Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Handwerkliches => Das Sprachbastelboard => Thema gestartet von: Timmytoby am 26. Oktober 2014, 12:58:11

Titel: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 26. Oktober 2014, 12:58:11
Ich habe einen anderen Thread ähnlich zu diesem Thema durch die Suche gefunden, aber er traf mein Anliegen nicht direkt, daher habe ich hier mal einen Neuen aufgemacht. Falls das nicht in Ordnung war: Entschuldigung liebe Mods   :schuldig:
Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, wie weit ich hier gehen soll mit konkreten Beispielen, gerade wenn sich ja auch Jugendliche im TiZi aufhalten. Bitte lasst mich wissen, wenn das so nicht in Ordnung ist


In meinem Roman kämpfe ich gerade mit der Art, wie die Charaktere sich gegenseitig beleidigen. Er spielt in der Gegenwart und die Protagonisten sind Mitte zwanzig, also versuche ich die Dialoge so realistisch wie möglich zu gestalten.
Eines der zentralen Themen ist, wie der Hauptcharakter mit seiner maßlosen Wut ringt.

Das stellt mich jetzt vor Probleme. In den Dialogen geht es einige Male sehr hitzig zu und auch gewollt unter die Gürtellinie und über die Grenzen des guten Geschmacks heraus. Ich persönlich fluche aber wenig im richtigen Leben und verwende sehr selten wirkliche Kraftausdrücke. Jetzt bin ich mir nicht sicher, wie weit ich mich hier trauen darf.

Homophobe Beleidigungen

Mein Oberbösewicht legt gegen Ende einmal richtig los (Beispiele als Spoiler)
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Der Hauptcharakter (der schwul ist) hört sich das relativ gelassen an und schlägt auch zurück. Als schwuler Mann sehe ich die Nutzung in diesem Zusammenhang auch nicht als schlimm an, denn der fiese Obermotz wird sich wohl kaum um political correctness kümmern.

Wie beleidige ich einen weiblichen Charakter ohne die Grenzen zur Misogynie zu überschreiten?
Das ist schon deutlich schwieriger für mich.
Erst habe ich versucht geschlechtsneutrale Worte zu verwenden (A-Loch kam da sehr häufig vor). Das las sich komisch und langweilig auf Dauer.
Dann habe ich "harmlose" Schimpfworte verwendet (du Dummkopf, du Strohhirn, etc.). Das war dann nur noch kindisch zu lesen.
Der nächste Versuch waren englische Beleidigungen (Du Bitch, du Cunt, etc.). Das las sich holprig und da kann ich dann auch gleich die entsprechende deutsche Version nehmen.

Und zuletzt habe ich dann eben voll losgedröhnt mit
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Und jetzt zweifle ich etwas. Mehrmals im Buch verwendet der Hauptcharakter eine Beleidigung aus einem Film (Blade: Trinity) bei der ich mich damals totgelacht habe. Ich erwähne auch, dass es ein Filmzitat ist. Konkret sagt er:
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Die ist so übertrieben, dass sie mir eben schon wieder lustig vorkommt. Und der Charakter entschuldigt sich gegen Ende bei der Frau, die er so beschimpft hat, woraufhin sie dann auch andeutet, dass sie das Zitat erkannt hat.

Genug von meiner Wortwand. Konkret also meine Frage:
Wieweit kann man hier gehen? Gibt es bessere Alternativen? Ab wann schlägt das in Misogynie über? Besonders die letzte Frage ist mir wichtig, weil das eine Stolperfalle für viele schwule Autoren ist, die gerne (unbeabsichtigt) in misogyne Gefilde abgleiten bei der Behandlung ihrer weiblichen Chars.
Mache ich mir hier zu viele Sorgen? Oder zu wenige?
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 26. Oktober 2014, 13:19:17
Für mich persönlich geht sowas eigentlich gar nicht, aber ich bin da wie viele hier mittlerweile wissen, auch sehr strikt. Ich denke, wenn eine ganz klar "böse" Figur homophob ist, geht das schon irgendwo, weil es ja dann in einem negativen Kontext als etwas negatives gezeigt wird. Ein Problem hatte ich zum Beispiel in einem Jugendbuch, wo die Protagonistin ihren besten Freund, der schwul war, die ganze Zeit mit homophoben Beleidigungen bedacht hat und die schwule Figur das als süß und Spitznamen verstanden hat. Ich weiß nicht, wie du damit umgehst, Timmy, aber ich weiß, dass viele LGBTQ-Leute es nicht so lustig finden, wenn Heterosexuelle Worte, die eindeutig abwertend konnotiert sind, so gewissenlos verwenden. Das Buch war von einer heterosexuellen Autorin und die Protagonistin war auch hetero, also denke ich, sie hätte sich das lieber sparen sollen, weil es auch nicht erklärt wurde oder mal angesprochen wurde, dass nicht alle schwulen Männer das okay finden. Wie stehst du zu sowas? Wenn positiv belegte Figuren homophobe Sprache benutzen und das nicht als negativ aufgefasst und dargestellt wird?

Zur Misogynie: Wenn du eine Frau beleidigen musst, beleidige sie nicht auf der Basis, dass sie eine Frau ist. Das ist relativ einfach für mich. Ich würde Anspielungen auf weibliche Geschlechtsteile nicht verwenden und keine typisch weiblichen Beleidigungen (wie die Schlampe). Sachen, die auf Sex anspielen oder einfach slut-shaming sind, würde ich auch vermeiden. Überleg dir einfach: "Basiert die Beleidigung darauf, dass diese Frau sich furchtbar verhält, etwas falsch macht etc.?" oder "Basiert die Beleidigung darauf, dass sie eine Frau ist?" Damit sollte es gehen. Beleidigungen, die darauf abzielen, dass die angesprochene Person eine Frau ist und eben so funktionieren, der Frau theoretisch zu sagen, dass sie als Frau eh weniger wert ist, gehen für mich gar nicht. Das Problem ist halt, dass deine positive Figur diese Beleidigungen benutzt. Wenn dein eh schon negativer Antagonist das raushauen würde, wäre es ja auch wieder etwas anderes. Den Rest mal im Spoiler:

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Dazu kommt noch die Frage, inwieweit man da gehen möchte. Ich persönlich benutze gar keine Schimpfwörter, die auf Sexualität etc. abzielen, auch nicht bei meinen Antagonisten, weil ich mir vorstellen kann, dass die "betroffenen" Leser das in jedem Kontext nicht so gern sehen und da ihre Verbindungen zu dem Wort haben, die das Leseerlebnis einschränken könnten. Ich schreibe aber auch Phantastik und keine Bücher, in denen Sexualität und Geschlecht im Mittelpunkt stehen. Bei ersterem oder einfach, wenn es zu wenig Raum gibt, das sinnvoll zu erläutern, aufzuklären, überhaupt zu erklären etc. würde ich es nicht machen. Wenn ich aber ein Buch schreibe, dass solche Probleme zum Thema hat, wo dann der Raum auch gegeben ist, um darüber zu sprechen, es aufzuklären und so geht es sicherlich.  :)
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Mondfräulein am 26. Oktober 2014, 14:03:03
Ich persönlich kann nur etwas zu den Beleidigungen gegenüber Frauen sagen und da sehe ich das ähnlich wie Kati. Ich persönlich würde zum Beispiel
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extrem ungern lesen. Auch, wenn geklärt wird, dass das nicht okay ist. Auch wenn das nicht die "guten" Personen benutzen. Alleine, dass jemand eine Frau so sehen kann, triggert mich irgendwie. Es reduziert die Frau auf ein Objekt, das für den männlichen Gebrauch da ist. Ich würde mich mit diesem Wort extrem unwohl fühlen, unabhängig vom Kontext.
Frausein ist in unserer Gesellschaft leider nicht immer etwas Positives. Eine Frau zu beleidigen, weil sie eine Frau ist, reiht sich nicht nur in diese Tradition der Misogynie, sondern reduziert die Frau auch darauf, dass sie eine Frau ist. Dabei haben Frauen, wie alle Menschen, viele verschiedene Eigenschaften. Ich würde mich bei sowas immer fragen: Beleidige ich Männer auch, weil sie Männer sind? Und wenn nicht, warum beleidige ich dann eine Frau mit Wörtern, die darauf abzielen, dass sie eine Frau ist? Bei gut ausgearbeiteten Charakteren sollte man doch eigentlich auch andere Wörter finden, die treffen, aber nichts mit dem Geschlecht der Person zu tun haben.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Rosentinte am 26. Oktober 2014, 14:36:21
Vorneweg gesagt: Ich gehöre auch zu denjenigen, die Beleidigungen in Büchern nicht unbedingt lieben. Das höre ich im Alltag irgendwie schon oft genug, da muss ich mich nicht auch noch mit beschäftigen, wenn ich dem Alltag entfliehe. Aber genau das beeinflusst eben auch die Art der Bücher, die ich lese, weshalb solche ausfallenden Charaktere selten in den Büchern vorkommen, die ich zum Spaß lese.

Ich weiß nicht, welche Art von Roman du schreibst, aber muss es denn sein, dass die Schimpfwörter in so einem Ausmaß verwendet werden? Muss es wirklich so viel sein? Z.B. bei deinem ersten Beispiel (Mal ganz abgesehen von der Homophobie): Müssen es wirklich vier Sätze mit vier Beleidigungen sein? Reicht es nicht aus, wenn du nur eine Beleidigung nimmst?
Ansonsten frage ich mich, warum du die ganze Zeit auf die Sexualität und dem Geschlecht herum reiten musst. Klar, das kommt in der heutigen (vulgären) Sprache durchaus oft vor, aber werden diese Personen wirklich nur durch diese beiden Eigenschaften charakterisiert? Und lernt der Beleidigende sie wirklich nur so kennen? Du könntest eher auf anderen Eigenschaften herumhacken.

PS: Das Wort
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geht für mich übrigens in keinem Zusammenhang. Ist vielleicht eine persönliche Abneigung, aber für mich hat es in keinem Buch etwas verloren.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Klecks am 26. Oktober 2014, 14:42:34
Es gibt Dinge, die ich in einem Roman nicht lesen und nicht schreiben will, und da gehört so ziemlich alles dazu, was du in deinem Eingangspost in Spoiler gesetzt hast, Timmytoby. Das sind dermaßen entwürdigende Beleidigungen, dass ich - die sonst findet, dass man in Romanen nicht zensieren sollte - niemals davon lesen wollen würde und garantiert niemals etwas davon benutzen würde.

Die Worte, mit denen man Frauen "geläufiger" beleidigt - Dinge wie "Schl...", "Bi..." und so weiter - treffen bereits dermaßen unter die Gürtellinie und sind so herabsetzend, dass sie meines Erachtens vollkommen genügen, wenn der Plot es aus irgendeinem Grund fordert, dass eine Frau beleidigt wird. Jeder Mann, der eine Frau eine Schl... nennt, und jede Frau, die eine andere Frau eine Schl... nennt, weiß genau, dass er/sie damit schon emotionale Grenzen übertritt. Für die "kreativen" Beleidigungen in deinem Eingangspost sehe ich deshalb schlichtweg keine Begründung. Wenn ich zum Beispiel das, was in deinem letzten Spoiler steht, in einem Roman lesen würde, wäre die ganze Geschichte für mich verdorben. Ich würde den Roman, wenn überhaupt, nur noch wenig begeistert weiterlesen - weil das einfach zu weit geht.  :-\
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Sternsaphir am 26. Oktober 2014, 15:20:32
Ich schließe mich meinen Vorschreibern an.
In einer Beleidigung sollte man die Frau nicht auf ihre Geschlechtsteile reduzieren (gilt für Beleidigungen von Männern auch).
Es klingt in meinen Augen zu vulgär und der Prota oder Anta wirkt dadurch eher minderbemittelt und unprofessionell. Man bekommt das Gefühl, keinen hochwertigen Roman mehr zu lesen, weil diese Beleidigungen einfach das Niveau zu sehr senken.
Ich würde die Beleidigung kreativer machen. Welche Eigenschaften hat der zu Beleidigende? Was kann er zum Beispiel nicht? Wie hebt er sich von anderen hervor? Vielleicht kannst Du darauf aufbauen.
Zum Beispiel kann man "Vollidiot" durch "geistigen Tiefflieger" ersetzen oder Du verwendest überhaupt keine Schimpfwörter, sondern wirfst dem zu Beleidigenden irgendwelche Behauptungen an den Kopf. á la "Dir hat wohl die Sonne das Hirn verbrannt!" etc.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Churke am 26. Oktober 2014, 15:34:49
Ich finde nicht, dass das unkreativ ist.
Das ist den (welchen?) Leuten aufs Maul geschaut. Timmytobys Beispiele sind, je nachdem, um wen es geht, auch absolut realistisch.
Solches Vokabular fand man früher nur im "Milieu", aber inzwischen wird man(n) schon von Nachbarinnen auf das Unflätigste mit Sexualvokabular beleidigt.
Dennoch sagen solche "Umgangsformen" immer noch vor allem etwas über den/diejenige aus, die sie benutzt. Man verfälscht die Aussage, wenn man anfängt, mit der Schere rumzuschnipseln.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Thaliope am 26. Oktober 2014, 15:37:17
Ich persönlich hätte mit solchen Ausdrücken an sich kein Problem. Ich muss allerdings auch dazusagen, dass ich in meinem Leben keine diskriminierenden Erfahrungen gemacht habe - zumindest nicht von Leuten, die ich ernstgenommen hätte.

Aber man muss sich natürlich vor Augen halten, was es über eine Romanfigur aussagt, wenn sie solche Worte benutzt. Wenn eine Figur sie allen Ernstes benutzt, werde ich diese Figur für einen Idioten halten. Wenn das intendiert ist, bitte :)

Die Schimpfworte, die jemand verwendet, kommen ja auch nicht von ungefähr. Womit jemand schimpft, das sagt sicher etwas über seine Weltsicht, seine Ansichten, seine Erziehung aus. Die gespoilerten Worte können sehr entlarvend sein.
Ich denke nicht, dass man so etwas künstlich in Romanen aussparen sollte, weil es diese Charaktere nunmal gibt. Aber man sollte sich fragen, ob es der beabsichtigten Wirkung dient.

GLG
Thali
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Steffi am 26. Oktober 2014, 15:41:27
Ich stimme Chruke und Thali da vollkommen zu.

Verwendete Beleidigungen sagen für mich immer in erster Linie etwas über den aus, der sie benutzt. Und wenn sie zur Figur passen, warum nicht?
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 26. Oktober 2014, 15:41:34
Hm, muss jeder Satz dem Gemüt des Lesers schmeicheln? Charakterisiert solch eine Wortwahl nicht wunderbar? Es sagt weit mehr über den Unruhestifter aus, als über den, der beleidigt wid. Niemand reduziert letzteren dann auf sein Geschlecht oder seine Sexualität.

Ich persönlich fühle mich durch vulgäre Ausdrücke, so negativ konnotiert sie auch sein mögen, nicht angegriffen. Es ist Fiktion. Und ich lerne den Charakter besser kennen - selbst wenn es nur der klassische Bösewicht in der dunklen Ecke ist.

Aber das darf jeder leser und Autor für sich selber entscheiden.

