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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Thaliope

@Coppi: Hm, ich weiß gar nicht genau. Ich hab erstmal ganz schön viel gemotzt. (Nochmal danke und Sorry an alle, die sich das anhören mussten.) Hab mich nicht geschont und alles beim Namen genannt, was mich an meinem Stil gerade angek*tzt hat: Pathetischer, erbärmlicher, kitschiger Sch***! (Verzeiht die Ausdrücke, aber es waren heftige Emotionen ;)).
Ich habe Sachen von anderen gelesen und sie ganz furchtbar beneidet. Ich habe mir vor Augen gerufen, wie ich eigentlich immer schreiben wollte, und wie weit ich davon gerade weg bin. Ich habe andere Sachen geschrieben, einfach drauflos neue Ideen verfolgt, und habe darauf geachtet, was so zu mir kommt, wenn ich es lasse. Und dann ist mir irgendwie die Idee gekommen, wie ich von dem, was ich da geschrieben habe, zu dem kommen könnte, was ich eigentlich schreiben will. Diese Emotionalität im Buch (der Fotograf) ist mir ja durchaus wichtig, aber ich will versuchen, das mit deutlich schlichterer Sprache, weniger Allgemeinplätzen und weniger erwartbaren Adjektiven hinzukriegen. Bestechende, beklemmende, realistische Bezeihungsskizzen ohne ins Pathetische abgzugleiten.
Ist ne Herausforderung.

Der ganze Prozess ging dann erstaunlich schnell, als ich ihn erstmal zugelassen hab. Zwei, drei Tage vielleicht. Aber ob man das in irgendeiner Form als Rezept nehmen kann, weiß ich nciht. Wenn ich aus dieser Erfahrung irgendetwas raten sollte, dann: Hinschauen, Gefühle akzeptieren und sich dran abarbeiten.

LG
Thali

HauntingWitch

@Coppelia: :knuddel: Wahrscheinlich hast du vollkommen Recht, ich habe noch nie darüber nachgedacht. Mir ist schon irgendwo klar, dass manche Leute vielleicht gerne mein Leben hätten, aber dieser innere Kampf... Ich weiss nicht, ob es wirklich so ein Vorteil ist. Andererseits doch, eigentlich hängt es ja nur von der eigenen Stimmung ab, ob es Fluch oder Segen ist.

Zitat von: Thaliope am 14. Juli 2015, 09:18:08
Ich habe Sachen von anderen gelesen und sie ganz furchtbar beneidet. Ich habe mir vor Augen gerufen, wie ich eigentlich immer schreiben wollte, und wie weit ich davon gerade weg bin.

Das kenne ich auch. Ich glaube, das einzige, was man dagegen tun kann, ist zu versuchen, ebenfalls so gut zu werden. Natürlich wird man nie genau gleich wieder andere, den man beneidet, und soll man ja auch nicht, aber man kann sich gewisse Sachen abgucken und so selber näher an das eigene Ideal kommen, denke ich. Braucht aber natürlich Zeit.

Alana

#722
Ich hab jetzt lange überlegt, ob ich das schreiben soll, weil ich nienanden verletzen will und nicht will, dass das falsch ankommt, aber wir sind hier offen und ehrlich zueinander und wollen rausfinden, wie wir uns helfen können. Deswegen sage ich es jetzt: ich weiß, es ist gut gemeint, aber wenn jetzt mehrere Leute an verschiedenen Stellen posten "Ich weiß, ich hab dein Buch verrissen, aber ..." dann hilft mir das ehrlich gesagt überhaupt nicht. Weil ich dann aus dem ganzen tollen, lieb gemeinten Post nur diesen einen Satz rauslese. Bitte nicht böse sein, wenn ich das so offen sage.  :knuddel: Außerdem muss sich von meinem Gejammer auch niemand persönlich angesprochen fühlen. Jeder hat seine Meinungzu einem Buch und das ist okay, das muss man nicht erklären und dafür muss man sich auch nicht rechtfertigen. :)

Edit: Und jetzt bitte weitermachen, ich will hier den Thread nicht killen, aber ich finde es selbst so schwer einzuschätzen, was hilft und was nicht, dass ich Offenheit da einfach wichtig finde.
Alhambrana

