• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Grammatikalische Kleinigkeiten

Begonnen von Ratzefatz, 21. November 2007, 06:23:44

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

Cailyn

Ich habe grad ein Tempi-Durcheinander und ein Gross/Klein-Problem. Hier folgender Satz:

Bevor sie ihn kennen gelernt hatte, wusste sie nicht, was (H)hassen ist.
Bevor sie ihn kennen gelernt hatte, wusste sie nicht, was (H)hassen war.

ist oder war?  Und hassen oder Hassen? Ich habe ist geschrieben, bin aber nicht sicher. Ist wieder mal eine reine intuitive Entscheidung. Danke für eure Hilfe!

Nirahil

Ich tendiere ganz stark zu "war", bei der Groß-/Kleinschreibung bin ich mir aber unsicher. Klein sieht es für mich irgendwie besser aus, aber wieso und ob das überhaupt richtig ist ...  ???
Ich tanze wie ein Kind im Nebel,
zufrieden, weil ohne Ziel.
Callejon - Kind im Nebel

Coppelia

Definitiv "war", wenn du in der deutschen Erzählzeit Präteritum bleibst.

Warum vermeidest du nicht das Groß-/Kleinschreibungsproblem, indem du "Hass" schreibst?

cryphos

#558
1. Bevor sie ihn kennen gelernt hatte, wusste sie nicht, was hassen ist.
   >> Der Hass dauert hier noch bis jetzt an
2. Bevor sie ihn kennen gelernt hatte, wusste sie nicht, was hassen war.
   >> Der Hass ist überwunden und liegt abgeschlossenen in der Vergangenheit.

Von daher Variante 1.

Vielleicht hilft dir diese Eselsbrücke.
Hassen tut man - Tuwörter schreibt man klein.

Edit: Coppelia, meintest du das Episches Präteritum? Das wäre aber hier nicht gegeben, denn das Wissen was Hass ist, ist ja nicht abgeschlossen sondern dem Erzähler noch präsent, also wäre Präsens (ist) die richtige Form.

Coppelia

#559
ZitatEdit: Coppelia, meintest du das Episches Präteritum? Das wäre aber hier nicht gegeben, denn das Wissen was Hass ist, ist ja nicht abgeschlossen sondern dem Erzähler noch präsent, also wäre Präsens (ist) die richtige Form.
Dem Erzähler (nicht zu verwechseln mit dem Perspektiventräger) ist ohnehin erst einmal alles präsent, während er die Geschichte erzählt. In der im Deutschen üblichen Erzählzeit Präteritum (von Käte Hamburger auch "episches Präteritum" getauft) steht gewöhnlich alles im Präteritum, erst recht, wenn es aus der Perspektive einer Figur präsentiert wird (berühmt ist der Satz "Morgen war Weihnachten."). Damit der Text ins Präsens gerät, muss eine Art Bruch vorliegen, etwa durch einen Erzählerkommentar.
Ob der hier vorliegt, ist schwer zu sagen. Ich vermute nicht, aber ich kenne auch den näheren Zusammenhang nicht.
Man kann mit den normalen Zeitfunktionen nur begrenzt argumentieren, weil das Präteritum eine erzählerische Konvention ist, die die gewöhnlichen Zeitfunktionen ignoriert.

cryphos

Zitat von: Coppelia am 30. Januar 2014, 09:48:27
Dem Erzähler (nicht zu verwechseln mit dem Perspektiventräger) ist ohnehin erst einmal alles präsent, während er die Geschichte erzählt. In der im Deutschen üblichen Erzählzeit Präteritum (von Käte Hamburger auch "episches Präteritum" getauft) steht gewöhnlich alles im Präteritum, erst recht, wenn es aus der Perspektive einer Figur präsentiert wird (berühmt ist der Satz "Morgen war Weihnachten."). Damit der Text ins Präsens gerät, muss eine Art Bruch vorliegen, etwa durch einen Erzählerkommentar.
Ob der hier vorliegt, ist schwer zu sagen. Ich vermute nicht, aber ich kenne auch den näheren Zusammenhang nicht.
Man kann mit den normalen Zeitfunktionen nur begrenzt argumentieren, weil das Präteritum eine erzählerische Konvention ist, die die gewöhnlichen Zeitfunktionen ignoriert.
Ok - verstanden. Also müsste Cailyn entscheiden welche Argumentationsreihe bei Ihrem Fall passt.
Unter denen von dir angerissenen Umständen würde ich dann auf war umschwenken, auch wenn sich das ganz tief in mir furchtbar falsch anfühlt.

