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Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

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Meine Lektorin und ich debattieren gerade schon wieder folgenden Fall: Meine Figur wurde angeschossen, in den Bauch, und schreit völlig außer sich vor Schock und Schmerzen: "Du hast mich erschossen!" Laut meiner Lektorin müsste das aber angeschossen sein, weil wegen Anglizismus. Ich bin nun tatsächlich leider berüchtigt für schlechte Anglizismen und kann mich auch gerade nur auf mein Gefühl und auf diverse schlechte Krimis stützen, dass jemand tatsächlich statt nüchtern und grammatikalisch und vom Sinn her korrekt "Du hättest mich umbringen können!" panisch "Du hast mich umgebracht!" sagen würde, gerade bei so etwas wie einem Bauchschuss. Aber gerade weiß ich nicht weiter.

Araluen

Völlig unter Schock, blutend und überfordert sagt das Opfer "Du hast mich erschossen!"
Zumindest würde ich das auch so schreiben und meine das auch so schon in verschiedenen Fimen gehört zu haben. Im Schock wird völlig übertrieben und auf Grammatik achtet das Opfer da sicher auch nicht. Außerdem geht es mit Sicherheit davon aus gleich sterben zu müssen. Damit passt erschossen.

Blaurot

Ich würde vermutlich "Du hast auf mich geschossen!" schreiben, denn "erschossen" geht meiner Ansicht nach nicht, da "ich" dann schön tot wäre, und "angeschossen" klingt so, als ob "ich" daran aber nicht sterben würde.


Araluen

"Du hast auf mich geschossen", ist natürlich auch eine gute Möglichkeit und kann ich mir gut für so eine Szene vorstellen  :jau:

Jen

"Du Saftnase! Hättest du besser gezielt, wäre ich jetzt schon tot! Stattdessen sterbe ich qualvoll und langsam, na schönen Dank auch."
Guilty feet have got no rhythm.

Thaliope

Die Aussage ist zwar sachlich falsch, aber wenn du das als Zeichen des Schocks der Figur ansiehst, sehe ich eigentlich kein Problem ...

Feuertraum

Ich bin gerade ziemlich irritiert: In wie fern ist das Wort "erschossen" ein Anglizismus?
Ansonsten sehe ich es wie Thaliope und Blaurot: Bei einem Schuss, der in den Bauch dringt, kann man wirklich nicht mehr von "angeschossen" reden. Ganz im Gegenteil. Angeschossen sehe ich eher als ein Streifschuss.
Meine Wenigkeit würde eher zu "getroffen" tendieren, aber da Sie nur einen kurzen Ausschnitt gepostet haben, bin ich nicht sicher, ob das Wort passt.
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

Thaliope

#937
@Feuertraum: Weils im Englischen immer "shot" heißt, egal ob der Schuss tödlich war oder nicht. Und weil man da beim Übersetzen genau auf den Kontext achten müsste, ob es jetzt erschossen, auf jemanden geschossen oder jemanden angeschossen heißt ... Da fordert die deutsche Übersetzung mehr Informationen als die Quelle liefert, und da kommt es oft zu flüchtigkeitsbedingten Übersetzungsfehlern, die sich dann in die deutsche Sprache einschleichen.




Nachtblick

Zitat von: Jen am 13. Dezember 2015, 19:10:46
"Du Saftnase! Hättest du besser gezielt, wäre ich jetzt schon tot! Stattdessen sterbe ich qualvoll und langsam, na schönen Dank auch."
Gute Alternative! Ich denk drüber nach ;D

Genau wie Thaliope sagte, das ist das Übersetzungsproblem von "You shot me!", das im Deutschen dann alles heißen kann. Ich werde morgen noch mal mit meiner Lektorin telefonieren und mich entsprechend vielleicht für "Du hast auf mich geschossen!" entscheiden, auch wenn ich da reininterpretieren würde, dass die Person nicht getroffen wurde.

Danke!

gbwolf

Ich würde mich da Araluen und Thaliope anschließen. Wobei ich auch den Satz: "Du hast mich erschossen" eher für ein Film- oder Theaterdeutsch halte. Sehr reflektiert und lang und irgendwie, als wäre der Person klar, dass sie an den Folgen der Verletzung sterben wird. Klar, unter Schock ... Je nach Typ kann ich mir eher ein knappes: "Was ...?" oder "Verdammt!" vorstellen oder ein quiekendes: "Wieso schießt du auf mich?"

"Du hast abgedrückt/geschossen?"

