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Gender-gerechte Bezeichnungen in Romanen

Begonnen von Lothen, 30. Januar 2019, 13:38:50

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Arcor

@DunkelSylphe
Danke auch für deine Einschätzung.  :) Eure Rückmeldungen haben mir sehr geholfen. Ich hatte es zwischendurch mal an ein paar Stellen mit "das Golem" ausprobiert, aber es wirkte merkwürdig. "Der Golem" und "sier" steht aktuell im Manuskript und es fühlt sich sehr richtig an.
Not every story is meant to be told.
Some are meant to be kept.


Faye - Finding Paradise

Aylis

@DunkelSylphe : Okay, das trächtige Männchen als Lösung fand ich total cool. Danke dafür.  :vibes: Auch für den Rest der Einschätzung!
Wo genau sollen wir einbrechen? - In die namenlose Festung.

Volker

Weil bei mir gerade die Diskussion aufkam: wenn sich eine Person eindeutig einem Gender zugehörig definiert (auch öffentlich) - wie okay oder unhöflich wäre es, sie  "genderneutral" zu adressieren und anzusprechen?
(einmal in einem Bericht über die Situation, andererseits auch in direktem Gespräch mit ihr)

Anj

Also ich persönlich finde, dass es eine Form von Respekt und Wertschätzung ist, eine Person so anzusprechen,  wie sie es möchte. Ich würde also sagen, es wäre tendenziell unwertschätzend und respektlos eine Person genderneutral anzusprechen, die sich einem Gender zugehörig fühlt.
Individuell kann das aber wieder völlig unterschiedlich sein. Ist es der Person wichtig oder egal? Mir persönlich wäre es egal, anderen ist es das aber definitiv nicht.

Anders sehe ich es, wenn ich über eine Person spreche, da wäre die neutrale Form ggf. inklusiver und wertschätzender als die falsche Form. Aber auch nur, wenn ich im Plural spreche. In der Einzahl gilt wieder: kenne ich passende Form ist es ein Gebot des Respekts die Person auch so zu benennen.

"Wenn du andere Leute ansiehst, frage dich, ob du sie wirklich siehst, oder ob du nur deine Gedanken über sie siehst."
Jon Kabat-Zinn.

Mondfräulein

Das kann auch eine Form des Misgenderings sein. Besonders bei trans Personen, die explizit angeben, männliche oder weibliche Pronomen zu benutzen, sollte man dann auch diese Pronomen verwenden. Eine neutrale Formulierung kann dann ausdrücken, dass man ihre Pronomen und ihre Geschlechtsidentität nicht respektiert. Wenn man nur über eine bestimmte Person spricht und weiß, welche Pronomen und Bezeichnungen die Person benutzt, sollte man die auch benutzen.

Soly

Ich würde mich auch anschließen. Eine genderneutrale Bezeichnung für eine konkrete Person empfinde ich persönlich nicht unbedingt als unhöflich, aber schon als... merkwürdig. Also die genderspezifische Bezeichnung wäre schon die bessere Wahl.
Veränderungen stehen vor der Tür. Lassen Sie sie zu.

Mondfräulein

Ich hole den Thread mal wieder hoch, weil das Thema bei mir im NaNo akut wird. Ich habe zwischen sier, dey und hen geschwankt, aber letztendlich war für mich sier in der Anwendung am einfachsten. Mein Problem ist aber gerade, dass ich merke, dass es im Deutschen mehr Pronomen gibt, als ich dachte, und die meisten Websites nicht für Autor*innen gemacht zu sein scheinen. Deshalb arbeite ich an einer eigenen Tabelle und wollte sie hier teilen, falls das jemand gebrauchen kann, könnte bei ein paar Entsprechungen aber auch Hilfe gebrauchen.

Ich habe immer zwei Sätze gebildet, einmal mit er (bei den Artikeln ist das besser als sie) und mit sier. Meine Frage ist: Fällt euch etwas für die Sätze ein, zu denen ich noch keine Entsprechung habe? Und habe ich etwas vergessen?

Er trinkt Blut. -> Sier trinkt Blut.

Das ist sein Thron. -> Das ist sien Thron.
Das ist seine Krone. -> Das ist siene Krone.
Das ist sein Essen. -> Das ist sien Essen.

Das ist die Schüssel seines Hundes. -> Das ist die Schüssel sienes Hundes.
Das ist die Schüssel seiner Katze. -> Das ist die Schüssel siener Katze.
Das ist die Schüssel seines Kaninchens. -> Das ist die Schüssel dienes Kaninchens.

