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Was macht ihr eigentlich vor dem Plotten?

Begonnen von Phlox, 24. Oktober 2020, 17:03:44

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Phlox

So kurz vor dem NaNo ein neues Thema aufzumachen, ist vielleicht keine gute Idee. Oder gerade? Deswegen probiere ich es jetzt doch:
Mich würde interessieren, wie ihr konkret vorgeht vor der eigentlichen Schreibphase. Seid ihr wirklich so strukturiert, dass ihr erst den Weltenbau-Bogen (in welcher Form auch immer) ausarbeitet, und dann im nächsten Schritt nach der Plotmethode eurer Wahl den Plot strukturiert, und dann die Punkte daraus in einer bestimmten Reihenfolge "ausschreibt"?

Ich frage deshalb, weil ich mich folgendes beschäftigt: Ich arbeite zurzeit mit zwei Dokumenten, in einem halte ich meine Recherche-Ergebnisse fest, in einem anderen  all die Dinge, die wichtig sind für "meine" Länder - Gesellschaftsformen, Stand der Technik, Geographie etc. pp.. Dazwischen drängeln sich dann aber natürlich andere Dinge - Bruchstücke von Dialogen; Ideen für bestimmte Szenen; Dinge, die ich noch klären muss, ehe es ans Schreiben gehen kann usw..

Im Ergebnis finden sich diese Schnipsel nun meistens in Form krakeliger Bleistiftnotizen in verschiedensten Blöcken und Dokumenten. Wenn ich so weitermache, sitze ich nächstes Jahr um diese Zeit mit einem Wust von Heften und Dateien da, die ich erst mal absuchen muss, ob sich da vielleicht irgendwo eine Notiz findet, die relevant genug ist, um für die Handlung berücksichtigt zu werden...

Da Problem ist, diese Schnipsel sind nicht so ausdifferenziert, dass ich sie z.B. bestimmten Personen zuordnen und in entsprechende Dokumente eintragen könnte. Sie erscheinen mir aber auch zu wichtig, um sie einfach zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass sie mir schon wieder einfallen werden, wenn ich mich erst mal in ferner Zukunft ans Plotten machen werde. Und sie einfach ungeordnet hintereinander weg in ein Ideenbuch einzutragen, wird das vorprogrammierte Chaos vermutlich auch nicht wirklich verhindern.

Gehört dieses Phänomen bei euch zur Ideenfindung und zur Vorarbeit dazu, sozusagen als kreatives Chaos vor der Strukturierung? Oder macht ihr vielleicht "Weltenbau", "Plotten" und "Figurenbasteln" parallel?

Hab ich mich überhaupt verständlich ausgedrückt? Ich freue mich jedenfalls, von euren Erfahrungen und Arbeitsweisen zu lesen! :)

Bucheckerchen

Ich habe eher auch ein Wirrwarr aus Notizen zu allem Möglichen.

Ich nehme mir immer vor, die Sache strukturierter anzugehen, aber letztendlich bekomme ich es nie hin. Wenn ich mich hinsetze und einfach nur planen will, dann bin ich wie blockiert. Aber wenn ich mich gar nicht mit meiner Geschichte beschäftige, sondern eine Doku schaue oder spazieren gehe oder sonst etwas mache, bekomme ich ständig kleine Fünkchen von Inspiration und Ideen, und die halte ich dann einfach in einem Dokument für Notizen fest.
Auch kommen mir viele Ideen erst während des Schreibens. Dann fallen mir plötzlich Aspekte meiner Welt oder kleine Charakterbesonderheiten ein, die gerade gut in die Szene passen, die mir bei purer Planung aber wohl so nie in den Sinn gekommen wären.

