• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Schreibt ihr eigentlich über euch selbst?

Begonnen von Grey, 21. Juni 2007, 00:20:54

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Maran

Um es noch einmal ganz klar zu sagen (und um Mißverständnissen vorzubeugen): Ich schreibe nicht über mich als Person, ich nutze meine eigenen Charaktereigenschaften und meine persönlichen Erfahrungen bei der Entwicklungen von Charakteren - oder diese Charaktere stellen einzelne Aspekte meiner Selbst dar.

Romy

Zitat von: Maran am 01. April 2010, 23:55:53
Um es noch einmal ganz klar zu sagen (und um Mißverständnissen vorzubeugen): Ich schreibe nicht über mich als Person, ich nutze meine eigenen Charaktereigenschaften und meine persönlichen Erfahrungen bei der Entwicklungen von Charakteren - oder diese Charaktere stellen einzelne Aspekte meiner Selbst dar.

Oh ja, das ist mir bei einem Projekt von mir besonders aufgefallen. Keine der beiden Protas oder der wichtigen Nebenpersonen ist wirklich haargenau wie ich, aber unbeabsichtigt habe ich jedem der wichtigen Figuren eine bestimmte Eigenschaft von mir gegeben, sie ansonsten aber zu ganz eigenen Charakteren gemacht. Ich glaube nicht, dass es außer mir jemals jemandem auffallen wird, aber mir bringt es meine Figuren besonders nahe.
Nebenwirkung ist, dass ich mir spätestens seit dieser Erkenntnis irgendwie ganz leicht schizophren vorkomme ;D

Merrit

Hi,
   nun, über mich als Person schreibe ich natürlich nicht, aber wie soll man sich aus seinen Figuren raushalten, wenn man doch auf die eigenen Erfahrungen und Gefühle in sich selbst zurückgreifen muss, um sie zu beseelen?
Vermutlich wird immer ein Teil von mir selbst in den Personen stecken, wenn auch nur minimalste.
Ich persönlich muss ja jede Entscheidung, jeden Gedanken, jedes Gespräch schreiben und entwickeln, also gibt es ja nichts in dem MS, das ich mir nicht vorstellen kann.
Gib es hier Autoren, welche eine Person gänzlich von sich losgelöst beschreiben (können) und wenn ja, wie geht das?
Beobachtet ihr Menschen, welche ihr euch als Vorbild für eine Person herauspickt?

  Lg Merrit

(Mein erster Beitrag, Bann gebrochen :) )

Feather

Mhm... völlig losgelöst... ich denke das ist ein schwieriges Unterfangen. Selbst habe ich es noch nicht probiert, bin also selbst auf Antworten gespannt. Doch ich denke es ist kompliziert, da man ja dann eigentlich das Gegenteil von sich selbst schreibt. Frei von allen Einflüssen ist meiner Meinung nach nicht möglich, weil es immer Dinge gibt, die man unbewusst mit einfließen lässt. Die einem noch nicht mal selbst auffallen müssen.

Explizit beobachtet habe ich noch keinen Menschen und ihn dann als Figur für eine meiner Projekte auserkoren. Eher nehme ich sie als Grundgerüsst, das ich nach und nach ausbaue. Aber es ist immer wieder interessant die Menschen im Allgemeinen zu beobachten.
Einmal ist mir bisher die Vorlage für eine Figur selbst erschienen, ohne das ich darauf geachtet hätte. Ein Mann setzte sich vor mich in den Bus und ich war so fasziniert, das musste aufgeschrieben werden (irgendwie kommt mir das bekannt vor, so was in der Art hatten wir glaub ich schon mal). Fast als stelle sich mein Chara bei mir vor.

Mrs.Finster

Ich schreibe gerade die erste Story in der Ich- Version. Sehr interessante Schreibweise  :hmmm: Da ich sonst immer in der 3 Person geschrieben habe, musste ich mich völlig umstellen. Jetzt muss ich viel mehr von mir preis geben, bin kein stummer Beobachter mehr, sondern schilder aus meiner Sicht.

Also in der Ich- Version schreibe ich definitiv über mich selbst, angefangen über die Ausdrucksweise, bis hin zum Ausdruck der Empfindungsweise.
Glück ist, wenn die Katastrophen in meinem Leben endlich mal eine Pause einlegen :-)

Joscha

In der Ich-Perspektive habe ich noch nie versucht zu schreiben. Ob sich das darauf auswirken würde, ob ich mehr in Richtung meiner eigenne Wahrnehmung abdriften würde, weiß ich nicht. Einerseits kenne ich ja meinen eigenen Charakter und meine eigene Sicht der Welt am Besten, was ja besonders in der Ich-Perspektive durchschimmert. Andererseits würde ich mich aber, glaube ich, auch im Vorhinein schon viel mehr mit meinem Charakter auseinandersetzen und dann schließlich einfach in seine Rolle schlüpfen und die Welt gezielt so beschreiben, wie er sie wahrnimmt und nicht ich.

