Tintenzirkel - das Fantasyautor:innenforum

Allgemeines => Tintenzirkel => Thema gestartet von: kathy am 13. September 2019, 08:21:57

Titel: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: kathy am 13. September 2019, 08:21:57
Hey,
Also um erstmal die Anführungszeichen im Titel zu erklären: Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob man das Wort ,,rentieren" in diesem Zusammenhang nur auf den möglichen Erfolg beim Verlegen reduzieren darf.

Mich interessiert nur, ob ihr an Werken arbeitet, von denen ihr überzeugt seid, dass sie keinen solchen Erfolg haben werden.
Ich stehe nämlich gerade selber vor dem Problem, dass ich gerne ein Buch schreiben würde, obwohl ich mir sicher bin, dass es keinen solchen Erfolg haben wird. Ich weiß nur noch nicht, ob ich den gesamten Aufwand mit der Entwicklung von Sprachen und einer ganzen Welt haben möchte.

Wie ist denn eure Meinung zu solchen Themen?

Liebe Grüße,
Kathy
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Arcor am 13. September 2019, 08:34:22
Das hängt ja auch ein bisschen von der eigenen Zielsetzung ab.

Schreibe ich nur Geschichten, um sie auf jeden Fall zu veröffentlichen? Am besten bei einem Verlag? Dann sollte man vielleicht wirklich darauf achten, was gefragt ist, was einen möglichst großen Erfolg haben kann, und entsprechend andere Ideen nicht schreiben oder erst einmal verschieben.

Schreibe ich primär für mich selbst, um Spaß am Schreiben und der Geschichte zu haben, und denke nur sekundär ans Veröffentlichen (z. B. via Selfpublishing)? Dann sehe ich kein Problem darin, etwas für eine Nische zu schreiben, die vermutlich nicht so viele Leute interessiert.

Persönliches Beispiel: Wenn ich rein nach der Resonanz in meinen Morgan-Tarmus-Romanthreads hier im Forum gehe (gerade im Verhältnis zu anderen), sollte ich wohl nicht ein Wort an den Geschichten schreiben. Trotzdem quäle ich mich über Monate durch die störrischen Plots, weil ich bei aller Arbeit trotzdem Spaß an den Geschichten habe, weil ich meine Figuren und das Setting liebe und erzählen möchte, was meine beiden Protas erleben. Und ich weiß, dass ich stolz auf mich und glücklich sein werde, wann immer ich ein "Ende" unter einen der Bände setzen kann, selbst wenn ich sie nie veröffentlichen sollte.

So wie ich es sehe, musst du dir also primär selber die Frage stellen, ob du nur etwas schreiben willst, was veröffentlicht werden und von vielen gelesen werden soll, oder ob es dir da nicht so sehr drum geht.  :)
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 13. September 2019, 09:10:18
Ich glaube an all meine Projekte. Dabei spielt es bei mir keine Rolle was andere zu einem potenziellen Erfolg meinen. Bevor ich das Buch nicht geschrieben und nicht veröffentlicht habe, weiß ich schlichtweg nicht was die Zukunft bringt. Wenn ich an ein Projekt nicht glaube, dann würde ich es ganz sein lassen. Denn zumindest als Autor*in sollte man voll und ganz hinter dem stehen, was man schreibt. Ob es dann bei der Leserschaft ankommt, zeigt die Zukunft. Die Zukunft ist ungeschrieben und niemand kann wissen was sie bringt. Man kann vielleicht Wahrscheinlichkeitsrechnungen aufstellen, aber auch diese Rechnungen können komplett falsch liegen. Schreib das, was dir am Herzen liegt, wohinter du stehen kannst und was du selbst gern lesen möchtest. Alles weiter hängt zu stark von Variablen ab, die wir nicht beeinflussen können. Das bedeutet aber nicht, dass ich nicht auch Zweifel habe und manchmal verunsichert bin. Und es bedeutet auch nicht, dass ich ein Projekt nicht anpassen würde. Wenn ich beispielsweise einen Verlag an der Angel hätte, meine Leseprobe gefällt, aber das ein oder andre geändert werden sollte, weil es dann besser ins Programm passt, wäre ich auch dazu bereit, solange es keine Komplettänderung ist. Aber grundsätzlich schreibe ich das, was mir auch etwas bedeutet.

Liebe Grüße  :winke:
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Jen am 13. September 2019, 09:14:04
Absolut. :) Mittlerweile denke ich mir bei zwei meiner drei aktuellen Projekte, dass ich es nicht einmal bei einem Verlag versuchen brauche. Stattdessen bekommt es ein wunderschönes, verlags-unverpfuschtes Cover von ,,meinem" Zeichner und landet eben im Selfpublishing – dafür ist das ja da. Und die Verkäufe sind mir mittlerweile auch relativ egal, vielleicht aber auch, weil ich nicht davon leben muss.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Trippelschritt am 13. September 2019, 09:57:09
Andreas Eschenbach hat mal gesagt: "Wenn du nicht schreiben musst, dann lass es."
Das ist vielleicht ein wenig überspitzt, trifft es aber recht genau. Wer mehr als einen Abstecher in die Schreiberei machen will, ist gut beraten herauszufinden, warum er schreiben will. Am einfachsten haben es die, die gar nicht anders können. Die werden zwar später unter Umtständen leiden, aber für sie erledigt sich die Frage nach dem "Warum?".

Und wenn Du das herausgefunden hast, Kathy, dann wird sich wahrscheinlich Deine Ausgangsfrage in dieser Formulierung von selbst auflösen. Die Praxis ist häufiger so: Wer unbedingt schreiben will, schreibt und fängt meist mit dem an, was er einigermaßen beherrscht und was ihn antreibt. Fast jeder, der schreibt, möchste aber auch, dass er gelesen wird. Deshalb schreibt er für sich und für andere und geht damit einen Kompromiss ein. Das ist kein Problem, solange noch genug vom alten Feuer dabei ist.

Was Deine Entwicklung von Sprachen angeht, meine ich, dass das davon abhängt, ob du gern Sprachen entwickelst. Tolkien hat das gemacht. Er hatte aber auch ein Händchen dafür und die Kompetenz. Mir fiele das nie ein. Ich habe das schon sehr, sehr früh eingestellt. In Kindertagen. Aber wenn es dich kitzelt, tue es. Mit dem Schreiben hat das aber nichts zu tun. Du kannst diese Tätigkeit unter Umständehn für ein paar Details nutzen, aber die Kraft einer Geschichte kommt woanders her.

