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Philosophie im (Fantasy)Roman

Begonnen von Beate, 05. April 2008, 07:11:37

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Beate

Hallo zusammen!

Ich konnte mich eben nicht entscheiden, ob ich das Thema in den Tintenzirkel oder den Workshop packe. Leider fehlt bei beiden noch der Regelthread oder er ist nicht gepinnt ;). Ich habe mich jetzt für den Workshop entschieden in der Hoffnung, dass es die richtige Entscheidung war.


Wie ich darauf komme... ich habe mich gestern mit einem Mitarbeiter auf der Arbeit unterhalten, der absolut strenggläubig im Sinne einer Sekte ist (die nicht näher erwähnt wird, sind aber nicht die Scientologen und auch keine Zeugen). Und dem habe ich vorgeschlagen, er möge doch einmal die Bücher "Hallo Mister Gott, hier spricht Anna" und "Als Gott Harley Davidson fuhr" (="God on a Harley") lesen, da dort ganz andere Gottesbilder gemalt werden.
ABER eigentlich sind diese beiden Bücher ja keine Romane, die Gott in Frage stellen wollen oder ähnliches, sondern eigentlich sind es philosophische Betrachtungen in einen Roman verpackt.

Ich denke, Anna ist relativ bekannt, aber ich umreiße kurz den Inhalt: Fynn, ein junger Mann, findet Anna in einer Nacht, weil sie weggelaufen ist. Und sie bringt Fynn dann ihre Darstellung von Gott und allem drum herum bei: "Der Unnerschied von einen Menschen und einen Engel ist ganz einfach: Das meiste von ein Engel ist innen, und das meiste von ein Menschen ist aussen..."
Und solche Sätze von einer 7 oder 8-jährigen. Das Buch liest sich superleicht und es wirkt auf den ersten Blick auch wie leichte Kost, aber wenn man es mit mehr Hirn liest, dann bemerkt man, dass es doch eine ganz eigene Philosophie vertritt.

Ähnlich ist es bei God on a Harley. Da geht es um eine junge Frau, die nicht glaubt, und zu der Gott kommt. Und er sagt ihr: "Du bekommst deine eigenen Gebote." Diese Gebote sind keine 10 Gebote, sondern es sind Gebote wie "Nimm dir Zeit für dich" oder ähnliches. Auch hier kommt eine ganz neue Philosophie zu Gott und der Welt zum Vorschein. Zu beschreiben ist schwer, was darin zum Ausdruck kommt, aber eigentlich ist es ein zeitkritisches Werk, das fragt: Ist das Leben so, wie wir es leben, gut?
Der Name des Buches kommt übrigens daher, dass dieser Frau Gott in Form des Harley-Fahrers Joe begegnet ;).


Ein weiteres - sehr bekanntes - Buch in diese Richtung wäre "Der kleine Prinz". Allerdings kann ich da nicht so viel dazu sagen, da ich mich bisher nicht getraut habe, es komplett zu lesen, obwohl es eigentlich ein Jugendbuch sein soll ;). Allerdings habe ich von vielen bereits gehört, dass es eher ein Philosophiebuch als ein Kinderroman ist.


So, wer sich jetzt durch emine ganzen Ausführungen gekämpft hat, kommt zum eigentlichen Thema ;).

Machen solche philosophischen Ansätze/Einflüsse ein Buch erst recht interessant? Oder ist es eher so, dass es dadurch langweilig, kompliziert, schwierig oder schlichtweg abgefahren wird? Sollte man sogar irgendwie ein wenig diese "höhere geistige Ebene" ansprecheno der durch "nur" Unterhaltungsliteratur schreiben?

Wie ist das bei euch? Habt ihr teilweise solche philosophischen Ansätze in euren Romanen verarbeitet? Oder gibt es gar einen Philosophen in einem Roman?

Was haltet ihr von solchen philosophischen Ansätzen? Und wenn ja, wie müssten sie rübergebracht werden? Eher belehrend oder subtil-untergründig?