Edit: Also ja, bin da bei Churke und Thaliope.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Klecks am 26. Oktober 2014, 15:44:56
Nur, um das klarzustellen: Ich fühle mich von fiktiven Äußerungen einer fiktiven Figur auch nicht persönlich angegriffen.  ;)  Ich frage mich einfach, warum solche extremen Beleidigungen nötig sind, wenn es doch genug andere dreckige Äußerungen gibt, und finde, dass eine Charakterisierung auch ohne einen Griff in die unterste Beleidigungsschublade möglich sein sollte.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 26. Oktober 2014, 16:01:10
Ich bin da ebenfalls bei den letzten Kommentaren - insbesondere bei Steffi, die letztlich meinen Leitsatz für alle derartige Entscheidungen formuliert hat:
ZitatUnd wenn sie zur Figur passen, warum nicht?

Für mich ist wichtig, dass man bei allem, was man macht, genau weiß, warum man es macht und welche Wirkung man damit erziehlt. Wenn ich jetzt einen Roman schreibe, dessen allgemeiner Tenor eher romantisierend/verträumt/verzaubernd oder allgemein das Realleben eher verschönernd ist und die Figur, die diese Worte benutzt das auch nicht tut, weil sie die andere Figur eben genau aufgrund ihres Geschlechtes heruntersetzen will, sondern der Grund der Beleidigung ein anderer ist, würde ich eine andere Beleidigung wählen. Aber nur dann. Ich finde, eine Beleidigung muss wie alle anderen Dinge vor allem eines tun: Passen. Zum Roman. Zur Atmosphäre. Zur Figur.
Will ich alltagsweltlich schreiben, muss ich wie Churke so schön zitiert dem Volk aufs Maul schauen. Und das Volk spricht so - das muss ich nicht gut finden, das muss ich nicht selbst tun, aber wenn ich das thematisieren oder auch einfach nur nicht ausblenden will, dann spricht nichts gegen diese Ausdrücke, eher sehr viel für sie.
Wenn meine Figur eine ist, die sehr negativ über Schwule/sehr abwertend gegenüber Frauen eingestellt ist, würde sie solche Dinge ebenfalls sagen - ja, natürlich reduziert sie dann das Gegenüber auf die Geschlechtsteile - dessen muss ich mir als Autor bewusst sein und ich muss mich fragen, ob es das ist, was ich dieser Figur andichten will, ob sie so wirken soll. Es hat eben eine Außenwirkung und derer muss man sich bewusst sein. Aber wenn man die auch haben möchte, weswegen sollte man denn dann darauf verzichten?

Schließlich kann es ja auch sein, das man, offen oder eher versteckt, diese Dinge auch thematisieren will und wenn ich mich als Leser an einer Wortwahl störe, dann würde ich mich eher fragen, ob sie passend gewählt ist, ob ggf. realistisch ist und mich dann eher damit beschäftigen, dass ich mich an etwas störe, das aber durchaus realitätsnah ist. Und dann wiederum bin ich bei Gesellschaftskritik, was für mich durchaus auch ein Grund ist, zu lesen. Letztlich soll Literatur ja auch nicht immer nur schön sein oder mir als Leser nach dem Mund schreiben - gerade unbequeme Literatur kann ja sehr, sehr lohnenswert sein, weil sie zum Nachdenken anregt.

Daher: Ich als Leser begrüße es, wenn man sein Buch nicht zensiert, weil ich die Worte mich pikieren könnten - wenn ich lese möchte ich ja gerade die Kraft der Worte spüren - auf jede Art und Weise und ich wähle ja auch selbst, welcher Schreibstil und welche Atmosphäre ich wann lesen will. Wenn ich gerade keine vulgäre Sprache vertragen würde, wähle ich ein anderes Buch.
Und genau deswegen ist es mir als Leser wie als Autor wichtig, das alles zusammen passt - denn nur dann kann ich als Leser einschätzen, was mich erwartet und bei welchem Buch ich womit rechnen muss. Als Autor tue ich alles, was der Aussage, dem Grundtenor, der Atmosphäre und der Charakterisierung der Figuren dienlich ist. Passt die Wirkung, die Worte haben werden, zu aledem, werden sie gewählt.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 26. Oktober 2014, 16:08:44
Zitat von: Klecks am 26. Oktober 2014, 15:44:56
Ich frage mich einfach, warum solche extremen Beleidigungen nötig sind, wenn es doch genug andere dreckige Äußerungen gibt, und finde, dass eine Charakterisierung auch ohne einen Griff in die unterste Beleidigungsschublade möglich sein sollte.

Ein "Schl..." wirkt komplett anders als ein "Schwein" und charakterisiert die Person jeweils unterschiedlich - und kommt beim Leser, wie man ja auch hier im Thread sehr gut sehen kann, anders an. :)

Das heißt natürlich nicht, dass nun jeder unbedingt vulgäre Ausdrücke benutzen muss. Das wäre ja Quatsch. Es muss nicht jeder die gleiche Art Roman schreiben oder die gleichen Charaktere benutzen.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Steffi am 26. Oktober 2014, 16:13:53
Valaé, wäre dies hier Facebook, würde ich deinen Post "liken" und dann mit all meinen Freunden teilen. Du sprichst mir da vollkommen aus der Seele.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Shin am 26. Oktober 2014, 16:21:02
Ich finde es in Ordnung, den "Oberbösewicht" homophobe oder sexistische Beleidigungen sagen zu lassen, wenn das seinen Charakter unterstreichen soll und eben Beispiel dafür ist, was für schlechte Begriffe und Gedanken in den Köpfen der Menschen verankert sind. Ich finde es okay, wenn man dieses Verhalten als Mahnmal nimmt, eben weil es der "Oberbösewicht" ist und man dieses Verhalten und diese Sprache normalerweise nicht duldet.

Ich finde es allerdings ziemlich fragwürdig, wenn ein schwuler Protagonist mit homophoben Äußerungen konfrontiert wird und dann später selbst sexistische fallen lässt. Das wirkt dann für mich nach "Ja, homophob ist ganz schlimm, davon bin ich ja betroffen, aber Sexismus kümmert mich nicht, bin ja keine Frau." bzw. "Wenn der da mich so beleidigen darf, dann mach ich das jetzt eben auch mit dir!".
Von daher: Sprache zensieren ist nicht immer notwendig, es kommt auf den Kontext an. Aber wenn der Prota dann so handelt, wie der "Oberbösewicht", dann würde ich mir wirklich Gedanken machen...
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Klecks am 26. Oktober 2014, 16:22:14
@Valaé: Hm, da hast du auch wieder Recht.  :hmmm:  Ich glaube, daran merkt man wieder sehr gut, dass jeder unterschiedlich darauf reagiert, je nachdem, was er schon erlebt hat. Ich bin in der Zeit, als ich so schlimmes Mobbing ertragen musste, so übel beleidigt worden, dass ich da mit Sicherheit empfindlicher bin als andere.

Das ist bei mir mit allen Beleidigungen so, egal ob auf Geschlecht bezogen oder nicht. Weil ich selbst so oft beschimpft wurde, verbinde ich damit negative Gefühle und möchte sowas deshalb nicht lesen oder schreiben. Ich habe ja auch geschrieben, dass ich meine Romane nie zensieren würde. Aber für mich persönlich erreichen die hier beispielhaft genannten Beleidigungen trotzdem eine Grenze, die ich nicht übertreten will, weder als Leserin, noch als Autorin.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Steffi am 26. Oktober 2014, 16:30:40
@Klecks: Auch ich habe meine gesamte Schulzeit unter wirklich, wirklich heftigem Mobbing gelitten. Umso mehr würde ich mir glaube ich veralbert vorkommen, wenn das in einem Buch zensiert werden würde, um es leserfreudnlicher zu machen. Dann verharmlost es nämlich.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Klecks am 26. Oktober 2014, 16:37:52
Hier klinke ich mich jetzt aus, weil mir jetzt Tränen in die Augen geschossen sind und ein Haufen schlimmer Erinnerungen aufkommen und ich merke, dass mir das zu viel wird. Nur noch kurz:

Mir geht es nicht darum, das zu verharmlosen, geschweige denn Mobbing zu zensieren, sondern darum, dass ich sofort ein Gefühl von Bedrohung, Ohnmacht und Qual in mir habe, wenn das zu extrem wird. Damit will ich persönlich mich nicht auseinander setzen müssen in Romanen, mit denen ich in eine andere Welt eintauchen kann, weshalb ich persönlich Beleidigungen dieser Art nicht lese und nicht schreibe. Jeder geht anders mit schlimmen Dingen um, die er erlebt hat. Aber das ist auch ein ganz anderes Thema und wie gesagt, darüber, dass ich darunter leide und dem deswegen ausweiche, werde ich nicht diskutieren.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Thaliope am 26. Oktober 2014, 16:41:41
*Klecks ganz fest knuddelt*
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 26. Oktober 2014, 16:46:18
Ich würde sagen, dass es vor allem stark darauf ankommt, was man erlebt, wie man es verarbeitet hat und wie man heute als Person dann damit umgeht. Jeder hat seine anderen Strategien, manche werden empfindlicher für solche Ausdrücke, andere finden es gerade nicht schön, wenn ein Buch durch unterlassen der Wahl entsprechender Ausdrücke quasi verschweigt, dass es sie gibt und dass sie benutzt werden. Ich denke auch, dass es für jede dieser Personengruppen andere Bücher gibt, die am Besten passen. Und da sind wir dann bei dem letzten Punkt den ich vergessen haben muss, zu dem es natürlich auch passen muss: Zur Zielgruppe.

Ansonsten, was die persönliche Meinung angeht bin ich auch hier bei Steffi: Ich bin fern davon, Mobbing nicht zu kennen oder selbst nicht am eigenen Leib erfahren zu haben, ebenso bin ich bei vielen anderen eher heftigen Themen fern davon, sie nicht aus eigener Erfahrung zu kennen. Gerade deswegen schätze ich Bücher, die durch ihre Wortwahl zeigen, wie heftig es wirklich werden kann und die eben nicht durch Zensur quasi "wegretouchieren" was unangenehm ist. Aber das ist ein persönlicher Geschmack und auch meine persönliche Deutung, die ich den entsprechenden Autoren nicht vorwerfe und ich kann andere Positionen auch verstehen - ich vertrete sie nur nicht und ich suche mir auch gezielt Bücher für eine Zielgruppe, die meine Position teilt - und das würde ich jedem raten.

Es tut mir übrigens leid, dass das Gespräch hier persönliche Nerven getroffen hat und ich wünsche allen, denen das nahe geht, dass sie einen Weg für sich finden, für sich gut damit zurecht zu kommen.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 26. Oktober 2014, 16:53:56
Bevor sich hier erneut eine Grundsatzdiskussion entwickelt: Ich möchte niemanden angreifen. Ich weiß, dass ich niemandes Meinung ändern kann und möchte das auch gar nicht. Ich möchte bloß ein paar Sachen loswerden, die mich gerade immens stören, weil ich das Gefühl habe, dass darüber hier gar nicht nachgedacht wird. Einerseits werden deutlich diskriminierende Schimpfwörter hier gerade verteidigt, weil es Fiktion ist und das wäre ja nur realistisch. Dasselbe Argument habe ich aber in den Diskussionen zu Diversität in Romanen auch gehört. Es klang ein wenig anders: ,,Ich muss keine Diversität in meinen Roman einbauen, auch, wenn es realistischer wäre, es ist ja schließlich Fiktion." Das Argument, dass etwas realistisch ist, verliert für mich vollends seine Bedeutung, wenn es nur dann zählt, wann immer Leute es sich herausnehmen, zu diskriminieren. Und genau das passiert doch, wenn ihr das Wort ,,Schlampe" unreflektiert in die Welt hinauswerft. Gesellschaftskritik passiert bei den wenigsten Lesern einfach so, weil da ein Schimpfwort steht. Dafür müssen Anregungen gegeben werden, die über das bloße Erwähnen des Schimpfwortes hinausgehen. Die meisten Leser sind es gewohnt, einige werden nicken und vielleicht sogar denken, dass es total okay ist, das Wort im realen Leben zu benutzen. Denn die Leser wissen nicht, was ihr im realen Leben darüber denkt und ob ihr es gutheißt oder nicht. Sie haben nur euren Roman vorliegen. Und in den meisten Fällen werden sie denken, ihr heißt sexistische Beleidigungen gut.

Es geht mir hier nicht um Zensur oder political correctness. Es geht um Correctness, Punkt. Es geht nicht darum, alles richtig zu machen, damit euch hinterher niemand etwas ankreiden kann, es geht darum einen Moment innezuhalten und sich zu überlegen, auf wessen Schultern solche Sachen lasten bleiben. Ich sehe an sich schon sehr wenige asiatische Figuren in den Romanen, die ich gern lese. Wenn jetzt die Figuren, die ich sehe, noch nach Strich und Faden aufgrund ihrer Herkunft beleidigt werden, dann bin ich nicht ,,pikiert". Ich fühle mich auch nicht persönlich beleidigt. Aber ich bekomme Bauchschmerzen, weil eine unbedachte Verwendung diskriminierender Sprache die Normalität dieser Begriffe einfach weiter zementiert. Ähnlich geht es mir mit LGBTQ-Figuren und auch mit weiblichen Figuren. Man kann beleidigen. Mann kann richtig mies beleidigen, unter die Gürtellinie gehen, fies sein, beißen... aber man kann das auch ganz bestimmt tun, ohne dabei zu diskriminieren.

Es geht bei diesem Thema doch nicht wirklich um ,,realistisch" und ,,Den Leuten auf den Mund geschaut". Wenn ,,Es ist aber realistisch" nur dann wichtig ist, wenn es um die ,,Freiheit" geht, zu diskriminieren und viel wichtigere ,,realistische" Dinge trotzdem auf der Strecke bleiben, dann geht es nicht mehr darum, wie realistisch etwas ist. Ich weiß nicht, worum es wirklich geht und ich möchte mich nicht streiten, ich möchte nicht wieder tagelang diskutieren, weil hier niemand seine Meinung ändern wird und damit kann ich leben. Es geht darum, dass einfach mal ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass es nicht um verletzte Gefühle und pikierte Leser geht, sondern, dass echte Menschen mit echten Erlebnissen eure Bücher lesen werden und nicht wenige davon, werden Erfahrungen mit diskriminierender Sprache und Diskriminierung gemacht haben. So was sitzt tief. So was prägt und geht über verletzte Gefühle hinaus. Wenn der Realismus von diskriminierender Sprache hochgehalten wird, aber nicht der Realismus, dass Menschen, die damit kämpfen müssen existieren und eure Bücher lesen werden, dann finde ich das vor allem sehr, sehr schade.