So jedenfalls sehe ich das.
Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Coppelia am 13. September 2019, 10:51:51
Ich denke, nur wer vom Schreiben lebt, kann sich nicht erlauben, Geschichten zu schreiben, die sich nicht rentieren. Und vielleicht ist es dann noch möglich, wenn von der Person genug andere Geschichten geschrieben werden oder geschrieben worden sind, die sich rentieren.

Ich stimme den anderen zu, die hier schon gepostet haben. Außer dem "Erfolg" spielen beim Schreiben noch viele andere Dinge eine Rolle, z. B. der Spaß, den man selbst damit hat. Wenn man bedenkt, was für ein Massenprodukt Literatur ist, wie viele andere Menschen ihre Bücher auch verkaufen wollen und wie wenige Menschen man wohl so tief berührt und interessiert, wie man selbst von den eigenen Texten berührt/interessiert ist, ist der eigene Spaß vielleicht das, was am wichtigsten ist - wenn man nicht vom Schreiben lebt.
Und wie Arcor finde ich auch, dass man Spaß haben kann, obwohl Schreiben so eine Knochenarbeit ist und man oft mit dem was man macht, kämpft und daran verzweifelt. So geht's mir jedenfalls.

Zugleich finde ich es sehr hart, zu wissen, dass das, woran ich schreibe, sich mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht rentieren (d. h. nur wenige Menschen interessieren, vielleicht kaum gelesen werden) wird. Aber ich "muss" (eher: will) es trotzdem schreiben, weil es mir so extrem am Herzen liegt. Ich habe mir immer gewünscht, vom Schreiben leben zu können. Mittlerweile habe ich aber längst akzeptiert, dass das nie der Fall sein wird.

Schwierig finde ich es außerdem, sehr viel Zeit für eine Geschichte aufzuwenden, die voraussichtlich wenig Leser*innen finden wird. Aber da ich langsam arbeite und nicht allzu viel Freizeit habe, ist es bei mir trotzdem so. Es gefällt mir nicht, aber ich kann es nicht ändern. Auch hier ist es mir einfach wichtig, dass die Geschichte gut wird, und es dauert halt so lange, wie es dauert. Aber lieber würde ich noch viel, viel mehr schreiben.

Das hat nichts damit zu tun, dass ich nicht an meine Geschichten glaube. Ich liebe, liebe, liebe sie. ;)
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Alana am 13. September 2019, 12:34:50
Ja, ich muss gestehen, dass es mir schwerfällt, meine Zeit innetwas zu investieren, das sich vielleicht nicht verkaufen lässt. Manchmal tue ich es dennoch, z.B. im Nano. Wenn ich etwas unbedingt schreiben will, weil es mich einfach nicht loslässt, dann mache ich es auch. Aber meist hat man ja viele Ideen und Projekte und dann wähle ich oft das aus, was gut verkaufbar erscheint.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Steffi am 13. September 2019, 13:01:17
Ich schreibe leider ausschließlich Bücher, die sich nicht verkaufen lassen, zumindest in der Fantasy. Oder zumindest nichts, an das größere Verlage oder Agenturen glauben, weshalb ich auch immer noch keine Agentur gefunden habe, was ziemlich schmerzt. Daher habe ich oft dasselbe Problem wie du - ich weiß, dass meine Bücher keine Aussicht auf Erfolg haben. Mittlerweile denke ich zwar, dass ich sie einfach als SP auf den Markt werfen werde, aber sich zum Schreiben zu motivieren wenn man weiß, dass sich kein Schw*** für die Bücher interessieren wird, ist auch Knochenarbeit.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 13. September 2019, 13:34:00
Bei mir ist es auch tatsächlich so, sollte ich sagen, dass ich noch nicht weiß, ob sich meine Geschichten werden verkaufen lassen. Ich habe was das Veröffentlichen anbelangt noch keine Erfahrung. Zwar schreibe ich schon seit meiner Kindheit, habe insofern Schreiberfahrung, denke aber erst seit ein paar Jahren übers veröffentlichen nach (meine Fanfictions und Romanstilrollenspiele in Foren klammer ich bewusst aus). Da ich mit dem Selfpublishing liebäugel will ich mir erst einen Puffer anschreiben, wobei ich durchaus auch Interesse an Verlagen/Agenturen habe, wenn sich durch die Buchmesse zufällig was ergibt. Wahrscheinlich bin ich daher auch optimistischer und sage mir ich glaube daran, dass sich meine Projekte rentieren werden. :) Ob ich dann das Glück habe zum richtigen Zeitpunkt, die richtigen Leute damit zu erreichen, wird die Zukunft zeigen. Natürlich kann ich auch Pech haben, aber davon lass ich mich mal nicht einschüchtern.

Was Trippelschritt erwähnte, finde ich sehr gut. Finde heraus was deine Motivation zum Schreiben ist. Für mich hab ich herausgefunden ich brauche das Schreiben. Nur dann fühl ich mich erfüllt. Von daher stellt sich mir die Frage mit dem rentieren auch nicht wirklich, weil ich sowieso schreiben würde. Und daher ist meine Antwort auch ja, wobei ich hoffe, dass es sich gelohnt haben wird :)
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Alina am 13. September 2019, 16:02:17
Ich schreibe erst seit ein paar Jahren und habe bisher noch nichts veröffentlicht. Und ich glaube nicht daran, dass ich mit meinen gegenwärtigen Buchprojekten irgendwelches Geld verdienen kann. Für mich wäre es schon ein großer Erfolg, Leser zu finden, die meine Geschichten gerne lesen.
Aber ich denke, dass man sich beim Schreiben weiterentwickelt, dazulernt und Erfahrungen sammelt. Und ich mache mir zumindest Hoffnungen, im Laufe der Zeit vielleicht auch mehr Erfolg beim Verlegen zu haben.
Insgesamt geht es mir so, wie Trippelschritt es beschrieben hat: Ich könnte gar nicht aufhören, zu schreiben.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Feuertraum am 13. September 2019, 21:34:33
Ich muss da mal Fragen zurückfragen, auch wenn ich damit Gefahr laufe, schallend ausgelacht zu werden:
Wie definieren Sie "rentieren"? Und wie "Erfolg"?

