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Fragezeichen und Rufzeichen

Begonnen von Nikki, 05. Oktober 2020, 00:24:04

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Nikki

ZitatWenn es denn sein muss, würde ich aber !? bevorzugen. In der deutschen Sprache steht beispielsweise in zusammengesetzten Nomen ja das wichtige Nomen, das ausdrückt, um was für eine Sache es sich handelt, immer hinten. (Eine Giftschlange ist eine Schlange und kein Gift). Also sollte bei einer Frage das Fragezeichen hinten stehen. Ganz logisch.

Geniale Argumentation  ;D (eigentlich wollte ich ein Rufzeichen setzen, habe es mir aber nochmal überlegt :P)

Araluen

Mir selbst ist bisher nur ?! über den Weg gelaufen. Auf die andere Variante wäre ich gar nicht gekommen ;) Ich finde, die Verwendung kommt stark aufs Medium an. In Textformen, die vorrangig auf Dialog basieren wie Comics, Drehbücher oder auch Forenbeiträge finde ich die Verwendung durchaus stimmig, da andere Mittel fehlen oder sehr rar gesäht sind, um die Ausdrucksweise zu verdeutlichen. Bei Fließtexten gehöre aber auch ich zu der Fraktion, dass Satzzeichen keine Rudeltiere sind.
Was  Inquits anbelangt: Ich verzichte großteilig auf sie. Entweder stellt die Dialogstruktur von selbst klar, wer gerade spricht und wie oder ich nutze Handlungs- oder Beschreibungseinschübe.
"Haben wir noch Milch?", fragte Tom.
Das ist für mich ein überflüssiges Inquit. Das Fragezeichen macht bereits deutlich, dass hier gefragt wird. Warum also noch einmal darauf hinweisen? Für mich ist das wie ein weißer Schimmel oder eine tote Leiche. Müsste ich an dieser Stelle deutlich machen, dass Tom spricht, sähe das bei mir eher so aus:
"Haben wir noch Milch?" Tom schaute von seinem Einkaufszettel auf und tippte sich mit dem Bleistift ans Kinn.
Das gleiche gilt für Ausrufezeichen. Wenn eines steht, brauche ich kein Iquit mit rufen oder befehlen. Das ergibt sich automatisch aus dem Satzzeichen und/oder der verwendeten Verbform. Ausrufezeichen sähe ich aber auch selten, eigentlich nur bei  Verwendung des Imperativs.

Churke

Zitat von: Siara am 05. Oktober 2020, 23:14:21
Irgendwer sagte mal, in seinen Texten ein Ausrufezeichen zu benutzen sei das Äquivalent dazu, über seinen eignen Witz zu lachen.

Drei klassische Zitate mit Ausrufezeichen:

Hannibal ante portas!
Qualis artifex pereo!
How beauteous mankind is!

Das Ausrufenzeichen markiert die Emotionalität des Sprechenden. Geradezu genial (wenn auch nachgebildet, da die Römer keine Satzzeichen hatten) in "Qualis artifex pereo!", den letzten Worten Neros: "Welch ein Künstler geht mit mir zugrunde!" Das Ausrufezeichen als Kondensat von Selbstmitleid, Größenwahn, Melodramatik und Lächerlichkeit.
Analog dazu sehe ich Rudeltier-Satzzeichen oder !? oder oder oder - sie können Befindlichkeiten des Sprechenden ausdrücken.

Koboldkind

Zitat von: Churke am 06. Oktober 2020, 11:39:50
Analog dazu sehe ich Rudeltier-Satzzeichen oder !? oder oder oder - sie können Befindlichkeiten des Sprechenden ausdrücken.
Darum verwende ich es auch nur bei wörtlicher Rede. Ich bin es über, hinter meine Sätze etwas wie "rief er ungläubig" zu schreiben, was für mich das augeschriebene "!?" ist. Oder "?!" bei einer Frage, da mache ich den Unterschied.
(Ketzerisch: Aaaallerhöchstens in einem Roman mit überaus emotionalen Ich-Erzähler, aber da wird jeder vernünftige Lektor den Rotstifft ansetzen.)
Wer jetzt nicht wahnsinnig wird, muss verrückt sein.