Ich glaube, ich klinke mich auch aus. Das ist meine Meinung dazu und ihr müsst mir nicht zustimmen. Aber mich belastet das. Und mich macht Klecks' Reaktion unglaublich traurig. Das ist die Reaktion von Leuten, die mit diesem Kram im wahren Leben umgeben müssen, das ist in vielen Fällen meine Reaktion und es ist die Reaktion eurer Leser, für die Diskriminierung mehr ist, als diese Sache, die anderen passiert, aber mir nicht. Und das ist es mir – als Autor – einfach nicht wert, diskriminierende Sprache benutzen zu dürfen. Das ist keine Zensur und kein Zwang zu ,,political correctness" von mir. Ich finde es einfach zwischenmenschlich ganz falsch meinen Lesern das zuzumuten. Leser dadurch auszugrenzen. So zu tun, als würde ein Anteil meiner Leser nicht existieren. Da tue ich lieber so, als würde diskriminierende Sprache nicht existieren. Ja, weil es eben Fiktion ist.

EDIT: Ich möchte wirklich nicht, dass sich hier jetzt jemand persönlich angesprochen oder sogar angegriffen fühlt und ich freue mich für jeden, der Schlimmes erlebt hat und gelernt hat, damit umzugehen. Aber ich muss das einfach sagen, weil es mich generell stört, nicht nur hier, und ich hoffe, dass es nicht als Angriff aufgefasst wird, sondern einfach als... Anstoß, wieso man zwar alles dürfen muss, aber trotzdem nicht alles machen sollte.  :versteck:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Shin am 26. Oktober 2014, 17:02:35
Ich muss mich hier (leider) noch einmal einklinken.

Ganz unabhängig davon, was die eigentliche Beleidigung ist, finde ich es wichtig, die Aussage dahinter zu verstehen.
Du bist ein Mensch. Du bist eine Person. Du hast eine Identität. Deine Identität macht dich besonders und einzigartig und ist sehr wichtig. Homophobe Beleidigungen sind dafür da, dir deine Identität zu rauben. Wenn man eine Person schwul nennt, die es nicht ist, ist das an sich keine Beleidigung. Es ist nicht schlimm, schwul zu sein. Die Beleidigung trifft allerdings, da man der Person ein Stück ihrer Identität versucht zu rauben.

Sexistische Beleidigungen funktionieren da etwas anders. Es wird erkannt, wer du bist und was du nicht ändern kannst (= bei der Geburt als weiblich festgestellt) oder es wird etwas genommen, für das du dich frei entschieden hast (z.B. sexuell aktiv) und daraus wird die Beleidigung gebaut. Dir wird hierbei deine Identität nicht geraubt, sondern du wirst dafür verurteilt.

Natürlich geschieht diese Verurteilung auch bei homophoben Beleidigungen, eben, wenn man weiß, dass die Person homosexuell ist und man darauf seine Beleidigung ausbaut. Dies ist aber nicht der häufigste Fall. "Das ist schwul" wurde als Phrase aufgenommen und wird für Personen, Videos, Kleidung, so ziemlich alles verwendet. Ich habe allerdings noch nie jemanden einen der sexistischen Begriffe im Startpost zu einem Mann anstatt zu einer Frau sagen hören.
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Ich will jetzt nicht sagen, dass eine Form der Beleidigung besser oder schlechter wäre. Es bleibt scheiße, weil es Beleidigungen sind. Ich will nur auf den Ursprung hinweisen, denn es ist wichtig, zu verstehen, woher solche Aussagen stammen.


EDIT: Deshalb mag ich Kati.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Mondfräulein am 26. Oktober 2014, 17:12:38
@Kati: Das kann ich so nur unterschreiben. Genau meine Meinung zu dem Thema.

@Klecks: Tut mir echt leid, dass es dir jetzt so gehen muss. :knuddel: Mir geht es mit diesem Thema ehrlich gesagt ähnlich.

Mich stört, dass hier (mein subjektiver Eindruck) die Erfahrungen einzelner Menschen ignoriert oder klein geredet werden. Es mag ein klein wenig realistischer sein, solche Wörter in seinen Romanen zu verwenden, weil sie in echt vorkommen. Aber es ist genau so real, dass sie fatale Wirkungen auf Menschen haben können. Und sie einfach so in den Raum zu werfen bringt nichts. Absolut rein gar nichts. Das klärt niemanden auf, das lässt niemanden nachdenken. Ehrlich? Damit unterstützt man nur die Mechanismen, die man eigentlich ach so großartig ankreiden will. Wenn solche Beleidigungen wirklich etwas gegen Mobbing/Sexismus/Diskriminierung bewirken sollen, dann muss man das vernünftig reflektieren. Und nicht einfach nur "Die wirft das Wort in den Raum, aber das ist die Antagonistin, deshalb sieht der Leser ja, dass das nicht okay ist" und auch nicht "Der Leser kann ja selbst drüber nachdenken, der ist ja nicht dumm". Wenn es unbedingt sein muss, dass gezeigt werden soll, wie schlimm Mobbing ist, dann schreibt ein Buch, in dem es darum geht, aber unreflektiert mit solchen Wörtern um sich zu werfen, und mit unreflektiert meine ich alles unter einer ausführlichen Thematisierung, verharmlost die Probleme nur. Und je mehr diese Wörter verwendet werden, desto mehr empfinden sie die, die sie benutzen, als normal. Und desto mehr Schaden hat man angerichtet. Aber Hauptsache, man zensiert sich nicht.

@Shin: Danke dafür. Ich kann dir nur zustimmen.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 26. Oktober 2014, 17:21:34
Kati, wir kennen uns ja ein wenig (nicht persönlich, auch nicht übermäßig im Zirkel, aber wir haben einander ja schon öfter erstens Plots gegengelesen und kritisiert und zweitens auch schon Dikussionen dieser Art gehabt, weswegen ich das betone, kommt gleich), deswegen brauchst du dir denke ich keine Gedanken machen, dass ich mich jetzt persönlich angegriffen fühlen könnte. Das hier ist eine Forumsdiskussion und ich für meinen Teil bin vollkommen und ausschließlich auf die Sache an sich konzentriert - persönlich nehme ich da gar nichts. Du hoffentlich auch nicht.

Ich stoße mich ein wenig an deiner Annahme
Zitatunreflektiert
, die sich für mich sehr, mit folgender Aussage beißt:
ZitatFür mich ist wichtig, dass man bei allem, was man macht, genau weiß, warum man es macht und welche Wirkung man damit erziehlt
, was für mich jetzt nicht nach unreflektiert klingt. Ich mache ja gerade in meinem Post stark, das es passen muss - zu allem. Zur Figur, zur Zielgruppe, zum Roman an sich. Wenn ich also eine solche Figur habe, muss meiner Meinung nach ihre xyz-Feindlichkeit durchaus auch behandelt werden und das natürlich nicht unreflektiert. Oder es wird behandelt, dass eine Figur so spricht ohne sich Gedanken darüber zu machen, was dieses Schimpfwort heißt. In beiden Fällen kommt weder eine unreflektierte Verwendung vor, noch erwarte ich Gesellschaftskritik "einfach so" sondern rege sie natürlich an. Das habe ich ja auch gesagt: Alles muss zum Roman passen - und wenn der Fluch zum Roman passt, dann thematisiere ich es ja auch, sonst würde es ja eben gerade nicht zum Roman passen.

Was mir hier allgemein sehr sauer aufstößt (nicht persönlich, sondern für die Diskussion) das eben ein solch unreflektierter Umgang einfach so vorausgesetzt wird - auch im Anfangspost stand so viel ich weiß nicht drin, dass diese Schimpfwörter einfach nur des Schimpfens wegen verwendet werden sollen, an einer Stelle, an der man ohne dass es am Roman etwas geändert hätte, auch Schwein oder was weiß ich hätte sagen können (das ist für mich eben dann in Ordnung, wenn ich innerhalb des Romans auch anschneide, dass unsere Gesellschaft solche Worte unbedacht benutzt und was sie anrichten können), sondern die Frage, ob man solche Worte überhaupt, also auch an passenden Stellen, benutzen darf. Dazu sage ich: Ja. Wenn ich den Threadstarter hier falsch verstanden habe, korrigiere man mich bitte.
Von unreflektiert war niemals die Rede. Unreflektiert halte ich absolut jede Wortwahl, sogar die flauschigste und liebste für gleichermaßen unpassend wie gefährlich. Worte bewegen etwas, Worte sagen etwas, Worte treffen, verursachen, verletzen - man sollte sich dieser Tatsache genauso bewusst sein, wie der Wirkung eines Wortes und sie mit Bedacht einsetzen.
Ich finde nru eben auch unreflektiertes Verschweigen solcher Wörter nicht gut. Richtig, ich KANN meinen 10jährigen Jungen Schl*mpe sagen lassen. Ich muss es nicht tun. Ich muss es nicht lassen - ich sollte einzig und allein wissen, was es für eine Aussage hat, wenn ich es tue. Und wenn ich es lasse. Danach entscheide ich. Immer.

ZitatEs geht darum, dass einfach mal ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, dass es nicht um verletzte Gefühle und pikierte Leser geht, sondern, dass echte Menschen mit echten Erlebnissen eure Bücher lesen werden und nicht wenige davon, werden Erfahrungen mit diskriminierender Sprache und Diskriminierung gemacht haben. So was sitzt tief. So was prägt und geht über verletzte Gefühle hinaus. Wenn der Realismus von diskriminierender Sprache hochgehalten wird, aber nicht der Realismus, dass Menschen, die damit kämpfen müssen existieren und eure Bücher lesen werden, dann finde ich das vor allem sehr, sehr schade.
das emofinde ich jetzt doch ein wenig als persönlich, weil du spezifisch unsere Bücher ansprichst. Ich gebe mein Bestes, nicht persönlich zu antworten. Sagen wir es so: Ich bin selbst ein echter Mensch mit echten Erlebnissen und muss meiner Meinung nach selbst wissen, welches Buch ich anfasse und welches nciht. Wenn ich selbst Opfer von Diskriminierung bin und ich mich der Benutzung solcher Worte nicht gewachsen fühle in einem Buch, sollte ich Bücher, zu denen eine solche Benutzung passen würde, meiden. Wenn ich aber vollkommen unerwartet über so etwas stlolpere, verweise ich darauf, dass ich eine solche Benutzung die man nicht erwarten kann ja ebenfalls nicht gut heiße, Zitat:
ZitatUnd genau deswegen ist es mir als Leser wie als Autor wichtig, das alles zusammen passt - denn nur dann kann ich als Leser einschätzen, was mich erwartet und bei welchem Buch ich womit rechnen muss.

Ich als Autor kann nur eben das tun: Passende Bücher schreiben, reflektieren, nur bewusst Wörter verwenden - damit eben kein auf ein Thema hochsensibler Leser über mein Buch stolpert, ohne etwas geahnt zu haben. Sie nicht zu schreiben oder meine Wortwahl zu zügeln, weil sich jemand diskriminiert fühlen könnte, werde ich deswegen dennoch nicht, immerhin gibt es tausend Themen, die ich alle gerne behandeln würde, über die ich nicht schreiben dürfte, will ich nicht Gefahr laufen, jemanden zu diskriminieren. Ich kann nur kenntlich machen, dass es in meinem Buch darum geht und das solche Wörter wohl vorkommen werden. Und um noch einmal ganz kurz persönlich zu bleiben: Ich habe Bücher geschrieben, in denen ich solche Worte benutze. Ich hatte Betaleser, die betroffen waren. Die Resonanz war positiv. Ich habe aber auch darauf geachtet, die Zielgruppensuche entsprechend zu formulieren. Wie gesagt: Es muss passen. Zu allem.

Den Vorwurf, ich würde unreflektierte Diskriminierung gut heißen, weise ich in vollem Maße zurück. Von unreflektiert habe ich nie gesprochen und es betrübt mich, dass erst einmal angenommen wird, mann würde nicht nachdenken, anstatt darauf hinzuweisen, das man nachdenken sollte.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 26. Oktober 2014, 17:26:06
Zitat von: Kati am 26. Oktober 2014, 16:53:56Und genau das passiert doch, wenn ihr das Wort ,,Schlampe" unreflektiert in die Welt hinauswerft.
Dass es unreflektiert passiert, sagst du. Ob es tatsächlich so ist... ist eine ganz andere Geschichte.
Bem Rest schließe ich mich Valaé an.

Zitat
Mich stört, dass hier (mein subjektiver Eindruck) die Erfahrungen einzelner Menschen ignoriert oder klein geredet werden.
Wieso kleinreden?
Wurde btw. selber so stark gemobbt, dass ich die Schule geschmissen habe, ich wurde von fremden Männern beschimpft (und noch weit schlimmeres) und kann nicht von mir behaupten,ein klein redendes, sozialunkritisches Wesen zu sein. Ich habe, was die Inhalte von Romanen angeht, schlichtweg eine andere Meinung.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Malinche am 26. Oktober 2014, 17:52:53
[EDIT] Jetzt waren andere schneller, während ich getippt habe, aber ich schicke das hier trotzdem mal ab.

Ich habe eigentlich nicht das Gefühl, dass in der Diskussion gerade Erfahrungen kleingeredet werden, obwohl unterschiedliche Standpunkte vertreten werden. Ich denke eher, dass - wie oft bei ähnlichen Themen - hier wieder das Problem besteht, dass von unterschiedlichen Voraussetzungen und vor allem unterschiedlichen Sensibilisierungsgraden ausgegangen wird. Das führt dazu, dass die einen die Problematik aus einer eher handwerklichen Perspektive betrachten und die Verwendung bestimmter Begriffe innerhalb eines Textes im Hinblick auf ihre Funktion in diesem Text diskutieren. Andere denken stärker in Richtung des Zielpublikums und die möglichen Auswirkungen bestimmter Begriffe. Das sind unterschiedliche Ebenen mit einem jeweils ganz anderen Fokus, und per se denke ich nicht, dass die eine Ebene falscher oder richtiger ist als die andere. Schließlich bilden sie gemeinsam eine Gesamtheit ab. Ein Roman besteht nun einmal zum Einen aus seiner Textebene und seiner internen dramatischen Struktur, aber sein Publikum und seine Wirkung auf Leser gehören da ebenso dazu. Deswegen sollte eine Diskussion wie diese - meiner Meinung nach - sich darum drehen, wie man beides ausgewogen zusammenbringen kann, und ich bin der Meinung, dass das möglich ist, ohne dass eine der beiden Ebenen Schaden nehmen muss.

Was hier für mich in vielen Beiträgen anklingt und was ich für sehr wichtig halte, ist Reflexion - einerseits im Hinblick darauf, welche Aussage manche Begriffe tatsächlich treffen und worin ihr tatsächliches Potenzial zur Verletzbarkeit liegt, andererseits im Zusammenhang mit der Wirkung, die das erzielen kann. Bewusstseinsschaffung auf dieser Ebene kann ungemütlich sein, weil sie zusätzliche Arbeit erfordert und uns vielleicht dazu zwingt, Gewohnheiten unseres Wortschatzes aufzugeben. Aber das heißt nicht, dass man auf sie verzichten sollte. Beiträge wie Shins finde ich da sehr hilfreich, aber auch andere. Ich muss wissen, was ich meine Figuren da sagen lasse. Und sollte mich fragen, ob diese Aussage genau das und auch das Einzige ist, was sie jetzt charakterisieren soll.

