr gültig.

Meiner Meinung nach hat unser lieber Gott einen großen Tiergarten auf diese Welt gebracht, in der es viele Beziehungs-Spielarten gibt. Wenn am Ende einer Geschichte beide freiwillig nebeneinander stehen (und dazu nicht gezwungen werden), ist das für mich eine Romanze, egal aus welchen Widrigkeiten sie entstanden ist. Ja, vielleicht gerade weil sie aus Widrigkeiten entstanden ist, kann es eine Romanze sein. Wenn die Liebe über allen Unbill siegt.

Viele Grüße,
Zauberfrau,
die sich fürchtet, mal wieder ein Tabu gebrochen zu haben...
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Sprotte am 19. April 2018, 15:32:24
Kein Tabu gebrochen, aber missverstanden, worauf Ary hinauswill:

Geschichten von Feinden, die zu Liebenden werden, schreibe ich mitunter auch (siehe Königsmacher und Kenna). Die Entwicklung kann hochinteressant sein.

Was in meinen Augen nicht geht: Bösewicht vergewaltigt Heroin, die dann merkt, dass das ja gar nicht so schlimm war und ihr eigentlich gefiel und die dann - in/aus einem Abhängigkeitsverhältnis körperlicher und/oder seelischer Art - sich in den Vergewaltiger verliebt und meint, ihn "läutern" zu können. Klappt das nicht, ist es auch nicht so wild, weil der Sex halt so gut ist und sie ihm hörig ist. Und weil er eine schlimme Kindheit hatte oder ein Alkohol-/Drogenproblem hat. Oder was auch immer.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: HauntingWitch am 19. April 2018, 15:41:53
Zitat von: Churke am 19. April 2018, 14:41:04
Darin sehe ich ein dramaturgisches Problem. Wenn die große Liebe eine Win-Win-Situation ist - was macht sie dann so groß?  :hmmm:

Da geht es mir genau gleich. Das interessante an Beziehungen sind doch die Konflikte. Deshalb fand ich auch viele Romance-Romane so schlecht, weil es da irgendwie immer nur darum ging, wie zwei sich kennenlernen und sich näher kommen und sich total gut mögen usw. Wo ist denn da die Spannung? Was ist das Interessante, wenn zwei sich einfach nur mögen und es erst einen Evil Overlord (TM) braucht, um sie auseinanderzuhalten? Ich finde eben diese Beziehungen interessant, bei denen es aus anderen Gründen nicht funktioniert, Gründe, die direkt mit den Protagonisten selbst zu tun haben (charakterliche Dinge oder innere Konflikte o.ä., ist schwierig zu erklären). Eine Beziehung, die total harmonisch funktioniert, ist zwar in Realität sicher erstrebenswert, hat aber für mich kein Plotpotenzial.

Trotzdem stimme ich Aryana insofern zu, dass natürlich auch die schwierige Beziehung zwischen zwei Charakteren in einem Roman keine Missbrauchsbeziehung sein sollte bzw. wenn es eine ist, sie nicht zu einem Happy-End führen kann und darf. Das würde meiner Meinung nach eine falsche Botschaft vermitteln und das möchte ich vermeiden. @Sprotte war schneller, danke. :) Sehe ich genauso.

Zitat von: ZauberfrauUnd was passiert, wenn ich die Geschlechter tausche?
Kriegerin B nimmt Krieger A gefangen. Sonst behalte ich den gleichen Ablauf bei. Wird dann nicht gleich der Dame unterstellt, sie würde sich von einem Mann verführen lassen und wäre schwach? Was ist, wenn sie gar noch so weit geht und ihn freilässt? Dann hat sie ja total versagt, oder? So herum funktioniert die Geschichte nicht bzw. nur schwer.

Das hat etwas. Ich denke, was Frau "darf/soll" und was nicht oder was Mann "darf/soll" und was nicht, ist schon wieder ein anderes Thema. Das könnte man seitenweise breittreten und hat für mich viel mit Sexismus und gesellschaftlichen Normvorstellungen zu tun.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Zauberfrau am 19. April 2018, 15:43:58
Zitat von: Sprotte am 19. April 2018, 15:32:24
Kein Tabu gebrochen, aber missverstanden, worauf Ary hinauswill:

Geschichten von Feinden, die zu Liebenden werden, schreibe ich mitunter auch (siehe Königsmacher und Kenna). Die Entwicklung kann hochinteressant sein.

Was in meinen Augen nicht geht: Bösewicht vergewaltigt Heroin, die dann merkt, dass das ja gar nicht so schlimm war und ihr eigentlich gefiel und die dann - in/aus einem Abhängigkeitsverhältnis körperlicher und/oder seelischer Art - sich in den Vergewaltiger verliebt und meint, ihn "läutern" zu können. Klappt das nicht, ist es auch nicht so wild, weil der Sex halt so gut ist und sie ihm hörig ist. Und weil er eine schlimme Kindheit hatte oder ein Alkohol-/Drogenproblem hat. Oder was auch immer.

Ah, okay. Nö, solche Szenarien sind natürlich unmöglich gerade zu biegen, weil hier ja schon massive Verbrechen begangen wurden. Aber auch eine Gefangennahme ist ein Täter-Opfer-Szenario.
Vielleicht muss man es anders formulieren?

Wie wäre es mit: Die Liebenden müssen sich gegenseitig respektieren und achten, egal in welchem Verhältnis sie stehen (Häscher und Gefangene als Beispiel). Eine Liebe ohne Respekt ist nicht möglich. Da bin ich sofort dabei  :jau:

Also ist eine Romanze eine Beziehung zwischen zwei Liebenden, für die Respekt und Achtung vor dem anderen von Anfang an selbstverständlich sind (sowohl körperlich als auch geistig). Könnte man das so fassen (egal wer jetzt die Hosen anhat bzw. ob es überhaupt "Hosen gibt")?
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Zauberfrau am 19. April 2018, 15:50:37
Zitat von: Witch am 19. April 2018, 15:41:53

Das hat etwas. Ich denke, was Frau "darf/soll" und was nicht oder was Mann "darf/soll" und was nicht, ist schon wieder ein anderes Thema. Das könnte man seitenweise breittreten und hat für mich viel mit Sexismus und gesellschaftlichen Normvorstellungen zu tun.

Japp, das ist leider so. Mir persönlich wäre es lieber, wenn ich beide Möglichkeiten schreiben könnte und beide funktionieren würden. Dann hätten wir eine reale Gleichberechtigung. Wenn es - wie in dem Beispiel jetzt - egal wäre, wer jetzt wen gefangen nimmt.

Ich weiß nicht. Ich glaube nicht, dass wir diesen Stand in der Menschen-Geschichte jemals erreichen werden. Dazu denken Mann und Frau zu unterschiedlich. Und irgendwie finde ich die Polarisation andererseits auch spannend. Gerade weil beide Geschlechter so unterschiedlich sind, können sie sich gut miteinander ergänzen und in der Liebe etwas ganz Eigenes hervorbringen.

Sorry, dass das jetzt zwei Posts hintereinander waren. Irgendwie hatte ich das mit dem Zitieren nicht so gepeilt...
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Gizmo am 19. April 2018, 17:11:24
Zitat von: Churke am 19. April 2018, 14:41:04
Zitat von: Aryana am 19. April 2018, 12:58:50
Liebe bedeutet für mich Gleichberechtigung. Nicht "edler Recke rettet Jungfrau in Nöten", sondern zwei gleichberechtigte Partner geben einander Schutz und Stütze.
Darin sehe ich ein dramaturgisches Problem. Wenn die große Liebe eine Win-Win-Situation ist - was macht sie dann so groß?  :hmmm:
Man denke an Arwen, die der Liebe ihre Unsterblichkeit opfert. Wie willst du dich jemandem ebenbürtig fühlen, der für dich auf die Unsterblichkeit verzichtet? Ich würde mal sagen, gar nicht...

Partner, die auf einer Stufe stehen, bedeuten ja nicht sofort, dass alles tutti ist und einen automatische Win-Win-Situation ohne Konfliktpotential entsteht. Gerade in einem solchen Szenario kann es zu Konflikten zwischen den beiden Charakteren kommen, weil jeder bereits eine eigene, starke Persönlichkeit ausgebildet und eine Vorstellung hat, wie er sein Leben gestalten will. Es geht weniger um Anpassung aneinander, als um Ergänzung.
Man kann diesen Ansatz aber meiner Meinung nach nicht mit einem Recke-rettet-Jungfrau Plot vergleichen. Nach meinem Gefühl basiert dieser eher auf einer Fantasie, nämlich Retter oder Geretteter zu sein, je nach Perspektive. Und meistens enden diese Beziehungen schließlich auch dort, wo die Fantasie endet, nämlich dass die Charaktere zusammenkommen. Den Alltag danach bekommt man selten zu Gesicht, und solche Plots müssen diesem Test nicht standhalten.