FeeamPC

Und ich hasse es, wenn Autoren ihre Protas rufen oder sogar brüllen lassen, und dann da kein Ausrufezeichen steht. Wofür soll das denn wohl sonst dasein?

Nikki

Was ich auch interessant finde, ist, dass hier scheinbar viele einen gravierenden Unterschied zwischen Comic-/Manga(-Sprechblasen) und direkter Rede in einem Roman sehen? Wenn Interrobangs/!? in einer Sprechblase vorkommen (dürfen), wieso dann nicht auch in wörtlicher Rede? Eine Sprechblase ist nur eine andere graphische Darstellung von Anführungszeichen.

Seid ihr, was Onomatopoetika, also lautmalerische Begriffe, betrifft, ebenso konsequent? Das ist wieder eine Sache, die ich bis jetzt nicht verwende, "hm", "ähm" etc., wenn dann wirklich nur sehr, sehr selten und mir wirklich keine Alternative einfallen will. (Lohnt sich dazu ein eigener Thread? Gibt es den womöglich schon? :buch:)

Churke

Zitat von: Nikki am 15. Oktober 2020, 20:04:19
Eine Sprechblase ist nur eine andere graphische Darstellung von Anführungszeichen.

Ich denke, die Ablehnung beruht a) auf der Regelwidrigkeit und b) auf der Unseriösität. Nun sind Comics per se unseriös. Die dürfen das. ;)

Araluen

ZitatDas ist wieder eine Sache, die ich bis jetzt nicht verwende, "hm", "ähm" etc., wenn dann wirklich nur sehr, sehr selten und mir wirklich keine Alternative einfallen will.
Verwende ich nur sporadisch, sondern beschreibe die Art des Sprechens lieber. Was gar nicht geht für mich sind Lautmalereien wie "Ratsch, der Hosenboden riss."

Im Comic fehlt die Alternative zum Interrobang (gerade gesehen, dass das "echte" Interrobang ein Sonderzeichen mit übereinander gelegten Frage- und Rufzeichen ist). Hier gibt es nur Graphik und wörtliche Rede. Daher kann ich mich hier damit abfinden, schöner wird es dadurch für mich aber nicht ;) Im Fließtext gibt es andere Möglichkeiten, die meiner Meinung nach ausgeschöpft werden sollten, auch wenn in der Kürze des Interrobangs (aber dann vielleicht besser als das Sonderzeichen) ein gewisser Reiz liegt. Aber das ist alles hier rein subjektives Empfingen.

Zit

#23
Ich bin sporadisch meine Comicsammlung durchgegangen, und die Kombi ?! kam eher selten vor. Die Figuren waren da immer sehr/ plötzlich überrascht. Und an sich sehe ich das dann wie Araluen: Weil der beschreibende Text fehlt, müssen solche Sachen in den Sprechblasen mit vermehrten Satzzeichen und/ oder Rudelbuchstaben ("Hiiiiiilfeeee!!") gelöst werden. Auch wenn die Figuren an sich natürlich schon überrascht aussehen oder deutlich in Schwierigkeiten stecken, sind Rudelzeichen da ein sehr graphisches Mittel, das sich beim graphischen Medium anbietet.

Was die andere Frage angeht: Meine Figuren benutzen Interjektionen, aber ich versuche es in Grenzen zu halten. Kommt immer auf den Fluss an. Manchmal ist so ein Hm im Satz der wortlichen Rede besser als die wörtliche Rede zu unterbrechen und zu "tellen", dass die Figur ein Geräusch der Zustimmung von sich gibt oder überlegt, oder oder.

Zitat von: FeeamPC am 15. Oktober 2020, 19:48:35
Und ich hasse es, wenn Autoren ihre Protas rufen oder sogar brüllen lassen, und dann da kein Ausrufezeichen steht. Wofür soll das denn wohl sonst dasein?

