Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 11:08:15

Titel: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 11:08:15
 So.
  In einem anderen Thread kam das Thema auf, dass man ohne Lebenserfahrung keine guten Bücher schreiben kann - Jungspunde wie ich also -  sehr überspitzt formuliert - besser noch ein paar Jährchen abwarten sollten.
  So.
  Was soll ich davon halten? Ich werd in ein paar Monaten 19, ich hab gerade das Abi hinter mir, ich kämpfe um einen Studienplatz. Ich bin extrem jung, mir mangelt es in einigen Bereichen an Lebenserfahrung.
  Naja... jetzt red ich hier erstmal nur für mich, also werft mir nachher keine PAuschalisierung vor.
  Was weiß ich vom Leben? Ich weiß, wie man Kinder hütet, mit ihnen spielt, mit ihnen schimpft - kurz, ich hab einen kelinen Einblick in das Elterndasein bekommen. Keinen großen, aber ich kann mir ausmalen, was meine Mutter mit mir durchhatte.
  Ich hab ernste Kämpfe mit meiner Familie hinter mir, ohne dabei gelernt zu haben, diplomatisch zu streiten - dafür hab ich aber gelernt, dass es Leute gibt, die auf diplomatisches Streiten mit Nichtachtung reagieren.
  Ich wurde in der Schule gemobbt und kenne ein paar menschliche Abgründe. Ich weiß, was Schmerzen sind, und wie die auf Menschen wirken können.
  Ich habe Freunde gefudnen, die mir aufgeholfen haben udn für die ich jetzt genauso Verantwortung trage, wie sie für mich.
  Ich hab ein paar zerbrochene Beziehungen hinter mir und weiß, wie weh es tut verlassen zu werden und wie schwer es ist, jemanden selbst zu verlassen. Gleichzietig weiß ich aber auch, wie extrem beängstigend jemand sein kann, der nicht loslassen will. Und ich bin zu der Überzeugung gekommen, eine wandelnde Beziehungskrise zu sein.
  Wie man eine Beziehung erhält, weiß ich bis heute allerdings noch nciht.
  Dafür weiß ich, wie man Akkordeon spielt, zeichnet, singt, Lieder schreibt - und ich weiß, dass das die Dinge sind, die mcih wirklich ausfüllen und glücklich machen.
  Plus den gganzen Sachen, die man mir im Unterricht beigebracht hat und die mir hin und wieder beim Schreiben nützen.

  Ziemlich viel für eine 19jährige ohne Lebenserfahrung, was? Ich bin vielleicht ein Sonderfall, weil nciht jeder von uns gemobbt oder über Wochen vom Exfreund verfolgt wurde. Aber alles andere - was st das Leben denn anderes als das, was ich bis jetzt aufgezählt habe(und wehe, mir kommt jetzt einer mit Geld)

Andererseits weiß ich eins: ich hab noch viel zu lernen(unter anderem, wie man eine Beziehung NICHT versaut) - wahrscheinlich mehr, als ich in meinem kurzen Leben schaffe.
Aber gut. Ich schreibe heute anders, als ich es noch mit 15 getan hab, weil ich heute mehr Lebensrfahrung hab(das Beziehungsthema kam erst mit 16/17 auf... *Seufz*). Ich denke schon, dass Lebenserfahrung einen Autor verbessern kann. Bleibt die Frage, ob sie es muss.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: lapaloma am 04. Juli 2006, 12:00:18
Zitat von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 11:08:15
So.
  In einem anderen Thread kam das Thema auf, dass man ohne Lebenserfahrung keine guten Bücher schreiben kann - Jungspunde wie ich also -  sehr überspitzt formuliert - besser noch ein paar Jährchen abwarten sollten.


Oh! Hab ich das gesagt? Na, dann muss ich mir selber die Ohren lang ziehen.
Es wäre jammerschade, wenn du ein paar Jährchen mit Schreiben warten würdest.
Allerdings glaube ich, dass du in zwanzig Jahren noch wesentlich besser sein wirst und es würde mich nicht wundern, wenn du es bis in den Autorenhimmel schaffen würdest, denn du schreibst schon heute verdammt gut. Ich freue mich auf jeden Fall darauf, dein nächstes Buch zu lesen.

Was jedoch deine Erfahrung anbelangt, so scheint sie mir nicht aussergewöhnlich, meine Töchter sind etwa gleich weit - nur können die nicht so gut schreiben ;-)

Herzliche Grüsse, Sid
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 12:28:31
Tja... Lebenserfahrung kann aber auch einiges versauen. Ich kann nicht sdo gut Kinder schreiben.
Kinder haben iene ganz unverkrampfte, naive sicht der Dinge... und die geht bei Lebenserfahrung flöten.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Aneirin am 04. Juli 2006, 13:49:42
Hallo,

ich weiß zwar nicht wirklich, wozu dieser Thread gut sein soll, außer als Einladung an die anderen an Jahren jungen Mitglieder dieses Forums, ihre Lebenserfahrungen auszubreiten.

Lebenserfahrungen macht man im Laufe seines Lebens, der eine macht diese, der andere macht jene. Der eine schreibt, der andere nicht, der eine schreibt dieses, der andere jenes und im Laufe werden sich die Themen und die Art zu schreiben verändern. Das wird wohl auch gemeint gewesen sein, mit der Lebenserfahrung und der Erfahrung des Autors.

Ihr könnt jetzt alle aufschreien und mir widersprechen, aber ich bin der Meinung, dass man es einem Text in der Regel anmerkt, ob er von einem 16-jährigen, einem 36-jährigen oder einem 66-jährigen geschrieben wurde. Genauso wie man es merkt, ob er von einem Mann oder einer Frau stammt. Das hat etwas mit der Art der Herangehensweise an die Dinge zu tun.

Grüße
Aneirin
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Feuertraum am 04. Juli 2006, 13:56:57
Sorry, Manja, aber dieser These kann und will und werde ich NICHT zustimmen! Zumindest nicht aufgrund dieser Argumentation. Wenn diese Argumente nämlich Hand und Fuss hätten, dann:

dürfen nur noch gedungene Mörder Krimis schreiben, weil sie die Erfahrung gemacht haben, einen (oder mehrere) Menschen zu töten

Dürfen nur noch Schwule und Lesben homoerotische Liebesgeschichten schreiben

Gibt es keine Fantasy mehr, denn wer von uns hat schon mit Ritterrüstung einen Lindwurm im Kampfe besiegt?

Nein, Manja, wenn es die eigene Erfahrung ist, die einen Schriftsteller ausmacht, dann bin ich keiner. Und die meisten von uns werden auch nur wenige Werke zu Papier bringen.
Bleibt also nur die Erfahrung anderer.
Und das geht wieder in den Bereich Wissen.

In diesem Sinne

LG

Feuertraum
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Lomax am 04. Juli 2006, 14:55:12
Zitat von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 11:08:15..., dass man ohne Lebenserfahrung keine guten Bücher schreiben kann - Jungspunde wie ich also -  sehr überspitzt formuliert - besser noch ein paar Jährchen abwarten sollten.
Das ist in der Form wohl übertrieben, aber in gewisser Hinsicht steckt doch etwas Wahres darin. Ich kenne Autoren, die sich jetzt von ihren "Jugendsünden" distanzieren und sie furchtbar unreif finden - obwohl sie das damals natürlich anders gesehen haben. Andere Autoren distanzieren sich nur, weil sie inzwischen "viel besser geworden sind". Aus Sicht eines Außenstehenden wirkt diese Einschätzung manchmal unberechtigt, und man findet die neueren Texte vielleicht "anders", aber nicht unbedingt "besser".
  Andererseits aber stellt man mindestes ebenso oft fest, dass die Selbsteinschätzung stimmt und man den alten Texte tatsächlich eine spürbare Unreife anmerkt. Ich würde also sagen, dass man "ohne Lebenserfahrung nichts gutes Schreiben kann" stimmt für manchen Autor sicher mehr, für andere weniger.