Das gehört seinem Hund. -> Das gehört sienem Hund.
Das gehört seiner Katze. -> Das gehört siener Katze.
Das gehört seinem Kaninchen. -> Das gehört sienem Kaninchen.

Ich streichle seinen Hund. -> Ich streichle sienen Hund.
Ich streichle seine Katze. -> Ich streichle siene Katze.
Ich streichle sein Kaninchen. -> Ich streichle sien Kaninchen.

Ich gebe ihm die Krone. -> Ich gebe siem die Krone.

Ich mag ihn. -> Ich mag sien.

Der Vampir trinkt Blut. -> Dier Vampir trinkt Blut.
Das Zepter des Königs. -> Das Zepter dies Vampirs.
Der König, dem ich das Zepter gebe. -> Dier Vampir, diem ich das Zepter gebe.
Der König, den ich mag. -> Dier Vampir, dien ich mag.

Ein Vampir trinkt Blut. -> ???
Das Zepter eines Königs. -> ???

Dieser Vampir trinkt Blut. -> ???

Derjenige ->  Dierjenige

Ich erinnere mich seiner gerne. -> Ich erinnere mich sieser gerne.

Als Quellen habe ich benutzt:
https://www.annaheger.de/pronomen21
https://nibi.space/pronomen#sier
https://www.annaheger.de/pronomenbausaetze

Evanesca Feuerblut

Ich werfe als Ressource mal noch das hier in den Thread:

https://machhaltmal.wordpress.com/2022/04/18/neopronomen-baukasten-teil-1/
Alles, was so definiert werden muss, wenn eigene Pronomen erfunden werden. Im Blogpost ist auch ganz am Anfang ein Word-Dokument zum Ausfüllen verlinkt.

Mindi

#143
Hmmmm bei Vampir tue ich mich sehr schwer. (Nicht, dass ich generell Erfahrung damit habe, aber selbst so beim darüber nachdenken)

"Der Vampir" ist ja eine Bezeichnung, ähnlich zu "der Mensch" (und weniger vergleichbar mit einem König, der ja explizit männlich ist) beide haben das grammatikalische maskuline Geschlecht. Soweit so gut. Beim Mensch wird es ja auch nicht "die Menschin", sondern Mensch ist Mensch, egal welches Geschlecht. Das Gleiche gilt bei "die Person", die auch nicht zu "der Person" wird.
"Er ist ein Mensch." "Sie ist ein Mensch." "Sier ist ein Mensch."

Daher würde es sich für mich auch nur natürlich anhören zu sagen:
"Sie ist ein Vampir." "Er ist ein Vampir" "Sier ist ein Vampir."

Daher würde "Ein Vampir trinkt Blut." für mich so für jedes Geschlecht richtig sein. Auch "Dieser Vampir trinkt Blut." (So wie es "dieser Mensch trink Blut" (Pfui!) wäre.)

Benutzt man nun Vampir und Vampirin als tatsächliche Unterscheidung und Zuweisung eines Geschlechtes, also analog zu König und Königin, müsste es ja noch ein geschlechtsneutrale Form des Wortes "Vampir" geben.  :hmmm: (Und eines Königs)
 
Ich denke sowieso, dass wir uns im Deutschen keinen Gefallen damit getan haben, weibliche Berufsbezeichnungen (Ist ja meist dort so der Fall) aus vermeidlich männlichen abzuleiten. Weil so das weibliche immer das Anhängsel des männlichen Wortes ist und so wird auch eine geschlechtsneutrale bzw. nichtbinäre Form eines Wortes immer eher Unterschiede generieren, statt "eins" zu sein. In meiner "Wunschvorstellung" ist eine Berufsbezeichnung immer Nichtbinär. Nur braucht es dazu vor allen Umdenken und weniger "ist mitgemeint".

Beispiel bzw. konkrete Frage:
Wie bezeichnet sich ein nichtbinärer Vampir, wenn sier sagt, sier ist Architekt?
Im heutigen Generieren der Berufsbezeichnung ist es:
der männliche Architekt, die weibliche Architektin und dier nichtbinäre ... ?

