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Umgang mit Kritik

Begonnen von Ary, 01. Januar 1970, 01:00:00

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Ary

Hi Mitzirkler!

Vielleicht haben hier ja noch andere dieses Problem, und vielleicht könnt ihr mir helfen, einer Lösung zumindest etwas näher zu kommen:
Ich kann es einfach nicht. Ich kann nicht mit Kritik umgehen. Dabei rede ich jetzt gar nicht von Fmaes oder bösen Anfriffen, nein, ich habe sogar Probleme mit ganz ehrlicher, offener, konstruktiver Kritik. Das Dumme ist - ich WILL solche Kritik, da ich ja ohne sie nie darauf gebracht werde, was ich besser machen kann/muß und was vielleicht auch gut ist. Trotzdem - wenn sie dann kommt, ertappe ich mich dabei, daß mir auch gutgemeinte konstruktive Kritik irgendwo wehtut. Wahrscheinlich bin ich einfach nur zu zimperlich...
Wie habt ihr gelernt, mit Kritik unzugehen, bzw. wie geht ihr mit Kritik um?

Liebe Grüße,
Aryana


  
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maja

Ich habe eine sehr kritische, ehrliche Mutter. Sie hat meine Bilder kritisiert, meine Teddies kritisiert, meine Texte kritisiert. Und gelobt, wenn sie ihr gefielen.
Dadurch, daß sie meine Mutter ist, wußte ich, die Kritik geht nicht gegen mich, sondern nur gegen mein Werk. Auch wenn ich nicht immer mit der Kritik einverstanden war - fand ich doch meine Werke immer ganz und gar toll und hatte auch nie etwas anderes als großes Lob erwartet.

Aber auf diese Weise habe ich aber auch gelernt, mich über ein ehrliches Lob viel mehr zu freuen als über ein pauschales. Ich bin ein sehr ehrgeiziger Mensch. Ich gebe immer mit meinen Erzeugnissen an, um Aufmerksamkeit zu heischen, aber eigentlich bin ich mit dem meisten selbst nicht zufrieden. Kritik hilft mir, diese Unzufriedenheit an etwas festzumachen. Ich will immer und immer und immer besser werden. Ich mag nicht auf der Stelle treten. Ich brauche Kritik.

Neulich bekam ich eine Kritik für Engelsschatten gemailt - sie war lang, ausführlich, gut begründet, und vernichtend. Der Verfasser kündigte an, mir auch noch etwas zu Schwanenkind schreiben zu wollen. Ich habe ihm begeistert zurückgeschrieben, was niemanden mehr verwirrte als ihn, denn Schwanenkind hat er dann auch noch verrissen. Wir haben ein paar sehr nette Mails ausgetauscht, und er war so nett, seine Krikit auch noch in mein Forum zu posten.
Ich dachte, vielleicht fühlt sich ein Fan provoziert und geht in Opposition, aber ... Fehlanzeige. Es ist bis dato die einzige schriftliche Kritik, die ich habe.

Aber ich mag es, wenn jemand mein Werk liest, sich Gedanken darüber macht und es dann ernst genug nimmt, um es nicht zu mögen. Weil ich mich dann auch ernstgenommen fühle.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Ary

#2
Hi Maja!

ZitatDadurch, daß sie meine Mutter ist, wußte ich, die Kritik geht nicht gegen mich, sondern nur gegen mein Werk. Auch wenn ich nicht immer mit der Kritik einverstanden war - fand ich doch meine Werke immer ganz und gar toll und hatte auch nie etwas anderes als großes Lob erwartet.

Da hast Du Glück! ich fürchte, meine Mutter ist, wenn es darum geht, meine Werke zu kritisieren, ganz gleich welcher Art sie sind, nicht ganz objektiv - will meinen ZU nett. Mein Vater ist da schon anspruchsvoller, er hat mir einmal ganz ehrlich seine Meinung zu einer geschichte gesagt. Er fand sie langweilig, und inzwischen kann ich ihm da nur recht geben.

ZitatIch gebe immer mit meinen Erzeugnissen an, um Aufmerksamkeit zu heischen, aber eigentlich bin ich mit dem meisten selbst nicht zufrieden. Kritik hilft mir, diese Unzufriedenheit an etwas festzumachen. Ich will immer und immer und immer besser werden. Ich mag nicht auf der Stelle treten. Ich brauche Kritik.