Ich persönlich habe diese Erfahrung so nicht gemacht. Ich würde mich nicht von meinen alten Texten distanzieren und merke immer noch, dass ich mich in der Essenz vielfach nicht verändert habe und auch in den alten Dingen viel von dem steckt, was mich auch heute noch ausmacht. Meinen ersten Roman würde ich gewiss nicht ohne gravierende formale Bearbeitung an die Öffentlichkeit geben - trotzdem sehe ich ihn noch als "meine Geschichte" an.
  Aber ich merke doch, dass sich meine Texte durch weitere Lebenserfahrung verändert haben. Ich hatte auch vor 20 Jahren nicht das Gefühl eines Defizits - nachdem in einem anderen Thread schon von "traumatischen Jugenderfahrungen" die Rede war, möchte ich hier ergänzen, dass so etwas vermutlich für Autoren nicht ungewöhnlich ist. Schriftsteller sind selten fröhliche und unbeschwerte Leute - ich denke, Schmerz und Leid formen das Schreiben. Und auch wenn ich andere Erfahrungen gemacht habe als beispielsweise Maja, hatte ich schon mit 20 keine ungebrochene Weltsicht und hätte nicht gesagt, dass es mir an "Lebenserfahrung" fehlt.
  Trotzdem ist gerade in den 90ern dann noch einiges hinzugekommen, und das blieb nicht ohne Auswirkung auf die Texte. Und das sich etwas verändert hat, konnte ich sehr deutlich auch durch äußeres Feedback erfahren: Einen "intellektuellen Touch" hatten meine Texte schon immer, aber heute schaffe ich es kaum noch, eine einfache Geschichte zu erzählen - je kürzer die Form, umso schwerer. Und ich liebe es, zwischen den Zeilen verwoben etwas ganz anderes zu erzählen als an der Oberfläche, einen Subtext, der sich mit der erzählten Handlung beißt. Und als ich im letzten Jahr mich mal im Heftromansektor versucht habe, bekam ich regelmäßig das Feedback, dass meine Text zu "kompliziert" für die Zielgruppe sind.
  Und dann habe ich in einem alten Ordner Ideen gefunden, die ich um 1990 aufgeschrieben hatte, und gleich die erste, die ich davon umgesetzt hatte, wurde genommen. Das war immer noch "meine Geschichte", "meine Idee". Sie war aber einfacher und geradliniger, als ich heute schreiben würde - und offenbar auch von anderem Charakter als alles, worauf ich mich heute einlassen will.

Ob das etwas mit "gut" oder "schlecht" zu tun hat, ist dann eine andere Frage. Für manche Zielgruppen waren die "einfacheren" Geschichten offenbar besser geeignet. Aber an Tiefe und Vielschichtigkeit kommt doch mit jeder zusätzlichen Lebenserfahrung etwas hinzu, und ich denke, vom rein abstrakten, formalen "Qualitätsgedanken" im literarischen Sinne profitiert das Schreiben schon von der Lebenserfahrung.
  Man selbst merkt das nur im Rückblick. Ein anderer merkt womöglich leichter, ob einem Text die "Lebenserfahrung" fehlt - aber das macht sich nicht nur an den Jahren fest und verwischt sich dann nach dem Abschluss einer letzten "prägenden Phase" in den 20ern meist vollständig. Danach ändert sich noch etwas - aber es wird schwerer, einen Text konkret einem Alter zuzuordnen.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Steffi am 04. Juli 2006, 14:57:06
Ich finde zum Schreiben braucht man in erster Linie Fingerspitzengefühl und Menschenkenntnis und nicht so sehr Lebenserfahrung :)

Übrigens Manja, Mobbing ist gar nicht mal so selten.

Nachtrag: Übrigens glaube ich nicht so sehr, dass Erfahrung den Schreibstil beeinflusst sondern vielmehr die Themen, die in den Werken auftauchen :)
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: lapaloma am 04. Juli 2006, 15:02:24
Zitat von: Feuertraum am 04. Juli 2006, 13:56:57
Sorry, Manja, aber dieser These kann und will und werde ich NICHT zustimmen! Zumindest nicht aufgrund dieser Argumentation. Wenn diese Argumente nämlich Hand und Fuss hätten, dann:

dürfen nur noch gedungene Mörder Krimis schreiben, weil sie die Erfahrung gemacht haben, einen (oder mehrere) Menschen zu töten

Dürfen nur noch Schwule und Lesben homoerotische Liebesgeschichten schreiben

Gibt es keine Fantasy mehr, denn wer von uns hat schon mit Ritterrüstung einen Lindwurm im Kampfe besiegt?

Nein, Manja, wenn es die eigene Erfahrung ist, die einen Schriftsteller ausmacht, dann bin ich keiner. Und die meisten von uns werden auch nur wenige Werke zu Papier bringen.
Bleibt also nur die Erfahrung anderer.
Und das geht wieder in den Bereich Wissen.

In diesem Sinne

LG

Feuertraum

Wie ich sehe, malen Sie schwarz-weiss, verehrter Feuertraum.
Ich glaube, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt.
Fantasie und Recherche mögen Erfahrung beim Autor weitgehend ersetzen, wie z.B. Karl May bewiesen hat,  doch fehlt dabei ein letztes Quäntchen.
Auch wenn die Vorstellungskraft alle Rahmen sprengt und die Interviews unter die Haut fahren: Wie könnte ich je über die Liebe schreiben, hätte ich dieses Gefühl zwischen Himmel und Hölle nicht selber durchlebt und diesen abgrundtiefen Schmerz nicht selber gespürt?

Ich für meinen Teil, brauche die Erfahrung. Über etwas zu schreiben, das ich nie erlebt habe, fällt mir schwer. Glücklicherweise war mein Leben bisher ein einziges Abenteuer ;-)

Mit freundlichen Grüssen, Ihr Sid
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: silsi am 04. Juli 2006, 15:28:40
Hallo Allerseits,

vielen Dank Manja für den neuen Thread, vielen Dank Sid für den Impuls dazu.  :)  :)  :)
Der andere Thread war mir viel zu emotional (oder besser: zu persönlich angreifend).

Ich denke, ein guter Schriftsteller muss (!) immer ein guter Menschenversteher und -beschreiber sein.
Wenn ich wissen will, wie man ein Schwert schmiedet, kann ich drei Bücher darüber lesen, mich mit Experten unterhalten oder Sids Workshop besuchen. Das kann man recherchieren.
Aber wenn ich wissen will, wie Menschen in bestimmten Situationen handeln oder empfinden, dann brauche ich dafür Menschenkenntnis. Wie fühlt sich eine zwanzig jährige Frau, die nach zwei Wochen Beziehung betrogen wird? Wie fühlt sich eine Vierzigjährige nach zehn Jahren Ehe und zwei Kindern in so einer Situation? Wie fühlt sich eine Sechzigjährige? Wie fühlt sich ein Mann (o, der Mann, das ewig Unbekannte  ;) ) ? Jeder Mensch ist zu allem in der Lage, diese Welt hat einen Hitler ebenso hervor gebracht wie eine Mutter Theresa. Aber wie mache ich im Roman glaubhaft, das mein "Hitler" ein unglaubliches Monster und meine "Mutter Theresa" ein echter Engel ist? Dafür muss ich als Autor hinab steigen in die menschlichen Abgründe (oder: hinaufsteigenin die menschlichen Höhen). Dafür braucht ein Autor Sensibilität, die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen.

Ich glaube, mit trockenem Bücherwissen kommt man nicht wirklich weit, wenn man "saftige" (lebendige) Romane schreiben will. Man muss sich dem Leben aussetzen: wie schmeckt das Leben, wie fühlt es sich an. Man muss lieben, lachen, hassen, weinen, jubeln, trauern, in Gemeinschaft leben, alleine sein - halt die ganze Palette. Mitten im Leben stehen.

Natürlich ist es auch wichtig, wie man diese Eindrücke verarbeitet. Es gibt Leute mit den spannensten Lebensläufen, an denen aber die Erfahrungen komplett vorbei gerauscht sind, und dann gibt es wieder Menschen, die schon aus einer Begegnung im Supermarkt tiefe Erkenntnisse und Eindrücke mit nehmen.

Das bringt mich zu Dir, liebe Manja. Ein wenig musste ich schon schmunzeln, als ich die Auflistung Deines ereignisreichen Lebens las. Mit 19 hätte ich mein Leben vermutlich als ebenso dramatisch empfunden. Jetzt bin ich 36 und denke: wow, was für spannende Erfahrungen werde ich erst gemacht haben, wenn ich 45 bin.
Aber ich will dich nicht ärgern, sondern nur sagen: wenn Du jetzt schon aus deinen Erfahrungen gute Geschichten herausholst, dann freue Dich. Denn Du stehst erst am Anfang (des Lebens und des Schreibens).






Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Lomax am 04. Juli 2006, 15:36:23
Zitat von: Feuertraum am 04. Juli 2006, 13:56:57Nein, Manja, wenn es die eigene Erfahrung ist, die einen Schriftsteller ausmacht, dann bin ich keiner. Und die meisten von uns werden auch nur wenige Werke zu Papier bringen.
Ich denke, mit der hier angesprochenen "Erfahrung" sind eben nicht konkrete "Kenntnisse" gemeint, sondern Lebenserfahrung im allgemeinen. Es geht eben nicht darum, dass man konkret erlebt hat, wie sich ein 90-Jähriger fühlt oder ein Homosexueller, oder dass man tatsächlich mal einen Lindwurm erschlagen hat. Obwohl diese Art von Erfahrung nützlich fürs Schreiben sein kann.
  Es geht einfach darum, dass man aufgrund einer größeren Anzahl allgemeiner Erfahrungen einfach mehr Dinge von mehr Perspektiven aus sehen kann. Dass das Leben schon genug Illusionen zerschlagen hat, die man früher noch ohne Bedenken in seine Texte hätte einfließen lassen.
  Es geht nicht darum, dass man weiß, wie ein Lindwurm erschlagen wird. Es geht darum, dass man sich bewusst geworden ist, dass das Erschlagen eines Lindwurms mehr als nur eine Konnotation mit sich bringen kann. Das man weiß, wie Menschen im allgemeinen reagieren können, und wie sich aus Situationen ganz unerwartete Dinge entwickeln - und dass man versuchen kann, solche Aspekte von einer breiteren Basis aus in seinen Geschichten anklingen zu lassen, als man es in früheren Jahren konnte. Und das man damit die Geschichte von einem erschlagenen Lindwurm zu einer ganz anderen machen kann, auch wenn es an der Oberfläche um dieselbe Handlung geht.

Und weil es hier besser passt, gehe ich auf ein Zitat von Sid aus einem anderen Posting ein:
ZitatPS. Überlege mir gerade, ob ich einen Kurs für Fantasy-Autoren aufziehen soll: Unter anderem mit dem Schmieden eines Schwertes und anschließenden Kampfübungen. Wetten, dass die Beschreibung eines Schwertkampfes dann viel realistischer tönt?
Diese Art von Erfahrungen ist für einen Autor nützlich, aber trotzdem mit Vorsicht zu genießen. Ich denke, ich habe hier ein Beispiel, an dem sich gut zwischen "Lebenserfahrungen" und "Kenntnissen" unterscheiden lässt und auch klar wird, dass das eine Dinge sind, die nur indirekt in Texte einfließen, die aber uneingeschränkt hilfreich sind - während Letzteres konkreter nutzbar ist, aber auch zweischneidig:
  Ich hatte in dem anderen Thread schon erwähnt, wie ich auch bei der Bundeswehr alle Möglichkeiten zur Fortbildung genutzt habe; und ich war von Anfang an der Überzeugung, dass ich die dortigen Erfahrungen hervorragend auch in meinen Texten verwenden kann. Selbst wenn ich mir manchmal schon zu alt vorkam, um mit dem Gewehr im Wald zu spielen, habe ich alles getan, um später in meinen Texten "realistischer kämpfen" zu können: Ich habe jeden Lehrgang mitgenommen, den ich kriegen konnte, und mich in so manches reingemogelt, was man eigentlich als Wehrdienstleistender und in meiner Waffengruppe gar nicht hätte bekommen können. Nach der Bundeswehr habe ich dann jahrelang Karate gemacht, damit ich auch selbst Nahkämpfe "empfunden" habe und dann lebendiger in den Texten variieren kann.
  Das alles sind Kenntnisse, und ich stehe noch heute dazu: Für einen Autor ist es gut, so etwas zu kennen. Aus erster Hand, wenn es geht. Aber nötig ist es nicht, und mitunter sogar schädlich. Ich ertappe mich jetzt oft dabei, dass ich Kämpfe allzu ausdifferenziert im Kopf durchgehe und versuche, sie dann mit allen taktischen Winkelzügen, Bewegungen, Ausgleichsbewegungen etc. in Worte zu fassen - was dann nicht klappt, weil der Leser nicht dieselben Erfahrungen hat und dann in allzu langen Beschreibungen den Überblick über den gesamten Kampf verliert. Bei anderen Autoren habe ich erlebt, dass ihre Texte belehrend klingen, weil sie versuchen, einen ähnlichen Hintergrund allzu demonstrativ an den Leser zu vermitteln.
  Ich habe also auf diesem Gebiet gelernt, eher wieder von meinen Kenntnissen abzurücken und mehr auf den Leser zu schauen. Es ist gut, wenn man weiß, wie's "wirklich" geht - aber wichtiger ist, wenn man weiß, was der Leser da gerne hören möchte.

Auf der anderen Seite habe ich bei der Bundeswehr auch ganz andere Erfahrungen gemacht. Ich habe plötzlich Leute mit den unterschiedlichsten Hintergründen, Werdegängen und Charakteren kennengelernt; Menschen, wie ich ihnen vorher nie begegnet bin, wie ich sie in meinem selbstgewählten Umfeld nie haben würde - die ich aber trotzdem sehr intensiv kennen gelernt habe.
  Auch das sind Erfahrungen, die man in seinen Texten gut verwenden kann. Es sind keine Kenntnisse, aber es ist Leben. Und so etwas ist uneingeschränkt nützlich beim Schreiben - auch wenn (und gerade weil) es nicht nur angenehme Erfahrungen sind, mit denen man diese Art Erfahrung erwirbt.
  Ein und derselbe Anlass kann also Kenntnisse und Erfahrung vermitteln - aber es ist beides nicht dasselbe, und man sollte es nicht in einen Topf werfen.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: silsi am 04. Juli 2006, 15:37:28
Noch ein Nachtrag:

es gibt sicher Themen die schwieriger zu behandeln sind als andere.

Z.B. das Thema Krieg. Natürlich kann man über Kriegserlebnisse schreiben, auch wenn man nie einen Krieg miterlebt hat. Aber man muss bei so einem heftigen Thema besonders vorsichtig und mit viel Fingerspitzen und Intuition heran gehen. Sonst schreibt man nämlich nur Klischees über den Krieg.
Da ist das Thema "Wie ich mich das erste Mal verliebte" sicher einfacher darzustellen.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 16:45:37
Feuertraum, Feuertraum... schon mal dran gedacht, dass ein Mensch nicht nur die äußeren Umstände meinen kann, sondern auch, wie die akteure dann agieren? :)
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Feuertraum am 04. Juli 2006, 17:26:44
ZitatWie ich sehe, malen Sie schwarz-weiss, verehrter Feuertraum.
Ich glaube, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegt.
Fantasie und Recherche mögen Erfahrung beim Autor weitgehend ersetzen, wie z.B. Karl May bewiesen hat, doch fehlt dabei ein letztes Quäntchen.
Auch wenn die Vorstellungskraft alle Rahmen sprengt und die Interviews unter die Haut fahren: Wie könnte ich je über die Liebe schreiben, hätte ich dieses Gefühl zwischen Himmel und Hölle nicht selber durchlebt und diesen abgrundtiefen Schmerz nicht selber gespürt?

Ich für meinen Teil, brauche die Erfahrung. Über etwas zu schreiben, das ich nie erlebt habe, fällt mir schwer. Glücklicherweise war mein Leben bisher ein einziges Abenteuer ;-)

Mit freundlichen Grüssen, Ihr Sid

Lieber Sid!
Um das ganze aufzuklären: Nein, ich male NICHT schwarz-weiß, sondern ich zähle nur auf, warum Manjas Eingangsposting bzw. die dazugehörige Überschrift nicht meine Zustimmung findet.

Und was Ihr Argument, das man nur über das schreiben kann, was man selbst erlebt hat...auch dem möchte ich mich nur bedingt anschließen. Vielmehr schlage ich mich auf Stefanies Seite und behaupte: "Es ist nicht wichtig, welche Erfahrungen man selber gemacht hat. Wichtig ist, das man fähig ist, (Emotionen) so zu (be)schreiben, das im Kopf des Lesers (also dort, wo seine Gefühle entstehen) die richtigen Seiten zum Klingen gebracht werden.
Wir müssen davon ausgehen, das auch die meisten Leser unserer Geschichten nicht die Erfahrung gemacht haben, die wir beschreiben. Und trotzdem lösen Worte in ihnen Empfindungen und Bilder aus.
Und das ist einer der Punkte, die einen guten Autor ausmachen und nicht, ob er nun wenig oder viel Lebenserfahrungen hat!!

LG Feuertraum
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Kalderon am 04. Juli 2006, 19:56:31
Ich habe wie Manja nicht allzuviele Jahre auf dem Buckel. Aber auch ich denke, ich kann bereits viel an Erfahrung vorweisen.