Araluen

Also ich habe derzeit ein dickes Notizbuch für alles, was mit Schreiben zu tun hat. Dort hinein kommen Plotnotizen, Worldbuilding, Schnippsel oder auch ganze Szenen oder Kapitel (ich schreib gern handschriftlich).
Das Notizbuch wird direkt befüllt ohne Leerseiten als Platzhalter oder vorgegebene Struktur, dafür mit Inhaltsverzeichnis und Verlinkungen, falls ich ein Thema oder Kapitel mit etwas anderem unterbreche.
Plotte ich strukturiert? Ich würde gern sagen ja ;) Die Realität ist meist eine andere.
Am Anfang steht die initiale Idee, das Szenario, um das es geht. Dann kommen mehr oder weniger zeitgleich erste Grundlagen zum Worldbuilding und die Figuren stellen sich vor. Hab ich ein paar Basics jag ich die Idee meist durch ein oder zwei Plotmethoden (meist Plotembryo oder 7 Punkte oder mein neuer Liebling 3-9-27). Da bleiben meist noch großflächige Löcher im Plot. Oft fällt mir dann noch was zum Worldbuilding ein und spätestens jetzt quatschen auch die Figuren in meinem Kopf los (wenn nicht, kann ich die Idee eigentlich auch einmotten). Manchmal schaff ich es die "Gespräche" niederzuschreiben, manchmal wird aus dem Gespräch nur eine kurze Notiz. Manchmal schaff ich auch nichtmal das.
An meinem Herzensprojekt bastle ich so seit fünf Jahren (ich bin quasi im... sechsten Firstdraft ;)). Mitlerweile hab ich dort eine Linie, mit der ich gut fahre.
Mein diesjähriges NaNo Projekt bastle ich gerade mit einem kleinen Workshop. Mal sehen wie strukturiert ich am Ende ratsächlich starte ;)

Wildfee

@Phlox, du beschreibst genau, wie es derzeit auch bei mir zugeht  ;D

Ich habe das Ganze aber auch noch analog und digital. Digital habe ich diesen ganzen Wust auf papyrus, da habe ich zusätzlich noch Bilder zu den Figuren.
Um ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen, schreibe ich Szenen, Charkterbeschreibungen, Dialoge etc. auf Karteikarten. Die kann ich rechts und links oben dann immer noch farblich markieren und entsprechend zuordnen.
Mit den Karteikarten schaue ich dann, inwieweit die in ein gängiges Plotschema passen (bei mir so halbwegs bisher in die Plotembryo Methode) und im Moment schaue ich, ob ich irgendwo Plotlöcher habe.

Allerdings ist dieser Nano auch mein erster, den ich überhaupt ansatzweise plotte, ich habe bisher meine KGs größtenteils in einem Rutsch durchgeschrieben, ohne irgendetwas zu plotten.

Dämmerungshexe

Ich gehöre auch zu der Fraktion "ein Haufen Fresszettel und angefangene Notizbücher und zahllose verschachtelte Ordner auf meinem PC in denen Notizen und Szenen wild durcheinander gewürfelt sind", vermischt mit einem Haufen Skizzen.

Ich folge auch keiner echten Plotmetheode, schreibe meist aus dem Bauch, ab und zu versuche ich es mit Karteikarten und fange immer wieder neue Ordnungssysteme an, die nie lange halten.

Wirklich Struktur bringe ich meist erst nach einem ersten Entwurf rein, wenn ich das Gefühl habe schon so ziemlich alles über die Welt und die Figuren zu wissen. Beim Erstellen von Charakterbögen, Szenenlisten, Handlungsstrangübersicht und Glossar fallen mir dann aber auch wieder zig Dinge ein und auf.

Also an sich vermischen sich bei mir Schreiben und Plotten und Notieren die ganze Zeit, daher kann auch nicht wirklich sagen was ich "vor dem Plotten" tue.
Hoffe das hilft dir trotzdem weiter.
,,So basically the rule for writing a fantasy novel is: if it would look totally sweet airbrushed on the side of a van, it'll make a good fantasy novel." Questionable Content - J. Jacques

Trippelschritt

Da ich als Bauchschreiber gar nicht plotte, ist die Ausgangsfrage für mich etwas anders zu beantworten. Das wäre die Frage, was ich vor dem Schreiben mache.