Wir würden es (meiner Meinung nach) so viel "einfacher" haben, wenn es keine weibliche Bezeichnung an den Begriff drangeklatscht wäre, sondern Berufe, ähnlich wie das Wort "Mensch" immer jedes Geschlecht bezeichnen würde.
Als es wäre dann:
der männliche Architekt, der weibliche Architekt, der nichtbinäre Architekt.  ("der" weil Architekt das grammatikalisch männliche Geschlecht hat)
die männliche Hebamme, die weibliche Hebamme, die nichtbinäre Hebamme (Mir fallen tatsächlich kaum Berufe mit grammatikalisch weiblichen Geschlecht ein. Yay deutsche Sprache)
Oder mit Namen:
Klaus ist Architekt, Claudia ist Architekt, Robin ist Architekt.
Herr Scholz ist Kanzler, Frau Merkel war Kanzler, Robin wird Kanzler.
Der König, die Königin, dier ...?
Klaus ist König, Cluadia ist König, Robin ist König. - Klingt jedoch alle seltsam. Also ja, ich hab auch keine Lösung, ich bin aber dennoch über weitere Gedanken gespannt.


Okay, das hilft jetzt vermutlich auch nicht weiter bei deinem Problem.
"When we are asleep in this world, we are awake in another." - Salvador Dalí

Araluen

Ich sehe in Vampir auch eine neutrale Bezeichnung wie bei Mensch.

ZitatWir würden es (meiner Meinung nach) so viel "einfacher" haben, wenn es keine weibliche Bezeichnung an den Begriff drangeklatscht wäre, sondern Berufe, ähnlich wie das Wort "Mensch" immer jedes Geschlecht bezeichnen würde.
Zumal die Movierung der Berufsbezeichnungen ursprünglich auch nur für die Ehefrauen des entaprechend arbeitenden Mannes genutzt wurden. Die Müllerin war nur die Frau vom Müller, hat aber nicht als solche gearbeitet (zumindest nicht zwangsläufig, grad im Handwerk mussten ja alle mit anpacken).
Nicht nur deshalb bin ich da sehr bei dir :)

@Mondfräulein : danke für das Teilen deiner Tabelle. Im Deutschen ist das Thema ja echt nicht einfach. Ich hatte mich da auch mal durchgewühlt und war nie so richtig zufrieden mit meinem Ergebnis.

Nina Louise

ZitatZumal die Movierung der Berufsbezeichnungen ursprünglich auch nur für die Ehefrauen des entaprechend arbeitenden Mannes genutzt wurden.

Aber die Zeiten sind doch vorbei!

Im Englischen ist das viel einfacher, weil dort nicht zwischen der/die/das unterschieden wird - also ist "the miller" nach allen Seiten hin offen. Leider haben wir das nicht, dabei würde es so vieles leichter machen.
Fantastische Geschichten aus der Luftschlosserei.

Araluen

Klar sind die Zeiten vorbei und die Movierung wird mittlerweile anders genutzt. Sprache verändert sich eben und das ist auch sehr gut so. Ich finde es nur vom Grundgedanken her fast schon ironisch, dass wir eine Bezeichnung als Zeichen der Gleichstellung nutzen, die ursprünglich genau das Gegenteil symbolisiert hat und die Frau zum Anhängsel ihres Ehemannes degradierte. Das Englische ist an der Stelle tatsächlich deutlich unkomplizierter.

Um den Bogen zurück zum Roman zu schlagen: In Sachen Pronomen muss man sich als Autor für eine Variante entscheiden, da es im Deutschen nunmal leider keine Einheitlichkeit gibt bzw. auch recherchieren, welche Variante gerade den größten Konsent hat bei denen, die diese Pronomen für sich verwenden. Ich als cis-Frau kann they (oder sey) noch so elegant finden, wenn ein Großteil der Community sich nicht pluralisieren lassen will und das Pronomen im Deutschen ablehnt, sollte man sich als Autor beugen. Man schreibt ja nicht nur für sich.
Bei Berufsbezeichnungen sehe ich derzeit die Möglichkeit die Movierung beizubehalten, was aber alle ausschließt, die sich weder als männlich noch als weiblich definieren.
Man könnte auch diese Bezeichnungen "neu erfinden" und ausschließlich neutrale Begriffe verwenden. Ansätze dazu gibt es ja schon zahlreich, oft unter Verwendung von substantivierten Verben und Adjektiven. Aus der Lehrer, die Lehrerin wird dann der Lehrende. Der Freund, die Freundin wird zu der Lieblingsmensch z.B.
Ich steh dem etwas kritisch gegenüber, weil es zum einen die Sprache verkompliziert - damit kann ich aber noch leben, da neue Dinge auf den ersten Blick immer kompliziert wirken und es einfach Gewöhnung braucht - oft aber auch die Bedeutung des Wortes verändert wird (nicht immer, es gibt auch gute Alternativbegriffe). Ich habe viele Freunde, aber mit meinem Lieblingsmenschen bin ich verheiratet und von dieser Person abgesehen gibt es nur eine weitere, die ich wirklich als Lieblingsmensch bezeichnen würde. Auch kann ich meine Kinder den Dreisatz lehren. Währenddessen bin ich die Lehrende. Aber das macht mich noch lange nicht zum Lehrer. Zu dieser Bezeichnung gehört noch immer ein entsprechendes Studium mit Abschluss (okay auch das weicht in Zeiten von Lehrermangel zunehmend auf). Damit will ich nur mein persönliches Empfinden und Bauchgrummeln mit dieser Variante beschreiben. Gerade substantivierte Verben empfinde ich als zu aktiv und unmittelbar, um sie für einen Begriff zu verwenden, der nichts damit zu tun aht, ob ich die Tätigkeit gerade in diesem Moment ausübe oder nicht. Aber vermutlich ist auch das einfach nur eine Frage der Gewöhnung. In meinem letzten NaNo-Projekt habe ich diese Variante trotz meines Bauchgrummelns ausprobiert (kam nur nicht weit genug, um ein Fazit zu ziehen) ;)
Als dritte Möglichkeit sehe ich, die Berufsbezeichnungen unabhängig vom Sexus zu sehen. Der Lehrer kann in dieser Variante ohne Veränderung für alle geschlechtlichen Ausprägungen stehen. Wenn man es genauer braucht, fügt man ein entsprechender Adjektiv dazu. Der weibliche Lehrer ging zur Tafel. (wobei in diesem Satz es völlig unerheblich ist, welches Geschlecht der Lehrer hat... doofes Beispiel).