Auch wenn das wahrscheinlich nicht für alle nachvollziehbar ist: Bücher habe ich fast keine gelesen. Dafür habe ich verdammt viele Filme geguckt. Und meist Gute. Ich behaupte, dadurch eine Menge "Fremdwissen" erlangt zu haben. Illusionäres, simuliertes Wissen gewissermaßen. Wenn man über genug Feingefühl und Menschenkenntnis verfügt (wie Stefanie es gesagt hat), dann weiß man, welche simulierten Wirklichkeiten man für die reale Welt übernehmen kann und welche nicht.
Ich kenne Leute, die denken tatsächlich, dass ein Auto in die Luft fliegt, wenn man darauf schießt. :pfanne: Nein, dem ist nicht so.
Das ist natürlich nur ein Beispiel.
Und ich habe mir wirklich eine Menge vom Film abschauen können.

Darüber hinaus muss ich jedoch sagen: Es ist meine eigene Erfahrung (nicht die, dich ich in Büchern gelesen oder in Filmen gesehen habe), die die Themen lenkt, über die ich schreibe. Sie sind in jedem meiner Bücher außerordentlich stark ausgeprägt.

Wenn die eigenen Erfahrungen sehr tief gehen, dann kann man sie, denke ich, nicht gut beschreiben, wenn man sie nicht selbst erlebt hat. Mir fällt es oft schwer, mittelalterliche Alltäglichkeiten zu beschreiben. Das liegt daran, dass ich davon ehrlich gesagt nicht viel Ahnung habe.
Dafür kann ich Charaktere prima in Szene setzen. Filmschauspieler sind außerordentlich vielseitig und es bieten sich einem immer wieder neue, spannende Außeinandersetzungen und (das ist auch sehr wichtig) tonnenweise Klischees. Der Film ist dafür wahnsinnig gut geeignet.

Jetzt muss man das ganze "nur noch" auf die Buchwelt übertragen.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 04. Juli 2006, 20:01:23
Zitat von: Manja_Bindig am 04. Juli 2006, 11:08:15
So.
  In einem anderen Thread kam das Thema auf, dass man ohne Lebenserfahrung keine guten Bücher schreiben kann - Jungspunde wie ich also -  sehr überspitzt formuliert - besser noch ein paar Jährchen abwarten sollten.
 

Nicht unbedingt. Junge Autoren schreiben anders als Ältere. Ich könnte zum Beispiel nicht mehr wie du schreiben, weil ich in einer ganz anderen Zeit aufgewachsen bin und von ganz anderen Einflüssen geprägt wurde. DAS kommt zusätzlich dazu.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: silsi am 04. Juli 2006, 20:33:53
Eine kleine Anmerkung zu Kalderon (aber ich will hier keinen neuen Thread aufmachen!):

Wenn Du so eine starke Neigung zum Film hast ... hast Du schon einmal daran gedacht Drehbücher statt Romanen zu schreiben? Gerade im amerikanischen Raum gibt es Dutzende von Büchern zum Thema: wie mache ich einen guten Film. Und in Deutschland gibt es das "Drehbuchcamp" (www.drehbuchcamp.de) u.a.



Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Kalderon am 04. Juli 2006, 21:06:30
Zitat von: Stefanie am 04. Juli 2006, 20:33:53
Eine kleine Anmerkung zu Kalderon (aber ich will hier keinen neuen Thread aufmachen!):

Wenn Du so eine starke Neigung zum Film hast ... hast Du schon einmal daran gedacht Drehbücher statt Romanen zu schreiben? Gerade im amerikanischen Raum gibt es Dutzende von Büchern zum Thema: wie mache ich einen guten Film. Und in Deutschland gibt es das "Drehbuchcamp" (www.drehbuchcamp.de) u.a.

Ich hatte es schon mal überlegt. Aber ich denke nicht, dass ich das machen will. Zumal ich nicht sehr gut Englisch kann und die meisten deutschen Filme nicht leiden mag (die Schauspieler überzeugen mich meist nicht). Ich denke, ich weiß ganz genau, wie ein Film am Schluss auszusehen hat, aber ich habe das Thema "Schauspieler/Regisseur" mit meinen Kindheitsträumen über Bord geworfen. ;)

Zum Thema: Es gibt ein Thema, über dass man zwar schreiben kann, aber wo man keine eigenen Erfahrungen machen kann. Und das ist das Gefühl, das andere Geschlecht zu sein. Wer sich als Frau in einen Mann hineinzudenken versucht oder umgekehrt tut sich meist schwer. Da braucht man einfach jede Menge Emphatie.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Möchtegernautorin am 04. Juli 2006, 21:41:38
Hmm, greetings auch :)

Ersteinmal vorneweg: Ich glaube, ich kann nachvollziehen was dich gestört hat Manja :)

Das ist ein Thema, über das ich auch schon mit einer Freundin diskutiert habe. Ausgangspunkt der Diskussion war damals ein Satz, den einer unserer Dozenten gesagt hatte. Er meinte: Ein Schriftsteller kann nur über das schreiben, was er kennt.
Eine klare Aussage und ich würde sogar sagen, es stimmt. ,,Kennen" muss ja nicht unbedingt zur Lebenserfahrung zählen. Aber man könnte keine Gottesanbeterin beschreiben, wenn man nicht irgendwo zumindest ein Bild gesehen hätte.
Es gehört aber auch ein Einfühlungsvermögen dazu. Wie groß das ist, hängt meiner Meinung nach jedoch von der einzelnen Person ab.

Um das Mal in ein Beispiel zu packen:
Ich habe in einem anderen Beitrag schon mal erwähnt, dass ich keine wichtigen Charaktere habe, die homosexuell sind. Das liegt nicht daran, dass ich dagegen etwas hätte. Mir ist das ziemlich egal, welche sexuelle Gesinnung jemand hat oder auch nicht. Allerdings habe ich es nicht geschafft etwas Derartiges so zu schreiben, dass es auch glaubhaft gewesen wäre. Der Versuch war demnach nicht von Erfolg gekrönt. Es klang viel eher platt.
Andere haben damit keine Probleme, wenn ich das recht sehe, auch ohne die dazu passende Erfahrung.
Dafür haben andere vielleicht mehr Probleme als ich sich in die Sichtweise eines Tieres zu versetzten. Und ich bin mir sicher, dass ich in meinem Leben noch kein Tier gewesen bin ;)

Was ich damit sagen will ist einfach: Ich glaube nicht, dass man das verallgemeinern kann. Manche Lebenserfahrung bringt nichts, wenn man sie hat. Andererseits bin ich aufmerksam genug durch mein Leben gegangen um zu wissen, dass zwischen 16 – wenn man sich schon sooo erwachsen vorkommt – und 20 – wenn man dann schon reifer geworden ist - ein himmelweiter Unterschied liegt. Genauso noch zwischen 20 und 25. Weiter bin ich bisher nicht, aber ich denke, je älter man wird, je besser kann man die Unterschiede beurteilen.

Ob man mit Wissen aus Selbsterfahrung, Filmen, Romanen oder Sachbüchern mehr anfangen kann liegt doch auch an jedem selbst.



Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Hyndara am 05. Juli 2006, 01:36:26
Na, dann will ich auch mitmischen *grins*:

Ich denke, Lebenserfahrung ist ein Gutteil dessen, was ein Autor braucht. Für diese Lebenserfahrung ist einmal das eigene Dasein zuständig, aber auch das Umfeld, die Beobachtungen - der ganze Rest.

Wenn ich heute ältere Sachen von mir lese (wovon leider nicht mehr viel vorhanden ist), kann ich mich immer noch damit identifizieren. Auf der anderen Seite aber sehe ich auch, daß ich Fehler gemacht habe, größtenteils bei den Figuren. Sie hatten damals noch lange nicht die Tiefe, wie sie heute *hoffentlich* haben. Ich habe schwarz-weiß geschrieben, die Bösen waren böse, die Guten waren gut. Archetypen der Genres, mehr nicht. Es gab Ansätze, die ich aber damals nicht weiter verfolgt habe. Heute würde/werde ich die Figuren zwar größtenteils noch genauso anlegen, ihnen aber Eigenschaften mitgeben, die sie befähigen, in ihrer Person zu wachsen und nicht auf einem Level zu bleiben.

