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Organisation und Zeit für Romanprojekte - Challenges & Lösungen

Begonnen von Malou, 04. Februar 2024, 09:30:24

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Valentina

Ich mache mal immer ein Problem auf und schreibe darunter die (vorläufige) Lösung:

- Zeit finden
Selbstständig sein und möglichst viel Geld mit möglichst wenig investierter Zeit verdienen. Man muss sich am Anfang um viel mehr Sachen kümmern (Kundenakquise, Rechnungen etc.), aber langfristig habe ich mir damit viel Zeit freischaufeln können. Außerdem kann man heutzutage mit Ausbildungen im Internet einige Monate/ein Jahr Zeit investieren und dann eigenständig arbeiten, unabhängig von dem, was man gelernt und studiert hat. (Auch wenn ich das nicht mache)

- Fokus finden
Wenn man dann mal Zeit hat, muss man sich auch fokussieren können. Das ist mit viel Übung besser geworden, aber auch mit Internetseiten - Blockern, einem stetig aufgeräumten Schreibumfeld, vorgekochten Mahlzeiten, einer soliden Putzroutine (damit ich nicht zwischendurch putzen oder aufräumen muss), Musik (1 Lied in Endlosschleife oder Adhd - Musik auf YouTube) und vor allem langen Spaziergängen, die den Kopf frei machen.
Ich musste alle Ablenkungen im Vorfeld ausmerzen, damit sie mich nicht beim Schreiben stören.

- Schreibhandwerk lernen
Das braucht ja auch seine Struktur. Am Anfang habe ich ganz viele YouTube Videos zusammengeschrieben und davon gelernt, bis ich mich zu einer Autorenschule angemeldet habe, bei der ich mehr über Fantasy lernen darf. Trotzdem haben manche YouTuber echt Content gemacht, der flüssiges Gold ist und ab und zu fasse ich noch Videos über Schreibtechniken und Strukturen zusammen.

- Projekt von außen sehen können/ "Das große Ganze"
Nach dem Motto "kill your darlings" - klar hat man jeden Tag viele Ideen, aber mit der Zeit habe ich gelernt, in das Projekt rein - und rauszuzoomen. Da lernt man aber nie aus. Und nichts kann Feedback schlagen, denn am Ende ist man doch zu tief in der eigenen Geschichte drin.

- Prioritäten innerhalb des Projekts festlegen
Es gibt viele verschiedene Ebenen in einem Projekt, und diese voneinander zu trennen, bevor ich sie dann zusammenfüge, hat mir sehr geholfen. Ansonsten war alles ein einziger Brei von großen und kleinen Ideen - mich zu fragen, welche Wichtigkeit und Größe ein Abschnitt, ein Arc, ein Magiesystem, eine Welt etc. hat und das dann einzuordnen, war eine große Hilfe. Das führt dann bald zu vielen Ordnern mit Ordnern mit Dokumenten, alles sortiert und weggepackt für den Moment, dass sie im Manuskript gebraucht werden.

- Geduld haben
Da lerne ich nie aus, manchmal klappt es besser, manchmal schlechter. Aber der größte Unterschied war meine Betrachtung des Ganzen. Ich kann kein tolles Buch mit spannender Welt, Charakteren, Magie System etc. spielend in einer Serie innerhalb von einem Jahr schreiben. Aber wenn ich es auf 3 Jahre betrachte, nehme ich mir gründlich Zeit für alle Zwischenschritte, die sich auftun und habe ein stetiges Gefühl von Entwicklung, ohne mich zu überfordern.

- Erwartungen anpassen
Wie an meinem Namen erkennbar, bin ich ein Neuankömmling - nicht nur im TiZi, sondern im Roman schreiben. Ich habe mein Leben lang Kunst gemacht, geschrieben, produziert. Das heißt aber nicht, dass ich einfach so eine tolle Romanautorin bin, ohne nicht unheimlich viel Zeit und Arbeit hineinstecken zu müssen. Außerdem geht es nicht darum, einen Bestseller zu schreiben oder bei dem Traumverlag zu unterschreiben (obwohl das natürlich ein Wunsch von mir ist). Vor allem habe ich in den letzten Jahren gemerkt, dass es darum geht, dass ich eine Geschichte im Kopf habe, eine Welt und Dinge, die ich besprechen will. Diese Sachen wollen auf das Papier und der Prozess des Schreibens macht mich glücklich. Dieses Glück immer wiederzufinden und es nicht von meinen Erwartungen zunichtemachen zu lassen ist, worum es für mich geht.
"Selbst die Dunkelheit muss vergehen. Ein neuer Tag wird kommen. Und wenn die Sonne wieder scheint, wird sie umso heller strahlen." - J.R.R. Tolkien

Lino

Zitat von: Coppelia am 10. Februar 2024, 06:41:52- Ich schreibe jeden Tag vor der Arbeit. Das ist meine Haupt-Arbeitszeit. Jeden verdammten Tag, auch am Wochenende. Das mache ich mittlerweile seit über 15 Jahren so.