Grundsätzlich schließe ich mich meinen Vorrednern an und sage: Irgendwo "muss" man schreiben, weil es einen nicht mehr loslässt. Weil da ein inneres Stimmchen sagt: Hei, komm, schreib mich.
Wenn ich die Begriffe rentieren und Erfolg für mich selber definiere, ist das Rentieren eigentlich dadurch gegeben, dass die Geschichte geschrieben ist, ich sie auf die Welt geholt habe, dem unendlichen Buch der Geschichten eine weitere hinzugefügt habe. Ob sie dabei nun kommerziell erfolgreich wird oder nicht, sollte dabei Nebensache sein.

Erfolg ist für mich, wenn die Geschichte fertig ist, und zwar so fertig, wie ich eine Geschichte gerne lesen möchte.
Zudem hat das ganze noch einen Vorteil: wenn man tatsächlich eine Story fertig hat, so kann man diese unter Umständen auf seine Webseite packen, und falls ein Interessierter vorbeikommt, bekommt er einen Eindruck vom Schaffen des/der Autoren/Autorin.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Kaeptn am 13. September 2019, 22:14:14
Was "rentieren" in diesem Zusammenhang heißt, kann man mMn auf drei Arten definieren:

1) Wie schon diverse es hier nannten, wegen des Schreibens selbst. Wenn einfach das Fertigwerden einem schon eine tiefe Befriedigung verschafft und man stolz und zufrieden ist, vielleicht nach harten Kämpfen mit Plot, Charakteren ... eine fertige Geschichte zu haben, hat sich das Schreiben für viele schon gelohnt.

2) Wegen der Wertschätzung: Manch einer will gar nicht veröffentlichen oder Geld verdienen, er gibt die Geschichte nur Freunden oder Bekannten zu lesen, oder verschenkt sie via Wattpad - und freut sich über das (hoffentlich positive) Feedback. Die Arbeit hat sich rentiert, weil Leser das Werk zu schätzen wissen.
Und selbst wenn man die Geschichte veröffentlicht und sie total floppt, kann sie sich durch positives Feedback der Betaleser oder durch gute Rezensionen noch "rentieren."

3) Und dann gibt es eben noch den wirtschaftlichen Aspekt, also "rentieren" im wahrsten Sinne des Wortes. Hat die Arbeit sich auch monetär gelohnt? Nebenbei zeigt der wirtschaftliche Erfolg dabei aber auch noch an, wie viele Leser man erreicht hat.

Welche Ziele man verfolgt, ist sicher bei jedem Autor unterschiedlich und hängt vielleicht auch vom Erfolg ab, den man schon mal hatte. Und als Self-Publisher ist Punkt 3 nun mal nicht ganz unerheblich, weil man eben die Kosten für Lektorat und Cover wieder reinholen muss.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Vidora am 14. September 2019, 10:11:17
Wie andere schon angeführt haben, kommt es natürlich sehr darauf an, was man für sich erreichen möchte und warum man überhaupt schreibt.

Als jemand, der seinen Lebensunterhalt damit zu verdienen versucht, würde ich schon von mir sagen, dass ich versuche, mich nicht in Ideen zu verlieben, die ich für Ladenhüter halte - aber bisher war das auch kein großes Problem. "Rentabel" ist ein Buch für mich, wenn es einen bestimmten Umsatz im Verhältnis zu der Zeit erzielt, die ich für die Erstellung (von Planung bis Veröffentlichung) brauche. Ein Buch, an dem ich zwei Monate gearbeitet habe, und dessen Cover mich 300 € gekostet hat, sollte nicht nur 500 € einspielen ... grob gesagt.
Natürlich muss man auch immer abwägen. Ich könnte nicht wochenlang an etwas arbeiten, das mich nicht packt und mitreißt. Ich habe auch schon einen Roman geschrieben, von dem ich vorher geahnt habe, dass er sich nicht so gut verkaufen würde ... hat er dann auch nicht, aber ich habe es durchgezogen, weil mir das Buch wichtig war. Kann man machen, wenn man es sich leisten kann :D
Das Herz bestimmt gerne, was gemacht wird.
Wenn finanziell nicht so viel davon abhängt, würde ich immer dazu raten, das zu schreiben, wofür das Herz schlägt. Egal ob das dann ein seltsamer Genremix ist, oder ein Thema, das als kaum verkäuflich gilt.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Maja am 15. September 2019, 06:43:49
Wenn ich eine Geschichte habe, die ich unbedingt schreiben will, dann schreibe ich sie - und habe dabei meistens im Hinterkopf, dass es keinen Markt dafür gibt, und halte mich an diesem für mich sehr befreienden Gedanken fest, bis die Geschichte fertig ist und ich sie doch anbiete. Aber ich mag es, beim Schreiben keinen Druck zu haben, und wenn ich schon von Vornerein davon ausgehe, dass die Geschichte sowieso keine Chance hat, dann kann ich alle Plotentscheidungen nur davon abhängig machen, was ich selbst gerade will oder was die Geschichte braucht.

Der größte Luxus, den diese Bücher für die Schublade haben, ist, dass ich mir mit ihnen Zeit lassen kann. Wenn mir danach ist, schreibe ich dran. Wenn nicht, zurück in die Schublade damit. Aber ich schreibe an diesen Sachen deutlich freier als an dem, für das ich einen Vertrag in der Tasche habe. Tatsächlich bin ich beim Schreiben von Dingen, für die ich einen Vertrag habe, so deramßen blockiert, dass es mich alle Freude am Schreiben kostet. Ich beiße mich durch, und ich werde brav auch den dritten Band meiner Fälscher schreiben - aber das wird bis auf weiteres das letzte Buch, das auf diese Weise entstehen muss.

Ich kann diesen Druck beim Schreiben nicht brauchen. Er tut mir nicht gut. Ich bin zur Zeit körperlich und psychisch ein Wrack, weil ich sechs Monate lang nur verbissen auf meine Deadline hin gearbeitet habe. Ich will Bücher schreiben, ohne mir Gedanken über ihre Verkaufschancen machen zu müssen, Bücher, die ich erstmal nur für mich und den Spaß am Schreiben schreibe, und die sich dann vielleicht doch verkaufen oder eben nicht.