Insofern denke ich, daß Lebenserfahrung wichtig ist. Natürlich kann man nicht alles erleben, obwohl ich das eine oder andere schon mal gern ausprobieren würde, aber man kann seine eigenen Erfahrungen einfließen lassen.
Ich war, beispielsweise, zwei Jahre lang in einem Fechtclub als Kind (von 7 - 9). Die Erfahrungen, die ich dort mit den Waffen machte, davon zehre ich heute noch, wenn ich einen Schwertkampf beschreibe. Das Florett oder der Degen sind zwar leichter als ein handelsübliches Schwert, aber im Grunde sind es ebenso Hieb- und Stichwaffen wie letzteres, das Fechten unterscheidet sich nicht allzusehr. Man muß hier und da etwas weglassen, was mit einem Schwert nur schwer machbar ist, aber ansonsten hat mir meine damalige Erfahrung schon sehr oft geholfen.

Andere Erfahrungen, wie z.B. den Krieg, möchte niemand gern machen. Aber da gibt es auch Möglichkeiten, sich zu informieren, sei es über diverse Bücher mit Lebensgeschichten oder Sachbände, oder eben indem man mit Augenzeugen vom 2. Weltkrieg spricht und sich ihre Geschichten anhört. Spiele wie Schach oder Stratego können, sofern für eine Handlung erforderlich, strategisches Denken fördern. Verschiedene Beziehungen,die man im Laufe der Jahre kommen und gehen sieht, sei es die Eltern, Geschwister oder Freunde oder Lebenspartner, bringen die nötige Erfahrung auch damit, wenn es für die Figur benötigt wird.

Manja, niemand spricht dir ab, daß du schreiben kannst. Ich habe mich ja schon einmal geäußert, daß ich das Schreiben als etwas, das ich mit Sport vergleiche, ansehe. Je mehr du schreibst, desto besser wirst du. Das hat zum Teil mit deinen persönlichen Erfahrungen zu tun, zum Teil ist es auch eine natürliche Entwicklung. Ich weiß jetzt nicht, wann genau du mit dem Schreiben begonnen hast. Sollte das schon einige Jahre her sein und die damaligen Geschichten noch existieren, würde ich dir einfach raten, sie zu lesen. Du wirst schon einen Unterschied zwischen deiner Schreibe damals und deiner Schreibe heute feststellen, glaube mir.

So, das wars dann von mir.

Bis denne
Ramona
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Lomax am 05. Juli 2006, 01:55:59
Zitat von: Kalderon am 04. Juli 2006, 19:56:31Aber auch ich denke, ich kann bereits viel an Erfahrung vorweisen.
Dazu fällt mir jetzt spontan ein: Ich denke, Erfahrung hat man dann, wenn man gelernt hat, dass Erfahrung meist besser ist als denken :snicker:
  Kann ich jetzt noch viel zu schreiben, aber zu dieser späten Stunde beschränke ich mich auf folgende kurze Erklärung: Ich weiß genau, dass ich dieser letzten Aussage vor 20 und noch vor 15 Jahren heftigst widersprochen hätte. Heute nicht mehr. Und ich frage mich, ob das einen Kontrast markiert - oder einfach eine zufällige Entwicklung ist ...
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: lapaloma am 05. Juli 2006, 07:15:10
Zitat von: Kalderon am 04. Juli 2006, 19:56:31

Auch wenn das wahrscheinlich nicht für alle nachvollziehbar ist: Bücher habe ich fast keine gelesen. Dafür habe ich verdammt viele Filme geguckt.

Jetzt muss man das ganze "nur noch" auf die Buchwelt übertragen.


Ich bin perplex.
Das hätte ich nicht gedacht, ja nicht einmal im schlimmsten Feuer geträumt! Zwar braucht es ein bisschen Bildung, so der Konsens in der vorhergehenden Diskussion, die sich in der Uneinigkeit der anwesenden Amazonen aufgelöst hat. Doch Erfahrung braucht es scheinbar nicht - Fantasie ersetzt das Leben. Ja, man(n) muss nicht einmal belesen sein, es reicht, die gängigen Filme gesehen zu haben und schwups entsteht ein literarisches Meisterwerk. Unwillkürlich denke ich da an Fitzcarraldo, der im Urwald eine Oper bauen wollte oder an Basil, den Schriftsteller im Film Zorbas the Greek. Wie sagte er doch zu Zorbas, als sie am Strand Sirtaki tanzten, nachdem ihr Bergwerk in die Luft geflogen war? ,,Ein Mann muss eine Portion Wahnsinn besitzen, damit er die Courage hat, loszulassen um wirklich frei zu sein.

Mit einem Morgenlächeln, euer Sid

Achtung Satire!
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 06. Juli 2006, 08:31:52
Ein weiterer Aspekt ist mir noch eingefallen: Erfahrung kann aber auch verbittern.

Was wir Älteren oder Erfahreneren oft als Charaktertiefe bezeichnen kann auch eiine Abrechnung mit den Mitmenschen sein. Es ist eine Analyse dessen, was wir sehen und mitbekommen. Bestimmtes Verhalten impliziert nach der Erfahrung einen bestimmten Wesenszug, den man bereits bei anderen beobachtet und am eigenen Leib unangenehm, seltener angenehm erfahren hat
Selten wird man bei näherem Kennenlernen überrascht, daß der andere nicht so ist. Und man fügt dies dem eigenen Erfahrungsschatz hinzu, fragt sich dann aber auch, wenn man mehr weiß, wieso. Und analysiert. Daraus entstehen dann bei Autoren Variationen die immer lebensechter werden.

Was ich damit sagen will: Aus der Verbitterung und dem Sammeln von Erfahrungen entsteht aber auch ein tieferes Verständnis für das wie und warum bei anderen Menschen. Man will einfach gegen die nächste Enttäuschung gewappnet sein und fügt seinem Wissensschatz mehr Varianten hinzu.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Feuertraum am 06. Juli 2006, 08:47:06
OT (sorry)

@Arielen: diese negativen Erfahrungen können allerdings zu Klischees und Vorurteilen führen (z.B. mehrmals von Partnern enttäuscht wurden = passiert immer wieder)

LG

Feuertraum
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 06. Juli 2006, 11:03:58
ZitatEin Schriftsteller kann nur über das schreiben, was er kennt.

Wenn das stimmt, hätte ich endlich den Grund gefunden, warum ich keine Bettszenen schreiben mag. ;D

@ari: das meine ich ja, wenn ich sage, ein Erwachsener hat Schwierigkeiten, Kinder zu schreiben. Kinder sind noch cniht so geprägt oder verbittert... sie sehen die Welt noch naiv und nett.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 06. Juli 2006, 11:58:58
Zitat von: Feuertraum am 06. Juli 2006, 08:47:06
@Arielen: diese negativen Erfahrungen können allerdings zu Klischees und Vorurteilen führen (z.B. mehrmals von Partnern enttäuscht wurden = passiert immer wieder)

Tja, wobei ich aber auch schon oft genug erlebt habe, daß sich KLischees und Vorurteile bewahrheiten oder durchaus einen Grund, warum sie existieren. Ich habe Sachen in der Firma erlebt, die mir in Geschichten als klischeehaft vorgeworfen würden. Und ich denke mal, der ein oder andere kann das hier bestätigen.

Es ist aber nun auch an der Erfahrung, diese Erlebnisse für sich zu analysieren und Gründe durch das Wissen, das man durch zweite oder erste Hand erworben hat, zu finden. Jemand mag klischeehaft arrogant sein, aber die Gründe warum die Figur oder Person ist geben ihr Leben und Individualität. Und das ist etwas, was du über die Jahre nur sammeln kannst, und die Erfahrung, die dich prägt. Und damit auch deinen Stil und deine Themen.

Mir erscheinen z. B. viele Happy Ends heute leer und falsch, deshalb gibt es nur Teillösungen. Als ich jung war, war das zunächst anders, da prägte mich noch der Idealismus.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: lapaloma am 06. Juli 2006, 19:38:56
Erfahrungen, das ist der Input, den unser Körper aus der Interaktion mit seiner Umgebung bekommt, es liegt an uns, wenn wir daraus Vorurteile oder Schablonen schmieden, die uns dann zu Handlungen bewegen, die uns wenig nützen oder gar schaden.
Ohne Erfahrungen könnten wir unsere Umwelt nicht wahrnehmen. Das Kleinkind wird bereits mit Erfahrung ,programmiert', sie ist lebensnotwendig. Es liegt aber an uns, was wir daraus machen.

Oder zu Feuertraums Beispiel: Wenn wir von Partnern immer wieder enttäuscht wurden, dann bilden wir vielleicht Vorurteile gegen Partnerschaften, oder gegen Männer, bzw. Frauen. Vielleicht werden wir uns aber fragen, was denn schief gelaufen ist und ob das Problem schlussendlich nicht bei uns selber liegt.
Von einem guten Autor erwarte ich die Fähigkeit der Selbstreflektion, sonst ist auch alle Erfahrung für die Katz.