Ich glaube, ich habe einen Schwachpunkt gefunden - ich bin zu schnell mit etwas zufrieden - seltsamerweise nur, wenn ich geschichten schreibe, bei meinen Filks bin ich da viel selbstkritischer. Vielleicht sollte ich das auch bei meinen Geschichten sein....

ZitatNeulich bekam ich eine Kritik für Engelsschatten gemailt - sie war lang, ausführlich, gut begründet, und vernichtend.

Sowas würde für mich wahrscheinlich bedeuten, daß ich mich in ein Schmollwinkelchen zurückziehe und ein "Nie wieder schreiben!"-Gelübde ablege... Wobe das natürlich das falscheste ist, was man machen kann.

ZitatAber ich mag es, wenn jemand mein Werk liest, sich Gedanken darüber macht und es dann ernst genug nimmt, um es nicht zu mögen. Weil ich mich dann auch ernstgenommen fühle.

Da ist was Wahres dran - mein Problem ist wohl, daß ich mich zu sehr mit dem, was ich schreibe, identifiziere, udn darum eine Kritik gegen einen Text als Kritik nicht gegen den Text sondern gegen mich selbst interpretiere.  Liegt vielleicht daran, daß ich meistens sehr eng an den Charakteren hänge, über die ich schreibe. Vielleicht sollte ich mal versuchen, meine eigenen Sachen mit mehr Abstand zu sehen udn mein eigener Beta zu werden, bevor ich meine Ergüsse einem "richtigen" Betaleser in den Rachen werfe!

Danke für's Antworten, Du bringst mich zum Nachdenken, das ist GUT!

Liebe Grüße,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Maja

Es ist nicht so, daß ich mich nicht mit meinen Geschichten oder meinen Charakteren identifiziere. Ich identifiziere mich eigentlich komplett mit ihnen - das mag man kaum offen zugeben, wenn man bedenkt, was für kaputte Arschlöcher meine Figuren sind. Sie sind alle, auf eine Weise, ich.
Aber indem ich andere meine Geschichten und Figuren kritisieren lasse, therapiere ich mich selbst.
Niemand hantiert gern ungesichert mit kritischen Massen.
Robert Gernhardt

Ary

Hi!

:-)
Waisenknaben sind meine Charaktere auch nicht...wenn ich da so an Venaro denke, autsch... vielleicht hänge ich so an ihm, WEIL er so ein kaputter Typ ist.
Vielleicht komme ich ja auch irgendwann mal sowweit, daß ich es schaffe, Kritik an meinen Geschichten und Charakteren als Therapie zu sehen! :-)

Liebe Grüße,
Aryana
Einfach mal machen. Könnte ja gut werden.

Manja_Bindig

Ich glaube, man geht mit Kritik besser um, wenn man das an einzelnen Textstellen festgemacht bekommt:
ich kann es ehrlich gesagt nicht haben, wenn man mir sagt: "Dein Stil ist teilweise ein wenig holprig." Das war am Anfang von der Schreiberei ganz extrem übel.
Ja, ich kenne meinen Stil. Ich seh ihn allerdings betriebsblind und muss wirklich an den betreffenden Stellen gezeigt bekommen, w es holpert. Sonst kann ich mir doch kein Bild machen - ich beziehe das also auf den ganzen Text, obwohl es vielleicht 5 Sätze auf 10 seiten waren, auf die das Holpern zutrifft - und weil ich weiß, dass ich nun doch nciht SO übel schreibe, bin ich dann stinkig mit dem Beta(kleine Warnung an Rei).
Von daher ist es wohl schon zur Verträglichkeit besser, alles an einzelnen Textstellen festzumachen - da kann man sich auch als Autor trösten - immerhin wird es auch Stellen geben, wo nix zu meckern ist.

Elena

Ich würde mir denken: Wenn du Probleme mit Kritik hast, glaubst du selbst nicht an deine Texte.

Hört sich jetzt blöd an, da man immer glaubt, dass eine kritikresistente Person total in ihre eigenen Sachen verliebt ist, aber ich glaube, unterbewusst ist das Gegenteil der Fall.

Zuerst hatte ich auch Probleme mit Kritik (teilweise auch sehr herber), nun ja, weil sie einfach berechtigt war und ich das nicht akzeptieren wollte. Erst jetzt, wo ich ein gewisses Vertrauen in meine Fähigkeiten habe, kann ich mit der Kritik umgehen, weil ich einschätzen kann, was davon wirklich nützlich ist.
Ich brauche meine Texte nicht mehr vor mir zu verteidigen, "aber die sind doch gut", weil ich weiß, wo sie gut sind - und andere mir zeigen, wo nicht.
Mal ehrlich, am meisten nervt doch die Kritik bei Dingen, wo man ganz genau weiß, dass es schlecht ist.
Da trifft sie nur die Wunden und man geht auf Abwehrstellung.