Ich liege sowieso immer daneben mit meiner Einschätzung, was sich verkauft und was nicht. Meine "Mohnkinder", denen ich echt gute Karten eingeräumt hätte, sind echt bei allen Verlagen in der Vorrunde durchgefallen. Mein "Puppenzimmer", das ich für zu versponnen und schräg und genrefremd hielt, war ein großer Erfolg. Bei den "Spiegeln von Kettlewood" hat das gleiche Schnittmuster dann nicht mehr funktioniert. Ich will nicht mehr raten. Ich schreibe, was ich will, und im Zweifelsfall habe ich hinterher ein gutes Buch, das ich mit Vergnügen lesen kann. Mit Glück habe ich ein Buch, das jemand kauft. Aber das will ich wirklich nicht mehr zur Voraussetzung machen, ob ich ein Buch schreibe oder nicht.

Ich habe im Moment nur einen einzigen Verlag, der bereit ist, mit mir zusammenzuarbeiten. Und dieser Verlag wird nicht jedes Jahr ein Buch mit mir machen. Wenn die Fälscher durch sind, werde ich Wartesemester einlegen müssen - die Hobbit Presse hat nicht mehr als einen deutschen Autoren pro Halbjahr im Programm, jetzt im Herbst kommt zB der neue Plaschka, und zum Glück inzwischen doch deutlich mehr als zwei deutschsprachige Autoren. Wenn also 2021 der dritte Teil der Fälscher erscheint, rechne ich nicht vor 2024 mit dem nächsten Projekt. Was mache ich in der Zeit? Bücher schreiben, nehme ich an.

Aber ich sehe keinen anderen Verlag, der an mir interessiert wäre. Wir suchen ja noch was für meine Jugendbücher, da habe ich ein paar wirklich schöne in der Schublade, aber das Interesse daran ist mehr als verhalten. Trotzdem schreibe ich meine "Stadtkinder" zuende und liebe jedes Wort davon. Oder mein "Lied aus Glas". Und in der Erwachsenenfantasy liebe ich einfach meine "Gauklerinsel" noch immer, und meine "Traumstadt" gerade wieder ganz besonders, und ich freue mich auf so viele neue Projekte ... Haben die alle eine Chance? Sicher nicht. Aber ich schreibe sie, um ihrer selbst willen - und um meiner. Weil sie mich einfach glücklich machen. Jeden Erfolg darüber hinaus werte ich als nicht einklagbaren Bonus.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Lisa Bell am 01. Oktober 2019, 20:27:16
Ich habe vor sehr langer Zeit entschieden, dass ich schreiben will, um zu schreiben. Ich strebe derzeit bei keinem Text von vornherein eine kommerzielle Veröffentlichung an, weil das die Geschichte verändern würde, die ich erzählen will. Das degradiert das Schreiben wohl auf Lebenszeit zum Hobby, nimmt aber den Druck etwas produzieren zu müssen, das anderen inhaltlich gefällt.

Das soll jetzt aber nicht den Anspruch ans Werk relativieren, sich zu verbessern. Jeder Text ist ein Baustein im Haus des Schreiben(lernen)s und hat seine Berechtigung. In diesem Sinne gibt es keine "Fehlgriffe", aber eigentlich immer Raum zur Verbesserung oder zumindest Veränderung. Dennoch lege ich die meisten Geschichten irgendwann beiseite und friemel am nächsten herum. Die 30te Überarbeitung hat bei mir noch kein Text gesehen. Aber aus "Fehlern" vorangegangener Geschichten habe ich durchaus schon Schlüsse gezogen.


Ob es sich lohnt, ein solches Buch ins Blaue hinein zu schreiben, kann man sich also nur selbst beantworten. Will man es schreiben oder will man es veröffentlicht sehen? Für mich klingt beides nach einem erstrebenswerten Ziel.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Erin am 12. Oktober 2019, 14:39:24
Ich arbeite derzeit an meinem ersten Buch, dass ich veröffentlichen will. Ich habe nicht den geringsten Schimmer, ob es irgendwann irgendjemand kaufen wollen würde. Aber ich habe mir gedacht, dass der Versuch ja nicht schadet.

Willst du eine Geschichte schreiben, tu es. Egal, ob du sie für dich schreibst, oder ob du sie veröffentlichen willst. Ich denke nicht, dass es sich wirklich lohnt, wenn man eine Geschichte den Erwartungshaltungen von anderen anpasst. Diese sind nämlich sehr verschieden. Gut, es gibt allgemeine Dinge, die im Allgemeinen besser ankommen. Zum Beispiel ein ordentlicher Spannungsbogen, Konflikte etc. Und all das würde ich auch sofort berücksichtigen, vor allem, weil es mein Buch auch in meinen Augen besser machen würde, denn im Prinzip ticke ich ja auch, wie die meisten anderen Menschen, aber NUR, wenn dadurch die Grundidee keinen Schaden nimmt.
Man muss nämlich nicht nur wissen, warum man schreibt, sondern warum man eben dieses eine Buch schreibt. Wenn man weiß, worum es einem wirklich geht, dann weiß man, ob man ein Story-Element, oder was auch immer, zu Gunsten der Leser verändern kann.
Wenn du dich jetzt aber fragst, ob du eine eigene Sprache und eine komplette Welt für deinen Roman erfinden solltest, nun ja, dann würde ich sagen: Tu es ausschließlich dann, wenn du wirklich Lust darauf hast. Das ist eine riesen Arbeit, und wenn du keinen Spaß daran hast, könnte das unter Umständen die Qualität deiner Geschichte negativ beeinflussen. Der wohl wertvollste Tipp, den ich je zum Thema "Schreiben" gefunden habe, ist der, dass man in der Art seines Erzählens aufrichtig sein sollte. Wenn du etwas erzwingst, obwohl du nicht das Gefühl hast, dass es in die Geschichte reingehört, und es zu dem noch nicht mal von primärer Wichtigkeit wäre, dann hat das wenig Sinn. Letzten Endes brauchst du nur das wirklich, was deinen Plot voran bringt. Das sehen die meisten Leser, glaube ich, genau so.
Und wenn es dann am Schluss doch keiner lesen will, dann bist du wenigstens dir selbst und der Geschichte treu geblieben, und da man mit jedem Satz, den man schreibt, ein wenig dazu lernt, hat sich auch das am Ende rentiert.

