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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Sanjani

Hallo Cailyn,

Zitat von: Cailyn am 06. August 2013, 12:55:40
In Punkto Zweifel habe ich auch mal eine ganz konkrete Frage zu euren Plots:
Kommt ihr auch irgendwann an einen Punkt, wo ihr euch fragt, ob das Geschriebene überhaupt ansatzweise spannend ist?
Beim ersten Drauflosschreiben habe ich nämlich immer den Eindruck, nun etwas wirklich Gutes geschrieben zu haben, dann feile ich ein wenig herum, mache immer wieder Änderungen, ordne neu, und irgendwann, wenn ich das Buch schon zig Mal durchgekaut habe, frage ich mich: Wirkt das jetzt nur auf mich total langweilig, weil ich es so oft überarbeitet habe, oder ist es langweilig?

Das kenne ich auch gut, aber meistens verschwinden diese Zweifel bei mir wieder, wenn ich das Werk längere Zeit ruhen lasse und dann noch einmal angucke. Manchmal - wie zuletzt bei mir - kann es aber auch sein, dass ich die Idee gut finde, mir die Umsetzung aber irgendwie nicht mehr gefällt und das ist dann schon frustrierend. Andererseits ist es aber auch immer die Chance darauf es noch besser zu machen. So versuche ich es jedenfalls zu sehen.

LG Sanjani
Die einzige blinde Kuh im Tintenzirkel :)

Tinnue

Die Frage stell ich mir in Momenten der Pause auch - und das, obwohl ich das Projekt wirklich richtig krass durchgeplottet habe. Nicht  unbedingt, ob da ansatzweise Spannung ist. Ich denke, die ist da. Nur die Aneinanderreihung von Szenen, kapiteln. Ergibt das Sinn so? Lieber was umstellen? Lieber nochmal umstellen?
Immer, wenn ein Dialog kommt, der für die Handlung wichtig ist, habe ich dennoch gleich Angst, etwas falsch zu machen/ihn zu lange zu machen, sodass man sich langweilt. Nicht einfach im Moment. :/

serenade

Tinnue, das kommt mir bekannt vor... Der beste Ratschlag, den man mir in dem Fall bisher gegeben hat, ist: Weiterschreiben. Später bei der Überarbeitung kann man die Szenen ja noch umstellen und die Dialoge umschreiben...
Wenn das aber auch nicht geht: Den Plot weglegen, den bisher geschriebenen Kapitelanfang nicht mehr ansehen, sondern ohne Vorgabe und Einschränkung in einem neuen Dokument alles neu schreiben (und sich dabei so viel Zeit lassen, bis es wieder von selbst fließt - ohne, dass man sich zu sehr unter Druck setzt).
Ich weiß, die Welt ist nicht immer so einfach wie vermeintlich gute Ratschläge ;) Vielleicht konnte ich Dir aber doch ein bisschen helfen.
Ich wünsche Dir jedenfalls viel Erfolg :) Vielleicht machst Du Dir wirklich einfach nur zu viel Druck.

Cailyn

Tinnue,
Wenn ich beim Aufbau unsicher bin, dann versuche ich mir vorzustellen, das Buch laufe als Film ab. Ob ein Dialog dann zu lang ist oder welche Szene nach welcher kommen soll, das wird dann meist klarer.

Tinnue

Danke, @serenade. Ich glaube, ich steh mir wirklich eher selbst im Weg als dass es nur am Handwerk liegt. Ich bin so ein Mensch, wenn ich will, dann will ich. Dann bin ich manchmal wieder wie 15, bockig. Dann hat es jetzt und nur jetzt zu gehen. Pause? Akku aufladen? Schwer. Ich denke immer, wenn du mal ein so guter Schriftsteller sein willst wie die, die heute davon leben, dann musst du immer können. Dann musst du schnell und auf Knopfdruck können - ich vergesse da manchmal, dass ich einfach mein Tempo habe.

