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Wenn der Zweifel an die Tür klopft

Begonnen von Alaun, 06. August 2009, 09:47:55

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Janika

Zitat von: Cairiel am 02. Juli 2013, 10:45:25
Mich plagen im Moment auch massive Zweifel an meiner Schreiberei ... Ich kassiere Absage um Absage, ich hab schon gar keine Lust mehr, irgendwas an irgendeinen Verlag oder eine Agentur zu schicken. Aber noch mehr als das sorgt mich momentan der zweite Teil meiner Winterchroniken. Ich habe das Gefühl, nur Mist zu fabrizieren, was durchaus an dem Druck liegen kann, den ich mir mache, weil ich ihn unbedingt mindestens so gut, wenn nicht besser als den ersten Teil schreiben will. Hinzu kommt, dass ich einfach schon von zu vielen Leuten gehört habe, dass ich damals besser geschrieben habe als heute - mich freut zwar die ehrliche Meinung sehr, aber ... Ich weiß einfach nicht, woran es liegt, dass ich schlechter geworden bin statt besser. Ich habe keine Ahnung, wie ich wieder besser werden kann. Im Moment erscheint mir meine ganze Schreiberei einfach so sinnlos ... Aber aufhören kann ich auch nicht! Das Schreiben füllt einen so großen Teil meines Leben aus, dass ich mich ohne furchtbar leer fühlen würde.  :seufz:

In meinem Kopf entstehen immer so schöne Szenen und Geschichten, aber sobald ich sie dann niedergeschrieben habe, gefallen sie mir überhaupt nicht mehr. Meine eigenen Figuren sind mir dann zu unsympathisch, zu blass, zu gleich.
[...]
Ich bekomme keine vernünftigen Plotwendungen zustande, ich bin nicht in der Lage, mir etwas Spannendes auszudenken, meine ganzen Formulierungen, mein ganzer Schreibstil, einfach alles ist ein einziger, grauer Einheitsbrei.  :wums:

Das unterschreibe ich mal direkt so. Ich sitze am zweiten Trilogie-Band, und als mir eine Deadline gegeben wurde, die ich nicht zwangsläufig einhalten, bis zu der aber das Manuskript an den Verlag gehen muss, wenn der zweite Band mit auf die nächste LBM soll - ja, da dachte ich, ich packe das. Sind ja Ferien dazwischen. Da schaffst du auch 30k oder mehr im Monat.
Und nu? Im Mai kam ich ins Projekt überhaupt nicht rein, die 20k musste ich mir abwürgen. Die 30k im Juni hab' ich gepackt, nun startet der Juli. Und ich merke, dass ich noch nicht einmal bei der Hälfte stehe.
Nirahil und Windfeuer sind ja meine Patinnen. Erstere hilft mir ganz viel bei Panikanfällen, von letzterer kriege ich täglich(!) eine Motivations-PN mit einer Menge hilfreicher Pfannen.
Aber das allein ist es ja nicht, es ist nicht nur das Problem, fertig zu werden ...

Was ich schreibe, gefällt mir nicht mehr wirklich. Tagsüber kann ich nur selten schreiben, wenn dann aber nachts die Ideen kommen, bin ich teilweise schon total k.o. Dann beginne ich zu schwafeln oder aber total lasch zu schreiben, ich bin echt nicht mehr zufrieden damit, kann die Überarbeitung aber erst ins Auge fassen, wenn die Rohfassung steht, weil sonst der Zeitplan endgültig über den Haufen fällt.
Ich hatte die ganze Zeit insgeheim gehofft, Ende diesen Monats fertig zu werden, damit och genug Zeit bleibt, ein oder zwei Betas zu finden. Wenn die total wenig Zeit kriegen, wird sich das wohl kaum jemand antun.

Ich habe teilweise die wundervollsten, schillerndsten, atemberaubendsten Szenen im Kopf - aber ich kriege mein Kopfkino nicht zu Papier.
Vor ein paar Tagen hat ein Junge, der bei mir auf die Schule geht, mir bei Facebook geschrieben, dass er Band 1 gerade liest und wie toll ihm die Geschichte gefällt. Er habe es beim Lesen fast nie, dass er das Geschehen wie im Kino vor sich sehe, bei diesem Buch jedoch ununterbrochen. Ich habe mich megadoll gefreut, wollte dann beschwingt am ´zweiten Band weiterschreiben - und saß dann davor und hätte das angefangene Kapitel am liebsten wieder gelöscht.