'Was macht gute Romance aus?' würde ich daher beantworten mit: Es kommt darauf an, was ich als Leser suche. Möchte ich mich in einer Fantasie verlieren, in der ein strahlender Ritter als Retter herbeieilt? Oder möchte ich eine glaubwürdige Beziehung mit einander ebenbürtigen Partnern, die sich ergänzen und unterstützen? Beides kann auf seine Art sehr gut und interessant gemacht sein.
Bei Werken (au, das tat beinahe weh) wie Fifty Shades of Grey tue ich mir hingegen schwer. Ich empfinde diese Geschichten als unangenehm und auch gefährlich, weil sie übergriffige Verhaltensweisen als normal oder gar romantisch darstellen. Auf der anderen Seite sagte mir eine Freundin letztens, das damit auch wieder Fantasien der Leserschaft bedient werden, ähnlich wie bei Ritter-rettet-Jungfrau. Einigen konnten wir uns am Ende allerdings nicht.  :)
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 19. April 2018, 18:08:52
Man darf BDSM Geschichten aber auch nicht alle mit Shades of Grey über einen Kamm scheren (dieses Machwerk ist stlistisch und inhaltlich tatsächlich kaum zu ertragen). Es gibt auch richtig gute Geschichten, die deutlich machen das BDSM keine übergriffige rape phantasie ist - kann es sein, aber nur wenn beide es wollen -, sondern eben eine besonders intensive Spielart der Liebe und Erotik. Und was viele oft nicht sehen: Eigentlich bestimmt nicht der Top, was passiert, sondern der Bottom, den er legt die Grenzen fest. Das nur am Rande.

Was macht gute Romance aus? Ich habe solche Geschichten bisher immer als Geschichten vom Suchen und Finden der Liebe erlebt mit einem Protagonisten, der dabei über sich hinaus wächst.
Was ich persönluch gar nicht mag, sind Plots, die darauf fußen, dass die Protas nicht miteinander reden, sondern lieber weglaufen und völlig verquere Schlüsse aus vermuteten Fakten schließen.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Churke am 19. April 2018, 19:23:23
Vorbemerkung: Romance ist nicht realistisch, sie muss nur glaubhaft sein! Dazu gehört auch, dass sie mal politisch unkorrekt ist, weil sie mit Phantasien spielt. Ich halte nichts davon, daraus eine von der Gleichstellungsbeauftragten empfohlene Musterbeziehung zu machen. 


Zitat von: Gizmo am 19. April 2018, 17:11:24
Partner, die auf einer Stufe stehen, bedeuten ja nicht sofort, dass alles tutti ist und einen automatische Win-Win-Situation ohne Konfliktpotential entsteht. Gerade in einem solchen Szenario kann es zu Konflikten zwischen den beiden Charakteren kommen, weil jeder bereits eine eigene, starke Persönlichkeit ausgebildet und eine Vorstellung hat, wie er sein Leben gestalten will. Es geht weniger um Anpassung aneinander, als um Ergänzung.
Gegenseitige Ergänzung ist schön gesagt. Nun wird ein Romanplot aber von Konflikten bestimmt. Treten diese Konflikte zwischen den Liebenden auf, muss irgendjemand zurückstecken. Vor einiger Zeit lief der Dreiteiler "Maximilian". Die Herzogin von Burgund steckt in dem Dilemma, dass der Mann, den sie heiratet, über Burgund und sie selbst herrschen wird. Das ist für sie völlig inakzeptabel. Die Figur der Herzogin ist dermaßen stark angelegt, dass sie den LI (Maximilian) niemals heiraten würde, wenn sie nicht durch äußere Umstände dazu gezwungen würde. Das ist sehr geschickt gelöst, verdeutlicht aber auch, dass in einer Beziehung einer von beiden nachgeben muss.


Zitat von: Zauberfrau am 19. April 2018, 15:22:51
Und was passiert, wenn ich die Geschlechter tausche?
Kriegerin B nimmt Krieger A gefangen.

Habe ich schon gemacht. Eigentlich wollte ich gar keine Romance schreiben, das hat sich einfach so ergeben.
Am "Ausbeutungsverhältnis" ist die Kriegerin unschuldig, da ihr der LI geschenkt wurde und sie ihn nicht loswerden kann. Der LI wiederum hasst sie, muss ihr aber wegen eines Zaubers gehorchen. Das wird dann ziemlich schnell ziemlich kompliziert.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Gizmo am 19. April 2018, 20:22:07
Ich wollte keinesfalls ausschließen, das einer der beiden nachgeben muss, da habe ich mich etwas ungeschickt ausgedrückt. Genau da ergibt sich auch der Konflikt - wer gibt nach und wie viel. Mir ging es darum, dass für mich Beziehungen glaubhafter sind, wenn sich die Partner ergänzen. In dem von mir beschriebenen Szenario muss man sich natürlich annähern und aufeinander einstellen. Ich lese einfach ungern Geschichten, in denen sich einer der Partner verbiegen oder komplett ändern muss, um in die Beziehung zu passen. Dazu gehört auch der Plot des 'geläuterten' Macho / Frauenhelden; aber das ist persönliche Präferenz.  :)

@Araluen:
Fifty Shades of Grey habe ich nicht als 'übergriffig' bezeichnet, weil es BDSM zum Thema hat. Was das betrifft, sehe ich es genau so wie du. Es ist übergriffig, weil Christian Grey Macht über seine Partnerin gewinnt und Kontrolle über sie ausübt, und zwar nicht in gegenseitigem Einvernehmen. Welche Spielart der Erotik er bevorzugt, spielt dabei keine Rolle, die Beziehung wäre in jeder Form toxisch. Und das ist es, worauf ich hinauswollte: Das Verhalten der Charaktere ist nicht gesund, wird aber normalisiert.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 19. April 2018, 20:54:40
@Gizmo: Da gebe ich dir Recht. Diese Art Beziehung wie sie in Shades of Grey normalisiert wird, geht gar nicht, da dort auch jeder Grundsatz des BDSM mit Füßen getreten wird. Aber gut, abderes Thema. Hier gehts ja um Romance generell und nicht im schlecht oder gut dargestellte BDSM Beziehungen :)
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Katja am 19. April 2018, 21:01:41
So wie ich das sehe, gibt es auf die Frage - Was ist (gute) Romance? - keine oder mindestens 1000 Antworten.

Hier die Meine ;D: Ich persönlich kann mit Jojo Moyes nichts anfangen, weil sie ihre Figuren in Konflikte treibt, mit denen ich mich in meiner spärlichen Freizeit nicht belasten möchte. Ich suche nach Unterhaltung und nicht nach schlimmen Schicksalen. Nach Einschätzung vieler Menschen bin ich (u.a.) Fan von sog. trivialer Romance - Frau verliebt sich in unerreichbaren Typen usw.. Jeder weiß, wie es ausgehen wird, nur der Weg ist noch unklar. Ich persönlich glaube, es gibt viele denen es geht wie mir, nur gibt man das in intellektuellen Kreisen heute ungern zu. Das ist vermutlich so ähnlich wie das mit dem Jungle Camp, jeder weiß, wer drin ist aber keiner will es gesehen haben. ;) Nun, ich bin keine 16 mehr und habe einen Uni-Abschluss - ich stehe dazu, für mich ist Romance gut, wenn der Ritter die Jungfrau rettet und es am Schluss der Geschichte vielleicht auch einmal umgedreht ist. :)     
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: HauntingWitch am 22. April 2018, 12:25:55
Zitat von: Gizmo am 19. April 2018, 17:11:24
Partner, die auf einer Stufe stehen, bedeuten ja nicht sofort, dass alles tutti ist und einen automatische Win-Win-Situation ohne Konfliktpotential entsteht. Gerade in einem solchen Szenario kann es zu Konflikten zwischen den beiden Charakteren kommen, weil jeder bereits eine eigene, starke Persönlichkeit ausgebildet und eine Vorstellung hat, wie er sein Leben gestalten will. Es geht weniger um Anpassung aneinander, als um Ergänzung.

Hm, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Aber wenn ich es mir recht überlege, ist das glaube ich, ein wesentlicher Teil von meinem neuen Projekt. :hmmm: Man muss sich über diese Muster nur erst einmal bewusst werden, das finde ich das Schwierigste. Klar zu definieren, wo welcher Charakter steht und an welchen Punkten das zu welchen Konflikten führt. Und das alles ohne so einen Weglauf-Plot zu erezugen, wie Araluen es beschreibt.

Zitat von: Churke am 19. April 2018, 19:23:23
Vorbemerkung: Romance ist nicht realistisch, sie muss nur glaubhaft sein! Dazu gehört auch, dass sie mal politisch unkorrekt ist, weil sie mit Phantasien spielt. Ich halte nichts davon, daraus eine von der Gleichstellungsbeauftragten empfohlene Musterbeziehung zu machen. 

Ist der weisse Ritter, der die hilflose Prinzessin vor dem bösen Drachen aus dem Turm rettet, für dich glaubhaft? Für mich ist das vielleicht für eine Komödie geeignet, aber unter einer glaubhaften Liebesgeschichte verstehe ich etwas anderes. Natürlich sollte es keine Musterbeziehung sein, sonst haben wir ja wieder das Problem mit dem fehlenden Konfliktpotenzial. Aber das heisst ja nicht, dass man deswegen ungesunde Verhaltensweisen als romantisch darstellen muss. Ist jedenfalls das, was ich auf keinen Fall machen möchte.

Zitat von: Katja am 19. April 2018, 21:01:41
Ich persönlich kann mit Jojo Moyes nichts anfangen, weil sie ihre Figuren in Konflikte treibt, mit denen ich mich in meiner spärlichen Freizeit nicht belasten möchte.