@Cailyn: Genau das müsste ich mal wieder machen. Ich habe es früher oft gemacht. Heute ist es schwerer, sich bewusst die Zeit zu nehmen und auch nicht ablenken zu lassen. Fürchte, das muss ich wieder etwas lernen.  :omn:

Grey

Zitat von: Tinnue am 13. August 2013, 10:17:27
Ich denke immer, wenn du mal ein so guter Schriftsteller sein willst wie die, die heute davon leben, dann musst du immer können. Dann musst du schnell und auf Knopfdruck können - ich vergesse da manchmal, dass ich einfach mein Tempo habe.

Was das betrifft: Diesen Druck musst du dir wirklich nicht machen! :o Auch als Berufsschriftsteller hat man immer Phasen, in denen man einfach nicht kann, und dann kann man auch nicht. Dafür gibt es andere Phasen, in denen es toll läuft und mit denen man die Hungerstrecken wieder ausgleicht. Klar muss man eine gewisse Disziplin haben und darf nicht jeden Anfall von KeinBock als EsGehtGradNicht interpretieren, bloß um eine Ausrede zum xBox zocken zu haben. ;) Aber mach dir bitte keinen Stress, den du von Berufs wegen nur in den seltensten Fällen (oder bei viel zu guter Auftragslage) haben würdest. Und lass dir davon vor allem nicht die Freude am Schreiben vermiesen. :knuddel:

moonjunkie

@ Tinnue: ich würde mir über die Dialoge und Kapitelreihenfolge auch erst bei der Überarbeitung Gedanken machen. Erstmal weiterschreiben, wenn nötig einen Platzhalter setzen, wenn der Dialog noch gar nicht funktionieren will. Vielleicht hilft das ja? Und ich denke auch, dass Grey da absolut Recht hat, wenn man so Phasen hat, wo es gar nicht läuft - dann ist das eben so und man sollte sich keinen Druck machen.

Manchmal hilft auch einfach etwas anderes zu schreiben, sei es ein anderes Projekt oder eine Kurzgeschichte zwischendurch. Die erste Version ist wohl so gut wie bei keinem perfekt und muss sie auch nicht sein, dafür gibt es die Überarbeitung ja später und mit etwas Abstand fällt dir das sicher viel leichter einzuordnen, was wo besser hinpassen würde und welcher Dialog noch verändert werden muss. Und wenn du absolut sofort wissen willst, wie die Dialoge sind, dann kannst du sicher einen Betaleser finden, der da mal drüber guckt. Wobei das meiste vermutlich nur im Gesamtzusammenhang geht. Aber das ist bei der Überarbeitung jedenfalls eine riesige Hilfe, ein frisches paar Augen sieht manchmal die Dinge viel klarer. Drücke dir die Daumen, dass es bald wieder besser geht!

HauntingWitch

Zitat von: Tinnue am 13. August 2013, 10:17:27
Danke, @serenade. Ich glaube, ich steh mir wirklich eher selbst im Weg als dass es nur am Handwerk liegt. Ich bin so ein Mensch, wenn ich will, dann will ich. Dann bin ich manchmal wieder wie 15, bockig. Dann hat es jetzt und nur jetzt zu gehen. Pause? Akku aufladen? Schwer.

Hm, das kommt mir doch irgendwie bekannt vor... ;) Aber gerade in diesen Momenten mache ich mir erst recht keine Gedanken mehr über das Wie, was geht und ob das Produzierte dann auch gut ist. Dann schreibe ich einfach nur, drauflos und was gerade raus muss und wie es gerade kommt. Meine Devise ist immer: Zuerst Inhalt. Genau dafür gibt es doch die Möglichkeit der Überarbeitung. Da kannst du immer noch streichen oder sprachliche Verbesserungen anbringen. Abgesehen davon sind diese einfach mal so frei rausgeschriebenen Sachen bei mir meistens die besten. Versuche, dich nicht verrückt zu machen und solche Zustände auch zu geniessen.

Tinnue

@Grey: Danke. Du hast ja recht, und so höre ich es auch immer wieder. Ich könnte mich dann auch nicht hinsetzen und - in meinem Fall - Nintendo zocken. Ich würde nur irgendwo sitzen und schmollen. Aber so oder so ist das einfach falsch und vergeudete Zeit.