Gleichzeitig hilft Reflexion allein oft nichts, wenn es kein Feedback von außen gibt, und darum finde ich Threads wie diesen schon wichtig, auch wenn es traurig ist, dass solche Diskussionen sehr häufig hochzukochen drohen: Die Macht vieler Worte ist vielen Leuten, auch Autoren, einfach nicht bewusst. Und vieles kann man sich nicht allein durch Nachdenken erschließen. Vieles kann man sich nicht einmal erschließen, wenn man selbst bestimmte negative Erfahrungen gemacht hat, denn wie die Diskussion hier schön zeigt, sind Menschen unterschiedlich und gehen auch unterschiedlich mit diesen Erfahrungen um. Ich denke nicht, dass diese unterschiedlichen Arten der Aufarbeitung sich in richtig oder falsch einteilen lassen oder die Menschen dahinter in besser oder schlechter einteilt. Wichtig ist, dass niemand seine Art als die einzig richtige und existierende ansieht - ein Bewusstsein, das ich hier im Forum so voraussetze und aus den Beiträgen auch herauslese. Trotzdem braucht man auch mit diesem Bewusstsein Input von außen. Ich persönlich bin mir z.B. auch häufig nicht bewusst, was alles und in welchem Maße triggernd wirken kann. Das ist kein böser Wille. Aber es ist ein Lernprozess.

Ich denke auch nicht, dass Bewusstsein, Reflexion und Sensibilisierung dazu führen sollten, problematische Begriffe komplett aus den eigenen Werken zu verbannen - jedenfalls nicht dort, wo sie für die Charakterisierung einer Figur und dadurch mittelbar für die Darstellung einer Problematik notwendig sind oder sein können. Aber wie Mondfräulein sehr schön gesagt hat, halte ich den reflektierten Einsatz für wichtig. Natürlich reicht es nicht zu sagen, das ist mein Anta, der darf so reden - aber ich würde behaupten, wenn ein Text gut geschrieben ist, thematisiert er diskriminierende Mechanismen auf unterschiedlichen Ebenen, und dann wird auch klar, dass Sprache eine davon ist. Dann denke ich schon, dass es die Leser zum Nachdenken anregt. Wenn die diskriminierende Sprache das einzige charakterisierende Element ist, komplett unreflektiert bleibt oder vor allem auch Figuren in den Mund gelegt wird, die eigentlich Sympathieträger sein sollen, halte ich das auch für überaus schwierig. Nicht nur wegen der Wirkung einzelner Sprachelemente auf die Leser, sondern ganz besonders wegen der Botschaft, die ich als Autor dann implizit vertrete.

Langer Rede, kurzer Sinn: Aus meiner persönlichen Sicht ist Reflexion wichtig, was den Einsatz solcher Beleidigungen betrifft, sowohl auf der rein textlichen Ebene als auch mit Blick auf die Leserschaft. Reflexion bedeutet nicht Zensur, sondern Bewusstsein für das, was man sagt und was man damit bewirken kann. Im besten Fall gelingt eine pointierte Charakterisierung einer Figur, die dann aber mit dieser Sprache nicht isoliert im Raum stehen wird.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Snöblumma am 26. Oktober 2014, 18:21:30
Zitat von: Valaé am 26. Oktober 2014, 17:21:34
Es muss passen. Zu allem.

Das bringt es für mich auch ziemlich auf den Punkt - aber das gilt für mich bei jeder einzelnen Wortwahl in einem Roman. Wenn ich Worte verwende (zumal in der wörtlichen Rede eines Charakters), die nicht zu dessen Persönlichkeit passen, wird der Roman hölzern und lebensfern. Das, was wir in Dialogen einer Figur in den Mund legen, dient ja nicht nur dazu, Blabla zu kommunizieren, sondern vor allem immer auch der Charakterisation eines Romans. Gerade auch Flüche können viel aussagen - schimpft eine Person religiös? Meidet sie religiöse Flüche, entfährt ihr vielleicht einmal ein "Himmel", was so ziemlich das schlimmste ist, das ihr je entfleuchen würde? Wertet sie das Gegenüber auf irgendeiner Ebene ab? All das sagt so viel über die Figur aus, dass ich mir nicht vorstellen könnte, auf Flüche zu verzichten. Schon gar nicht auf sexuell unterlegte Flüche, weil damit wahnsinnig viel rüberkommt.

In dieser Hinsicht muss für mich der Autor seine Hausaufgaben machen. Wenn er seine Figur gut kennt, wird er ihr auch passende Schimpfworte geben können, und diese Worte werden in den Roman passen - und damit nicht über das hinausgehen an Verletzungspotenzial, was jede Geschichte in sich trägt. Ich kann als Autor nicht voraussehen, wer sich von was getriggert fühlt. Ich habe schon bei den harmlosesten Storys das Heulen angefangen, weil darin etwas beschrieben war, was ich kannte und mir naheging. Das ist  nicht Verantwortung des Autors. Als Leser muss ich selbst wissen, wann ich ein Buch besser zur Seite legen sollte. Aber ich habe als Autor die Verantwortung, gut, lebensechte, nachvollziehbare Figuren zu schaffen, und da gehören Flüche und Schimpfwörter mit dazu. Eine englische Adlige wird anders fluchen als ein Gossenjunge, jemand mit religiösem Hintergrund wird vielleicht vor anderen Wörtern zurückzucken als jemand mit frauenfeindlicher Gesinnung. Ich muss sagen, ich selber zucke immer eher zusammen, wenn jemand Schimpfworte in Bezug auf Religion benutzt, einfach weil ich gelernt habe, dass man niemals nie nicht mit der eigenen Religion flucht oder die eines anderen verächtlich macht. Wörter wie
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hängen für mich sehr von der Situation ab. Sie können sehr verächtlich gemeint sein, sie können aber auch von den Charakten selbst mit einem gewissen bewundernden Touch gesprochen werden. Ich kenne viele Mädls so im Alter um die 20, die sich als
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bezeichnen und das durchweg positiv meinen - bei solchen Wörtern kommt es für mich also immer auf die Intention an, in der der Charakter das verwendet. Ja, diese Worte sind beleidigend, wenn ein Mann sie gegenüber einer Frau einfach so verwendet. Aber warum sollte man als Frau dieses Spiel nicht umdrehen?

Wie gesagt, ich finde, jedes Wort, das ein Charakter sagt, sagt sehr, sehr viel über diese Figur aus. Entsprechend gut überlegen sollte man sich als Autor, was man da tut und ob das notwendig ist, ob es sinnvoll ist und die Wirkung hat, die man auch erzielen möchte. Und wenn es ein Thema aufbringt, passt es doch immer ganz gut, das auch zu thematisieren, vielleicht auch nur am Rande, wenn es nicht das eigentliche Thema des Buches sein soll. Wenn es keinerlei andere Funktion hat, außer den Leser ein wenig zu shocken und Aufmerksamkeit zu generieren, dann sollte man es einfach streichen. So wie jedes andere Wort auch, das keine Funktion im Text hat ;).
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Sternsaphir am 26. Oktober 2014, 18:58:23
Ich habe auch nochmal über das Thema Beleidigungen nachgedacht und habe vergessen anzumerken, dass die Art der Beleidigung natürlich zum Genre und zu den Figuren passen muss. Die Beleidigung sollte den Stil des Romans nicht verändern. Wenn man bisher eher hochtragende Worte verwendet hat, fallen Gossen-Flüche eher aus dem Bild.
Hat der Prota oder Anta aber ohnehin einen ähnlichen Wortschatz, würden vulgäre Worte natürlich passen.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 26. Oktober 2014, 20:26:10
Danke erstmal an alle, die sich bisher zu Wort gemeldet haben. Ich wollte auch wirklich niemandem zu Nahe treten oder in irgendeiner Weise hier "aus Spaß an der Freude" eine Diskussion um Schimpfworte lostreten.
Wie ich schon anfangs erwähnte, benutze ich selber (kaum) vulgäre Beleidigungen, und wenn dann nur als offensichtlich gemeinter Scherz (etwa wenn ich zu einem anderen schwulen Mann "Du Schl---e" sage, mit einem Augenzwinkern). Ansonsten benutze ich eigentlich eher Sachen wie "Du Hirnkeks" oder "Du Labergedöns".

Deswegen ringe ich auch schon ein paar Wochen mit dem Thema. Ich habe, wie gesagt, schon einige Varianten probiert. Es handelt sich um die Gegenwart, kein historisches/Fantasy-Setting. Also passen "altmodische" Beleidigungen nicht so toll. Letztendlich finde ich es dann besser jegliche Schimpfworte zu streichen, als lächerliche zu benutzen wie "Narr" oder "Tölpel". Das beisst sich mit der Moderne.
Ich wünschte fast, es wäre möglich in Texten vilgäre Ausdrücke zu "beepen" wie im Fernsehen.  :omn:

Aber euer Feedback hat mir schon gezeigt, dass mein Unbehagen bei den Dialogen zurecht da war. Ich werde das definitiv alles erstmal rausnehmen und nochmal gründlich drüber nachdenken. Die homophoben Beleidigungen passen, denke ich. Der Oberbösewicht will in dem Moment auch ausdrücklich auf den Protagonisten losgehen, weil dieser schwul ist. Und da erlaube ich mir auch, als Mitglied der Minderheit, das einschätzen zu können.

Aber die ganzen "weiblichen" Beleidigungen fliegen raus. Ich bin keine Frau und bin mir zu sehr bewusst, wie schnell die Schwulenszene in Misogynie abgleitet. Ich hatte ohnehin zuletzt nur noch das Zitat von Blade:Trinity drinstehen, weil ich die anderen alle extrem unpassend fand. Und das Zitat fliegt ebenfalls. Der Ausdruck ist nur so lustig im Film, weil er so völlig grundlos und aus heiterem Himmel ordinär ist. Das ist mein bizarrer Sinn für Humor, der da mitspielt. So wie während einer Beerdigung zum Pfarrer zu sagen: "Du Flittchen". Über sowas könnte ich mich kaputtlachen, weil es überhaupt nicht zur Situation oder Person passt und kein Anlass erkennbar ist (ich gebs ja zu: Mein Humor ist bescheuert).

Vielen lieben Dank nochmal an alle.
Das hat mir sehr weitergeholfen.  :vibes:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 26. Oktober 2014, 20:32:56
Als kurzes Addendum noch: Habt ihr eventuell Vorschläge für Ausdrücke, wie sie Mittzwanziger heute (Oktober 2014) in Berlin untereinander verwenden könnten?
Mir fällt nämlich außer "Vollidiot" und "A-Loch" nicht wirklich was ein.
Außer meine eigenen "sinnlosen" Beleidigungen, wie "Muttergesicht" oder "Dampfkuchen".

(Und ja, ich denke wütende, moderne Mittzwanziger werden sich nicht gegenseitig ansprechen mit "Werter Herr, ihr seid ein Tölpel!" - "Welch bodenlose Frechheit! Möge Euch der Allerwerteste entflammen!". Ich wage zu behaupten, dass ein realistischer Dialog da anders aussieht in Konfliktsituationen)
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Sprotte am 26. Oktober 2014, 20:35:24
Da kommt das übliche Problem auf: Solche zeitgemäßen Schimpfwörter verlieren relativ schnell an Bedeutung, weil Sprache sich weiterentwickelt. Wir haben irgendwo einen Thread zur Jugendsprache, in dem das vertieft wurde. Wenn ich meinen Nachbarkids mit "coolen Sprüchen", die ich vielleicht vor zwei, drei Jahren aufgeschnappt habe, komme, lachen sie sich scheckig über meine veraltete Sprache.

Arschloch und Co sollten aber universal und relativ zeitlos sein.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Snöblumma am 26. Oktober 2014, 20:42:24
Hör doch einfach mal im Bus/Zug/etc. zu, wenn die Zielgruppe miteinander spricht! Da schnappst du sicher das ein oder andere auf. Ich weiß, dass das allgegenwärtige "Opfer" sowas wie ein Standardbegriff geworden ist, aber mehr auch nicht, dazu hab ich zu wenig mit Leuten in dem Alter zu tun.

Oh, was mir gerade noch einfällt: Beleidigungen haben ja auch immer eine kulturelle Dimension. Mit was man beleidigt, ist regional sehr verschieden und kann so auch dazu dienen, einen Charakter örtlich zu verankern. Eine Kultur schimpft eher mit Fäkalausdrucken, eine andere mit Tierworten, etc. Ich hab da nur vor langem mal einen sehr spannenden Aufsatz darüber gelesen, kann mich aber an die Einzelheiten gerade nicht mehr erinnern...
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Merwyn am 27. Oktober 2014, 11:27:27
Zitat von: Timmytoby am 26. Oktober 2014, 20:32:56
Als kurzes Addendum noch: Habt ihr eventuell Vorschläge für Ausdrücke, wie sie Mittzwanziger heute (Oktober 2014) in Berlin untereinander verwenden könnten?

Konkrete Beispiele für Berlin habe ich nicht, in meinem Mitt- bis Endzwanziger-Freundeskreis in Bayern sagen wir aber z.B. Schwanz, Depp, Arsch(loch), (Dreck)Sau, Schlampe, gern kombiniert mit einem blöd oder dumm davor zur Steigerung ;) Davon würde ich jetzt nichts als zeitgemäß einstufen, entsprechend sind sie auch nicht besonders kreativ, aber in dem Alter ist man meiner Meinung nach auch nicht mehr auf "coole" Ausdrücke angewiesen um anständig zu fluchen. Freilich lernen's manche Menschen nie... (Ich muss regelmäßig den Kopf über einen ca. 10 Jahre älteren Kollegen schütteln, der meint, es wäre so toll, wenn er mit "verfickter Fuck-fotze" oder solchem Blödsinn ankommt.)
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 27. Oktober 2014, 12:32:00
Kreative Beleidigungen finde ich auch eher lächerlich und unrealistisch. Als ich noch jung war (  :d'oh: ) war es in Mode, ironisch "Du Toilettentieftaucher mit Arschbeleuchtung!" zu schimpfen, aber mit der wirklichen Realität hat das natürlich(oder vll auch: Meiner Erfahrung nach) nichts zu tun.

Wenn du Beleidigungen der Jugend recherchieren willst... guck dir die Kommentare unter Youtubevideos an ;) Aber ich denke, "Opfer" ist ganz beliebt?
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 27. Oktober 2014, 12:42:59
Danke euch.  :vibes:
Werde definitiv nochmal gründlich bei der Überarbeitung drüber nachdenken.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 27. Oktober 2014, 12:47:57
ZitatWenn du Beleidigungen der Jugend recherchieren willst... guck dir die Kommentare unter Youtubevideos an ;) Aber ich denke, "Opfer" ist ganz beliebt?

DAS ist eine geniale Idee. Sorry, musste ich kurz loswerden, aber ja, da hat man glaube ich wirklich eine enorm gute Quelle.