Dann kam bei der neobooks-Ausschreibung zu meiner Kurzgeschichte eine Rezension. Die Idee sei toll, die Umsetzung schlecht, viel zu knapp, nicht genug Atmosphäre. Ich habe mich mit meiner KG für die "Dunklen Stunden" abgelenkt, war zufrieden, habe sie abgeschickt - und hätte mich dafür am nächsten morgen in meine vier Buchstaben beißen können, so grausig war das Ende  geschrieben. :wums:

Ich glaube, es liegt auch an meiner heutigen Verfassung, die eh nicht so gut ist, aber als ich mich in Cairiels Beitrag so sehr wiederfand, musste ich auch einfach mal alles rauslassen. Und mir geht es genauso, dass ich mein Geschriebenes momentan dermaßen in die Ecke pfeffern könnte, das Schreiben auf der anderen Seite auch jetzt in den Ferien wie die Luft zum Atmen brauche. Ich hatte in den letzten Monaten oft das Gefühl, dass es für mich nicht (mehr) mehr als der Ausgleich zum vielen Stress in der Schule war, jetzt merke ich, dass dem nicht so ist. Umso unzufriedener bin ich, dass ich so mau schreibe. :zensur:

So, jetzt habe ich schon wieder ein wehleidiges Posting geschrieben. Das wievielte ist das heute? Ich hoffe ihr nehmt es mir nicht übel, es tut gut, sich das mal von der Seele zu tippen.
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Nirahil

Ich wollte ja eigentlich nichts sagen, weil ich bei euch beiden involviert bin, aber ... hey! Eure Sachen sind nicht schlecht! Es gibt Verbesserungsbedarf, aber den gibt es überall. Manchmal ist es mehr und manchmal eben weniger (ich will ja gar nicht wissen, was sich in meinen Texten alles für Schnitzer tummeln). Ich mochte bisher alles, was ich von euch lesen durfte und ich hoffe, das habe ich euch so gesagt. Wenn nicht, hole ich das jetzt nach. Ich weiß, wie schnell man dabei ist, das eigene Gekritzel nicht zu mögen und zu löschen und dann ist sofort der Druck da, dass der neue Satz genauso dämlich klingt. Aber das ist meiner Meinung nach vor allem die Trotzreaktion des Gehirns, wenn es unzufrieden ist. Der Text an sich ist gar nicht so schlecht, wie es einen glauben lassen will, aber die Unzufriedenheit braucht halt ein Ventil und der Text ist grade da. Außerdem bin ich der Meinung, gerade wenn so viel Zeit und Entwicklung zwischen Band eins und Band zwei liegt, muss der zweite nicht zwangsläufig "schlechter" sein. Er ist anders, weil man sehr viel gelernt hat und sich der Stil weiter verändert, aber deswegen ist er immer noch nicht schlecht. In ein paar Jahren lest ihr euch das durch und findet es geil. Vertraut mir, das Phänomen hatte ich schon mal.
Ansonsten unterschreibe ich caitys Meinung über die Entwicklung. Neue Tricks auf dem Skateboard lernt man auch erst, wenn man zehnmal vom Brett fliegt, aber irgendwann sitzt er. Bis dahin gibt es viele Schürfwunden und Tränen, um am Ende ganz stolz zu sein.
Und jetzt lasst euch alle beide noch mal ganz doll  :knuddel:!
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Tinnue

"Wer kennt das nicht?" - so Sachen bekommt man häufig zu hören in der Verbindung mit Zweifeln (auch ich sage das hin und wieder), und trotzdem fühlt man sich doch immer ein bisschen alleine damit.
Sicher, jeder zweifelt hin und wieder mal, aber diese hartnäckigen Zweifel, die sind es, die einem richtig aufs Gemüt schlagen und am Selbstwertgefühl nagen. Vielleicht ändert sich das mit Roman 1, 2, 3.... oder auch nicht. Wichtig ist, sich klar zu machen, wo sie herkommen und so gut es geht zu versuchen, dagegen anzugehen.