Ich würde also niemals von vorne herein davon überzeugt sein, dass aus meinem Buch nie was richtiges wird. Steiger dich nicht in irgendwelche Erwartungen hinein, denn dann kannst du enttäuscht werden, natürlich, aber erlaube dir, an dein Buch zu glauben! Versuch es! Wer weiß, vielleicht wird aus dem Buch doch mehr, als gedacht? Soweit ich weiß wurde der erste Teil von "Harry Potter" sehr oft abgelehnt, bis sich irgendein Verlag erbarmt hat, und heute ist eine gewisse Autorin die reichste Frau Englands. (...Hoffentlich bin ich da richtig informiert, sonst erzähle ich gerade Unsinn! ;D)

Um auf den Punkt zu kommen: Tu was du willst! Im wahrsten Sinne des Satzes.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: canis lupus niger am 14. November 2019, 16:18:19
Zitat von: Arcor am 13. September 2019, 08:34:22
Das hängt ja auch ein bisschen von der eigenen Zielsetzung ab.

[...]

Schreibe ich primär für mich selbst, um Spaß am Schreiben und der Geschichte zu haben, und denke nur sekundär ans Veröffentlichen (z. B. via Selfpublishing)? Dann sehe ich kein Problem darin, etwas für eine Nische zu schreiben, die vermutlich nicht so viele Leute interessiert.

Genau so sehe ich das auch. Ich persönlich schreibe meine Geschichten, weil sie mir Freude machen.

Lesergeschmack ist nicht Verlegergeschmack, und selbst der letztere ändert sich über kurz oder lang. Vielleicht wird eine "unrentable" Geschichte doch irgendwann mal verkäuflich. In der Autobiografie von Stephen King stand, dass seine Frau das Manuskript von "Carrie" irgendwann mal aus seinem Papierkorb fischen musste. Bekanntermaßen wurde das Buch ein Weltbestseller.

Der erste Band von Harry Potter ... siehe oben!

Andererseits gibt es Leute im Verlagswesen, die sagen, ein Roman wie der "Herr der Ringe" würde heutzutage von keinem Verlag mehr zur Veröffentlichung angenommen. Dieser Roman wurde immerhin von den Mitgliedern der Britischen Literarischen Gesellschaft per Abstimmung zum besten englischsprachigen Roman aller Zeiten gekürt. Wie gesagt, Geschmäcker ändern sich.

Wenn man eine Geschichte für schreibenswert hält, sollte man sie aufschreiben, notfalls für sich selber.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Telas am 14. November 2019, 18:34:41
Bei mir steht beim Schreiben der Spaß an erster Stelle und nicht, ob mein Werk eine Perspektive auf dem Buchmarkt haben könnte oder nicht. Ich bin auch ehrlich zu mir selbst und bin der Meinung, dass meine Schreibe einfach nicht ausreicht, um sich wirklich verkaufen zu können. Aber deswegen kann ich mein Hobby trotzdem für mich ausüben und meine Ideen kreativ umsetzen. Es ist einfach ganz erstaunlich, was für tolle Welten der eigene Verstand erschaffen und entwickeln kann.
Wenn man nur für Verkaufszahlen schreiben würde, so könnte ich mir nur schwerlich vorstellen, dass dies ebenso erfüllend sein kann, wie einfach nur aus Spaß an der Freude zu schreiben.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Rewa Kasor am 14. November 2019, 19:09:51
@Telas: Für mich kann ich nur jedes deiner Worte 1:1 übernehmen. :jau: Danke für die Ausformulierung!  ;D
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 14. November 2019, 19:14:14
Ich finde ja ehrlich gesagt, es gibt keine Geschichte, die sich nicht rentiert. Wenn sie geschrieben werden will, will sie geschrieben werden und sollte hinausgetragen werden in die Welt.

Die Zukunft ist eine lange Straße, die überall hinführen kann. Bevor die Geschichte nicht fertig ist, kann niemand wissen, was aus ihr wird. Ich finde es vermessen von den Menschen immer zu versuchen Prognosen über die Zukunft anzustellen. Wir kennen die Zukunft nicht. Sie ist noch nicht geschrieben. Und leben, können wir nur im heute, nicht im morgen.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Zit am 14. November 2019, 21:52:39
Hm... Wir nennen es vielleicht Prognosen, aber am Ende sind es auch nur Ziele, die wir uns setzen und/ oder der ehrliche Blick darauf, ob wir (unsere) Ziele erreichen können oder nicht. Und sich hin und wieder zu fragen, ob das, was man da gerade tut, irgendwann auch Früchte trägt ist sicher nicht verkehrt, um herauszufinden, ob man mit Projekt X, Y, Z weiterhin Zeit verbringt oder ob man nicht lieber etwas anderes tut.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Wordzombie am 15. November 2019, 07:56:19
Ich glaube auch, dass es in dem Sinn keine sinnlosen bzw. nutzlosen Geschichten gibt. Wenn sie sich nicht für den Büchermarkt eignen, dann doch immer noch für mich oder mein kleines, privates Publikum aus Freunden und Familie  :)
Ich hoffe nach wie vor, mein aktuelles Manuskript nebst Fortsetzungen einmal an den Mann bringen zu können, bin im Grunde aber auch einfach stolz darauf, es überhaupt geschaffen zu haben.
Abgesehen davon, wenn ich mir ansehe, was heutzutage so alles in den Regalen steht bzw. als "Bestseller" in den Himmel gelobt wird, zweifle ich manchmal ohnehin am Geschmack meiner Mitmenschen...   :seufz:
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Trippelschritt am 15. November 2019, 10:36:59
Ursula LeGuin hat einmal in einem ihrer Essays über das dreifache Vertrauen eines Autors geschrieben. Er muss sich selbst vertrauen können, seiner Geschichte, die er schreibt, und dem Leser, der sie liest.

Ich kann dem nur zustimmen, denn der Leser ist ein Teil des (Kunstwerkes). Auch der Behauptung, dass eine Geschichte ohne Leser gar nicht exisitiert, obwohl dass schon hart an der Grenze und ganz bestimmt diskutabel ist. Ist ein bild, das ein Künstler malt und anschließend für immer im Keller gelagert wird, wirklich ein Bild? Oder nur Farbe auf Leinwand?

Aber unabhängig davon, ob man diese Ansicht teilt, gibt es viele Geschichten oder Bilder, die trotzdem etwas bewirken, auch wenn sie nicht gleich die Rente erhöhe (s. Titel). Denn einen Leser gibt es immer. Es ist der Autor selbst. Außerdem verändert das Schreiben einer Geschichte den Schreiber. Es gibt viele Gründe zu schreiben, die das Publizieren nicht unbedingt einschließen. Und trotzdem:

Eine Geschichte braucht seine Leser, um fertig zu werden. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass ich hundertprozentig für den Markt schreibe. Denn das führt dazu, dass der Autor sich selbst vergisst, seine Geschichte die Kraft verliert und von einem Kunstwerk zu einem reinen Handelsprodukt wird.