Ich bin mir nicht sicher, wie selbstständig sie sich gemacht haben, aber zumindest im Internet, aber auch durchaus auf der Straße bin ich auch schon auf die aus dem Onlinespielbereich stammenden "Noob" und "Kackboon" getroffen - meistens um die Unwissenheit von jemandem zu betonen ("Noob" ist im Onlinespielbereich die abwertende Bezeichung eines Neulings, "Boon" einfach nur Noob rückwärts gelesen, tritt aber meistens nur in vorne genannter Form auf - ich würde sie nicht erwähnen, wenn ich sie nicht tatsächlich auch schon auf der Straße gehört hätte).
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Franziska am 27. Oktober 2014, 15:51:13
Ich sehe das auch so, dass alles erlaubt ist, solange klar wird, dass es die Meinung der Figur und nicht die vom Autor ist. Wenn man alles politisch korrekt machen wollte, dürfte man ja auch keine Figuren haben, die politisch unkorrekt denken oder handeln. Das finde ich ziemlich unsinnig.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
@Valaé: Deine Beiträge spiegeln ziemlich genau meine eigene Meinung wider.

Sorry, ihr seid eigentlich schon weiter in dem Thema. Außerdem ist das mal wieder viel länger geworden als beabsichtigt. :hmmm: Aber eine Sache bereitet mir Stirnrunzeln: @Timmytoby sagt, er will frauenfeindliche Beleidigungen aus seinem Text entfernen, aber die schwulenfeindlichen drinnen lassen. Das ist eine seltsame Einstellung. Nur weil er ein schwuler Mann ist (richtig?), heißt das doch nicht, dass er in seinen Texten nur Schwule beleidigen darf. ???

Diskriminierende Beleidigungen aus political correctness zu vermeiden, wäre das nicht eine Art Augenverschließen gegen existierende Diskriminierungen? Es ist ja nicht gesagt, dass die beleidigte Figur in der Geschichte das so hinnehmen muss, es könnte z.B. Auslöser für eine Diskussion über die Thematik sein oder die beleidigte Figur weiß sich clever zur Wehr zu setzen, sodass der Beleidigende dumm da steht. Es kann aber auch einfach so stehen bleiben, wenn die Szene das verlangt.

Es tut mir sehr leid, wenn bei diesem Thema schlimme Erinnerungen hochkommen, aber im schlimmsten Falle sollte die betroffene Person die Lektüre dann weglegen. Literatur hat nicht die Pflicht, Lesern entgegenzukommen. Wie seht ihr das denn mit der "Krebsbücher-Mode"? Ich bin sicher, dass so einige Leute von vorneherein die Finger davon lassen, weil sie sich schmerzlich an eigene Erfahrungen erinnert fühlen. Aber deshalb sagt doch niemand, dass keine "Krebsbücher" mehr geschrieben werden sollen.

Man kann Autoren nicht vorschreiben, welche Ideologie sie in ihren Geschichten vertreten sollen, das würde zu einer sehr eintönigen Literaturlandschaft führen. Deshalb steht für mich Schreiben erst einmal außerhalb der Moral. (Bei Kinderbüchern ist das noch etwas anderes, bei Jugendbüchern, denke ich, auch, weil sie doch häufig einen pädagogischen Anspruch haben.) Wie Autoren dann mit der Moral umgehen, ist ihre Sache, und ob es dem Publikum gefällt, eine andere. Gute Autoren, davon gehe ich mal aus, überlegen sich, ob und wie stark sie mit ihrer Geschichte moralisieren oder eben provozieren wollen. Sowohl das eine als auch das andere müssen das ergänzen, was sie erzählen wollen.

Für mich gehören (derbe) Schimpfwörter und je nach dem auch diskriminierende Beleidigungen dazu, wenn, wie hier schon mehrfach gesagt, der Charakter einer Figur danach verlangt. Aber ich mache das doch nicht, weil ich besonderen Spaß an diesen Umgangsformen habe. Ich überlege mir sehr genau, welcher Figur ich welche Schimpfwörter in den Mund lege. Deshalb will ich auch nicht unreflektiert genannt werden.
Es gibt sicherlich Autoren, denen es Spaß macht, ihre Figuren fertig zu machen, vielleicht weil sie ihre sadistische Seite oder ihre Misogynie/Homophobie ausleben wollen, aber ich denke, der gesunde Menschenverstand kann gute Erzählungen von Müll unterscheiden, deshalb werden solche Geschichten auch nicht von seriösen Verlagen publiziert. Solche Leute kann ich nicht als Autoren ernst nehmen und will sie nicht auf die gleiche Stufe mit den für die Literaturwelt relevanten Autoren stellen.

Dabei fällt mir ein: Es gibt auch die ambivalente Sorte Autoren, die immer wieder für Gesprächsstoff sorgen. Norman Mailer und Hemingway z.B. waren bekannt für ihre Frauenfeindlichkeit, deshalb sind mir die Typen auch absolut unsympathisch. Aber ich schätze ihre Werke aus literaturästhetischer und -wissenschaftlicher Sicht. Und eben jene Werke bieten heute in Schulen und Universitäten Stoff für Diskussionen um Frauenfeindlichkeit und Homophobie – das ist in meinen Augen eine gute Sache.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 28. Oktober 2014, 14:48:17
Zitat von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
Sorry, ihr seid eigentlich schon weiter in dem Thema. Außerdem ist das mal wieder viel länger geworden als beabsichtigt. :hmmm: Aber eine Sache bereitet mir Stirnrunzeln: @Timmytoby sagt, er will frauenfeindliche Beleidigungen aus seinem Text entfernen, aber die schwulenfeindlichen drinnen lassen. Das ist eine seltsame Einstellung. Nur weil er ein schwuler Mann ist (richtig?), heißt das doch nicht, dass er in seinen Texten nur Schwule beleidigen darf. ???

Ohne jetzt näher auf meinen Text einzugehen: Die homophoben Beleidigungen werden nur in einer Szene geäußert und da auch nur vom Ober-Antagonisten. Und ich glaube, dass ich als schwuler Mann beurteilen kann, wann homophobe Beleidigungen "realistisch" rüberkommen, wann sie zu weit gehen selbst in dieser Situation und wie man als Schwuler darauf reagiert.

Bei den misogynen war mein Problem ein anderes: Mein Prota hat an konkret zwei Stellen in der Handlung mit Frauen gestritten (weder mit ihm befreundet oder verfeindet, mehr neutrale Dritte), und dabei bin ich steckengeblieben, weil die Dinge, die er gesagt hat, sich entweder albern angehört haben (Deppin, Idiotin, etc.) oder frauenfeindlich.
Zum einen fand ich das nicht akzeptabel, weil er halt die Hauptfigur ist und auch noch der Ich-Erzähler, und er (hoffentlich) auch sonst im Text keine misogynen Tendenzen zeigt.
Zum anderen möchte ich mir nicht das Urteil erlauben, ab wann so was "zu viel" ist oder eine wie auch immer geartete Grenze überschreitet. Ich bin keine Frau und habe mich auch nie mit dem Sexismus in unserer Gesellschaft herumschlagen müssen. Zusätzlich bin ich in einer Subkultur unterwegs (der Schwulenszene) die sehr oft kritisiert wird für ihre misogynen Tendenzen. Mir fehlt schlicht die Erfahrung das beurteilen zu können.

Und deshalb eben der Anlass für diesen Thread, weil ich schon langsam dachte, ich bilde mir meine Bedenken nur ein (das passiert ja gerne mal, wenn man alleine ewig an einem Problem rumknabbert). Das Echo hier im Thread hat mir schon gezeigt, dass das nicht so war. Weil das Thema Sexismus und Misogynie nicht Teil des Buchs ist, habe ich das alles jetzt einfach rausgenommen.
Das Thema mit der Homosexualität kommt aber auch sonst im Buch vor und spielt in der entsprechenden Szene eine entscheidende plotrelevante Rolle. Also lass ich die homophoben Beleidigungen drin (ich hab sie aber auch nochmal in der Häufigkeit etwas reduziert).

Hoffe ich konnte das irgendwie klarer machen, wieso ich das eine dringelassen und das andere rausgenommen habe.  :vibes:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 15:00:41
@absinthefreund : Es gibt einen ganz großen Unterschied zu Issue Books: Wenn ich ein Buch sehe, in dem es ganz klar um eine Krankheit geht oder um Homophobie oder um Mobbing, dann erwarte ich natürlich, dass da nichts schön geredet wird. Dann erwarte ich, dass in den Büchern explizit berichtet wird, was zum Beispiel Homophobie ist und wie sie sich äußert und dann fallen auch diskriminierende Schimpfwörter. Solche Bücher sagen einem, was zu erwarten ist und dann kann man sich darauf einstellen und entscheiden, ob man sie lesen möchte. Solche Bücher, die sich selbst den Raum geben Diskriminierung etc. aufzuarbeiten, zu erklären und darüber aufzuklären sind wichtig. Aber, wenn ich einen Fantasyroman lese über eine Dämonenjägerin, dann erwarte ich nicht, dass jemand sie diskriminiert. Und ein Roman über eine Frau, die Dämonen jagt wird selten den Raum haben, diese Diskriminierung anständig aufzuarbeiten und zu behandeln (man kann das natürlich vereinen, aber es passiert selten). Und ich bin dann nicht vorbereitet. Und wenn ich die Szene, in der die Frau diskriminiert wurde, erstmal gelesen habe, kann ich das Buch natürlich weglegen, aber gelesen ist gelesen. Und in solchen Büchern, in Romanen, die sich nicht den Raum nehmen ganz ausführlich damit umzugehen, möchte ich keine diskriminierende Sprache lesen. Weil es absolut nicht sein muss. Es ist für mich einfach fehl am Platz.

Für mich steht Schreiben auch einfach nicht außerhalb der Moral, weil auch Erwachsene von dem was sie lesen durchaus beeinflusst werden. Und die Bücher eben am Ende auch nicht nur für weiße heterosexuelle Menschen sind, die nicht betroffen sind. Ich vergesse ungern, dass das, was ich schreibe auch von direkt "betroffenen" Menschen gelesen wird und auch diese ein Recht auf Bücher haben, in denen sie nicht diskriminiert und angefeindet werden. Das ist ja für mich auch das Problem mit dem Begriff "political correctness". Wenn man auf so etwas nur achtet, weil man glaubt, irgendetwas nicht zu dürfen oder es nicht macht, weil das ja angeblich politisch nicht korrekt ist, dann vergisst man, dass es um Menschen geht. Mir geht es nicht darum, politisch korrekt zu sein. Es geht mir darum einfach ein anständiger Mensch zu sein und dazu gehört für mich persönlich nicht diskriminierend zu beleidigen. Was habe ich davon? Nichts. Aber ich sorge grundlos dafür das Leser, die es in meinem Buch zu Recht nicht erwarten, getriggert werden. Jemand hat diese Diskussion bereits verlassen, weil es ihr zu viel geworden ist und das ist genau die Reaktion, die viele Menschen haben. Sprache hat Macht und ich werde sie nicht gegen meine Leser benutzen. Natürlich schreibe ich nicht nur, um es meinen Lesern recht zu machen. Aber ich möchte trotzdem, dass sich so viele Leser wie möglich über mein Buch freuen und dazu gehört für mich einfach auch, dass ich niemandem diskriminierende Sprache aus heiterem Himmel zumute.

Und ein kleiner Nachtrag zum letzten Mal. Ich wollte eigentlich nichts mehr schreiben, weil die Diskussion sich abgekühlt hatte, als ich nach Hause kam, aber dann eben doch noch kurz, weil mein "unreflektiert" wieder aufgekommen ist. Wie ich in dem Post auch gesagt hatte, meine ich niemanden hier persönlich. Eine unreflektierte Verwendung besteht für mich, wenn jemand im Roman als Schlampe bezeichnet wird, und das ohne Kommentar stehen gelassen wird. Auch, wenn die Figur negativ ist und als der Dumme dasteht. Wenn der Autor nicht erklärt, dass das kein akzeptables Schimpfwort ist und wieso nicht, werden die wenigsten Leser von sich aus überlegen, was da jetzt problematisch ist. Und selbst, wenn der Autor genau weiß, wieso das Wort nicht okay ist, er muss es dem Leser auch gekonnt vermitteln. Und in Issue Books für Jugendliche passiert das zum Beispiel, aber mit solchen Beleidigungen wird in vielen Urban-Fantasy-Büchern zum Beispiel sehr unbedacht herumgeworfen, weil die Autoren anscheinend denken es würde besonders düster und edgy wirken immer auf die Minderheiten zu hauen. Ich sage nicht, dass ihr das macht und habe das auch in meinem letzten Post nicht gesagt, ich meine das eher ganz allgemein: Sowas ist für mich unreflektiert und geht gar nicht.

@Valaé, weil du dich angesprochen gefühlt hattest. Ich denke, wenn du mit "es muss passen" das meinst, was ich weiter oben zu Issue Books und ähnlichen Büchern geschrieben habe, dann war es einfach ein Missverständnis. In diesem Rahmen ist es für mich in Ordnung und muss sogar sein, weil das Buch das Problem zum Thema macht. Aber zum Beispiel reicht als Grund für mich nicht aus, dass die Figur einfach so ist und es ein Teil der Charakterisierung darstellt, sie diskriminieren zu lassen, wenn ich als Autor dann nicht wirklich den Aufwand betreibe, darzustellen, dass das nicht okay ist. Und das machen leider wirklich die wenigsten. Aber das hatte ich ja alles schon gesagt. Jedenfalls meinte ich wirklich nicht euch persönlich, sondern mit "euch" alle die mitlesen und mich auch selbst mit. Ich hätte "unsere" sagen sollen. Unsere Bücher werden hoffentlich gelesen und deshalb sollten wir alle uns einfach immer gut überlegen, ob wir etwas wirklich machen sollten oder ob es vielleicht auch ohne geht. Das ist für mich keine Frage von Zensur und Einschränkung, sondern einfach von Rücksicht. Aber ja, das ist nur meine Meinung und natürlich kann das jeder selbst entscheiden.

(Ich habe hier jetzt übrigens auch schon öfter wieder das Argument gelesen, dass man selbst von Mobbing betroffen war, darüber hinweggekommen ist und kein Problem mehr mit solchen Ausdrücken hat. Das finde ich ganz toll, ich freue mich für jeden, der lernt darüber hinwegzukommen und damit umzugehen. Aber vergesst nicht, dass das nicht jedem Leser so leicht fällt. Und besonders, wenn man selbst noch weiß, wie sich so etwas angefühlt hat, kann man doch nachvollziehen, wie es sich für viele Leser noch anfühlen muss. Nur, weil man sich selbst mittlerweile einen Fallschirm angeschafft hat, stößt man andere ja auch nicht von der Klippe und erwartet, dass sie sich dabei nicht verletzen. Und mit diesem mal wieder total gelungenen Vergleich höre ich dann auf, es ist schon wieder so viel geworden.)