Ich hatte das letztes Jahr. Ich habe eine meiner KGs in einer Anthologie veröffentlicht - und dann war von einem auf das andere Mal plötzlich eine Blockade da. Ich wollte an einem Roman arbeiten. Und weil ich es dieses Mal - wenn man den naiven Versuch in der Jugend als solchen werten kann - richtig machen wollte, ging einfach gar nichts mehr. Ich fand einfach alles besch...eiden. Die Seite ist nichts, der Absatz ist nichts, der Satz ist nichts. Undd as Wort da, hört sich das oder das Synonym nicht besser an? X-mal habe ich alles umgestellt, nur um es dann doch wieder in die Tonne zu kloppen. Mein eigenes Kopfkino war aus.
Dabei half rein gar nicht, was andere dazu gesagt haben. Leute, die meine Geschichten kennen, die sie rezensiert haben, Lektorinnen, Herausgeber ... alle guten Worte waren nichts, weil ich selbst den Glauben verloren hatte. Ich hab mir selbst einfach zu viel Druck gemacht.
Von daher verstehe ich euch, und dich, Cairiel, sehr gut. Ich glaube, wir sind nicht allein auf diesem Boot.  :knuddel:

Bei mir hat der Kampf gegen die Zweifel sein (vorzeitiges) Ende gefunden, indem ich mir schlicht die Frage gestellt hab: Was bleibt dir übrig, wenn du jetzt denkst "Es geht nicht (besser) und alles hinschmeißt? Kannst du WIRKLICH ohne Schreiben leben?"

Ich kann es nicht, und deshalb sitze ich immer noch da. Ich bin nicht frei von Zweifeln und werde es, weil es einfach auch ein bisschen zu meinem Charakter gehört, wohl auch nie wirlich sein. Aber ich habe mittlerweile geht es wieder ganz gut. Ich schalte einfach vor dem Schreiben ab, meistens mit Meditation oder einer kurzen Sport-Session oder dem bewussten Genießen einer Tasse Kaffee. Dann schaue ich mir vorher und den Tag über kein FB und sonstiges an, weil mich das meistens dann auch wieder unter Druck setzt (was machen denn die anderen alles? Wooow! So viel schaffst DU nicht usw usw.).

Fühlt euch beide ganz doll geknuddelt. Ich verstehe euch, und ich kann die Worte meiner Vorredner nur unterstreichen. Ihr entwickelt euch, da ist nur natürlich, wenn man manches nicht (mehr) gut findet, hier und da vielleicht eher hängen bleibt und meckert als vielleicht zuvor. Und wenn andere alte Geschichten lieber mögen, dann hat ihnen vielleicht auch einfach der damalige Stil ein wenig besser gefallen, so ganz persönlich. Dasmuss nicht unbedingt gleich heißen, dass der jetzige schlechter geworden ist.
Versucht euch einfach nicht ZU sehr mit dem idealen Leser unter Druck zu setzen - ja, das schreibt sich einfacher als es sich anhört. Dennoch. Ihr schreibt AUCH für euch, weil ihr es liebt, weil euer Herz an das Schreiben geknüpft ist. Ihr könnt gar nicht aufhören oder aufgeben. Und das werdet ihr auch nicht. Zweifel strengen an, fordern Kraft, aber am Ende machen sie euch nur stärker.  :knuddel:

Cairiel

Coppi, als ich deinen Text gelesen habe, ist mir ein ganz entscheidender Punkt aufgefallen: Ich glaube, mir fehlt ein wenig der Mut zu Neuem, dazu, ungewöhnliche Formulierungen, die in mir stecken, zuzulassen. Stattdessen mühe ich mich verzweifelt ab, das gute, alte in mir zu finden, was wiederum zu besagtem Einheitsbrei führt. Ständig dieselben Formulierungen und Beschreibungen. Es wundert mich fast schon, dass Menschen wie Nirahil, die wirklich viele Texte von mir lesen, noch nicht die Lust daran verloren haben.^^" Dein Experiment klingt sehr interessant, ich hoffe, ich schaffe es, dass ich das dieses Jahr im NaNo oder so mal ausprobiere.  :vibes:

Witch, das werde ich versuchen tun!  :vibes:

Janika, da sitzen wir wohl im selben Boot.  :knuddel:  Ich hoffe, es wird bei dir - bei uns beiden - bald wieder besser!