criepy

Ich hab mir vorgenommen in meinen NaNo Projekten verschiedene Varianten von neutraler Sprache auszuprobieren. Letztes Jahr zB nur neutrale Begriffe außer es wird jemand mit bekannten Pronomen angesprochen. Dafür habe ich aber versucht keine Begriffe zu erfinden sondern hab im Notfall eine Umschreibung/Verallgemeinerung benutzt. (Zugegeben, kniffligere Begriffe habe ich einfach nicht genutzt, wie zB Arzt. Weder dieser noch ein ähnlicher Beruf wird erwähnt.)
Dieses Jahr teste ich die Variante keine weiblichen Formen zu haben. Sie ist nicht Piratin, sondern Pirat. Dabei würde ich aber gerne Sätze vermeiden, die beim lesen falsch wirken. (,,Die Pirat sah ihn an" statt ,,Die Piratin sah ihn an") Das wird auch noch sicher ... spannend.

Das sind jetzt Low Fantasy Beispiele, in Urban Fantasy würde ich auf * zurückgreifen und in Science Fiction auf die Variante auf y oder x zu enden.

Barra

#148
Ich schau grad in eine Serie rein. Da erzählt die Protagonistin kurz über sich und das Setting.
"Meine Familie ist schon seit Generationen der Hüter der Insel."
Seit 15 Minuten denke jetzt darüber nach. Das ist doch falsch, oder nicht?
Die Familie - Die Familien.
Es müsste also heißen:
"Wir sind die Hüter" im besten Fall: Hüter*innen/ Hüter:innen/ Hüter und Hüterinnen.
oder "Meine Familie ist schon seit Generationen die Hüterin der Insel." -> Die Familie ist die Hüterin der*des wasauchimmer.
Alternativ könnte ich noch verstehen:
"Die Mitglieder meiner Familie sind schon seit Generationen die Hüter der Insel."
Aber auch da "cringe" ich, sprich: verziehe ich das Gesicht. Das Mitglied - die Mitglieder - der Hüter?
Vielleicht könnt ihr mich mal erleuchten.

Ich selbst gewöhne mir immer mehr an zu gendern. Konsequent schaffe ich es noch nicht. Meistens sage ich: Autoren und Autorinnen. Weil mir erst beim Sprechen wieder einfällt: Mist, ich wollte Autor*innen sagen.

ZitatIm Englischen ist das viel einfacher, weil dort nicht zwischen der/die/das unterschieden wird - also ist "the miller" nach allen Seiten hin offen. Leider haben wir das nicht, dabei würde es so vieles leichter machen.
Ich weiß nicht.
Warum heißt es: Waitress, Actress und Stewardess, wenn es im Englischen doch egal ist? Aber weiterhin Doctor und Writer und nicht Doctress und Writress?
So einfach ist das in anderen Sprachen nun auch nicht immer. :hmmm:

ZitatZumal die Movierung der Berufsbezeichnungen ursprünglich auch nur für die Ehefrauen des entaprechend arbeitenden Mannes genutzt wurden. Die Müllerin war nur die Frau vom Müller, hat aber nicht als solche gearbeitet (zumindest nicht zwangsläufig, grad im Handwerk mussten ja alle mit anpacken).
Das ist ja leider immer noch so. Neulich bei der jahreshauptversammlung unseres Frauen-Vereins (in Bayern, muss ich ja dazu sagen, weil es hier wirklich gerade in diesen Bereichen noch unglaublich traditionell zugeht):
Gespräch neben mir:
Hallo, wer bist du? - Die Maier, Conny! - Ach, die Frau vom Maier, Klaus, dem Dachdecker!
Ich so reingegrätscht:
Genau das ist die Conny, sie ist hier Mitglied, nicht ihr Mann. ;)
Rsatlose Blicke der älteren Damen rundherum.
Ich erkläre: Na ja wir sind die Aktiven Frauen A's und nicht die Frauen von den Ehemännern von A.
Zustimmendes Nicken der jüngeren Frauen.
Das steckt so tief, dass es nicht mal bewusst ist, stattdessen wird immer das Deckmäntelchen: Ich wollte doch nur höflich wissen, ob das die Frau vom Dachdecker-Maier oder Zahnarzt-Maier ist.
Warum? - Warum fragen dieselben Leute nicht: Die Maier, Conny? Die Anwältin?
Ihr versteht, worauf ich hinaus will. War jetzt auch nur ein Beispiel, welches ich neulich hatte und mir dachte: Boah, echt jetzt?

ZitatAls dritte Möglichkeit sehe ich, die Berufsbezeichnungen unabhängig vom Sexus zu sehen. Der Lehrer kann in dieser Variante ohne Veränderung für alle geschlechtlichen Ausprägungen stehen. Wenn man es genauer braucht, fügt man ein entsprechender Adjektiv dazu. Der weibliche Lehrer ging zur Tafel.
Das ist gar nichts für mich.
Dazu mein Beispiel:
Der ältste bekannte Schriftsteller der Welt hieß Enheduana.
-> Was sagt das aus? Und was stellen sich "viele Leute" darunter vor?
Einen Mann.
Falsch, sie war eine Priesterin. Ergo: Die älteste bekannte Schriftstellerin der Welt hieß Enheduana.
-> Was sagt das bei den meisten aus?
Ach so, du meinst nur von den Frauen.
Das war O-Ton das Gespräch mit einem Bekannten vor mir irgndwann letztes Jahr. Ich bin fast ausgeflippt. "NUR!?" Danke.
Genau das ist meiner Meinung nach das Kernproblem.
Also: Alle Lehrer gingen in die Aula.
-> Nur die Männer. (Ja, wir hätten gern, dass das alle sind! Sind sie aber nicht.)
Alle Lehrerinnen gingen in die Aula.
->Nur die Frauen.

Bunte Grüße Barra

Araluen

#149
ZitatDer ältste bekannte Schriftsteller der Welt hieß Enheduana.
Ist das Geschlecht an dieser Stelle wichtig oder geht es nicht vielmehr darum, darzulegen, wie die Person hieß, die nachweisbar den ersten fiktiven Text geschrieben hat? Wenn es mir wichtig ist, an dieser Stelle auch zu betonen, dass Enheduana weiblich ist, dann nutze ich aktuell natürlich die Movierung, muss dann aber damit leben, dass ich damit auch nur die Gruppe derer einschließe, die ich anspreche. Wenn ich von Schriftstellerinnen rede, meine ich automatisch nur weibliche Schriftsteller, denn die Movierung ist ja extra dafür da, um zu betonen, dass es sich um eine Frau handelt, und schließe die männlichen Schriftsteller damit aus. Rede ich nur von Schriftsteller, schließt das rein grammatikalisch alle mit ein, denn es handelt sich hier nur um den Genus, der im Deutschen ziemlich willkürlich gestreut ist - ich hatte an der Stelle mal eine sehr amüsante Diskussion mit einer Rumänin darüber, warum es im Deutschen der Stein und nicht die Stein heißt. Das aktuelle Problem an der Stelle ist, dass in der Gesellschaft Genus und Sexus bei Berufen synonym verwendet werden, was kulturhistorisch gewachsen ist. Und an der Stelle kann man (wenn man das als Gesellschaft möchte) ansetzen und ein Umdenken initiieren, indem konsequent von männlichen und weiblichen Schriftstellern geredet wird und man die Movierung aufgibt, z.b. oder man sagt sich halt, dass man das nicht mehr aus den Köpfen der Menschen raus kriegt und konstruiert etwas neues.