Ich bin schon gespannt auf die Diskussion und Frage mich immer noch, ob ich hier wirklich richtig bin  :hmmm:
Falls nicht, bitte ich darum, das ganze einmal zu verschieben. Einen entsprechenden Thread habe ich über die Suche auch nicht gefunden.

Liebe Grüße und schönen Samstag,
Beate

Coppelia

Oh, das ist ja mal ein interessantes Thema!  :jau:

Generell: Ja, die Beschäftigung mit Fragen, die uns alle angehen, ist meiner Meinung nach das einzige, was ein Buch überhaupt lesenswert macht. Gute Bücher enthalten meiner Meinung nach Denkanstöße. Es ist in Ordnung, dass der Autor seine eigene Position in dem Buch vertritt, was soll er wohl auch sonst tun? Natürlich muss die Thematik dazu nicht unbedingt mit Religion oder Philosophie zu tun haben.
Ich mag nicht, wenn man in irgend einer Form "missioniert" werden soll oder von der Meinung des Autors überzeugt werden soll. Dazu bin ich ein viel zu unabhängiger Geist. Man sollte das Angebot erhalten, über die Weltsicht einer anderen Person, Religion oder Philosophenschule nachzudenken, weil es den Horizont erweitert und einem auf lange Sicht die Möglichkeit gibt, differenzierter zu denken und die eigenen Meinungen auszuformen. Dazu muss der Leser natürlich auch bereit sein, sich auf die Meinungen der anderen einzulassen, ohne sich irgendwie angegriffen zu fühlen (vielleicht würden manche Leute Gott als Motorradfahrer nicht gern sehen, könnte ich mir denken). Aber niemand hat das Recht, anderen in seine Glaubenssfragen reinzureden.

Ich bin ja die "Biografin" von Lotti, einem der größten Philosophen seiner Welt. ;D In den Romanen geht es natürlich (unter anderem) um Philosophie, und sie spielt im Handeln meiner Hauptfigur eine wichtige Rolle. Mein Prota ist ein Mann, der den menschlichen Geist über alles stellt und die Verehrung der Götter (und natürlich finsterer Mächte) am liebsten abschaffen möchte. Damit steht er jedoch relativ allein da in seiner Welt, aber er begegnet immer wieder Menschen, mit denen er über seine Philosophie sprechen kann. Mein Prota hat ein Problem: Er ist der Größe seiner eigenen Philosophie nicht gewachsen. Er macht die Erfahrung, dass sein Geist nicht das leistet, was er selbst von ihm erwartet, dass er nicht über den Dingen steht, sondern eher unter ihre Füße gerät. ;) Und er hat nicht die Kraft, sich wieder aufzurichten. Daran verzweifelt er, weiß nicht mehr, was er glauben soll, verachtet sich selbst und sucht Halt in der Welt. Auf diese Weise wird er zum Sklaven der Mächte, gegen die sich seine Philosophie eigentlich richtet.
Er ist also nicht sehr erfolgreich mit seiner Philosophie. Aber es gibt andere Figuren, die mit derselben Philosophie recht gut fahren, auch, weil sie die Schwerpunkte anders setzen.

Ich persönlich bin nicht der Ansicht meines Protas, obwohl ich die Stärken seiner Denkweise erkenne. *g* Es bereitet mir ja irgendwie einen fiesen Spaß, ihn an seiner Philosophie verzweifeln zu lassen. Aber ich werde meine Leser nicht beeinflussen. Viele fanden, dass diese Philosophie sehr (zu?) positiv dargestellt wurde - selbstverständlich, da sie ja aus Sicht meines Protas beschrieben wurde, der sie für die einzig wahre Art zu leben hält.

In meinem aktuellen Roman wird ab und zu auch ein wenig philosophiert. Z. B. tritt eine Art Epikureer auf, der es sich recht einfach macht. Er müsste sich in die Geschehnisse einmischen, aber er tut es auf eine Art, die man nicht billigen kann. Sein Grund: Er muss "Seelenruhe" anstreben und darf keinen "Verdruss" haben. ;) Das legt er dem Prota auch da und beruft sich auf seine Philosophenschule.