Ich habe eine grobe Vorstellung meiner Welt. vor allem kenne ich die dinge, die für die wesentlichen Konflikte sorgen. Und ich weiß, worum es in der Geschichte auf der Handlungsebene geht. Ich kenne außerdem mindestens eine, meist zwei Figuren ganz gut mit den wichtigsten Charakteristika. Das genügt um anzufangen und ein paar Szenen zu schreiben. Der Rest kommt beim Schreiben und wird stückweise ergänzt. Niemals beginne ich mit zehntausend Notizen! Wie soll man daraus eine Geschichte machen?

Gerade den Anfang schreibe ich sehr oft neu, stelle dort auch die Szenen um. So lange, bis ich ein gutes Gefühl habe.

Viel Erfolg beim Nano
Trippelschritt

Phlox

Oh, offenbar sind hier gar nicht so viele "Hardcore-Plotter" unterwegs, wie ich dachte?  Dann muss ich mich ja nicht so alleine fühlen ;)  :vibes:
Ich habe es bisher auch oft so gemacht wie Trippelschritt und Dämmerungshexe. Aber das hat mit sich gebracht, dass mir oft nur die erste Rohfassung so richtig Freude gemacht hat beim Schreiben. Im Anschluss habe ich das Ding bis zu 10 Mal von vorne bis hinten überarbeitet, bis ich einigermaßen zufrieden war, und das war .... etwas ... zäh.
Bei der jetzigen Geschichte habe ich außerdem mehr Personen, Schauplätze und Handlungsstränge als bei den bisherigen, da brauche ich wohl schon etwas mehr Planung, um nicht in lauter Sackgassen zu enden....?
Wie Araluen schreibe ich auch sehr gerne vieles von Hand. Vielleicht werde ich mir doch noch mal ein Notizbuch für "Sonstiges" zulegen, das wird dann wohl das dickste von allen werden...  :)



Trippelschritt

@ Phlox

Was das überarbeiten angeht, kann ich Dich trösten. Zwar müssen Bauchschreiber häufiger überarbeiten als Planschreiber, weil man sich ab und zu zwischendurch auch mal in seinem eigenen Text verirren kann, aber irgendwann benötigst Du keine zehn Überarbeitungen mehr. Stephen King, auch ein extremer Bauchschreiber, benötigt meist nur noch eine einzige Überarbeitung, aber was hat der für eine Schreibvergangenheit. Ich brauche mittlerweile zwei bis zum Lektorat und schreibe auch schon mehr als zwanzig Jahre Belletristik und hatte vorher einen Beruf, in dem ich viel schreiben musste/durfte.

Je besser Dein Handwerk wird, desto weniger musst du überarbeiten. Und Handwerk ist nicht nur Stil.

Wird schon werden. War bei den anderen auch nicht anders.

Viel Erfolg
Trippelschritt

Aphelion

Ich trenne die einzelnen Schritte zeitlich kaum. Bei einem meiner aktuellen Projekte war am Anfang etwas entscheidend, das in solchen Threads oft gar nicht genannt wird: die Stimmung und das Thema. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, haben die Stimmung und das Thema alles andere in der Geschichte bestimmt. Auch den Weltenbau und die Handlung.

Meine Herangehensweise ist generell chaotisch. Inzwischen versuche ich nicht mehr, daran etwas zu ändern, weil ich damit am besten arbeiten kann. Der Knackpunkt (bei meiner Arbeitsweise) besteht darin, das Chaos erst einmal zu fördern und erst dann zu strukturieren. Die Struktur folgt den Ideen, nicht umgekehrt. Ich gehe dabei jedes Mal ein bisschen anders vor - und ich würde behaupten, dass das der Vielfalt der Geschichten sogar gut tut.

Das Strukturieren passiert bei mir, wenn ich das Exposé schreibe, mehr oder weniger von selbst. Oft habe ich zu diesem Zeitpunkt aber schon ein paar Szenen (oder 90% des Romans ::)) geschrieben. Manche Sachen ergeben sich auch erst im Laufe des Prozesses. Mut zur Lücke! :D Das menschliche Gehirn ist darauf angelegt, Zusammenhänge zu finden (bzw. zu konstruieren). Diese Eigenschaft kann man gar nicht abschalten.