Lustig, ich finde genau diese Themen interessant. Für mich persönlich ist eine Geschichte nicht mehr spannend, wenn ich schon von Anfang an weiss, dass es sowieso ein Happy-End gibt und zwischen welchen beiden Charakteren. Gerade erst vor Kurzem sagte mir eine Betaleserin, dass es ihr genauso geht. Vermutlich haben beide Arten von Geschichten ihr Publikum und das darf ja auch so sein. Ich habe eine Freundin, die einen psychisch recht anstrengenden Job hat und dasselbe sagt, wie du. Und ich verstehe sie total, weil ich weiss, mit was für Schicksalen sie sich jeden Tag beschäftigen muss. Für mich ist das ein wenig anders, die unschönen Seiten des Lebens faszinieren mich, nicht unbedingt auf eine positive Weise, aber auf eine, die Inspiration in mir weckt.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Wildfee am 22. April 2018, 13:35:56
Lustig, meine Art von bevorzugter Romance ist hier noch gar nicht genannt worden ;)
ich bin erklärter Fan von Liebesromanen aber eben auch von Fantasy. Und mit dieser Vorbelastung ist für mich gute Romance, wenn die Konflikte und Schwierigkeiten, die vor dem Happy End liegen, gar nicht unbedingt in den Charakteren zu finden sind, sondern von außerhalb kommen. Also quasi ein "wir zusammen gegen den Rest der Welt" überspitzt formuliert. In diese Konstellation kann man so viel rein packen an Problemem und Widrigkeiten und hat dann auch noch tolle Möglichkeiten für glaubhafte Charakterentwicklung.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Churke am 22. April 2018, 13:36:15
Zitat von: Witch am 22. April 2018, 12:25:55
Ist der weisse Ritter, der die hilflose Prinzessin vor dem bösen Drachen aus dem Turm rettet, für dich glaubhaft? Für mich ist das vielleicht für eine Komödie geeignet, aber unter einer glaubhaften Liebesgeschichte verstehe ich etwas anderes.

Abgesehen davon, dass es eine Plotkarikatur und durch die Übertreibung (caricre = überteiben) komischwirkt - wo genau siehst du das Glaubwürdigkeitesproblem? Ist es nicht ein klassischer Topos, der im Übrigen auch dem klassischen Rollenverständnis (*hust*) entspricht, dass der *Mann* das Herz der *Jungfer* durch mannhafte Taten erringen muss? Das ist, wenn man so will, eine metaphorische Brautwerbung.
Wenn jemand abschaltet, verstehe ich das vollkommen - aber ist es per se als Liebesgeschichte unglaubhaft?
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Aphelion am 22. April 2018, 15:03:12
Ich würde Romance und Liebesromane nicht gleichsetzen, weil die Konnotation und der "Marketing-Gebrauch" der Begriffe definitiv unterschiedlich ist.

Romance bezeichnet eine bestimmte Art von Liebesroman, die meistens tatsächlich eher... hm... abgehoben? Unrealistisch? Eben nicht unbedingt glaubwürdig, sondern fan(t)a(s)tisch verklärt ist? Also eher das, was Churke beschreibt, obwohl es Variationen gibt.

Romance befriedigt zweifellos Leserbedürfnisse, ist aber nicht alles, was das breite Spektrum der Liebesromane zu bieten hat.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Franziska am 22. April 2018, 21:23:36
Man muss ja nicht herumraten, was Romance ist.  ;) Da gibt es ja zig Definitionen zu. Bei Wikipedia habe ich nur schnell nachgeschaut. Tatsächlich ist die Definition nicht ganz eindeutig. Aber klar ist, das Buch dreht sich vorrangig darum, dass zwei Personen eine romantische Beziehung eingehen und es hat ein "optimistisches" Ende. Mein Stand war eigentlich, dass Romance gleichbedeutend mit Happy End ist. Daher ist auch nicht jede Liebesgeschichte Romance.
Die andere Frage ist, was ist nun gute Romance?
Für mich gehört dazu, dass die Figuren ausgearbeitet sind, ihre Charaktere glaubhaft. Vor allem aber, dass ich nachempfinden kann, warum sie sich ineinander verlieben. Es gibt einen starken Konflikt, der am Ende gelöst wird. Das kann alles mögliche sein. Gut macht es das Buch für mich, wenn die Figuren sich deutlich entwickeln. Es muss nicht unbedingt bahnbrechend neu sein, das geht in dem Genre auch kaum. Wichtiger ist mir die Tiefe der Figuren.

Und glaubhafte Handlungen. Die Figuren geraten nicht in abstruse Missverständnisse, nur damit es einen Konflikt gibt.Typische Tropes, wie der Typ rettet die Frau davor von irgendwelchen Bösewichten missbraucht zu werden. Danach ist alles vergessen.  ::)
Sowas nervt mich extrem, aber die meisten Leser offenbar nicht.

Wenn der Plot so läuft, dass der Typ erst als Bad Boy, Macho, arroganter Schnösel etc. rüberkommt, sollte er dazu einen verdammt guten Grund haben. Und sollte sich dann nicht allzu spät von einer anderen Seite zeigen.

Von daher wäre "Ein ganzes halbes Jahr" für mich keine Romance, weil es ja kein HE hat. Eher ein Liebesroman mit Fokus auf der Entwicklung der weiblichen Hauptfigur?  (ich kenne  nur den Film)

Die besten Beispiele für gute Romance sind für mich immer noch Jane Austens Romane. Da hat man doch alles, was man braucht. Nicht umsonst ist Stolz und Vorurteil ja ein Klassiker.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Mondfräulein am 22. April 2018, 22:19:57
Irgendwo habe ich irgendwann mal gelesen: Wenn sich zwei Figuren küssen müssen, damit der Leser weiß, dass sie ineinander verliebt sind, dann schreibst du eine schlechte Liebesgeschichte. Das bringt für mich ziemlich genau auf den Punk, was eine gute Romanze für mich ausmacht.

Wenn ich an Pärchen denke, deren Liebesgeschichten mich wirklich mitgerissen haben, dann sind es meistens solche, bei denen ich schon mitgerissen wurde, bevor es zwischen den beiden wirklich romantisch wurde. Ich persönlich brauche keine süßen Liebesbriefe, rote Rosen und Sonnenuntergänge. Ich brauche zwei gut ausgearbeitete Figuren, die füreinander mehr sind, als nur ein Liebespärchen. Ich will wissen, warum sich diese Frau gerade für diesen Mann oder diese Frau interessiert, und da reicht mir kein "seine Brustmuskeln sind so gut ausgearbeitet" oder "ihr Haar glänzt so schön im Sonnenlicht".

Beispielsweise zwei Figuren aus einer Serie. Lange Zeit passiert da überhaupt nichts Romantisches, man sieht nur, dass sie einander mehr verstehen als andere, dass sie einander gut ergänzen und dass sie sehr wichtig füreinander sind. Dann passieren dramatische Dinge, die noch einmal zeigen, wie wichtig sie für den jeweils anderen sind. Noch mehr dramatische Dinge passieren, Herzen werden gebrochen und vor allem wird eines klar: Sie sind wichtig für den anderen, sie brauchen einander und sie haben starke Gefühle füreinander. Alles noch nicht explizit romantisch. Und von da an bin ich mit allem einverstanden, Hauptsache sie küssen sich endlich und klären ihre Probleme. Das Wichtige hier: Sie sind füreinander nicht zuerst romantische oder sexuelle Partner, sie sind auch darüber hinaus füreinander wichtig. Und das hat mich dann so von diesem Pärchen überzeugt.

Das heißt, manchmal braucht es gar nicht so viel von allem romantischen Drumherum, manchmal ist nur wichtig, dass zwischen den Figuren darüber hinaus passiert, und dass sie sich eben nicht nur ineinander verlieben, weil der andere so schöne Augen hat. Wenn ich aus einer Liebesgeschichte alle romantischen Szenen (alles Körperliche, aber auch romantische Gesten) und alles Oberflächliche (Aussehen, äußerliche Merkmale) herausschneide und von der Chemie zwischen ihnen nichts mehr übrig ist, dann ist es meistens keine gute Liebesgeschichte.

Die Szenen, die ich in Liebesgeschichten oft am schönsten finde, sind manchmal einfach solche, in denen der eine den anderen anruft, einfach nur, weil er nach einem langen Tag die Stimme des anderen hören will, bevor er einschläft.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Klecks am 23. April 2018, 06:46:44
Ich habe nicht alles durchgelesen, aber was mir beim Lesen des Thread-Titels sofort in den Sinn gekommen ist: So spannend Hindernisse für das Liebespaar auch sind - wenn da nur noch Steine im Weg liegen, wirkt es auf mich als Leserin sehr künstlich. Es macht mir keinen Spaß mehr, mitzufiebern, wenn es wegen aufgebauschten Kleinigkeiten (wie zum Beispiel lächerliche Missverständnisse, die mit einem einzigen Gespräch aufgeklärt werden könnten), zwanzig Seiten lang wieder so aussieht, als käme ein Paar doch nicht zusammen. Und wenn das dann auch noch alle paar Kapitel einmal passiert ...  :d'oh:  Deshalb ist es für mich als Autorin und Leserin ein sehr wichtiges und ausschlaggebendes Qualitätsmerkmal guter Romance, dass die Konflikte einigermaßen realistisch sind, sowohl von der Häufigkeit als auch der Art her. Ich habe das in letzter Zeit in vielen Gay Romances negativ erlebt und mit diesen Büchern irgendwann entnervt aufgehört (und wegen meiner akuten Schreibblockade lese ich in letzter Zeit wieder recht viel).
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Trippelschritt am 23. April 2018, 09:51:26
@ Franziska
Jetzt wird es langsam so richtig spannend. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass Jane Austen gute Romance schreibt, noch nicht einmal überhaupt eine Liebesgeschichte. Sowohl bei Stolz und Vorurteil wie auch bei Vernunft und Gefühl habe ich von vorn bis hinten den Eindruck, dass es sich um typische Entwicklungsromane handelt. Nur was die Qualität angeht, stimme ich gerne zu. Die Frau konnte schreiben. Aber das war ja nur das von Dir genannte Beispel.