Das hört sich jetzt an, als würde ich nur einseitiges Denken in Bezug auf Philosophie kritisieren, aber bei Religion ist es auch nicht anders. ;)

Shay

Ich mag es in aller Regel nicht, wenn ein Autor zu offensichtlich seine eigene Meinung vertritt. Bestes Beispiel ist das Marion Zimmer Bradley. Ja, Männer sind schlecht, wir haben es kapiert! Trotzdem sollte ein bißchen Tiefgang schon sein. In meinen eigenen Geschichten stelle ich oft fest, daß Haupt- und auch einige Nebenfiguren mit der gleichen Frage konfrontiert werden, ohne daß ich das eigentlich geplant hätte. So stehen in einer Geschichte mindestens 5 Personen vor der Frage "Was ist meine Pflicht? Welche Opfer muß ich für sie bringen?" und in einer anderen Geschichte geht es sehr stark um das Thema Vertrauen. Aber trotzdem sind es hauptsächlich Abenteuergeschichten.

Lavendel

Ich finde ja immer noch, dass Fantasy eins der besten Genres ist, um relativ abstrakte Phänomene unserer eigenen Welt aufzugreifen oder umzukehren. Ganz einfach, weil das ganz neue Blickwinkel auf einen Zusammenhang ermöglicht. Es ist so eine Art Abstrahieren, würde ich sagen, oder ein Herauskristallisieren vielleicht.

Ich jedenfalls mag es, wenn ich über ein Buch nachdenken kann. Nachdenken wohlgemerkt. Lösungen für meine oder die Probleme der Welt brauche ich wirklich nicht in einem Roman. Neue Perspektiven sind schön, aber sobald eine Geschichte auf dem Niveau Lebenshilfe oder der Moralerziehung ist, muss ich sie mir nicht antun.

Franziska

Wenn ich Bücher richtig gut finde, dann meistens, weil sie eine Idee vermitteln, etwas, das mich slebst beschäftigt- Das muss keine komplexe Philosophie sein. Wenn ich die Philosophiegeschichte kennen müsste oder erstmal Nitzsche verstehen müsste, um dann das Buch zu verstehen, würde ich es wohl weglegen.
Eine Philosophie in einem Roman muss so vermittelt werden, dass man sie auch verstehen kann, aber natütlich ach nicht zu platt. Im Fantasy-Bereich fallen mir da nur wenige Beispiele ein, die einen so hohen Anspuch haben. Hm eigentlich gar keins. Also wenn es nicht nur um Anspruch und die Vermittlung von Moral geht sondern um eine richtige Philosophie. Obwohl ich auch finde, dass sich das Genre dafür eignet, Ideen verallgemeinert, losgelöst von unserer Geschichte zu vermitteln.
Mir fallen da eher beispiele im SF-Bereich ein: Ursula K. LeGuins "Planet der Habenichtse", da geht es um Anarchismus, oder Stanislaw Lem. Ich suche immer nach solchen anspruchsvollen Büchern, habe aber leider festgestellt, dass im SF-Bereich oft Autoren Ideen vermiteln wollen und dabei den Plot vernachlässigen.

Belehrend sollten Bücher auf keinen Fall sein. Das hat mich sochn bei Michael Ende gestört.


Und bei meinen eigenen Texten stehen auch Ideen dahinter, aber eine Philosophie, von jemand anderem oder von mir, da traue ichmich noch nicht ran. Ich versuche eher Fragen aufzuwerfen, zu zeigen, wie es sein könnte.
Vielleicht vermittelt man so auch schon unbewusst eine Pilosophie.
Aber ein Philosoph im Roman? Darauf bin ich noch gar nicht gekommen.

@Beate: Den kleinen Prinz kannst ud ruhig lesen. Ich habe das Buch als Kind sehr gemocht, und mag es auch jetzt noch, obwohl es etwas rührselig ist.



Beate

Ich hatte schon befürchtet, dass sich keiner durch meine Einleitung quält, umso interessanter sind die Antworten :).

Belehrende oder zu optimistische Bücher mag ich auch nicht sonderlich, wobei ich aber gestehen muss, dass ich einige Ende-Bücher doch recht gerne gelesen habe. Nachdem ich die unendliche Geschichte gesehen habe, wollte ich sie auch lesen und war sehr erstaunt, was da alles anderes ist und anders rüberkommt.