Das finde ich einfach so cool und nehme ich mir schon lange so vor. Ich träume manchmal von einem sehr klar strukturierten Tagesablauf, in dem ich das auch so mache. Mal sehen, ob das in den nächsten Jahren mal was werden wird.

Zur Zeit war einfach immer viel zu viel los und dann fehlte mir die Energie für alles. Das ist immer mein Hauptproblem, Energie fürs Schreiben zu finden, wenn alles andere Organisation und Zeit erfordert.

Was ich empfehlen kann, ist Schreiburlaub. Einfach mit dem Laptop irgendwohin fahren ohne Ablenkungen und wieder diszipliniert schreiben. Noch besser finde ich einen gemischten Wanderurlaub z.B. auf dem Jakobsweg. Jeden Tag 6h wandern und 6h schreiben. Dann kann man beim wandern planen und danach runterschreiben. Und wenn man das Ganze etwas länger machen will, empfehlen sich Sabbaticals. Das Ganze geht aber bei mir zumindest nur ohne Kinder gut.

Klar, davon kann man vielleicht nur träumen, aber man kann es vielleicht doch leichter umsetzen als man denkt. Und das Leben in Thailand, Peru oder Kenia ist ja viel günstiger als in Deutschland.

Wenn ich die erste Hälfte dann geschrieben habe, fällt es mir auch leichter die zweite Häfte im Alltag fertig zu kriegen.

Malou

#17
@Coppelia

Ich lese auch auf dem Klo, meist irgendwelches Produktivitätszeug  :rofl:  Weil ich mehr schaffen will, aber ohne mich dabei auszubrennen

Ich finde, du schaffst ganz schön viel :) Ich muss überhaupt mal in die Nähe einer Buchveröffentlichung kommen, geschweige denn von mehreren... Aber alles zu seiner Zeit.

Was hast du denn schon probiert an Planungsmethoden und wieso haben sie für dich nicht funktioniert?

@Sparks

Das würde ich so nicht unterschreiben, dass Organisation sofort der Freiheit beraubt. Ich höre den Spruch immer wieder von Personen - denselben Spruch höre ich im Job öfter, wenn es um Planung geht. "Ja aber man muss doch flexibel bleiben für das, was da kommt." Jep, aber auch agiles Projektmanagement plant. Man hat eben oft Retrospektiven, Reviews und plant nur für kürzere Zeiten. Da hole ich jetzt unnötig aus. Habe eben oft schon Frust erlebt mit solchen Aussagen, weil sie so "vernichtend" sind und einen der Handhabung in die Richtung berauben und dementsprechend auch Chaos im Projekt herrscht. Manchmal wundert man sich, dass man am Ende doch mehr (Frei)Zeit hat, wenn man gut geplant hat. Vor allem gibt es auch recht unterschiedliche Möglichkeit, sich zu organisieren. Auch für Leute, die mehr Freiraum brauchen, gibt es ne Menge Tipps "da draußen" :)

Klammer zu. Wo ich unterschreiben würde, ist, dass es unterschiedliche Charaktertypen gibt, und dass die einen viel lieber organisieren als die anderen. Wenn es "nur" um die eigenen Projekte geht und kein Zeitdruck und kein Team mit dranhängt, dann ist das auch nicht so wichtig. Wenn man sich besser fühlt, wenn man es nicht tut, dann ist das toll :) Vielleicht wirke ich jetzt organisierter, als ich selbst bin, denn nach der Arbeit mutiere ich ein wenig zum Luftikus, der in der Freizeit selten genau das tut, was er geplant hat, weil dann eine innere Stimme in ihm mault, dass er doch jetzt auch endlich Spaß haben will und jetzt nicht diesen blöden Brief da beantworten möchte. Lieber schreibt er einen Beitrag im Forum...  ;D

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn man selbst damit glücklich ist, ist alles gut :) Genau darum geht es ja.

@Valentina

Vielen Dank für deine Ideen! Ich finde, dass da sehr viele tolle Anstöße dabei sind  :vibes:  Die "Lösung" liegt oft nicht darin, eine einzelne Sache zu ändern, sondern direkt am ganzen Spinnennetz zu ziehen und es neu zu bauen. Das braucht Zeit, das braucht Probier-Phasen und leider auch Frust-Phasen, aber immer mal wieder findet man einen passenden Faden :)

@Lino

Energie und Zeit scheinen bisher echt die größten Probleme zu sein - was mich keineswegs wundert. Es sind keine einfachen Probleme, denn wenn man einfach nur "schlecht organisiert" wäre, dann hätte man das meiner Meinung nach leichter behoben, als wenn man abends vollkommen fertig auf der Couch liegt und noch nicht mal mehr die geistige Kraft hat, sich über Zeitmanagement, Organisation oder den Roman Gedanken zu machen. Aber auch da gibt es Möglichkeiten :)

Einen Schreiburlaub habe ich noch nicht gemacht, könnt ich aber mal probieren.