Cailyn

Dann müsste es "war" sein, denn zu dem Zeitpunkt, wo sie es sagt, hat es ja bereits stattgefunden. Klar, sie hasst ihn immer noch, aber bewusst wurde es ihr schon vorher... daher "war".

Coppelia: Die Variante "was Hass war" gefällt mir rein auditiv nicht so gut. "hassen war" klingt irgendwie besser für mich.  ;)

Danke allen!

Christian Svensson

Wow!
Habe gerade die vorhergehenden Kommentare mit Staunen gelesen.

Folgende Frage:
Habe gerade einen Disput mit der Deutschlehrerin meiner Frau (sie studiert für die B2).
In einem offiziellen Lehrtext des Instituts steht der Satz:

"Ich bin 1964 geboren."

Ich sage, das ist falsch. "Ich bin ..." ist Gegenwart, könnte also das Baby im Moment seiner Geburt sagen.

Richtig müsste es heißen: "Ich bin 1964 geboren worden" oder "Ich wurde 1964 geboren."
Jetzt sagt die Deutschlehrerin aber, "nein, das kann man so sagen." Natürlich, sagen kann man alles, aber ist es auch richtig?


Malinche

Ich würde sagen, das ist schon richtig - denn es besagt doch, dass ich in der Gegenwart jemand bin, der 1964 geboren wurde. Dass das Vergangenheit ist, sehe ich in dem Moment als unerheblich (auch wenn deine Alternativbeispiele genauso richtig klingen meiner Meinung nach).

"Ich bin im August geboren" ist ja etwas, das ich auch nicht nur im Sommer sagen kann (okay, hier ist es etwas anders, weil der August jedes Jahr wiederkehrt).

Aber an der Tatsache, dass ich im Jahr X geboren bin, ändert sich ja nichts. Das "geboren" bezeichnet hier für mein Gefühl eher einen Zustand als eine Tätigkeit, im Sinne von "Ich bin ein 1964 geborener Mensch".
»Be suspicious of the lemons.« (Roxi Horror)

Christian

Zitat von: Malinche am 30. Januar 2014, 10:38:48
Das "geboren" bezeichnet hier für mein Gefühl eher einen Zustand als eine Tätigkeit, im Sinne von "Ich bin ein 1964 geborener Mensch".
So sehe ich das auch. Das ist ja der springende Punkt an der Sache. Deshalb ist "Ich bin 1964 geboren." auch in Ordnung, denke ich.

Coppelia

#565
Ich würde sagen: Bei dem Satz "Ich bin 1964 geboren" ist einfach das "worden" ausgefallen. Man nennt das Ellipse.

Malinches Erklärung könnte auch hinkommen, aber ich glaub fast, so kompliziert ist es gar nicht. :hmmm:

Falsch ist es jedenfalls nicht.

Malachit

Sicher ist das umgangssprachlich üblich, aber laut Duden (den ich liebend gern befrage) ist es nicht richtig. Geboren ist nämlich das Partizip von gebären. Demzufolge ist "Ich bin beboren" nicht richtig, weil man sich ja nicht selber gebären kann.

Coppelia

#567
Aber "geboren" ist das Partizip Perfekt Passiv.
Korrektur. So kann man das nicht sagen. Richtig wäre: Das Partizip 2 wird hier zur Bildung des Perfekt Passiv verwendet.

Christian Svensson

Völliges Neuland betreten. Ellipse in der deutschen Sprache - noch nie gehört.
Nach der Antwort von Coppelia habe ich mal in der Wikipedia nachgeschlagen
http://de.wikipedia.org/wiki/Ellipse_%28Linguistik%29

Jetzt verstehe ich auch den Satz, den ich so hasse: "So muss Technik."

Debbie

Ihr Lieben,

ich muss euch kurz mit einem Anfänger-Fehler nerven  :versteck:

Heißt es:

"Ich würde mich freuen, wenn Sarah und du wieder zusammen kommt."

oder

"Ich würde mich freuen, wenn Sarah und du wieder zusammen kommen."


Im Grunde kann ich "Sarah und du" ja durch "ihr" ersetzen, deshalb tendiere ich ganz stark zur ersteren Variante. Aber ich kriege Variante 2 einfach nicht aus dem Kopf ...  :wums:


Achtung: Ich weiß, dass hinten eigentlich ein Konjunktiv kommen müsste, will/kann hier aber keinen verwenden, da der Dialog gewollt umgangssprachlich (echt) klingen soll.