Als ich den Text für diesen Thread geschrieben habe, ist da in meinen grauen Zellen an der letzten Tür links ein Charakter aufgeblitzt, der meinte "Hallo, hier bin ich". Und der hat sich in den Kopf gesetzt, dass er einen Roman haben möchte und selbst der größte Philosoph seiner Welt ist. Ich bin gespannt, was der sich noch einfallen lässt und was das dann wird. Und natürlich, ob ich es überhaupt schaffe, eine komplexe Philosophie so genau zu durchdenken, dass ich einen Roman darüber schreiben kann.


Ich denke auch, dass es stark vom Leser abhängig ist, wie viel er über ein Buch nachdenkt.

Leser TypI will unterhalten werden. Den fesselt ein Buch, er liest es und dann legt er es weg und greift zum nächsten. Typ II ist keine solche Leseratte, denkt dafür aber über die Handlungen der Charaktere nach und versucht, zu verstehen, warum sie so handeln. Und Typ III versucht zwischen den Zeilen zu lesen.

Und jetzt kann man auch noch verschiedene Typen an Büchern haben: Variante I: Das Buch ist nur ein Buch, erzählt nur eine Geschichte ohne großes warum und wieso. Irgendwas in Richtung 3-Groschen-Roman. Variante II: Das Buch ist nett geschrieben, erzählt eine Geschichte und die Handlungen der Charaktere sind durchdacht wenn auch nicht immer nachvollziehbar/logisch. Variante III: Das Buch ist das reinste Lehrwerk einer Philosophie/Weltanschauung/etc. Allerdings nicht offensichtlich sondern eher untergründig-subtil.

[natürlich sind das jetzt verallgemeinerte Extreme ohne Graustufen]

Wenn man jetzt Variante III mit Typ I kombiniert, dann kommt nur ein Roman heraus und nicht mehr. Da wird die Philosophie überhaupt nicht genutzt/erkannt, sondern der Leser ist auf die Handlung und die Charaktere fixiert.
Kommen dagegen Variante I und Typ III zusammen, wird der arme Leser immer versuchen, irgendeinen Sinn aus dem Buch zu lesen, irgendwas zu finden, was dem Buch eine "Daseinsberechtigung" gibt.


Ich denke, dass es aus dieser Perspektive gesehen schwer ist, einen Roman zu schreiben, der möglichst viele Lesertypen zum Nachdenken anregt. Entweder man winkt nicht nur mit dem Zaunpfahl, sondern zieht dem Leser den ganzen Zaun einmal übern Schädel, oder man gibt sich damit zufrieden, nur einen kleinen Teil zu erreichen.
Von dem her bin ich mir auch sicher, dass ich nur einen kleinen Teil von den gut gemeinten Ansätzen in Büchern mitbekomme. Aber ich finde es gut, über ein Buch nachzudenken.


@Franziska
Ich habe immer ein Problem damit, ein Buch, das ich mal angefangen und wieder weggelegt habe, nochmals anzufangen, weil ich immer die Angst habe, es wieder nicht komplett zu lesen, weil ich es aus diesen oder jenen Gründen ja schon einmal aus der Hand gelegt habe. Bei Anna hab ich es geschafft und mittlerweile noch einige Male verschlungen, beim kleinen Prinzen und "Christian und großer Tiger" habe ich noch keinen zweiten Anlauf gestartet ;).

Coppelia

#6
Hmm ... also, eine völlig neue, noch nie gedachte Philosophie auszudenken, erscheint mir sehr arbeitsintensiv. Genau genommen halte ich persönlich das nicht einmal für möglich. Das meiste wurde schon irgendwann mal gedacht. Daher wird man wohl gar nicht darum herumkommen, irgendwelche schon mal dagewesenen Vorstellungen wieder aufzugreifen. Leute wie Plato hatten es da leichter, ihre Gedanken waren (wahrscheinlich eher) neu.