Coppelia

#723
Oh Mann, Leute, ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll ... vielleicht so: Ich bin irgendwie echt froh, dass ihr das hier alle so schreibt. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass von einem immer nur verlangt wird, stolz zu sein auf das, was man erreicht hat (auch wenn es in den eigenen Augen nicht das Geringste wert ist), wenn etwas schiefgeht, es sofort zu vergessen und zuversichtlich davon auszugehen, dass es das nächste Mal besser läuft (auch wenn man keine Ahnung hat, wie man sich von dem Rückschlag erholen soll) und immer an sich selbst zu glauben (obwohl auf Grundlage der Ereignisse nichts schwieriger ist). Wir sind halt eine Gesellschaft von (Pseudo-)Gewinnern, und jeder, der sich nicht so fühlt, soll es gefälligst vortäuschen und basta. So empfinde ich es zumindest. Es ist daher wohltuend für mich, von anderen zu lesen, die auch mit negativen Gefühlen zu kämpfen haben und sie auch äußern. Mich kann man damit nicht nerven oder ermüden. Obwohl ich niemandem wünsche, dass er sich schlecht fühlt, fühle ich mich selbst besser, wenn ich weiß, dass ich nicht allein bin.
Mir kann man in den schlechten Phasen noch so gut zureden, es bringt nichts und ist für alle, die es gut mit mir meinen, ein undankbarer Job.

@ Thaliope
Respekt! Das finde ich echt bewundernswert. Ich wünsche dir, dass die Arbeit daran Freude machst und dass es bei dir jetzt so klappt, wie du es dir vorstellst. Besonders bemerkenswert finde ich, dass du es innerhalb so kurzer Zeit geschafft hast (den Eindruck hatte ich auch schon).

Meine Probleme liegen etwas anders. Ich hatte sie früher auch schon. Mir machen eher Plot, Grundthematik und Setting Probleme. Was nicht heißt, dass mein Stil jetzt so toll ist, aber er ist nicht der Punkt, der mir Sorgen macht. Wenn dann noch Leute, denen ich selbst die Kompetenz dazu gebe, vernichtende Urteile über meine Fähigkeiten fällen, weiß ich oft gar nicht mehr weiter und denke, dass es keinen Sinn mehr hat. Ich bin mit mir selbst unzufrieden, weil ich einfach zu wenig mainstreamtaugliche Gedanken habe. Ich bewundere diejenigen, die sich dem Buchmarkt anpassen können und auch noch Freude daran haben. Ich kann es nicht und werde es wohl auch nie können. Ich habe aber auch das Gefühl, dagegen nichts unternehmen zu können - oder zu wollen? Denn natürlich möchte ich, wenn ich schreibe, das schreiben, was mir gefällt und nicht etwas, womit ich mich nicht identifizieren kann.
Ich kann ja nicht einfach meinen Kopf abschrauben und durch einen anderen ersetzen, auch wenn ich mir in letzter Zeit oft gewünscht habe, es wäre so.

@ Alana
Vielleicht habe ich an den falschen Stellen gesucht, aber ich habe bisher nur 5-Sterne-Kritiken von deinem neuen Buch gesehen? Oder sind die für dich auch schon ein Verriss, wenn ein einziger nicht ganz so positiver Satz drinsteht? ???
In gewissem Rahmen kann ich es allerdings nachvollziehen, wenn du das meinst. Bei mir lässt sich eine einzelne negative Rückmeldung durch noch so viele positive kaum aufwiegen.

Thaliope

@Coppi: Für mich wirkt es gar nicht so, als würde jemand von mir "verlangen", dass ich stolz auf das Erreichte bin. Für mich ist es viel eher so, dass es mir unheimlich guttut, wenn ich mir das mal vor Augen rufe, um aus dieser elenden, ewigen, nagenden Unzufriedenheit rauszukommen, die sonst alles bestimmt.
Natürlich darf man negative Gefühle haben, finde ich. Aber als erstrebenswerten Zustand sehe ich das nicht an. :) Und deshalb hilft es mir manchmal sehr, sehr, mir auch einfach mal zuzugestehen, dass ich doch schon ein bisschen was geschafft habe, auch wenn ich natürlich noch lange nicht da bin, wo ich hinwill.
Das "Stolz sein auf das Erreichte", ist in meinen Augen nichts, was anderen guttut, sondern einem selbst. Und einem auch die Kraft gibt, weiterzumachen. Aber das kann man sich nicht verordnen, und es vorzutäuschen bringt natürlich gar nichts. Aber ich glaube, wir alle, die wir so viel mit Selbstkritik zu kämpfen haben, tun gut daran, gnädiger mit uns zu sein und von uns selbst nicht mehr zu verlangen, als wir es auch von anderen tun würden.