Un den anderen Punkten gehen wir konform. Dreidimensionale Figuren, Figurenentwicklung, ernsthafte Konflikte. Mein Beispiel für einen guten Liebesroman ist Romeo und Julia.

Was mich stört, bei den meisten Lerser(inne)n aber gut ankommt, ist die starke Fokussierung auf die Zeitspanne vom ersten Kennenlernen bis zum entscheidenden Kuss, also dem, der die endgültige WEntscheidung verkündet. Ich lese liebe von Chaos und Zerstörung, aus der dann irgendwie das zarte Pflänzchen einer neuen Liebe hervorsprießt. Und dann geht es mit einer Patch-work Familie weiter oder sonst so etwas. Aber das ist vielleicht auch eine Altersfrage oder eine Sache der Sehnsucht nach einer Zeit, in der noch alles unkompliziert aussah.

Leider ist Romance nicht mein Genre. Ich weiß zwar recht genau, was ich gern lese, bin aber nicht in der Lage, so etwas zu schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Mondfräulein am 23. April 2018, 10:27:46
Haben Romeo und Julia nicht überstürzt geheiratet, nachdem sie sich eine Nacht kannten? Das ist für mich kein Beispiel für eine tolle Liebesgeschichte, und ich bin ziemlich sicher, dass es von Shakespeare aus auch nie eine sein sollte.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 10:38:04
ZitatMein Beispiel für einen guten Liebesroman ist Romeo und Julia.

*das geräusch quietschender reifen*

"Romeo und Julia" ist alles, aber kein Liebesroman. Zum einen ist es gar kein Roman, sondern ein Tragödie - im Sinne der literarischen Gattung, nicht von "ist so traurig".  ;)

Zum anderen ist der Hauptaufhänger des Stückes die völlig irrationale Fehde zwischen den Häusern Montague und Capulet, die erst beigelegt wird, als die Sache eskaliert, und durch eine Verkettung von Umständen Romeo und Julia zu Tode kommen.  Ist sogar im Prolog von Shakespeare schön zusammengefasst:

Two households, both alike in dignity
In fair Verona, where we lay our scene
From ancient grudge break to new mutiny
Where civil blood makes civil hands unclean.
From forth the fatal loins of these two foes
A pair of star-cross'd lovers take their life
Whose misadventured piteous overthrows
Do with their death bury their parents' strife.

Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 23. April 2018, 11:39:23
Das ging mir auch durch den Kopf. in Romeo und Julia ist die Liebe nicht das Thema. Es geht nicht darum, dass die beiden sich finden (und den Tod). Es geht darum, dass ihre Liebe durch die Fehde entzweit und die Fehde erst durch das von ihnen (Romeo und Julia) gebrachte Opfer beigelegt wird. Die Fehde und ihre Auswirkungen sind das Thema der Tragödie. Die Liebe ist hier nur das Werkzeug, um dem Zuschauer das Thema begreiflich zu machen und nahe zu bringen. (Romantik zieht halt mehr als schnöde Politik, vor allem auf der Bühne).

In der Romance suchen und finden sich zwei, wobei sie Hindernisse überwinden müssen und schauen am Ende einem optimistischen Ende entgegen. Da gibt es in meinen Augen auch nichts dran zu rütteln. Romantische Geschichten mit schlechtem Ende sind bzw. können gute Geschichten sein, fallen aber nicht in die klassische Romance.
Der Rest drumherum ist salopp gesagt Deko. Die darf aber gerne Tiefe haben. Zumindest wird es, wenn überhaupt, er dann für mich interessant. Der Hauptplot ist bekannt im Grunde. Erst wie der Weg zwischen Anfang und Ende bestritten wird und wie die Deko beschaffen ist, machen den Unterschied.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 11:44:26
Zitat von: Araluen am 23. April 2018, 11:39:23
Die Liebe ist hier nur das Werkzeug, um dem Zuschauer das Thema begreiflich zu machen und nahe zu bringen. (Romantik zieht halt mehr als schnöde Politik, vor allem auf der Bühne).

Exakt. Das ist übrigens derselbe Handgriff, dem sich James Cameron bei "Titanic" bedient hat. Den Film kann man mögen oder nicht, aber die Liebesgeschichte ist ausschließlich dazu da, um das Ausmaß der Katastrophe für den Zuschauer spürbar zu machen. Es ist kein Liebesfilm, auch wenn er gern als solcher verschrien wird.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Trippelschritt am 23. April 2018, 12:09:31
Da ist etwas dran, was ihr da sagt.  ;D
Und trotzdem habe ich das Werk über all die Jahre als Liebesgeschichte mit mir herumgetragen. Wird sich wohl auch nicht mehr ändern.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Mondfräulein am 23. April 2018, 12:18:55
Zitat von: Steffi am 23. April 2018, 11:44:26
Exakt. Das ist übrigens derselbe Handgriff, dem sich James Cameron bei "Titanic" bedient hat. Den Film kann man mögen oder nicht, aber die Liebesgeschichte ist ausschließlich dazu da, um das Ausmaß der Katastrophe für den Zuschauer spürbar zu machen. Es ist kein Liebesfilm, auch wenn er gern als solcher verschrien wird.

Absolut. Ich kannte die Handlung schon, bevor ich ihn zum ersten Mal gesehen habe, und fand den Film als Liebesgeschichte einfach nicht ansprechend. Als mich @Charlotte überredet hat, ihn dann doch mal anzusehen, habe ich ihn gar nicht mehr als Liebesgeschichte wahrgenommen, und fand ihn toll. Für mich ging es viel mehr um Rose, ihre Charakterentwicklung und Emanzipation. Ich fand die Liebesgeschichte zwischen ihr und Jack nicht schlecht, aber sie war für mich klar die Protagonistin des Films, und die Liebesgeschichte nicht der Fokus.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Aphelion am 23. April 2018, 13:09:25
Zitat von: Franziska am 22. April 2018, 21:23:36
Man muss ja nicht herumraten, was Romance ist.  ;) Da gibt es ja zig Definitionen zu. Bei Wikipedia habe ich nur schnell nachgeschaut. Tatsächlich ist die Definition nicht ganz eindeutig.
Da widersprichst du dir aber selbst. :) Gerade die Wiki-Situation ist ein gutes Beispiel dafür, dass die Definitionsfrage ziemlich unklar ist, denn Romance (https://de.wikipedia.org/wiki/Romance) hat nichtmal einen eigenen Wikipedia-Eintrag, es gibt nur einen allgemeinen über Liebesromane (https://de.wikipedia.org/wiki/Liebesroman).

Ja, es gibt viele Definitionen - von allem. Aber nicht jede Definition spiegelt einen Konsens wider. Dieser Konsens macht eine gute Definition aber erst aus. Ein Problem dabei ist, dass sich die Literaturwissenschaft wenig - vielleicht zu wenig - mit solchen Genres beschäftigt.

Romance ist im Deutschen (für Romane) vor allem ein Marketingbegriff und dementsprechend schwammig umrissen.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2018, 14:44:23
Romanze als Begriff ist für mich absolut nicht identisch mit Liebe. Romanze ist ein kurzfristiges Gefühl, das zu Liebe werden kann. Liebe ist etwas Beständiges, das sich gleichzeitig weiterentwickelt.
Romanze ist Wolke Nr. 7 und Erfüllung, Liebe kann gleichzeitig Tragik und Verzicht beinhalten.
Da geht meine Definition mit der Genre-Werbung nicht konform.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: HauntingWitch am 23. April 2018, 16:45:10
Wow, hier ist ja etwas los. ;D Danke für eure rege Diskussion, ich finde das sehr spannend. Es verwirrt mich nur noch mehr, weil ich demzufolge in dem Fall keine Romance schreibe, sondern eher Liebesromane oder... Das Wort Entwicklungsroman fiel irgendwo. :hmmm: Bei Jane Austen ("Stolz und Vorurteil") lese ich mich gerade ein, weil mir eben das als ein guter Liebesroman empfohlen wurde. Ich werde aber noch nicht so ganz warm damit.

Zitat von: Mondfräulein am 22. April 2018, 22:19:57
Beispielsweise zwei Figuren aus einer Serie. Lange Zeit passiert da überhaupt nichts Romantisches, man sieht nur, dass sie einander mehr verstehen als andere, dass sie einander gut ergänzen und dass sie sehr wichtig füreinander sind. Dann passieren dramatische Dinge, die noch einmal zeigen, wie wichtig sie für den jeweils anderen sind. Noch mehr dramatische Dinge passieren, Herzen werden gebrochen und vor allem wird eines klar: Sie sind wichtig für den anderen, sie brauchen einander und sie haben starke Gefühle füreinander. Alles noch nicht explizit romantisch. Und von da an bin ich mit allem einverstanden, Hauptsache sie küssen sich endlich und klären ihre Probleme. Das Wichtige hier: Sie sind füreinander nicht zuerst romantische oder sexuelle Partner, sie sind auch darüber hinaus füreinander wichtig. Und das hat mich dann so von diesem Pärchen überzeugt.