Feuertraum

Ah!
Okay, vielen lieben Dank für die Antwort  :)
Ein Bekannter von mir liebt Bier so sehr - ich bekam als Schutzimpfung gegen Corona Astra Zenica, er Astra Pilsener ...

chaosqueen

Zumindest beim Ertrinken muss das Ergebnis nicht tödlich sein, aber ich für hte, dass lässt si h nicht eins zu eins aufs Erschießen übertragen. :hmmm:

Ich glaube, mir würde am ehesten "spinnst Du?!" Oder etwas deutlich unflätigeres entweichen, mal ganz abgesehen von Schmerzenslauten. Grammatik wäre sogar mir in dem Moment egal. ;)

Trippelschritt

Ich halte "Du hast mich erschossen" für plausibel und ich sehe auch keine Schwierigkeit bei einer Übersetzung ins Englische. Besser ist: "Du hast auf mich geschossen." Aber das hat einen anderen ganz Kontext. Nicht mehr Panik, sondern Ruhe und Ungläubigkeit. "Du Saftnase ..." halte ich für ganz schwierig, obwohl auch das eine Möglichkeit ist.
Auf gar keinen Fall kannst Du aber einfach eine dieser drei Möglichkeiten auswählen, weil sie drei völlig unterschiedliche Ausgangssituationen kennzeichnen und entsprechend in der Figurenführung im Plot vorbereitet werden müssen. Wie ist denn das Verhältnis zwischen Schütze und Opfer?

Trippelschritt

JarlFrank

Ich glaub hier liegt das Problem wirklich daran, dass man das auf Englisch viel einfacher formulieren kann. "You shot me!" heißt alles - Du hast mich erschossen, du hast auf mich geschossen, du hast mich angeschossen. All diese Bedeutungen stecken in dem Satz drin. Im Deutschen gibt es da leider eine Unterscheidung zwischen den verschiedenen Wörtern. Schießen, erschießen und anschießen lassen sich alle mit "to shoot" übersetzen. Deshalb ist es im Deutschen etwas schwieriger, den genauen Sinn zu treffen, wenn man den Satz aus dem Englischen übersetzt.

Es kommt mir auch kürzer und besser für einen erstaunten Ausruf geeignet vor. Drei Wörter, drei Silben, das läuft schnell über die Lippen: "You shot me!" Zack, kurzer knackiger Ausruf. Da steckt alles drin: Erstaunen, Entsetzen, Überraschung, Schock. So kurz und knackig kriegt man das im Deutschen nicht hin, wenn man es wörtlich übersetzen würde.

Deshalb würde ich sagen, dass es auf den Kontext ankommt: wer hat auf ihn geschossen, in welcher Situation hat er das getan, und in welchem Verhältnis stehen die beiden zueinander? Ist es eher ein "Du hast auf mich geschossen... ich hatte dir doch vertraut!", oder ein "Du hast auf mich geschossen, du Arsch!"

Wie Trippelschritt schon gesagt hat, kommt durch ein "Du hast auf mich geschossen!" weniger Schock und Panik als Ungläubigkeit rüber, während im englischen "You shot me!" alles in gleichem Maße vertreten ist. Da dieser Satz im Deutschen zwangsweise etwas länger ausfällt als im Englischen (wegen der unvermeidbaren Vorsilbe... schade, dass ein simples "Du schosst mich!" nicht geht, das würde dem nämlich am nächsten kommen), würde ich vielleicht überlegen, die direkte Übersetzung ganz sein zu lassen und eine andere Aussage zu nehmen, die Panik und Überraschung im Deutschen besser rüberbringt.
Was wäre denn der erste schockierte und überraschte Ausruf, den man in der Situation rausbringen würde? Ein "Was zur Hölle?!" vielleicht? Oder ein "Spinnst du?!" wie es chaosqueen vorgeschlagen hat. Das wäre mir persönlich auch lieber, wenn es darum geht, den Schock des Charakters auszudrücken.

Wenn es eher die Ungläubigkeit ist, dass gerade der Charakter es war, der geschossen hat, würde ich mich wie Trippelschritt für "Du hast auf mich geschossen" entscheiden.

cryphos

Klar ist "Du hast mich erschossen" grammatikalisch nicht richtig, jedoch, wen kümmert es? Es ist wörtliche Rede, es ist ein Schockzustand, es ist eine Stresssituation - wieso darf sich da eine Person nicht grammatikalisch falsch ausdrücken?
Ich höre jeden Tag im Zug schlimmere grammatikalische Verbrechen und da steht kein Grammapolizist auf und korrigiert.  ;)