Nirahil, einfach nur:  :knuddel:  Ich fürchte, ich habe es dir noch nie so richtig direkt gesagt, aber ohne dich hätte ich die Schreiberei vermutlich schon längst frustriert in die Ecke gepfeffert. Du wirst dich ja vermutlich an Mitarah noch genauso gut erinnern wie ich - jedes Kapitel war ich mir sicher, dass es furchtbar schlecht wäre und immer schlechter werden würde, und erst deine positiven Worte haben dazu geführt, dass ich dieses Manuskript überhaupt erst in einem anderen, weitaus besseren Licht sehen konnte. Und das nur stellvertretend für die vielen anderen Sachen, die du schon von mir gelesen und für die du mir deine ehrliche Meinung geschrieben hast.  :wolke:  Ich bin unendlich froh, dass du dich meinem Geschreibsel annimmst und überhaupt dass ich dich kennenlernen durfte.  :vibes:

Zitat von: Tinnue am 02. Juli 2013, 20:44:12Ihr schreibt AUCH für euch, weil ihr es liebt, weil euer Herz an das Schreiben geknüpft ist. Ihr könnt gar nicht aufhören oder aufgeben. Und das werdet ihr auch nicht. Zweifel strengen an, fordern Kraft, aber am Ende machen sie euch nur stärker.  :knuddel:
Tinnue, bei deinem ganzen wundervollen Beitrag ging mir das Herz auf, aber weil es unsinnig wäre, gleich nochmal alles zu zitieren, nur noch einmal den besten Teil davon: einfach nur wow. Das hast du wunderschön geschrieben! Und du hast sooo recht damit!  :vibes:  Vielen Dank für deine Worte!  :knuddel:

Tinnue

Mit Dank zurück, Cairiel!

Mit dem Absatz triffst du nämlich genau die richtige Stelle bei mir:
ZitatCoppi, als ich deinen Text gelesen habe, ist mir ein ganz entscheidender Punkt aufgefallen: Ich glaube, mir fehlt ein wenig der Mut zu Neuem, dazu, ungewöhnliche Formulierungen, die in mir stecken, zuzulassen.

Vielleicht liegt auch das teilweise am Charakter, aber ich habe einige schlechte Erfahrungen mit "Neuem" im Leben gemacht, und auch beim Schreiben habe ich öfters Angst, einfach mal auszuprobieren. Wie sonst kommen wohl all meine literarischen Vorbilder auf ihre tollen Bilder, Vergleiche usw. Da muss ich noch sehr üben einfach mal zu sagen "Hey, möglich, dass dir das später zu 80% jemand anstreicht, vielleicht lacht sich auch jemand krank. VIelleicht ist es aber auch einfach nur ungewöhnlich und genial. :D

Lass uns beide dran arbeiten! Zusammen machts eh mehr Spaß!  :jau:

Janika

Auch von mir vielen Dank! Tut gut, zu wissen, dass man nicht allein ist.

Und Nirahil: :knuddel: :wolke: :knuddel: Du bist echt ein Schatz, weißt du das?

Zitat von: Tinnue am 02. Juli 2013, 20:44:12
Ihr schreibt AUCH für euch, weil ihr es liebt, weil euer Herz an das Schreiben geknüpft ist. Ihr könnt gar nicht aufhören oder aufgeben. Und das werdet ihr auch nicht. Zweifel strengen an, fordern Kraft, aber am Ende machen sie euch nur stärker.  :knuddel:
Da geht es mir wie Cairiel, Autorenherzchenkribbeln! :wolke: Danke!

Ich habe gerade seit etwas längerem mal wieder Lust gehabt, einen Glückskeks zu essen. Zu Weihnachten bekam ich ein Paket geschenkt, drei Stück waren noch übrig.
Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der Spruch hier reinpasst.
ZitatIhr Gespür zeigt Ihnen den richtigen Weg.