Das hast du sehr schön zusammengefasst, das ist für mich das Erstrebenswerte. Das Umzusetzen ist die Schwierigkeit, denke ich.

Zitat von: Franziska am 22. April 2018, 21:23:36Von daher wäre "Ein ganzes halbes Jahr" für mich keine Romance, weil es ja kein HE hat. Eher ein Liebesroman mit Fokus auf der Entwicklung der weiblichen Hauptfigur?  (ich kenne  nur den Film)

Das ist gut möglich, wie gesagt, für mich ist das alles auch noch neu. Aber ich glaube langsam, dass das, was ich suche, tatsächlich nicht Romance ist, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne.  :hmmm: Interessant ist es aber trotzdem und ich stimme dir völlig zu, was die gut ausgearbeiteten Charaktere und die echten Konflikte angeht. Was Klecks sagt.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 23. April 2018, 17:27:06
Ich finde es irgendwie schade, dass immer noch so viele falsche Vorstellungen über Liebesromane und Romance in den Köpfen vorherrschen. Hier wird sich im Thread also drauf geeinigt: sobald ein Buch Tiefe und Charakterentwicklung vorweist, ist es keine Romance mehr? Ich fühle mich gerade etwas wie im falschen Film. Denn genau das ist der Kern einer guten Romance. Nirgendwo kann man so nah an den Charakter herangehen, wie in einem Liebesroman. Und in einer guten Romance entwickelt sich die Figur ganz extrem am romantischen Konflikt. Damit ist aber nicht nur sowas wie Heilung durch Liebe oder dergleichen gemeint (was ich persönlich sowieso nicht gut finde), sondern alle Themen, jede Art von Charakterentwicklung kann in einem Liebesroman stattfinden und das auf eine Art, die unsere tiefsten Emotionen anspricht. Das ist ja gerade so toll daran. Es ist enorm vielfältig und im Prinzip ist auch alles erlaubt, wenn es gut gemacht und richtig verarbeitet ist.

Was die Begrifflichkeit angeht: meine persönliche Definition, die darauf fußt, wie Autoren in meinem Umfeld, die solche Bücher schreiben, ihre Bücher meist bezeichnen, ist: Liebesromane sind relativ weit gefasst, darunter fällt häufig auch Chicklit, Selbstfindunsgromane, Familiengeheimnisgeschichten und viele historische Romane mit starker Liebesgeschichte. Romance hingegen ist für mich ein Liebesroman, der sich wirklich vordergründig nur auf die Liebesgeschichte fokussiert und dessen Konflikte fast ausschließlich aus der Liebesgeschichte entstehen. So wie bei den meisten New Adult Romanen, Historical Romances wie von Johanna Lindsey etc. Meine Lily Oliver Bücher würde ich zum Beispiel als Liebesromane bezeichnen, aber nicht als Romance, meine Erotikromane unter Emilia Lucas sind hingegen reinrassige Romances. Seelenmagie wäre für mich auf jeden Fall ein fantastischer Liebesroman, Das Herz der Quelle hingegen romantische Fantasy, also weder wirklich Romance noch wirklich Liebesroman, da die Fantasyhandlung schon sehr im Vordergrund steht und die Konflikte nicht nur aus der Liebesgeschichte entstehen.

Liebesromane ohne Konflikte bzw. nur Konflikte von außen - das ist Geschmackssache, aber ich mag sowas gar nicht. Ich möchte Konflikte zwischen den beiden Hauptfiguren lesen, nicht, wie sie gegen den Rest der Welt kämpfen, was aber natürlich eine gute Nebenhandlung sein kann.

@Jane Austen: Ihre Bücher sind die perfekten Beispiele dafür, dass ein guter Liebesroman anderer guter Literatur in nichts nachsteht. Natürlich sind es Gesellschaftsstudien und Entwicklungsromane, und damit sind sie genau das, was wir Liebesromanautoren schreiben wollen.

@Titanic: Wäre für mich zum Beispiel ein Liebesroman, wenn es ein Buch wäre, keine Romance. Aber zu sagen, es ist kein Liebesfilm, ist für mich ehrlich gesagt nur das Bedürfnis, ihn aus einer Schublade zu nehmen, die man für minderwertig hält. Roses tolle Entwicklung und Jacks Beitrag dazu war schon vorher da, auch als der Film noch als Liebesgeschichte betrachtet wurde. Es wurde nur nicht wahrgenommen, weil überhaupt nicht erwartet wurde, dass eine Liebesgeschichte sowas kann.

Bitte entschuldigt, dass ich etwas emotional werde, aber mich ärgert, dass immer noch dieses Schmuddelimage herrscht. Und wenn ein Liebesroman / film dann doch für gut befunden wird, dann ist er natürlich keiner mehr, sondern wird in irgendeine andere Schublade gesteckt. Ich hätte gedacht, dass das gerade unter Fantasyautoren, die doch genau darunter immer selbst zu leiden haben, nicht so eine große Gefahr wäre.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 17:53:07
Zitat von: Alana am 23. April 2018, 17:27:06
Bitte entschuldigt, dass ich etwas emotional werde, aber mich ärgert, dass immer noch dieses Schmuddelimage herrscht. Und wenn ein Liebesroman / film dann doch für gut befunden wird, dann ist er natürlich keiner mehr, sondern wird in irgendeine andere Schublade gesteckt.

Ich habe nie behauptet, dass Liebesromane minderwertig sind. Sie haben ihre Berechtigung und es ist völlig okay, sie zu mögen.

Gleichwohl bin ich eben der Ansicht, dass nicht alles ein Liebesroman/Liebesfilm ist, nur weil eine Liebesgeschichte drin vorkommt. (Sehr schön differenziert das übrigens der Anfang von 500 Days of Summer: "This is a story about love. It is not a love story.") Titanic zum Beispiel ist für mich eindeutig kein Liebesfilm, weil das Schiff, nicht die Liebe, das zentrale Thema des Filmes ist.

Ebenso stellen sich bei mir die Nackenhaare auf, wenn jemand Jane Austens Bücher als "Liebesromane" bezeichnet. Das stimmt einfach nicht. Es sind gesellschaftskritische Romane, die sich mit der Position der Frau um 1800 befassen. Dazu gehörten damals eben die standesgemäße Heirat und die ewige Angst, als alte Jungfer zu enden, weil man sonst vielleicht mittellos auf der Straße gelandet wäre. Natürlich verlieben sich Austens Heldinnen. Aber das macht tatsächlich m.E.n. nur einen relativ kleinen Teil der Bücher aus, besonders im Vergleich zu einem Liebesroman.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2018, 17:53:34
Ich glaube, Alana, das hat nichts mit Schmuddelimage zu tun, sondern mehr damit, dass so viele Leute so unterschiedliche Definitionen von einem Liebesroman haben und es da einfach keine klare Einteilungsmöglichkeit gibt. Wirklich in Schubladen stecken lassen sich da nur die Extreme.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 23. April 2018, 18:03:38
@Alana: Dann sind wir zwei ubs in der Definition von Romance ja einig: eine Geschichte, bei der die Liebe und ihre Verwicklungen im Vordergrund stehen. Wie gesagt, Anfang und Ende sind bei dieser Art Geschichte klar, genau wie beim Krimi. Da weiß der Leser auch wie es anfängt und wie es endet. Was die Sache interessant macht, ist der Teil dazwischen, die Figurenzeichnung und die Deko rund um die Lovestory.
Und ja gut Romance würden für mich starke Figuren machen und auzhentische Konflikte.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 18:04:00
Ich denke, da hat Fee nicht ganz unrecht. Für mich ist "Liebesroman" die wörtliche Übersetzung des englischen "Romance". (Also, was es ja auch ist ;) )

Für mich gibt es "Bücher mit Liebesgeschichte", und eben "Liebesromane".  :hmmm:
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 23. April 2018, 18:05:00
ZitatIch glaube, Alana, das hat nichts mit Schmuddelimage zu tun,

Hat es leider schon. Was ich in meinem Beitrag geschrieben habe, passiert genau aus diesen Gründen tagtäglich.

ZitatEbenso stellen sich bei mir die Nackenhaare auf, wenn jemand Jane Austens Bücher als "Liebesromane" bezeichnet.

Warum? Mir stellen sie sich nicht auf, wenn jemand es als Gesellschaftsroman bezeichnet, obwohl ich das für mich falsch finde. Ich glaube, das ist genau das Problem.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 18:20:08
Zitat von: Alana am 23. April 2018, 18:05:00
Warum? Mir stellen sie sich nicht auf, wenn jemand es als Gesellschaftsroman bezeichnet, obwohl ich das für mich falsch finde. Ich glaube, das ist genau das Problem.

Weil Namen Macht haben ;) Mal im Ernst: Ich glaube, es nervt mich, weil sich für mich dadurch der inhaltliche Fokus völlig verschiebt, und zwar auf etwas, das in den Büchern gar nicht so viel Gewicht hat, wie es die Einordnung "Liebesroman" vorgibt. "Liebesroman" bedeutet, dass Liebe, bzw. eine Liebesgeschichte, das zentrale Element des Romanes ist. Und ich finde eben, dass das bei Jane Austen überhaupt nicht stimmt. Da geht es um die Stellung der Frau, um das Navigieren in einer sehr komplizierten Gesellschaft, und auch um das Anprangern von sozialer Ungerechtigkeit. Meinetwegen dargestellt anhand einer Liebesgeschichte, aber dadurch wird es für mich zu einem "Roman mit Liebesgeschichte", und eben nicht zu einem Liebesroman.