Telas

Aus aktuellem Anlass greife ich das Thema nochmal auf, auch wenn es schon ein wenig älter ist. In jedem meiner Projekte hatte ich stets meine Lieblingscharaktere und dabei musste es nicht unbedingt der Prota sein, der sich von den anderen abhob. Er wirkte einfach lebhafter als die anderen, da ich mich besser in seine Lage hineinversetzen konnte.
Dennoch waren seine Gefühle nie eins zu eins die meinen. Ich konnte immer nur erahnen, wie ich mich in seiner Situation fühlen würde und wie ich aller Voraussicht nach handeln würde, wenn ich an seiner Stelle stünde.
In meinem kommenden Werk, das ich gerade durchplotte will ich alles ein wenig anders machen. Ein Charakter soll zwar nicht denselben Namen tragen wie ich, doch soll er mir vom Wesen, noch mehr aber meiner Stimmung entsprechen. Auf diese Weise will ich meine Identifikation mit der entsprechenden Figur maximieren.
Ich hoffe nur dass es mir gelingt, Dinge aus der Realität so auszublenden, dass sie nicht beim Schreiben in das Buch fließen und mein Chara hinterher an einer Stelle glücklich ist, obwohl er doch eigentlich traurig sein sollte.
In jedem Fall stelle ich es mir nicht leicht vor, aber es wird sicher eine neue, aufregende Erfahrung.

Milena

Ich denke, es ist so gut wie unmöglich, sich ganz aus seinen Charas rauszuhalten... schließlich sind die Charakter im Buch eines Autoren, wenn der Autor das Buch "ernst meint", immer ein Teil von ihm... oder ist das nur bei mir so?

Ich habe heute entdeckt, dass mein Valentin eine meiner (vielleicht nicht ganz so guten)Eigenschaften "geerbt" hat:
Verbissen seine Meinung zu vertreten, auch wenn's manchmal besser wäre, es auf sich beruhen zu lassen und sich nicht in jede Schlacht zu werfen...
Da fällt mir das ein, was ich manchmal (im Scherz) zu meiner Mutter sage:
"Deine Gene ruinieren mir mein ganzes Leben..."  ;D

silence

Also bei mir ist es TeilsTeils. Zum Teil lasse ich meine Erfahrungen und Erlebnisse mit einfließen, lasse meine Figuren aber meistens ihre eigenen Erfahrungen machen. Ein paar meiner Eigenschaften habe ich auch schon eingearbeitet, aber eine Kopie meiner selbst habe ich noch nicht erschaffen (ist mir jedenfalls noch nicht aufgefallen), und habe es auch nicht vor. Das würde mir eher wie ein Seelenstriptease vorkommen, und damit hätte ich meine Probleme. Weil der einzige, der auch nur eine Ahnung davon hat,wie es in mir aussieht, ist mein Lebensgefährte, und dass ist auch gut so. Ich würde mich verkriechen, wenn einige die Dinge von mir wüssten, die tief in mir begraben liegen.

zDatze

In meinen aktuellen Geschichten fließt zwar immer wieder etwas von mir bzw. meiner Meinung mit ein, aber trotzdem sind die Charas kein Abklatsch von mir. Trotzdem vererbe ich ihnen immer wieder ein paar Dinge. Musikgeschmack z.B. Aber da es noch x-tausend andere Menschen gibt, die diese Musik mögen mache ich mir da keine Sorgen, dass ich mich da selber in die Geschichte schreibe.

Bewusst über mich selbst geschrieben habe ich bisher nur einmal. Das war ein kleines Büchlein, in das ich meinen Frust gekritzelt habe. Dinge, die mich einfach runtergezogen haben und die ich auch keinem anderen anvertrauen würde. Die stehen alle in diesem kleinen Büchlein, das ich unter Verschluss halte und ich bin mir sicher, dass es wohl niemand je zu Gesicht bekommen wird. ;D

Rika

Ich weiß nicht, wie doll ich mich oder Teile von mir in bestimmte Figuren hineinschreibe, oder auch hineinrollenspiele. Ich habe noch keine Chara geplanterweise als "Abklatsch" meiner selbst in einer anderen Welt erschaffen...
...aber andererseits denke ich, jeder Charakter "lebt" aufgrund der Basis meiner Erfahrungen. Und damit meine ich vor allem Gefühle, Gewohnheiten, Reaktionen. Je mehr Erfahrung ich gesammelt und selbst erlebt habe, desto breiter ist meine "Farbpalette", mit der ich malen kann. Ich kann diese Farben dann auch in gewissem Sinn mischen, oder "verdünnen/verdicken". Und auch Dinge/Zusammenhänge, die ich an anderen beobachte, oder die mir im Gespäch/Austausch mit anderen verständlich erklärt werden, geben mir weitere Farben.
I muß z.B. nicht unbedingt den Verlust meiner gesamten Familie erlebt haben, um dies in einem Chara nachempfinden zu können, aber es hilft doch, selber schon einige solche Verluste erlebt zu haben - und auch, in anderer Art, durch einen Schüleraustausch mal "allein in einem fremden Land" gewesen zu sein.

