• Willkommen im Forum „Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum“.
 

Vulgäre Sprache

Begonnen von Artemis, 22. Mai 2008, 18:30:21

« vorheriges - nächstes »

0 Mitglieder und 1 Gast betrachten dieses Thema.

SabrinaQ

Wie gesagt, der Kobold mit dem Arsch treten wurde so geändert, genauso wurde das "Scheiße" in "Verdammt" umgewandelt. Da kann man nichts machen. Lustigerweise durften die "abgeschnittenen Eier" aber drin bleiben.

Es ist schon interessant, wie es jeder anders empfindet. Für mich sind die vielen "Fucks" und "ficken" und "Schwänze" wiederum so bemüht und gekünstelt, dass ich sie nicht ernstnehmen kann. Als stelle sich der Autor hin und schreit ganz laut: "Seht nur, wie Badass der ist." Aber im Grunde kommt es ja auf jedes individuelle Buch an. Entweder es passt, oder es passt nicht. Pauschalieren kann man das Ganze eh nicht.

Pygmalion

@Sabrina: Du sagst nicht scheiße? Dann bist du ziemlich ungewöhnlich, was das betrifft, ich habe in meinem Leben erst einmal eine Person utner 70 getróffen, die nicht scheiße gesagt hat :D Die hat stattdessen Scheibenkleister gesagt, was viel verstörender auf ihre Mitmenschen gewirkt hat, als wenn sie Scheiße gesagt hätte :D
Ich glaube man muss sich nicht unbedingt direkt in der Gosse bewegen, um dauernd mit Scheiße, Fuck, etc. konfrontiert zu werden... Wenn also ein zeitgenössischer Jugendlicher/jüngerer Erwachsener solche Worte nie sagt und stattdessen "Scheibenkleister", wirkt das doch wirklich künstlich, weil es nicht der normalen, alltägliche genutzten Sprache entspricht, die jedem überall begegnet. Das hat dann nichts mit Badass zutun. Aber es kommt sicher auch auf die Frequenz an, da stimme ich dir auch zu;)

Dass wiederum ein Kobold nicht so reden durfte, verwirrt mich etwas... sind Kobolde nicht launische, kleine Plagegeister, die vulgär und anzüglich sind? :)

Leann

Die Sprache muss zum Roman passen. Manchmal muss es einfach vulgär sein. Da nehme ich während des Schreibens keine Rücksicht auf mein eigenes Zartgefühl und auf das der Leser auch nicht. Ich unterscheide da sehr deutlich zwischen mir als Person und meiner privaten Art, zu reden, und mir als Schreiberin. Wenn es nötig ist, und das ist es oft, verlasse ich meine Komfortzone und lasse alle Hemmungen fahren. Es kommt vor, dass ich während der Überarbeitung erschrocken darüber bin, was ich da geschrieben habe. Aber wenn das Thema es verlangt, führt kein Weg daran vorbei. Ich schreibe ja nicht nur über fluffige Kaffeekränzchen bei mir im Wohnzimmer.
Wenn vulgäre Sprache allerdings nur des "Schockeffekts" wegen verwendet wird, finde ich das lächerlich.

Lothen

Zitat von: Leann am 28. April 2014, 12:28:04
Wenn vulgäre Sprache allerdings nur des "Schockeffekts" wegen verwendet wird, finde ich das lächerlich.

Das verliert ja auch irgendwann seinen Effekt - ich meine, wenn man auf jeder zweiten Seite "Schwanz", "ficken" oder "Fotze", liest schockiert es einen auch nicht mehr, es langweilt nur  (ich sag nur: "Feuchtgebiete"...).

Ich denke, man kann vulgäre Sprache einfach sehr gut nutzen, bestimmte Personen zu charakterisieren. Der eine benutzt es ganz selbstverständlich, der oder die andere errötete schon bei einem derben Wort... Das bietet Spielraum, um Personen oder ihre Lebensumstände näher zu beschreiben.

SabrinaQ

@ Pygmalion
Also "Scheibenkleister" finde ich auch sehr merkwürdig. Dass ich nicht "Scheiße" sage, liegt aber nicht daran, dass ich es für so verpönt halte und mir stattdessen ein anderes Wort suche (wie "Scheibenkleister"), sondern dass es einfach nicht in meinem Wortschatz ist. Vielleicht ist es mir zu "hochdeutsch", keine Ahnung  ;D Wenn mir zB. eine Schachtel Eier runterfällt und ich die ganze Sauerei habe, rufe ich eher "Na geh bitte!" oder "Na supa!", und wenn ich ganz sauer bin: "Vadaumt no amoi" ("verdammt nochmal"). Vielleicht liegt es zu sehr an meinem steirischen Dialekt (den ich natürlich in Bücher nicht reinbringen kann - nicht nur einmal hat mir eine Lektorin ein österreichisches Wort gestrichen, bei dem mir gar nicht bewusst war, dass es österreichisch ist und Deutsche es gar nicht verstehen).
Was ich aber sehr oft sage, ist: "Bist du deppat", sowohl im positiven als auch im negativen Sinne. zB. "Bist du deppat, das nenn ich mal ein Auto" (also positiv), oder negativ: "Bist du deppat, wie kann man nur so blöd sein".