Ich sollte mich einfach wieder einmal treiben lassen. Dass sollten wir alle drei machen, hm? Wir sitzen im selben Boot, sagtest du, Cairiel - dann lasst uns jetzt jeder ein Paddel nehmen und losfahren! :gruppenknuddel:
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

pink_paulchen

Dann wünsch ich euch eine aufregende Bootsfahrt und immer eine Handbreit Wasser unterm Paddel. Mich hat heute die Antwort erreicht - im Moment Land unter und keine Zeit. Bitte das Gesamtmanuskript später senden.  :d'oh:
Grad wollt ich verzweifeln, als in der gleichen Mailauslieferung eine Zusage eines weiteren Publikumsverlags füt dasselbe Werk kam.(vergessen abzusagen)
Jetzt fühl ich mich doch nicht mehr unfähig. Wird schon, ich paddel mal mit.

Nirahil

Warum gibt es hier keinen vernünftigen, knallrot anlaufenden Smiley?  ;D Achje, ihr seid süß. Vielen Dank  :knuddel: Und ihr kriegt das hin. Nach einem Tief kommt immer auch ein Hoch, selbst wenn man es noch nicht sehen kann.

Herzlichen Glückwunsch, pipa! Das klingt ja echt klasse. Ich freu mich für dich!  :vibes:
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Leann

Jetzt ist hier schon so viel zu den Zweifeln geschrieben worden, auch sehr gute Tipps, und es macht Mut zu lesen, dass es anderen genauso geht wie einem selbst.
Zu den üblichen Zweifel an meinen schreiberischen Fähigkeiten gesellt sich neuerdings etwas ganz Neues: Der Zweifel, ob ich überhaupt veröffentlichen will. Klingt seltsam, und früher hätte ich das gar nicht verstanden. Ein Buch zu veröffentlichen war immer ein großer Traum von mir, gleichzeitig aber so utopisch wie eine Mt. Everest-Besteigung. Da sich die Wahrscheinlichkeit aber jetzt rapide vergrößert hat, bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob es das ist, was ich wirklich möchte und ob ich es überhaupt mit meinem hedonistischen Lebensstil vereinbaren kann. Ich habe darüber nachgedacht und gemerkt, dass mir bisher nichts Spaß macht, was mit einer Veröffentlichung zusammenhängt. Ich schreibe nicht gerne Exposés, es liegt mir nicht, mein Werk anzupreisen, ich hasse das Warten auf eine Antwort vom Verlag, überhaupt diese ganze Warterei macht mich wahnsinnig. Das Lektorat macht auch alles andere als Spaß. Mir graut jetzt schon bei der Vorstellung, was für unsägliche Covervorschläge und Klappentexte mir unterbreitet werden. Und wenn ich daran denke, dass mein Machwerk irgendwann auf Leser losgelassen wird, packt mich wilde Panik. Ganz abgesehen davon, wie sich schlechte Kritiken auf meine Laune auswirken werden. Bisher konnte ich immer gut schlafen, aber neuerdings habe ich Albträume und schwanke ansonsten zwischen manisch und apathisch und, absolut untypisch für mich, heule ständig ohne Grund los. Wenn das jetzt schon so ist, wie schlimm wird das noch werden? Will ich das wirklich? Ich habe glaube ich nicht das Zeug dazu, nicht die Dickfelligkeit oder gefestigte Persönlichkeit, um das durchzuziehen.
Vielleicht wäre es besser, wenn ich weiterhin einfach so schreibe, nur für mich, denn das macht mir Spaß, und ich zitierte jetzt mal den tollen Satz von Coppelia:
ZitatSo schreiben, als wäre der Roman nur für mich ganz allein. Oder tatsächlich den Roman erstmal ganz für mich allein schreiben. Später kann ich dann immer noch sehen, was ich damit anfange. Das schönste Geschenk an mich selbst: Der schönste Roman, den ich mir ausdenken kann, und er gehört mir, mir ganz allein! Muahaha!
Ist das feige? Bin ich überhaupt keine Schriftstellerin, wenn ich nur für mich selbst schreibe? Und stört mich das? Bin ich eigentlich noch ganz dicht? Sollte ich lieber den Mt. Everest besteigen?
Zweifel über Zweifel ...