EDIT: Timmy hat das jetzt nochmal gut erläutert, wie ich das auch handhaben würde. Wenn etwas im Buch wirklich ein Thema ist und ausreichend behandelt wird, dann geht das. Dann weiß ich das ja auch, bevor ich anfange das Buch zu lesen, denke ich, und kann mich drauf einstellen. Wenn es aber nur mal eben so benutzt würde, dann nicht. Eigentlich ganz einfach.  :)
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 28. Oktober 2014, 15:26:23
Zitat von: Kati am 28. Oktober 2014, 15:00:41
(Ich habe hier jetzt übrigens auch schon öfter wieder das Argument gelesen, dass man selbst von Mobbing betroffen war, darüber hinweggekommen ist und kein Problem mehr mit solchen Ausdrücken hat. Das finde ich ganz toll, ich freue mich für jeden, der lernt darüber hinwegzukommen und damit umzugehen. Aber vergesst nicht, dass das nicht jedem Leser so leicht fällt. Und besonders, wenn man selbst noch weiß, wie sich so etwas angefühlt hat, kann man doch nachvollziehen, wie es sich für viele Leser noch anfühlen muss. Nur, weil man sich selbst mittlerweile einen Fallschirm angeschafft hat, stößt man andere ja auch nicht von der Klippe und erwartet, dass sie sich dabei nicht verletzen. Und mit diesem mal wieder total gelungenen Vergleich höre ich dann auf, es ist schon wieder so viel geworden.)
Nein, mit diesem Argument soll nicht eklärt werden, dass man genau diese Haltung von jedem anderen auch erwartet. Ich glaube, dass du getrost annehmen kannst, dass gerade unter uns Schriftstellern ein höheres Maß an Einfühlsamkeit in verschiedenste Charaktere/Persönlichkeiten herrscht.
Allerdings: Ich habe nicht das Gefühl, dass eine Meinung wie die meine von dir angenommen wird. Mehr noch, ich fühle mich ein wenig angegriffen. Um zu zeigen, dass auch ich mit meiner Meinung enst genomme werden möchte, habe ich an gemeinsame Erfahrungen appelliert(was nicht funktioniert hat). Ich weiß nicht, wie das bei anderen aussieht ;)
Aber ich fühle mich bei solchen Diskussionen recht hilflos, da ich wie gesagt nicht das Gefühl habe, dass meine (oder die von Leuten mit gleicher/Ähnlicher) Meinung ernst genommen wird. Das ist bei diesem Thema so und auch beim Thema Homosexualität.
Dass diese beiden Themen heikle Themen sind: Da brauchen wir denke ich nicht drüber zu diskutieren. Dass Leute getriggert werden können (ob von Kerkern, Foltern - wozu es hier auch etliche Threads gibt - oder Hasen) - das ist ebenfalls ein Fakt. Doch welche stilistischen Mittel man benutzt, welcher "schriftstellerischen Moral" man anhängt - das sind Dinge, die persönlicher Natur sind.
Und ja, ich nehme beide Themen ernst und nein, intolerante/asoziale/verächtliche Äußerungen habe ich zumindest hier noch nicht gelesen.

PS: Manche Leute werden davon getriggert, dass der Protagonist im Kerker sitzt. Mancher wird getriggert, wenn der Protagonist belästigt wird.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 15:42:15
Guddy, natürlich nehme ich deine Meinung an. Ich muss dir doch aber nicht zustimmen. Ich sage eben genau wie du meine Meinung. Wir werden uns hier wie in vielen anderen Dingen nicht einig werden, aber das heißt nicht, dass ich deine Meinung nicht akzeptiere. Ich weiß nicht, woher du die Annahme nimmst, ich würde dich nicht ernst nehmen. Weil ich nicht zustimme? Weil ich nicht auf alles eingehe, das du sagst? Du wirst mich nicht umstimmen und ich werde dich nicht umstimmen und das ist völlig okay und wir können beide unsere Meinungen zu Themen sagen ohne, dass das bedeutet, dass wir uns gegenseitig nicht ernst nehmen.  ??? Ich weiß ehrlich nicht, wieso du dich deshalb hilflos fühlst und wie du auf die Idee kommst, nur, weil jemand deine Meinung kritisiert oder seine eigene, gegensätzliche Meinung auch äußert, würdest du nicht ernst genommen werden. So funktionieren Diskussionen doch, wenn sich alle immer einig wären, bräuchten wir gar keine Threads mehr aufmachen.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 28. Oktober 2014, 15:44:26
PM.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 15:52:41
Ich unterstelle dir und niemandem sonst hier unreflektiertes Verhalten, wie ich jetzt denke ich mehrmals deutlich gemacht habe. Ich habe dich nicht persönlich gemeint, Guddy, ich habe dich nicht einmal angesprochen und in meinem letzten Post noch einmal klar gemacht, dass ich generell über Reflexion gesprochen habe und nicht in Bezug auf die Leute hier, die andere Meinungen geäußert haben. Und ich ziehe nicht her. Ich habe auf Twitter meine Meinung dazu gesagt, wenn Leute ihr Recht auf diskriminierende Sprache über das Recht von Menschen stellen, nicht diskriminiert zu werden. Der Thread hier war ein Anreiz für meine Tweets, aber keiner von meinen Tweets zielt auf irgendjemanden ab, der hier eine Meinung vertreten hat. Ich lese etwas, das mich nachdenklich stimmt und dann schreibe ich auf Twitter oder Tumblr oder auf meinen privaten Blogs meine Meinung dazu. Aber ich ziehe über niemanden aus dem Forum her. Die Meinungen hier haben mich nachdenklich gemacht und ich habe allgemein dazu ein paar Tweets geschrieben. Du musst dich davon überhaupt nicht angesprochen fühlen. Wenn ich jemandem etwas zu sagen habe, dann sage ich es der Person. Wenn ich allgemein etwas sagen möchte, dann tue ich das. Und wenn du das auf dich und deine Aussagen münzen möchtest, dann kann ich dich nicht abhalten, aber es besteht überhaupt kein Grund dazu.

EDIT: Und jetzt den ganzen Text hier zu löschen führt auch zu nichts. Du hättest das stehen lassen können. Ich stehe dazu, was ich hier und auf Twitter geschrieben habe, weil nichts davon ein direkter Angriff gegen dich oder irgendwen sonst aus dem Forum ist. Wir können den Rest gern per PM klären, das gehört hier nicht her, aber ich finde nicht so toll, dass du deine Posts hier einfach löschst.

EDIT II: Und bloß, falls sich noch jemand wundert. Meine Tweets spielen auch auf diese hier (http://malindalo.tumblr.com/post/99930881752/i-went-on-a-bit-of-a-twitter-rant-yesterday-after) von Malina Lo an, die sich vor ein paar Tagen erst Gedanken dazu gemacht hat, wieso Diversität unrealistisch sein sollte. Ich habe dann selbst ein paar Tweets zu diesen Themen geschrieben und zu der willkürlichen Verwendung des Wortes "realistisch", aber das hatte nur halb was mit diesem Thread hier zu tun. Ich lese nicht nur im Forum Dinge, über die ich nachdenke. Und jetzt bitte zurück zur eigentlichen Diskussion.  :versteck:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Mondfräulein am 28. Oktober 2014, 16:02:51
Zitat von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
Diskriminierende Beleidigungen aus political correctness zu vermeiden, wäre das nicht eine Art Augenverschließen gegen existierende Diskriminierungen? Es ist ja nicht gesagt, dass die beleidigte Figur in der Geschichte das so hinnehmen muss, es könnte z.B. Auslöser für eine Diskussion über die Thematik sein oder die beleidigte Figur weiß sich clever zur Wehr zu setzen, sodass der Beleidigende dumm da steht. Es kann aber auch einfach so stehen bleiben, wenn die Szene das verlangt.

Political correctness ist erstmal ehrlich gesagt ein furchtbares Wort. Ich weiß auch überhaupt nicht, was damit gemeint sein soll. Es geht lediglich darum, die Erfahrungen von insbesondere Minderheiten mit Diskriminierung ernst zu nehmen und darauf Rücksicht zu nehmen. Es geht darum, mit seinen Büchern nicht selbst noch weiter zu diskriminieren. Natürlich können rassistische Beleidigungen in einem Buch vorkommen, das sich mit Rassismus beschäftigt. Ich kann 12 years a Slave nicht drehen, ohne rassistische Dinge zu zeigen. Aber das ist auch ein Film der sich explizit mit diesem Thema beschäftigt. Es ist etwas anderes, wenn ich beispielsweise Shopaholic 3 drehe und in einer Mini-Szene wirft eine böse Figur mit einem rassistischen Schimpfwort um sich und die Heldin guckt eine Sekunde böse. Das ist unnötig. Ich halte nichts davon, etwas einfach so stehen zu lassen. Dann muss es auch nicht rein. Und wenn es trotzdem drin bleiben muss und nicht thematisiert werden kann, sollte ich die Botschaft meines Buches überdenken.

Niemand spricht davon, dass 12 years a Slave so tun soll, als würde es keinen Rassismus geben. Aber wenn ich nicht Raum für eine vernünftige Auseinandersetzung mit dem Thema habe, dann lasse ich es lieber. Diskriminierung ist nichts, was man so nebenbei abhandeln sollte und schon gar nichts, was man als Stilmittel missbrauchen darf. Dafür baut man da zu sehr auf dem realen Leid von Menschen auf. Das wäre einfach respektlos.

Zitat von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
Es tut mir sehr leid, wenn bei diesem Thema schlimme Erinnerungen hochkommen, aber im schlimmsten Falle sollte die betroffene Person die Lektüre dann weglegen. Literatur hat nicht die Pflicht, Lesern entgegenzukommen.

Das sagt sich so einfach. Wenn ich ein Buch über ein Thema lese, von dem ich weiß, dass es mich triggert, bin ich selbst Schuld. Ich kann Klappentexte lesen und dann bestimmte Bücher eben nicht kaufen. Wenn ich allerdings ein Buch lese, in dem es um ein fröhliches Abenteuer auf dem Reiterhof geht, und auf einmal geht es um sexuelle Gewalt, und bestenfalls wird selbige nicht vernünftig thematisiert, sondern nur als Stilmittel eingesetzt, dann fühle ich mich ehrlich gesagt verarscht. Sowas muss nicht sein. Sexuelle Gewalt ist ein Thema, das so bekanntermaßen viele Menschen triggert, dass man sich dessen durchaus bewusst sein kann, wenn man es verarbeitet. Ebenso wie Diskriminierung. Verschiedenen Menschen gehen unterschiedliche Themen nahe und wenn jemand es nicht verkraftet, wenn in Büchern Schokolade gegessen wird, dann kann der Autor das nun wirklich nicht wissen. Aber bei Dingen wie Diskriminierung kann ich durchaus wissen, dass es ein sensibles Thema ist und dann habe ich auch sensibel damit umzugehen. Wie Kati sagt, es geht um Rücksicht. Und das kann man erwarten, finde ich.

Zitat von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
Man kann Autoren nicht vorschreiben, welche Ideologie sie in ihren Geschichten vertreten sollen, das würde zu einer sehr eintönigen Literaturlandschaft führen. Deshalb steht für mich Schreiben erst einmal außerhalb der Moral. (Bei Kinderbüchern ist das noch etwas anderes, bei Jugendbüchern, denke ich, auch, weil sie doch häufig einen pädagogischen Anspruch haben.)

Ich verstehe nicht, wie man sagen kann, dass Bücher außerhalb der Moral stehen. Moral ist etwas, auf das Menschen eigentlich achten sollten, zumindest auf grundsätzliche Regeln. Warum stehen Bücher da auf einmal außerhalb? Warum darf ich, auf gut Detusch gesagt, ein Arschloch sein, wenn ich Bücher schreibe, da ist alles okay, aber sonst nicht? Ich meine nicht, dass sich alle Charaktere in meinen Büchern immer moralisch verhalten dürfen. Das will ich nicht sagen. Ich sage auch nicht, dass ich mit meinen Büchern immer die Moralkeule schwingen muss. Bücher können auch durchaus interessante Diskussionen aufwerfen. Aber ich bin als Autorin immer noch verantwortlich für die Botschaften, die ich mit meinen Büchern sende. Und wenn mein Buch beim Leser den Eindruck hinterlässt, dass Homosexualität eine miese Sache ist, dann steht mein Buch nicht außerhalb der Moral, dann bin ich immer noch ein Arschloch. Und dafür muss ich das nicht Schwarz auf Weiß reinschreiben, da reichen die falschen Worte zur falschen Zeit ohne Reflexion.

Zitat von: absinthefreund am 28. Oktober 2014, 14:06:32
Es gibt sicherlich Autoren, denen es Spaß macht, ihre Figuren fertig zu machen, vielleicht weil sie ihre sadistische Seite oder ihre Misogynie/Homophobie ausleben wollen, aber ich denke, der gesunde Menschenverstand kann gute Erzählungen von Müll unterscheiden, deshalb werden solche Geschichten auch nicht von seriösen Verlagen publiziert. Solche Leute kann ich nicht als Autoren ernst nehmen und will sie nicht auf die gleiche Stufe mit den für die Literaturwelt relevanten Autoren stellen.

Ich bin da ehrlich gesagt nicht deiner Meinung. Ich kann dir einige Bücher nennen, die eklige Botschaften haben und trotzdem verlegt wurden. Akif Pirinçci wurde verlegt, ich denke, das sagt alles, oder? Ich bin leider zu ernüchtert, um daran zu glauben, dass die Lese sich schon selbst zusammen reimen werden, dass das so nicht in Ordnung ist, was da steht. Auch im Bezug auf problematische Autoren der Literaturgeschichte. Ich denke, dass nicht alle so weit gehen und sagen werden, dass da zwar manche Dinge problematisch sind, sie die Werke aber unter anderen Gesichtspunkten noch mögen. Ich merke immer wieder, wie Fans, wenn es um Diskussionen um Bücher, Serien oder Filme geht, anfangen, das problematische Verhalten ihrer Lieblingsfiguren zu rechtfertigen. Etwas zu mögen, auch wenn man sieht, dass es problematisch ist, ist schwierig. Ich bin froh, dass du so weit gehen kannst, denn das ist eine gesunde Meinung, aber viele können es leider nicht.

(Ich hoffe, ich habe dich jetzt nicht angegriffen oder so. Ich bin nur nicht deiner Meinung, aber ich will dich keinesfalls persönlich angreifen. Ich hoffe, das wird klar. :))

@Timmytoby: Ich finde deine Meinung da wirklich bemerkenswert reflektiert und du weißt nicht, wie sehr es mich freut, zu wissen, dass es da draußen auch noch vernünftige Menschen gibt. :jau: Ich selbst würde mich auch nicht trauen, homophobe Beleidigungen in meinen Romanen unterzubringen, weil es nicht an mir ist, das zu bewerten. Ich wollte nur mal loswerden, dass mich das sehr freut.

@Kati: Ich kann dir nur zustimmen. Du bringst das mal wieder besser auf den Punkt als ich.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 16:12:08
Nochmal ganz kurz zu Hemingway: Der wird doch wirklich stark romantisiert. Ganz viele Leute sehen Hemingway nur als Wortführer der Lost Generation, als tragisch-romantische Persönlichkeit, seine Bücher als Erleuchtung. Ich sehe von "ganz normalen" Lesern wenig Diskurs über seinen Sexismus, das passiert alles auf ganz anderen Ebenen. Oder auch "Lolita" von Nabokov. Nabokov hat mal gesagt, er bereut es, das Buch geschrieben zu haben, weil niemand seine eigentliche Message versteht: Dass der Protagonist ein Widerling ist, der seine 12-jährige Stieftochter missbraucht. Viele Menschen lesen "Lolita" aber als romantische Liebesgeschichte. Allein deshalb kann man einfach nicht davon ausgehen, dass die Leser schon selbst merken, was okay ist und was nicht und das kann man auch nicht erwarten. Die Leute brauchen Denkanstöße, brauchen wir alle, wenn wir uns mit einem Thema noch gar nicht beschäftigt haben. Das ist doch normal.