In meinem Manuskript befinden sich oft noch Platzhalter und Kommentare mit offenen Fragen, z.B. zum Setting. Unzusammenhängende Dialoge und andere Fragmente kommen bei mir auch direkt ins Manuskript und werden als Bruchstück markiert: farblich, durch einen Hinweis in der Überschrift, ... Ich habe schon Verschiedenes genutzt. Hauptsache, ich erkenne die Bruchstücke als solche und habe eben keine (digitale oder analoge) Zettelwirtschaft mehr.

Wie man merkt: Ich schreibe meistens nicht linear.

Ich schreibe aber gerne Anfänge als Erstes, vor jeglicher gezielter Planung. Anfänge müssen möglichst schnell einen Überblick über das Setting, die Stimmung und die (ersten) Figuren geben. Stil und das Thema werden ebenfalls bereits angeschnitten. Damit habe ich oft schon eine Skizze für alles außer die Handlungsdetails, ohne Steckbriefe und Weltenbau-Fragebögen ausfüllen zu müssen. Das ist aber Geschmackssache und ich habe auch schon mit vorgegebenen Strukturen gearbeitet. Ich mag es meistens aber nicht so gern.

Um auf die Frage im Threadtitel zurückzukommen: Was an erster Stelle steht, hat mMn viel mit der Frage zu tun, woher eigentlich die Ideen kommen und was dir wichtig ist. Dazu passt dieses "Problem":

Zitat von: Phlox am 24. Oktober 2020, 17:03:44
Da Problem ist, diese Schnipsel sind nicht so ausdifferenziert, dass ich sie z.B. bestimmten Personen zuordnen und in entsprechende Dokumente eintragen könnte. Sie erscheinen mir aber auch zu wichtig, um sie einfach zu ignorieren und darauf zu vertrauen, dass sie mir schon wieder einfallen werden, wenn ich mich erst mal in ferner Zukunft ans Plotten machen werde. Und sie einfach ungeordnet hintereinander weg in ein Ideenbuch einzutragen, wird das vorprogrammierte Chaos vermutlich auch nicht wirklich verhindern.
Manchmal muss man erst einmal ein bisschen herumbasteln, bevor man weiß, worauf es einem selbst eigentlich ankommt. Es geht (mir) beim Planen nicht nur darum, Fakten zu schaffen, sondern es geht auch um den Prozess, der dann erst zu Festlegungen führt. Deshalb ist es (mir) egal, wenn ich Details auslasse, die ich irgendwann mal aufgeschrieben habe. Das ausgelassene Detail war nicht unwichtig, denn es gehörte zum Prozess, nicht zum Ergebnis .

Wenn das Ergebnis 100 Seiten umfasst und ich wirklich nicht reduzieren will, dann ist das halt so und ich muss mit den Konsequenzen leben. Dann hilft eine gute "technische" Strukturierung, um mich trotzdem schnell in einem Dokument zurecht zu finden. (Themen gruppieren, hierarchische Überschriften, passende Formatvorlagen zuweisen, Verknüpfungen, auch mal Schaubilder statt Erklärtexte usw. usf.) Das meiste geht auch analog. Ich würde auf Papier einen breiten Rand anlegen, um Platz für Notizen zu haben.

Mit der Zeit prägen sich wichtige Details ohnehin besser ein. Das dauert. Also keine Panik, nur weil du nicht sofort alles im Kopf hast. :)

Soly

Zitat von: Phlox am 24. Oktober 2020, 23:22:39
Oh, offenbar sind hier gar nicht so viele "Hardcore-Plotter" unterwegs, wie ich dachte? 

Hier! :winke:
Zwischen der ersten Idee zu einem Buch und dem eigentlichen Losschreiben vergeht bei mir gut gerne mal ein halbes bis ganzes Jahr. Bauchschreiben kann ich überhaupt nicht, da kommt nur Schwachsinn raus, wenn ich das versuche.