Um mit Nachdruck zu sprechen? Ich interpretiere ein Ausrufezeichen nicht immer mit lauten Stimmen oder Rufen. Nicht alles, was ein Ausrufenzeichen hat, ist ein Streit, aber jeder Streit braucht Ausrufezeichen; sozusagen.
"I think therefore I am
getting a headache."
Unbekannt

Curlincess

Also ich finde in wörtlichen Reden die Satzzeichenkombi ?! völlig normal, soweit sie auch passt und nicht zu oft vorkommt. Störend wirds für mich wenn etwas in Großbuchstaben geschrieben ist oder drei Ausrufezeichen hintereinander stehen, das ist übertrieben.

Mal zum Vergleich:
"Was soll das heißen?", schrie sie wütend.
"Was soll das heißen?!", schrie sie wütend.
Das zweite Beispiel wirkt meiner Meinung nach irgendwie lebendiger. Soweit man es sparsam verwendet, ansonsten verliert es an Wirkung und es beginnt tatsächlich zu nerven.  ::)

Maja

Bei deinem Beispiel ist das Interrobang nicht angebracht. Zum einen hast du eine eindeutige, mit Fragewort "Was" gekennzeichnete Frage - die Kombination aus Frage- und Rufzeichen bzw. den Interrobang verwendet man bei ambicalenteren Sätzen, die eben beides sein könnten. Zum anderen verwendest du als Verb "Schreien", womit der Ausrufcharakter des Satzes schon klar betont wird. Die Verwendung von "?!" wirkt da ein bisschen kindisch und unprofessionell und ist in meinen Augen wirklich nur einen halben Schritt von "alles Großbuchstaben" entfernt. Es ist Overkill. Du brauchst das Fragezeichen, weil es eine Frage ist, aber nicht auch noch ein Ausrufezeichen. Wenn du es an der Stelle gerne verwenden möchtest, weil du findest, dass es zur Figur passt oder den Ton der Szene unterstreicht, versuch "Was soll das heißen?" ein bisschen ambivalenter zu fomulieren, dass es ohne ausdrückliches Fragewort auskommt.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Frostschimmer

Also, ich benutze das !? auch ab und zu, immer dann, wenn enorme Aufregung mit einer Frage oder Unglaube kombiniert wird. Allerdings sollte das selten bleiben. Ich finde es einfach passend, wenn man beim Lesen schon vor dem Begleitsatz einen deutlichen Eindruck von der Stimmlage bekommt.
LG
Frostschimmer

Curlincess

@Maja
Vielen Dank! Ja, du hast recht, war nicht gerade ein gutes Beispiel.  :-[ Auf der sicheren Seite ist man auf jeden Fall, wenn man statt den Satzzeichen versucht die Szene besser zu beschreiben.

NatNat

Zitat von: Nikki am 05. Oktober 2020, 00:24:04
Huhu liebes Forum,

ich fürchte, meine Frage gibt es so noch nicht, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ich die einzige Person bin, die "?!" im Manuskript verwendet. Meistens kommt diese Kombination zum Einsatz, um einer Frage an Dringlichkeit zu verleihen oder zu verdeutlichen, dass eine Person eine Frage schreit. Nun ist mir aber eine andere Meinung untergekommen, die die umgekehrte Reihenfolge, nämlich "!?", präferiert.


Ehrlich gesagt finde ich das vollkommen normal. Bei "entsetzten Fragen" mache ich das zum Beispiel auch. Da passt es dann einfach besser.
Sehe ich auch kein Problem bei, hat sich noch keiner beschwert...

Zitat von: Curlincess am 04. August 2021, 23:23:57

Das zweite Beispiel wirkt meiner Meinung nach irgendwie lebendiger. Soweit man es sparsam verwendet, ansonsten verliert es an Wirkung und es beginnt tatsächlich zu nerven.  ::)

Stimme ich dir voll und ganz zu. Denke, das ist Stilsache - solange da kein Lektor rummeckert, sehe ich da keine Probleme bei.