Alaun

#294
Zitat von: Leann am 04. Juli 2013, 13:44:56
Bin ich überhaupt keine Schriftstellerin, wenn ich nur für mich selbst schreibe? Und stört mich das? Bin ich eigentlich noch ganz dicht? Sollte ich lieber den Mt. Everest besteigen?
Zweifel über Zweifel ...

Ein Schriftsteller ist jemand, der Schrift erstellt. Nichts anderes und vorerst ganz ohne Druck von außen. Sonst hieße er "Fürjemandanderenschriftsteller". Sagt diejenige, die genau diesen Druck gerade mehr als deutlich merkt und auch nicht so recht weiß, wie sie damit umgehen soll.  ::)

Was mir in deiner Aufzählung zu Veröffentlichungen fehlt, ist übrigens der schöne Teil des Ganzen: das eigene Buch sehen und anfassen können. Positives Feedback von begeisterten Lesern. Die Freude, die es macht, andere mit eigenen Geschichten zu begeistern. Daraus kann man eine Menge Kraft ziehen.

Nycra

Ich habe mir das jetzt durchgelesen und mir fällt dabei vor allem eine Sache bei Cairiel, Janika und Aqua auf. Ihr sprecht alle von der Verzweiflung, den zweiten Band zu schreiben und davon, dass ihr euch dem Druck ausgesetzt fühlt, genausogut zu schreiben, wie im ersten Band.

Als ich den zweiten Dhraden-Band angefangen habe, habe ich auch gejammert. Meine Schreibe sei nicht mehr so gut, die Story sei lahm, das Übliche eben. Und obwohl mir meine Betas versicherten, das stimme alles nicht, konnte ich das nicht sehen. Da waren die schweren Eisenketten, die mich runterzogen und mir vormachten, dass alles, was jetzt nachkommt, nur Schrott sein muss, ließen sich nicht abschütteln. Dabei habe ich die Dhraden erstmal nur für mich geschrieben (okay und für ein paar Fans vielleicht ;) ).

Während ich also jammerte und mit mir vollkommen unzufrieden war, antwortete mir eine Autorin auf Facebook und meinte: "Pass auf, das ist ein Mehrteiler. Du wirst den zweiten Band hassen. Du wirst fluchen und denken, er sei der letzte Mist. Weil du dich selbst unter Druck setzt. Aber ich verspreche dir jetzt etwas. Wenn du mit dem dritten Teil anfängst, läuft es."

Ich dachte mir erst, jaja, die hat gut reden. Hat ja selbst gerade erstmal drei Folgeromane veröffentlicht und sitzt "erst" am vierten Teil. Ich habe mich weiter durch das Skript gequält, es an meine Betas geschickt und mir die Nägel abgekaut. Und mit Band III angefangen.

Ich wurde überrascht. Zum einen schickten mir die Betas schon lange vor Ablauf der Frist die Korrekturen zurück und das ohne Mecker und Haue, es sei so grottenschlecht. Zum anderen liefen mir die ersten 150 Seiten von Band III super von der Hand. Ich war warm mit meinen Charkteren, hatte das Setting schon so sehr verinnerlicht, dass ich locker drauflosschreiben konnte. Es stimmt zwar, dass ich das Projekt derzeit ruhen lasse, aber es juckt mich in den Fingern, weiterzumachen und es fühlt sich so an, als würde es dann auch sofort laufen.

Vielleicht haben mich die Worte der anderen Autorin nur wachgerüttelt. Vielleicht ist es tatsächlich der Fluch der Nummer II, der mich ereilt hatte und auch bei euch zugeschlagen hat. Ich gehe jedenfalls jetzt lockerer mit dem Schreiben der Fortsetzung um.