Zum Thema Markttauglichkeit: Meine Devise wäre: ich gebe euch ein bisschen was von dem, was ihr haben wollt, und dafür kriegt ihr was von dem, was ich erzählen will. :) Also, vielleicht kannst du dir ja überlegen, was deine Geschichten für dich so typisch, eben zu "deinen" Geschichten macht, und dann überlegen, wie du das dem Leser vermitteln, schmackhaft machen oder ggf. unterjubeln kannst :)
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es allein an den Themen liegt. Wenn jemand schreiben kann, darf er mir jede Geschichte erzählen, die er will, sogar den Aufstieg und Fall eines Bankhauses (gääähn). Was ich damit sagen will: Schütte nicht das Kind mit dem Bade aus und versteif dich nicht darauf, dass ohnehin keiner deine Themen lesen will. Um Themen gehts dem Leser meist gar nicht, sondern um Geschichten.

So, das war jetzt alles ein bisschen halbgar und wirr, sorry. Aber ich muss jetzt endlich aaarbeiten.

HauntingWitch

@Alana: Entschuldigung, das war vielleicht etwas unüberlegt.  :knuddel:

Du sprichst mir aus der Seele. Bloss keine Schwäche zeigen und bloss nicht zugeben, dass man unsicher ist oder sich schlecht fühlt und wehe man hat Selbstmitleid! Ich denke zwar, dass diese Dinge, die du aufzählst, nicht falsch sind, insofern, dass sie einem helfen, auch während schlechten Phasen weiterzumachen. Versteht ihr, was ich meine? Die Leute, die uns das alles erzählen, tun das ja nicht grundlos, das basiert alles auch auf Erfahrung. Aber was für mein Empfinden oft vergessen wird, ist, dass man sich auch mal schlecht fühlt (und fühlen darf), dass man selbst eine völlig andere Wahrnehmung hat als andere und dass einen Rückschläge halt wirklich auch einmal ein wenig zurückstossen. Das ist doch alles menschlich und passiert, das kann man nicht einfach wegleugnen oder schönreden.

Ich frage mich so oft, ob ich eines Tages einfach alles hinschmeissen und aufgeben werde, auch wenn ich immer die erste bin, die schreit: "Mach weiter!" Aber ich sage das auch zu mir selbst, immer wieder, jeden Tag. Und ich habe immer all diese Leute bewundert, die vermeintlich weiser und stärker sind und mit all diesen Dingen umgehen zu können scheinen, aber der Punkt ist: Die geben die Ratschläge auch sich selbst. Und die wissen das alles auch nur, weil sie selber die schlechten Erfahrungen gemacht haben, bei denen sie es herausgefunden haben.

Edit:
ZitatAber ich glaube, wir alle, die wir so viel mit Selbstkritik zu kämpfen haben, tun gut daran, gnädiger mit uns zu sein und von uns selbst nicht mehr zu verlangen, als wir es auch von anderen tun würden.

Ich glaube, das sollten wir nicht. "Der Tag an dem ich mit mir zufrieden sein werde, wird der Tag sein, an dem ich aufhöre, besser zu werden" (Jack White). Das ist mir so eingefahren und ich weiss, dass es stimmt. Ich erlaube mir das nicht.

Ups, das hätte ein Edit sein sollen, kein Doppelpost, Entschuldigung.