Meine Meinung nach muss man einfach das Gespür für den eigenen Text haben, damit man einordnen kann, wie gut man wirklich ist. Ist es für dich schwierig, mit Kritik umzugehen, bist du dir da vermutlich noch nicht ganz klar.

Liebe Grüße,

Elena

Lastalda

Wobei diese enge persönliche Beziehung tatsächlich was ausmacht. Normalerweise habe ich zu allen meinen Texten zwar auch eine enge Bindung, aber dennoch eine gewisse Distanz. Meine Charaktere sind recht selbstständig. Sicher tragen Protagonisten immer irgendwie Züge des Autors, aber sie SIND nicht der Autor. Wenn ich meine Charas quäle und ihnen sonstwas antue, dann nicht, weil ich Masochist bin, sondern weil es eben in der Geschichte passiert und ich neugierig bin, wie der Charakter damit umgeht.

Aber ich habe da einen Text, der extrem persönlich ist. Und als ich den aus gewohnheit meinem Lektor vorlegte und er da wie üblich seine Kritik anbrachte, ertappte ich mich dabei, wie ich innerlich dicht machte. Normalerweise ist mir jede gute Kritik überaus willkommen, und dass der Mann gut kritisieren kann, wusste ich. Und dennoch prallte alles zu diesem Text einfach nur an mir ab. Vielleicht, weil ich dne Text innerlich wie äußerlich abgeschlossen hatte, bevor ich ihn vorleghte. Wahrscheinlich,w eil er einfahc zu persönlich und nur für mich geschrieben war.

Also braucht man wohl wirklich eine gewisse Distanz zu Texten, sonst hat man keine Chance.

Lastalda

Moni

ZitatMal ehrlich, am meisten nervt doch die Kritik bei Dingen, wo man ganz genau weiß, dass es schlecht ist.
Da trifft sie nur die Wunden und man geht auf Abwehrstellung.

Ohja, das ist ganz sicher so. Da wird sozusagen noch Salz in die Wunden gestreut. Sobald ich weiß, daß dieses oder jenes in einem Text nicht gut ist (sei es inhaltlich oder stilistisch), achte ich extrem darauf, wie andere diesen Text lesen. Gefällt es ihnen, kann ich mir innerlich auf die Schulter klopfen und sagen: Na also, war doch gar nicht so schlecht...
Stellen sie aber die gleichen Mängel fest, die mir selbst schon aufgefallen sind...  Das Wort "Abwehrstellung" passt da sehr gut, man will dann seine Texte unwillkürlich gegen alle Anfeindungen der bösen Welt verteidigen - und ist nicht mehr in der Lage, selber objektiv zu bleiben. Meistens brauche ich nach einer vernichtenden Kritik einige Tage Zeit um sie zu verarbeiten, dann gebe ich mir einen Ruck und fange an, die Kritik umzusetzen.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

»Gegenüber der Fähigkeit, die Arbeit eines einzigen Tages sinnvoll zu ordnen,
ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Silva

#9
Kritik...
Mich trifft sie - anders als Elena und Yuvis härter, wenn ich von etwas überzeugt bin - als wenn ich etwas selbst schlecht finde.

Trotzdem hilft sie mir weiter, wenn sie konstruktiv und speziell ist - denn ich denke ernsthaft darüber nach und versuche mich zu verbessern.

Auf destruktive, pauschale Kritik reagiere ich eher mit Abwehr. Und ich mag es nicht, wenn jemand sich nicht an die Feedback-Regeln hält. Selten ist etwas NUR schlecht, es gibt immer auch positive Aspekte und Ansätze. Die zu benennen finde ich ebenso wichtig wie ehrlich Kritik zu formulieren. Sonst - so empfinde ich das - ist sie eher entmutigend und demotivierend. Wichtig finde ich bei Kritik auch, darauf hinzuweisen, wenn bestimmte Punkte einfach nur nicht den persönlichen Geschmack treffen, an sich aber okay sind.

