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Wirkt sich die Stimmung des Protas auf den Autor aus?

Begonnen von Luciel, 19. August 2009, 09:35:33

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thewingedshadow

Da ich sehr lange Zeit nichts geschrieben habe, was nicht auf World of Warcraft bezogen war - und da nur über die Charaktere, die ich im Rollenspiel geschrieben habe... kann ich nur von eben jenen sprechen. Aber ich denke, es ist da sehr ähnlich.
Ich fühle mit meinen Charakteren immer mit, ich lache, wenn sie Erfolg haben oder wenn ihnen etwas Lustiges passiert und ich kann die Momente nicht zählen, an den ich mir die Tränen weggewischt habe, wenn es ihnen schlecht ging. Auch wenn ich mich mit manchen Charakteren eher wenig identifizieren kann. Sie sind selbstständige Personen die selbstständig agieren, handeln und auch fühlen... ich schreibe nur für sie.
Ähnlich war es damals auch bei den Figuren meiner eigenen Geschichten...

Mal sehen wie es jetzt mit den Geschichten aussieht.

Lucien

Hm, so bewusst habe ich noch gar nicht darauf geachtet, aber wenn ich es mir jetzt überlege ... Ja, es gab schon einige Momente, in denen die Emotionen der Figuren auf mich abgefärbt haben.
Ganz schlimm war es mal, als ich eine Sterbeszene geschrieben habe. Ich habe so sehr mit dem Sohn und dem Freund gefühlt, dass ich sogar das Schreiben abbrechen und erstmal heulen musste.  ::)
Aber ansonsten habe ich da keine Probleme mit. 

Schreiberling

Ich fühle nur selten richtig mit meinen Protas. Normalerweise (egal wie meine Gefühlslage vorher war) werde ich beim Schreiben zu einem neutralen Element. Dass heißt, es gibt eigentlich nur noch das, was die Figuren fühlen, dass, was die Figuren denken und dass, was die Figuren betrifft. Der Rest, also meine ganzen Emotionen und alles was mich beschäftigt, ist in dem Moment nicht mehr vorhanden und tritt erst langsam wieder in Erscheinung, wenn ich aufhöre zu schreiben.
Deshalb hilft mir Schreiben besonders, wenn ich mal abschalten muss und einfach mal für eine Stunde meine Ruhe brauche. Danach kann ich die Dinge, die mich beschäftigen, auch mit etwas Abstand/neuer Energie betrachten.

Junipera

#18
ZitatSie haben die Emotionen, die ich ihnen geben will und nicht anders herum.

Ich glaub dem schließe ich mich an. Habe mich bis jetzt noch nicht so emotional in meinen Figuren verloren, das ich heulend vor dem PC sitze.
Ich weiß wie meine Figuren fühlen, was sie denken und ihr aussehen, aber ich leide nicht selber, nur weil ich sie leiden lasse. Herzlos? Nein, ich denke nicht, ich liebe meine Figuren, aber real sind sie nun halt mal nicht.
Würde es sich um reale Personen handeln, könnte ich Ihnen nicht mal ein Haar krümmen.

ZitatMarkus - so wie Du es beschreibst, von wegen PC aus und dann sind die Gedanken weg ...
Doch, das funktioniert, mit der Arbeit handhabe ich es genauso, ich bin aus der Firma raus und die Arbeit hängt am Haken.
Aber sehr oft habe ich viel Spaß daran meine Figuren gedanklich mit mir rumzutragen.

Liebe Grüße Juni

Romy

Ich bin etwas gespalten, was dieses Thema betrifft ...  ::)

Wenn ich am Lappi sitze und schreibe, dann bin ich ganz bei meinen Protas, leide und lache mit ihnen und stecke direkt in ihnen drin .
Wenn ich aber aufstehe und ins "reale" Leben und den Alltag gehe, dann sind meine Protas zwar immer noch irgendwie bei mir und ich denke auch noch viel über sie und ihre Geschichte nach, aber sie sind dann eher wie gute Freunde. Ich kann noch immer Mitleid mit ihren Schicksalen haben oder mich über ihr Liebesglück freuen, aber ich stecke dann nicht mehr direkt in ihnen drinnen und kann auch meine eigenen Launen ausleben ...
Nun ja, ein kleiner, aber feiner Unterschied, denke ich  :hmhm?:
Manchmal mache ich es auch wie Coppi und ich ziehe meine Protas ein bißchen auf und sage ihnen Sachen wie: Hör doch mal auf zu jammern  ;D

Lucien

Ich hatte da letzte Nacht noch ein faszinierendes Erlebnis!
Ich konnte beim besten Willen nicht einschlafen, weil ich noch viel zu munter war. Dann habe ich einfach mein Hirn noch ein wenig angestrengt und mich in eine meiner Figuren hineinversetzt, die im Augenblick ziemlich übermüdet ist und einfach nur noch schlafen will. Und wisst ihr was? Es hat funktioniert! Keine 5 Minuten später war ich so müde, dass ich eingepennt bin.  ;D
Was wäre ich bloß ohne meine Figuren?