Zur Ausgangsfrage:
Ich habe auch so eine Art Notizzettelsammlung mit diversen Ideen und Fragmenten - allerdings im Kopf. Dadurch dass ich generell ein recht gutes Gedächtnis habe, muss ich nicht befürchten, alles wieder zu vergessen; höchstens mal ein Detail, aber das kann ich auch rekonstruieren.
Ich fange erst an, im Kopf die Fragmente zu ordnen, bis sich ein einigermaßen kohärentes Bild ergibt; entweder vom Plot oder von der Story eines Charakters, und je nachdem was zuerst da ist ergibt sich das andere daraus. Erst wenn ich ein Gefühl dafür habe, in welche Richtung die Geschichte gehen soll, schreibe ich einen ersten Grobplot auf. Meisten ergibt sich während dessen der eine oder andere Zusammenhang, der mir vorher noch nicht bewusst war.
Und dann beginnt der ewige Kreis aus "Plot im Hinterkopf arbeiten lassen und neue Details entdecken" und "Plot verfeinern und Figuren ausarbeiten". Irgendwann entsteht daraus die Stimmung, wie Aphelion schrieb, und erst wenn ich die kenne, kann ich zaghaft anfangen, die ersten Szenen zu schreiben.
Bis dahin hab ich aber mindestens drei verschiedene, überarbeitete Feinplots irgendwo liegen.

Ich kann auch überhaupt nicht Szenen in beliebiger Reihenfolge schreiben. Es muss mit dem Prolog oder der ersten Szene losgehen, und wenn ich die schreibe, muss ich auch genau wissen, wohin es später gehen soll. Ansonsten fühlt es sich irgendwie hohl an und ich traue mich nicht, Plot oder Story in irgendeine Richtung zu bewegen, wenn ich eigentlich nicht weiß, wo sie ankommen sollen.
Gewissermaßen muss ich ein Manuskript erstmal vollständig im Kopf ausformuliert haben, bevor ich auch nur ein Wort aufschreiben kann.
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Churke

Die Frage, die ich mir stellen muss: Was will ich mit dem Weltenbaubogen überhaupt erreichen? Wenn ich eine Geschichte über Rom schreiben will, brauche ich keinen Ordner über China anzulegen. Sinn haben solche Sammlungen, wenn man eine Geschichte in einem spezifischen Setting platzieren möchte. Das bedeutet dann aber auch, dass sich der Plot dem Setting unterordnen muss.
Priorisiere ich hingegen den Plot, kann und muss ich das Setting so lange hinbiegen, bis es passt. Womit man hinter der Sinnhaftigkeit umfassender Datensammlungen ein Fragezeichen setzen kann. Was bringt mir eine minutiös ausgearbeitete Wüste, wenn sich während des Schreibens manifeistiert, dass sich einen Dschungel brauche.

Wenn man flexibel arbeitet, ist die Gefahr, dass man Details vergisst, so groß nicht. Denn wenn sich die Welt nach dem Plot richtet, wird man mehr oder weniger automatisch zu den Dingen herangeführt. Das bewahrt einen ganz nebenbei auch vor Infodump-Orgien.

Minna

Huhu Phlox,

der Thread hier könnte auch interessant für dich sein. Das Thema ist ähnlich, da habe ich auch schon mal ausführlich meine Vorgehensweise beschrieben. Was mir noch einfällt weil du schreibst:

Ab
Zitater das hat mit sich gebracht, dass mir oft nur die erste Rohfassung so richtig Freude gemacht hat beim Schreiben. Im Anschluss habe ich das Ding bis zu 10 Mal von vorne bis hinten überarbeitet, bis ich einigermaßen zufrieden war, und das war .... etwas ... zäh.
Bei der jetzigen Geschichte habe ich außerdem mehr Personen, Schauplätze und Handlungsstränge als bei den bisherigen, da brauche ich wohl schon etwas mehr Planung, um nicht in lauter Sackgassen zu enden....?

