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Eine Figur schaffen, um sie sterben zu lassen

Begonnen von Sturmbluth, 10. Mai 2016, 18:22:09

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Cailyn

Ja ok, das versteh ich schon. Ich hab wohl einfach noch keine solche Figur angetroffen. Merkt das der Lesende wirklich? Wenn man jemanden nur zum Sterben erstellt und ihn sympathisch darstellt, kriegt er ja bereits Charakter (ausser natürlich er ist nur nett und lieb ;)).
Hast du ein Beispiel, wo das so rüberkommt?

Araluen

Ein konkretes BEispiel fält mir jetzt ganz ehrlich nicht ein. Es ist nur das Eingangsproblem des Beitrags. Jemand soll sterben, nun brauchen wir den Charakter. Für mich ist das die falsche Herangehensweise, da hier absichtlich auf Tränendrüsen gedrückt werden soll.
Steven Spielberg kann das in seinen Filmen auch immer hervorragend.
Aber ich denke noch einmal darüber nach, wann mir das letzte Mal so ein Charakte rüber den Weg gelaufen ist.

Maubel

Man merkt es häufig, weil der Autor die Figur meistens deutlich weniger ausarbeitet als andere. Und gerade dieses sympathisch machen, finde ich schon zweifelhaft - wenn das wirklich nur die heilige Madonna ist, die kein Wässerchen trüben kann und keine Figur mit Ecken und Kanten. Die Figur, deren Tod mich zum Beispiel bisher am meisten berührt hat, Danner Brombeerdorn aus dem Schwarzen Turm, war definitiv nicht die sympathischste Figur, wenn auch meine Lieblingsfigur, und da war eher die Art wie sein Tod verarbeitet wurde, was mich die ganze Zeit zum Heulen brachte.

Negativbeispiele kommen glücklicherweise nicht so oft in veröffentlichten Werken vor, dass ich jetzt sofort ein konkretes Beispiel hatte - aber im Fanfictionbereich gibts davon zu hauf und in Serien/Filmen, z.b. ganz top-aktuell, weil ich den Film erst letzte Woche zum ersten Mal gesehen habe (leider!) das Notebook/Wie ein einziger Tag
Sorry but you are not allowed to view spoiler contents.

Das war jedenfalls ein Tod, der nur für den Effekt herhalten musste - und dann noch nicht mal genutzt wurde!

Araluen

#48
Ja, wo Maubel es sagt. Fanfiktions -  da kriegt man solche Charaktere öfters aufgetischt und sie machten die Geschichten wirklich nicht besser. Dann fielen mir gerade noch die Chroniken von Siala ein. Ich mag die Reihe. Aber einige Charaktere wirken wirklich rein geschrieben, um sie wieder aussortieren zu können, damit hier und da eben wer sterben kann.

Churke

Zitat von: Araluen am 12. Mai 2016, 17:41:55
Um es im Star Trek Jargon auszudrücken: Es geht um Rothemden. Figuren, die einfach sterben, damit jemand stirbt, in diesem Fall auch noch so, dass der Leser auch ja den Tränen nahe ist.

"Er ist tot, Jim."    :psssst:

https://www.youtube.com/watch?v=BOtx4Jk-OaQ

Cailyn

 Ok, dann werde ich mal etwas aufmerksamer lesen. Kann wirklich sein, dass es solche Figuren gibt. Da bin ich natürlich auch der Meinung, dass man diese unbedingt vermeiden sollte  ;).

Culham

Das mit dem Sterben ist so eine Sache... Da habe ich in Büchern vieles erlebt was mich ärgert.
Eine wichtige Frage ist, wie gehst du sonst mit dem Tod um, zB wenn Nebenfiguren sterben. Es ärgert mich immer wahnsinnig wenn Nebencharaktere sterben und alles danach weiter geht als hätte es sie nie gegeben, aber stirbt eine besondere Figur trägt plötzlich die ganze Welt schwarz, die Sonne verdunkelt sich, usw.
Das heißt für mich, wenn du einen emotionalen Tod darstellen willst, solltest du meines Erachtens da keine zu große Diskrepanz haben. Sonst wirkt es lächerlich.
Und ansonsten: emotionale Schmerzen wirst du nur hervorrufen, wenn es dir selbst auch weh tut. Ich würde aber beim geplanten Tod sehr darauf achten nicht zu übertreiben...
Ach ja! Und ich würde die Figur nur liebevoll ausarbeiten und sich das sympathisch machen nicht übertreiben. Ich werde da als Leser sehr misstrauisch!

Churke

Zitat von: Culham am 13. Mai 2016, 15:35:42
Es ärgert mich immer wahnsinnig wenn Nebencharaktere sterben und alles danach weiter geht als hätte es sie nie gegeben, aber stirbt eine besondere Figur trägt plötzlich die ganze Welt schwarz, die Sonne verdunkelt sich, usw.

Da hast du zwar recht - aber trotzdem ruht Napoleon im Porphyrsarkophag im Invalidendom, während Hunderttausende der Grande Armee irgendwo in Russland verscharrt wurden.  ::)
Das eine ist der Tod eines Helden, das andere der Heldentod.

Culham

Ja, das stimmt. Aber ich meine insbesondere die NCs die eine Bedeutung für irgendwen haben sollten, aber dann doch keine haben, weil sie nur plotrelevant waren...

Slenderella

Manchmal ist der Tod aber einfach Wichtig, um bestimmte Ereignisse anzustoßen (der Charakter selbst war es dann nicht so sehr). Zum Beispiel, wenn man einen anderen Charakter damit aufhetzen möchte, gegen den Antagonisten, oder gegen ein System, usw.