Wäre jetzt nicht gerade Nano würde ich vielleicht mal ganz gern einen Thread starten, der sich mit fiktiven Geschichten als Kunstwerke beschäftigt, auch wenn ich weiß, dass bereits bei dem, was man unter Kunst zu verstehen hat, kein konsens zu erzielen sein wird. Kunst zu definieren haben schon klügere Leute versucht als wir. Und trotzdem steht so mancher kleine Hobbyschreiber irgendwann vor der Frage, ob das Kunst ist, was er da macht.

Ich halte das für eine lohnende Frage.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 15. November 2019, 17:03:39
ZitatEr muss sich selbst vertrauen können, seiner Geschichte, die er schreibt, und dem Leser, der sie liest.

Dem stimme ich auch zu  ;D  :knuddel:

Und ich hoffe ich hab gestern nicht zu harsch geklungen. Irgendwie hat mich das Threadthema wieder mal etwas getriggert, daher kann sein, dass ich mich etwas harsch ausgedrückt habe.

ZitatWäre jetzt nicht gerade Nano würde ich vielleicht mal ganz gern einen Thread starten, der sich mit fiktiven Geschichten als Kunstwerke beschäftigt, auch wenn ich weiß, dass bereits bei dem, was man unter Kunst zu verstehen hat, kein konsens zu erzielen sein wird. Kunst zu definieren haben schon klügere Leute versucht als wir. Und trotzdem steht so mancher kleine Hobbyschreiber irgendwann vor der Frage, ob das Kunst ist, was er da macht.

Ich kann hier nur für mich sprechen, aber meiner Meinung nach sind fiktive Geschichten Kunstwerke. Literatur, das Schrieben an sich ist für mich eine Form von Kunst.  Aber da scheiden sich vermutlich die Geister.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Amanita am 15. November 2019, 19:12:18
ZitatIst ein bild, das ein Künstler malt und anschließend für immer im Keller gelagert wird, wirklich ein Bild? Oder nur Farbe auf Leinwand?
Zumindest, wenn er es in seiner Wohnung an die Wand hängt, statt es im Keller zu lagern, ist es ein Bild. Was soll es denn sonst sein?
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Zit am 15. November 2019, 19:48:55
Was soll es denn sein, wenn es im Keller steht? Die Definition eines Bildes ist nicht davon abhängig, ob jemand es sich anschaut.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Trippelschritt am 15. November 2019, 20:53:04
Genau das ist die große Frage. Einmal aus philosphischer Sicht. Existieren Dinge auch dann, wenn niemand sie wahrnimmt? Aber darauf wollte ich nicht hinaus.
Und zum anderen: Ist ein bild ein Bild im sinne von Kunst, wenn ihm die Begegnung mit dem Betrachter vorenthalten wird?

In diesem Zusammenhang gab es einmal eine lebhafte Diskussion, ob Affen Kunstwerke erschaffen können. Etliche Menschenaffen (fast alles Schimpansen, wenn ich mich recht erinnere) malten mit den fingern, wenn man ihnen Unterlage und Farbe vorsetzte. Die "Affenbilder" wurden später ausgestellt und waren in der Tat verblüffend. (Ich finde die Bücher grad nicht. Mindestens eines war von Desmond Morris, Muss so in den Siebzigern gwesen sein.) Was aber zunächst niemand erzählt hat, war, dass der Versuchsleiter den Affen die Bilder weggenommen hatte, wenn er meinte, dass sie fertig waren. Hätte er das nicht getan, hätten die Affen gemalt, bis die Farbe verbraucht war oder die Fläche schwarz war.

Kunst bracht den menschlichen Betrachter, denn nur durch den Menschen wird sie zur Kunst. Und das gilt auch für Bücher/Geschichten. Zumindest für mich.
Aber das soll niemanden davon abhalten zu schreiben. Außerdem gibt es Menschen, die können nicht ohne Schreiben.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: canis lupus niger am 16. November 2019, 01:41:41
Zitat von: Trippelschritt am 15. November 2019, 20:53:04
Genau das ist die große Frage. Einmal aus philosphischer Sicht. Existieren Dinge auch dann, wenn niemand sie wahrnimmt? Aber darauf wollte ich nicht hinaus.
Und zum anderen: Ist ein bild ein Bild im sinne von Kunst, wenn ihm die Begegnung mit dem Betrachter vorenthalten wird?

Ein Gedanke, mit dem auch Pratchett sich immer wieder beschäftigt hat. Wenn ich ihn richtig verstanden habe, dann meinte er wohl, dass das so sei. Die Schrödinger-Katze, die man in einen Karton steckt, so dass man sie nicht sehen kann. Ist sie also drin, oder nicht?
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Rewa Kasor am 16. November 2019, 01:53:15
Ich geh mal wieder in den Klugscheiss-Modus: Bei Schrödingers Katze ist nicht die Frage, ob sie in der Kiste ist oder nicht. Dass sie darin ist, wird vorausgesetzt. Es geht vielmehr darum, dass sie in einen Zustand gebracht wird, in dem sie gleichzeitig lebendig und tot ist.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 16. November 2019, 06:34:18
@Trippelschritt: Wenn Kunst den menschlichen Betrachter braucht, dann braucht es nur eine Person, die das Bild, den Film, die Geschichte betrachtet. Und das ist bereits die kreative Person selbst. Indem die kreative Person erschafft und ihr Werk als Kunstwerk betrachtet, wird es nach deiner Theorie zur Kunst.  ;D
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Trippelschritt am 16. November 2019, 11:00:25
Das könnte man so sehen. Aber hänge meine Gedanken nicht zu hoch. Eine Theorie habe ich nicht. Noch nichrt einmal eine Hypothese. Wohl aber eine wohlbegründetete Meinung, die sich glücklicherweise noch nicht zu einer Überzeugung verhärtet hat.

Um etwas zu einem Kunstwerk zu erheben, sind für mich zwei Voraussetzungen nötig. Erstens einen menschlichen Schöpfer. Zweitens eine menschliche Bewertung. Kunst ist Menschensache. Noch, jedenfalls :)
Ob der Schöpfer/Künstler und der Betrachter/Publikum im Extremfall ein und dieselbe Person sein können, halte ich für grundsätzlich möglich, würde aber die Folgefrage nach Qualität eines Kunstwerks erschweren. Deshalb möchte ich das für mich gern trennen.