Und ja, der Kobold war eigentlich nicht auf den Mund gefallen, aber in dem Roman wurde mir auch die Sexszene gestrichen (obwohl Erwachsenenroman) und stattdessen wird ausgeblendet (er küsst sie und dann wachen sie zusammen auf). Das war damals mein erstes Lektorat und ich nahm noch alle Vorschläge an, eingeschüchtert wie ich war, und ich ließ mich von den Argumenten überzeugen. Heute, wenn ich von etwas überzeugt bin, kämpfe ich auch schon mal dafüf.

Zit

Zitat von: Lothen am 28. April 2014, 12:34:29
Das verliert ja auch irgendwann seinen Effekt - ich meine, wenn man auf jeder zweiten Seite "Schwanz", "ficken" oder "Fotze", liest schockiert es einen auch nicht mehr, es langweilt nur  (ich sag nur: "Feuchtgebiete"...).

Hmm... Schwierig -- vulgäre Sprache äußert sich ja nicht nur in einem Wort. Wenn jemand eine saloppe Sprache pflegt und entsprechend so dahin erzählt, dann benutzt er eine ganze Reihe von solchen Worten. Ich finde es da schwierig die Grenze am einfachen "Abzählen" solcher Wörter fest zu machen. Der Sprecher muss sich ja auch nicht bewusst sein, dass es eben kein Standartdeutsch ist, was er da faselt, da wird er dann auch nicht so unbedingt darauf achten.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Klecks

Zitat von: SabrinaQ am 28. April 2014, 10:45:47Als stelle sich der Autor hin und schreit ganz laut: "Seht nur, wie Badass der ist."

Das gibt es natürlich auch, da hast du Recht.  :hmmm:

Lothen

Zitat von: Zitkalasa am 28. April 2014, 14:14:10
Hmm... Schwierig -- vulgäre Sprache äußert sich ja nicht nur in einem Wort. Wenn jemand eine saloppe Sprache pflegt und entsprechend so dahin erzählt, dann benutzt er eine ganze Reihe von solchen Worten. Ich finde es da schwierig die Grenze am einfachen "Abzählen" solcher Wörter fest zu machen. Der Sprecher muss sich ja auch nicht bewusst sein, dass es eben kein Standartdeutsch ist, was er da faselt, da wird er dann auch nicht so unbedingt darauf achten.

Ja, da geb ich dir recht - wobei es mir, glaub ich, schon schwer fallen würde, ein Werk ernstzunehmen, dass aus 90 % vulgären Schimpfwörtern besteht, selbst wenn es zum Charakter passt. Ich finde, man kann eine derbe Art auch anders zum Ausdruck bringen.

Ich meinte auch eher, dass die Schockwirkung solcher Begriffe nachlässt, wenn man sie übergebühr verwendet - wenn der Sinn aber darin liegt, die saloppe Sprache oder die derbe Art einer Person zum Ausdruck zu bringen, sieht das schon wieder anders aus.

Churke

Zitat von: Lothen am 28. April 2014, 16:24:15
Ja, da geb ich dir recht - wobei es mir, glaub ich, schon schwer fallen würde, ein Werk ernstzunehmen, dass aus 90 % vulgären Schimpfwörtern besteht, selbst wenn es zum Charakter passt.

Gunnery Sergeant R. Lee Ermey alias Sergeant Hartman.

Daher auch der Begriff "Kraftausdrücke".  ;)

Lothen

Der Film war eh nicht so mein Fall ;)  ::)

Patricia

Zitat von: Lothen am 28. April 2014, 12:34:29
Ich denke, man kann vulgäre Sprache einfach sehr gut nutzen, bestimmte Personen zu charakterisieren.

Kürzlich habe ich Stephen Kings "Das Leben und das Schreiben" gelesen. Er plädiert darin für eine authentische Sprache, um die Personen realistisch wirken zu lassen. Die meisten Menschen sagen nun mal "Scheiße!", wenn etwas nicht so läuft wie es soll  (zu denen gehöre ich auch  :D). King wurde deswegen von Anstandswächtern öfter beschuldigt, ein "vulgärer Prolet" zu sein, wie er selbst sagt, aber was soll's: seine Bücher sind eingängig und erfolgreich, also haben ihnen die unflätigen Ausdrücke wohl kaum geschadet.  :)

Wenn allerdings die alte Tante ein Malheur hat, kann seiner Meinung nach "Scheibenhonig" übrigens der treffende Kraftausdruck sein.  :D  Eine meiner Schulkameradinnen hat mich mit diesem Ausruf immer sehr befremdet.  ;)