Und jetzt vielleicht doch zurück zu Timmys eigentlicher Fragestellung? Es tut mir sehr Leid, dass das gerade ein bisschen eskaliert ist, aber ich wollte gern richtig stellen, was genau passiert ist, weil Guddy sich angegriffen gefühlt hat. Der Rest wird aber privat geklärt.  :versteck:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Lothen am 28. Oktober 2014, 16:24:55
Also ich merke an dieser Diskussion, dass ich mir beim Schreiben nicht halb so viele Gedanken über manche Dinge mache wie andere - und ich muss ehrlich zugeben, das will ich auch nicht. Ich schreibe gerne brutal - und dazu stehe ich auch. Wenn in einem Roman Mord, Totschlag, Sex, Drugs und Rock'n Roll vorkommt, fände ich es doch etwas kindisch, Beleidigungen zu streichen, weil sie jemanden verletzen könnten. Ich würde ja auch nicht "Feuchtgebiete" lesen und mich dann wundern, warum Sex drin vorkommt ;)

Insofern, um zu Timmytobys Ausgangspost zurückzukommen: In einem Roman über Homosexualität und darüber, dass jemand seine sexuelle Identität sucht und vom homosexuellen Lebensstil verunsichert ist (hab ich das richtig verstanden?  :versteck: ), würde ich durchaus erwarten, dass sich der Prota auch mit Diskriminierung auseinandersetzen muss - außer, man will dieses Thema tatsächlich ganz bewusst ausklammern.

Klar - plötzlich brutale Geschütze aufzufahren, die nicht zum restlichen Thema des Romans passen (wie Mondfräulein das glaub ich beschrieben hat), ist seltsam und sicher ist es wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, wie das, was man schreibt beim Lesen ankommt. Aber mal ehrlich - niemand, der ernsthaft schreibt, setzt ein Stilmittel unreflektiert ein. Unreflektiert hieße ja, ich haue meine Finger irgendwie auf die Tasten und am Ende ist mir egal, was dabei rauskommt. Mal ehrlich, so geht doch keiner von uns vor ;)

Ich denke, eine Beleidigung (egal ob sie jetzt sexistisch, homophob, rassistisch oder sonst irgendwie motiviert ist), hat IMMER eine Funktion und davon gibt es vermutlich hunderte.


Und so weiter, die Liste könnte man wohl noch beliebig erweitern. Ich muss sagen, ich finde jeder dieser Optionen legitim und keiner davon ist in meinen Augen "unreflektiert".

ZitatAber, wenn ich einen Fantasyroman lese über eine Dämonenjägerin, dann erwarte ich nicht, dass jemand sie diskriminiert.
Hm, das verstehe ich nicht ganz. Wenn diese Dämonenjägerin in einer frauenfeindlichen Welt lebt, in der sie sich behaupten muss, wenn sie mit einem Widersacher zusammentrifft, der versucht, sie auf emotionaler Ebene zu verlezten oder, oder, oder dann fände ich das SEHR passend. Und dann würde ich das auch genauso lesen wollen und fände es dann eher scheinheilig, auf Beleidigungen zu verzichten.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 16:34:06
Lothen, alle haben gesagt, dass es auf die Art des Buches ankommt und, dass es Bücher gibt, in denen es anders eben nicht geht, zum Beispiel Issue Books. Um mal ein reales Beispiel zu geben: Geography Club von Brent Hartinger. Sehr gutes Buch, wenn es um Homophobie und Biphobie geht, denn das Buch handelt von ein paar Jugendlichen, die an ihrer sehr feindlich eingestellten Schule einen Club für LGBTQ-Jugendliche aufmachen - und so tun, als wäre es ein Geographieclub. Da kommen durchaus homophobe Beleidigungen vor. Aber der Rahmen, das sinnvoll zu erläutern und zu behandeln ist bei so einem Buch gegeben und der Autor macht das gut. Wieso habe ich dem Buch trotzdem nur zwei Sterne gegeben? Weil der Held, ein schwuler Junge, die Freundin seines besten Freundes ständig als "slut", "bitch" und "skimpy" bezeichnet. Und das musste überhaupt nicht sein. Es wird auch nicht weiter behandelt. Er nennt sie halt so und findet das auch nicht falsch. Wie der Autor darüber denkt weiß ich nicht, aber es wird so dargestellt, als wäre es völlig okay, dieses Mädchen so zu nennen. Und so etwas ist nicht in Ordnung. Das Buch macht interessanterweise beides: Einmal macht es das alles sehr gut, was die Homophobie angeht, und andererseits sehr, sehr schlecht, wenn es um Misogynie geht und ich glaube, das ist auch genau das, was Timmytoby eigentlich meinte und da finde ich seine Herangehensweise sehr gut:

Zitat von: TimmytobyWeil das Thema Sexismus und Misogynie nicht Teil des Buchs ist, habe ich das alles jetzt einfach rausgenommen.
Das Thema mit der Homosexualität kommt aber auch sonst im Buch vor und spielt in der entsprechenden Szene eine entscheidende plotrelevante Rolle. Also lass ich die homophoben Beleidigungen drin (ich hab sie aber auch nochmal in der Häufigkeit etwas reduziert).
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Lothen am 28. Oktober 2014, 16:48:30
Zitat von: Kati am 28. Oktober 2014, 16:34:06
Weil der Held, ein schwuler Junge, die Freundin seines besten Freundes ständig als "slut", "bitch" und "skimpy" bezeichnet. Und das musste überhaupt nicht sein. Es wird auch nicht weiter behandelt. Er nennt sie halt so und findet das auch nicht falsch. Wie der Autor darüber denkt weiß ich nicht, aber es wird so dargestellt, als wäre es völlig okay, dieses Mädchen so zu nennen. Und so etwas ist nicht in Ordnung.
Okay, das ist tatsächlich seltsam :o Da war meine Annahme, dass sich Leute über so was schon Gedanken machen, wenn sie es schreiben, wohl doch zu naiv ... Schade!

Den Post von Timmytoby hatte ich wohl übersehen, mein Fehler - aber ich denke, wenn er sich schon so viele Gedanken zum Thema macht, wäre sicher auch eine sexistische Beleidigung nicht so leer im Raum stehen geblieben, wie das in deinem Beispiel der Fall war.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 28. Oktober 2014, 16:50:44
Jup, so unreflektiert im Raum stehende Beleidigungen stoßen mir auch sauer auf. Wobei es mMn absolut nicht das Thema des ganzen Romans einnehmen muss.  Aber das ist wieder eine andere Frage.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Mondfräulein am 28. Oktober 2014, 16:54:57
Zitat von: Guddy am 28. Oktober 2014, 16:50:44
Jup, so unreflektiert im Raum stehende Beleidigungen stoßen mir auch sauer auf. Wobei es mMn absolut nicht das Thema des ganzen Romans einnehmen muss.  Aber das ist wieder eine andere Frage.

Es hat niemand gesgat, das es Thema des ganzen Romanes sein muss. Aber es benötigt schon ein "Das ist nicht okay, weil..." oder so und kein "Die werden schon merken, dass das nicht okay ist, gehe ich mal nicht weiter drauf ein". Thematisiert heißt ja nicht Hauptthema.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Guddy am 28. Oktober 2014, 17:01:29
Zitat von: Mondfräulein am 28. Oktober 2014, 16:54:57
Es hat niemand gesgat, das es Thema des ganzen Romanes sein muss. Aber es benötigt schon ein "Das ist nicht okay, weil..." oder so und kein "Die werden schon merken, dass das nicht okay ist, gehe ich mal nicht weiter drauf ein". Thematisiert heißt ja nicht Hauptthema.
Öhm, ja ... das sagen wir ja seit einigen Beiträgen bzw. von beginn an ...  ???
Mir ging es da nur um das Hauptthema als Ergänzung zu Katis Beitrag, nicht mehr, nicht weniger :)
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 28. Oktober 2014, 17:56:54
Hey, da bin ich mal wieder reichlich spät dran mit meinem Senf, aber ich denke dennoch er ist noch angebracht.

Zitat
Und ein kleiner Nachtrag zum letzten Mal. Ich wollte eigentlich nichts mehr schreiben, weil die Diskussion sich abgekühlt hatte, als ich nach Hause kam, aber dann eben doch noch kurz, weil mein "unreflektiert" wieder aufgekommen ist. Wie ich in dem Post auch gesagt hatte, meine ich niemanden hier persönlich.
Das mag sein, allerdings muss ich hier ganz kurz einwenden, dass es nicht sehr verwunderlich ist, wenn sich Diskussionsteilnehmer trotz deiner ausdrücklichen Aussage, es nicht persönlich zu meinen, persönlich angesprochen fühlen, wenn du Teile ihres Postings verwendest, um deine Argumente zu stützen. Wenn du also beispielsweise schreibst:
ZitatWenn jetzt die Figuren, die ich sehe, noch nach Strich und Faden aufgrund ihrer Herkunft beleidigt werden, dann bin ich nicht ,,pikiert".
udn das pikiert auch noch in Anführungszeichen setzt, dann kann ich nicht umhin das als direkte Anspielung auf mein
ZitatIch als Leser begrüße es, wenn man sein Buch nicht zensiert, weil ich die Worte mich pikieren könnten
anzusehen und mich damit natürlich persönlich angesprochen zu fühlen, immerhin hast du damit direkt und sogar mit Zitat auf meinen Beitrag geantwortet. Wenn du nicht möchtest, das jemand deinen Beitrag als direkte Reaktion auf seinen versteht, würde ich dir raten, solche Zitate nicht zu benutzen (zumal ich das in dem Zusammenhang auch ein wenig merkwürdig verwendet empfunden habe, da ich niemandem vorgeworfen habe, pikiert auf so etwas zu reagieren, sondern einfach nur das Statement gemacht habe, das ich persönlich lieber konfrontiert werde, als das mir aus Angst vor Anstoß Dinge vorenthalten werden und ich habe das Wort pikiert leicht selbstironisch und ausschließlich auf mich selbst bezogen genutzt - deswegen war das ja ein persönlicher Satz - aber das ist eine ganz ganz andere Geschichte und kann privat oder gar nicht geklärt werden, ich hab mit ihr kein Problem, sie bedarf meienr Meinung nach also auch keiner Klärung).
Das ist jetzt kein Vorwurf, nur eine Erklärung, weil du dich ja zu wundern scheinst, warum sich einige hier angesprochen gefühlt haben - wie gesagt, es liegt denke ich daran dass du sie quasi zitiert hast - das hast du nicht nur mit mir, sondern mit mehreren getan.

ZitatIch denke, wenn du mit "es muss passen" das meinst, was ich weiter oben zu Issue Books und ähnlichen Büchern geschrieben habe, dann war es einfach ein Missverständnis. In diesem Rahmen ist es für mich in Ordnung und muss sogar sein, weil das Buch das Problem zum Thema macht. Aber zum Beispiel reicht als Grund für mich nicht aus, dass die Figur einfach so ist und es ein Teil der Charakterisierung darstellt, sie diskriminieren zu lassen, wenn ich als Autor dann nicht wirklich den Aufwand betreibe, darzustellen, dass das nicht okay ist.
Nun, ich habe ja ausgeführt, das "es muss passen" heißt, es muss zu allem passen. Und alles muss zu allem passen. Dementsprechend reicht für mich die Begründung: Es passt zu seinem Charakter durchaus aus. Warum? Nun, was muss dafür ein Charakter sein? Ein frauen/schwulenfeindlicher. Und wenn alles zueinander passt dann würde ich eben auch niemals, niemals, niemals einfach weil es "cool" ist oder weil ich finde dass das Spaß macht einen schwulenfeindlichen Charakter haben. Sondern dieser ist dann in den Plot eingebunden. Und wenn ich einen Plot schreibe, in dem ein schwulenfeindlicher Charakter eine Rolle spielt und zwar natürlich eine plottragende sonst wäre diese Charaktereigenschaft ja nciht wichtig und unnötig und gehört gestrichen weil sie nur aus Jucks da ist - nun, dann habe ich einen Plot, der nicht zwangsläufig zu einem Issue Book gehören muss, aber doch zumindest diese Sache anspricht und problematisiert. So meinte ich das - und dementsprechen heißt: Es muss alles passen eben auch genau das. Es muss ALLES passen. Und das heißt, das absolut gar nichts unreflektiert eingebracht wird oder nur aus Spaß an der Freude existiert. Ich kann also daher nicht unbedingt sagen, dass ich dir bezüglich Issue Books zustimme, weil ich Issue Books allgemein eher wenig leiden kann, weil sie mir zu aufgesetzt wirken und ich eher ein Freund bin, so etwas eben ganz dezent in normalen Büchern zu thematisieren, wie es eben auch mehr oder weniger dezent in normalen Leben vorkommt. Aber ich kann sagen, dass wir letztlich ins gleiche Horn stoßen, nur eben mit anderen Grundvoraussetzungen, wie Malinche es so schön angedeutet hat: Mich interessiert das Handwerkliche: Wie kann man es machen, wann kann man es machen und worauf muss man achten. Und zwar vor allem aus dem Grund, dass ich die moralische Seite ehrlich gesagt für selbstverständlich erachte. Ich würde eine solche Frage wie hier gestellt niemals so verstehen, dass da jemand wirklich unreflektiert schwulen/frauenfeindliches einfach so stehen lassen will - ich finde es eben ein wenig schade, dass das sofort unterstellt wird. Mag ja sein dass das so selten im Realleben nicht vorkommt, mag ja sein dass es Filme und Bücher gibt, die so etwas bedenkenlos tun. Aber ich denke gleichzeitig auch, dass die allermeisten Zirkler reflektiert genug sind, darüber nachzudenekn, weswegen ich es wie gesagt schade finde, das im Zirkel gleich von der negativen Seite ausgegangen wird - letztlich sagst du jetzt ja auch, dass dir es unter einer gewissen Verwendung gar nciht so ein übles Verbot ist, sondern wenn es themattsiert wird, in Ordnung ist. So klangen aber deine ersten Postings nicht. Das klang eben nach strengstem Verbot unter allen Umständen. Und das wiederum ist mir dann eben einfach nicht genug, zumal ich ein volles Verbot wie gesagt auch für gefährlich halte, weil dann eben diese Dinge in der Kunst nicht mehr diskutiert werden und somit auch aus dem Bewusstsein verschwinden. Das ist wiederum für mich eine Sache der Moral - dafür sorgen zu wollen, das genau das nicht passiert.

ZitatIch hätte "unsere" sagen sollen. Unsere Bücher werden hoffentlich gelesen und deshalb sollten wir alle uns einfach immer gut überlegen, ob wir etwas wirklich machen sollten oder ob es vielleicht auch ohne geht.
Ja, mit "unsere" wäre es bei mir besser angekommen, zumal du ein Statement formuliert hattest, was bei mir ankam wie: Oh Gott, mir tun deine Leser leid, dass du ihnen so eine Tortur zumutest." So hast du es nicht gemeint und das wusste ich. Aber es war schwer, es nicht so zu verstehen.