Wie interessiert wärt ihr daran, ein paar Techniken des Projektmanagements kennenzulernen? Ein Roman ist ja nunmal ein großes Projekt. Ich habe noch nie Autoren (und -innen) sagen hören, dass sie sich im Projektmanagement fortbilden. Daher interessiert mich eure Meinung darüber :)
»Anders als die Kultur, die die Unterschiede zwischen uns betont, die Menschen und Gruppen voneinander trennt, verbindet die Natur uns miteinander. In ihr sind alle Menschen gleich.« (Der Gesang des Eises, Bakic)

Sparks

Zitat von: Malou am 15. Februar 2024, 09:22:22Wie interessiert wärt ihr daran, ein paar Techniken des Projektmanagements kennenzulernen? Ein Roman ist ja nunmal ein großes Projekt. Ich habe noch nie Autoren (und -innen) sagen hören, dass sie sich im Projektmanagement fortbilden. Daher interessiert mich eure Meinung darüber :)

Ich habe davon ansatzweise etwas in einer Konstruktionsmethodik Vorlesung im Studium gehört, war aber bisher im Leben nie in einer Situation um so etwas einsetzten zu können (oder zu müssen).

Vermutlich hat sich da in den letzten 35 Jahren auch eine Menge getan, und das war im Studium nur so am Rande, weil unsere Professoren davon ausgingen, das unsere "Killerinstinkte" automatisch schon gut ausgebildet seien. Was bei mir aber dooferweise immer noch nicht der Fall ist.

Von daher fände ich das schon interessant.

Weiterbildungen habe ich ein paar Arme voll. Aber ich war nie in der Situation, die beruflich wirklich einzusetzten. Ich bin beruflich zwar in Situationen gewesen, wo ich die hätte brauchen können, aber da hatte ich die halt noch nicht. Darum habe ich mich halt hinterher darum gekümmert, aber bin dann nie mehr in die Situation gekommen die auch einzusetzten.

Bei denen, wo ich mich voreilend um eine Weiterbildung gekümmert habe, habe ich dann auch im Vorfeld meine Begrenzungen erkannt und vermieden, in Situationen zu kommen, wo ich sie hätte einsetzten müssen. Insofern haben die mir also schon etwas gebracht.

Die Hälfte meiner Weiterbildungen sind zwar durchaus Berufsfachspezifisch, aber trotzdem reine Hobbyaktionen gewesen, weil mich das Thema zwar interessierte, ich mich aber nicht fähig halte, beruflich auf der Ebene etwas zu machen.

Projektmanagement war dabei komplett Ausserhalb meines "soopes" gewesen, aber auf absolut "low level" wäre es durchaus interessant.

Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Depression

Feuertraum

Zitat von: Malou am 15. Februar 2024, 09:22:22[...]als wenn man abends vollkommen fertig auf der Couch liegt und noch nicht mal mehr die geistige Kraft hat, sich über Zeitmanagement, Organisation oder den Roman Gedanken zu machen.

Ich hatte einmal gelesen (und wenn ich ehrlich bin glaube ich sogar daran), dass das Argument "Abends zu kaputt und müde um ..." eine Art Massensuggestibilität ist, ähnlich wie "Wenn ein Mensch gähnt, gähnen andere Menschen mit."
Angeblich soll es so sein, dass nach der Arbeit gedacht wird: Arbeitstag ist rum. Ich bin müde, weil meine Kollegen es auch sind. Man geht davon aus, dass es sein muss, dass man müde und geschafft ist, weil eben jeder müde und geschafft ist.
Und Dank dieses Gedanken ist man tatsächlich fix und alle und hat keine Energie mehr, um sich seinen Projekten zu widmen.

Leider weiß ich nicht mehr, in welchem Buch ich das gelesen habe. Es ist auch schon über 30 Jahre her, als ich es gelesen habe. Dennoch wage ich einmal bis auf ein paar Ausnahmen* zu sagen, dass es tatsächlich zu helfen scheint, dieses Denken nicht zuzulassen. Zumindest habe ich diese Erfahrung in vielen Jahren machen dürfen.

*Ausnahmen sind dann meistens saisonale Stoßzeiten gewesen wie Ostern/Weihnachten, wo zeitgleich 8 - 15 Kunden gleichzeitig auf einen zugeschossen kommen und alle sofort bedient werden wollen.
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Araluen

Also nach 8 bis 10 Stunden im Büro schlaf ich einfach in der Straßenbahn ein. Das ist keine Suggestion, mein Körper will seine Ruhe ;)
Aber ja, man kann sich einfach nicht zur Ruhe kommen lassen und noch ein bisschen weiter im Hamsterrad rennen und wichtige Dinge tun, ehe man sich Ruhe gönnt. Mach ich auch, wenn ich muss - nur meine Hobbies sind kein Muss und ab 21 Uhr darf mein Körper und auch mein Kopf seine Ruhe haben.
Da nutze ich lieber die kurzen Leerlaufmomente, die sich über den Tag verteilen, als abends mit Tofuhirn eine weiße Seite anzustarren und davor einzunicken (Ja auch das kann ich, bin auch schon während eines Bosskampfes in einem Onlinerollenspiel weggepennt).