Ich maule zwar immer noch über einen gewissen anderen zweiten Band, an dem ich gerade sitze, aber es löst nicht mehr sofort eine Schreibblockade aus. Weil ich mir die Zeit dafür nehme, die ich will; auch weil ich weiß, dass es ein zweiter Band ist und dieser immer Zweifel mit sich zu bringen scheint. Ich hatte mir ursprünglich ein Ziel bis zur Fertigstellung gesetzt, aber nach meinen Erfahrungen mit den Dhraden II kurzerhand beschlossen, es nicht zu erzwingen. Es steht niemand wirklich hinter mir und tippt mit den Zehen auf den Boden oder sieht mich vorwurfsvoll an. Klar würden sich einige darüber freuen, wenn die Fortsetzung sofort käme. Aber ich schreibe das erstmal für mich. In zweiter Linie für Nana und Sprotte, weil sie die Paten des Projekts sind und erst laaaaaaaaaaaange danach kommt der Wunsch, den zweiten Band hinterher zu schieben. Außerdem ist Juli. Wer denkt den ernsthaft, dass der zweite Band noch dieses Jahr erscheint? Ich sicher nicht.

Ich weiß jetzt nicht, ob euch das hilft. Mir jedenfalls hat es gut getan, mal die Perspektive einer Autorin zu hören/lesen, die genau das durchgemacht und überwunden hat, was ich empfand und eine Erklärung dafür gefunden hat: Es liegt nur an dem dämlichen zweiten Band. Nicht an mir!

Euch allen wünsche ich die Kraft, einzusehen, dass Schreiben zwar Arbeit ist, aber auch Vergnügen sein kann, nein soll. Es ist vielleicht kein einfacher Weg, aber durchaus einer, den man beschreiten lernen sollte. Wenn es euch dabei hilft, nur für euch selbst zu schreiben, dann tut es. Was kümmert euch der ganze Rest? Es sind eure Babys, nicht deren.  :knuddel:

Grey

Oh, da kann ich Nycra nur beipflichten. Zweite Bände sind die Hölle. Das war bei meinen Vampiren genauso, und ich habe das auch schon von anderen gehört. Deswegen will ich ja auch so gern irgendwann den dritten Band schreiben. :innocent:

Janika

Zitat von: Grey am 04. Juli 2013, 14:36:44
Oh, da kann ich Nycra nur beipflichten. Zweite Bände sind die Hölle. Das war bei meinen Vampiren genauso, und ich habe das auch schon von anderen gehört. Deswegen will ich ja auch so gern irgendwann den dritten Band schreiben. :innocent:
Wenn du DAS machst ... will ich betalesen! :bittebittebitte:

Nycra, irgendwie beruhigt mich dein Beitrag gerade ungemein. Wenn das Problem des zweiten Teils ein verbreitetes Problem ist, bin ich damit alles andere als allein, das ist immerhin schonmal etwas. Nur das "langsam angehen" wird bei mir halt leider nicht klappen. :-\
Grey, hattest du für Band 2 zufällig eine Deadline? Hast du Erfahrungen mit der Verbindung?

Danke auf jeden Fall für eure Hilfe! :knuddel: Ich hab ja in Nirahil und Windfeuer auch zwei jammererprobte Patinnen gefunden, ich hoffe nur, dass ich ihnen nicht zu sehr die Ohren volljammern werde in der zweiten Hälfte, in der ersten war es schon mehr als genug ... :zensur:
Immer eine Handbreit Plot unter dem Federkiel haben.

Alaun

Danke @ Nycra & Grey :knuddel:

Janika, was das Problem mit dem zweiten Band angeht, bist du definitiv nicht alleine, nein... :no: Mir hilft es gerade ungemein, ein Spin Off einzuschieben, an dem ich parallel arbeite. Das verhindert, dass der zweite Band sich selbst wichtiger nimmt als nötig und sich zu einem Monster aufbläht. Funktioniert nicht immer, aber meistens ;)