Erfahrung ist die Spielwiese der Fantasie, Sid
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Lastalda am 06. Juli 2006, 23:48:14
Zitat von: Manja_Bindig am 06. Juli 2006, 11:03:58
Wenn das stimmt, hätte ich endlich den Grund gefunden, warum ich keine Bettszenen schreiben mag. ;D

Mit Verlaub... man muss sicher nicht alles erlebt haben, was man beschreibt, aber gewisse Dinge kann man meiner bescheidenen Meinung nach nicht überzeugend rüberbringen, wenn man sie nicht erlebt hat. Und dieses gehört ganz sicher dazu! (Die unfreiwillig komischsten Szenen, die ich je gelesen habe, waren Bettszenen, die von 13Jährigen geschrieben wurden...)

Zitat@ari: das meine ich ja, wenn ich sage, ein Erwachsener hat Schwierigkeiten, Kinder zu schreiben. Kinder sind noch cniht so geprägt oder verbittert... sie sehen die Welt noch naiv und nett.

So viel zum Thema Vorurteile. ;)
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 07. Juli 2006, 10:11:24
Soll ich noch ein "meistens" dranhängen? ;)
Ianca, überleg mal. Ein ganz simples Beispiel. Wrum geht die sonne auf und unter? Du und ich, wir fangen jetzt mit Umlaufbahnen an. Und ein Kind bis vielleicht 8 Jahren? "Da hält einer die Sonne und hebt sie immer hoch."(gehört bie meinem Cousin)
Und jetzt versuch mal als Erwachsener ein Kind zu schreiben, das die welt eben noch mit Kinderaugen sieht. Und ich hab da meine Probleme, TROTZ massiven Umgang mit Kindern (und einer kindischen Ader)
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Schelmin am 07. Juli 2006, 12:26:06
Hi!
Aber hilft dir da nicht die Lebenserfahrung weiter, also der Kontakt mit Kindern, und das Sammeln solcher Bemerkungen, Verhaltensweisen? Das bringt dich im Verstehen schon ein bißchen weiter, oder? Ich würde behaupten 6 Jahre im Kindergarten haben mir schon einen Einblick in die Kiddies gegeben, aus Sicht eines Erwachsenen. Als Mutter ist das noch ein Stückchen intensiver, kann ich mir vorstellen (auch wenn die Bereitschaft zum Verständnis in der Pubertät wieder abnimmt *räusper*). Und ab und zu erinnert man sich dabei doch nochmal an die ein oder andere Sache, die man selbst als Kind verzapft hat, und welche Gedankengänge einen dazu bewogen haben. Und man versteht nun die Erwachsenen, und warum sie das ein oder andere verboten haben, egal, ob es einem im Nachhinein sinnvoll oder dämlich erscheint. Manche Dinge konnte man mit der Naivität eines Kindes nicht erfassen. Aber daran zu denken, hilft einem, es ein bißchen wieder zu gewinnen.
Schelmin

Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Lomax am 07. Juli 2006, 13:17:04
Zitat von: Manja_Bindig am 07. Juli 2006, 10:11:24Ein ganz simples Beispiel. Wrum geht die sonne auf und unter? Du und ich, wir fangen jetzt mit Umlaufbahnen an. Und ein Kind bis vielleicht 8 Jahren? "Da hält einer die Sonne und hebt sie immer hoch."
Ja, die simplen Beispiele ...
Das Problem ist, dass auch Kinder unterschiedlicher sind als man sie gerne machen möchte; und auch das kindliche Weltbild sich nicht auf ein paar Anekdoten beschränkt. Als Kind selbst kann man schlecht reflektieren und auch nicht so gut "kindlich" schreiben; in jungen Jahren ist man dann auch nicht mehr so nah an der Kindheit dran, wie man vielleicht glaubt - und man ist allzu leicht geneigt, die wenigen Eindrücke, an die man selbst sich erinnert, als "typisch kindliche Sicht" aufzugreifen.
  Auch hier hat man mit steigender Lebenserfahrung, vor allem wenn sie mit dem Kontakt mit Kindern einhergeht, die Möglichkeit, den richtigen Ton besser zu treffen. Weil man nämlich mehr Kinder gesehen hat, sie bewusster beobachten und vergleichen konnte und optimalerweise in der Lage ist, wirklich "für Kinder" zu schreiben - und nicht mehr nur für ein Kind, nämlich "das Kind in sich" ;)

Ich denke, die meisten guten Kinderbuchautoren haben Kinder, aber sind selbst keine mehr.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 07. Juli 2006, 16:53:21
Ah... gut. Andererseits... kann man sich eigentlich eher in Charakterschemen einfühlen, die man schon genau kennt, vielleicht aus dem eigenen Umfeld... wenn man entsprechende PErsonen auch noch gern hat, wirds noch besser. Daran wirds wohl liegen... ich kann mit Kindern nciht viel anfangen.

So.
An Lebenserfahrung kann ich immerhin Bogenschießen vorweisen. PRaktisch, wenn man Schützen als Hauptcharas hat.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 07. Juli 2006, 17:08:15
Zitat von: Manja_Bindig am 07. Juli 2006, 10:11:24
Soll ich noch ein "meistens" dranhängen? ;)
Ianca, überleg mal. Ein ganz simples Beispiel. Wrum geht die sonne auf und unter? Du und ich, wir fangen jetzt mit Umlaufbahnen an. Und ein Kind bis vielleicht 8 Jahren? "Da hält einer die Sonne und hebt sie immer hoch."(gehört bie meinem Cousin)
Und jetzt versuch mal als Erwachsener ein Kind zu schreiben, das die welt eben noch mit Kinderaugen sieht. Und ich hab da meine Probleme, TROTZ massiven Umgang mit Kindern (und einer kindischen Ader)

Richtig, das ist sauschwer und das versuche ich auch erst einmal gar nicht. Eine Bekannte, die ein Kinderbuch für Vierjährige geschrieben hat meine auch mal, es sei sauschwierig, sich so weit zurückzudenken, und so zu schreiben, daß es auch ein vierjähriger versteht. Und sie hatte Kinder. Trotzdem hat sie gekämpft.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Hyndara am 08. Juli 2006, 02:00:06
@ Manja:
Ich gehe mal davon aus, daß du mit "Bettszenen" Liebesspiele meinst. Und das ist wirklich nicht vom Alter abhängig. Ich blende gern aus, wenn es mir zu sehr ins Detail geht, bis vor zwei Jahren war ich sogar der Meinung, ich könnte keine erotischen Szenen schreiben. So ganz überzeugt bin ich davon immer noch nicht, aber offensichtlich hat die eine Szene in einem Manuskript alle auf den Plan gerufen, mir die Schulter zu klopfen. Naja ...
Ich denke, bei erotischen Szenen kommt es darauf an, ob sie für den Handlungsverlauf einer Geschichte notwendig sind oder nicht. Sind sie es nicht, kann man sie,  meines Erachtens, auch gut rauslassen, wenn man meint, sie sind wichtig, dann muß man eben in den sauren Apfel beißen. Das hat aber nur bedingt etwas mit Erfahrung zu tun, das kann man sich durchaus auch anlesen, bzw. seine Phantasie spielen lassen. Zumindest zu meiner Zeit gab es noch diesen "Kicher-Unterricht" in der Bio-Stunde, wo dann über Blumen und Bienen hinausgegangen worden ist. Und wenn du Freunde hattest, weißt du doch wenigstens, was es mit "harmlosen" Stimolus auf sich hat. Einfach ein bißchen weiterdenken - und, unter uns, so toll fand ich das ganze am Ende nicht.

Was schlechte Erfahrung angeht:
Ich weiß nicht so recht. In meinem Leben habe ich eigentlich immer ins Klo gegriffen, was die Herren der Schöpfung anbelangte. Aber inwiefern ich mir die Schuld daran geben soll, daß einer meiner Exfreunde während unserer Beziehung sein Outing hatte und mit einem anderen Herren durchbrannte - ich habs eigentlich eher mit Humor genommen und tue es noch (vor allem, als ich dann erfuhr, daß derjenige, mit dem ich vor ihm zusammen war, ebenfalls homosexuell geworden war). Irgendwie fällt es mir schwer, mir das anzukreiden. Ich scheine höchstens eine Zeitlang ein Faible für Männer gehabt zu haben, die durch irgendeine Veranlagung dann die Frauen baden gehen ließen. Und damit stehe ich nicht allein.
Natürlich können schlechte Erfahrungen zu Verbitterung führen, ebenso wie ein hartes Leben. Aber da sehe ich das Schreiben als eine Art Flucht an, in eine Welt, in der Charaktere nur bedingt "falsch" sind.