Wenn jemand mich so kritisiert trifft es mich im ersten Moment natürlich auch - aber ich fange mich dann schnell wieder - und erkenne den Wert darin. :-)

Manja_Bindig

Tja... wenn ich weiß, dass etwas von mir schlecht ist, merk ich es spätestens beim 10 Mal durchlesen. Da beschelcicht mich dann dieses nagende, ohrende, nahezu grausame Gefühl... ich weiß nur nciht WAS genau schlecht ist.
Von daher macht es mich nciht besonders fertig, wenn man mir sagt, dass das und das scheiße ist - ich weiß es ja selber schon. Und dass die Stelle so scheiße ist, liegt nciht an meinem Schreibstil, da bin ich selbstbewusst genug, um zu wissen, dass der zwar noch Entwicklungsbedarf hat, aber auch nciht total mies ist.

Und wenn einer an einer Stelle rumkrittelt, die ich gerade für gelungen halte... naja, wenn ich sie dann immer noch für gelungen halte, kann man es auf die verschiedenen Geschmäcker schieben.  ;D

(übrigens geheimtipp: wenn die KLritiken gespalten sind und das gerade bei Szenen der Fall ist, die einem selber besonders gut gefallen: wenn jeder den gleichen Geschmack hätte, wärs auch langweilig)

Silva

Hihi, Manja...schön, du bringst mich auf noch einen Gedanken: Selbstkritik.

Ich bin ein oberfieser Selbstkritiker. Da vergesse ich leider oft das mit den Feedback-Regeln... *mich-selber-angrummel*

Moni

Zu der Sache mit dem "Kritik erst mal verdauen": im Januar oder Februar diesen Jahres las Maja einen Text von mir, genaugenommen, das mich peinigende erste Kapitel der Schattenhüter. Und sie stampfte es in den Boden.. leider auch noch zu Recht.. Es hat bis letzte Woche Samstag gedauert, bis ich mich soweit aufraffen konnte, auch nur meine bisher geschriebenen Passagen zu ordnen. Aber jetzt habe ich wieder Lust, weiterzuschreiben bzw. mein "Horrorkapitel" noch mal neu anzugehen.
Manchmal ist Kritik wirklich schwer zu akzeptieren, aber letztendlich hat sie mir immer weitergeholfen und dazu geführt, daß ich selbstkritisch an meine eigenen Texte herangehen kann.
Deutsch ist die Sprache von Goethe, von Schiller...
und im weitesten Sinne auch von Dieter Bohlen[/i]
Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Moni

ZitatNeulich bekam ich eine Kritik für Engelsschatten gemailt - sie war lang, ausführlich, gut begründet, und vernichtend. Der Verfasser kündigte an, mir auch noch etwas zu Schwanenkind schreiben zu wollen. Ich habe ihm begeistert zurückgeschrieben, was niemanden mehr verwirrte als ihn, denn Schwanenkind hat er dann auch noch verrissen. Wir haben ein paar sehr nette Mails ausgetauscht, und er war so nett, seine Krikit auch noch in mein Forum zu posten.
Ich dachte, vielleicht fühlt sich ein Fan provoziert und geht in Opposition, aber ... Fehlanzeige. Es ist bis dato die einzige schriftliche Kritik, die ich habe.
Nochmal ich... Ich habe diese Kritiken jetzt mal gelesen und muß sagen: sehr gut, so stelle ich mir eine ausführliche, aber nicht am Text klebende Kritik vor, die nicht nur Schwächen sondern auch Stärken aufzeigt und diese einander gegenüberstellt.
So eine Kritik ist sicherlich nicht leicht zu verdauen, aber sie ist tatsächlich konstruktiv.
http://www.elomaran.de/forum/cgi-bin/yabb/YaBB.pl#kritik


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Stefan Quoos, WDR2-Moderator

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ist alles andere im Leben ein Kinderspiel.«[/i]
Johann Wol

Konstanze

Mein Umgang mit Kritik hängt aber auch sehr davon ab, wer kritisiert.

Grundsätzlich kann ich nicht besonders gut mit Kritik umgehen, aber wenn mein Lebensgefährte etwas an meinen Texten kritisiert, dann schmoll ich zwar auch etwas vor mich hin. Kann dann aber nach einem Moment diese Kritik anerkennen und mit ihm darüber kritisieren, da ich weiß, daß er jeden Text unabhängig vom Inhalt und vom Autor anguckt und kritisiert.

Bei meiner Familie würde ich grundsätzlich davon ausgehen, daß sie nur das Negative sehen, bei Freunden genau umgekehrt - und so kann ich deren Kritik nicht als hilfreich empfinden (und fühl mich trotzdem oft genug verletzt).