Ich denke im Moment einfach auch viel an die Zukunft; Wir haben immer gesagt mit 28 rum möchten wir mit der Familienplanung anfangen - spätestens. Ich hab also noch 2 Jahre so zum Schreiben. Vor dem, was danach kommt habe ich ehrlich gesagt Angst. Zumindest mit einem ganz kleinen Kind ist Schreiben wahrscheinlich erstmal hinten angestellt (was ich auch durchaus verstehe, ich will keine "halbe" Mutter sein). Außerdem unterstützt mich mein Mann sehr, indem er einverstanden ist damit, dass ich Einiges weniger verdiene als selbstständige Texterin als er es eben tut. Er iost Projektmanager. Ich denke immer, ich muss mich ein bisschen ranhalten mit einem Roman-Schreib"erfolg", da ich es ihm und der Familie irgendwie auch schuldig bin.
Ein Teufelskreis eben.

Ich nehme mir deine Worte und Moonjunkies Tipps mti Weiterschreiben und Platzhaltern zu Herzen und werde einfach mal sehen, ob ich mit der Zeit wieder reinkomme.  :knuddel:

Churke

Zitat von: Tinnue am 13. August 2013, 10:17:27
Ich denke immer, wenn du mal ein so guter Schriftsteller sein willst wie die, die heute davon leben, dann musst du immer können.
Ich glaube, der einzige Beruf, bei dem das Immer-können ein Qualifikationsmerkal ist, ist der des (männlichen) Pornodarstellers.

Etwas routiniert herunter schreiben zu können, heißt nicht automatisch, ein guter Schriftsteller zu sein. Unsicherheit beruht oftmals (ich möchte fast sogar sagen meistens) auf einem Mangel an Erfahrung. Der führt dazu, dass man nicht weiß, ob etwas funktioniert oder nicht. Ich probiere das dann einfach aus, lasse es liegen und lese dann darüber. Wenn ich dann (immer noch) ein komisches Gefühl habe, dann weiß ich, dass ich was ändern muss. Ich bastel manchmal tagelang an einzelnen Szenen herum, bis ich endlich dahinter gekommen bin, wo es hakt. Wobei ich es mir zur Grundregel gemacht habe, nichts erzwingen zu wollen.

Tinnue

Du hast das passend und humorvoll auf den Punkt gebracht.  ;D

Das mit dem "komischen Gefühl" kenne ich. Das ist dann wirklich so eine Art Bauchgefühl, das mir sagt, dass irgendwas noch nicht ganz stimmt.

Stahlkarnickel

@ Churke
ZitatUnsicherheit beruht oftmals (ich möchte fast sogar sagen meistens) auf einem Mangel an Erfahrung.

Genau so ist es. Als 'Frischling' suchen mich die Zweifel ziemlich häufig heim. In Kombination mit kleinlichem Perfektionismus kann das ziemlich nerven. Immer wenn ich so einen Anfall von Zweifeln bekomme, wenn plötzlich alles Mist ist, zwinge ich mich deswegen einfach etwas zu machen. Schreiben, Charaktere erstellen, meine Welt gestalten, irgendwas. Das ganze lass ich dann einige Zeit liegen und sehe es mir noch einmal an. Wenn nur ein Satz, eine Landschaft, ein Charakter nicht in der Mülltonne landet, dann hat es sich gelohnt. Wenn wirklich garnichts gut ist, habe ich eben einen neuen Weg gefunden, wie man es nicht macht!
Jeder Fehlschlag ist eben eine Erfahrung.