Ich plotte eigentlich ziemlich viel im Vorraus und habe nach einer handvoll fast vollendeter Romane und ungefähr 20 Kurzgeschichten festgestellt: Egal wie gut ich plotte, am Ende muss ich in der Überarbeitung alles nochmal neu Schreiben. Keine Ahnung warum, oder ob das mit mehr Erfahrung besser wird. Jedenfalls werden der Feinplott und die Charaktere erst richtig greifbar für mich, wenn ich schreibe. Aber seit ich mich damit abgefunden habe, habe ich mir eine andere Herangehensweise an meine Rohfassung vorgenommen- Die Rohfassung schreibe ich eher wie eine Skizze, wie ein Drehbuch. Also überwiegend die Dialoge und nur knappe Beschreibungen. Damit kann ich diese Rohfassung relativ schnell runter schreiben und merke schnell, ob ich gravierende Probleme im Plot habe, ob der Spannungsaufbau passt und die Charaktere genug Raum zur Entwicklung haben. Beim Neuschrieb gibt es bei mir nochmal so viel zu entdecken und "auszumalen"- also all die schönen Beschreibungen, Gedanken und Gefühle- da wird mir nicht langweilig bei.
Außerdem kann ich aufbauend auf der Rohfassung dann viel besser Plot- Szenen- und Charakterüberischten nochmal neu ausfüllen und auf Lücken abklopfen.

Lady Fantasy

Also ich habe mir ein Workbook angelegt in dem Notizen, Satzfragmente, Dialoge oder auch Ideen stehen. Das nutze ich dann auch um die ganzen Puzzleteile zu einem Plot zu verbinden. Dabei habe ich meist aber schon die grobe Handlung und die Charaktere im Hinterkopf. Weil ich dann aber auch meist vergesse welcher Charakter nun woher kommt, oder auch mal was durcheinander bringe habe ich mir vorgenommen zumindest für die Figuren meiner Handlung Charakterböen zu benutzen. Mehr aber auch nicht. Bei mir war es so das ich zu Beginn immer mit Bögen für Städte, Länder, Völker und und gearbeitet habe. Dabei habe ich dann aber immer mehr Arbeit in das gesteckt als in meine Geschichte. Das heißt, ich persönlich bin nie wirklich zum Schreiben gekommen weil mich die Vorarbeit irgendwie davon abgehalten hat und ich das Gefühl hatte, ich hätte die Geschichte schon erzählt :)

Jetzt plane ich das einfach freier, aber wichtige dinge wie zum Beispiel Handelsbeziehungen, Kriege oder politische Intrigen schreibe ich mir dann schon wieder detaillierter auf.
Ich glaube aber das jeder da für sich selber einen Mittelweg finden muss. Der eine braucht einen Plot bei dem alles durchgeplant ist und der andere macht es mit der lockeren "Puzzle-Methode" ich denke das muss man dann selber rausfinden was einem liegt.

Christopher

Dein Ausgangspost liest sich für mich so, als würdest du das Pferd von hinten aufzäumen.

Bei mir läuft es so:
Ich habe eine Idee, ein Konzept, einen Charakter o.ä. als Ausgangspunkt, denen ich das Potenzial einer Geschichte zutraue. Von da an fange ich damit an, dass ich den Anfang und das Ende wissen will. Warum? Alles muss irgendwie anfangen, das sollte klar sein. Das Ende hingegen ist wichtig, damit ich weiß, worauf ich hin arbeiten will. Wenn ich mein Ziel nicht kenne, ist es ziemlich wahrscheinlich, dass ich mich auf dem Weg dahin verirre.
Von da an überlege ich dann, was ich dazwischen brauche. Was muss der Charakter durchgemacht haben, um vom Anfang (Naiv, idealistisch z.b.) weg zum Ende (erwachsen, pragmatisch) zu kommen? Was muss auf dem Weg zum Ziel erreicht werden?

Das sind dann die Dinge, von denen man Weltenbau, Nebencharaktere, Antagonisten etc. abhängig macht. Grundsätzlich lasse ich die Idee mit Charakter/Konzept/Idee, Anfang und Ende eine Weile reifen. So 1-2 Jahre vielleicht, in denen ich ab und an wieder dran denke, mir Szenen und Szenarien ausmale, schaue was gut ist und was nicht und Stück für Stück die Welt und die Geschichte wachsen lasse. Sicherlich könnte man das auch in 1-2 Monaten rigorosem Plotten und Planen machen und dabei kommen auch sehr gute Sachen bei rum, aber manchmal war das Potenzial dann doch nicht so groß und da wäre so eine strikte Herangehensweise sehr zeitaufwendig um das zu merken.