Ob das der richtige Weg ist, weiß ich nicht, aber man sollte immer offen bleiben, dann hat man früher oder später auch gute Erfahrungen gesammelt und kann sie gegen die schlechten aufwiegen. Und eine gute Erfahrung mit anderen Menschen wiegt meiner Meinung nach tausend mal schwerer als alle schlechten. Klar hat man dann schon seinen Knacks weg, und der wird auch immer bleiben. Dennoch sehe ich die Welt da draußen als grundsätzlich positiv an und freue mich, wenn ich nette Leute treffe und schöne Erlebnisse habe. Die kleine Stimme bleibt trotzdem im Hinterkopf, aber man kriegt sie halbwegs stumm gestellt.

Insofern sehe ich die schlechten Erfahrungen in meinenm Leben als Lehrmeister an, die guten Erfahrungen aber als Belohnung, aus denen man vielleicht auch etwas lernen kann.

Da ich keine Kindergeschichten schreibe, weiß ich nicht, ob das leicht oder schwer ist. Ich habe auch selbst keine Kinder (glücklicherweise für die Kinder), möchte auch keine haben. Insofern trifft wohl auf mich das Klischee mit der Torschlußpanik nicht zu - oder sie wird noch kommen, keine Ahnung. Aber ich rede und spiele gern mit Kindern, weil ich sie erfrischend finde, soweit, daß ich mich mit Kindern beruflich auseinandersetzen würde, bin ich dabei allerdings nicht. Ehrlich gesagt, das wäre mir ein Graus. Trotzdem mag ich Kinder und interessiere mich gerade auch für ihre Entwicklung (hört sich das jetzt wissenschaftlich an! Ist aber nicht so gemeint). Trotzdem kann ich mir nicht vorstellen, Kindergeschichten zu schreiben, weil sie doch anders denken als Erwachsene. Also lasse ich davon tunlichst meine Finger.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Steffi am 08. Juli 2006, 09:51:39
Ich schreibe gerne Kinder und für Kinder, und hab da kein Problem mit. Vielleicht liegt das zum Teil daran, dass wir eine sehr große Familie haben und es auf Feiern immer irgendein kleines Kind gab, mit dem man sich auseinandersetzen musste. Kinder konnten schon immer gut mit mir und ich mit ihnen, und ich bin damit aufgewachsen, ihnen Dinge zu erklären und anschaulich zu machen. Vielleicht, weil ich mich gut in sie reindenken kann.

Das hat bestimmt was mit Erfahrung zu tun, aber auch mit Veranlagung. Mein Bruder ist mit denselben Leuten groß geworden, und kann mit Kinern nicht viel anfangen (aber auch er weiß, wie man mit ihnen umgehen muss.)

Ich denke Erfahrung hilft einfach in dem Sinne weiter, dass man mit 30 einfach schon vor mehr Situationen gestellt wurde als mit 15. Zum einen hilft das, Gefühle besser zu beschreiben weil man auf ein größeres Repetoire zurückgreifen kann, zum anderen erlaubt es auch eine andere Sicht auf die Welt.

Als ich 17 war haben alle meine Geschichten irgendwie gut geendet. Heute schreibe ich gerne bösere Sachen, weil ich gelernt habe, dass nicht alles gut endet. Ich finde, das macht meine Geschichten besser. Bittere Sachen bleiben dem Leser eher im Gedächtnis als das perfekte Happy End.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 08. Juli 2006, 16:28:45
Siehste, guter Ansatz Steffi... irgendwie werden meine Geschichten mit den Jahren(ja, ich bin ne alte oma... ;) )immer böser, düsterer... aber meistens haben sie ein offenes Ende. Die Handlung ist nur immer sehr gemein.

Ich erinnere mich - in "Elfenblut" kommt ein Zwillingspaar vor, das am Ende stirbt(*wein* *trauer*) . Die haben ihre eigene Geshichte gewollt.

Erster Versuch... hm... ziemlich... nett... harmlos... gab irgendwie keinen Anlass, der den Stein "Elfenblut" ins Rollen bringen sollte(die bieden ware ja an dem Dilemma schuld...).
Also beiseite legen.
Vor einem 3/4 Jahr hab ich nochmal angefangen, nachdem ich die Idee zwei Jahre lang hab ruhen lassen. Vor einem halbem Jahr war es beendet.
und... das fällt schon fast unter "Dark Fantasy"... sowohl im physischen, magischen, als auch im psychisch-emotionalen Bereich...
Der Sprung zwischen Beiden Versionen war extrem. Sehr extrem sogar...
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 08. Juli 2006, 16:37:21
Zitat von: Steffi am 08. Juli 2006, 09:51:39
Ich denke Erfahrung hilft einfach in dem Sinne weiter, dass man mit 30 einfach schon vor mehr Situationen gestellt wurde als mit 15. Zum einen hilft das, Gefühle besser zu beschreiben weil man auf ein größeres Repetoire zurückgreifen kann, zum anderen erlaubt es auch eine andere Sicht auf die Welt.

Das meinte ich eigentlich die ganze Zeit. Das ist das, was uns ältere von den jüngeren unterscheidet.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Elena am 11. Juli 2006, 21:25:58
...allerdings ja auch nicht zwangsläufig. Natürlich ist es wahrscheinlicher, in einem höheren Alter mehr Verschiedenes erlebt zu haben, aber ein 15-jähriger kann auch viel mehr erlebt haben als ein 30-jähriger - das hat etwas mit der Einstellung zum Lesen zu tun.
Frage ist in allen Fällen, wie mit dieser Erfahrung umgegangen wird, um das Thema Selbstreflexion noch mal aufzubringen.

Ich sehe es so: Ein vollständige Erfahrung ist meiner Meinung nach nicht nötig, allerdings ist eine grundlegende emotionalle Kenntnis zu einer realistischen Beschreibung sinnvoll. Es gibt einfach Themen, die können sich Leute, die damit überhaupt nichts zu tun hatten, nicht vorstellen. Und die können sie auch nicht nachvollziehen, wenn sie ihnen jemand erzählt.

Nehmen wir mal das Beispiel "Mord": Man muss jemanden vielleicht nicht umgebracht haben, um es beschreiben zu müssen. Aber jemand, dem jegliche Art von Gewalt fernliegt, wird Probleme haben, eine Gewalttat im Affekt oder aus Not heraus (und in den meisten Fällen gibt es gute Gründe für Morde) zu beschreiben.

Erfahrungen von anderen zählen da nicht, aber grundlegende eigene Erfahrungen können überspitzt und weitergetrieben werden und dabei von Schilderungen anderer geleitet werden.

Ich denke aber, dass Autoren sich da automatisch für Themen entscheiden, die ihnen gefühlsmäßig eher liegen. Das ist auch der Grund, aus dem Manja und ich keine Kindergeschichten schreiben.

Das Problem vieler Jungautoren ist, dass sie sich da überschätzen und Themen nach anderen Gesichtspunkten auswählen als nach dem "liegt mir". Das erlebt man gerade in der "Ich bin so ultra negativ, die Welt ist so schlecht"-Szene, die am Blühen ist, wo die Leute über böse, schlechte Dinge schreiben wollen, weil sie es "reif" oder "rebellisch" finden und von denen sie keine Ahnung haben.
Dieser Wille ist bei Jugendlichen vermutlich eher da als bei Älteren... Und Jugendlich wissen mit der Erfahrung, die sie haben, aufgrund mangelnder Selbstreflexion vielleicht auch weniger anzufangen als Erwachsene.

Man sollte also nicht über seine Möglichkeiten hinaus schreiben...

Liebe Grüße,

Elena
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 12. Juli 2006, 12:15:19
Mir liegen Kindergeschichten aber komischerweise nciht, obwohl ich s viel  mit Kindern zu tun habe... liegt vielleicht daran, dass die Leute imemr erwarten, dass Kinder lieb und nett sind und Kinderbücher dem entsprechen... und jetzt schreib mal ein liebes, nettes Kinderbuch, wenn du genau weißt, zu welchen Grausamkeiten Kinder BEWUSST fähig sein können(ich meine jetzt keine Kleinkinder von 3 Jahren, ich meine Schulkinder)
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Arielen am 12. Juli 2006, 23:01:39
Zitat von: Elena am 11. Juli 2006, 21:25:58
...allerdings ja auch nicht zwangsläufig. Natürlich ist es wahrscheinlicher, in einem höheren Alter mehr Verschiedenes erlebt zu haben, aber ein 15-jähriger kann auch viel mehr erlebt haben als ein 30-jähriger - das hat etwas mit der Einstellung zum Lesen zu tun.
Frage ist in allen Fällen, wie mit dieser Erfahrung umgegangen wird, um das Thema Selbstreflexion noch mal aufzubringen.