Und für mich gibt es auch noch ein drittes Kriterium außer Künstler und Publikum. Das ist die Reichhaltigkeit an Krativität und Ideen. Denn ohne diese Forderung oder eine vergleichbare, könnte jeder Depp sein Geschmier als Kunstwerk bezeichnen. das ergäbe theoretisch vielleicht sogar Sinn, würde aber den Begriff des Kunstwerks oder der Kunst obsolet machen. Dass dieser Gedanke durchaus schon einmal aus berufenem Munde formuliert wurde, darf nicht überraschen. Beuys ging damit jedenfalls an die Öffentlichkeit und er erklärte jeden Menschen als Künstler.

Damit das jetzt nicht zu OT wird ...
Wer eine Geschichte schreibt und für sich glaubt, sie wäre einigermaßen gelungen (oder auch nicht), kann sich schon einmal mit dem Gedanken anfreunden, ein Kunstwerk erschaffen zu haben. Und vielleicht sogar so etwas wie Ehrfurcht davor zu haben, denn ein Teil von dem, was da geschrieben wurde, kam auch aus dem Unterbewusstsein als Teil eines kreativen Prozesses, aus der Intuition oder was weiß ich. Auf jeden Fall aus Bereichen des Gehirns (der Seele, wer den Ausdruck lieber mag), die unserem Verstand nur schwer zugängig sind.

Ich unterstütze mit meiner Meinung also alle die Meinungen, die sagen, dass es keine Geschichten gibt, die nicht etwas in sich tragen, dem nachzuspüren es sich lohnen kann. Und damit bin ich wieder mitten im Thema.

Liebe Grüße
Trippelschritt
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Marta am 16. November 2019, 23:09:49
Das Thema "Darf ich das schreiben, obwohl es vermutlich kein Geld bringt?" ist bei mir gerade ein sehr großes. An sich schreibe ich immer das Buch, für das ich gerade am meisten brenne, das unbedingt geschrieben werden will. Im Moment auch, allerdings weiche ich damit zum ersten Mal von meinem Hauptgenre Gay Romance ab.

Das Problem: Ich habe keine Ahnung, ob die neue Story sich rentieren wird oder nicht. Kann sein, dass sie es tut, kann sein, dass sie untergeht. Aber ich WEISS, was ich verdienen würde, wenn ich die gleiche Zeit in Gay-Romance-Bücher stecken würde. Mehr, nämlich. Also, vermutlich. Keine Ahnung.

Erschwerend kommt hinzu, dass die neue Story eine 12teilige Serie wird. Das bedeutet mindestens ein halbes Jahr Arbeit, bei dem ich nicht weiß, ob es sich finanziell lohnen wird. Über einen Ein-Buch-Ausflug in ein neues Genre würde ich nicht lange grübeln, aber so viel Zeit zu investieren lässt mich doch sorgenvoll die Stirn fälteln.

Außerdem bin ich gerade die Hauptverdienerin der Familie ... Es fällt mir also wirklich nicht leicht, die sichere Bank zu verlassen.

Aber: Ich würde (fast) immer dazu raten, das zu schreiben, was man schreiben will. Bisher bin ich gut damit gefahren, auf diese kleine Stimme zu hören, die "Hey! Das!" schreit, auch wenn "das" absolut keinen logischen Sinn zu machen scheint. Angst habe ich trotzdem, egal, wie oft ich es mache.
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Amanita am 19. November 2019, 20:20:24
Nochmal ein paar Worte zu der Kunstfrage. Ich sehe da durchaus einen nicht unerheblichen Unterschied zwischen einem Bild, welches erst durch die praktische, handwerkliche Umsetzung für andere erkennbar wird und einer Geschichte. Ein Bild existiert für mich tatsächlich erst, wenn es gemalt ist, aber bei einer Geschichte würde ich durchaus behaupten, dass sie bereits existiert, wenn sie in meinem Kopf vorhanden ist, denn dann kann ich sie jederzeit erzählen.
Das Mittel der gesprochenen Sprache reicht also theoretisch aus, um die Geschichte weiterzugeben, sprich sie müsste dafür nicht einmal geschrieben sein, sondern nur erzählt und erinnert. (So lief das ja auch zu früheren Zeiten ab.) Bei einem Bild funktioniert das so nicht. Dafür wird das visuelle Element benötigt.
Wobei man dann über die Frage, ob die Geschichte oder das Bild dann tatsächlich auch noch Kunst ist, lang diskutieren kann. Manchen Menschen ist diese Art der Diskussion sehr wichtig, mir eher weniger und mich interessiert es auch nicht wirklich, ob irgendwas, was ich schreibe, als Kunst betrachtet wird, oder nicht.

Aber nochmal zum eigentlichen Ausgangsthema:
Wenn man vom Schreiben leben muss bzw. möchte und vielleicht schon bei einem Verlag unter Vertrag ist, muss man natürlich schauen, dass man auch etwas schreibt, was dort ins Programm passt, damit einem diese Einnahmequelle erhalten bleibt.
Ob man dann daneben noch Zeit, Lust und Energie hat, um etwas anderes zu schreiben, muss jeder selbst wissen.
Wenn man das Ganze aber eher als Hobby betreibt und hofft, vielleicht einmal das Glück zu haben, dass ein bisschen was dafür reinkommt, sehe ich überhaupt keinen Grund, nicht das zu schreiben, was man wirklich schreiben möchte. Da finde ich die Frage, ob sich das denn rentiert, auch eher kurios.
Geld für Arbeit gibt es im Job, in der Freizeit muss das, was ich tue, aber kein Geld einbringen. Schreiben hat im Vergleich zu anderen Hobbys den Vorteil, dass es nur sehr wenig davon kostet. ;) Jedenfalls so lange man keine professionellen Dienstleistungen in Anspruch nimmt.
Das würde ich tatsächlich nicht tun, wenn ich nicht relativ zuversichtlich wäre, dass sich das Buch auch verkauft.
Bei meiner Fantasywelt bin ich mir ziemlich sicher, dass die dortigen Geschichten nicht verkaufstauglich sind, aber das stört mich nur relativ wenig, weil ich an der Weltenbauerei quer durch verschiedene Epochen schon meinen Spaß habe und entsprechend dann auch an den Geschichten dazu.
Wenn es keinen Spaß macht und man kein Geld kriegt, sollte man es aber wirklich besser bleiben lassen und sich eine andere Freizeitbeschäftigung suchen. ;)
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Yamuri am 19. November 2019, 20:44:47
Ich denke, was Verlage gern möchten und was man selbst möchte, lässt sich durchaus auch verbinden, zumindest glaub ich das auf meine Projekte bezogen. Ich sehe das gerade bei einem Projekt an dem ich gerade arbeite. Auf der Buchmesse habe ich einen Verlag kennengelernt, der sich auf Noir und in diesem Sinne eher auf schwierige Themen, auf moralisch zweifelhafte Entwicklungen innerhalb von Gesellschaften, menschliche Abgründe usw. spezialisiert. Da ich einige Konzeptentwürfe habe, die solche Themen aufgreifen, arbeite ich an diesen. Gleichzeitig stellen aber genau diese Konzeptentwürfe auch Projekte dar, die auch meine eigenen Ideen und Vorlieben enthalten. Insofern kann ich das was ich schreiben möchte und das was dem Verlag gefallen könnte verbinden. Eine Verlagsmitarbeiterin, mit der ich mich über mein Konzept unterhalten hatte und ihr auch etwas geschickt hatte, hat mich auch dazu ermutigt ruhig ein Exposé direkt an die Verlagsredaktion zu senden. Mal sehen was dabei raus kommt.