Antonia Assmann

Zitat von: Leann am 04. Juli 2013, 13:44:56
Jetzt ist hier schon so viel zu den Zweifeln geschrieben worden, auch sehr gute Tipps, und es macht Mut zu lesen, dass es anderen genauso geht wie einem selbst.
Zu den üblichen Zweifel an meinen schreiberischen Fähigkeiten gesellt sich neuerdings etwas ganz Neues: Der Zweifel, ob ich überhaupt veröffentlichen will. Klingt seltsam, und früher hätte ich das gar nicht verstanden. Ein Buch zu veröffentlichen war immer ein großer Traum von mir, gleichzeitig aber so utopisch wie eine Mt. Everest-Besteigung. Da sich die Wahrscheinlichkeit aber jetzt rapide vergrößert hat, bin ich mir gar nicht mehr sicher, ob es das ist, was ich wirklich möchte und ob ich es überhaupt mit meinem hedonistischen Lebensstil vereinbaren kann. Ich habe darüber nachgedacht und gemerkt, dass mir bisher nichts Spaß macht, was mit einer Veröffentlichung zusammenhängt. Ich schreibe nicht gerne Exposés, es liegt mir nicht, mein Werk anzupreisen, ich hasse das Warten auf eine Antwort vom Verlag, überhaupt diese ganze Warterei macht mich wahnsinnig. Das Lektorat macht auch alles andere als Spaß. Mir graut jetzt schon bei der Vorstellung, was für unsägliche Covervorschläge und Klappentexte mir unterbreitet werden. Und wenn ich daran denke, dass mein Machwerk irgendwann auf Leser losgelassen wird, packt mich wilde Panik. Ganz abgesehen davon, wie sich schlechte Kritiken auf meine Laune auswirken werden. Bisher konnte ich immer gut schlafen, aber neuerdings habe ich Albträume und schwanke ansonsten zwischen manisch und apathisch und, absolut untypisch für mich, heule ständig ohne Grund los. Wenn das jetzt schon so ist, wie schlimm wird das noch werden? Will ich das wirklich? Ich habe glaube ich nicht das Zeug dazu, nicht die Dickfelligkeit oder gefestigte Persönlichkeit, um das durchzuziehen.
Vielleicht wäre es besser, wenn ich weiterhin einfach so schreibe, nur für mich, denn das macht mir Spaß, und ich zitierte jetzt mal den tollen Satz von Coppelia: Ist das feige? Bin ich überhaupt keine Schriftstellerin, wenn ich nur für mich selbst schreibe? Und stört mich das? Bin ich eigentlich noch ganz dicht? Sollte ich lieber den Mt. Everest besteigen?
Zweifel über Zweifel ...

Liebe Leann,

soweit ich das mitbekommen habe, hast du im Moment ein "Baby" an der Startlinie und  bist im Lektorat. Ich kann dir nur von meiner Seite sagen: Seitdem ich eine Zusage von einem Verlag habe, habe ich keine Lust mehr zu schreiben und halte mich für unfähig. Frag mich bitte nicht, warum. Ich habe einfach keine Lust. Vielleicht ist das wirklich die Panik vor der ersten Veröffentlichung und dass man die erst mal ablegen muss, damit man dann halbwegs normal weiterschreiben kann. Auch wenn man sich selber sagt, dass man nur für sich selber schreibt.
Ich kann dich jedenfalls sehr gut verstehen, ich habe auch keine große Lust auf das alles, was du aufgezählt hast. Ich freue mich jetzt dann einfach mal darauf mein Buch in der Hand zu halten und zu hoffen, dass es ganz viele Leute gut finden.
Ob ich weitermache steht auf einem andern Blatt. Aufhören zu schreiben werde ich sicherlich nicht, aber ob es jetzt nur für mich ist, oder auch für die Öffentlichkeit kann ich noch nicht abschätzen. Vielleicht muss man sich dann auch wieder erst das fertige Projekt angucken und dann entscheiden. Und bis dahin sollte man den Spaß am Schreiben nicht verlieren!

Das mit dem zweiten Teil ist wirklich so eine Sache. An dem scheitere ich auch gerade... Ich habe jetzt mal ne Pause eingelegt und warte erst einmal ab, wie der erste Teil ankommt.
Jedenfalls glaube ich ganz sicher, dass man zu streng zu sich wird, wenn man den zweiten Teil schreibt. Dass man sich übertreffen will, sich steigern. Und das ist ein unglaublicher Druck. Ich wünschen allen "Zweiten -Teil-Schreibern" viel gute Gedanken, Kraft und Selbstbewusstsein.
Die ersten Teile wurde ja schließlich nicht umsonst verlegt. :)