Alana

#726
@Coppelia: Mir geht es da wie dir, ich finde das nicht ermüdend, im Gegenteil, mir tut es unheimlich gut zu sehen, dass ich nicht aus der Art geschlagen bin. Warum einem das hilft wäre auch mal ein schöner Punkt für eine anthroposophisch-philosophische Diskussion. Ich frage mich nur, ob die so hilfreich wäre. ;D Und ich gebe dir absolut recht: Sich schlecht zu fühlen wird einem nicht erlaubt. Nie. Bei nichts. Weder bei Rückschlägen, noch bei traurigen Ereignissen. Weitermachen, Kinn heben. Bewunderung gilt denen, die alles klaglos wegstecken. Warum? Ich bewundere viel mehr diejenigen, die offen sagen können, was ihnen nicht gut tut und die zugeben können, dass sie nicht perfekt sind. Das ist so verdammt wichtig, auch für uns andere. Ich versuche deshalb gelegentlich, mir einfach zu erlauben, mich schlecht zu fühlen, es darf halt nur nicht überhand nehmen, denn damit geht es mir dann leider auch nicht besonders gut. ;D Mir bringt in den schlechten Phasen Zuspruch schon was, einfach weil es schön ist, wenn jemand für mich da ist, und auch wenn es nur ein kleiner Satz hier im Forum ist. Oft sind es dann übrigens gerade die schonungslosen Posts, die mir helfen. Zuerst tun sie weh, dann helfen sie. Unsere liebe Snö hat das besonders gut drauf, mir einen richtig schönen Tritt in den Hintern zu geben, der hat mich schon oft aus einem Tief geholt.  :knuddel:

Was deine Themen angeht: Ich weiß nicht, was ich dir raten soll. Es ist gut möglich, dass für deine Themen die Zielgruppe einfach zu klein ist, zumindest im Moment. Aber erstens kann sich das ändern und zweitens weiß ich nicht, ob du deswegen etwas ändern solltest. Ich überlege immer: Kann ich etwas schreiben, das mich begeistert (das ist immer noch das Wichtigste, sonst wird nichts draus) und das vielleicht markttauglich ist, oder nicht? Als Beispiel meine Erotik: Ich schreibe wahnsinnig gerne Erotik, aber offenbar treffe ich damit den Markt nicht, und was der Markt verlangt, will ich einfach nicht schreiben. Bei aller Liebe zum Tortured Hero, meine Kerle werden niemals eine Frau entführen oder sie vergewaltigen, ich will so was einfach nicht als romantisch darstellen, auch wenn ich durchaus verstehen kann, dass man das als Leser gerne liest. Schließlich hat jeder seine dunklen Fantasien und die sollte er auch haben dürfen, aber ich überlasse es dann anderen Autoren, diesen Markt zu bedienen. Ich weiß jetzt allerdings nicht, ob dir das weiterhilft. Ich glaube, was ich sagen will ist: Wenn du die Chance siehst, etwas zu schreiben, was du für markttauglicher hältst und was dich trotzdem begeistert, dann tu es. Wenn nicht, dann schreib, was du liebst und was dich begeistert, denn eine andere Wahl hast du dann sowieso nicht. Ich finde nichts schrecklicher, als die Vorstellung, etwas zu schreiben, was ich hasse, nur damit es sich gut verkauft. Und dir geht es wohl auch so. :knuddel:

Was die Rezis angeht: Ja, die sind bisher super, aber hier wurde sich ja auf meinen ersten Teil bezogen. :) Und natürlich schreiben die Leute, die mir gesagt haben, dass sie das Buch nicht so toll fanden, netterweise keine Rezension, sondern sagen mir das hinter den Kulissen, was auch vollkommen okay ist, und ich schätze auch die Kritik. Aber im Moment bin ich wohl so dünnhäutig, dass ich das nicht gut wegstecke. Und ja: lustigerweise gibt es zu meinen Büchern Vier-Sterne-Rezis, die mich richtig runterziehen, und es gibt ein-Sterne-Rezis, die mir total egal sind. Das kommt halt immer drauf an, was drin steht und wer es geschrieben hat.

@Thaliope : Oh, das freut mich so für dich. Es klingt, als hättest du dir das hart erkämpft, aber es klingt auch richtig, richtig gut.  :knuddel:
Und du hast recht, es gibt irgendwie beides: auf der einen Seite diese erzwungene, anerzogene Bescheidenheit, die uns nicht erlaubt, uns mal für das Erreichte gut zu fühlen, aber eben auch das Verbot, sich bei Misserfolgen schlecht zu fühlen. Meine Güte, was ist das verkorkst. Kein Wunder, dass wir dabei durchdrehen.  :rofl:

@Witch: Schon gut, du warst nicht die einzige, sonst hätte ich auch nichts gesagt. Danke. :knuddel: Übrigens: Mich tröstet merkwürdigerweise sehr, dass auch Weltbestseller-Autoren nicht davor gefeit sind, diese Gedanken zu haben. Jennifer L. Armentrout hat letztens ein Video gepostet, das mich richtig angesrpochen hat. Hatte ich das nicht schon mal verlinkt? Egal, hier noch mal: https://www.facebook.com/JenniferLArmentrout/videos/vb.285190961582473/647674765334089/?type=2&theater Es ist auch deshalb so toll, weil sie sich so völlig unverstellt gibt, ungeschminkt im Schlabberlook und im Hintergrund läuft der Fernseher. ;D Es war offensichtlich wirklich ein Bedürfnis, das Video zu drehen.

ZitatIch glaube, das sollten wir nicht. "Der Tag an dem ich mit mir zufrieden sein werde, wird der Tag sein, an dem ich aufhöre, besser zu werden" (Jack White). Das ist mir so eingefahren und ich weiss, dass es stimmt. Ich erlaube mir das nicht.

Das ist ein guter Punkt, ich sehe das auch so. Aber es muss doch einen Mittelweg geben zwischen: Ich will mich verbessern und arg, ich bin so schlecht, ich stürze mich von der nächsten Klippe. ;D
Alhambrana

Thaliope

#727
Witch, ich hab dir ne PN geschrieben, das war mir ein bisschen zu privat für den öffentlichen Bereich.
Nur so viel: Ich empfinde dieses Zitat als schrecklich. Weil ich mir so mühsam erarbeiten musste, auch mal zufrieden sein zu dürfen.

EDIT: Die Leute kommen einfach von unterschiedlichen Standpunkten, denke ich. Die einen müssen lernen, auch mal zufrieden zu sein, die anderen brauchen mehr Antrieb.
Und selbst wenn ich mich als "zufrieden" empfinde, hat das nicht das Geringste damit zu tun, dass ich nicht in Zukunft besser werden will. Es ist mehr ein "für die aktuelle Situation habe ich alles getan, was ich konnte"-Gefühl, das einen, wie Alana sagt, davon abhält, von der nächsten Klippe zu springen.

HauntingWitch

@Alana: Das Video werde ich mir bei Gelegenheit anschauen (kann ich hier im Büro leider nicht). Danke für den Link.

ZitatAber es muss doch einen Mittelweg geben zwischen: Ich will mich verbessern und arg, ich bin so schlecht, ich stürze mich von der nächsten Klippe.

Bei mir schwankt das wie auf einer Achterbahn. Am einen Tag denke ich das eine und am nächsten das andere. Dasselbe mit "aw, die Szene/Idee ist soo toll" und "Gott, das ist alles furchtbar schlecht."  ;D

Zitat von: Thaliope am 14. Juli 2015, 10:27:58
Und selbst wenn ich mich als "zufrieden" empfinde, hat das nicht das Geringste damit zu tun, dass ich nicht in Zukunft besser werden will. Es ist mehr ein "für die aktuelle Situation habe ich alles getan, was ich konnte"-Gefühl, das einen, wie Alana sagt, davon abhält, von der nächsten Klippe zu springen.

Es war auch nicht meine Absicht, dir das zu unterstellen, im Gegenteil. Ich wollte nur sagen, wie ich es empfinde, was für mich und meine Erfahrung zutrifft. Das soll aber nicht heissen, dass andere etwas falsch machen, wenn sie das nicht so sehen. Es muss ja für einen selber stimmen und wenn dir das hilft, ist das doch gut. :knuddel: Versteht mich nicht falsch, mir helfen solche "was-habe-ich-denn-schon-geschafft"-Momente auch, um wieder aus dem Loch rauszukommen. Aber das, was ich schon geschafft habe, reicht mir nicht. Und ich glaube, wahrscheinlich würde es mir auch dann noch nicht reichen, wenn alle meine kühnsten Träume in Erfüllung gingen.

Alana

#729
Zitat von: Witch am 14. Juli 2015, 10:47:23
Und ich glaube, wahrscheinlich würde es mir auch dann noch nicht reichen, wenn alle meine kühnsten Träume in Erfüllung gingen.

Das befürchte ich langsam auch, ich habe eher das Gefühl, mit jedem kleinen Traum, der sich erfüllt, wird es schlimmer. Aber ich habe nicht vor, mich davon unterkriegen zu lassen, es gibt doch nichts schlimmeres, als sich die Träume durch so etwas kaputt zu machen. Irgendwann finden wir eine Möglichkeit, damit umzugehen. Wir alle. *festglaub* Und wenn einer von euch es wagt, aufzuhören oder sich von der Klippe zu stürzen, dann komme ich mit der großen schmierigen Paella-Pfanne aus Villa Bajo.  :pfanne: ;D
Alhambrana

Thaliope

#730
Puh. Das ist wahrscheinlich echt mein ganz persönliches Problem, dass ich aus dem Satz

ZitatAber das, was ich schon geschafft habe, reicht mir nicht.

herauslese, du würdest meinen, mir würde es irgendwann reichen, was ich geschafft habe. Und dass ich mich dadurch als Minderleister bezeichnet fühle. Nur weil ich versuche, mich aus dieser lähmenden Anforderung, immer und überall die Beste und Herausragendste sein zu müssen (weil man sonst nicht lebens- oder liebenswert ist) zu lösen.
Wahrscheinlich treffen sich da einfach zwei so unterschiedliche Standpunkte, dass wirkliche Verständigung gar nicht möglich ist. Und nicht nur wahrscheinlich, sondern ganz offensichtlich, trifft das bei mir einen so wunden Punkt, dass ich nicht mehr objektiv bin. Und das ist gar kein Vorwurf, du hättest was Falsches gesagt, ich glaube, es beschreibt viel mehr, wie tief diese Leistungsanforderung bei mir verwurzelt ist und welche Verzweiflung sie auslöst. Vielleicht hilft das, zu verstehen. Sorry.
Ich klink mich hier aus, und nachher gehts dann auch wieder.

traumfängerin

Ich glaube, das Problem ist, dass mit jedem kleinen Traum, der sich erfüllt, der große Traum (vom Schreiben leben zu können, Bestsellerautorin zu werden, usw.), einen Schritt näher rückt. Zu scheitern, wenn das Ziel unendlich weit entfernt ist, ist blöd, aber ist eben so. Das nimmt einen nicht so mit. Man hatte sowieso keine Chance. Aber zu scheitern, wenn man nur wenige Schritte vor dem großen Ziel war, das ist wirklich hart. Deshalb bringt jeder kleine Traum, der sich erfüllt, ein Stück Angst mit sich. Denn was, wenn man die Erwartungen nicht erfüllt? Was, wenn man sich den großen Traum selbst verbockt, weil man nach der Erfüllung der kleinen Träume Fehler macht? Vielleicht ziehen einen deshalb schlechte Rezensionen runter. Weil es nicht nur der kleine Traum ist, der auf dem Spiel steht, sondern auch der große.

@Alana:knuddel: Das wird schon wieder werden. Vielleicht brauchst du gerade eine Phase voller Selbstzweifel, um dich danach aufzurappeln und besser zu schreiben als je zuvor.  :) Übrigens scheine ich absolut nicht markttauglich zu lesen. Denn deine Erotik-Romane treffen genau meinen Geschmack. Vielleicht gibt es irgendwo ja noch mehr marktuntaugliche Erotik-Leser und du musst sie nur aus ihren Löchern treiben.  :P

Tinnue

ZitatDas befürchte ich langsam auch, ich habe eher das Gefühl, mit jedem kleinen Traum, der sich erfüllt, wird es schlimmer. Aber ich habe nicht vor, mich davon unterkriegen zu lassen, es gibt doch nichts schlimmeres, als sich die Träume durch so etwas kaputt zu machen. Irgendwann finden wir eine Möglichkeit, damit umzugehen. Wir alle. *festglaub* Und wenn einer von euch es wagt, aufzuhören oder sich von der Klippe zu stürzen, dann komme ich mit der großen schmierigen Paella-Pfanne aus Villa Bajo.  :pfanne: ;D

Alana hat ein Machtwort gesprochen!  ;D

Aber ja, ich kann mir das gut vorstellen. Es ist bei vielen Dingen im Alltag so, gerade wenn man ehrgeizig ist und an sich selbst arbeitet, dass man negative Kritik oder überhaupt negative Seiten an sich viel besser und schneller sieht als das Positive. Das gilt natürlich auch bei Kritik zu dem, was uns am wichtigsten ist: das Schreiben. Vielleicht hilft es, auch wenn man sich doof vorkommt, in solchen Momenten einfach was Schönes nebendran zu legen. Schnappt euch die letzten guten Rezensionen, die ihr bekommen habt und lasst das Gefühl einfach mal wirken. Sicher, manchmal mag Kritik gerechtfertigt sein, und rechtmachen könnt ihr es allen ohnehin nicht. Aber auch wenn man das in dem Moment nicht sehen mag: Es bedeutet immer auch, dass Luft nach oben ist. Und wenn Leser einen Band 1 kennen, dann kann man eigentlich gar nicht verhindern, dass da eine gewisse Erwartungshaltung im Kopf entsteht. Das ist wie die Verfilmung von Büchern, das ist ganz spannend aber auch nicht unkritisch, weil da schon so viele Bilder da sind. Klar eigentlich auch, dass da nicht alle Bilder, Szenen, Charaktere so überzeugen können, wenn sie schon über eine Zeit im Leser bestehen.

Aktuell geht es bei mir, mein Körper und Kopf haben wohl zum Selbstschutz einfach ein Level erreicht, wo mich die Zweifel und all das gar nicht so tief berühren. Ich weiß nicht, wie das gekommen ist - wahrscheinlich war ich einfach müde, unter mir selbst zu leiden und GAR nicht mehr zu schreiben. Ich spüre sie irgendwo am Rand meines Bewusstseins, sie sind da, und das heißt, dass sie immer zurückkommen können. Ich versuche daher, wenn ich das merke, einfach etwas anderes zu tun, dass mir gut tut, oder mir zu sagen, dass ich nie wieder dahin zurückwill: Mich so zu blockieren, dass ich gar nicht mehr mit und für das Schreiben leben kann. Letztes Jahr war es so schlimm, dass mein Mann sagte: Entweder bekommst du das auf die Reihe, oder du suchst dir Hilfe! Nicht schreiben zu können, hat mich so fertig gemacht. Als Depression will ich es nicht beschreiben, das ist wohl nochmal anders, aber ich habe oft geweint und die Unzufriedenheit schien mir quasi aus dem Gesicht. Fürs Umfeld ist das natürlich auch nicht schön.
Ich hoffe immer noch, veröffentlichen zu können, auch wenn der Markt immer unattraktiver wird für mich. Aber das Wichtigste ist, dass ich wieder ein Projekt lieben kann, die Charaktere, dass ich überhaupt wieder schreibe. Und wenn es dann halt doch nicht sein soll, dann ist das so. ich wünsche es mir, aber wenn ich nicht gut genug oder nicht geeignet bin oder es noch und noch Jahre braucht ... was bringt es mir, mich fertig zu machen damit? Ich kann nicht mehr tun als versuchen.

HauntingWitch

Zitat von: Alana am 14. Juli 2015, 10:51:54
Das befürchte ich langsam auch, ich habe eher das Gefühl, mit jedem kleinen Traum, der sich erfüllt, wird es schlimmer. Aber ich habe nicht vor, mich davon unterkriegen zu lassen, es gibt doch nichts schlimmeres, als sich die Träume durch so etwas kaputt zu machen.

Nein, von unterkriegen lassen reden wir ja nicht. ;) Eigentlich finde ich, gerade deswegen müssen wir erst recht weitermachen. Man hat diese Gedanken und Gefühle ja sowieso, ob man sich jetzt verkriecht und nur noch für die Schublade schreibt oder seine Sachen auch an Verlage schickt bzw. im besten Fall veröffentlicht. Ich habe das jetzt auch mit dem ganzen Drumherum, werben und sich präsentieren und so gemerkt. Wenn ich es nicht mache, fühle ich mich auch nicht besser, als wenn ich es mache. Also kann ich es genauso gut machen. Mir geht es eigentlich wirklich mehr darum, wie man damit umgeht. Aber Leute, ich muss mal etwas sagen, ich bin echt froh, dass ich nicht die einzige bin, der es so geht. :gruppenknuddel:

@Thali: So war das nicht gemeint, vielleicht auch mal ganz allgemein: Alles, was ich hier sage, widerspiegelt meine persönlichen Empfindungen und Ansichten und soll in keiner Weise irgendjemanden herabstufen oder verursachen, dass sich jemand schlecht fühlt.

@traumfängerin: Einfach nur: :knuddel:

Alana

#734
Zitat von: Thaliope am 14. Juli 2015, 10:58:03
Nur weil ich versuche, mich aus dieser lähmenden Anforderung, immer und überall die Beste und Herausragendste sein zu müssen (weil man sonst nicht lebens- oder liebenswert ist) zu lösen.

Ach Thali, ich glaube, genau das ist es bei mir auch. Es reicht mir halt nicht, dass die meisten Leser mein Buch mögen, ich will, dass alle es mögen und nein, ich will, dass sie begeistert sind. Und ja, ich will mich davon befreien, denn das ist natürlich völlig bekloppt und widersinnig. Wie sollte das gehen und wäre das wünschenswert? Ich gehöre ja auch zu denen, für die eine drei in der Schule schon eine Katastrophe war und dabei hat mich nie meine Mutter dafür fertig gemacht, das war ich immer schön selbst. Mist, was wenn das genetisch ist? ;D Lass dich mal feste drücken. Weinen ... ich möchte sagen, tu es nicht, aber vielleicht hilft es ja.  :knuddel: Mir hilft es manchmal, alles rauszuheulen, das löst in mir drin die fiesen Knoten.

@traumfängerin:

Zitat von: traumfängerin am 14. Juli 2015, 11:02:27
Ich glaube, das Problem ist, dass mit jedem kleinen Traum, der sich erfüllt, der große Traum (vom Schreiben leben zu können, Bestsellerautorin zu werden, usw.), einen Schritt näher rückt. Zu scheitern, wenn das Ziel unendlich weit entfernt ist, ist blöd, aber ist eben so. Das nimmt einen nicht so mit. Man hatte sowieso keine Chance. Aber zu scheitern, wenn man nur wenige Schritte vor dem großen Ziel war, das ist wirklich hart. Deshalb bringt jeder kleine Traum, der sich erfüllt, ein Stück Angst mit sich. Denn was, wenn man die Erwartungen nicht erfüllt? Was, wenn man sich den großen Traum selbst verbockt, weil man nach der Erfüllung der kleinen Träume Fehler macht? Vielleicht ziehen einen deshalb schlechte Rezensionen runter. Weil es nicht nur der kleine Traum ist, der auf dem Spiel steht, sondern auch der große.

Sehr weise Worte, das ist wahrscheinlich wirklich des Pudels Kern.  :knuddel: Je mehr man in der Branche drin ist, je mehr man bei anderen mitbekommt, wie nah großer Erfolg und ganz tiefer Fall beieinander liegen, desto mehr Angst bekommt man auch. Und trotzdem will man es umso mehr. Ach, es ist schon vertrackt. Ach, ich höre auch nicht auf mit dem Erotik-Schreiben, dazu macht es einfach zu viel Spaß, dann kriegst es halt immer du zu lesen und die drei anderen, die meine Erotiksachen mögen, das ist dann auch schön. Aber das Veröffentlichen spare ich mir dann. ;)

@Witch: ja genau, wo ist der eine Tipp, wo ist der Wegweiser, der mir sagt, wie ich Abhilfe schaffen kann? Ich habe meine Panikattacken besiegt, meine Depressionen, alles mit Selbsthilfetipps. Jetzt suche ich nach dem ultimativen Tipp für diese Situation. Also her damit. Wer hat ihn? ;D

@Tinnue: oh, der Post wurde mir vorhin nicht angezeigt. Also: Ja, ein Machtwort. Und es freut mich, dass es aktuell wieder läuft.  :knuddel: Das ist auch etwas, womit ich derzeit kämpfe, das Schreiben hat zu wenig Gewicht in meinem Alltag, es fehlt mir, zu viel anderes hat sich in den Vordergrund gedrängt. Und du hast absolut recht: Man kann nicht mehr tun, als es versuchen.  :knuddel:
Alhambrana