Zitatdeshalb sollten wir alle uns einfach immer gut überlegen, ob wir etwas wirklich machen sollten oder ob es vielleicht auch ohne geht. Das ist für mich keine Frage von Zensur und Einschränkung, sondern einfach von Rücksicht. Aber ja, das ist nur meine Meinung und natürlich kann das jeder selbst entscheiden.
Hier sind wir uns beide vollkommen einig - nichts anderes betone ich seit drei Beiträgen und ich habe bezüglich dessen, das man als Autor die Verantwortung hat, nur reflektiert und unter Berücksichtigung solcher Dinge zu schreiben auch nie die Worte Zensur oder Einschränkung benutzt. Lediglich im Zusammenhang damit, diese Worte generell und in jedem Fall zu streichen und unter keinen Umständen zu benutzen.


ZitatIch habe hier jetzt übrigens auch schon öfter wieder das Argument gelesen, dass man selbst von Mobbing betroffen war, darüber hinweggekommen ist und kein Problem mehr mit solchen Ausdrücken hat. Das finde ich ganz toll, ich freue mich für jeden, der lernt darüber hinwegzukommen und damit umzugehen. Aber vergesst nicht, dass das nicht jedem Leser so leicht fällt. Und besonders, wenn man selbst noch weiß, wie sich so etwas angefühlt hat, kann man doch nachvollziehen, wie es sich für viele Leser noch anfühlen muss. Nur, weil man sich selbst mittlerweile einen Fallschirm angeschafft hat, stößt man andere ja auch nicht von der Klippe und erwartet, dass sie sich dabei nicht verletzen. Und mit diesem mal wieder total gelungenen Vergleich höre ich dann auf, es ist schon wieder so viel geworden.
Oh, ich erwarte von absolut niemandem, dass er so gefasst mit heiklen Themen, die er selbst erlebt hat, umgeht wie ich. Mein Hinweis darauf bezog sich nur auf eine kleine Sache: Ich kann den Schluss "jemand, der etwas erlebt hat, reagiert automatisch empfindlicher" und vor allem den Umkehrschluss "jemand, der nicht empfindlich reagiert, hat etwas nicht erlebt" absolut nicht ausstehen. Du bittest um Akzeptanz, dass es Menschen gibt, die sensibler reagieren - habe ich, hatte ich schon immer und ich werde auch immer bei den ersten sein, die versuchen jenen Hilfe anzubieten, die in ähnlichen Situationen stecken wie ich einmal steckte und noch nicht so gut damit klar kommen. Aber ich bitte auch um Akzeptanz der anderen Art: Erkennt bitte an, dass man nicht sensibel reagieren MUSS, wenn man persönliche Erfahrungen hat - und erkennt diese Erfahrungen als gleichwertig an. Das wird nämlich selten getan. Menschen setzen emotionale Reaktion und die Itensität der Erfahrung gleich und das ist für mich etwas, das ich nicht stehen lassen kann. Darauf, nur darauf, zu zeigen, dass man da auf einer gleichwertigen Ebene spricht, ging es mri mit diesem Posting. Ich fühle mich nämlich ausgegrenzt, wenn man mir zu verstehen gibt, nur wer stark genug emotional reagiert, könne persönliche Erfahrungen haben. Mit großer Wahrhscienlichkeit war das entsprechende Posting gar nicht so gemeint. Aber es gibt sehr viele Postings oder Aussagen dieser Art, ich begegne ihnen immer wieder - in denen davon ausgegangen wird, jemand könne von etwas gar keine Ahnung haben, weil er ruhig und reflektiert darüber spricht. Und ich wollte einfach nur ganz kurz aufblitzen lassen, dass das ein Trugschluss ist. Für mich ist diese "Minderbewertung der Gefassten" nämlich auch etwas, das sehr verletzen kann. Um nicht ein anderes Wort in den Mund zu nehmen, von dem ich mir nicht ganz sicher bin, ob es den Sachverhalt wirklich trifft.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 18:31:16
Ich habe doch auch nicht gesagt, dass ich nicht auf eure Beiträge eingehe. Ich habe gesagt, dass ich niemanden persönlich angreife. Du hast etwas geschrieben, über das ich gestolpert bin und darauf habe ich eine Antwort geschrieben. Aber meine Antwort war doch kein Angriff? Ich hatte nur das Gefühl, dass die wirklichen Ausmaße ein wenig runtergespielt werden, wenn man das mit dem Wort "pikiert" ausdrückt und deshalb hatte ich geantwortet. Aber das heißt doch nicht, dass jeder Teil meiner Antwort nur auf dich und deinen Post beschränkt ist. Natürlich greife ich Wörter auf, an denen ich mich stoße. Und, Valaé, ehrlich, ich kann nicht wissen, dass du irgendetwas selbstironisch meinst und du kannst nicht wissen, dass vielleicht bloß ein kleiner Teil meines Postings auf dich bezogen ist und der Rest generell gemeint ist. Das ist halt das Internet. Ich verstehe hier nichts, aber auch gar nichts, als persönlichen Angriff gegen mich, auch nicht die Sachen, die man durchaus so lesen könnte, weil das hier ein Internetforum ist, in dem Leute halbanonym ihre Meinungen austauschen. Und ich würde wirklich gern mal sachlich diskutieren, ohne, dass mir jemand vorwirft, ich würde ihn oder sie angreifen oder lästern. Ich finde nämlich nicht, dass meine Postings in irgendeiner Weise anders sind, als die von euch. Ich vertrete nur eine andere Meinung.

Ich möchte hier auch gar nicht weiter diskutieren, weil wir anfangen uns im Kreis zu drehen und das eskaliert immer. Wir haben beide gesagt, wie wir zu dem Thema stehen. Wir werden uns nicht einig werden. Deine Argumente überzeugen mich nicht und meine überzeugen dich nicht und das ist völlig in Ordnung. Wir haben beide neue Anstöße mitgenommen, über die wir nachdenken können und ich sehe keinen Sinn meine Meinung jetzt noch einmal zu wiederholen. Ich möchte mich nicht streiten. Ich mag einige Leute, die eine andere Meinung haben als ich und deshalb breche ich das von meiner Seite aus hier ab, ich möchte nicht, dass sich das wieder hochschaukelt. Ich mag mir nicht sagen lassen, ich hätte etwas unterstellt, wenn ich in jedem Posting zehn Mal sage, dass ich das gerade nicht will und trotzdem wird es so verstanden, und ich habe auch in keinem Posting gesagt, dass das alles absolut immer verboten ist. Ich gebe mir wirklich größte Mühe sachlich und freundlich zu diskutieren und ich denke, in den letzten Monaten gelingt mir das auch, aber ich muss mir trotzdem noch vorwerfen lassen, ich hätte jemanden persönlich angegriffen und ich würde Leute nicht ernst nehmen. Ich habe auch schon mehrmals gesagt, dass das für mich jetzt hier gegessen ist und Leute, die mir dazu noch etwas zu sagen haben, mir eine PM schreiben können, weil das hier total an Timmytobys Frage vorbeigeht. Ich merke es halt gerade wieder, dass du das Wort "Verbot" benutzt, nachdem ich gefühlt hundert Mal gesagt habe, dass es mir darum auf keinen Fall geht. Wir müssen doch echt nichts diskutieren, wo gar kein Konflikt ist.

ZitatIch kann den Schluss "jemand, der etwas erlebt hat, reagiert automatisch empfindlicher" und vor allem den Umkehrschluss "jemand, der nicht empfindlich reagiert, hat etwas nicht erlebt" absolut nicht ausstehen.

Dann ist es ja gut, dass ich das überhaupt niemals so gesagt habe. Das ist mir bewusst und ich habe darauf geachtet, klar zu machen, dass VIELE Leser mit solchen Erfahrungen so reagieren, aber nicht alle. Und ich weiß ehrlich nicht, wo jetzt wieder das Problem ist. Du hast Recht, mein Posting war nicht so gemeint, weil ich das nicht mal so geschrieben habe. Aber ja, ich streite mich jetzt nicht darüber. Ich mag dich und deine Geschichten nämlich und ich respektiere deine Meinung. Ich fände es nur schön, wenn ich mich für meine Postings hier nicht immer so sehr rechtfertigen müsste. Du sagst ja, du hast verstanden, wie meine Postings gemeint sind. Dann habe ich sie anscheinend klar genug formuliert, also wieso jetzt das alles? Ich diskutiere meiner Meinung nach auch meist ruhig und reflektiert. Wie andere das auffassen, da habe ich wirklich keine Gewalt drüber, aber ich gebe mir die größte Mühe. Und ich verstehe wirklich, wirklich nicht, wieso ich jetzt wieder einen langen Beitrag über nichts schreiben muss, weil man ja etwas anders verstehen könnte, was du aber wie du selbst sagst, richtig verstanden hast. Wenn ich wollte, könnte ich hier auch sehr viel anders verstehen und auslegen, aber das mache ich nicht. Ich will wirklich nicht streiten. Und ich finde, alles weitere können wir auch per PM klären, weil es wie schon öfter gesagt wurde, hier eigentlich um etwas komplett anderes gehen sollte.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Valaé am 28. Oktober 2014, 18:57:00
Ähm, ok das wird jetzt kurz. Ich kann nicht verstehen, weswegen du meinen letzten Post anscheinend derart als persönlich auf dich gerichtet verstehst und als Angriff? Das war er doch gar nicht. Bittelies ihn noch einmal in Ruhe mit dieser Aussage im Hinterkopf: Weder habe ich mich zu irgendeiner Zeit angegriffen gefühlt noch wollte ich dich zu irgendeiner Zeit angreifen. Auch ich bin an einer sachlichen Diskussion und nicht an mehr interessiert. Und ich hatte das Gefühl, die haben wir auch geführt. Es tut mir leid, wenn mein letzter Post in dir einen anderen Eindruck erweckt hat.
Er war im Übrigen auch zu 90% da, um meine Meinung zu Issue Books zu klären und um noch einmal deutlich zu machen, was ich mit "alles muss passen" genau gemeint habe, da ich das Gefühl nicht loswurde, dass es eben noch nicht ganz klar war. Dementsprechend ist er nicht als Streitpost aufzufassen, der dich persönlich angreifen will, sondern als Beitrag zum Thema und damit nicht Off Topic.

Eine Sache muss ich dann doch auch noch öffentlich klären, den Rest kriegst du privat. Manche Dinge mag ich nur einfach nicht kommentarlos hier stehen lassen:

Zitat
Dann ist es ja gut, dass ich das überhaupt niemals so gesagt habe.
Richtig. Hast du nicht. Hab ich auch nie so verstanden. Habe auch nie behauptet, dass das entsprechende Posting von dir kam. Kam es nämlich nicht - aber von dir kam die Anmerkung, dass wir Rücksicht auf die nehmen sollten, die es nicht so wegstecken mit dem Verweis auf Postings, die sagten, sie haben dieselbe Erfahrung. Da ich ein solches abgegeben habe, wollte ich (öffentlich, weil mir wichtig ist, dass das richtig verstanden wird udn mri dein Post zeigt, das man es falsch verstehen kann) das richtig stellen, wie ich es meinte. Du hast lediglich diese Posts angesprochen, deswegen bist du da mit riengerutscht. Ich habe dir aber nie vorgeworfen, das du mich oder jemand anderen da nicht ernst nehmen würdest, oder gesagt hättest, das irgendwelche Erfahrungen weniger wert seien als andere. Der Post, der in mir diesen Eindruck erweckt hat, kam von jemand anderem und auch bei dem denke ich, dass er anders gemeint war, was aber meinen Wunsch, zu klären wie meine Antwort gemeint war, nicht schmälert.

Und das ist jetzt definitiv der letzte Post von mir in dieser Richtung und der ist wirklich unnötig in diesem Thread und steht nur in keiner PM, weil ein paar Sachen angesprochen wurden, die ich öffentlich so nicht stehen lassen will. Ab jetzt können wir gerne per PM weiterschreiben, wo ich dir auch, wenn du das möchtest, darlege, weswegen mein Post kein Angriff auf dich war.
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Timmytoby am 28. Oktober 2014, 21:17:07
Zitat von: Kati am 28. Oktober 2014, 16:12:08
Und jetzt vielleicht doch zurück zu Timmys eigentlicher Fragestellung? Es tut mir sehr Leid, dass das gerade ein bisschen eskaliert ist, aber ich wollte gern richtig stellen, was genau passiert ist, weil Guddy sich angegriffen gefühlt hat. Der Rest wird aber privat geklärt.  :versteck:

Meine Frage ist eigentlich so weit beantwortet. Muss aber auch mal ehrlich sagen, dass ich die Diskussion sehr interessant fand, die sich daraus entwickelt hat.
Gerade diese beiden Themen - Homophobie und Misogynie - beschäftigen mich in den letzten Monaten sehr und ich gebe da auch gerne offen zu, dass ich mir noch vor einem halben Jahr nicht bewusst war, wieviel Misogynie auch gerade in der Schwulenszene vorherrscht. Und seitdem mir das jemand vor Augen geführt hat, hinterfrage ich nun viele Dinge, die für mich noch im Frühjahr selbstverständlich waren. Wie etwa die weitverbreitete Benutzung von Wörtern für weibliche Genitalien als Schimpfworte für andere Männer in der Szene.
Nur gibt es dann halt den Punkt, an dem man dann soviel hinterfragt, bis man sicher bei überhaupt nichts mehr sicher ist.

Mal ganz von der (meinem Gefühl nach) wachsenden Intoleranz hier in Deutschland.
Vielleicht bilde ich mir das auch nur ein, aber ich habe in den letzten Monaten den Eindruck bekommen, dass sich die deutsche Gesellschaft Stückchen für Stückchen weiter nach rechts bewegt. Wenn ich zum Beispiel Artikel von jemanden wie Birgit Kelle lese, und die Scharen von Fans die sie in der gesamten Bevölkerung hat sehe, dann ist das Ganze für mich ein aktuelleres Thema denn je.  :gähn:
Titel: Re: (Vulgäre) Beleidigungen - Misogynie, Homophobie, etc.
Beitrag von: Kati am 28. Oktober 2014, 23:19:12
Ganz kurz noch, dann bin ich endlich still: Falls noch irgendwelche Reibungspunkte bestehen, kann mir jeder gern eine PM schreiben, dann können wir das klären.  :) Ich habe es lieber, wenn man mir direkt per PM sagt, falls irgendwo was nicht passt, weil wir das dann in Ruhe auseinander klamüsern können, anstatt uns hier am laufenden Band falsch zu verstehen - wie das mit Valaé passiert ist. Ich weiß auch nicht immer, wie das, was ich sage auf andere wirkt und, wenn wirklich irgendetwas ist, ihr könnt mir das einfach sagen. Ich bin eigentlich nett, aber manche Themen gehen mir sehr nahe und ich kann nicht immer einschätzen, ob meine Beiträge so sachlich klingen, wie ich denke.

Timmytoby: Es mag nicht so wirken, aber ich habe aus der Diskussion auch etwas mitgenommen und dafür war es das schon wert.  :) Und an diesen Punkt, an dem man sich bei nichts mehr sicher ist, erinnere ich mich auch, aber irgendwann wird man wieder sicherer.