Wie gesagt: Die Reihenfolge ist bei mir anders herum. Idee, Anfang, Ende, dann daraus wachsend der Weltenbau etc. Nicht: Weltenbau, basteln, probieren und alles was sich "gut" anfühlt sammeln und aus dem Wust eine Geschichte herausfischen.
Be brave, dont tryhard.

Phlox

Von euren unterschiedlichen Herangehensweisen zu lesen, finde ich wirklich interessant.
Mal sehen, ob ich das mit dem Zitieren von Beiträgen begriffen habe:

Zitat von: Aphelion am 25. Oktober 2020, 12:47:16
Bei einem meiner aktuellen Projekte war am Anfang etwas entscheidend, das in solchen Threads oft gar nicht genannt wird: die Stimmung und das Thema. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, haben die Stimmung und das Thema alles andere in der Geschichte bestimmt. Auch den Weltenbau und die Handlung.
(so ähnlich auch bei Solmorn)

Ein wahres Wort! Wenn ich das Gefühl habe, mich in Detailfragen zu verlieren, lehne ich mich manchmal zurück und versuche mich daran zu erinnern, wieso ich die Geschichte eigentlich erzählen will und was mich anfangs an der Idee und den Figuren so fasziniert hat. In Zukunft werd ich dann auch ab und an diesen Thread noch mal lesen!  :)

Zitat von: Aphelion am 25. Oktober 2020, 12:47:16
Dann hilft eine gute "technische" Strukturierung, um mich trotzdem schnell in einem Dokument zurecht zu finden. (Themen gruppieren, hierarchische Überschriften, passende Formatvorlagen zuweisen, Verknüpfungen, auch mal Schaubilder statt Erklärtexte usw. usf.) Das meiste geht auch analog. Ich würde auf Papier einen breiten Rand anlegen, um Platz für Notizen zu haben.

Jo!  :jau:

Zitat von: Churke am 26. Oktober 2020, 14:29:38
Priorisiere ich hingegen den Plot, kann und muss ich das Setting so lange hinbiegen, bis es passt. [...] Denn wenn sich die Welt nach dem Plot richtet, wird man mehr oder weniger automatisch zu den Dingen herangeführt.

Zitat von: Christopher am 27. Oktober 2020, 13:11:24
Wie gesagt: Die Reihenfolge ist bei mir anders herum. Idee, Anfang, Ende, dann daraus wachsend der Weltenbau etc. Nicht: Weltenbau, basteln, probieren und alles was sich "gut" anfühlt sammeln und aus dem Wust eine Geschichte herausfischen.

Ihr könnt das wirklich so trennen? Das finde ich erstaunlich. Ich habe eher den Eindruck, dass sich Welt(enbau) und Figuren/Konflikte wechselseitig bedingen.

Theoretisch wäre es ja auch denkbar, dass man eine so faszinierende Welt erfindet, dass die quasi selbst schon die Handlung trägt...  Jetzt wäre es gut, wenn ich ein Beispiel hätte... :hmmm:

Zitat von: Lady Fantasy am 27. Oktober 2020, 11:16:30
Das heißt, ich persönlich bin nie wirklich zum Schreiben gekommen weil mich die Vorarbeit irgendwie davon abgehalten hat und ich das Gefühl hatte, ich hätte die Geschichte schon erzählt

Die Befürchtung hab ich nicht so sehr beim Weltenbau, sondern eher wenn es um das Festlegen der Handlung und das Interagieren der Figuren geht: Dass es mir langweilig wird, das auszubuchstabieren, wenn es vorher schon minutiös festgelegt wurde.

Zitat von: Minna am 26. Oktober 2020, 23:32:16
Die Rohfassung schreibe ich eher wie eine Skizze, wie ein Drehbuch. Also überwiegend die Dialoge und nur knappe Beschreibungen. [...] Beim Neuschrieb gibt es bei mir nochmal so viel zu entdecken und "auszumalen"- also all die schönen Beschreibungen, Gedanken und Gefühle- da wird mir nicht langweilig bei.

Diese Vorgehensweise finde ich wirklich charmant!  :herzchen: