• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Eigene Sprache, verwirrend oder hilfreich?

Begonnen von Czara Niyaha, 28. April 2023, 07:04:34

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Czara Niyaha

Da ich bei meiner Suche keinen Beitrag mit dem Thema gefunden habe, eröffne ich einen neuen. Ich hoffe, ich habe nichts übersehen.
Hintergrund: Meine Abenteuergruppe versucht gerade mit einem mächtigen Ritual, das in Verbindung mit Blutmagie steht, einen ihrer Gefährten zu retten.
Mein Prota, aus dessen Sicht ich erzähle, ist nicht aktiv am Ritual beteiligt. Wie klingt für euch die Szene glaubwürdiger, und packender, wenn ich formuliere, dass seltsame Worte in einer für ihn fremden Sprache rezitiert werden (Im Text natürlich schöner geschrieben ;), oder wenn ich mir tatsächlich etwas aus den Fingern sauge, was sich geheimnisvoll anhört, aber kein Mensch wirklich versteht?!
Hinweis: Was meine Zauber betrifft, orientiere ich mich gerne am lateinischen. Das würde ich bei dem Ritual auch machen.
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Paka

Auf jeden Fall einen tatsächlichen Zauberspruch. Da steckt mehr Show drin. 👍🏻
Gerade eine Liste von acht der am häufigsten aus US-Bibliotheken verbannten Bücher gesehen. Fünf davon stehen in meinem Regal. 👍🏻😇

Rhagrim

#2
Dann werf ich meine 5 Cent auch mal dazu.
Ich hab so ein ähnliches Thema, da meine Prota in ein fremdes Land kommt und dort mit einer fremden Sprache konfrontiert wird, die sie nach und nach bruchstückhaft lernt.

Da hab ich es so gelöst, in der Hoffnung, es realistisch zu gestalten:
Zuerst nur mit Beschreibungen, dass in der fremden Sprache gesprochen wird und sie kein Wort versteht, und keine Ahnung hat, was da überhaupt abgeht, oder gemeint ist - heißt, sie kann zu der Zeit noch nichtmal einzelne Worte aus dem Gehörten herausfiltern, weil sie sie nicht kennt.
Später lernt sie aus dem Wortfluss einzelne Worte zu erkennen, lernt die Bedeutung und kann dadurch besser interpretieren, aber vieles ist ihr noch unklar. Zu der Zeit wechsle ich von Beschreibungen teilweise zu "echten" Sätzen in der Fremdsprache, die sie dann wahlweise selbst, oder von jemand anderem übersetzt bekommt.
Viel später, wenn sie die Sprache so gut wie beherrscht, wird automatisch übersetzt, damit fallen die Fremdworte überwiegend wieder weg, da die überflüssig werden.
Ich dachte mir, dass das für Leser in Form von Lesbarkeit und für mich, in Form von mir ne komplette Sprache ausdenken müssen, den besten Kompromiss darstellt.

Um das auf dein Beispiel umzumünzen hier ein paar Ideen:
Da du ja aus seinem POV schreibst - Wie gut ist die Sprachkenntnis deines Protas? Versteht er, was da rezitiert wird, oder ist das einfach nur ein Wortschwall in einer für ihn fremden Sprache, von der er absolut keine Ahnung hat? Erkennt er manche Worte und kann dadurch erahnen, was da angerufen/gewirkt wird (was ihn vielleicht die Haare zu Berge stehen lässt)? Ist es für die Szene relevant - vielleicht insofern, als dass er eine bestimmte Passage des Texts abwarten muss?
Und mal abgesehen davon - hat er in der Situation überhaupt den Kopf dazu, konkret auf das zu hören, was da gesprochen wird, oder verkommt es zu einem Hintergrundgeräusch, da er sich auf die Rettungsmission konzentrieren muss?

Wenn es relevant ist und dein Prota versteht, was da gesprochen wird, wäre es interessant, denke ich "echte Worte" zu verwenden. Wenn es in Wahrheit eigentlich egal ist und keinen eigentlichen Einfluss auf die Szene hat, oder er die Sprache nicht kennt, würde ich bei Beschreibungen bleiben. :)
"No tree can grow to Heaven unless it's roots reach down to Hell."
- C.G. Jung

Gerrit

Hallo @Czara Niyaha.

Ich würde da im Grunde in die gleiche Kerbe hauen wie Rhagrim. Die wichtigen Fragen sind doch: Was ist der Sinn der Szene? Was soll mit der Szene erreicht werden?

Wenn der Protagonist nicht aktiv ist, was macht er dann? Gespannt zugucken? Was empfindet er dabei? Erinnert er sich vielleicht an Erlebnisse mit dem Gefährten? Wenn ja, sind die Erinnerungen so vereinnahmend, dass der Protagonist gar keine Details mitbekommt?
Und wenn er wirklich gar nichts zu tun hat: Wäre eine andere Perspektivperson in dieser Szene vielleicht besser? Eine, die aktiv handelt und vielleicht darum kämpfen muss, dass nicht alles den Bach runtergeht? Oder geht alles den Bach runter? Wenn ja, wer verliert dabei am meisten?

Um die Grundfrage noch einmal anders zu formulieren: Warum bekommt der Leser diese Szene erzählt? Wenn es nur um das Ergebnis gehen sollte: Kann man die Szene überspringen und die nötigen Informationen einfach danach einfließen lassen?
Wenn es um mehr als die Informationen geht: Worum geht es? Was ist spannend an der Szene, was erweckt Emotionen im Leser? Wenn man sich auf den gewünschten Effekt konzentriert, dann sind Detailfragen der Darstellung meist leichter zu beantworten.

Ich benutze auch öfters Latein in meinen Welten, weil der Klang für mein Empfinden gleichzeitig vertraut und fremdartig ist. Aber richtig glücklich bin ich damit trotzdem nicht. Es ist halt meistens der beste Kompromiss, den ich finde.

Ich hoffe, meine Gedanken sind hilfreich.

Liebe Grüße
Gerrit
"Write down everything that happens in the story, and then in your second draft make it look like you knew what you were doing all along."
-Neil Gaiman

Czara Niyaha

Danke euch allen für die wertvollen Tipps und Ratschläge.  :)
Ganz am Anfang ist mein Prota am Rande an dem Ritual beteiligt. Später heißt es für ihn zittern und warten. Da er für den Zustand seines Gefährten mit verantwortlich ist (Er war im Kampf zeitweise übernommen), will ich die Szene nicht einfach so beiläufig in ein paar Sätzen antun. Schließlich macht das emotional viel mit meinem Prota.
Ich widme mich wieder meinem Ritual und schaue wie es sich beim Schreiben erzählt.  ;)
Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Czara Niyaha

@ Rhargrim, zu deinem Problem. Eine komplett eigene Sprache entwickeln finde ich persönlich sehr schwer. Ja, ich habe mich daran in einem anderen Projekt bereits versucht. Sehr schnell habe ich festgesellt, dass es nicht nur ausreicht sich schön klingende Wörter auszudenken. Damit es wirklich realistisch ist, muss man man einiges beachten. Bestes Beispiel Tolkien. Ihm kam es zugute, dass er Sprachwissenschaftler war.
Wie du das beschreibst in deiner Geschichte finde ich das einen gute Lösung, dass deine Prota anfangs nur bruchstückhaft Worte versteht. Einzelne Worte oder typische Redenwendungen zu übersetzen finde ich als unwissender Leser glaubwürdiger, als ständig über Sätze zu stolpern, die ich nicht verstehe. Nach und Nach wird deine Prota immer vertrauter mit der Sprache. Ich denke, dass das Verständnis der Sprache am besten mit einer Mischung aus "Show" und "Tell" rüberkommt.  ;)


Solange es Visionäre und Träumer gibt, die den Funken der Hoffnung in sich tragen und das Licht in den Herzen anderer entzünden, ist diese Welt nicht verloren.

(Eden Chry'Salis)

Nante

Eine eigene Sprache in einem Roman finde ich ziemlich schwierig. Natürlich kommt es ein wenig auf deinen Geschmack an. Liest du gerne mehrere Absätze in einem Roman in fremder (und ggf leicht erkennbar erfundene) Sprache? Ich überfliege diese Sätze ganz gerne, weil es meinen Lesefluss bricht und mich aus der Szene heraus nimmt.
Bei meinen eigenen Texte gilt (meistens), wenn ich das Wort/Satz nur einmalig verwende, kann ich wohl darauf verzichten. Kommt es häufiger vor, spielt es offensichtlich eine größere Rolle in der Geschichte und verdient einen Platz  :D

Fianna

Fremdworte verwende ich auch gerne, normalerweise aber nur wenige und dafür wiederholt. Zum Beispiel Dinge oder gesellschaftliche Sachen, die es bei uns ohnehin nicht gibt.

Bisher habe ich noch nicht viel damit gearbeitet, aber zur Sprachenerfindung wurde mir folgendes Buch empfohlen: The Art of Language Invention