Meine "Partitur" zum Beispiel ist ein Buch mit Liebesgeschichte, und ich krieg die Krise, wenn es jemand als "Liebesroman" bezeichnet. Weil sich dadurch eben der Fokus von dem, was ich erzähle auf etwas verschiebt, das zwar für das Buch wichtig ist, aber eben bei weitem nicht das zentrale Thema.

EDIT: Ich sollte hinzufügen, dass gute Romance/Liebesromane einiges können. So wie gute Bücher in jedem Genre. Mir ist das durchaus bewusst  :)
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 23. April 2018, 18:24:45
Ja, das hab ich schon verstanden. Aber warum kriegst du die Krise, wenn jemand es für sich so sehen möchte?

ZitatWeil Namen Macht haben

Eben. Und für dich verschiebt sich durch die Bezeichnung Liebesroman der Fokus auf etwas, das du als minderwertig gegenüber dem empfindest, als was du es sehen möchtest. Oder vielleicht auch nicht du selbst, sondern die Leute, die du dir als Leser wünschst. Wenn es nicht so wäre, wenn du wirklich anerkennen würdest, dass ein Liebesroman all das sein kann, was du beschreibst, so wie ich es behaupte, dann könnte es dir ja egal sein, als was die Leute deine Bücher und die von Jane Austen sehen. Denn die anderen Inhalte und Messages wären trotzdem noch drin und genauso stark.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 18:31:43
Zitat von: Alana am 23. April 2018, 18:24:45
Ja, das hab ich schon verstanden. Aber warum kriegst du die Krise, wenn jemand es für sich so sehen möchte?

ZitatWeil Namen Macht haben

Eben. Und für dich verschiebt sich durch die Bezeichnung Liebesroman der Fokus auf etwas, das du als minderwertig gegenüber dem empfindest, als was du es sehen möchtest.
Da du die Krise kriegst, wenn man Jane Austen als Gesellschaftsroman bezeichnet, könnte ich dir dieselbe Frage stellen ;) Ich denke, wir drehen uns da im Kreis.

Zitatdann könnte es dir ja egal sein, als was die Leute deine Bücher und die von Jane Austen sehen. Denn die anderen Inhalte und Messages wären trotzdem noch drin und genauso stark.
Es sei denn, und das ist der Punkt und mir ja passiert, wenn Leser einen Liebesroman erwarten und dann enttäuscht sind, wenn es keiner ist, und das bemängeln und schlecht bewerten. Das Wort "Liebesroman" erweckt beim Leser ganz bestimmte Erwartungen, die ein Buch, das zwar eine zentrale Liebesgeschichte haben mag aber eben kein Liebesroman ist, im Zweifelsfall nicht erfüllt.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 23. April 2018, 18:36:51
ZitatDa du die Krise kriegst, wenn man Jane Austen als Gesellschaftsroman bezeichnet, könnte ich dir dieselbe Frage stellen

Nein, kannst du nicht. :) Denn ich schrieb oben:

ZitatMir stellen sie sich nicht auf, wenn jemand es als Gesellschaftsroman bezeichnet, obwohl ich das für mich falsch finde.

Es geht mir nicht darum, ob das Label falsch oder richtig ist. Es geht mir darum, dass du so emotional auf ein deiner Meinung nach falsches Label reagierst. Dir stellen sich die Nackenhaare auf und du kriegst die Krise. Das würde sicher nicht passieren, wenn jemand deine Bücher oder die von Jane Austen fälschlicherweise als literarische Romane bezeichnen würde. Da würdest du dich vielleicht sogar geschmeichelt fühlen, obwohl es genauso falsch wäre. Es geht mir im übrigen auch nicht darum, dir das Wort im Mund herumzudrehen oder sowas. :knuddel: Es geht mir nur darum zu zeigen, dass die Vorurteile da sind. Selbst in den Köpfen von Menschen, die Liebesgeschichten eigentlich sehr mögen, so wie du. (Zumindest glaube ich zu wissen, dass du einige magst.  ;D)

Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Steffi am 23. April 2018, 18:46:47
Okay, ich muss mich bei dir entschuldigen, ich hab die Aussage mit den aufstellenden Nackenhaaren einfach falsch gelesen  :rofl:

Ich verstehe, worauf du hinauswillst, und du hast sicherlich nicht unrecht damit. Hin und wieder ertappe ich mich selbst bei der Denke, auch wenn ich das Genre wirklich respektiere. :knuddel: Aber: Ganz ehrlich, ich bekäme Bauchschmerzen, wenn meine Bücher als literarisch bezeichnen würde, weil ich eben weiß, dass sie es nicht sind - und auch nicht so gedacht waren.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Trippelschritt am 23. April 2018, 19:40:25
Auf eine Definition werden wir uns hier ebenso wenig einigen können, wie es bei Wiki gelungen ist. Für eine Definition brauchen wir einen Konsens und der liegt in weiter Ferne. Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Liebe - in welchem Stadium auch immer - für uns Menschen so ungeheuer wichtig ist, dass wir Autoren sowohl über die Liebe in ganz unterschiedlichen soziokulturellen Welten schreiben wollen, oder wenn wir über diese Welten schreiben wollen auch gerne die Liebe mit hinzunehmen, weil sich in ihr so vieles widerspiegelt, über das wir eigentlich schreiben. Das machen einen Konsens schwierig.

Einen Konsens über das gut in (Gute) Romance würden wir uns wahrscheinlich eher einig.  ;D

Trippelschritt
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Mondfräulein am 23. April 2018, 22:56:12
Zitat von: Alana am 23. April 2018, 17:27:06
@Titanic: Wäre für mich zum Beispiel ein Liebesroman, wenn es ein Buch wäre, keine Romance. Aber zu sagen, es ist kein Liebesfilm, ist für mich ehrlich gesagt nur das Bedürfnis, ihn aus einer Schublade zu nehmen, die man für minderwertig hält. Roses tolle Entwicklung und Jacks Beitrag dazu war schon vorher da, auch als der Film noch als Liebesgeschichte betrachtet wurde. Es wurde nur nicht wahrgenommen, weil überhaupt nicht erwartet wurde, dass eine Liebesgeschichte sowas kann.

Ich bezweifle gar nicht, dass andere den Film aus diesem Grund vielleicht nicht als Liebesfilm bezeichnen, aber für mich ist es wirklich kein Liebesfilm, ohne dass ich etwas gegen das Genre habe. Das liegt glaube ich vor allem daran, dass sich für mich der ganze Film nur um Rose gedreht hat, und dass ich die Liebesgeschichte immer nur im Kontext ihrer Entwicklung und nie für sich alleine gesehen habe. Rose verliebt sich in einen Mann und lernt ihrem Herzen zu folgen, nicht Rose und Jack verlieben sich ineinander. Das hängt aber natürlich immer stark vom Rezipienten ab. Jemand, für den Titanic ein Liebesfilm ist, hat nicht weniger Recht als ich, da ist einfach die Wahrnehmung unterschiedlich.

Du hast aber auf jeden Fall mit vielen Punkten Recht. Ich lese Romance selten, weil ich häufig erwarte, dass sie schlecht sind. Das können zum einen Vorurteile sein, zum anderen kann es daran liegen, dass die Erwartungen an das Genre bestimmen, was in diesem Genre auch verlegt wird. Das hängt aber auch damit zusammen, dass ich an Liebesgeschichten hohe Erwartungen habe, und viel geschehen muss, damit sie mich wirklich mitreißen. Auf der anderen Seite lese ich aber auch Fanfictions - nicht, weil sie so viel besser geschrieben sind, als normale Bücher, oder weil die Handlung so spannend ist, sondern ganz alleine wegen der Liebesgeschichte. Ich will, dass sich diese beiden bestimmten Figuren küssen. Oft. Alle Klischees. Alles drum und dran. Warum mich das in Fanfictions so viel mehr interessiert als in einem richtigen, verlegten Romance Roman ist eine interessante Frage.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: FeeamPC am 23. April 2018, 23:31:00
Vielleicht, weil du Fanfiction eher als freie Spielwiese empfindest, die dir nicht so stark ein Korsett überstülpen will?
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Leann am 24. April 2018, 07:34:11
Ich finde es sehr spannend, auf wie viele unterschiedliche Arten die selben Bücher und Filme wahrgenommen werden. Jeder Leser findet in den Geschichten etwas anderes. Zum Beispiel würde ich Titanic niemals als eine Geschichte bezeichnen, in der es "um ein Schiff geht". Klar, das Schiff ist da, aber für mich ist das eine Liebesgeschichte, weil mir gerade dieser Aspekt des Films gefallen hat und mich berühren konnte. Ist doch schön, wenn Geschichten so vielschichtig sind, dass jeder Leser etwas für sich darin entdecken kann.
Weniger schön ist die Tatsache, dass viele Leute sich schaudernd abwenden, wenn ein Buch als "Liebesroman" oder "Romanze" einsortiert wird. Naja, selbst Schuld, so entgehen ihnen tolle Geschichten. Um zurück zum Thema zu kommen: Für mich ist Romance gut, wenn sie die Leser berührt und unterhält.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Trippelschritt am 24. April 2018, 09:08:34
Ich habe, durch unsere Diskussion hier, einmal meine Bibliothek durchforstet und konnte feststellen, dass sie über einen sehr hohen Anteil von Liebesromanen verfügt. Sicherlich, weil die Bücher meiner Mutter dort eingereiht wurden. Aber ich habe die meisten auch gelesen, musste ich feststellen. Nur - ich hätte sie nicht unter Liebesroman oder gar Romance eingeordnet. Eher unter Frauenroman ode5r historischem Roman oder klasssicher Literatur - was immer das sein mag. Und konnte so fststellen, dass meine Assoziationen bei den Begriffen Liebesroman oder Romance ganz klar in Richtung von O-Beinromanen (sie lernen sich kennen, es gibt Widerstände, sie finden sich) oder Schmachtfetzen gehen. Also in Richtung Klischee, fehlender Tiefe, Massenware etc. Wenn ich mit dieser intuitiven Bewertng nicht allein dastehe, dann darf ich mich nicht wundern, wenn jemand, der ein gutes Buch sucht, um Liebesromane einen Bogen macht. Ja mehr noch: Die Genres Liebesroman und Romane stehen dann für seichte Unterhaltung. Das ist dann aber ein Ergebnis des Marektings. Und dagegen anzugehen ist vergebene Liebesmüh.