Kati

Es ist mir erst einmal passiert, dass ich mit einem Prota geweint habe, aber das lag wohl eher daran, dass ich bei dieser Szene, jemand ist gestorben, die ganze Zeit gedacht habe: "So, das war´s. Über den schreibst du nie wieder. Der ist jetzt weg. Und das nach fast zwei Jahren."

Ein anderes Mal, bei einer meiner Fluchtszenen, habe ich den Verfolger und die Angst des Protas so ausgiebig beschrieben, dass ich danach ständig über die Schulter gucken musste um nachzusehen, ob ich wirklich allein im Zimmer war.  ;D

Ansonsten versuche ich mich immer in den Prota hinein zu versetzen, in der Hoffnung, dass die Geschichte dadurch besser wird...

LG,

Kati

Coppelia

Wegen des Schicksals meiner eigenen Figuren hab ich noch nie geweint, egal, was los war. Wenn eine starb, fand ich es irgendwie "befriedigender", eine Figur oder auch mehrere aus ihrer eigenen Welt um sie trauern zu lassen. Allerdings hab ich einigen zum Teil lange hinterhergetrauert, als ich sie nicht mehr "schreiben" konnte, weil die Romane fertig waren oder abgeblasen wurden - aber geweint hab ich auch deswegen nie.

Komischerweise passiert es mir bei Figuren anderer Leute oder auch bei Filmen oft, dass ich weinen muss, wenn etwas rührend oder traurig ist.

Sascha

Manchmal genieße ich es richtig meinen Prota solange zu ärgern, bis er nur noch dasteht und die Augen verdreht, aber wenn es dramatisch wird, fühle ich schon teilweise mit ihm. Wenn ich dann den PC ausschalte, wirkt das schon noch einige Minuten nach, bis ich wieder in meiner Welt angekommen bin.

Rhiannon

Ich habe manchmal herzliches Mitleid mit meinen Protas, wenn ich sie dann mal wieder bis aufs Blut quäle, aber eigentlich ist es bei mir eher so, dass meine Stimmung sich auf die Protas auswirkt, sprich, wenn ich schlecht drauf bin, müssen sie noch mehr leiden.
Und naja, wenn ich den pc ausmache, oder den Stift weglege, dann denke ich zwar noch über die Geschichten nach, aber nur, wenn ichs mir leisten kann.
Aber ich bin auch kein Mensch, der nahe am Wasser gebaut hat, ich heule auch bei rührseligen Büchern und Filmen nicht, da weiß ich, noch mehr, als bei meinen eigenen Protas, dass sie nicht real sind.

Tamara

Naja, bei mir ist das so: Bei Filmen und Büchern bzw. Geschichten (die nicht von mir geschrieben worden sind) passiert rein gar nichts. Ich schaue mir den Film an/lese das Buch durch und denk dann: "Das hat mir gefallen/nicht gefallen..."
Bei MEINER Geschichte ist das was ganz anderes... Mein Leben ist mit dem Leben meiner drei Protas verbunden. Ich denke immer an meine Geschichte, an was als nächstes passieren wird, ich träume von ihnen, erfinde in meinen Träumen neue, ziemlich surrealistische Rassen. Das passiert besonders in letzter Zeit, ich hat ziemlich Schlafstörungen und wenn ich Schlaf träume ich richtig merkwürdige Sachen, an die ich mich auch meistens später noch erinnern kann. Ich zeichne die Sachen auch deshalb, eben damit ich sie später wieder in Erinnerung rufen kann.
Besonders im Deutschunterricht wo ich wirklich überhaupt nichts tue, und eher am dösen bin, krieg ich manchmal richtige Träume, nur dass die dann meistens im Klassenzimmer spielen, halt prinzipiell so ablaufen wie in dem Moment der Unterricht abläuft, nur dass dann auf einmal eines meiner seltsamen Traumwesen reingeschwebt,/geflogen/geschwommen/gekrochen/gewabert kommt. Ich frag mich manchmal ernsthaft ob das nicht schon an der Kategorie "GEISTESKRANK" grenzt. Meine Mutter hat sich schon beschwert dass ich mein reales Leben so umgehe und versuche meinen Problemen aus dem Weg zu gehen. Ich halte das für ziemlichen Quatsch. Ich fände mein Leben ohne seltsame Träume und irgendwie "zum Leben erwachende" Protas ziemlich langweilig.
Tief drinnen sind wir doch alle ein bisschen verrückt oder?
Lg
Tamara