Ich sehe es so: Ein vollständige Erfahrung ist meiner Meinung nach nicht nötig, allerdings ist eine grundlegende emotionalle Kenntnis zu einer realistischen Beschreibung sinnvoll. Es gibt einfach Themen, die können sich Leute, die damit überhaupt nichts zu tun hatten, nicht vorstellen. Und die können sie auch nicht nachvollziehen, wenn sie ihnen jemand erzählt.

Das Problem vieler Jungautoren ist, dass sie sich da überschätzen und Themen nach anderen Gesichtspunkten auswählen als nach dem "liegt mir". Das erlebt man gerade in der "Ich bin so ultra negativ, die Welt ist so schlecht"-Szene, die am Blühen ist, wo die Leute über böse, schlechte Dinge schreiben wollen, weil sie es "reif" oder "rebellisch" finden und von denen sie keine Ahnung haben.
Dieser Wille ist bei Jugendlichen vermutlich eher da als bei Älteren... Und Jugendlich wissen mit der Erfahrung, die sie haben, aufgrund mangelnder Selbstreflexion vielleicht auch weniger anzufangen als Erwachsene.
Man sollte also nicht über seine Möglichkeiten hinaus schreiben...


1. Absatz: So jemand wie anne Frank. Die Kriegsgeneration dürfte sicherlich auch sehr viel schneller erwachsen geworden sein als wir, und wer weiß wie viele Leute damals ihre Erlebnisse aufgeschrieben und später weggeworfen haben. Erfahrung ist zwar nicht unbedingt nur vom Alter abhängig, aber bei einem Leben wie wir es führen wohl doch dominanter als bei Leuten in Krisengebieten.

2. Absatz: Denke ich auch. Es ist in erster Linie die emotionale Reife, und die ist nicht vom kalendarischen Alter abhängig.

3. Absatz: Das kommt noch dazu. Man merkt gerade bei den Bösenwichtern die Leute, die mehr erlebt haben und die die noch nicht so viel Böses erlebt haben...
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Hyndara am 13. Juli 2006, 01:58:52
Mh, ich weiß nicht. Ehrlich gesagt glaube ich, man muß nicht unbedingt in einem Krisengebiet leben, um schneller erwachsener zu werden. Es genügen schon genügend "Krisen", durch die man schlittert.

Ari kennt ja die Story, trotzdem:
Als ich 11 war, kam meine Mutter ins Krankenhaus, wegen Gallensteinen. Eineinhalb Jahre später sah ich sie dann wieder (das erste Mal, wohlgemerkt!), da war sie nur noch ein Schatten ihrer Selbst. In der ganzen Zeit hat es mehr als eine lebensbedrohliche Krise gegeben, fast die ganze Zeit über lag sie auf der Intensivstation (wo ich natürlich nicht reindurfte damals). Zudem kam dann noch das ständige Herumnörgeln meiner Geschwister, vor allem eines meiner Brüder, der mich mehr als einmal in Panik versetzt hat. Ich hab die ganze Zeit den Haushalt geführt, mußte einkaufen, kochen, putzen, waschen, usw. Und nebenbei auch noch zur Schule gehen und mich mit meinem cholerischen Vater herumärgern.

So 10 Jahre später haben meine Mutter und ich uns mal über diese Zeit damals unterhalten. Was sie dann zu mir sagte, hat mich richtig erschreckt:
"Als ich ins Krankenhaus kam, warst du noch ein Kind. Als ich zurückkam, warst du erwachsen. Du bist überhaupt das einzige Kind, das ich habe, das schon mit 12 erwachsen war."
Nach dieser Äußerung bin ich erst mal ganz tief in mich gegangen - und mußte dann zustimmen.

Interessant an der Sache ist, finde ich, auch, daß es gerade diese schwere Zeit war, als ich mit dem Schreiben anfing, wenn ich mal eine ruhige Minute hatte.

Naja, das ist jetzt vielleicht kein tolles Beispiel, dennoch denke ich, es gibt auch durchaus hierzulande Situationen, in denen Kinder schneller heranwachsen müssen, die Pupertät mehr oder weniger überspringen und sich gleich einfügen müssen in den Erwachsenenalltag. Die haben dann vermutlich auch schon andere Erfahrungen gemacht als ander in ihrem Alter.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Geli am 13. Juli 2006, 08:17:49
ich verfolge die Diskussion hier nun schon eine ganze Zeit.

Und ich muss Euch sagen, dass nach meiner Überzeugung das Schreiben mit der Erfahrung wachsen muss und umgekehrt die Erfahrung mit dem Schreiben. Wer schreiben will, und das scheint mit hier im Forum bei allen der Fall zu sein, der wird außerdem einfach damit anfangen - ohne erst lang zu fragen, ob er das darf und kann.

Im Idealfall machen wir im Lauf unseres Lebens genau die Erfahrungen, die unser Schreiben bereichern. enn nicht, muss in der Tat die Phantasie des Autors die Lücken füllen.

Autoren sind in der Regel Getriebene. Sie können die Finger nicht davon lassen.

Das einzige, das ich für ein wenig gefährlich halte, und daran erkennt man dann in der Regel auch den nicht so gelungenen Text, ist mangelnde oder gar fehlende Recherche.

Doch Recherche kann man lernen. Außerdem macht es noch Spaß.


Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Manja_Bindig am 13. Juli 2006, 11:28:02
Das hast du schön gesagt Geli... :)

Was die Recherche betrifft - da haben wir hier Glück, dass keiner von uns hauptberuflich Auor ist(außer einigen wenigen) oder sofort nach der Schule einen Bestseller gelandet hat. Das zwingt uns nähmlich zu studieren oder eine ausblidung zu machen.
Und ergo ist meine erste Anlaufstelle, wenn ich einen Chara vergiften will - der Zirkel. Wir profitieren hier quasi von ERfahrungen, de wir selbst nie gemacht haben(ich bin schließlich keine Pharmazeutin) und lassen dafür andere profitieren.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Papiervogel am 13. Juli 2006, 16:07:23
Natürlich entwickeln sich Personen unterschiedlich durch unterschiedliche Lebensumstände.
(Allerdings glaube ich nicht, dass es 12Jährige gibt, die wirklich schon erwachsen sind. In vielen Dingen praktischer als andere, klar, selbständiger, reifer, alles möglich. Aber erwachsen wird man eben durch die Zeit.)

Beim Schreiben der eigenen Erfahrungswelt möglichst nahe zu bleiben, finde ich schon sinnvoll. Das heißt nicht, dass kein Fantasywesen auftauchen darf oder dass man alles schon erlebt haben muss.
Manja schrieb z.B. in einem anderen Thread, dass es ihr nicht gelungen ist, eine 30jährige Hauptfigur glaubhaft 'rüberzubringen und schloss daraus, sie könne keine realistischen Geschichten schreiben. Dabei sagt es eigentlich nur, dass sie einfach zu weit von ihrer Protagonistin entfernt war.

Ich finde, dass man es meistens merkt, wenn Autoren sich nur vorstellen, wie es wäre, magersüchtig zu sein oder eine schlimme Trennung zu erleben oder in was für einer prägenden Situation auch immer zu sein.
Titel: Re: ERfahrung macht den Schrifsteller
Beitrag von: Shaevairc am 15. Juli 2006, 10:40:18
Ich finde das Thema hier unglaublich interessant.
Ich denke allerdings, dass es für jeden einfach ganz unterschiedlich ist. Jeder Mensch empfindet anders und jeder hat ein ganz eigenes Vorstellungsvermögen. Deswegen schafft es der eine vielleicht einfach so, sich in die Psyche eines Gewaltverbrechers hineinzuversetzen, wohingegen der andere eben unglaublich viel recherchieren muss um auch nur ansatzweise zu verstehen, was einen Menschen zu so einer Tat treibt. Für den einen kommt diese "Empathie" mit der Erfahrung ihrer Lebensjahre, andere haben schon in frühen Jahren ein Gespür dafür. Das hängt zum einen mit Veranlagung zusammen, aber natürlich auch mit prägenden Erlebnissen, Erfahrungen eben.

Deswegen denke ich kann man pauschal auch gar nicht sagen, der eine oder der andere ist schlechter oder besser. Das kommt immer auf den einzelnen an.