Ich werde auch weiterhin Liebesromane lesen, sie aber nicht in diesem Genre suchen gehen.
Ich war wirklich überrascht nach meiner kurzen Bestandsaufnahme und oute mich gern als männlicher Leser guter Lieberomane.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 24. April 2018, 10:06:52
Zitat von: Steffi am 23. April 2018, 18:46:47
Okay, ich muss mich bei dir entschuldigen, ich hab die Aussage mit den aufstellenden Nackenhaaren einfach falsch gelesen  :rofl:

Ich verstehe, worauf du hinauswillst, und du hast sicherlich nicht unrecht damit. Hin und wieder ertappe ich mich selbst bei der Denke, auch wenn ich das Genre wirklich respektiere. :knuddel: Aber: Ganz ehrlich, ich bekäme Bauchschmerzen, wenn meine Bücher als literarisch bezeichnen würde, weil ich eben weiß, dass sie es nicht sind - und auch nicht so gedacht waren.

Danke.  :knuddel: Aber du musst dich gar nicht entschuldigen, ich habe mich nicht angegriffen gefühlt. Und ich finde es schön, dass wir das auf diese Art diskutieren konnten.  :vibes:

Und ich ertappe mich selbst oft auch bei Gedanken, von denen ich dachte, dass ich davor sicher bin. Ich glaube, das ist normal.  ;D
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: HauntingWitch am 24. April 2018, 13:35:21
Zitat von: Alana am 23. April 2018, 17:27:06
Ich finde es irgendwie schade, dass immer noch so viele falsche Vorstellungen über Liebesromane und Romance in den Köpfen vorherrschen. Hier wird sich im Thread also drauf geeinigt: sobald ein Buch Tiefe und Charakterentwicklung vorweist, ist es keine Romance mehr? Ich fühle mich gerade etwas wie im falschen Film. Denn genau das ist der Kern einer guten Romance. Nirgendwo kann man so nah an den Charakter herangehen, wie in einem Liebesroman. Und in einer guten Romance entwickelt sich die Figur ganz extrem am romantischen Konflikt.

Damit bist du auf derselben Schiene wie mein Bekannter. Ich finde nicht, dass dein Beitrag zu emotional klingt, im Gegenteil ich fand ihn sehr schön zu lesen gestern Abend. :) Ich kann noch nicht beurteilen, was davon stimmt und was nicht, aber es ist auf jeden Fall interessant und gibt mir eine bessere Idee davon, wo ich eigentlich selbst stehe und wonach ich bei Lesestoff suche.

Ich sehe, es gibt sehr viele, sehr unterschiedliche Meinungen was nun eine gute Liebesgeschichte ist. Ich werde über das alles wohl noch eine Weile nachdenken. Ich denke, man sollte sowieso einfach das schreiben, was man selbst für richtig hält und hoffen, dass es sein Publikum findet. Ihr habt mir sehr geholfen, danke euch allen. Die Diskussion darf aber natürlich gerne weitergehen. :)
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 24. April 2018, 14:35:59
Um noch einmal auf Titanic zu kommen. Ich sehe darin eher ein Historiendrama mit starker Lovestory und vor allem ist es ein Film mit verdammt gutem Drehbuch. Cameron wusste genau, welche Knöpfe er drücken muss, damit der Film Millionen einspielt. Das muss man dem Film zugestehen, egal, was man von ihm hält - sein Erfolg spricht für sich. Ich war damals über zehn mal im Kino. Heute ertrage ich den Streifen keine zehn Minuten, was vor allem am überfrachtet süßen Soundtrack liegt.
Trotz der starken Lovestory sehe ich sie aber nicht als Motor der Geschichte sondern als Mittel zum Zweck. Das Publikum soll mit ihr gefesselt werden und die Katastrophe für den Zuschauer greifbar machen und nichts kann das besser als eine gute Lovestory. Der Tod von 1500 namenlosen Gesichtern hat leider kaum Wirkung. Ohne die Lovestory hätte die Geschichte nicht den Erfolg gehabt, den er hatte. Außerdem muss ja auch die Zeit zwischen Ablegen und Untergehen mit Handlung gefüllt werden und das ist gut gelungen, weil es eben eine gute Liebesgeschichte gibt und die auch noch über die Stände hinweg (also noch schöne Gesellschaftskritik). Das Thema des Films bleibt für mich persönlich aber die Katastrophe des Untergangs der Titanic.
Mein emotionalster Moment im Film hat überigens nichts mit Jack und Rose zu tun. Was sich mir eingebrannt hat, ist die Szene des alten Ehepaars, welches sich in seiner Kabine aneinander geschmiegt ins Bett legt, während das Wasser steigt, weil sie den jungen Leuten nicht einen der zu wenigen Plätze auf den Rettungsbooten wegnehmen wollen. Und in diesem Moment weißt du einfach, dass diese beiden netten Leute es nicht schaffen werden. Das hat mich mehr berührt, als die Tatsache, dass Jack erfroren ist und Rose nun ohne ihn leben muss. Aber vielleicht ist genau das der Punkt, der mich in Titanic eben keinen Liebesfilm sondern ein Drama sehen lässt. Mich haben andere Dinge berührt.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Alana am 24. April 2018, 15:31:15
Warum muss es denn entweder oder sein? Für mich ist Titanic alles davon, genauso wie Pride and Prejudice alles sein kann. Ich finde nicht, dass wir uns entscheiden müssen. Jeder kann es so einordnen, wie er es gerne möchte. Es gibt sicher Bücher mit schöner Liebesgeschichte, die man trotzdem beim besten Willen nicht als Liebesroman sehen kann, einfach weil es dafür zu wenig Platz einnimmt. Andererseits - für viele ist "Vom Winde verweht" der größte Liebesroman aller Zeiten. Wer das Buch gelesen hat, weiß aber, dass man sich diese Liebesgeschichte wirklich hart erarbeiten musste, da es die meiste Zeit um ganz andere Dinge geht. Ich denke, jeder soll das so halten, wie er möchte.

Um zum Thema des Threads zurückzukommen und zu der Frage, was gute Romance eigentlich ist, ich glaube, man merkt hier schon, wie schwer das zu beantworten ist. Für viele ist gute Romance leider genau das, was sie für die meisten Romanceleser nicht ist, vom Genre befreite hohe Literatur zum Beispiel. Für andere ist gute Romance ein Heftroman, der ans Herz geht und einen in Gefühlen schwelgen lässt. Für viele spielt in gute Romance auch Guilty Pleasure rein. Und ich habe da ein Lieblingsbuch, das ich unglaublich toll finde, auch toll geschrieben, aber das viele Leute nicht mal mit der Kneifzange anfassen würden. ;D Ich denke, wenn man versucht, einen Oberbegriff zu finden, ist gute Romance wahrscheinlich das, was alle guten Bücher ausmacht: Sie bringt den Leser dazu, alles um sich herum zu vergessen und ganz in der Geschichte zu versinken. Wer es genauer haben will, muss die Liebesgeschichte wahrscheinlich unter dem Aspekt des Genres betrachten, das er schreiben möchte. Da kann man dann vielleicht eher eine Aussage machen.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Araluen am 24. April 2018, 17:28:19
Zitat von: Alana am 24. April 2018, 15:31:15
Warum muss es denn entweder oder sein? Für mich ist Titanic alles davon, genauso wie Pride and Prejudice alles sein kann. Ich finde nicht, dass wir uns entscheiden müssen. Jeder kann es so einordnen, wie er es gerne möchte.
Ja aber. Solange jeder für sich seine Regale sortieren kann, ist die absolute Freiheit gegeben und da kann ich Titanic bei Drama einsortieren und du bei Romance und wir haben beide recht, denn wir beide haben schlüssige Argumentationen dafür. Sobald zwei Leute aber für den gleichen Chef sortieren müssen, wird es schon schwieriger. Und der große Chef heißt nun einmal Buchmarkt, der seine Regale nach Genre sortiert und dort seine Käufer hinlotst (und Titanic wird dabei auch unter Drama/Katastrophenfilm gelistet).
Wenn ich einfach nur eine schöne Geschichte erzählen will, kann mir das Genre egal sein. Aber hier wird konkret gefragt, wie ich in einem bestimmten Genre gut schreibe. Also sollte man sich eingangs die Frage stellen: Wie schaffe ich es denn meine Geschichte so zu schreiben, dass sie für das gewählte Genre wahrgenommen wird? Und anschließend kommt die Frage: Wie schreibe ich die Geschichte dann so gut, dass sie etwas besonderes in diesem Genre ist und heraussticht?

Ich stimme dir zu @Alana: Romance wird nicht ernst genommen und seit ich über meinen Schatten gesprungen bin und es doch einmal angefasst habe, sage auch ich - leider. Denn in richtig guter Romance findet man wunderbare Menschengeschichten. Romance ist nicht nur oberflächliche Strandlektüre, wobei auch diese seichten Geschichten ihre Berechtigung haben, denn sie machen Leser glücklich. Romance hat viele Schichten, aber in meinen Augen auch einen klaren Aufbau und Fokus, der die Romance von anderen Genres unterscheidet (die auch wieder ihren klaren Aufbau und Fokus haben). Daher gehe ich nicht mit mit der Aussage: Romance kann alles sein. Stimmiger fände ich: Romance hat sehr viele Facetten und kann verschiedenste Themen aufgreifen, aber im Kern bleibt sie immer das Gleiche - die Suche nach der Liebe und die Überwindung aller Hindernisse, um sie zu finden :)

ZitatIch denke, wenn man versucht, einen Oberbegriff zu finden, ist gute Romance wahrscheinlich das, was alle guten Bücher ausmacht: Sie bringt den Leser dazu, alles um sich herum zu vergessen und ganz in der Geschichte zu versinken.
Sehr schön gesagt :)
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Marandris am 27. Mai 2018, 02:24:49
Wow, was für ein reges Gespräch! Ich hoffe, es ist okay, dass ich auch etwas dazu schreibe? Für mich ist eine Romance eine Geschichte, in der es eben um die Liebe geht. Zwei Menschen finden zueinander, oder sie finden nach Jahren wieder zueinander, sie verlieben sich und das heftig. Eine "gute" Romance ist für mich, wenn nicht alles nach dem gleichen Schema abläuft, wenn man sich in die Charaktere hineinversetzen kann und die Geschichte den Leser mitreißen kann. Die große Gefahr bei Romance sind die Klischees. Manchmal kann man es nicht verhindern, aber man sollte es auch nicht übertreiben. Ich zum Beispiel kann es nicht ertragen wenn ein "ganz normales" Mädchen plötzlich einem heißen Firmeninhaber begegnet und sich Hals über Kopf verliebt.  Klar kann es auf den ersten Blick funken, aber das Thema ist mittlerweile so ausgelutscht, dass ich noch nicht einmal davon hören will. Und ja, ich habe FSoG gelesen und bis auf den dritten Teil auch die Filme gesehen, es ist nicht besser geworden  :wums: Jemand meinte mal, wäre  Christian Grey nicht stinkreich würde sich keine Frau nach ihm umdrehen.
Ich selber nehme das Thema Liebe sehr gerne mit an Bord, aber es soll eben nicht die Geschichte dominieren. In meinen Geschichten habe ich starke Hauptprotagonistinnen, die sehr taff und auch mächtig sind, dennoch können sie bei ihrem Liebsten auch mal weich und zärtlich sein. Was mir am schwersten zu schreiben fiel war meine selbst veröffentlichte Vampirgeschichte "Dash - Fesseln des Blutes"  Normale Charaktere mag ich gar nicht, meine haben meistens einiges erleben müssen. Meine Hauptprotagonistin wurde in ihrer Jugend von ihrem Bruder missbraucht, weshalb sie weggelaufen ist. Dann wurde sie von einem Vampir entführt, der über sie ihren Bruder finden will. Das typische Klischee, denken sich wahrscheinlich viele, aber mich hat dieser Aspekt sehr interessiert wie sie zu sich findet. Sie hat immer geschwiegen und sich nicht gewehrt, weil nach dem Tod ihrer Eltern nur noch ihr Bruder war. Über viele Jahre hinweg hat die Furcht vor ihrem Bruder ihr Leben dominiert, sie konnte noch nicht einmal eine normale Beziehung führen. Dann muss sie die Kraft finden sich ihrem Bruder zu widersetzen und um den Mann kämpfen, den sie liebt. Sie hat dann die erste gemeinsame Nacht initiiert, das war mir sehr wichtig um dem Leser zu zeigen, dass es ihr Wunsch ist und sie das möchte. Bei der Liebesszene hat sie auch "die Zügel in der Hand gehabt" wenn man das so schreiben darf ^^  Ich wollte vermitteln, dass es eben nicht die gleiche Situation ist wie mit ihrem Bruder. Das hier ist etwas was sie möchte und wofür sie sich aus freien Stücken entschieden hat.
Wahrscheinlich ist es für die meisten immer noch ein klischeebeladenes Buch, aber ich mochte die Entwicklung der Charaktere und wie sie zueinander fanden  :)


Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: Simara am 30. Mai 2018, 12:18:43
Ich halte mich mal ganz bewusst aus der bisherigen Diskussion raus und schmeiße nur meine Definition von "Gute Romanze" mit in den Topf:

Eine gute Liebesgeschichte setzt für mich voraus, dass alle involvierten Figuren dreidimensional und interessant sind. "Sie ist anders als andere Frauen" ist dabei mein größtes Schreckgespenst, da solche Figuren nicht nur einem sehr starren Schema folgen, sondern auch auf ihre Weise recht sexistisch sind.
Zudem lese ich persönlich lieber Romane, in denen außer der Liebesgeschichte auch noch irgendetwas anderes passiert. Wenn der Hauptkonflikt ein "will they, won't they" ist, bin ich meistens direkt raus, da sich für mich hier in den meisten Fällen keine Spannung aufbaut. Die große Ausnahme hier wäre für mich Jane Austen, da ihre Figuren so lebendig sind, dass sie mich ohne weiteres mitreißen kann.
Ich lese sehr selten Liebesroman und wenn ich es tue, dann erwarte ich auch etwas neues, frisches. Klar kann ich verstehen, dass viele genau nach dem typischen romance feeling suchen, aber für mich ist das nichts. Ein gutes Beispiel für einen Roman, der mich in dieser Beziehung positiv überrascht hat ist Far From Home von Lorelie Brown. Die Geschichte dreht sich um eine junge Frau, die beschließt eine lesbische, indische Bekannte zu heiraten, damit diese in Amerika bleiben darf. Während der Hochzeitsvorbereitungen verlieben die beiden sich dann jedoch nach und nach tatsächlich ineinander. Zusätzlich zur zentralen Liebesgeschichte geht es auch um die Essstörung der Protagonistin sowie um Familiendynamiken, Heimat und Selbstverwirklichung.
Titel: Re: (Gute) Romance - Was ist das eigentlich?
Beitrag von: AlpakaAlex am 30. März 2022, 14:14:00
Thread Nekromantie. Ich habe gerade Lust zu ein paar Sachen was zu schreiben.

Erst einmal ist die Frage: Wird von einem romantischen Subplot gesprochen oder von einem Romance Roman. Weil ein Romance Roman braucht vor allem eins: Ein Happily Ever After oder zumindest ein Happy For Now. Das hat eben damit zu tun, was Lesende erwarten, wenn sie das Buch zur Hand nehmen. Ein Fantasy-Lesender wäre enttäuscht, wenn ein Buch als Fantasy verkauft wird, aber nichts magisches/mystisches vorkommt. Und so erwarten Romance-Lesende eben das HEA oder HFN in ihren Romanen. Und das ist total in Ordnung. (Um mich in die bald vier Jahre alte Diskussion einzumischen: Deswegen ist Titanic auch nicht Romance - weil es kein HEA/HFN hat.) Das klingt jetzt vielleicht sehr preskriptiv, hat aber eben mit Genredefinitionen zu tun.

Ich habe bisher keine reinen Romance Romane geschrieben - nur Kurzgeschichten. Um ehrlich zu sein auch, weil ich nicht gut darin bin, mir romantische Konflikte auszudenken, die so aufgebaut sind, dass ich die Geschichte danach noch immer als romantisch empfinden würde. Also wenn die romantischen Konflikte halt eben zwischen den beiden potentiellen Partner*innen entsteht, ist es in Romancen häufig auf eine Art, dass ich mir denke: "Vielleicht solltet ihr einfach nicht zusammen sein."

Was ich allerdings immer wieder habe, sind romantische Subplots. Unter anderem übrigens auch eine aromantische Romanze - weil es eine Art von Romance ist, die es viel zu selten gibt. Oder vielleicht nennen wir es besser: Eine queerplatonische Romanze.

Wichtig ist, was hier auch schon genannt wurde: Die Partner sollten sich auf Augenhöhe begegnen können. Deswegen habe ich übrigens auch arge Probleme mit "Romanzen", in denen der eine Partner ein Millionär und der andere Partner bitterlich arm ist. Weil diese Figuren werden nie miteinander auf einer Augenhöhe interagieren können. Das macht mir dann immer große Bauchschmerzen, wenn ich so etwas lese. Ich verstehe, dass es ein wenig eine Fantasie ist, einen Partner zu haben, der alle finanziellen Probleme verschwinden lässt, aber ... Um ehrlich zu sein, wäre es mir dann lieber, wenn die Romanze mit einem Lottogewinn endet. Aber das ist nur meine Meinung. (Ich habe auch immer wieder bei historischen Romanzen ein riesiges Problem mit einem Kolonialisten/Settler, der sich in eine indigene Frau verliebt. Uuuuuuff.)

Was mir außerdem bei Romanzen immer wichtig ist: Dass die Charaktere auch als Freund*innen funktionieren. Ich finde, wenn es keine Freundschaft zwischen den Figuren geben kann, dann kann es auch keine Romanze geben.