hima

Ich seh das eher sachlich. Schreiben ist für mich Arbeit, die sehr viel Spass macht. Mein "anderer" Job, also mein Brötcheneinbringer, macht mir glücklicherweise ebenso viel Spass (da gehör ich wohl zu den oberen 5%?  :prost: ), da hab ich keine Probleme, nach Feierabend abzuschalten.
Genauso handhabe ich es mit meinen Figuren. Ich beschäftige mich mit ihnen, solange ich die Dateien auf dem PC offen hab. Wenn mir unterwegs gute Ideen kommen, schreibe ich sie mir auf, damit ich mich wieder mit anderem Beschäftigen kann. Die Figuren gehören mir und ich bestimme, wie und was sie fühlen. Öfters passiert es dann, dass ich sie quäle und ihre schlechten Seiten ausleben lasse, wenn ich schlecht drauf bin (= stinksauer wegen irgendwas). Macht Spass, ehrlich. Statt meine Wut an Mitmenschen auszulassen, müssen meine Figuren dran glauben.
Einmal habe ich sogar einen Hauptcharakter sterben lassen. Da hatte ich einen richtig, richtig fiesen Tag hinter mir. (Allerdings habe ich den Prota danach wieder auferstehen lassen, Magie sei Dank  ;D)

Hm, meine Stimmung überträgt sich also eher auf meine Figuren, zumindest zeitweise. Von einem Buch lasse ich mich allerdings sehr gerne mitreissen. Nur weinen musste ich noch nie dabei.

Bisou

Ein interessantes Thema. Ich erlaube mir mal, es wieder hochzuholen.

Schreiben ist für mich nicht nur eine Arbeit, sondern eine Leidenschaft. Geschichten, egal ob erzählt, geschrieben, vorgelesen, egal, sie gehören wohl zu meinem Leben dazu seit ich denken kann. Und deshalb fühle ich jede Sekunde mit meinen Protas mit. Wenn einer von ihnen verletzt wird, tut es mir selbst weh und ich habe tagelang darüber gebrütet, wie ich die zwei sterben lassen soll, wie es mir selbst am wenigsten Leid zufügen würde.
So übertrage ich auch eigene Charakterzüge, Mimik und Gestik von mir selbst auf meine Figuren und gebe ihnen damit immer ein Stück von mir selbst. In gewisser Weise bin ich also doch schizophren. :P
Auch die Stimmung überträgt sich somit auf mich, allerdings nicht so intensiv. Ich denke halt an meine Figuren wenn ich etwas bestimmtes mache. Schlecht gelaunt werde ich nur, wenn ich mit meinen Figuren lange Zeit nichts zu tun habe.  ;D
Manchmal habe ich eher das Gefühl, als ob sich meine Stimmung auf meine Protas überträgt und sie somit ganz anders lenkt, als es eigentlich vorhergesehen war. Das schmeißt dann schonmal einen ganzen Plotstrang um und entwickelt sich ganz anders. Eigentlich auch ganz praktisch. Aber auf die Dauer nervig, weil ich immer wieder ändern und korrigieren muss.  :pfanne:

Liebe Grüße

Agrona

Hmmm... eigentlich leide ich nicht mit meinem Charakter mit sondern er leidet weil ich leide.  :darth: Wenn es mir dreckig geht kriegen die das alles in verschärfter Form ab also ist es mehr so das ich auf mein Wesen abfärbe als es auf mich..

Jara

Einem wird ja oft der Tipp gegeben, man solle traurige Szenen schreiben, wenn es einem schlecht geht, bzw glückliche, wenn man selbst gerade sehr zufrieden ist. Leider habe ich da bei mir noch keinen Qualitätszuwachs festgestellt ::). Im Gegenteil es ist eher so, dass ich mich sehr gerne in das Leid eine Charas vertiefe, wenn es mir richtig gut geht. Quälen ist sozusagen eine meiner Lieblingsbeschäftigungen :darth: (ich bin eben eine Sadistin ;D).

Das Ganze hier mal von der anderen Seite anzugehen, finde ich interessant :hmmm:.
Wenn ich darüber nachdenke, fällt mir nämlich auf, dass sich die Stimmung meiner Lieblingscharas - wobei es egal ist ob Prota, Anta oder Nebenfigur - auf mich und mein Reallife auswirkt.
Taumeln diese von einem Endorphinstrudel in den nächsten, fühle ich mich auch nicht schlecht.
Andersherum funktioniert das aber nicht. Denn wenn es ihnen schlecht geht und die Szene richtig gut beschrieben ist, freue ich mich darüber noch mehr. Da kommen bei mir dann schon mal die Luftsprünge, obwohl mein Prota um seine Geliebte trauert.

Insgesamt gilt für mich wohl: Wann auch immer ich es fertig gebracht habe, einen meiner Charas gut nachvollziehbare Gefühle zu geben, bin ich glücklich. Wenn nicht kann mich das auch mal in Selbstzweifel stürzen. Also hängt das bei mir wohl mal wieder mehr mit meinem Können als der Stimmung der Charas selbst zusammen ::)