Insofern glaube ich, alle meine Charas haben mindestens Teile von mir, aber halt (hoffentlich) nicht genauso zusammengesetzt wie ich bin, und auch mit Anteilen, die entweder Eigenschaften von mir wesentlich vergrößern/verkleinern oder aus meinen Beobachtungen dazukommen. Also nicht = ich.

Sternenlicht

Wenn ich ehrlich bin, steckt in jeder meiner Hauptfiguren ein Teil von mir selbst, bei manchen mehr, bei manchen weniger. Auch wenn es mir direkt beim Schreiben vielleicht noch gar nicht auffällt.
Vermutlich liegt es daran, dass man, wenn man eine Figur sehr intensiv abhandelt, immer etwas von einem selbst hineinfließt.

Nebenfiguren können dagegen auch völlig anders sein als ich. Da orientiere ich mich auch an realen oder fiktiven Personen.


Faol

Mir gehts da wie Sternlicht, in meine Hauptfiguren tragen oft Eigenschaften wie ich und vertrehten änliche Meinungen. Allerdings würde ich nicht behaupten, dass ich von mir schreibe.
Man merkt auch, an meinen Figuren, wie ich mich selbst in den letzten Jahren verändert habe. Als ich angefangen habe zu schreiben, waren meine Figuren so das ziemliche Gegenteil von mir. Sie waren so, wie ich damals sein wollte.
Jetzt sind sie mir sehr änlich, oft Außenseiter. Obwohl sie immer noch so sind, wie ich gerade seinen will, nur dass ich jetzt so sein will, wie ich bin.
Two roads diverged in a wood, and I -
I took the one less traveled by,
And that has made all the difference.
(Robert Frost - The Road Not Taken)

Runaway

Ich fand's mal sehr lustig, wie eine Freundin zu mir sagte, meien Fantasyheldinnen würden sie alle an mich erinnern. Die sind alle völlig unterschiedlich - die eine ist traumatisiert und verhält sich auch ständig so, die andere ist völlig normal und verhält sich sehr frauentypisch, die dritte ist eine Kriegerin und wieder ganz anders...
Aber natürlich haben sie alle irgendwas von mir. Mir ist aufgefallen, daß meine Helden immer irgendwas von mir haben. Sie haben aber auch oft was, was ich gar nicht habe. Meine aktuelle Heldin ist furchtbar lieb und nett und ich bin das nur, wenn ich Lust habe ;)
Ich denke da auch nicht groß drüber nach. Beim Charakterbasteln ist Ähnlichkeit mit mir selbst kein Kriterium. Ich will stimmige Charaktere - Ähnlichkeiten oder reale Vorbilder sind eben nützlich, um tolle Charaktere zu erschaffen. Das läßt sich ja beliebig mischen.

Valaé

Mir geht es ganz ähnlich wie den Meisten hier. Zwar bin ich davon überzeugt, dass jeder meiner Charaktere irgendwo einen Eigenschaftszug von mir abbekommen hat (mir graut es, wenn ich dabei an einen Charakter namens Eila denke. Mir ist bis heute nicht klar, wie ich ihr so nahe sein kann. Ich meine... sie erschreckt mich! Und ich erschrecke mich selbst, dass ich so jemanden wie sie beschreiben kann) und manche Charaktere durchaus einen Aspekt meiner eigenen Persönlichkeit verkörpern können, doch ich habe noch nie einen Charakter extra auf mich zugeschnitten
Dennoch spielen eigene Erfahrungen immer mit hinein. Es ist einfach leichter, eine Situation zu beschreiben, wenn man zumindest ein ähnliches Gefühl erlebt hat. Als einer meiner Protas beispielsweise (ein sehr junges Mädchen) in einer fremden Stadt mitten in der Nacht vollkommen alleine gelassen wird und Wahnvorstellungen von einem Verfolger bekommt, war es für mich sehr von Vorteil, dass mir selbst bereits einige solche Dinge geschehen sind und ich sehr gut nachvollziehen kann, was für eine höllische Panik man bekommt, wenn man glaubt, jemand ist hinter einem her und was für verdammt gute Streiche die Sinne einem spielen können.
Dennoch bin ich froh, dass meine Charaktere niemals mich selbst darstellen. Aspekte von mir, das geht in Ordnung. Aber wenn ich über mich schreiben möchte, schreibe ich Tagebuch. Meine Charaktere aber sind meine Charaktere und jeder für sich eigenständig, da mögen sie hier und da noch so viel von mir haben.