Lotti ist an sich ein Aufklärer. Daher habe ich zur Recherche Aufklärungs-Philosophie studiert. Aber er lebt in einer Welt, die andere Voraussetzungen hat als unsere, z. B. kann man dort nicht an Götter "glauben", weil man weiß, dass es sie gibt usw.

Meine Leser haben wohl zum größten Teil die Philosophie ignoriert. Das ist auch ganz in Ordnung. Wenn es sie nicht interessiert, sollte der Philosophie-Teil nicht so groß sein, dass es sie langweilt. Und obwohl sich Lotti selbst als größten Philosophen seiner Welt betrachtet, ist er für den Rest der Welt doch mehr der nervigste Schwarzmagier.

Zur Epochenrecherche finde ich Philosophie immer sehr nützlich, weil man dann gut sehen kann, wie intelligente Leute zu ihrer Zeit gedacht haben (klar, die wenigsten haben so gedacht, aber man sieht dann auch, wie weit überhaupt gedacht werden konnte). Das ist einfach praktisch, wenn man an Epochen angelehnte Fantasy schreibt, weil es einem auch hilft zu verstehen, wie die Leute getickt haben und wie sie eben nicht getickt haben. Das ist sogar dann nützlich, wenn nie Philosophie vorkommt.

Ich hab für meine Welten auch tw. Philosophenschulen entwickelt. *g* Meist brauche ich sie nicht, aber gut zu wissen, dass sie da sind. Sie lehnen sich meist an antike Schulen an.

Romy

Auch ich gehöre zu den Menschen, die als Leser nicht gerne mit einer Moral-Keule erschlagen werden wollen - aber dennoch mag ich Bücher, in denen zwischen den Zeilen irgendeine Philosophie oder ein sonstwie 'höheres' Thema geklärt wird.
Also halte ich mich als Schreiberin an dasselbe Prinzip. Ich versuche eine nette, unterhaltsame Geschichte zu schreiben und kläre nebenbei andere Themen. Wer das später liest, darf sich meinetwegen gerne 'nur' unterhalten lassen, oder auch ein bißchen über das nachdenken, was da zwischen den Zeilen steht. Beides soll mir Recht sein  :jau: Ich will ja niemandem meine Meinung aufzwingen. ;)

Aber mal davon abgesehen, sagen berühmte Autoren ja gerne, wenn sie Interpretationen ihrer Geschichten sehen, wie sie z.B. in Schulen gemacht werden, dann können sie nur staunen, was andere Leute aus ihren Geschichten rauslesen können. Da hätten sie selbst nie dran gedacht  ;D - Aber wenn ich da an meine Erfahrungen aus der Schulzeit denke, dann weiß ich, wie es bei uns lief: Man hat sich überlegt, was will die Lehrerin haben und das hat man dann rausgearbeitet. Jedenfalls war ich damit bei unserer damaligen Deutschlehrerin immer seeeehr erfolgreich  ;D
Damit will ich sagen, dass es fast unmöglich ist, irgendwas zu schreiben, wo nicht irgendein Mensch auf der Welt die kleinste Aussage und Philosophie für sich ableiten könnte und zwei verschiedenen Menschen werden höchstwahrscheinlich nicht dasselbe in der Geschichte erkennen.  ;)

Zitat von: Shay am 06. April 2008, 13:25:20
Ich mag es in aller Regel nicht, wenn ein Autor zu offensichtlich seine eigene Meinung vertritt. Bestes Beispiel ist das Marion Zimmer Bradley. Ja, Männer sind schlecht, wir haben es kapiert! Trotzdem sollte ein bißchen Tiefgang schon sein.
Ähm, da widerspreche ich Dir aber mal. Ich habe fast alle Bücher von MZB gelesen (und ja, ich mag sie sehr gerne, wie mein Nick ja auch vermuten lässt), aber NEIN, Männer werden NICHT IMMER schlecht dargestellt. Sie hat ja auch oft genug männliche Hauptfiguren und das waren in den allermeisten Fällen relativ nette Jungs.  ;) Wobei ich auch schon mal gelesen habe, das MZB privat eine ziemliche Emanze war, lässt sich wohl auch nicht vermeiden, wenn man mehrfach geschieden ist ...
Trotzdem hätte mich keins ihrer Bücher auf die Idee bringen können, dass alle Männer schlecht sind. Andersrum hat sie zugegebenermaßen sehr oft sehr starke weibliche Charaktere, aber das heißt ja nicht automatisch im Umkehrschluss, dass sie Männer generell böse/schlecht dargestellt hätte!?  :o
Wie in allen Geschichten gibt es bei MZB gute und böse Menschen beiderlei Geschlechts, ich hab es jetzt nicht genau ausgezählt, aber das ist m.E. gut verteilt.
Über den Tiefgang im allgemeinen kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein  ::)

Lavendel

Zitat von: Romilly am 04. Mai 2008, 18:29:13
Damit will ich sagen, dass es fast unmöglich ist, irgendwas zu schreiben, wo nicht irgendein Mensch auf der Welt die kleinste Aussage und Philosophie für sich ableiten könnte ...

Das ist das schöne daran Literaturwissenschaftler/in zu sein. Man kann aus Scheiße Gold machen. Diskursive Ängste der 80er Jahre finden in Flash Gordon zum Beispiel ist ein großer Spaß ;).
Du kannst den größten Schrott lesen oder dir ansehen, du kannst immer sagen: Ich betrachte das analytisch.

Coppelia

ZitatDu kannst den größten Schrott lesen oder dir ansehen, du kannst immer sagen: Ich betrachte das analytisch.
Das war schon meine Entschuldigung für das Konsumieren von Schrott, ehe ich an die Uni kam. Inzwischen brauche ich keine Entschuldigung mehr. ;D

Drachenfeder

In meinen Texten steckt fast immer ein wenig Philosophie mit drin. Wie Lavendel schon sagte, kann man es in diesem Genre wunderschön verpacken. Auch eine eigene Meinung fließt immer mit ein... es sind nunmal auch meine Texte. Jedoch ist auch meine Meinung nicht knallhart aufgeschrieben sondern auch mit einem Schleifchen verpackt so das nicht gleich klar ist das es meine Weltanschauung ist. Meistens passiert das eh unbewusst. Die Frage nach dem Glauben oder das Leben um den Glauben herum ist fast Standart in meinen Geschichten. Ohne Glaube wären die Menschen nicht was sie sind. Und da muss es nicht mal um "Gott" gehen. Alle Menschen glauben, auch wenn es nur der Glaube an sich selbst ist. Selbst lese ich auch gerne solche Bücher in denen ein gewisser Funken Philosophie drinne ist. Ich mag es sehr wenn Bücher mich dazu bringen noch weiter zu denken, über den Buchrand hinaus.



Falckensteyn

#11
Sehr interessantes Thema!

Philosophie in Fantasy-Romanen? Ja, absolut! Ich mag es, wenn über Sinn und Unsinn, über Motive von Handlungen geschrieben wird und das Tun hinterfragt wird. Aber wie andere hier schon erwähnt haben, Zeigefinger-Predigten sind ebenfalls nicht mein Ding.

Ich gehöre vermutlich auch zur Leserschaft der Kategorie 3, auch wenn für mich die Handlung ebenfalls wichtig ist. Aber ich lese gerne zwischen den Zeilen und versuche, die Botschaft zu verstehen.

In meinem eigenen Buch versuche ich ebenfalls, verschiedene Betrachtungsweisen zu implementieren. Vor allem geht es bei mir um die Thematik des Sinns/Unsinns eines Krieges und der uralten Feindschaft zwischen verschiedenen Völkern. Da meine Hauptfigur sich im späteren Verlauf der Geschichte vor allem mit einem Feind auseinandersetzt, prallen zwei sehr verschiedene Meinungen und Weltanschauungen aufeinander. Die Umsetzung wird für mich eine Herausforderung. Und die Meinung der Hauptfigur widerspiegelt im Ungefähren meine eigene Meinung von Krieg und Völkerhass. Aber da diese Person noch sehr jung und unerfahren ist, bildet sie sich diese Meinung erst mit den Erfahrungen und den Ereignissen.

Hmmm.....gib einer Million Menschen Dein Buch mit dem Auftrag, zwischen den Zeilen zu lesen und Du erhälst vermutlich ein paar Tausend, wenn nicht zehntausende verschiedener Aussagen.

Apropos, Männer sind nicht schlecht....Männer sind nur...äh...anders!


Coppelia

So, ich bin es wieder. Die Philosophin. :D

Im Augenblick sitze ich an einem Manuskript, das sich vor allem auch mit philosophischen Themen befasst. Natürlich versuche ich, wie von Lomax mal in einem anderen Thread geäußert, eine coole Handlung drüberzubreiten, aber meine Figuren werden hier größtenteils von philosophischen Überzeugungen umgetrieben.
Es geht hierbei vor allem um eine bestimmte Philosophie, die ein bestimmtes Weltbild vertritt, und die Frage ist, wie man als Anhänger dieser Schule leben soll bzw. wie man es nicht soll und ob man die Kraft dazu hat. Dazu habe ich die beiden bedeutendsten Anhänger dieser Schule zusammengebracht. Der eine vertritt diese Philosophie in einer extremen Weise, aber konsequent, obwohl er dadurch ständig einem heftigen Kampf ausgesetzt ist. Der andere, früher Vorkämpfer dieser Philosophie, verzweifelt gerade an ihr. Da gibt es Ärger, ihr könnt es euch denken. ;D
Die beiden sind so schräg auf ihre Art ... im Moment habe ich den Extremphilosophen als Perspektiventräger. Einerseits hat er wirklich den Durchblick, andererseits hat er auch so richtig einen an der Klatsche ...

Aidan

Guten Morgen, zusammen!  :winke:

Ich mag es auch gerne, wenn man hinter einem Buch eine Idee spüren kann und zum Nachdenken angeregt wird. Wobei es da zwei Arten für mich gibt: die Geschichten, in denen es subtil und versteckt um philosophische Anregungen geht, oder solche, die sich explizit damit befassen. Zum Beispiel das "Kartengeheimnis" von Jostein Gaarder. Ich liebe das Buch, seine Spielerei mit den Karten. Wobei er auch reichlich abgehobene Bücher geschrieben hat, die selbst mir zu viel wurden. "Maya" sollte man erst lesen, wenn man alles andere von ihm gelesen hat. Sonst versteht man gar nichts mehr. Das sind halt Bücher für eine bestimmte Lesergruppe, die sich auch gezielt diese Art von Geschichten raussuchen wird.

Generell spricht aus meiner Sicht nie etwas dagegen, auch in unterhaltsamen Romanen Gedankenanregungen über die Welt, das Leben, das Miteinander usw. einzuflechten. Man muss es ja nicht gerade einhämmern. :pfanne:

Wobei, jeder der sich ein wenig mit den Fragen auseinandersetzt wird sicher auch auf die ein oder andere Weise seine Überzeugungen in seine Texte einfließen lassen. Und das finde ich absolut in Ordnung. Es wird immer Leser geben, die genau danach suchen, und andere, die es ignorieren. Wenn jeder dabei seine Freude haben kann, ist es doch gut, oder?

Coppelia: Klingt interessant, woran du gerade arbeitest!
"Wenn du fliegen willst reicht es nicht, die Flügel auszubreiten. Du musst auch die Ketten lösen, die dich am Boden halten!"

,,NEVER loose your song! Play it. Sing it. But never stop it, because someone else is listening."

Beate

Coppi, das klingt wirklich spannend - vor allem die "Diskussionen" zwischen den beiden werden sicherlich genial *g*.

Bei mir nistet sich immer mehr ein Roman ein, bei dem es weniger um Philosophie geht als vielmehr um Weltanschauungen. In einer technisierten Welt gibt es zwar noch Pflanzen, aber sie werden als wertlos angesehen, da alles synthetisch hergestellt wird. Und dann gibt es da jemanden, der durch einen Unfall (o.ä.) die Fähigkeit erhält, die Schreie der Pflanzen zu hören. Und dem wurde immer beigebracht, dass Pflanzen keine Lebewesen sind usw. usf. - das gerät dann natürlich ziemlich ins Wanken.