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Pfui Teufel, weg mit den Redewendungen!

Begonnen von Nikki, 30. Mai 2020, 09:07:04

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Trippelschritt

Ich komme noch einmal zurück zu Wilhelm Tell. Schiller hat keine Redewendungen benutzt, er hat welche erschaffen. Das könnte für jeden Autor, der befürchten muss, nicht über die Sprachgewalt eines Schillers zu verfügen, ein Problemchen schaffen. Was soll er denn nun tun? Es Schiller gleichtun oder versuchen, es mit ihm aufzunehmen. Oder resignieren und gleich ganz auf Redewendungen zurückgreifen?

Der Leser mag keine Redewendungen. Bestenfalls verzeiht er sie, wenn sie nicht zuhauf auftreten.
Der Leser mag aber auch keine neuen Formulierungen, die bemüht klingen, so wie es @ Alina für sich bestätigt hat.

Ich befürchte, es gibt keinen sicheren Ratschlag. Mein Weg war es: Ich nehme es mit Schiller auf. Glücklicherweise ist es nicht ganz so schwierig, einzelne starke Formulierungen zu finden, wie gleich ein ganzes Drama zu schreiben. So war mein Scheitern nicht gleich vorprogrammiert. Aber starke Sätze zu schreiben, ist Teil des Handwerks, das ein Autor einigermaßen beherrschen sollte, und er sollte wissen, dass das auch mal ins Auge gehen kann.

Und noch ein Gedanke. Nicht jede Geschichte, nicht jeder jeder Stil, nicht jeder Text verlangt nach starken Worten. Er kann auch leise, beinahe lautlos einherkommen und braucht dann auch keine Redewendungen. Denn jede Redewendung war einmal ein starkes Wort. Und wer Redewendungen einsetzt, sollte sie auch kennen und verstehen.
Beispiel: "Er nahm ihm den Wind aus den Segeln" ist eine gängige Redewendung, die aber heute fast nur noch übertragen gebraucht wird. Das kann ein heutiger Autor bestimmt besser. Mit anderen Worten: Diese Redewendung würde ich in jedem Fall vermeiden, weil die einstmals starken Worte schwach geworden sind.

Liebe Grüße
Trippelschritt


Gilwen

Ich mag Redewendungen, sowohl normale als auch vermurkste, wenn es passt und sie nicht zu häufig vorkommen. Und ganz neue mag ich auch, wenn man den Sinn dahinter gut versteht und nicht lange herumgrübeln muss.
In den Zwerginnen habe ich eine eigene eingebaut, um die Fremdartigkeit meines Elfen und auch die Sprachbarriere in dem Moment darzustellen. Da schien es mir ganz passend, wenn er eine Wendung benutzt, über die man im ersten Moment stolpert.

Außerdem:
ZitatDeshalb glaube ich, sowohl Redewendungen als auch sogar (in Maßen mit 'ß') Fremdwörter sollten durchaus erlaubt sein. Eben, weil es in gewissem Sinne eine Übersetzung aus Fantasy-Sprache in Lesersprache ist.
Was @Sascha sagt.
,,Ist schon gut", sagte das Feuer. ,,Du musst das sicher erstmal alles sacken lassen."

Felix Fabulus

Zitat von: Leann am 30. Mai 2020, 13:18:01
In Fantasyromanen kann man passende neue Redewendungen etablieren. Sowas macht mir Spaß und ich lese es auch gerne. Ansonsten geben Redenwendungen den Leser*innen etwas Vertrautes, woran sie sich orientieren können. Viele Redewendungen sind sogar so vertraut, dass man sie überliest und nicht näher darüber nachdenkt. Richtig übel finde ich falsche Redewendungen, zum Beispiel "Das schlägt dem Fass den Zacken aus der Krone" und "Das war der letzte Tropfen auf dem heißen Stein"(habe ich echt mal in einem Buch gelesen, und da waren noch mehr solche Klopper enthalten). Dann lieber weglassen, wenn es nicht unfreiwillig komisch werden soll.

Es sei denn, man baut es absichtlich ein. Ich lege einer meiner Nebenfiguren falsche Sprichwörter in den Mund, als Running Gag. Um die Leser nicht zu verwirren, wird sie das erste Mal vom Prota korrigiert. Später gibt er es auf.
Wortwebereien aus der Geschichtenmühle, gespeist vom Ideensee, der Fantasie und dem Bächlein Irrsinn.