Ich weiß zwar nicht immer wer vorher stirbt, aber ich hab auch so Sterbecharaktere, die da waren, weil jemand sterben musste.

Wirklich blöd ist es mir zweimal ergangen - ich musste einen guten Grund haben, warum sich dieses gewisse Paar widersetzt. Tja ... da blieb dann nur, dass einer sterben muss, damit der andere rebellieren kann. Ich habe eine Münze geworfen. Wer von beiden stirbt war völlig egal, aber einer musste.

Und in einem anderen Buch habe ich zu oft gegen meine eigenen Regeln verstoßen, die musste ich dann irgendwann vollstrecken. Meine Wahl fiel auf eine der Frauen, weil es einfach zu viele waren. Das ist mir auch nicht leicht gefallen, aber es musste halt sein, sonst hätten sich die Leser gefragt, warum das möglich ist, dass die da immer heile rauskommen, obwohl die Regeln völlig klar sind.
Ich brauch noch eine Katze
Und ein Beil wär nicht verkehrt
Denn ich gehe heute abend
Auf ein Splatter-Pop-Konzert

Aircaina

Zitat von: Slenderella am 13. Mai 2016, 18:23:47
Manchmal ist der Tod aber einfach Wichtig, um bestimmte Ereignisse anzustoßen (der Charakter selbst war es dann nicht so sehr). Zum Beispiel, wenn man einen anderen Charakter damit aufhetzen möchte, gegen den Antagonisten, oder gegen ein System, usw.
Das stimmt. Aber da ist es doch manchmal wirklich das Problem, dass es schlichtweg zu schnell abgehakt wird. Ein bis zwei Kapitel danach trauert die Figur noch um den Gestorbenen und schwört Rache, dann wird dieses Motiv, wenn überhaupt, nur noch am Rande erwähnt. Vielleicht wird im oder nach dem Finale noch einmal stärker darauf eingegangen. Zumindest habe ich das schon in vielen Büchern und auch Filmen erlebt. Da fühlt es sich als Leser/Zuschauer meiner Meinung nach viel zu stark konstruiert an. Ich finde es nicht schlimm, wenn eine für den Protagonisten wichtige Figur schon zu Beginn der Geschichte stirbt, aber es sollte dann nicht das Gefühl zurück bleiben, dass diese Figur eigentlich absolut keine Substanz hatte.

Zitat von: Slenderella am 13. Mai 2016, 18:23:47
Wirklich blöd ist es mir zweimal ergangen - ich musste einen guten Grund haben, warum sich dieses gewisse Paar widersetzt. Tja ... da blieb dann nur, dass einer sterben muss, damit der andere rebellieren kann. Ich habe eine Münze geworfen. Wer von beiden stirbt war völlig egal, aber einer musste.
Das fände ich als Experiment ganz interessant, dieses Münzwerfen. Allerdings würde ich es vermutlich eher in einer Kurzgeschichte ausprobieren. Hat das wirklich gar keinen Unterschied gemacht? Immerhin sind Figuren selbst vom Verhalten her in der Regel sehr verschieden.

Slenderella

Ja, es ist hierbei egal. Die beiden wurden entführt, um eine Geisterarmee in den Krieg zu führen, weil die Geister menschliche Kraft als Antrieb brauchen und zwar, um ihr eigenes Land zu retten. Ergo würden die das schon beide machen, ist halt ein Fürstenpaar.
Ich brauchte allerdings beide nun auf einer anderen Seite, bzw. diese Geisterarmee. Also musste einer von beiden draufgehen. Der POV ist natürlich damit hin gewesen, denn ich wechsle bei Hourglass Wars die Charaktere pro Kapitel. Ihrer fehlt nun. Aber damit kann ich leben.
Es wäre aber für ihre Handlung egal gewesen, ob jetzt sie oder er stirbt, denn beide hätten sich ja dann für die andere Seite entschieden. Wie sie reagieren (dass er jetzt die ganze Zeit der fremden Königin Avancen macht), ist natürlich eine Veränderung. Das wäre bei ihr als weiter handlungsrelevantem Charakter nicht passiert, die beiden hätten sich wahrscheinlich angezofft bis der Arzt kommt :)
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Aircaina

Zitat von: Slenderella am 13. Mai 2016, 19:06:07
Es wäre aber für ihre Handlung egal gewesen, ob jetzt sie oder er stirbt, denn beide hätten sich ja dann für die andere Seite entschieden. Wie sie reagieren (dass er jetzt die ganze Zeit der fremden Königin Avancen macht), ist natürlich eine Veränderung. Das wäre bei ihr als weiter handlungsrelevantem Charakter nicht passiert, die beiden hätten sich wahrscheinlich angezofft bis der Arzt kommt :)
Das ist ja interessant. Da könnte ich glaube ich nicht widerstehen und würde beide Versionen schreiben wollen.  ;D Ich denke, eine Veränderung ist das schon, nur halt nicht unbedingt für die Handlung. Eher für das Schreibgefühl und die Wahrnehmung des Lesers, wobei letzterer ja nichts von dem Münzwurf weiß.

Fianna

Zitat von: Aircaina am 13. Mai 2016, 21:28:11Das ist ja interessant. Da könnte ich glaube ich nicht widerstehen und würde beide Versionen schreiben wollen. 
Ich hätte strategisch wie ein Kriegsherr oder Schachspieler berechnet, welche Version ich für bereichernder halte  ;D

Slenderella

Definitiv seine, ich mag es, dass er die Königin anbaggert  ;D
Auch wenn ich sie eigentlich lieber mag.
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