Brigadoona

Auch mich suchen zur Zeit - was heißt zur Zeit? - große Zweifel heim. Zweifel, was die Schreiberei im Allgemeinen betrifft.  Die Zweifel sind so stark, dass ich nun seit ca. 3 oder 4 Monaten gar nicht mehr schreibe. Bewusst nicht mehr schreibe und mich zwinge die Ideen, die mir im Kopf herumschwirren, nicht einmal zu notieren. Es ist diese Sinnlosigkeit des Ganzen.
Ja, ich habe bereits im Kleinverlag veröffentlicht. Aber bringt mich das auch nur einen Schritt weiter? - Nein. Ich bin frustrierter als irgendwann zuvor. Ich bin in den Bücherläden "betteln" gegangen und bei der örtlichen Presse. Die Bücherläden waren freundlich, die Presse weniger. Ich habe versucht, meine Werbeideen in die Tat umzusetzen. Hat es mich weitergebracht? - Nein. Ich habe auf Rezensionen gehofft. Haben deswegen mehr Leser meinen Roman gelesen? - Nein.  Hat mir mein Buch beim Sprung zu einem größeren Verlag weitergeholfen? - Nein. Ich besitze nun zwei oder drei weitere "verbrannte" Manuskripte. Träume, die man ablegen kann.
Warum sollte ich also weiterschreiben? Weil es mir Freude bereitet? - Wieder nein. Ich habe auch Familie. Eine Familie, die viele Stunden ertragen hat, dass ich doch beträchtlich viel Zeit dem Schreiben gewidmet habe.
Hoffe ich immer noch? - Das erste Ja. Vielleicht wird diese Hoffnung irgendwann einmal wieder den Zweifel oder den Frust überwiegen. Im Moment nicht. Und es ist gar nicht so einfach, all die Ideen, die man im Kopf hat, auszublenden.
Ein "Danke schön" an jeden, der sich nun den ganzen Text durchgelesen hat. Ich will auch niemanden mit diesen Zeilen hinunterziehen. Es ist ein wunderschönes Gefühl, sein erstes Buch in den Händen zu halten. Und es muss auch nicht jedem so gehen wie mir. Es muss nicht jeder sein Ziel so hoch/zu hoch stecken.
Vielleicht wollte ich einfach einmal meinen zurückgehaltenen Frust abladen. Und vielleicht kann mich der ein oder andere verstehen? Und vielleicht kennt auch der ein oder andere diese Situation.
LG Brigadoona

Junipera

ZitatDie Zweifel sind so stark, dass ich nun seit ca. 3 oder 4 Monaten gar nicht mehr schreibe. Bewusst nicht mehr schreibe und mich zwinge die Ideen, die mir im Kopf herumschwirren, nicht einmal zu notieren.

Hallo Brigadoona!

Das klingt nach mir...... auch ich schreibe schon seit ein paar Monaten nichts mehr.
Bei mir liegt es daran dass ich alles was ich schreibe einfach langweilig und nicht gut finde. Alles klingt so banal und zu einfach in meinen Augen/Ohren.
Seit drei Tagen habe ich mir darüber Gedanken gemacht was ich tun soll. Das schreiben aufgeben? Mir ein neues Hobby suchen?
Meine Antwort war NEIN.

Sei stolz dass Du schon etwas Veröffentlicht hast, auch wenn der gewünschte Erfolg ausgeblieben ist, denn viele schaffen ja nicht mal das! Du hast gezeigt das Du es schaffst ein Projekt zu beenden. Wie viele kommen nicht mal über die Rohfassung hinaus?
Du brauchst ein neues Projekt, dann vielleicht ein anderen Verlag oder eine Agentur und weiter gehts mit dem nächsten Buch.....es gibt so viele Autoren, deren Erstling war auch kein Erfolg.
Klar kostet schreiben Zeit, Familienzeit, Freundezeit........ aber auch die haben Ihre Hobbys oder? Da muss man versuchen einen Mittelweg zu finden, so dass man auch kein schlechtes Gewissen hat.
Wenn Du im Moment einfach nicht schreiben willst, so finde ich das ok. Nimm dir Zeit für Familie und Freunde, aber notiere dir wenigstens deine Einfälle und Ideen und blende Sie nicht einfach aus. Und wenn dann die Schreiblust an deine Tür klopft, dann gib ihr nach. Vielleicht hilft es dir wenn du dir darüber Gedanken machst was schreiben für dich bedeutet ohne dabei Erfolge sehen zu müssen.
Gebe nicht auf nur weil die andere Veröffentlichung nicht so gelaufen ist wie du es erhofft hast.

Ich wünsche dir alles gute.

Liebe Grüße Juni

canis lupus niger

Nicht jeder, "der heute davon lebt", ist ein guter Schriftsteller. Nicht jedes in einem Großverlag veröffentlichte Buch ist von hoher Qualität. Ohne Euch schmeicheln zu wollen, hier habe ich manches gelesen, was mir besser gefällt, als in der aktuellen Massenware!