Wenn man selbst offen für Kompromisse ist, lässt sich oft mehr machen als man denkt. Ich glaube, dass man es generell einfacher hat, wenn man bereit ist das was man selbst mag mit dem was ein Verlag oder das Publikum eines Genres vielleicht gerne mag, verbindet. Dadurch bleibt einem selbst die Freude am Schreiben erhalten und man kann schrittweise Neues unter die Menschen bringen. Ich bin da eigentlich sehr flexibel und habe gar kein Problem damit mich auch einem Wunsch von Außen anzupassen, solange ich das, was ich mag nicht komplett wegkürzen soll. :) Denn etwas Neues zusätzlich einzubringen, empfinde ich erstmal nie als etwas Schlechtes, sondern eine Bereicherung.

Vielleicht kann ich daher auch so optimistisch sein und sagen, ich hab das Vertrauen, dass es klappen wird, wenn ich soweit bin meine Sachen anzubieten, weil ich nicht mit der Einstellung rangehe, dass es 100% so veröffentlicht werden muss, wie ich es geschrieben habe und ich gern bereit bin etwas passend zu machen, solange die Grundlage erhalten bleibt. Daher vermutlich auch mein Unverständnis dem gegenüber, wie man etwas bereits im Voraus schon als nicht rentabel einstufen kann, weil ich das Gefühl habe, dass so ziemlich alles rentabel gemacht werden kann. Ich experimentiere da gerne und lass mich auch von Außen inspirieren, z.B. auch durch ein Verlagsprogramm oder neuem Input das ich durch Beschäftigung mit dem Handwerk erhalte. Es gibt ja auch dort Vielfalt. Wenn man ein wenig sucht, findet man auch etwas, wo man dazu passt, und wenn es am Ende SP ist, dann ist das auch super.  :jau:
Titel: Re: Geschichten, die sich nicht „rentieren“
Beitrag von: Elona am 06. Dezember 2019, 10:07:16
Hätte man mich das in den vergangenen Jahren gefragt, hätte ich voller Überzeugung geantwortet: "Schreib das, worauf du Lust hast". Und zu einem gewissen Punkt sehe ich das auch immer noch so, aber ...

2019 war und ist mein Findungsjahr. Ich habe fröhlich eben das gemacht, was ich machen wollte. Ich habe unter meinem Pseudonym meine erste Gay Romance rausgebracht (war damals eben dazu inspiriert gewesen und dachte so, das probiere ich mal aus) und noch ein paar weitere. Nebenher habe ich aus Gründen mich weiter um meine Dämonen gekümmert (reine Fantasy und mein Herzensprojekt).
Alles zusammen hat mich unwahrscheinlich viel Energie gekostet und mich unweigerlich zu der Frage geführt, was ist Schreiben denn jetzt für mich?

Jede Geschichte – wirklich jede – hat einen Wert. Dieser Wert unterscheidet sich aber. Sie kann einen hohen persönlichen Wert haben und das hatten meine Geschichten über Jahre hinweg. Sie haben mir etwas gegeben und ich war einfach stolz und glücklich ein Ende darunter zu setzen, nur um mich an die nächste zu begeben.

Dieser Wert bedeutet aber nicht zwangsläufig Markttauglichkeit. Und wenn wir danach gehen, eignen sich manche Geschichten nicht wirklich.

Erste Entscheidung: Schon vor Monaten habe ich also entschieden meine Dämonen erst einmal Ruhen zu lassen, weil ich bisher einfach ein Marketingmuffel war und es sich nicht lohnt. Es frisst Geld, Zeit und meine Energie, die ich in lohnendere Projekte stecken könnte.

Zweite: Ich habe mich also für mein Pseudonym entschieden, einfach aus dem Grund, das es schön ist, etwas zu zurückzubekommen. Nein, kein Geld. Aber Rückmeldung. Meine Geschichten werden gelesen und das machte mich glücklich. [Bisschen Geld natürlich auch, aber die Kosten deckt das nicht]

Dritte: Ich habe gaaanz viele Ideen. Wirklich viele. Auch viele, die ich richtig toll finde und gut, Projekte, die vermutlich von Grund auf neu geschrieben werden müssten, wie meine Hüter (Gay Fantasy). Nach meinen Dämonen sind meine Hüter mein nächstes großes Projekt gewesen. Sie sind also alt und entsprechend viel Arbeit müsste ich reinstecken und es ist eben Fantasy. Gay Fantasy geht besser als normale, aber eben auch nicht sooo toll. Wenn ich also irgendwann mal auf einen grünen Zweig kommen möchte, machen sie aktuell keinen Sinn. Irgendwann wird es sie geben, aber nicht in den nächsten 1-2 Jahren.
Und genau danach habe ich meine ganzen Ideen neu beurteilt.

In meinen Augen ist es also wieder die schlichte (  ;D) Frage, die es immer ist und die nur jeder für sich selbst beantworten kann (und das jedes Mal wieder aufs Neue): Was bedeutet Schreiben für mich persönlich und was will ich damit eben jetzt erreichen (oder auch nicht)?